Landgericht Augsburg Beschluss, 25. Sept. 2018 - 082 O 2813/18

bei uns veröffentlicht am25.09.2018

Gericht

Landgericht Augsburg

Tenor

1. Der Streitwert wird auf 5.299,65 EUR festgesetzt.

2. Das Landgericht Augsburg erklärt sich für örtlich unzuständig.

3. Der Rechtsstreit wird auf Antrag des Klägers an das Landgericht Kempten (Allgäu) verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Gericht ist örtlich unzuständig.

Der Kläger begehrt mit seinen Anträgen die Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages nach seinem Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs sowie Schadensersatz.

Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten befindet sich im Bezirk des Landgerichts Kempten, §§ 12, 13 ZPO.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg ergibt sich nicht aus dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes. Hiernach ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist, § 29 Abs. 1 ZPO.

Der Erfüllungsort bestimmt sich wiederum nach dem materiellen Recht. Leistungsort ist gemäß § 269 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Ort, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Dies gilt - wie § 270 Abs. 4 BGB ausdrücklich klarstellt - auch für Geldschulden. Leistungsort für die Zahlungspflicht des Beklagten ist demnach an seinem Wohnsitz.

Ein anderer Leistungsort besteht gemäß § 269 Abs. 1 ZPO nur dann, wenn ein Ort für die Leistung bestimmt ist oder aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Das ist hier nicht der Fall.

Eine Parteivereinbarung über den Leistungsort wurde nicht getroffen.

Ein anderer Leistungsort ergibt sich für die Rückabwicklung von PKW-Kaufverträgen auch nicht aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses.

Die herrschende Meinung, wonach einheitlicher Erfüllungsort für sämtliche Rückgewähransprüche nach Rücktritt vom Kaufvertrag - also auch für den Anspruch des Käufers auf Erstattung des Kaufpreises - der Ort ist, an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet, hat keine überzeugende Grundlage.

1) Die herrschende Meinung kann sich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützen.

Sie bezieht sich maßgeblich auf eine Entscheidung des BGH vom 09.03.1983, NJW 1983, 1479. In dieser Entscheidung wurde die Frage jedoch nicht ausdrücklich entschieden. Dort heißt es: „Dass die Beklagte ihre Rücknahmeverpflichtung durch Abdecken der Ziegel zu erfüllen hatte, ergibt sich aus folgendem: Nach herrschender Meinung ist einheitlicher Erfüllungsort für den Wandelungsvollzug der sog. Austauschort, d.h. derjenige Ort, an dem sich die Sache zur Zeit der Wandelung vertragsgemäß befindet (vgl. z.B. Senatsurteil vom 20. November 1961 - VIII ZR 167/60 = MDR 1962, 399,400; RGZ 50, 270, 272; 55, 105, 112 f…) Denn der Käufer schuldet nach § 346 Satz 1 BGB nur das Zurückgewähren der Leistung und hat somit den Verkäufer nur in die Lage zu versetzen, über die Ware zu verfügen… Gerade das anerkennenswerte und vom Gesetz, wie bereits dargelegt, auch anerkannte Interesse des Käufers, möglichst weitgehend so gestellt zu werden, als habe er sich auf den Vertrag nicht eingelassen, rechtfertigt es, ihn von den Kosten des Rücktransports zu entlasten. Zu keinem anderen Ergebnis gelangt im vorliegenden Fall die Auffassung, die den Erfüllungsort stets bei dem Empfänger der verkauften Sache sieht … Selbst wenn man von einem für die Käufer- und Verkäuferverpflichtungen unterschiedlichen Erfüllungsort ausgehen wollte …, wäre dies für die Rückgabe- bzw. Rücknahmeverpflichtung dennoch der Ort, an dem sich die Ware vertragsgemäß befindet.“

Der BGH hat somit ausschließlich die Frage entschieden, an welchem Ort der Käufer die Rückgewähr der Kaufsache schuldet, nicht jedoch die Frage, ob an diesem Ort auch der einheitliche Erfüllungsort auf Rückzahlung des Kaufpreises ist.

Zuzugeben ist, dass der BGH sich unter Anführung der herrschenden Meinung jedenfalls inzident auf frühere Urteile des BGH und des Reichsgerichts bezieht. In dem hierbei zitierten Senatsurteil vom 20. November 1961 heißt es zwar auch ausdrücklich: „Denn der Wohnsitz des Käufers (hier des Klägers) ist deshalb als Erfüllungsort für den Wandlungsanspruch anzusehen, weil er als der Ort des Austausches der zurückzugewährenden Leistungen erscheint.“ Im Übrigen setzt sich der BGH mit der örtlichen Zuständigkeit bzgl. des hilfsweise geltend gemachten Bereicherungsanspruchs nach Anfechtung auseinander, die er nicht am Wohnsitz des Käufers bejaht. Eine Begründung für die Annahme, der Wohnsitz des Käufers sei einheitlicher Erfüllungsort des Wandlungsanspruchs enthält die Entscheidung nicht.

Auch in seinem Urteil vom 13.04.2011, Az. VIII ZR 220/10, NJW 2011, 2278, in dem der Bundesgerichtshof über den Erfüllungsort des kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruchs entschieden hat, hat er inzident die bisherige Rechtsprechung zum Erfüllungsort von Rückgewähransprüchen angeführt. Dort heißt es: „Schließlich lassen sich die zum Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2, §§ 440, 346 BGB, der vielfach an dem Ort angesiedelt wird, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet, entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB übertragen.“ Hierzu zitiert er ausschließlich Palandt/Grüneberg, MünchKommBGB und zum alten Schuldrecht das Senatsurteil vom 09. März 1983. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BGH sich überhaupt mit der Frage beschäftigt hat, ob diese „Grundsätze“ richtig sind oder nicht.

Die drei von der herrschenden Meinung angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs enthalten somit keinerlei Begründung für die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes im Falle des Rücktritts. Tatsächlich hat sich der Bundesgerichtshof mit dieser Frage noch nie eindringlich auseinandergesetzt, indem er selbst die „besonderen Umstände“ im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB benennt. Eine Entscheidung ohne jedwede Begründung kann jedoch keine Wirkung entfalten (vgl. die gesetzgeberische Wertung in §§ 313 Abs. 3, 547 Nr. 6 ZPO).

Der Bundesgerichtshof bezog sich jeweils auch maßgeblich auf Entscheidungen des Reichsgerichts. Auch auf diese kann die herrschende Meinung sich nicht berufen.

Auch RGZ 57, 12 ff. befasst sich vordringlich mit der - zum vorliegenden Fall - entgegengesetzten Frage, wo der Gerichtsstand des Erfüllungsortes begründet ist, wenn auf Grund der Wandelung eines Kaufs die Zurücknahme der gelieferten Sache gegen Ersatz der verauslagten Frachtkosten begehrt wird. Die dortige „streitige Verpflichtung“ im Sinne des § 29 Abs. 1 ZPO ist die Rücknahmepflicht des Verkäufers und gerade nicht dessen Zahlungspflicht.

Die für die Entscheidung in RGZ 55, 105, 111 angeführte Begründung ist auf die heutigen Verhältnisse nicht mehr übertragbar. Dort wird ausgeführt: „Wenn nun, wie im vorliegenden Falle, ein Kaufvertrag, bezüglich dessen ein Wandelungsanspruch begründet ist, schon beiderseits erfüllt ist und somit nach §§ 467, 346 und 348 BGB infolge der Wandelung die beiderseitigen Leistungen Zug um Zug zurückzugewähren sind, so ist auf Grund des hiermit für die Rückgewähr gegebenen Schuldverhältnisses in der Regel als gemeinsamer Erfüllungsort für diese beiderseitigen Verpflichtungen der Parteien derjenige Ort anzusehen, an dem der Käufer dem Verkäufer die gekaufte Sache zurückzugeben hat, indem insbesondere auch der Verkäufer, um die Sache gegen Zurückzahlung des empfangenen Kaufpreises zurückzuerhalten - woran er ja in der Regel Interesse hat, - darauf hingewiesen ist, den Kaufpreis Zug um Zug an dem Orte zurückzuerstatten, an welchem der Käufer die Sache ihm zurückzugewähren hat.“ In der Folge führt das Reichsgericht aus, dass der Käufer die Sache an dem Ort zurückzugewähren hat, wo sich die Ware zur Zeit der Wandelung infolge des Vertrages befindet.

Diese Entscheidung aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts kann nicht ohne Weiteres auf die heutigen Verhältnisse übertragen werden, in denen der unbare Zahlungsverkehr existiert und allgemein praktiziert wird. Die weiteren gegen diese Begründung sprechenden Argumente werden unten ausgeführt.

2) Auch ist nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass der BGH unter Anwendung seiner Grundsätze für den vorliegenden Fall einen einheitlichen Leistungsort bejahen würde.

Die Rechtsprechung auch des BGH hat zwar bei bestimmten Vertragstypen einen einheitlichen Erfüllungsort von Leistung und Gegenleistung angenommen. Dabei handelt es sich aber überwiegend um Werk- oder Dienstverträge. Sie sind durch die an einem bestimmten Ort zu erbringende Werk- oder Dienstleistung geprägt; deshalb ist es dort gerechtfertigt, diesen Ort als gemeinsamen Erfüllungsort für Leistung und Gegenleistung anzusehen.

Beim Bauvertrag zum Beispiel schulden der Werkunternehmer die Herstellung des Werkes und der Besteller die Abnahme des Werkes an dem ganz bestimmten Ort des Bauwerkes. Es ist daher sachgerecht auch die Zahlung des Werklohnes an diesen Ort zu verlegen. Auch bei einem Beherbergungsvertrag ist die Leistungserbringung durch den Zahlungsgläubiger und die Nutzung der Leistung ausschließlich am Ort der Behebung möglich, so dass auch an diesem Ort die Zahlungspflicht erfüllt werden soll.

Diese besondere Ortsbezogenheit besteht jedoch bei der Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages gerade nicht. Aufgrund der Mobilität des Fahrzeugs gibt es gerade nicht nur einen bestimmten Ort, an dem die Leistungen erfüllt werden können.

Dass die Rechtsprechung annimmt, dass der Verkäufer zur Rücknahme am vertragsgemäßen Belegenheitsort der Sache verpflichtet ist, ist eine rechtliche Wertung. Die ortsgebundene Rücknahmepflicht ergibt sich jedoch nicht daraus, dass sie nur an diesem besonderen Ort tatsächlich möglich ist.

Dementsprechend hat der BGH in seiner Entscheidung vom 13.04.2011 (a.a.O) bei der Bestimmung des Erfüllungsortes für den Nacherfüllungsanspruch zu Lasten der Annahme bei dem Wohnsitz des Käufers ausgeführt, dass der Belegenheitsort gerade bei verkauften Fahrzeugen variabel sei. Fahrzeuge befänden sich typischerweise und bestimmungsgemäß nicht nur am Wohnsitz des Käufers, sondern unterwegs zu den verschiedensten Zielen, wie etwa der Arbeitsstätte, dem Urlaubsort oder sonstigen Reisezielen.

Auch im Fall der Gebührenforderung eines Rechtsanwalts hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11.2003, Az. X ARZ 91/03, DStRE 2004, 363 seine frühere Rechtsprechung aufgeben, wonach Erfüllungsort für die Zahlung der Gebührenforderung nicht der Sitz der Kanzlei, sondern der Wohnort des Mandanten ist, obwohl die Leistungserbringung durch den Rechtsanwalt regelmäßig in dessen Kanzlei erfolgt.

3) Die herrschende Meinung führt auch keine überzeugenden Gründe für die Annahme eines einheitlichen Gerichtsstandes an.

a) Bei gegenseitigen Verträgen ist der Erfüllungsort für Verbindlichkeiten beider Vertragsteile grundsätzlich einzeln und gesondert zu bestimmen. Nur ausnahmsweise kann bei Vorliegen besonderer Umstände ein einheitlicher Gerichtsstand angenommen werden.

