Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 27. Aug. 2015 - 5 Sa 87/15

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2015:0827.5SA87.15.0A
bei uns veröffentlicht am27.08.2015

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.02.2015 - AZ.: 3 Ca 1989 a/14 – teilweise abgeändert und

a) die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 24,91 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen;

b) im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die von ihr über die regulär vereinbarte Teilzeitarbeit hinausgehenden Arbeitsstunden tarifliche Mehrarbeitszuschläge zu zahlen.

2

Bei der Beklagten handelt es sich um ein deutschlandweit tätiges Cateringunternehmen. Die 62-jährige Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.01.2009 als Verkäuferin in Teilzeit beschäftigt und erbringt ihre Arbeitsleistung im W. in F.. Im hier streitgegenständlichen Zeitraum betrug ihr Stundenlohn 9,49 € brutto und die wöchentliche Arbeitszeit 22,5 Stunden bzw. 97,6 monatlich. Die Beklagte zahlt an die Klägerin einen gleichbleibenden Tarifmonatslohn in Höhe von 925,85 € brutto. Hierüber erhält die Klägerin jeweils am Monatsende eine Abrechnung. Am Ende des nächsten Monats erhält die Klägerin eine zweite Abrechnung für den Vormonat, in der neben dem festen Tarifmonatslohn auch die im Vormonat geleisteten Mehrarbeitsstunden abgerechnet werden. Diese zweite Abrechnung enthält vor der Monatsangabe den Buchstaben „R“. Gemäß § 9 des zugrundeliegenden Arbeitsvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten abgeschlossenen Haustarifverträge Anwendung (Bl. 5 ff. d. A.). Dazu gehört u. a. der Haus-Manteltarifvertrag vom 15.06.2013 (künftig: MTV, Bl. 19 ff. d. A.). Dieser enthält - soweit hier von Belang – folgende Regelungen:

3

§ 3 – Arbeitszeit, Pause und Ruhezeiten

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1. Arbeitszeit (bis 31.12.2014)

5

Die durchschnittliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt bis zum 31.12.2014 wöchentlich 40 Stunden. Diese sind an 5 Tagen innerhalb der Woche von Montag (0:00 Uhr) bis Sonntag (24:00 Uhr) abzuleisten. Dabei sind folgende Ober- und Untergrenzen für Vollzeitkräfte zu berücksichtigen:

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1. Die tägliche Arbeitszeit darf 5 Stunden nicht unter- und 10 Stunden nicht überschreiten.

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2. die wöchentliche Arbeitszeit darf 28 Stunden nicht unter- und 48 Stunden nicht überschreiten.

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3. Die monatliche Arbeitszeit darf 139 Stunden nicht unter- und 200 Stunden nicht überschreiten.

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Für Teilzeitkräfte gelten die obigen Arbeitszeitgrenzen entsprechend des Verhältnisses der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeit. Davon abweichende Ober- und Untergrenzen können gelten, sofern der/die Arbeitnehmer/in ausdrücklich sein/ihr Einverständnis erklären.

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§ 4 – Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

12

1. Mehrarbeit

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Mehrarbeit ist zu vermeiden.

14

Die über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde, ist Mehrarbeit. Diese ist mit dem tariflichen Stundenlohn, zzgl. 25 % Zuschlag, zu vergüten.

15

Mehrarbeit kann im Folgequartal in Freizeit oder in Geld abgegolten werden. Hierüber ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin in jedem Einzelfall herzustellen. Freizeit wird im Verhältnis 1:1 gewährt. Die anfallenden Mehrarbeitszuschläge von 25 % werden in Geld bezahlt.

16

…“

17

In § 13 ist eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Sofern diese erfolglos bleibt, ist der Anspruch innerhalb von weiteren 3 Monaten seit der schriftlichen Geltendmachung gerichtlich geltend zu machen.

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Bei der Beklagten werden die geleisteten Mehrarbeitsstunden einschließlich der etwaig anfallenden Mehrarbeitszuschläge stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Ein Arbeitszeitkonto wird für die Arbeitnehmer nicht geführt.

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Die Klägerin leistete von April bis September 2014 ausweislich der ihr erteilten sogenannten R-Abrechnungen folgende Überstunden (Bl. 13 ff. d. A.):

20

April:

        

98,41 Stunden

Mai:   

        

64,41 Stunden

Juni: 

        

57,41 Stunden

Juli: 

        

86,41 Stunden

August:

        

63,20 Stunden

September

        

82,41 Stunden

21

Die Beklagte vergütete diese Mehrarbeit mit dem vereinbarten Stundenlohn. Einen Überstundenzuschlag von 25 % zahlte die Beklagte jedenfalls für die Monate Mai, Juni und August 2014 nicht (Bl. 112 d. A.). Ausweislich der Septemberabrechnung zahlte die Beklagte an die Klägerin für 10,5 Mehrarbeitsstunden den 25 %igen Mehrarbeitszuschlag (Bl. 17 d. A.).

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Mit Schreiben vom 29.08.2014, der Beklagten zugegangen am 08.09.2014, beanspruchte die Klägerin gegenüber der Beklagten Zahlung des tariflichen Mehrarbeitszuschlages für die im April bis einschließlich Juni 2014 geleisteten Überstunden in Höhe von insgesamt 788,81 € brutto (Bl. 10 f. d. A). Die Beklagte war nur bereit, Mehrarbeitszuschläge für die über die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehende Mehrarbeit zu zahlen.

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Am 12.11.2014 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben und Zahlung von tariflichen Mehrarbeitszuschlägen für die von ihm von April bis September 2014 unstreitig geleisteten Überstunden abzüglich der bereits mit der Septemberabrechnung gezahlten Zuschläge für 10,5 Überstunden in Höhe von 1.057,55 brutto beansprucht.

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Wegen des weiteren, insbesondere streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz sowie deren erstinstanzlicher Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

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Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.02.2015 stattgegeben. Die Klägerin habe Anspruch auf den 25 %igen Mehrarbeitszuschlag für die von ihr über die Regelarbeitszeit von 97,88 Stunden hinausgehenden Mehrarbeitsstunden. Die Behauptung der Beklagten, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur für die Mehrarbeit eines Vollzeitbeschäftigten Mehrarbeitszuschläge zu zahlen seien, sei unerheblich, da dieser vermeintliche Wille keinen Niederschlag in der tariflichen Regelung gefunden habe. § 4 Ziff. 1 MTV differenziere bei der Mehrarbeit, für die ein Mehrarbeitszuschlag zu zahlen ist, nicht zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeit. Soweit dort auf die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit Bezug genommen werde, könne dies sowohl eine Vollzeittätigkeit als auch eine Teilzeittätigkeit beinhalten. In § 3 MTV sei die Arbeitszeit sowohl von Vollzeit- als auch von Teilzeitbeschäftigten geregelt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergebe sich aus § 5 Ziff. 3 MTV nicht die von ihr vertretene Auffassung. Die dort enthaltene Berechnung des Stundenverdienstes gelte ersichtlich nur für Vollzeitkräfte und sei für die Klägerin ohne Belang. Auch den übrigen Regelungen des MTV lasse sich nicht entnehmen, dass der Mehrarbeitszuschlag nur dann gezahlt werde, wenn die reguläre Arbeitszeit von Vollzeitkräften überschritten werde. Bei der Auslegung von Tarifverträgen sei zudem zu unterstellen, dass die Tarifvertragsparteien Teilzeitkräfte entsprechend § 4 TzBfG nicht dadurch schlechter stellen wollten, dass sie den Mehrarbeitszuschlag nicht bekommen sollten. Die Beklagte habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Klägerin für die Monate April, Juli und September 2014 Mehrarbeitszuschläge gezahlt habe. Der Klaganspruch sei auch für den Monat April 2014 nicht gemäß § 13 MTV verfallen. Denn die Parteien hätten, ohne dies ausdrücklich so zu bezeichnen, in § 3 MTV ein Stundenkonto vereinbart, das jeweils nach einem Quartal auszugleichen sei. Gemäß § 4 Ziff. 1 Unterabs. 2 MTV sei daher die Mehrarbeit erst im Folgequartal durch Freizeit oder Geld abzugelten. Die im April 2014 geleistete Mehrarbeit sei daher erst ab dem 01.07.2014 abzugelten gewesen, da sie nicht bis zum Ende des Quartals am 30.06.2014 durch Freizeit ausgeglichen worden sei.

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Gegen das ihr am 05.03.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.03.2015 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese am 05.05.2015 begründet.

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Die Beklagte trägt vor,

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bei der Tarifauslegung sei das Arbeitsgericht zu Unrecht von der individuell geschuldeten Arbeitszeit ausgegangen. Nach dem Wortlaut des § 3 Ziff. 1 MTV werde eine „durchschnittliche Arbeitszeit“ mit wöchentlich 40 Stunden definiert. Mehrarbeit trete nach § 4 Ziff. 1 MTV ein, wenn die „regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“ überschritten sei. Der Wortlaut beziehe sich mithin auf die tarifliche und gerade nicht auf die individuelle Arbeitszeit. Zwar unterscheide § 4 Ziff. 1 MTV nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitarbeit, dies sei aber auch nicht erforderlich. Denn der MTV enthalte eine Definition der Arbeitszeit, eine darüber hinausgehende Relevanz der individuellen Arbeitszeit sei von den Tarifvertragsparteien nicht beabsichtigt gewesen. Obgleich der MTV sehr wohl die individuell vereinbarte Teilzeitarbeit kenne, wie z. B. in § 3 Ziff. 3 Abs. 3 MTV, stelle § 4 Ziff. 1 MTV allein auf die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit und nicht auf die individuelle vereinbarte Arbeitszeit ab. Aufgrund der Verkennung der Arbeitszeitdefinition habe das Arbeitsgericht die Überarbeit der Klägerin mit Mehrarbeit bzw. Überstunden verwechselt. Eine über die individuelle Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistung stelle zwar Überarbeit, aber grundsätzlich keine tarifvertragliche Mehrarbeit dar, solange sie sich im Zeitrahmen der Tätigkeit einer Vollzeitkraft bewege. Es liege auch keine Benachteiligung einer Teilzeitbeschäftigten vor, da auch ein Vollzeitbeschäftigter keinen Zuschlag für z. B. die 35. Wochenarbeitsstunde erhalte. Das Diskriminierungsverbot zwinge nicht, Arbeitsleistungen, die ein Teilzeitbeschäftigter über die mit ihm individuell vereinbarte Arbeitszeit hinaus leiste, ebenso zu vergüten, wie Arbeitsleistungen eines Vollzeitbeschäftigten über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus. Ohne besondere Anhaltspunkte könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Leistungszweck der Überstundenzuschläge in der Verteuerung für die individuelle Arbeitszeit liegen solle. Auch solle der Überstundenzuschlag gerade kein Ausgleich für die erlittene Einschränkung der Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Freizeitplanung sein. Auch die systematische Auslegung stütze das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung nicht. Obgleich an mehreren Stellen des MTV spezielle In-Verhältnis-Regelungen für Teilzeitkräfte vorhanden seien (Mindest- und Höchstgrenzen der Arbeitszeit, Urlaubsgeld, Jahressonderzahlung), fehlte eine entsprechende Regelung in § 4 Ziff. 1 MTV. Wenn die Tarifvertragsparteien aber im MTV an sechs Stellen ausdrücklich anteilige Leistungen für Teilzeitmitarbeiter vereinbart hätten, könne nicht unterstellt werden, dass diese hinsichtlich der Mehrarbeitszuschläge schlechterdings vergessen worden seien. Schließlich richte sich auch der gesetzliche Begriff der Mehrarbeit – sowohl historisch als auch gegenwartsbezogen betrachtet – nach der Vollzeitarbeit. In der hier verstandenen Weise sei der MTV von der Beklagten auch jahrelang angewandt worden. Erst im Rahmen der Tarifverhandlungen im Dezember 2011 habe die NGG gefordert, dass zukünftig durch eine neue Formulierung Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeit schon ab Überschreitung der vereinbarten Arbeitszeit und nicht erst bei Überschreitung der Vollzeitarbeit gezahlt werden sollten. Eine entsprechende Regelung sei indessen nicht eingeführt worden. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Einwand der Erfüllung nicht berücksichtigt. Sie, die Beklagte, habe an die Klägerin im April 2014 für 22,5 Stunden Überstundenzuschläge, im Juli für 10,5, im September unstreitig für 6,5 und im Oktober für 13,5 Stunden gezahlt. Die Beklagte hält den Einwand, dass die Ansprüche zumindest teilweise verfallen seien, aufrecht.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.02.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Klägerin verteidigt

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das angefochtene Urteil. Die Klägerin bestreitet weiterhin, dass die Beklagte an sie für irgendwelche im April und Juli 2014 geleisteten Überstunden tarifliche Mehrarbeitszuschläge gezahlt habe. Die Mehrarbeitszuschläge für 10,5 Stunden für September 2014 habe sie bereits im Zahlungsantrag anspruchsmindernd berücksichtigt. Bereits 1997 habe das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Teilzeitbeschäftigter allein deshalb einen Mehrarbeitszuschlag erhalte, weil er über das hinaus gearbeitet habe, wozu er einzelvertraglich verpflichtet gewesen sei.