Allein aus der Zug-um-Zug-Verpflichtung ergibt sich kein einheitlicher Erfüllungsort. Nach der Legaldefinition des § 274 Abs. 1 BGB bedeutet Erfüllung Zug um Zug, dass ein Schuldner seine Leistung nur gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung zu bewirken hat. Diese Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung ordnet das Gesetz in § 320 Abs. 1 BGB für alle gegenseitigen Verträge an. Durch die gemäß § 348 S. 1 BGB angeordnete Erfüllung der Rücktrittspflichten Zug-um-Zug wurde ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis geschaffen. Das hat jedoch im Grundsatz keinen Einfluss auf den Leistungsort. Auch bei gegenseitigen Verträgen muss grundsätzlich der Leistungsort für jede Verpflichtung gesondert bestimmt werden; er ist daher nicht notwendig einheitlich (BGH NJW 1995, 1546).

b) Die eine Begründung der herrschenden Meinung zur Annahme einer besonderen Ortsbezogenheit für sämtliche Rückgewähransprüche leitet sich wie folgt ab: Der Käufer habe einem mit dem Rückgabeanspruch des Verkäufers korrespondierenden Rücknahmeanspruch. Da dieser Rücknahmeanspruch durch den Verkäufer am vertragsgemäßen Belegenheitsort der Sache und damit zumeist am Wohnsitz des Käufers zu erfüllen sei, habe der Verkäufer bei der Rücknahme der Kaufsache seine nach § 348 BGB Zug um Zug zu erfüllende Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises ebenso an diesem Ort zu erfüllen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers solle der Verkäufer bei der Gelegenheit der Fahrzeugabholung Zug um Zug seine Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises erfüllen. Dieses mutmaßlich auch von den Parteien so gewollte Prozedere spreche dafür, bei der Rückabwicklung eines Autokaufs im Rahmen des § 29 I ZPO einen einheitlichen Gerichtsstand des Erfüllungsortes anzunehmen (OLG Hamm, NJW-RR 2016, 177; OLG Stuttgart vom 13.01.2016, Az. 9 U 183/15, zit. nach juris).

Dieser Auffassung ist zunächst entgegenzuhalten, dass in den seltensten Fällen der Käufer tatsächlich einen Rücknahmeanspruch geltend macht, d.h. dass es ihm maßgeblich darum geht, dass der Verkäufer das Fahrzeug bei ihm abholt. Vielmehr begehrt er hauptsächlich die Rückzahlung seines Kaufpreises. Es ist nicht ersichtlich, warum eine den Käufer nur gering interessierende Verpflichtung darüber bestimmen soll, wo die ihn hauptsächlich interessierende Verpflichtung erfüllt werden soll. Dies missachtet die grundsätzliche Trennung der einzelnen Leistungsorte der jeweils gleichwertigen Verpflichtungen.

Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache dient zudem dem Schutz des Verkäufers. Aus § 348 S. 2 ZPO ergibt sich, dass es sich um eine Einrede handelt, die nur bei ausdrücklicher Geltendmachung durch den Verkäufer zu berücksichtigen ist (vgl. BGH NJW 2010, 146, 148). Somit kann der Verkäufer den Kaufpreis auch vorleistend zurückzahlen, ohne auf die gleichzeitige Rückgabe des Fahrzeugs zu bestehen. Er könnte sich ohne Geltendmachung der Zug-um-Zug-Einrede gegen eine Klage auf reine Kaufpreisrückzahlung wehren. Es wäre nicht angemessen, wenn gerade durch Beachtung dieser Schutzvorschrift Nachteile zulasten des Verkäufers entstünden, indem er deswegen nicht mehr an seinem allgemeinen Gerichtsstand zu verklagen ist.

Darüber hinaus geht die herrschende Meinung de facto ausschließlich von einer Barzahlung durch den Verkäufer aus und verkennt die weiteren heutigen Möglichkeiten einer Zahlung. Bei korrekter Anwendung dieser Sichtweise auf sämtliche gegenseitigen Verträge müssten die entsprechenden Gerichte wegen der Einrede des §§ 320, 322 BGB auch in anderen Fällen, in denen eine der Vertragsparteien eine Zahlungspflicht trifft, ausschließlich zu Barzahlungsgeschäften gelangen. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall.

c) Selbst für den Fall, dass der Käufer tatsächlich die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises mit der Klage auf Rücknahme der Kaufsache verbindet, ergibt sich nichts Anderes.

Das OLG Schleswig führt hierzu in seinem Urteil vom 04.09.2012, Az. 3 U 99/11, IBRRS 2012, 3365, aus, da der Anspruch auf Rücknahme der Kaufsache unstreitig am Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Sache zu erfüllen sei, liefe es der Prozessökonomie zuwider, wenn der Käufer diese Ansprüche nicht gemäß § 260 ZPO in einer Klage am Belegenheitsort der Kaufsache verbinden könnte.

Die herrschende Meinung argumentiert auch mit den folgenden prozessualen Erwägungen: Für einen einheitlichen Erfüllungsort bestehe auch ein praktisches Bedürfnis. Es entspreche dem mutmaßlichen Willen der Parteien eher, dass der Rechtsstreit am Belegenheitsort ausgetragen werde, wo eine Beweisaufnahme, z.B. die Begutachtung des Fahrzeugs, i.d.R. kostengünstiger möglich ist. Beim Autokauf werde dies besonders deutlich, wenn das Fahrzeug mangelbedingt nicht fahrbereit sei. In diesem Fall fielen für den Transport erhebliche Kosten an. Auch seien weniger Einbußen hinsichtlich der Fahrzeugnutzung zu erwarten, wenn die Beweisaufnahme am Belegenheitsort stattfinde. Daran habe auch der Verkäufer ein Interesse, da er bei Verschulden bzw. aus Verzug für den Nutzungsausfallschaden hafte. (OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2009, Az. 2 U 2074/08, BeckRS 2009, 07185 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2013, Az. 22 W 19/13, zit. nach juris)

Die Begründung mit Gründen der Prozessökonomie ist jedoch fehlerhaft. Denn sie verkennt die Tatsache, dass der für § 29 ZPO relevante Erfüllungsort nach dem materiellen Recht zu bestimmen ist. Der Leistungsort bestimmt sich zunächst unabhängig davon, ob die Parteien miteinander in Streit stehen oder nicht. Die Tatsache, dass es in einer bestimmten Zahl der Rückabwicklungsfälle zu einem vor dem Gericht ausgetragenen Rechtsstreit kommt, kann keinen Einfluss darauf haben, wie allgemein für Fälle der Rückabwicklung der Leistungsort zu bestimmen ist.

Dies ergibt sich auch aus dem Gesetz. Der Gesetzgeber hat aufgrund prozessualer Erwägungen den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO geschaffen, wonach auch das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Dieser Gerichtsstand beruht auf dem Gedanken der Sachnähe. Am Begehungsort kann die Sachaufklärung und Beweiserhebung am besten erfolgen (Zöller/Schultzky, § 32, Rn. 1, m.w.N.). Daraus, dass der Gesetzgeber nur für diesen besonderen Fall das Gericht der besseren Sachaufklärung als zuständig begründet hat, ergibt sich im Umkehrschluss, dass prozessökonomische Gründe der Beweiserhebung im Übrigen bei der Bestimmung der Gerichtsstände keine Bedeutung haben.

Selbst für den Fall, dass prozessökonomische Gründe irgendeinen Einfluss auf die Bestimmung des Leistungsortes hätten, sind diese nicht vorhanden. Denn beim Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag behauptet der Käufer regelmäßig einen Mangel des Fahrzeugs bei Gefahrübergang, den der Verkäufer bestreitet. Hierüber kann das Gericht nur in Ausnahmefällen durch Augenschein oder Zeugen Beweis erheben. Fast immer ist die Einholung des Gutachtens eines Kfz-Sachverständigen erforderlich. Hierfür ist es gerade nicht erforderlich, dass sich das Fahrzeug im Gerichtsbezirk befindet. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Gericht einen ortsfremden Sachverständigen beauftragt. Häufig wird das schriftliche Gutachten genügen. Sollte tatsächlich die persönliche Anhörung des Sachverständigen erforderlich sein, müsste dieser zum Wohnsitzgericht des Verkäufers reisen. Dass Parteien, Rechtsanwälte, Zeugen oder Sachverständigen von auswärts zu einer mündlichen Verhandlung anreisen, ist jedoch ein völlig gewöhnlicher Umstand.

Sollte der Verkäufer aus prozessökonomischen Gründen tatsächlich eine Beweisaufnahme am Belegenheitsort der Kaufsache für sinnvoll erachten, ist es ihm jederzeit möglich, sich gemäß § 39 ZPO rügelos auf einen entsprechenden Rechtsstreit am Wohnsitz des Käufers einzulassen.

d) Als dritten maßgeblichen Grund führt die herrschende Meinung an, dass der Rücktrittsgrund aus dem Risikobereich des Verkäufers herrühre. Denn er habe eine mangelhafte Sache geliefert und die Nacherfüllung nicht innerhalb angemessener Frist erbracht. Der Käufer müsse im Rahmen der Rückabwicklung möglichst so gestellt werden, als ob er den Vertrag nicht geschlossen hätte. Dem mutmaßlichen Willen der Parteien entspreche es daher, den Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Kaufsache als einheitlichen Leistungsort nicht nur für die Rücknahmeverpflichtung, sondern auch für den Kaufpreisrückgewähranspruch anzusehen. (OLG Schleswig, a.a.O., OLG Düsseldorf, a.a.O., OLG Stuttgart, a.a.O., OLG München, Urteil vom 13.01.2014, MDR 2014, 450)

Legte man die Ansicht zu Grunde, dass sich besondere Umstände im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB daraus ergäben, dass der Klageanspruch aus dem Risikobereich des Beklagten herrühre und der Kläger so gestellt werden müsse, als ob das zum Klageanspruch führende Ereignis nicht geschehen wäre, würde dies insbesondere für sämtliche Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gelten, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB. Für diese ist jedoch kein besonderer Gerichtsstand am Wohnsitz des Geschädigten, sondern nur der besondere Gerichtsstand des Begehensortes gemäß § 32 ZPO begründet. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber wollte, dass durch die Verknüpfung von §§ 29 ZPO, 269 Abs. 1 BGB der Gläubiger eines Vertragsverhältnisses, der sich in Kenntnis des Wohnsitzes seines Vertragspartners bewusst für die Eingehung eines Vertrages entschieden hat, stärker privilegiert wird als der Gläubiger einer unerlaubten Handlung, der hierauf überhaupt keinen oder nur geringen Einfluss hatte. Dieser ist trotz möglicherweise schwerer Verletzungen nicht berechtigt, den Schädiger an seinem eigenen Wohnsitz, sondern nur am Schädigerwohnsitz oder Begehensort zu verklagen. Die von dem Gesetzgeber gemeinten „besonderen Umstände“ müssen daher andere als die von der herrschenden Meinung angeführten sein.

In diesem Sinne hat auch der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Entscheidung über den Erfüllungsort der kaufvertraglichen Nacherfüllungspflicht (Urteil vom 13.04.2011, a.a.O.) ausgeführt: Zwar könne im Rahmen der nach § 269 Abs. 1 BGB maßgeblichen Umstände auch die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung des Verkäufers berücksichtigt werden. Wolle man diesem Gesichtspunkt aber ausschlaggebendes Gewicht beimessen, hätte dies zur Folge, dass der Erfüllungsort jeder Nacherfüllung am Belegenheitsort der Kaufsache läge, denn die Nacherfüllung setze gerade voraus, dass die Kaufsache mangelhaft ist. Diese generelle Gleichsetzung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung mit dem Belegenheitsort der Sache sei jedoch nicht sachgerecht und werde auch von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht gefordert. Angesichts dessen könne die Pflichtwidrigkeit des Verkäuferhandelns nicht der allein maßgebende Faktor für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung sein.

e) Das OLG Bamberg, Beschluss vom 24.04.2013, BeckRS 2013, 17459, und das BayObLG, Beschluss vom 09.01.2004, MDR 2004, 646, haben sich ausschließlich auf die herrschende Meinung bezogen und überhaupt keine eigene Begründung für ihre Entscheidungen gegeben.

4) Nach alledem bestehen keine besonderen Umstände, gerade für den Fall der Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages von den allgemeinen Grundsätzen zum Leistungsort abzuweichen und den Gläubiger des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs gegenüber anderen Gläubigern zu privilegieren.

Insbesondere spricht hierfür auch keine Schutzbedürftigkeit des Käufers. Dieser hat sich bewusst für den Kauf des Fahrzeugs an einem anderen als seinem Wohnsitz entschieden und ist damit das Risiko eingegangen, etwaige Rechtsstreitigkeiten auch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages an einem anderen Ort austragen zu müssen. (Vgl. ebenso Stöber, NJW 2006, 2661; LG München, Beschluss vom 27.05.2016, Az. 31 O 4974/16; LG Tübingen vom 17.09.2015, Az. 5 O 68/15; zit. nach juris, jeweils mit umfassender Begründung))

Auf Antrag des Klägers hat sich das angegangene Gericht für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Gericht zu verweisen.

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(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln.

(2) Ist die Forderung im Gewerbebetrieb des Gläubigers entstanden, so tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Erhöhen sich infolge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Änderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Übermittlung, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen.