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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt ihrer wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 27.08.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO.

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Die Berufung hat auch ganz überwiegend Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des tariflichen Mehrarbeitszuschlages für jede über ihre individuelle Teilzeit-Arbeitszeit hinausgehende Überstunde. Entgegen ihrer Auffassung stehen ihr nur Mehrarbeitszuschläge für die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinausgehenden Überstunden zu. Sofern sich die Zahlungsklage auf Mehrarbeitszuschläge für geleistete Überstunden bezieht, die lediglich die individuelle geschuldete Teilzeitarbeitszeit überschritten, nicht aber die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten, ist die Klage unbegründet (I.). Der Klägerin stehen nur für die im Juli 2014 unstreitig über die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers hinausgehenden 10,5 Überstunden Mehrarbeitszuschläge in Höhe von insgesamt 24,91 € brutto zu (II.).

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I. Die Klage ist ganz überwiegend unbegründet.

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Die Auslegung des MTV ergibt, dass Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag nur dann haben, wenn sie die für Vollzeitbeschäftigte geltende regelmäßige Arbeitszeit überschreiten.

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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur: BAG Urt. v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 -, juris; BAG, Urt. v. 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12 -. Rn. 14, juris) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 05.05.2011 – 5 Sa 535/10 –, Rn. 32, juris).

41

2. Nach diesen Auslegungsgrundsätzen kann die Klägerin keinen Mehrarbeitszuschlag beanspruchen für die unterhalb der regulären Arbeitszeit von 173,5 Stunden geleisteten Überstunden.

42

a) Nach dem Wortlaut des § 4 Ziff. 1 Satz 3 MTV ist Mehrarbeit mit dem tariflichen Stundenlohn, zzgl. 25 % Zuschlag, zu vergüten.

43

aa) Mehrarbeit wird in § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV definiert. Danach ist die über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde, Mehrarbeit. Die reguläre Arbeitszeit wird ihrerseits in § 3 Ziff. 1 Satz 1 MTV definiert. Hiernach beträgt die durchschnittliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, bis zum 31.12.2014 wöchentlich 40 Stunden. Nach dem Tarifwortlaut beträgt die regelmäßige Arbeitszeit mithin wöchentlich 40 Stunden. Dies entspricht einer monatlichen Arbeitszeit von 173,5 Stunden (§ 5 Ziff. 3 Satz 1 MTV).

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bb) Dem steht auch nicht entgegen, dass in § 4 Ziff. 1 Satz 1 MTV von „regelmäßiger“ Arbeitszeit und in § 3 Ziff. 1 Satz 1 MTV indessen von „durchschnittlicher“ Arbeitszeit gesprochen wird. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass in § 3 Ziff. 1 Satz 1 MTV als Bezugsgröße die Wochenarbeitszeit genannt ist und in § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV die Quartalsarbeitszeit. Die durchschnittliche Arbeitszeit in § 3 Ziff. 1 Satz 1 MTV bezieht sich auf die tarifvertraglich geschuldete wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten, wobei tarifvertraglich die 5-Tage-Woche gilt, § 3 Ziff. 1 Satz 2 TV. In § 3 Ziff. 1 Satz 3 MTV haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit eines flexiblen Arbeitszeitkontos eröffnet, ohne dies explizit so zu benennen, indem sie in den Nrn. 1. – 3. zeitliche Unter- und Obergrenzen für die tägliche, wöchentliche und monatliche Arbeitszeit festgelegt haben. Soweit es mithin in § 3 Ziff. 1 Satz 1 MTV „durchschnittliche“ Arbeitszeit heißt, ist dies dem Umstand der flexiblen Arbeitszeitregelung geschuldet. Die durchschnittliche Arbeitszeit ist in diesem Falle ein Synonym für regelmäßige Arbeitszeit.

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cc) Folgerichtig berücksichtigt § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV bei der Definition der Mehrarbeit den Umstand, dass die Tarifvertragsparteien in § 3 Ziff. 1 Satz 2 MTV die Möglichkeit eines flexiblen Arbeitszeitkontos eröffnet haben, welches innerhalb eines Quartals auszugleichen ist, § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV. Unter Berücksichtigung dieser flexiblen Arbeitszeitregelung fällt vergütungspflichtige Mehrarbeit mithin nur dann an, wenn ein Arbeitnehmer über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus Arbeit bzw. Überstunden geleistet hat, d. h. innerhalb eines Quartals im „Durchschnitt“ mehr als 40 Stunden wöchentlich gearbeitet hat. Nach dem Wortlaut der Tarifvorschriften kann von Mehrarbeit im tariflichen Sinne mithin nur dann gesprochen werden, wenn die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit von 520,5 Stunden (3 x 173,5 Stunden) überschritten wurde.

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dd) Die Parteien haben von der Möglichkeit eines flexiblen Arbeitszeitkontos indessen keinen Gebrauch gemacht. Dies haben die Parteien in der Berufungsverhandlung unstreitig gestellt. Die Beklagte rechnet das Fixgehalt des laufenden Monats stets am Monatsende ab und zahlt es aus. Die im laufenden Monat geleisteten Überstunden rechnet sie am Ende des Folgemonats ab und vergütet sie (zusammen mit dem Fixgehalt des Folgemonats) am Ende des Folgemonats. Die von der Klägerin über ihre individuell geschuldete Arbeitszeit von 22,5 Stunden wöchentlich bzw. 97,6 Stunden monatlich hinaus geleistete Arbeit/Überstunden vergütet die Beklagte mithin stets mit dem vertraglichen Stundenlohn von 9,49 € brutto am Ende des Folgemonats. Überstundenzuschläge zahlt sie nur für die über die reguläre Monatsarbeitszeit von 173,5 Stunden hinausgehenden Überstunden. Diese Handhabung steht auch im Einklang mit dem Tarifwortlaut.