(4) Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 220/10 Verkündet am:
13. April 2011
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Erfüllungsort der Nacherfüllung hat im Kaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches
keine eigenständige Regelung erfahren. Für seine Bestimmung
gilt daher die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB.

b) Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen
entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die
jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen.
Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen
, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem
der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen
Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte.
BGH, Urteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin
Dr. Fetzer

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. Juli 2010 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die in Frankreich wohnhaften Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 23. Februar 2008 bei der in P. ansässigen Beklagten einen neuen CampingFaltanhänger zum Preis von 7.370 €. In der Auftragsbestätigung vom 25. Februar 2008 ist unter der Rubrik "Lieferung" aufgeführt: "ab P. , Selbstabholer". Dennoch lieferte die Beklagte den Anhänger am 30. April 2008 an den Wohnort der Kläger.
2
Die Kläger, die den Anhänger in einem Urlaub nutzten, rügten in der Folgezeit verschiedene Mängel. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 4. Juni 2008 forderten sie die Beklagte unter Fristsetzung zum 18. Juni 2006 auf, den Faltanhänger abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Ein daraufhin vereinbarter Abholtermin bei den Klägern scheiterte. Der Anhänger war entsprechend den Gepflogenheiten in Frankreich, nach denen ein Anhänger über das Zugfahrzeug zugelassen wird, nicht angemeldet, so dass für den Transport ein - von den Mitarbeitern der Beklagten nicht mitgeführtes - rotes Überführungskennzeichen erforderlich gewesen wäre.
3
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Juli 2008 setzten die Kläger der Beklagten erneut eine Frist zur Abholung des Faltanhängers bis zum 14. Juli 2008. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklärten die Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2008 die "Wandlung" des Kaufvertrags.
4
Das Landgericht hat der auf Rückzahlung des Kaufpreises (nebst Zinsen ) Zug um Zug gegen Rückgabe des Faltanhängers sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

A.

6
Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, DAR 2011, 84 f.) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Kläger seien nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dabei könne dahinstehen, ob der Anhänger Sachmängel aufgewiesen habe, die die Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätten. Jedenfalls scheitere der Rücktritt daran, dass die Kläger der Beklagten den Anhänger nicht an deren Firmensitz zur Nachbesserung zur Verfügung gestellt und damit eine ihnen im Rahmen der Nacherfüllung obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen hätten.
8
Bei dem Nacherfüllungsanspruch handele es sich um den modifizierten Erfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag. Die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache führe nicht zur Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB. Vielmehr verwandele sich der ursprüngliche Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache in einen Nacherfüllungsanspruch nach § 437 Nr. 1, § 439 BGB, wobei dem Käufer ein Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Nachlieferung zustehe. Auf der Grundlage dieses dogmatischen Ansatzes sei der für den Primärleistungsanspruch des Käufers geltende Erfüllungsort regelmäßig auch für den Nacherfüllungsanspruch maßgebend.
9
Erfüllungsort für die Nacherfüllung sei damit der nach der Auftragsbestätigung vom 25. Februar 2008 maßgebliche Erfüllungsort der kaufvertraglichen Leistungsverpflichtung, also der Firmensitz der Beklagten. Die entgegen dieser Vereinbarung von der Beklagten vorgenommene Lieferung des Anhängers nach Frankreich und die von ihr zunächst erklärte Bereitschaft, den Anhänger zur Nachbesserung am Wohnsitz der Kläger abzuholen, rechtfertigten nicht die Annahme, die Parteien hätten vereinbart, den Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch an den Wohnsitz der Kläger zu verlegen.

B.

10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

I.

11
Das Berufungsgericht hat zu Recht auf den vorliegenden Fall deutsches Recht angewendet. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung (im Folgenden EGBGB aF) unterliegt ein Vertragsverhältnis dem Recht des Staates, zu dem es die engsten Verbindungen aufweist. Dabei wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB aF vermutet, dass ein Vertrag, der in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Schuldners der vertragscharakteristischen Leistung geschlossen worden ist, zu dem Staat die engsten Verbindungen hat, in dem diese Vertragspartei ihre (Haupt-)Niederlassung unterhält. Bei einem Kaufvertrag besteht die charakteristische Leistung in der Übereignung und Übergabe der Kaufsache, so dass das am Sitz der Verkäuferin geltende Recht - hier also deutsches Recht - maßgeblich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 29 Abs. 2 EGBGB aF, denn der Kaufvertrag zwischen den Parteien wurde nicht unter den in Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF genannten Voraussetzungen abgeschlossen.

II.