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b) Aber auch die systematische Auslegung der Tarifvorschriften spricht für das bisherige Auslegungsergebnis. Sofern die Tarifvertragsparteien für Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten abweichende Regelungen treffen wollten, haben sie dies ausdrücklich getan. So haben die Tarifvertragsparteien gerade bei der Arbeitszeitregelung in § 3 Ziff. 1 Satz 4 MTV ausdrücklich geregelt, dass die in § 3 Ziff. 1 Satz 3 MTV für die flexible Arbeitszeit festgelegten Arbeitszeitgrenzen für Teilzeitkräfte nur entsprechend des Verhältnisses der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeit gelten. Wenn die Tarifvertragsparteien mithin bei der Definition der zuschlagspflichtigen Mehrarbeit in § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV – wie die Klägerin meint – nicht von der Überschreitung der regulären Arbeitszeit, wie sie in § 3 Ziff. 1 Satz 1 MTV normiert ist, sondern von der individuell geschuldeten Teilzeitarbeit von hier monatlich 97,6 Stunden ausgegangen wären, hätte es nahe gelegen, dies auch in der Formulierung so eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Den Tarifvertragsparteien waren auch die Auswirkungen, die die Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung auf die jeweiligen Tarifansprüche haben, bewusst. So enthalten die Tarifnomen über die Arbeitszeitverkürzung bei einer regelmäßigen 40-Stunden-Woche (§ 3 Ziff. 3 Abs. 3 MTV), über die Berechnung der Entgeltfortzahlung und Urlaubsentgelts und Urlaubsgeldes (§ 5 Ziff. 4 Abs. 2 MTV, § 8 Ziff. 11 MTV, § 8 Ziff. 13 Abs. 2 Satz 3 MTV) und über die Jahressonderzuwendung (§ 10 Abs. 2 MTV) abweichende Regelungen für Teilzeitbeschäftigte, die sich an der individuell vereinbarten bzw. tatsächlich geleisteten Arbeitszeit im Verhältnis zum jeweilig geregelten Anspruch eines Vollzeitbeschäftigten orientieren.

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c) Auch die teleologische Auslegung steht mit diesem Auslegungsergebnis in Einklang. Nach dem Sinn und Zweck soll ein tariflicher Mehrarbeitszuschlag, der allein davon abhängig ist, dass der Arbeitnehmer über ein bestimmtes, tage-, wochen-, monats- oder quartalsmäßig festgelegtes Arbeitszeitvolumen hinaus gearbeitet hat, grundsätzlich die damit verbundene besondere körperliche und/oder psychische Belastung durch ein zusätzliches Entgelt ausgleichen und den Arbeitgeber davon abhalten, Mehrarbeit anzuordnen (BAG, Urt. v. 05.11.2003 – 5 AZR 8/03 -, Rn. 49, juris; BAG, Urt. v. 20.06.1995 – 3 AZR 539/93 -, Rn. 30, juris; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Aufl., Rn. 61 zu § 43). Maßgeblich ist regelmäßig gerade nicht der mit der Leistung von Mehrarbeit oder Überstunden verbundene Eingriff in die Planungssicherheit in Bezug auf die Freizeitgestaltung, es sei denn, dass dies durch die Tarifvorschrift eindeutig so zum Ausdruck kommt. Ein solcher Ausnahmefall LAG der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.02.1997 – 3 AZR 806/95 - zugrunde. In jenem Fall ging es um einen tariflichen 50 %igen Überstundenzuschlag für eine betrieblich angeordnete Sonderschicht an einem dem Arbeitnehmer dienstplanmäßig zustehenden freien Tag, die bis zum 5. Tag der folgenden Lohnperiode durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden musste. Diese Art von Mehrarbeitszuschlag ist eher vergleichbar mit einem Sonn- und Feiertagszuschlag, der regelmäßig unabhängig davon zu gewähren ist, ob die reguläre Arbeitszeit durch die Sonn- und Feiertagsarbeit überschritten wurde oder nicht. Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich vorliegend indessen nicht. Dies verkennt die Klägerin auf Seite 3 unten in ihrer Berufungserwiderung vom 06.07.2015.

49

Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien die Zahlung eines Mehrarbeitszuschlages auch allein davon abhängig gemacht, dass der betreffende Arbeitnehmer über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Arbeit geleistet hat. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Wochenstunden. Zudem bestimmt § 4 Ziff. 1 Satz 1 MTV, dass Mehrarbeit zu vermeiden ist. Auch dies ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der 25 %ige Mehrarbeitszuschlag die mit der Mehrarbeit für den Arbeitnehmer verbundene zusätzliche körperliche und psychische Belastung durch eine zusätzliche Vergütung kompensieren soll. Es liegt auch auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erklärung, dass z. B. 15 Überstunden für einen Vollzeitbeschäftigten mit einer monatlichen Arbeitszeit von 173,5 Stunden körperlich und psychisch wesentlich belastender sind als für einen Teilzeitbeschäftigten mit einer individuellen monatlichen Arbeitszeit von 96,6 Stunden. Angesichts dessen kann mithin vom Sinn und Zweck des Mehrarbeitszuschlags vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass der Mehrarbeitszuschlag gemäß § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV bereits dann an Teilzeitbeschäftigte zu zahlen ist, wenn diese gemessen an ihrer individuell geschuldeten Arbeitszeit Überarbeit leisten, die die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit nicht überschreitet.

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d) Auch die historische Auslegung führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis.