12
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger nicht gemäß § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 346 BGB die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen können. Zwar ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen , dass der Camping-Faltanhänger im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB mangelhaft war und die Mängel die Erheblichkeitsgrenze des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB überschritten. Der von den Klägern mit Schreiben vom 14. Juli 2008 erklärte Rücktritt vom Vertrag ist jedoch unwirksam, weil die Kläger den Anhänger nicht zur Vornahme der Nacherfüllung (§ 439 BGB) an den Firmensitz der Beklagten verbracht haben.
13
1. Das Recht des Käufers, wegen Mängeln der Kaufsache nach § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 BGB vom Vertrag zurückzutreten, setzt nach dem in § 323 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Vorrang der Nacherfüllung grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nach § 439 BGB gesetzt hat (Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 10 mwN). Dabei kann der Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB nach seiner Wahl Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder durch Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Zwar haben die Kläger der Beklagten eine Frist zur Beseitigung der gerügten Mängel gesetzt. Sie sind hiermit jedoch ihrer Obliegenheit, der Beklagten Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, aaO Rn. 12 mwN), nicht in gehöriger Weise nachgekommen, da sie den Faltanhänger für die Mängelbeseitigung nicht zum Sitz der Beklagten verbracht , sondern die Beklagten zur Abholung des Anhängers in Frankreich aufgefordert haben.
14
2. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung ist auf die Vornahme der hierzu erforderlichen Handlungen am Erfüllungsort begrenzt. Erfüllungsort der Nacherfüllung war vorliegend - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - der Firmensitz der Beklagten in P. . Die Beklagte war also nicht verpflichtet, den Faltanhänger bei den Klägern in Frankreich abzuholen.
15
3. Die Frage, an welchem Ort seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 im Kaufrecht der Verkäufer die von ihm geschuldete Nacherfüllung zu erbringen hat, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum werden hierzu unterschiedliche Ansichten vertreten.
16
a) Vielfach wird der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach § 439 BGB mit dem bestimmungsgemäßen aktuellen Belegenheitsort der Sache gleichgesetzt (OLG München [15. Zivilsenat], NJW 2006, 449, 450; OLG Celle, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 11 U 32/09, juris Rn. 25 ff.; AG Menden, NJW 2004, 2171 f.; AnwK/Büdenbender, BGB, 2005, § 439 Rn. 25; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 439 Rn. 13; Erman/Grunewald, BGB, 12. Aufl., § 439 Rn. 5; HK-BGB/Saenger, 6. Aufl., § 439 Rn. 3; MünchKommBGB/Westermann, 5. Aufl., § 439 Rn. 7; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 439 Rn. 9; Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 5. Aufl., § 439 Rn. 20; jurisPK-BGB/Pammler, 5. Aufl., § 439 Rn. 41; Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Reineke/Tiedke, Kaufrecht, 8. Aufl., Rn. 417; Thürmann, NJW 2006, 3457, 3458; Terrahe, VersR 2004, 680, 681; Tiedke/Schmitt, DStR 2004, 2016, 2017 f.; Witt, ZGS 2008, 369, 370, 372; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB aus der Sicht eines verständigen Käufers, 2010, S. 102 f.; im Grundsatz auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. § 269 Rn. 15). Vereinzelt wird erwogen , auf den Belegenheitsort der Sache nur im Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, ABl. EG Nr. L S. 12) abzustellen (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, § 13 Rn. 26 ff.; vgl. auch Schrewe, Der Abhilfeanspruch des Käufers, 2010, S. 213 f.).
17
b) Nach der Gegenansicht ist der ursprüngliche Erfüllungsort der Primärleistungspflicht auch für den Nachbesserungsanspruch aus § 439 Abs. 1 BGB als Erfüllungsort maßgebend (OLG München [20. Zivilsenat], NJW 2007, 3214 f.; Jauernig/Berger, BGB, 13. Aufl., § 439 Rn. 11; MünchKommBGB/ Krüger, aaO, § 269 Rn. 37; Lorenz, NJW 2009, 1633, 1635; Muthorst, ZGS 2007, 370 ff.; Reinking, NJW 2008, 3608 ff.; Skamel, ZGS 2006, 227 ff.; Unberath /Cziupka, JZ 2008, 867 ff.; Haas in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland , Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rn. 154; Kandler, Kauf und Nacherfüllung , 2004, S. 442 ff.; Leible in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, Kap. 10 Rn. 90; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse , 2007, § 2 Rn. 139; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 353 ff.; Schürholz, Die Nacherfüllung im neuen Kaufrecht, 2005, S. 54 ff.). Dabei werden teilweise für nicht oder nur schwer zu transportierende Gegenstände Ausnahmen zugelassen (Reinking, aaO, S. 3611; Kandler, aaO, S. 444; vgl. auch MünchKommBGB/Krüger, aaO).
18
c) Teilweise wird auch eine differenzierende Betrachtungsweise gefordert , die die Beurteilung des Erfüllungsorts maßgebend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (so Palandt/Grüneberg, aaO), insbesondere von der Interessenlage und der Verkehrsanschauung (Pils, JuS 2008, 767, 769 f.), abhängig macht. Hierbei sollen vor allem die Art der Sache, insbesondere deren Transportfähigkeit und Transportüblichkeit sowie die Verhältnismäßigkeit der Transportkosten (Pils, aaO), oder etwa der Umfang der Instandsetzungsmaßnahmen (Palandt/Grüneberg, aaO) ausschlaggebend sein.
19
d) Eine weitere speziell für den Bereich des Autokaufs vertretene Auffassung sieht in Anwendung der in § 269 Abs. 1 BGB genannten Kriterien bei einem Nachbesserungsverlangen wegen der dabei voraussichtlich erforderlichen Diagnose- und Instandsetzungsmaßnahmen regelmäßig den Betriebssitz des Händlers als Erfüllungsort an (OLG Köln, Schaden-Praxis 2007, 302 f.; OLG München [20. Zivilsenat], NJW 2007, 3214, 3215; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 439 Rn. 3a; Ball, NZV 2004, 217, 220 f.; Reinking/Eggert, aaO Rn. 358; Reinking, ZfS 2003, 57, 60; Skamel, ZGS 2006, 227, 228). Bei der Ersatzlieferung liege der Erfüllungsort, wenn sich den Umständen nichts anderes entnehmen lasse, ebenfalls am (Betriebs-)Sitz des Verkäufers; insoweit gelte die Auffangregelung des § 269 Abs. 1 BGB, wonach im Zweifel der Sitz des Schuldners maßgebend sei (Ball, aaO; iE auch Reinking, ZfS 2003, 57, 60).
20
4. Der Senat hat die Frage des Erfüllungsorts der Nacherfüllung im neuen Kaufrecht bislang offen lassen können (Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 27). Er entscheidet sie nunmehr dahin, dass der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB zu bestimmen ist.
21
a) § 269 BGB als Bestimmung des allgemeinen Schuldrechts ist anwendbar , weil das Kaufrecht des BGB keine spezielle Regelung zum Erfüllungsort der Nacherfüllung enthält. Eine solche lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte oder der Systematik der aktuellen Gesetzesfassung ableiten.
22
aa) Die in § 439 Abs. 1 BGB verwendete Formulierung, wonach der Käufer im Rahmen der Nacherfüllung die "Lieferung" einer mangelfreien Sache verlangen kann, lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe hierdurch zum Ausdruck bringen wollen, dass die Nacherfüllung stets eine Bringschuld sei, deren Erfüllungsort beim Käufer liege (so aber Staudinger/MatuscheBeckmann , aaO). Zwar weicht der Wortlaut des § 439 Abs. 1 BGB insoweit von der Terminologie des § 433 Abs. 1 BGB ab, welcher den Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu "übergeben" und das Eigentum an der Sache zu "verschaffen". Dieser begrifflichen Unterscheidung kommt jedoch schon deswegen keine signifikante Aussagekraft zu, weil der Gesetzgeber bei der Novel- lierung des Kaufrechts auch im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch des Käufers aus § 433 Abs. 1 BGB die Formulierung "Lieferung" gebraucht (BT-Drucks. 14/6040, S. 231; vgl. dazu Muthorst, aaO S. 371) und damit zu erkennen gegeben hat, dass er diesem Begriff keine über die Verschaffung der Sache hinausgehende Bedeutung zugemessen hat. Zudem sagt die Formulierung "Lieferung" ohnehin nichts darüber aus, an welchem Ort die Lieferverpflichtung zu erfüllen ist (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609).
23
bb) Auch aus der Bestimmung des § 439 Abs. 2 BGB, nach der der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen hat, lässt sich keine Regelung über den Erfüllungsort bei der Nacherfüllung ableiten. Die Kostenregelung des § 439 Abs. 2 BGB beruht ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zur Modernisierung des Schuldrechts auf Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nach dem die Nacherfüllung für den Verbraucher unentgeltlich, insbesondere ohne Versand-, Arbeits- und Materialkosten durchzuführen ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 231). Dafür, dass der Gesetzgeber über die Umsetzung der Richtlinie hinaus eine eigenständige Regelung des Erfüllungsorts für Nacherfüllungsansprüche treffen wollte, bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte (vgl. OLG München, NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3608, 3609; Haas, aaO). Entgegen einzelnen Stimmen im Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung kann die Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB auch nicht als Auslegungshilfe für die Bestimmung des bei der Nacherfüllung maßgeblichen Erfüllungsorts herangezogen werden.
24
(1) Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, trotz des fehlenden Regelungswillens des deutschen Gesetzgebers könnten der Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB immerhin deutliche Hinweise darauf entnommen werden, dass nach dessen Vorstellung im Zweifel der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nicht am Belegenheitsort der Kaufsache liege. Als Begründung hierfür wird angeführt, bei Maßgeblichkeit des Belegenheitsorts würden beim Käufer keine Transportkosten anfallen, so dass eine auf Erstattung der Transportkosten gerichtete gesetzliche Anspruchsgrundlage überflüssig wäre (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609; Kandler, aaO S. 443; vgl. auch Staudinger /Matusche-Beckmann, aaO). Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht. Sie berücksichtigt nicht, dass bereits die Vorgaben des Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dem nationalen Gesetzgeber keinen Spielraum eröffnen, die Transportkosten ("Versandkosten") von einer nationalen Kostentragungsregelung auszunehmen. § 439 Abs. 2 BGB erschöpft sich in einer Kostentragungsregel (so auch Reinking, ZfS 2003, 57, 60) und lässt keine Rückschlüsse auf sonstige Rechte und Pflichten der Kaufvertragsparteien zu.
25
(2) Andere Stimmen wollen aus der Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB umgekehrt den Schluss ziehen, dass der Verkäufer auch die Vornahme des Transports schulde (vgl. AG Menden, aaO; Schmidt in Prütting/ Wegen/Weinreich, aaO). Auch diese Argumentation erweist sich nicht als tragfähig. Wie bereits ausgeführt, bestimmt § 439 Abs. 2 BGB in Umsetzung des Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lediglich, dass der Verkäufer die Kosten der Nacherfüllung einschließlich der Transport- und Wegekosten zu tragen hat. Eine bloße Kostentragungsregelung bleibt aber - wie sich aus § 269 Abs. 3 BGB ergibt - ohne Auswirkungen auf den Erfüllungsort. Daher kann allein aus der in § 439 Abs. 2 BGB angeordneten Verpflichtung des Verkäufers, auch die Kosten eines im Rahmen der Nacherfüllung erforderlichen Transports zu tragen, nicht abgeleitet werden, dass der Verkäufer auch die Vornahme dieses Transports schuldet und damit der Belegenheitsort der Kaufsache zum Erfüllungsort wird (Unberath/Cziupka, aaO S. 873 ff.; Leible in Gebauer /Wiedmann, aaO; Reinking/Eggert, aaO Rn. 357; Reinking, ZfS 2003, 57, 60; kritisch zur Trennung von Leistungs- und Kostentragungspflicht Faust, JuS 2008, 84, 85).
26
cc) Eine eigenständige gesetzliche Festlegung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung lässt sich auch nicht der im Zuge der Modernisierung des Kaufrechts erfolgten Streichung des § 476a Satz 2 BGB aF entnehmen (Reinking, ZfS 2003, 57, 60; ders., NJW 2008, 3608, 3609; Muthorst, aaO; aA Huber, aaO; Tiedke/Schmitt, aaO; Bamberger/Roth/Faust, aaO; Schmidt in Prütting/Wegen/ Weinreich, aaO). § 476a Satz 1 BGB aF bestimmte für den Fall der vertraglichen Vereinbarung eines - vom Gesetz in der damaligen Fassung als solches nicht vorgesehenen - Nachbesserungsrechts, dass der zur Nachbesserung verpflichtete Verkäufer auch die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen hatte. Ausgenommen hiervon waren nach § 476a Satz 2 BGB aF Mehraufwendungen, die sich daraus ergaben, dass die gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als den Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des Käufers verbracht worden war; diese Beschränkung galt allerdings dann nicht, wenn das Verbringen dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache entsprach.
27
Aus dem Wegfall der in § 476a Satz 2 BGB aF enthaltenen Einschränkung lassen sich schon deswegen keine Erkenntnisse über den Erfüllungsort bei Nacherfüllungsansprüchen gewinnen, weil auch diese Bestimmung letztlich nur die Kostentragungspflicht für den zur Nachbesserung erforderlichen Transport , nicht jedoch die Frage regelte, wer den Transport durchzuführen hatte und wie sich diese Umstände auf den Erfüllungsort auswirkten. Die Streichung des § 476a Satz 2 BGB aF ist vom Gesetzgeber ausschließlich mit Kostenerwägungen begründet worden. Sie war ausweislich der Gesetzesbegründung allein deswegen notwendig geworden, weil § 476a Satz 2 BGB aF im Widerspruch zu der von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung stand (BT-Drucks. 14/6040, S. 231). Der Schutz des Verkäufers vor unzumutbaren Kosten sollte fortan über § 439 Abs. 3 BGB gewährleistet werden (BT-Drucks. 14/6040, aaO).
28
dd) Schließlich lassen sich die zum Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2, §§ 440, 346 BGB, der vielfach an dem Ort angesiedelt wird, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 269 Rn. 16; MünchKommBGB/Krüger, aaO, § 269 Rn. 41; zum alten Schuldrecht auch Senatsurteil vom 9. März 1983 - VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109), entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB übertragen (aA wohl Thürmann, aaO). Das Rücktrittsrecht und das Nacherfüllungsrecht sind in ihrem dogmatischen Ausgangspunkt und ihren Rechtsfolgen so verschieden, dass es an einer Vergleichbarkeit der beiden Rechte fehlt. Während Nachbesserung und Ersatzlieferung der Herbeiführung des Leistungserfolgs im Rahmen des fortbestehenden Vertrags dienen, geht es beim Rücktritt um die Rückabwicklung des Vertrags (vgl. etwa Reinking, NJW 2008, 3606, 3609; Skamel, ZGS 2006, 227, 229 f.). Dasselbe gilt für die Regelung des § 357 Abs. 2 BGB, die für den Widerruf ausdrücklich eine Rücksendepflicht des Verbrauchers statuiert. Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB ist ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, BB 2004, 1246 unter II 2 b mwN). Auch hier gilt daher, dass sich der Vertrag im Falle der Ausübung eines Widerrufsrechts in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandelt (Senatsurteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, aaO), weswegen keine Vergleichbarkeit mit der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB besteht (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609).
29
b) Da die Frage des Erfüllungsorts bei der Nacherfüllung im Kaufrecht keine eigenständige Regelung erfahren hat, ist für dessen Bestimmung die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB maßgebend (OLG Köln, aaO; Ball, aaO; Haas, aaO; vgl. im Ansatz auch OLG München, NJW 2006, 449, 450; AnwK/Büdenbender, aaO; Erman/Grunewald, aaO; Unberath/Cziupka, aaO S. 872; Skamel, DAR 2004, 565, 568; für das Werkvertragsrecht vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2008 - X ZR 97/95, NJW-RR 2008, 724 Rn. 11). Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen - wie hier - vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz beziehungsweise seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte.
30
Zu den beim Fehlen vertraglicher Vereinbarungen maßgebenden Umständen zählen anerkanntermaßen die Ortsgebundenheit und Art der vorzunehmenden Leistung (Jauernig/Stadler, aaO, § 269 Rn. 8; MünchKommBGB/ Krüger, aaO, § 269 Rn. 18; jurisPK-BGB/Kerwer, aaO, § 269 Rn. 16; BeckOKBGB/Unberath, 18. Edition, Stand 1. Februar 2009, § 269 Rn. 13; vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 22. Oktober 1987 - I ZR 224/85, NJW 1988, 966 zum Erfüllungsort eines Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs), die Verkehrssitte , örtliche Gepflogenheiten und eventuelle Handelsbräuche (Erman/Ebert, aaO, § 269 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 12; Staudinger /Bittner, BGB, Neubearb. 2009, § 269 Rn. 18).
31
Diese Maßstäbe finden auch beim Nacherfüllungsanspruch Anwendung. Sein Erfüllungsort entzieht sich einer allgemeinen Festlegung. Insbesondere kann nicht mit dem Argument, er sei im Hinblick auf die dogmatische Verwandtschaft von Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch (§ 433 Abs. 1 Satz 1, § 439 BGB) stets mit dem Erfüllungsort des Anspruchs aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB identisch, auf eine an den jeweiligen Umständen ausgerichtete Prüfung verzichtet werden. Umgekehrt kann der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Kauf - anders als der Bundesgerichtshof dies für das Werkvertragsrecht entschieden hat (BGH, Urteil vom 8. Januar 2008 - X ZR 97/05, aaO Rn. 13) - nicht generell mit dem Belegenheitsort der beweglichen Sache gleichgesetzt werden. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (OLG München, NJW 2006, 449, 450; vgl. auch OLG Celle, aaO Rn. 27 für den Fahrzeugkauf) ist für die Ermittlung des Erfüllungsorts nicht allein der Umstand entscheidend, dass die Kaufsache nach Abschluss des Kaufvertrags dem Käufer übergeben wurde und sich daher - für beide Vertragsparteien vorhersehbar - bestimmungsgemäß nicht mehr beim Verkäufer befindet. Eine solche Anknüpfung ist schon deswegen nicht tragfähig, weil damit nur ein einzelner Gesichtspunkt und nicht - wie von § 269 Abs. 1 BGB gefordert - alle prägenden Umstände des betroffenen Schuldverhältnisses als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden.
32
c) Die Bestimmung des § 269 Abs. 1 BGB ermöglicht eine an den konkreten Umständen ausgerichtete Festlegung des Erfüllungsorts der jeweils geschuldeten Leistung und führt damit auch im Rahmen der Nacherfüllung (§ 439 BGB) zu sachgerechten Ergebnissen. Dagegen lassen sich - wie noch näher auszuführen sein wird - weder bei einer generellen Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem jeweiligen Belegenheitsort der Kaufsache noch bei einer automatischen Übertragung des Erfüllungsorts der ursprünglichen Primärleistungspflicht auf die Nacherfüllung für alle typischen Nacherfüllungssituationen überzeugende Lösungen finden (vgl. Pils, aaO S. 769 f.).
33
aa) In vielen Fällen wird der Erfüllungsort nach den Umständen des Falles am Sitz des Verkäufers anzusiedeln sein. Bei Geschäften des täglichen Lebens, etwa beim Kauf im Ladengeschäft, entspricht es der Verkehrsauffassung , dass die Kunden ihre Reklamationen regelmäßig unter Vorlage der mangelhaften Ware am Sitz des Verkäufers vorbringen (vgl. OLG München, NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610; Unberath/Cziupka, aaO S. 874; vgl. auch Faust, JuS 2008, 84, 85). Beim Fahrzeugkauf vom Händler erfordern Nachbesserungsarbeiten in der Regel technisch aufwändige Diagnose - oder Reparaturarbeiten des Verkäufers, die wegen der dort vorhandenen materiellen und personellen Möglichkeiten sinnvoll nur am Betriebsort des Händlers vorgenommen werden können (OLG München, NJW 2007, 3214, 3215; Ball, aaO; Reinking/Eggert, aaO Rn. 358; Reinking, NJW 2008, 3606, 3610; ders., ZfS 2003, 57, 60; Skamel, DAR 2004, 565, 568; ders., ZGS 2006, 227, 228). Hinzu kommt, dass der Belegenheitsort gerade bei verkauften Fahrzeugen variabel ist. Fahrzeuge befinden sich typischerweise und bestimmungsgemäß nicht nur am Wohnsitz des Käufers, sondern unterwegs zu den verschiedensten Zielen, wie etwa der Arbeitsstätte, dem Urlaubsort oder sonstigen Reisezielen (vgl. Muthorst, aaO S. 372).
34
bb) Dagegen erweist sich eine Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem Sitz des Verkäufers insbesondere in den Fällen als unangemessen, in denen es um die Nachbesserung von Gegenständen geht, die der Käufer an ihrem Bestimmungsort auf- oder eingebaut hat, oder in denen ein Rücktransport aus anderen Gründen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu bewerkstelligen wäre.
35
d) Die Bestimmung des Erfüllungsorts nach § 269 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls steht auch mit Art. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang. Die Richtlinie erfordert es nicht, als Erfüllungsort der Nacherfüllung stets den Belegenheitsort der Sache anzusehen. Die nach der Richtlinie eröffneten Wertungsspielräume werden im Rahmen der nach § 269 Abs. 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände bei richtlinienkonformer Auslegung gewahrt und sachgerecht ausgeschöpft.
36
aa) Art. 3 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie räumt einem Verbraucher bei Vertragswidrigkeit der Kaufsache einen Anspruch auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie ein. Nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie stellt klar, dass sich der Begriff der Unentgeltlichkeit auf alle für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts notwendigen Kosten erstreckt, insbesondere auf Versand-, Arbeits- und Materialkosten.
37
bb) Aus der in der Richtlinie geforderten und durch § 439 Abs. 2 BGB im deutschen Recht umgesetzten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung ergeben sich keine Einschränkungen für eine Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach den in § 269 Abs. 1 BGB niedergelegten Grundsätzen. Zwar schließt die von der Richtlinie verlangte Unentgeltlichkeit jede finanzielle Forderung des Verkäufers gegen den Käufer im Rahmen der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts aus (EuGH, NJW 2008, 1433 Rn. 34 - Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände). Die Regelungen über die Kostentragungspflicht sagen jedoch - wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt - nichts darüber aus, an welchem Ort der Erfüllungsort für Nacherfüllungsansprüche anzusiedeln ist. Die Kostentragungspflicht des Verkäufers wird durch die Lage des Erfüllungsorts nicht berührt. In den Fällen, in denen sich die Nacherfüllung als Bringschuld des Verkäufers darstellt, entstehen die Kosten direkt beim Verkäufer , der diese nach der Kostenverteilungsregel des § 439 Abs. 2 BGB nicht auf den Käufer abwälzen darf. Erfordert die Nacherfüllung, dass der Käufer die Kaufsache zum Verkäufer bringt oder versendet, fallen die Transport- oder Versandkosten zwar beim Käufer an. Er kann jedoch gestützt auf § 439 Abs. 2 BGB vom Verkäufer deren Erstattung verlangen (zum Anspruchscharakter des § 439 Abs. 2 BGB vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 9; ausführlich Hellwege, AcP 206 (2006), 136 ff.). Ferner kommt angesichts des Schutzzwecks des Unentgeltlichkeitsgebots auch ein Vorschussanspruch des Verbrauchers aus § 439 Abs. 2 BGB in Betracht. Die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen (EuGH, aaO). Ein solcher Hinderungsgrund kann sich für den Verbraucher auch daraus ergeben, dass er mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss.
38
cc) Die weitere Vorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, dass die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, eröffnet gewisse Wertungsspielräume, die auch bei der Bestimmung des Erfüllungsorts zu beachten sind.
39
(1) Der europäische Gesetzgeber hat den Begriff "erhebliche Unannehmlichkeiten der Nacherfüllung" nicht definiert. Auch die weiteren in Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltenen Vorgaben, wonach bei der dem Käufer geschuldeten Nachbesserung oder Ersatzlieferung die Art des Verbrauchsguts sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind, vermag den Bedeutungsgehalt der verwendeten Formulierung nicht hinreichend zu klären. Dem Schlussantrag der Generalanwältin in dem Verfahren Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände liegt ein weites Verständnis des Begriffs "erhebliche Unannehmlichkeiten" zugrunde. Er soll sowohl praktische Hindernisse bei der Durchführung der Nacherfüllung als auch Unannehmlichkeiten im Allgemeinen erfassen (Slg. 2008, I-2685 Rn. 47).
40
(2) Die Entstehungsgeschichte der Richtlinie gibt keine weiteren Aufschlüsse. Der Vorschlag der Kommission vom 18. Juni 1996 sah in Art. 4 Abs. 3 zwar das Recht des Verbrauchers vor, bei Vertragswidrigkeit zwischen der unentgeltlichen Instandsetzung innerhalb angemessener Frist, Ersatzleistung, Minderung des Kaufpreises oder Vertragsauflösung zu wählen (KOM (95) 520 endg., COD 96/0161, S. 14, 22). Der Begriff der "erheblichen Unannehmlichkeiten" findet sich dort aber ebenso wenig wie in dem aufgrund der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 1998 (ABl. EG Nr. C 104, S. 33, insbesondere Änderungen 45 und 30) vorgelegten Geänderten Vorschlag der Kommission vom 31. März 1998 (KOM (1998) 217 endg.; COD 96/0161). Er entstammt - soweit ersichtlich - einer politischen Einigung auf gemeinsame Standpunkte im Rat am 23. April 1998 (vgl. Presseerklärung PRES/98/106), in der es erstmals heißt: "Any repair or replacement should be completed within a reasonable time and without any significant inconvenience to the consumer." Diese Formulierung fand dann Eingang in Art. 3 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts EG Nr. 51/98 vom 24. September 1998 (ABl. EG Nr. C 333, S. 46) und in die Endfassung der Richtlinie; ihre Bedeutung wurde allerdings nicht erläutert.
41
(3) Es ist daher auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Danach lassen sich der Vorgabe, dass eine Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, mehrere Aussagen entnehmen. Zum einen ist der Verbraucher im Rahmen einer Nacherfüllung nicht gehalten, Handlungen vorzunehmen, die für ihn eine erhebliche Unannehmlichkeit darstellen, sondern kann deren Vornahme vom Unternehmer verlangen. Zum anderen braucht der Verbraucher keine Nacherfüllungsmaßnahmen des Unternehmers zu dulden, aus denen für ihn erhebliche Unannehmlichkeiten entstehen. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff der "erheblichen Unannehmlichkeiten" nach allgemeinem Verständnis nicht auf finanzielle Aspekte beschränkt ist. Dies wird auch durch die Systematik der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bestätigt. Da den im Zusammenhang mit der Nacherfüllung entstehenden wirtschaftlichen Belastungen des Käufers schon durch das in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie aufgestellte Postulat der Unentgeltlichkeit der Nachbesserung und Ersatzlieferung Rechnung getragen wird, muss sich das zusätzliche Erfordernis der Vermeidung erheblicher Unannehmlichkeiten zwangsläufig auch auf andere Erschwernisse beziehen.
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Erhebliche Unannehmlichkeiten können sich damit auch daraus ergeben, dass der Verbraucher die Sache zur Vornahme der Nacherfüllung zum Verkäufer bringen oder an diesen versenden muss. Zwar hat die Kosten eines solchen Transports oder Versands der Verkäufer zu tragen. Der Käufer muss jedoch in gewissem Umfang Zeit und Mühe aufwenden, um Verpackung und Transport vorzunehmen oder zu organisieren. Diese Leistungen können nicht von vornherein und in allen Fällen als lediglich unerhebliche Unannehmlichkeiten qualifiziert werden (Erman/Grunewald, aaO; Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO; MünchKommBGB/Westermann, aaO; aA Ball, aaO S. 221; Skamel, ZGS 2006, 227, 229; Muthorst, aaO S. 373; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610). Denn abhängig von der Art der Kaufsache, dem Ort, an dem sie sich - ihrem Zweck entsprechend - befindet, und der vom Käufer gewählten Form der Nacherfüllung können hiermit durchaus erhebliche Mühen für den Käufer verbunden sein.
43
(4) Allerdings erfordert die Richtlinie nicht, den Verbraucher vor sämtlichen Unannehmlichkeiten zu schützen, was sich eindeutig aus dem Zusatz "erheblich" ergibt (in der englischen Fassung "significant"; in der französischen Fassung "majeur"). Ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten ist dem Verbraucher mithin zumutbar.
44
Der Aufwand des Käufers für die Durchführung oder die Organisation des Rücktransports einer gekauften Sache an den Sitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung überschreitet nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle. Auch das gegebenenfalls vom Käufer zu tragende Risiko, selbst verauslagte Transportkosten mangels Erforderlichkeit nicht vom Verkäufer ersetzt zu bekommen, stellt keine erhebliche Unannehmlichkeit dar. Der Käufer kann entweder einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen (vgl. oben unter B II 4 d bb) oder den Verkäufer vorab darüber informieren, welche Art des Transports er beabsichtigt und welche Kosten hierdurch voraussichtlich entstehen. Bietet der Verkäufer keine günstigere Alternative an, so kann er einem Ersatzanspruch des Käufers später nicht entgegenhalten, die von diesem aufgewendeten Kosten seien nicht erforderlich gewesen.
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Eine an Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgerichtete Auslegung des § 269 Abs. 1 BGB erfordert es daher nicht, den Erfüllungsort der Nacherfüllung in jedem Fall mit dem Belegenheitsort der Kaufsache gleichzusetzen (so aber unter Außerachtlassung des Erheblichkeitserfordernisses AnwK/Büdenbender, aaO; Bamberger/Roth/Faust, aaO; Erman/Grunewald, aaO; jurisPK-BGB/Pammler, aaO; Huber, aaO). Dies ist nur dann geboten, wenn ein ansonsten vom Verbraucher geschuldeter Transport oder dessen Organisation diesem erhebliche Unannehmlichkeiten bereiten. Maßgebend aus europarechtlicher Sicht ist damit, ob die mit der jeweils geschuldeten Nacherfüllung verbundenen Unannehmlichkeiten die Erheblichkeitsschwelle überschreiten.
46
(5) Die europarechtliche Vorgabe einer ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer zu erbringenden Nacherfüllung ist auch nach Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht noch von Bedeutung. Der deutsche Gesetzgeber hat die genannte Vorgabe dadurch umgesetzt, dass der Käufer im Falle der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung sogleich Sekundärrechte (Rücktritt, Minderung und Schadensersatz) geltend machen kann, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB (BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.) Der oben unter B II 4 d cc (3) aufgezeigte Umfang der Richtlinienvorgabe wird hierdurch aber nicht ausgeschöpft (so aber Reinking, DAR 2007, 706). Denn § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB bewirkt nur, dass sich der Verbraucher nicht auf eine unerwünschte Form der Nacherfüllung einlassen muss, die für ihn - da mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden - unzumutbar ist. Er besagt jedoch nichts darüber, ob der Verbraucher im Rahmen einer von ihm gewünschten Nacherfüllung anfallende, für ihn mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbundene Aufgaben auf den Verkäufer abwälzen kann. Die Bestimmungen in Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bleiben daher auch außerhalb des § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB von Bedeutung und sind somit auch bei der Anwendung des § 269 Abs. 1 BGB zu beachten.
47
dd) Bei der nach § 269 Abs. 1 BGB mangels entsprechender Parteivereinbarungen gebotenen Ermittlung des Erfüllungsorts anhand der für das Schuldverhältnis bedeutsamen Umstände kann dem von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eröffneten Wertungsspielraum hinreichend Rechnung getragen werden. Die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zu stellende Frage, ob die Durchführung des Transports oder dessen Organisation erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher mit sich bringen, ist im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung bei der Anwendung des § 269 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen (vgl. Haas, aaO). Da der deutsche Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, die Vorgaben der Richtlinie nicht isoliert für den Verbrauchsgüterkauf umzusetzen, sondern im Wesentlichen das gesamte Kaufrecht nach der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auszugestalten (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 2, 211; Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO Rn. 41; Haas, aaO), beschränkt sich diese richtlinienkonforme Auslegung nicht auf Kaufverträge mit Verbrauchern, sondern gilt für alle Käufer.
48
e) Schließlich widerspricht auch die Rechtsnatur des Nacherfüllungsanspruchs nicht einer beim Fehlen einer Parteivereinbarung von den jeweiligen Umständen des Schuldverhältnisses abhängigen Ermittlung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach § 269 Abs. 1 BGB.
49
aa) Zwar handelt es sich beim Nacherfüllungsanspruch aus § 439 Abs. 1 BGB um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 14/6040, S. 221). Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB durchgesetzt werden (Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 18). Der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat (Senatsurteile vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO; vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227); dem Verkäufer soll eine "letzte Chance" eingeräumt werden, seine Pflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache - wenn auch erst im zweiten Anlauf - noch zu erfüllen, um den mit einer Rückabwicklung des Vertrags regelmäßig verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (Senatsurteile vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 21; vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, aaO). Grundsätzlich gilt daher, dass der Nacherfüllungsanspruch nicht weiter geht als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 18; Skamel, ZGS 2006, 227, 229; Oechsler, aaO).
50
bb) Jedoch folgt hieraus nicht, dass der Erfüllungsort des Nacherfüllungsanspruchs zwingend mit demjenigen des Primärleistungsanspruchs übereinstimmt (so aber Unberath/Cziupka, JZ 2009, 313 f.; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610; Kandler, aaO S. 443 f.; Leible in Gebauer/Wiedmann, aaO). Zu berücksichtigen ist nämlich, dass nach der gesetzgeberischen Konzeption der Nacherfüllungsanspruch nicht identisch ist mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch , sondern gewisse Modifikationen aufweist, die sich aus dem wegen des Mangels der gelieferten Sache unzulänglichen Erfüllungsversuch ergeben (BT-Drucks. 14/6040, S. 221; Ball, aaO S. 217; Haas, aaO Rn. 143). Der Unterschied zum Erfüllungsanspruch besteht - neben der speziellen Verjährungsfrist des § 438 BGB - im Wesentlichen darin, dass Gegenstand des Nacherfüllungsanspruchs nicht mehr die erstmalige Lieferung einer mangelfreien Kaufsache ist, sondern die Herstellung ihrer Mangelfreiheit durch Nachbesserung oder durch Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache (BT-Drucks. 14/6040, S. 221; Ball, aaO).
51
Dieser vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch des § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Anspruchsinhalt kann Auswirkungen auf den bei fehlenden Parteiabsprachen sich nach § 269 Abs. 1 BGB aus den Umständen des Schuldverhältnisses ergebenden Erfüllungsort haben. Denn auch die Art der vorzunehmenden Leistung (hier: Herstellung der Mangelfreiheit der ausgelieferten Ware) gehört zu den Umständen, die bei der Ermittlung eines Erfüllungsorts zu berücksichtigen sind. Allein schon dieser gegenüber dem Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB modifizierte Anspruchsgehalt der Nacherfüllung (§ 439 BGB) kann dazu führen, dass der Nacherfüllungsanspruch an einem anderen Ort zu erfüllen ist als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.
52
cc) Umgekehrt zwingt auch der von einigen Stimmen im Schrifttum angesprochene Gesichtspunkt, dass der Verkäufer im Falle der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache seine Pflicht verletzt hat, dem Käufer von Anfang an eine mangelfreie Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht dazu, den Erfüllungsort der Nacherfüllungsverpflichtung zur Vermeidung jedes daraus resultierenden Nachteils des Käufers stets am Belegenheitsort der Sache anzusiedeln (so aber Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO Rn. 9; Erman/Grunewald , aaO; AnwK/Büdenbender, aaO). Zwar kann im Rahmen der nach § 269 Abs. 1 BGB maßgeblichen Umstände auch die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung des Verkäufers berücksichtigt werden. Wollte man diesem Gesichtspunkt aber ausschlaggebendes Gewicht beimessen, hätte dies zur Folge, dass der Erfüllungsort jeder Nacherfüllung am Belegenheitsort der Kaufsache läge, denn die Nacherfüllung setzt gerade voraus, dass die Kaufsache mangelhaft ist. Die generelle Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem Belegenheitsort der Sache ist jedoch - wie bereits oben aufgeführt (unter B II 4 c aa) - nicht sachgerecht und wird auch von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht gefordert (dazu unter B II 4 d cc (4)). Angesichts dessen kann die Pflichtwidrigkeit des Verkäuferhandelns nicht der allein maßgebende Faktor für die Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung sein.
53
5. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Erfüllungsort des vorliegend geltend gemachten Nachbesserungsanspruchs befinde sich am Sitz der Beklagten in P. , im Ergebnis zutreffend.
54
a) Das Berufungsgericht hat eine Vereinbarung der Parteien über den Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Die tatrichterliche Auslegung von Individualvereinbarungen ist vom Revisionsgericht nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 - X ZR 80/01, BGHReport 2003, 150 unter I 1 mwN). Die Würdigung des Berufungsgerichts, die entgegen der im Kaufvertrag getroffenen Absprachen erfolgte Anlieferung des Anhängers an den Wohnsitz der Kläger und die spätere Bereitschaft der Beklagten, den Faltanhänger dort zum Zwecke der Nachbesserung abzuholen, rechtfertigten noch nicht den Schluss, der in Frankreich gelegene Wohnsitz der Kläger sei als Erfüllungsort für Nacherfüllungsansprüche vertraglich vereinbart worden, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Bewertungsspielraums.
55
b) Zu beanstanden ist jedoch, dass das Berufungsgericht den Erfüllungsort für die Nacherfüllung ohne Einschränkung mit dem Erfüllungsort der ursprünglichen Leistungsverpflichtung gleichgesetzt hat, anstatt diesen nach § 269 Abs. 1 BGB unter Abwägung der für das Schuldverhältnis maßgebenden Umstände zu ermitteln. Der Senat kann die unterlassene Prüfung jedoch nachholen , da die hierfür maßgeblichen Umstände festgestellt und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Das Nacherfüllungsverlangen der Kläger betrifft Mängel eines Camping-Faltanhängers, deren Beseitigung - ähnlich wie die Vornahme von Reparaturen bei Kraftfahrzeugen - den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordert. Dies macht grundsätzlich die Verbringung des Anhängers in eine mit geeigneten Vorrichtungen ausgestattete Werkstatt des Verkäufers notwendig. Dass vorliegend eine Mängelbehebung auch vor Ort möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Für die Kläger stellt es auch keine erhebliche Unannehmlichkeit dar, den Anhänger an den Firmensitz der Beklagten zu verbringen. Der Sitz der Beklagten liegt nicht so weit vom Wohnort der Kläger entfernt, dass ein Transport des Anhängers zwischen diesen beiden Orten (oder wenigstens dessen Organisation) den Klägern nicht zuzumuten wäre. Auch beim Kauf des Anhängers hatten sie sich ursprünglich für eine Selbstabholung entschieden. Nach den Umständen ist die von den Klägern verlangte Nacherfüllung daher am Sitz der Beklagten zu erfüllen, so dass die Kläger den Anhänger zum Zwecke der Nacherfüllung dorthin hätten verbringen müssen. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 03.06.2009 - 8 O 277/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 16.07.2010 - 8 U 812/09 -