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aa) Im arbeitsrechtlichen Sinne wird von Mehrarbeit gesprochen, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird (Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Aufl., Rn. 37 zu § 156). Nach der bis zum 30.06.1994 geltenden Arbeitszeitordnung stand den Arbeitnehmern für geleistete Mehrarbeit, d. h. für die die gesetzlichen Grenzen der §§ 3 und 4 überschreitende Arbeitszeit, eine „angemessene Vergütung“ bzw. ein Zuschlag von 25 % zu, § 15 Abs. 2 ArbZO. Demgegenüber handelt es sich um Überarbeit/Überstunden, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich oder tarifvertraglich geschuldete Arbeitszeit überschreitet. Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien als anspruchsbegründende Tatsache für die Zahlung des Zuschlags nach § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV die Leistung von Mehrarbeit vorausgesetzt und damit den gesetzlichen/historischen Begriff für die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit verwendet. Sie haben mithin zu erkennen gegeben, dass der tarifliche Mehrarbeitszuschlag nur auf die Arbeitsstunden zu zahlen ist, durch die die im MTV festgelegte regelmäßige Arbeitszeit überschritten wurde. Dabei wird nicht verkannt, dass im täglichen Sprachgebrauch zwischen Mehrarbeitsstunden und Überstunden nicht unterschieden wird. Indessen haben vorliegend Tarifvertragsparteien, die mit der arbeitsrechtlichen Terminologie vertraut sind, den Begriff der Mehrarbeit verwendet.

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bb) Auch der heutige Gesetzgeber versteht unter Mehrarbeit nicht die Überschreitung der individuell vereinbarten oder tariflich geltenden Arbeitszeit, sondern die Überschreitung der gesetzlich jeweils festgelegten zulässigen Höchstarbeitszeit. So enthält § 8 Abs. 2 MuSchG eine Legaldefinition für Mehrarbeit, die für werdende und stillende Mütter nach § 8 Abs. 1 MuSchG verboten ist. Gemäß § 124 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Mehrarbeit i. S. d. Vorschrift ist die über die gesetzliche Arbeitszeit gemäß § 3 Satz 1 ArbZG hinaus geleistete Arbeit, nicht aber die über die individuelle Arbeitszeit des Schwerbehinderten hinausgehende tägliche Arbeitszeit (BAG, Urt. v. 03.12.2002 – 9 AZR 462/01 -, Rn. 46 ff., juris; ErfK/Rolfs, 15. Aufl., Rn. 1 zu § 124 SGB IX).

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cc) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff Mehrarbeit in § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV mithin vor dem Hintergrund verwendet, dass sowohl die Gesetzgebung als auch die Rechtsprechung diesen bereits dahingehend definiert hatten, dass Mehrarbeit nur vorliegt, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Die historische Auslegung spricht demzufolge auch für das hier gefundene Auslegungsergebnis.

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dd) Zudem spricht gerade bei einem Haustarifvertrag die langjährig praktizierte Handhabung, dass auch bei Teilzeitkräften nur dann Mehrarbeitszuschläge gezahlt werden, wenn diese über die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit von 173,5 Stunden im Abrechnungsmonat Mehrarbeit geleistet haben. Denn der Arbeitgeber ist bei einem Haustarifvertrag zugleich Tarifvertragspartei. Zudem hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass bei den letzten Tarifverhandlungen im Dezember 2011 die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten – letztlich ohne Erfolg – gefordert habe, dass künftig durch eine neue Formulierung Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeit schon ab Überschreiten der vereinbarten Arbeitszeit, nicht erst bei Überschreiten der Vollzeitarbeitszeit gezahlt werden sollte. Einer derartigen Forderung hätte es aber nicht bedurft, wenn dies von vornherein so gewollt gewesen wäre.

55

e) Die Auslegung des § 4 Ziff. 1 Satz 2 MTV führt schlussendlich zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nur dann einen Mehrarbeitszuschlag beanspruchen kann, wenn sie in dem jeweiligen Abrechnungsmonat die regelmäßige tarifliche Monatsarbeitszeit von 173,5 Stunden überschritten hat. Für die Überstunden, die sie im streitgegenständlichen Zeitraum zwar über ihre individuell geschuldete Teilzeitarbeit (monatlich 97,6 Stunden) hinaus leistete, die indessen noch innerhalb der tariflichen regulären Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten lagen, steht ihr kein Mehrarbeitszuschlag zu.

56

Hieran gemessen fielen in dem streitgegenständlichen Zeitraum von April bis September 2014 nur in den Monaten April (22,5 Stunden), Juli (10,5 Stunden) und September (6,5 Stunden) Mehrarbeit im tariflichen Sinne an, für die Mehrarbeitszuschläge dem Grunde nach zu zahlen waren (Bl. 112 d. A.).

57

f) Der Klägerin stehen die begehrten Mehrarbeitszuschläge für die über ihre individuelle Teilzeitarbeit hinausgehenden, aber noch innerhalb der regulären Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten geleisteten Überstunden auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 4 TzBfG oder Art. 3 Abs. 1 GG zu. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aufgrund der Teilzeitbeschäftigung liegt ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Insoweit kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 16.06.2004 – 5 AZR 448/03 -, Rn. 46 ff., 50 ff., und vom 05.11.2003 – 5 AZR 8/03 -, Rn. 36 ff., 47 ff., verwiesen werden. Gegen diese gefestigte Rechtsprechung wendet sich die Klägerin auch nicht mit ihrer Berufung.

58

II. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten, bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum, nur noch Anspruch auf rückständige Mehrarbeitszuschläge in Höhe von insgesamt 24,91 € brutto.

59

1. Dieser Zahlungsanspruch basiert auf dem Umstand, dass die Klägerin im Juli 2014 über die regelmäßige tarifliche monatliche Arbeitszeit von 173,5 Stunden hinaus unstreitig 10,5 Mehrarbeitsstunden geleistet hat, welches einem Zahlungsanspruch von 24,91 € brutto entspricht (10,5 Std. x 9,49 € x 25 %). Ausweislich der R-Abrechnung für den Monat Juli 2014 hat die Beklagte für diese 10,5 Mehrarbeitsstunden keine Mehrarbeitszuschläge gezahlt. Die Beklagte hat ihre gegenteilige Behauptung auch anderweitig weder unter Beweis gestellt noch bewiesen. Insbesondere ist die von ihr erstellte und mit der Berufungsbegründung eingereichte Tabelle (Bl. 112 d. A.) kein geeigneter Beweis für die tatsächlich erfolgte Zahlung etwaiger Mehrarbeitszuschläge (in welcher Höhe?) für den Monat Juli 2014.

60

2. Gemessen an der individuellen monatlichen Arbeitszeit von 97,6 Stunden hätte die Klägerin mehr als 75,9 Überstunden im Monat leisten müssen, um überhaupt in den Genuss von Mehrarbeitszuschlägen zu kommen. Dies war indessen unstreitig nur im April, Juli und September 2014 der Fall.