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.

(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

Hat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesamtpreis gekauft, so hat der Vorkaufsberechtigte einen verhältnismäßigen Teil des Gesamtpreises zu entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, dass der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachteil für ihn getrennt werden können.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 320, 322 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 91/03
vom
11. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Gebührenforderungen von Rechtsanwälten können in der Regel nicht gemäß
§ 29 ZPO am Gericht des Kanzleisitzes geltend gemacht werden.
BGH, Beschl. v. 11. November 2003 - X ARZ 91/03 - Kammergericht
AG Berlin-Charlottenburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver
und Asendorf
am 11. November 2003

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Berlin-Schöneberg bestimmt.

Gründe:


I. Die Kläger betreiben als Rechtsanwalt (Kläger zu 1) bzw. als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer (Kläger zu 2) eine Sozietät in Berlin im Bezirk des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg. Nach ihrem Vortrag wurden sie von dem Beklagten zu 1, der im Bezirk des Amtsgerichts Zossen (Brandenburg) wohnt, und von dem Beklagten zu 2, der im Bezirk des Amtsgerichts BerlinSchöneberg wohnt, beauftragt, bestimmte schriftliche Vertragsurkunden zu fertigen und die Eintragung einer Grundschuld zu veranlassen. Die Kläger berechneten für diese Tätigkeiten nach §§ 11, 26, 118 BRAGO einschließlich MwSt insgesamt 906,73 € und haben diesen Betrag nebst Zinsen beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg eingeklagt.

Dieses Gericht hält sich nicht für zuständig. Auf den deshalb angebrachten Antrag auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit hat das Kammergericht beschlossen:
Die Sache wird gemäß § 36 Abs. 3 ZPO dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Ist der Erfüllungsort für Honoraransprüche aus Anwaltsvertrag auch nach der Wandlung des Berufsbildes des Rechtsanwalts noch immer die Kanzlei des Rechtsanwalts?
Zur Begründung hat das Kammergericht ausgeführt: Wie schon das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg angenommen habe, bestehe ein für beide Beklagte örtlich zuständiges Gericht nicht, weil im Falle der Geltendmachung von Rechtsanwaltsgebühren ein besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Ort der Kanzlei gemäß § 29 ZPO zu verneinen sei. An der deshalb gebotenen Bestimmung des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg als zuständiges Gericht sehe man sich jedoch gehindert, weil jedenfalls das Bayerische Oberste Landesgericht (NJW-RR 2001, 928; NJW 2003, 366), das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (BRAK-Mitt. 2002, 44) und das Oberlandesgericht Köln (NJW-RR 1997, 825) die Frage des besonderen Gerichtsstands des Erfüllungsorts bei Klagen auf Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren anders entschieden hätten.
II. Die Vorlage ist zulässig.
1. Das zuständige Gericht ist zu bestimmen, weil die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegeben sind. Die Beklagten haben in Anbetracht ihres unterschiedlichen Wohnsitzes ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten (§ 13 ZPO). Wie das Kammergericht zu Recht ausgeführt hat, sollen sie jedenfalls nach dem Hilfsantrag der Kläger als Streitgenossen in einem der beiden in Betracht kommenden allgemeinen Gerichtsstände verklagt werden, wobei der Senat davon ausgeht, daß die Nennung des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten im Antrag der Kläger auf einem bloßen Versehen beruht. Für den Rechtsstreit ist schließlich - wie noch auszuführen sein wird - ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet.
2. Die nach § 36 Abs. 3 ZPO ferner erforderliche Divergenz ist ebenfalls gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, daß Forderungen von Rechtsanwälten aufgrund ihrer Beratungstätigkeit nicht gemäß § 29 ZPO am Gericht ihres Kanzleisitzes geltend gemacht werden können. Damit will es von der Rechtsprechung der bereits genannten anderen Oberlandesgerichte und des Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen.
III. Die zulässige Vorlage hat gemäß § 36 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Folge, daß der Bundesgerichtshof in der Sache zu entscheiden, also das zuständige Gericht zu bestimmen hat. Im Gesetz ist nicht vorgesehen, daß lediglich die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt wird. Die Beschränkung der Vorlage hierauf im Tenor des Vorlagebeschlusses des Kammergerichts ist deshalb bedeutungslos.
IV. Der Senat bestimmt in Ermangelung eines besonderen Gerichtsstands nach § 29 ZPO das Amtsgericht Berlin-Schöneberg als zuständiges Gericht.
1. § 29 Abs. 1 ZPO begründet im Streitfall keinen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand gegenüber beiden Beklagten, weil nichts vorgetragen oder ersichtlich ist, daß beide Beklagten jedenfalls zur Zeit des Zustandekommens des Vertrags mit den Klägern, der die streitige Rechtsanwaltsgebührenrechnung ausgelöst hat, im Bezirk ein und desselben Amtsgerichts wohnten.

a) Nach § 29 Abs. 1 ZPO ist, wenn - wie hier - über eine Verpflichtung aus einem Vertragsverhältnis gestritten wird, das Gericht des Orts zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dieser Erfüllungsort bestimmt sich - sofern keine gesetzlichen Sonderregelungen eingreifen - nach dem Leistungsort , der sich aus § 269 Abs. 1 und 2 BGB ergibt. Insoweit stellt § 269 Abs. 1 BGB als Dispositivnorm (vgl. Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl., S. 297) die von Gesetzes wegen zu beachtende Regel auf, daß die Leistung an dem Ort zu erfolgen hat, an welchem der bzw. - bei als Streitgenossen Verklagten - der jeweilige Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. So ist diese Norm von gewichtigen Stimmen in der Literatur bisher verstanden worden (vgl. z.B. Planck, BGB, 4. Aufl. 1914, § 269 Anm. 3 a; Rosenberg, aaO; Baumgärtel/Strieder, Hdb. der Beweislast im Privatrecht, Bd. 1, Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof hat den Aussagegehalt dieser Vorschrift wiederholt in diesem Sinne gesehen und angewendet (vgl. z.B. Beschl. v. 30.3.1988 - I ARZ 192/88, NJW 1988, 1914; Urt. v. 9.3.1995 - IX ZR 134/94, NJW 1995, 1546; Urt. v. 2.10.2002 - VII ZR 163/01, MDR 2003, 402; Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 302/02, ZIP 2003, 2080, 2081). Im Zweifel ist also - wenn nicht gemäß § 269 Abs. 2 BGB ersatzweise der Ort der gewerblichen Nieder-
lassung entscheidet - der in § 269 Abs. 1 BGB genannte Wohnsitz des jeweiligen Schuldners der Leistungsort für dessen vertraglich begründete Leistungspflicht , so daß bei einer Klage gegen Streitgenossen mit unterschiedlichem Wohnsitz ein gemeinsamer Leistungsort nicht besteht. Etwas anderes gilt erst dann, wenn festgestellt werden kann und muß, daß die Vertragsparteien einen anderen, insbesondere einen Ort gemeinsamer Leistungserbringung bestimmt haben oder die Umstände des Falls einen solchen Leistungsort ergeben. Dabei soll durch die zweite dieser (Ausnahme-)Alternativen in Fällen, in denen die Vertragsparteien es unterlassen haben, ihren tatsächlichen Willen zum Leistungsort durch ausdrückliches oder konkludentes Verhalten zum Ausdruck zu bringen, jedenfalls deren mutmaßlichem Willen Rechnung getragen werden können (vgl. Prot. II. 1. S. 306; auch Siemon, MDR 2002, 366, 369). Dieser mutmaßliche Wille kann sich vor allem aus der Beschaffenheit der streitigen Leistung ergeben, was als Selbstverständlichkeit keiner ausdrücklichen Erwähnung im Gesetz bedurfte (Prot. aaO), aber auch aus der Natur des Schuldverhältnisses zu ersehen sein. Sofern sich Besonderheiten des konkreten Schuldverhältnisses nicht feststellen lassen, erlaubt diese zweite Alternative damit auch eine Bewertung anhand der typischen Art des Vertragsverhältnisses, das die streitige Verpflichtung begründet hat.