61

a) Die Ansprüche auf Mehrarbeitszuschläge für den Monat September 2014 sind gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Für den Monat September 2014 hat die Klägerin unstreitig 6,5 Mehrarbeitsstunden im tariflichen Sinne geleistet. Die hierauf entfallenden Mehrarbeitszuschläge hat die Beklagte mit der R-Abrechnung auch vergütet, sodass insoweit Erfüllung eingetreten ist, § 362 Abs. 1 BGB.

62

b) Die Ansprüche auf Mehrarbeitszuschläge für die im April 2014 unstreitig geleisteten 22,5 Mehrarbeitsstunden im tariflichen Sinne sind gemäß § 13 Ziff. 1 MTV verfallen. Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Anspruchsgegner geltend gemacht werden. Die Klägerin hat die Zahlung der tariflichen Mehrarbeitszuschläge für April bis Juni 2014 in behaupteter Höhe von insgesamt 788,81 brutto erstmals mit Schreiben der Gewerkschaft NGG vom 29.08.2014 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Dieses Anspruchsschreiben ist der Beklagten indessen erst am 08.09.2014 zugegangen. Einen früheren Zugang hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin nicht zu beweisen vermocht. Am 08.09.2014 waren die Ansprüche auf Mehrarbeitszuschlag für April 2014 indessen bereits verfallen.

63

Unstreitig haben die Vertragsparteien von der tariflichen Möglichkeit der flexiblen Arbeitszeit keinen Gebrauch gemacht. Die von der Klägerin geleisteten Über- und Mehrarbeitsstunden wurden stets unstreitig am Ende des Folgemonats zusammen mit den Mehrarbeitszuschlägen abgerechnet und ausgezahlt. Eine Abgeltung der im laufenden Monat geleisteten Über- und Mehrarbeitsstunden durch entsprechenden Freizeitausgleich im laufenden oder Folgequartal gemäß § 4 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 MTV erfolgte unstreitig nicht. Ein Arbeitszeitkonto wurde gerade nicht geführt. Infolgedessen waren die tariflichen Mehrarbeitszuschläge gemäß § 5 Ziff. 2 Abs. 2 Alt. 1 MTV bereits mit Ablauf des Folgemonats fällig. Nach dieser Tarifnorm sind variable Entgeltbestandteile spätestens in dem auf den Entstehungsmonat folgenden Monat auszuzahlen. Bei dem Überstundenentgelt und den Mehrarbeitszuschlägen handelt es sich um variable Entgeltbestandteile, die nicht vom tariflichen Festgehalt erfasst sind. Der Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für die im April 2014 unstreitig geleisteten 22,5 Mehrarbeitsstunden im tariflichen Sinne war mithin Ende Mai 2014 fällig und verfiel gemäß § 13 Ziff. 1 MTV spätestens mit Ablauf des 31.08.2014.

64

III. Nach alledem war die Berufung nur in ganz geringem Umfang begründet und ganz überwiegend zurückzuweisen.

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

66

Die Revision war wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 72 Nr. 1 ArbGG.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 27. Aug. 2015 - 5 Sa 87/15

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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(2) Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Strukturausgleich nach § 12 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005.

2

Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 15. März 1989 in einer Forschungsanstalt der Beklagten als Chemielaborantin in der Funktion einer Chemisch-Technischen Assistentin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach dem TVöD und dem TVÜ-Bund. Die Klägerin war zunächst in der Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 1, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Im Wege eines Zeitaufstiegs wurde sie zum 1. Januar 1997 in die Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert. Sie erhielt vor der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD zuletzt Grundgehalt dieser Vergütungsgruppe nach Lebensaltersstufe 39. Im Rahmen der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD wurde die Klägerin der Entgeltgruppe E 8 TVöD und einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet, weil das Vergleichsentgelt über der höchsten Stufe 6 der Entgeltgruppe E 8 TVöD lag.

3

In einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 unterrichtete die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel die Klägerin über die Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses in den TVöD und teilte ua. mit, dass sie einen Strukturausgleich in Höhe von 40,00 Euro(auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung) erhält, dieser Ausgleichsbetrag ab dem 1. Oktober 2007 dauerhaft gezahlt, jedoch nicht dynamisiert wird und daher an künftigen Tariferhöhungen nicht teilnimmt. Das Schreiben enthält den Hinweis, dass es der Information dient und keinen Rechtsanspruch begründet.

4

Die mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigte Klägerin hat ohne Erfolg von der Beklagten ab Oktober 2007 Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund iVm. Anlage 3 TVÜ-Bund (Strukturausgleichstabelle) in Höhe von monatlich 20,00 Euro verlangt. In dieser Tarifvorschrift und der Strukturausgleichstabelle heißt es:

        

㤠12 Strukturausgleich

        
        

(1) 1Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O übergeleitete Beschäftigte erhalten ausschließlich in den in Anlage 3 TVÜ-Bund aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt einen nicht dynamischen Strukturausgleich. 2Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensalterstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. Oktober 2005, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.

        
        

(2) Die Zahlung des Strukturausgleichs beginnt im Oktober 2007, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht etwas anderes bestimmt ist.

        
        

(3) …

        
        

(4) Bei Teilzeitbeschäftigung steht der Strukturausgleich anteilig zu (§ 24 Abs. 2 TVöD). ...

        
        

Protokollerklärung zu Absatz 4:

        
        

Bei späteren Veränderungen der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der/des Beschäftigten ändert sich der Strukturausgleich entsprechend.

        
        

…       

        
        

Anlage 3 TVÜ-Bund

        
        

Strukturausgleiche für Angestellte (Bund)

        
        

...

        
        

Entgeltgruppe

Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ

Aufstieg

Orts-Zuschlag Stufe 1, 2

Lebensaltersstufe

Höhe Ausgleichsbetrag

Dauer

bei In-Kraft-Treten TVÜ

        

2       

X       

IX b nach 2 Jahren

OZ 2

23   

40 €

für 4 Jahre

        

…       

…       

…       

…       

…       

…       

…       

        

8       

V c

ohne

OZ 2

39   

40 €

dauerhaft

        

…       

…       

…       

…       

…       

…       

…“   

5

Die Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund lauten:

        

„1.