b) Im Streitfall kommt die Anwendung der gesetzlichen Regel des § 269 Abs. 1 BGB allenfalls wegen der zweiten Ausnahme in Betracht, weil nichts dafür ersichtlich ist, daß die Parteien etwas darüber zum Ausdruck gebracht haben , wo nach ihrem übereinstimmenden Willen die von den Beklagten geschuldete Leistung zu erfolgen habe. Allein aus dem Abschluß eines Vertrags mit einem Rechtsanwalt ergibt sich insbesondere keine stillschweigende Vereinbarung über einen Leistungsort dergestalt, daß der Mandant am Ort der Kanzlei seinen auf die BRAGO gestützten Zahlungsverpflichtungen nachkommen soll.


c) Auch der zweite Ausnahmetatbestand läßt sich jedoch nicht feststellen.
(1) Die streitige Leistungspflicht ist nicht von einer Beschaffenheit, die es als sachgerecht und deshalb im mutmaßlichen Willen der Parteien liegend erscheinen lassen könnte, sie nicht an dem in § 269 Abs. 1 BGB genannten Wohnsitz des jeweiligen Beklagten zu erfüllen. Die Beklagten schulden im Falle der sachlichen Berechtigung der geltend gemachten Forderung lediglich Geld. Insoweit besteht anders als etwa bei einer Verpflichtung, die auf Übergabe eines Grundstücks, auf Auflassung desselben oder auf Herstellung eines Werks an einer bestimmten Stelle gerichtet ist, keine bestimmte örtliche Präferenz. Das steht in Einklang mit § 270 BGB, nach dessen Abs. 4 bei Geldschulden die Vorschrift über den Leistungsort unberührt bleibt.
(2) Auch das Schuldverhältnis der Parteien weist keine Besonderheiten auf, die allein einen bestimmten anderen Leistungsort als den jeweiligen Wohnsitz eines Beklagten umständegerecht sein lassen.
In Frage steht nach dem behaupteten Inhalt des erteilten Auftrags - wie auch durch die Abrechnung nach der BRAGO deutlich wird - ein Schuldverhältnis , das einerseits auf Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, andererseits auf Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren gerichtet ist. Da weitere Einzelheiten, etwa über das Zustandekommen des Vertrags der Parteien, nicht vorgetragen oder sonstwie ersichtlich sind, kommt insoweit nur die typisierende Bewertung eines solchen Schuldverhältnisses in Betracht. Sie ergibt zwar, daß dieses sein Gepräge durch die Leistungspflicht der Kläger erhielt, weil es sich hierdurch um einen von anderen Vertragstypen verschiedenen Vertrag handelt. Es mag auch
sein, daß der Schwerpunkt dieses Vertragsverhältnisses dort lag, wo die Kläger ihre nachgefragte Tätigkeit entfalteten. Allein das verleiht dem Schuldverhältnis jedoch keine Natur, die es rechtfertigte oder gar erforderte, daß die Kläger als Mandanten ihre Verpflichtung nicht wirksam an ihrem jeweiligen in § 269 Abs. 1 BGB genannten Wohnsitz erfüllen können. So hat der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Handelsvertreterverhältnissen zwar bei der Frage, welches materielle Recht nach dem hypothetischen Parteiwillen anzuwenden ist, auf den Schwerpunkt des Schuldverhältnisses abgestellt (vgl. BGHZ 53, 332, 337). Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf die Bestimmung des Erfüllungsorts übertragen worden (BGH, Urt. v. 22.10.1987 - I ZR 224/85, NJW 1988, 966, 967). Sie führte auch praktisch bei jedem Vertragstyp zu einem einheitlichen Leistungsort für beide Vertragsparteien, was mit der Regelung des § 269 Abs. 1 BGB unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 5.12.1985 - I ARZ 737/85, NJW 1986, 935; Nicole Fleischer, Der Gerichtsstand des gemeinsamen Erfüllungsortes im Deutschen Recht, Diss. 1997, S. 15 f. m.w.N.).
Ein solcher Erfüllungsort kann deshalb nur angenommen werden, wenn weitere Umstände festgestellt werden können, wie sie beispielsweise beim klassischen Ladengeschäft des täglichen Lebens bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2002 - VIII ZR 163/01, MDR 2003, 402), bei dem üblicherweise die beiderseitigen Leistungspflichten sogleich an Ort und Stelle erledigt werden, oder regelmäßig bei einem Bauwerksvertrag vorliegen, weil auch der Besteller am Ort des Bauwerks mit dessen Abnahme eine seiner Hauptpflichten erfüllen muß und es interessengerecht ist, daß eine gerichtliche Auseinandersetzung dort durchgeführt werden kann, wo aufgrund der räumlichen Nähe zum Bauwerk eine Beweisaufnahme (z.B. über das Aufmaß oder über behauptete Mängel) regelmäßig wesentlich einfacher und kostengünstiger geschehen kann als an
dem auswärtigen Wohnsitz des Auftraggebers (BGH, Beschl. v. 5.12.1985 - I ARZ 737/85, NJW 1986, 935).
Solche zusätzlichen Umstände sind jedoch im Falle eines Anwaltsvertrags regelmäßig nicht feststellbar.
Dem klassischen Ladengeschäft des täglichen Lebens ist der Anwaltsvertrag nicht vergleichbar, weil regelmäßig der Abschluß des Vertrags nicht zur gleichzeitigen Erfüllung der gegenseitigen Leistungen führt. Sowohl der Rechtsanwalt als auch der Mandant erledigen das hierzu Erforderliche regelmäßig erst später. Selbst daß ein Mandant den von ihm beauftragten Rechtsanwalt sofort bezahlt, ist jedenfalls in der heutigen Zeit allenfalls ganz ausnahmsweise der Fall (vgl. OLG Frankfurt am Main NJW 2001, 1583; LG Hanau MDR 2002, 1032; LG München NJW-RR 2002, 206, 207; LG Berlin NJW-RR 202, 207, 208; LG Ravensburg BRAK-Mitt. 2002, 99; AG Köln NJW-RR 1995, 185, 186). Hierzu hat auch die weite Verbreitung von Rechtsschutzversicherungen beigetragen; die Rechtsanwälte machen deshalb ihr Tätigwerden häufig lediglich von der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung abhängig. Die spätere Bezahlung des Rechtsanwalts durch den Mandanten entspricht aber auch der Regelung des § 18 Abs. 1 BRAGO, nach welcher der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern darf. Angesichts dessen kann auch die Tatsache, daß ein Rechtsanwalt gemäß § 17 BRAGO einen Vorschuß verlangen darf, einem Anwaltsvertrag nicht das Gepräge eines in bar abzuwickelnden Vertrags verleihen. Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann letztlich jede Vertragsdurchführung von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden , so daß die Vorschußpflicht nicht gerade den Anwaltsvertrag seiner Natur nach kennzeichnet.

Auch eine Parallele zum Bauwerksvertrag, die wie bei diesem einen vom Wohnsitz des Auftraggebers abweichenden Erfüllungsort interessengerecht sein lassen könnte, besteht nicht (Prechtel, MDR 2003, 667, 668). Dabei kann dahinstehen, ob der Anwaltsvertrag überhaupt als Werkvertrag oder wie üblich als Geschäftsbesorgungs- bzw. Dienstvertrag zustande gekommen ist. Im ersteren Fall fehlt der insbesondere bei Mängeln zutage tretende Bezug zum Ort der Leistung des Auftragnehmers. Die kostengünstige und sachgerechte Beurteilung der Leistungen des Anwalts ist regelmäßig nicht davon abhängig, daß sie durch das für seinen Kanzleiort zuständige Gericht erfolgt. Im Falle der Ausgestaltung als Dienst- oder Geschäftsbesorgungsvertrag ergibt sich nichts anderes , auch wenn man berücksichtigt, daß das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertritt, bei Arbeitsverhältnissen sei in der Regel von einem einheitlichen (gemeinsamen) Erfüllungsort an dem Ort auszugehen, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu erbringen hat, also der Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit liegt (z.B. BAG, Beschl. v. 9.10.2002 - 5 AZR 307/01, NZA 2003, 339). Denn für diese Rechtsprechung, die im übrigen - wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluß vom 12. Oktober 1994 (5 AS 13/94) selbst angegeben hat - keinesfalls unumstritten ist, kann angeführt werden, daß der Arbeitsvertrag ein auf Dauer angelegtes Verhältnis begründet, das insbesondere soziale Fürsorgepflichten des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer einschließt. Das sind Umstände, die einen Anwaltsvertrag regelmäßig gerade nicht kennzeichnen ; vor allem ist ein dem Arbeitnehmer vergleichbarer Bedarf des Rechtsanwalts nach Schutz, der sachgerecht nur durch Erfüllung seiner Honorarforderung am Ort des Mittelpunkts seiner Berufstätigkeit zu befriedigen wäre, nicht zu erkennen.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß bei einem ausländischen Mandanten und Geltung deutschen Rechts der Erfüllungsort im Ausland liegt und der Rechtsanwalt Rechtsschutz im Ausland suchen muß. Denn das ist kein im Rahmen des § 269 Abs. 1 BGB maßgeblicher Gesichtspunkt, weil der ausländische Leistungsort auf der zur freien Disposition stehenden Auswahl des Vertragspartners beruht und deshalb die Natur des Schuldverhältnisses unberührt läßt. Daß die mit einer Klage im Ausland einhergehenden Nachteile durch Vereinbarung eines inländischen Erfüllungsorts nicht vermeidbar sind, hat hingegen seinen Grund in der in § 29 Abs. 2 ZPO getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung, die Wirkung einer Vereinbarung über den Erfüllungsort zu beschränken, wenn sie nicht von Angehörigen bestimmter Personengruppen getroffen wird. Im übrigen ist die Sicherung des allgemeinen Gerichtsstands , die auch der Regelung in § 38 Abs. 2 und 3 ZPO zugrunde liegt, nicht lückenlos. So erlaubt die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 12 v. 16.1.2001, S. 1 ff.) in dem ihr unterfallenden Anwendungsbereich eine Vereinbarung über die Zuständigkeit (Art. 23 i.V.m. Art. 3 Abs. 1).
Der Rechtsprechung der Instanzgerichte, die bisher angenommen haben , daß die Gebührenforderung des Rechtsanwalts am Ort seiner Kanzlei zu erfüllen sei (vgl. neben den bereits genannten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des Oberlandesgerichts Köln und des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg OLG Celle NJW 1966, 1975; MDR 1980, 673; LG Hamburg NJW 1976, 199 sowie die Nachw. bei und überhaupt zum Meinungsstand neuerdings wieder Prechtel, MDR 2003, 667 ff.), ist hierfür und gegen die Anwendung der gesetzlichen Regel des § 269 Abs. 1 BGB schließlich ebenfalls kein tragendes Argument zu entnehmen. Diese Rechtsprechung mag darauf
zurückgehen (vgl. KG JW 1927, 1324), daß man zunächst eine Notwendigkeit gesehen hat, daß Notare ihre Gebührenforderung an ihrem Kanzleisitz gerichtlich geltend machen können. Ein Gesichtspunkt, der sich hieraus möglicherweise für Rechtsanwaltshonorarforderungen nutzbar machen ließe, war jedoch bereits durch die Einführung der §§ 154 ff. KostO durch die Kostenordnung vom 25. November 1935 (RGBl I 1371) hinfällig, wonach Notare ihre Forderungen selbst beitreiben können.
Für die heutige Zeit ist deshalb vielmehr festzustellen, daß es - bei typisierender Sicht wie im Streitfall - eine vom Gesetz nicht gedeckte Privilegierung der Rechtsanwälte gegenüber anderen Gläubigern von Geldforderungen darstellte , wenn sie ihr Honorar nicht an dem gemäß § 13 ZPO bzw. §§ 29 Abs. 1 ZPO, 269 Abs. 1 BGB maßgeblichen Wohnsitz des Schuldners geltend machen müßten. Das würde sich insbesondere auch mit dem Schuldnerschutz nicht vertragen, der mit der Reform der Zuständigkeitsvorschriften durch das Gesetz vom 21. März 1974 (BGBl. I 753) gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 7/1384 v. 7.12.1973). Soweit auch der Bundesgerichtshof (BGHZ 97, 79, 82; Beschl. v. 29.1.1981 - III ZR 1/80, WM 1981, 411; Urt. v. 31.1.1991 - III ZR 150/88, NJW 1991, 3095 m.Hinw. zu weiteren Entscheidungen des III. Zivilsenats) die Meinung vertreten hat, Honorarforderungen eines Rechtsanwalts seien an dessen Kanzleiort zu erfüllen, kann deshalb an dieser Meinung nicht festgehalten werden. Die insoweit betroffenen Zivilsenate haben auf Rückfrage des entscheidenden Senats erklärt, daß gegen die aus den genannten Gründen zu treffende Entscheidung keine durchgreifenden Bedenken bestehen.
2. Mangels gemeinsamen besonderen Gerichtsstands ist es sachgerecht , daß die Streitsache in einem der beiden in Betracht kommenden allgemeinen Gerichtsstände verhandelt und entschieden wird. Der Senat entscheidet
sich - der beabsichtigen Auswahl des Kammergerichts folgend - insoweit für das Amtsgericht Berlin-Schöneberg, weil die Kläger in Berlin berufsansässig sind und die anwaltliche Beratungstätigkeit im Hinblick auf eine in Berlin ansässige OHG erfolgt ist.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

(1) Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist.

(2) Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzug der Annahme ist.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 320, 322 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Zivilkammer entscheidet durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter. Dies gilt nicht, wenn

1.
das Mitglied Richter auf Probe ist und noch nicht über einen Zeitraum von einem Jahr geschäftsverteilungsplanmäßig Rechtsprechungsaufgaben in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wahrzunehmen hatte oder
2.
die Zuständigkeit der Kammer nach § 72a Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu den nachfolgenden Sachgebieten begründet ist:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus Veröffentlichungen durch Druckerzeugnisse, Bild- und Tonträger jeder Art, insbesondere in Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen;
b)
Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften;
c)
Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen;
d)
Streitigkeiten aus der Berufstätigkeit der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer;
e)
Streitigkeiten über Ansprüche aus Heilbehandlungen;
f)
Streitigkeiten aus Handelssachen im Sinne des § 95 des Gerichtsverfassungsgesetzes;
g)
Streitigkeiten über Ansprüche aus Fracht-, Speditions- und Lagergeschäften;
h)
Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen;
i)
Streitigkeiten aus den Bereichen des Urheber- und Verlagsrechts;
j)
Streitigkeiten aus den Bereichen der Kommunikations- und Informationstechnologie;
k)
Streitigkeiten, die dem Landgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zugewiesen sind.

(2) Bei Zweifeln über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 entscheidet die Kammer durch unanfechtbaren Beschluss.

(3) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit der Zivilkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
3.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Die Kammer übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Sie entscheidet hierüber durch Beschluss. Eine Zurückübertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Auf eine erfolgte oder unterlassene Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

(1) Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Teil zustehenden Rechts, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, dass der andere Teil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist.

(2) Hat der klagende Teil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Teil im Verzug der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des § 274 Abs. 2 Anwendung.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.

(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.

(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.

Tenor

1. Das Landgericht München I erklärt sich für örtlich unzuständig.

2. Der Rechtsstreit wird auf Antrag des Klägers an das Landgericht Bielefeld verwiesen.

Gründe

Gründe:

Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Gericht ist örtlich unzuständig. Auf Antrag des Klägers hat sich das angegangene Gericht für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Gericht am Sitz der Beklagten (§§ 12, 17, 29 ZPO) zu verweisen.

Mit der Klage macht der Kläger nach Rücktritt vom Kaufvertrag Rückzahlung des bereits bezahlten Kaufpreises geltend, Zug um Zug gegen Rückübereignung der Kaufsache.

Die Beklagtenpartei hat - im Gegensatz zum Kläger - ihren allgemeinen Gerichtsstand nicht im Gerichtsbezirk des LG München I.

Der Kläger ist der Ansicht, dass beim LG München I ein gemeinsamer Erfüllungsort und somit auch ein Gerichtsstand besteht. Er beruft sich hierzu auf die herrschende Meinung, wonach dieser an demjenigen Ort ist, wo sich der Kaufgegenstand - nach beiderseitiger Erfüllung des Kaufvertrages - vertragsgemäß befindet, also in der Regel am Wohn- bzw. Geschäftssitz des Käufers (vgl. z. B. Palandt 75. Aufl. 2016 § 269 Rn. 16).

Diese Ansicht ist jedoch nicht überzeugend. So ist die „streitige Verpflichtung“, auf welche es nach § 29 ZPO zur Bestimmung des Gerichtsstands ankommt, vorliegend die geltend gemachte Zahlungsverpflichtung, welche als Geldschuld grundsätzlich am Sitz der Beklagten zu erfüllen ist (vgl. §§ 269, 270 BGB). Hieran ändert die Tatsache nichts, dass diese Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges zu erfolgen hat. Es handelt sich hierbei lediglich um eine bloße Modalität der eingeklagten Zahlungsverpflichtung, als zwangsläufige gesetzliche Folge eines wirksamen Rücktritts (vgl. § 348 BGB). Das Interesse des Klägers besteht hierbei primär am Erhalt des Geldes und nicht an der Rückgabe der Kaufsache. Dem steht von daher auch die (ältere) Entscheidung des BGH vom 09.03.1983 - VIII ZR 11/82 nicht entgegen (ebenso lG Stralsund vom 13.10.2011 - 6 O 211/11). Denn dort ging es vorwiegend um die Frage, wer die nach vollzogener Wandelung entstandenen Kosten für den Rücktransport zu tragen hat bzw. wo sich der Erfüllungsort für die Rückgabe- bzw. Rücknahmeverpflichtung befindet. Zwar hat der BGH darin die diesbezügliche herrschende Meinung dargestellt, sich jedoch dazu nicht eindeutig geäußert, sondern betont, dass man zum selben Ergebnis kommen würde, würde man von einem für die Käufer- und die Verkäuferverpflichtungen unterschiedlichen Erfüllungsort ausgehen. Weil es somit im Fall des BGH auf die vorliegende Streitfrage nicht ankam, kann diese Entscheidung auch nicht als Bejahung dieser Frage gewertet werden (Stöber, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag, NJW 2006, 2661).

Ergänzend wird zur Begründung der hier vertretenen Ansicht Bezug genommen auf die überzeugenden und eingehenden Ausführungen folgender Gerichtsentscheidungen: LG Stralsund a. a. O..; LG Tübingen vom 17.09.2015 - 5 O 68/15; LG Krefeld vom 27.07.1977 - 2 O 262/77, AG Hechingen vom 02.02.2012 - 2 C 463/11 sowie auf die Ausführungen von Stöber a. a. O... Vgl. auch Lorenz Beck'scher Online-Kommentar BGB; Bamberger/Roth 38. Edition, Stand: 01.11.2015 § 269 Rn. 33.

Auch der BGH hat in seiner Entscheidung vom 09.03.1995 - IX ZR 134/94 folgendes festgestellt: „ Durch die Zugum-Zug-Vereinbarung haben die Parteien für die Verpflichtung zur Zahlung der Bürgschaftssumme und diejenige zur Abtretung der Grundschuld ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis geschaffen. Das hat jedoch im Grundsatz keinen Einfluss auf den Leistungsort. Auch bei gegenseitigen Verträgen muss grundsätzlich der Leistungsort für jede Verpflichtung gesondert bestimmt werden; er ist daher nicht notwendig einheitlich (...). Die Rechtsprechung auch des BGH hat zwar bei bestimmten Vertragstypen einen einheitlichen Erfüllungsort von Leistung und Gegenleistung angenommen (...). Dabei handelt es sich aber überwiegend um Werk- oder Dienstverträge. Sie sind durch die an einem bestimmten Ort zu erbringende Werk- oder Dienstleistung geprägt; deshalb ist es dort gerechtfertigt, diesen Ort als gemeinsamen Erfüllungsort für Leistung und Gegenleistung anzusehen. Das lässt sich auf den Bürgschaftsvertrag nicht übertragen. Bei ihm steht die Zahlungspflicht des Bürgen im Vordergrund (...). Diese ist eine Schickschuld, bei der der Leistungsort beim Schuldner liegt, der Leistungserfolg dagegen beim Gläubiger eintritt (§ 270 BGB). Das weist auf keinen dieser Orte als einheitlichen Vertragsmittelpunkt hin“.

Das Landgericht Stralsund (a. a. O..) weist zudem auf die in den letzten Jahren generell festzustellende Tendenz des BGH hin, sich bei der Erfüllungsorts- und Gerichtsstandsbestimmung auf die gesetzliche Ausgangsregel des § 269 Absatz 1 BGB zurück zu besinnen und im Zweifel - unter Aufgabe älterer Entscheidungen - einem einheitlichen Gerichtsstand je nach Vertragstypus zu verneinen, so z. B. für die Klage auf Zahlung des Anwalthonorars (vgl. BGH vom 11.01.2003 - X ARZ 91/03; hierzu auch Stöber a. a. O..). Da sich der BGH in dieser Entscheidung nicht zu der hier vorliegenden Frage äußert, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass bzw. ob der BGH an der oben genannten Entscheidung vom 09.03.1995 weiterhin festhält, sofern man diese überhaupt als Bestätigung der h. M. ansehen will (vgl. oben).

Das OLG München schließt sich in der, vom Kläger genannten Entscheidung vom 13.01.2014 - 19 U 3721/13 zwar der herrschenden Meinung an. Sofern es zur Begründung jedoch insbesondere anführt, dass es dem mutmaßlichen Willen der Parteien entspricht, den Ort der vertragsmäßigen Belegenheit der Kaufsache als einheitlichen Leistungsort nicht nur für die Rücknahmeverpflichtung, sondern auch für den Kaufpreisrückgewähranspruch anzusehen, da der Käufer möglichst so gestellt werden müsse, als ob er den Vertrag nicht geschlossen hätte, wird damit lediglich der mutmaßliche Wille des Käufers dargelegt und berücksichtigt, nicht jedoch derjenige des Verkäufers. Dessen mutmaßlicher Wille hingegen dürfte nämlich dahin gehen, an seinem Wohnsitz verklagt zu werden bzw. dort die Rückzahlungsverpflichtung mittels Banküberweisung zu tätigen und nicht etwa das Geld dem Käufer in bar zu überbringen (vgl. Prechtel, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes bei anwaltlichen Gebührenforderungen, NJW 1999, 3617: Geldschuld als Schickschuld gem. §§ 270 Absatz 4 S. 1, 269 Abs. 1 BGB). Auch wenn man davon ausgeht, dass der Erfüllungsort für die Rückgabe der Kaufsache grundsätzlich am Sitz des Käufers liegt, lässt sich somit ein (gemeinsamer) „mutmaßlicher Wille“ des Verkäufers dahingehend, dass deshalb auch dort die Rückzahlung zu tätigen ist und er - als Konsequenz hieraus (§ 29 ZPO) - diesbezüglich auch im dortigen Gerichtsstand gegebenenfalls verklagt werden kann, nicht begründen und stellt lediglich eine bloße Fiktion dar.

Das Bayerisches Oberstes Landesgericht verweist im Beschluss vom 09.01.2004 - 1Z AR 140/03 lediglich auf die herrschende Meinung, insbesondere auf die Entscheidung des BGH vom 09.03.1983 - VIII ZR 11/82. Eine eigenständige Begründung bzw. Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Ansicht enthält diese Entscheidung indes nicht, sondern erachtet diese „ so weit von der gesetzlichen Grundlage entfernt, dass sie im Hinblick auf das Gebot des gesetzlichen Richters und das Willkürverbot des Grundgesetzes nicht hingenommen werden kann“. Da diese eher apodiktische Feststellung aus den oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar ist, wird der Verweisungsbeschluss nach § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO als zwingend erachtet. Ergänzend sei hierzu noch angeführt, dass ein Gericht bei der Auslegung und Anwendung von Normen einer vorherrschenden Meinung nicht zu folgen braucht. „Es ist selbst dann nicht gehindert, eine eigene Rechtsauffassung zu vertreten und seinen Entscheidungen zugrunde zu legen, wenn alle anderen Gerichte - auch die im Rechtszug übergeordneten - den gegenteiligen Standpunkt einnehmen. Die Rechtspflege ist wegen der Unabhängigkeit der Richter konstitutionell uneinheitlich“ (BVerfG vom 03.11.1992 - 1 BvR 1243/88).