1Die Tarifvertragsparteien sind sich angesichts der Fülle der denkbaren Fallgestaltungen bewusst, dass die Festlegung der Strukturausgleiche je nach individueller Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Folgen als auch zu Härten führen kann. 2Sie nehmen diese Verwerfungen im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten hin.

        

2.   

1Die Tarifvertragsparteien erkennen unbeschadet der Niederschriftserklärung Nr. 1 an, dass die Strukturausgleiche in einem Zusammenhang mit der zukünftigen Entgeltordnung stehen. 2Die Tarifvertragsparteien werden nach einer Vereinbarung der Entgeltordnung zum TVöD, rechtzeitig vor Ablauf des 30. September 2007 prüfen, ob und in welchem Umfang sie neben den bereits verbindlich vereinbarten Fällen, in denen Strukturausgleichsbeträge festgelegt sind, für einen Zeitraum bis längstens Ende 2014 in weiteren Fällen Regelungen, die auch in der Begrenzung der Zuwächse aus Strukturausgleichen bestehen können, vornehmen müssen. 3Sollten zusätzliche Strukturausgleiche vereinbart werden, sind die sich daraus ergebenden Kostenwirkungen in der Entgeltrunde 2008 zu berücksichtigen.“

6

Die Klägerin hat gemeint, sie habe nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich in Höhe von monatlich 20,00 Euro. Sie sei bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund in der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT eingruppiert gewesen und habe alle anderen für diese Vergütungsgruppe in der Strukturausgleichstabelle genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Ohne Bedeutung sei, dass sie aus der Vergütungsgruppe VI b in die Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT aufgestiegen sei. Die tarifliche Regelung stelle für den Anspruch auf den Strukturausgleich nicht auf die „originäre“ Vergütungsgruppe oder die „Ausgangsvergütungsgruppe“ ab. Maßgeblich sei die Eingruppierung am Stichtag. Für die Monate Oktober und November 2007 stünde ihr aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung Strukturausgleich in Höhe von jeweils 20,00 Euro brutto zu.

7

Die Klägerin hat beantragt:

        

1.   

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen.

        

2.   

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin einen monatlichen Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund zu bezahlen.

8

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, für den Anspruch auf Strukturausgleich nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle sei nicht auf die am Stichtag tatsächlich erreichte, sondern die originäre Vergütungsgruppe abzustellen. Die Spalten 2 und 3 der Tabelle seien nur verständlich, wenn sie als Einheit verstanden würden. Die Tarifvertragsparteien hätten die Aufstiegsmöglichkeiten der Beschäftigten in der Strukturausgleichstabelle nachgezeichnet. So sei in Spalte 3 stets eine höhere Vergütungsgruppe als in Spalte 2 der Tabelle ausgewiesen. Anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund hätten die Tarifvertragsparteien in der Strukturausgleichstabelle nicht zwischen vorhandenem, vollzogenem und noch ausstehendem Aufstieg differenziert. Die Fallvariante „nach Aufstieg“ enthalte diese Tabelle nicht. Dies zeige, dass es für den Anspruch auf den Strukturausgleich auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme. Die Fallgruppe der originären Vergütungsgruppe ohne weitere Aufstiegsmöglichkeit könne nicht mit der nach erfolgtem Aufstieg erreichten Vergütungsgruppe gleichgestellt werden. Für dieses Auslegungsergebnis spreche auch, dass die nach dem Überleitungsstichtag vollzogenen Aufstiege gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund zum Wegfall des Strukturausgleichs führten.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung darf die Klage nicht abgewiesen werden. In der Sache kann der Senat nicht selbst entscheiden. Es bedarf der Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht, ob sich die Tarifvertragsparteien - wie die Beklagte behauptet - in den Tarifvertragsverhandlungen einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in der Strukturausgleichstabelle nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Strukturausgleich gerichtete Feststellungsantrag hat eine Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand(vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - BAGE 112, 112, 115). Für diesen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird. Die Klägerin musste den beanspruchten Ausgleichsbetrag auch nicht beziffern, nachdem dieser Betrag bei Teilzeitbeschäftigung anteilig zu zahlen ist (§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) und die Höhe des Strukturausgleichs damit vom jeweiligen zeitlichen Umfang der Beschäftigung der Klägerin abhängt.

13

2. Allerdings bedarf der Feststellungsantrag bezüglich des Beginns des streitbefangenen Zeitraums der Auslegung, nachdem die Klägerin insoweit von einer Datumsangabe abgesehen hat. Die Klägerin beansprucht für die Monate Oktober und November 2007 Strukturausgleich im Wege der Zahlungsklage. Ihr Feststellungsbegehren ist daher so auszulegen, dass die Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, ihr ab Dezember 2007 Strukturausgleich zu zahlen.

14

II. Das Arbeitsverhältnis richtet sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung ua. nach den Bestimmungen des TVÜ-Bund. Der mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigten Klägerin könnte deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle ab dem 1. Oktober 2007 anteiliger Strukturausgleich(§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) in Höhe von monatlich 20,00 Euro brutto zustehen. Für die Monate Oktober und November 2007 schuldete ihr die Beklagte in diesem Fall Strukturausgleich in Höhe des im Wege der Zahlungsklage geltend gemachten Betrags von 40,00 Euro brutto.

15

1. Die Tarifvertragsparteien haben in der Strukturausgleichstabelle den Anspruch auf den Ausgleichsbetrag an fünf Voraussetzungen geknüpft. Sie haben zu jeder „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ“ für bestimmte Lebensaltersstufen und Stufen des Ortszuschlags jeweils die Höhe des Ausgleichsbetrags und die Dauer der Zahlung des Strukturausgleichs festgelegt. Die Klägerin hat am 1. Oktober 2005 und damit am gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund maßgeblichen Stichtag die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für einen dauerhaft zu zahlenden Strukturausgleich in Höhe von monatlich 40,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung nur dann erfüllt, wenn es für das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Sie wurde im Rahmen der Überleitung in den TVöD der Entgeltgruppe E 8 zugeordnet. Seit dem 1. Januar 1997 und damit bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund am 1. Oktober 2005 war sie in der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Darüber, dass der Klägerin bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund Ortszuschlag der Stufe 2 zustand, sie zu diesem Zeitpunkt die Lebensaltersstufe 39 erreicht hatte und im Wege eines Bewährungs-, Fallgruppen- oder Tätigkeitsaufstiegs nicht mehr höhergruppiert werden konnte, besteht kein Streit.

16

2. Strittig ist, ob es sich bei der in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle genannten Vergütungsgruppe entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Rechtsauffassung der Beklagten um die „originäre“ Vergütungsgruppe handelt und spätere Höhergruppierungen durch Bewährungs- oder Zeitaufstiege nicht zu berücksichtigen sind(so auch Kutzki RiA 2009, 256; Görgens ZTR 2009, 562; Kuner Der neue TVöD Rn. 114a; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-Bund § 12 Rn. 18, 19; Hinweise zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund des Bundesministeriums des Innern [Hinweise des BMI] vom 10. August 2007 - D II 2-220 210 1/12 - Nr. 3.4.1 und 3.4.2), oder ob es entsprechend der Ansicht der Klägerin auf die am Stichtag tatsächlich erreichte Vergütungsgruppe ankommt (so Hanau ZTR 2009, 403; Dannenberg PersR 2009, 193; Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12 Rn. 2 und 4).

17

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204, 209; 8. September 1999 - 4 AZR 661/98 - BAGE 92, 259, 263) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

18

4. Der Wortlaut der tariflichen Regelungist nicht eindeutig. § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund bestimmt, dass maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen(Vergütungsgruppe, Lebensaltersstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) der 1. Oktober 2005 ist, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Damit verweist der Wortlaut der Tarifbestimmung zwar nicht auf eine „originäre“ Vergütungsgruppe, eine „Ausgangsvergütungsgruppe“ oder die „Vergütungsgruppe bei erstmaliger Übertragung der Tätigkeit“. Die in Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle unter der Überschrift „Aufstieg“ enthaltene Angabe „ohne“ kann vom Wortsinn her aber auch so verstanden werden, dass die in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle angegebene Vergütungsgruppe ohne vorherigen Aufstieg erreicht sein muss und keinen künftigen Aufstieg vorsehen darf. Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund hindert nicht ein Verständnis des Merkmals „Aufstieg - ohne“, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 die für die Überleitung in den TVöD maßgebliche Vergütungsgruppe nicht mit einem früheren oder zukünftigen Aufstieg verbunden sein darf.

19

5. Auch die Tarifsystematik führt zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis.

20

a) Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage 2 TVÜ-Bund, die die Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen regelt, in der Spalte 2 zwischen Vergütungsgruppen „ohne Aufstieg“, „nach Aufstieg“ und „mit ausstehendem Aufstieg“ unterschieden und in der Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle mit dem Wort „ohne“ von dieser Differenzierung abgesehen haben, spricht noch nicht entscheidend dafür, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausschließlich das Fehlen künftiger Aufstiegsmöglichkeiten erfasst und Vergütungsgruppen nach erfolgtem Aufstieg nicht vom Strukturausgleich ausgenommen sind. Die Strukturausgleichstabelle und die Anlage 2 TVÜ-Bund verfolgen nicht nur unterschiedliche Regelungszwecke. Sie unterscheiden sich auch in der Regelungstechnik, indem in der Strukturausgleichstabelle anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund der Aufstieg unter der entsprechenden Überschrift in einer gesonderten Spalte behandelt wird. Dies könnte gegen eine Anknüpfung an die in Anlage 2 TVÜ-Bund getroffenen Differenzierungen und für eine eigenständige Auslegung sprechen, zumal in der Strukturausgleichstabelle anders als in Anlage 2 Spalte 2 TVÜ-Bund nach dem Wort „ohne“ die für einen Aufstieg in Betracht kommende höhere Vergütungsgruppe nicht genannt wird. Würde das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in einem weiteren Sinne als die Worte „ohne Aufstieg“ in der Anlage 2 TVÜ-Bund verstanden, dürfte die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden sein.

21

b) Wenn die Strukturausgleichstabelle bei den genannten Vergütungsgruppen mit Aufstieg nur Vergütungsgruppen mit einem am Stichtag noch nicht erfolgten, also einem zukünftigen Aufstieg bezeichnet, liegt die Annahme nahe, auch das Wort „ohne“ erfasse nur einen zukünftigen Aufstieg. Allerdings lässt sich dieser Auslegung entgegenhalten, dass in den Fällen mit Aufstieg die höhere Vergütungsgruppe genannt ist, in den Fällen ohne Aufstieg dagegen nicht.

22

c) Aus dem Wort „ausschließlich“ in § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund kann zwar abgeleitet werden, dass die Zahlung von Strukturausgleich Ausnahmecharakter hat. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ auch solche Vergütungsgruppen vom Strukturausgleich ausschließen soll, die von den Beschäftigten im Wege des Aufstiegs erreicht wurden. Ob es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien mehr oder weniger Ausnahmefälle geben soll, in denen Strukturausgleich zu zahlen ist, erschließt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund nicht.

23

d) Das Argument, dass in den Fällen eines nach § 8 Abs. 2 TVÜ-Bund nachgeholten Bewährungs- oder Fallgruppenaufstiegs ab dem individuellen Aufstiegszeitpunkt ein etwaiger Strukturausgleich entfällt und dass ein Wertungswiderspruch entstünde, wenn man die nach dem Stichtag erfolgte Gleichstellung mit den früher Aufgestiegenen mit dem Wegfall des Strukturausgleichs bestrafe, die früheren Höhergruppierungen hingegen noch durch Zahlungen eines Strukturausgleichs belohne, trägt nicht( aA Görgens ZTR 2009, 562, 563). Es berücksichtigt nicht die unterschiedlichen Folgen der Überleitung nach einem Aufstieg aus einer höheren Vergütungsgruppe und der Überleitung vor einem nach dem alten Tarifrecht möglichen Aufstieg aus der niedrigeren Vergütungsgruppe. Die Tarifvertragsparteien waren aufgrund des Stichtagsprinzips nicht gehindert, nur danach zu differenzieren, ob am 1. Oktober 2005 ein (weiterer) Aufstieg noch möglich war.

24

6. Auch Sinn und Zweck des Strukturausgleichs geben kein eindeutiges Auslegungsergebnis vor.

25

a) Mit dem Strukturausgleich wollten die Tarifvertragsparteien Erwartungen auf zukünftige Entgeltsteigerungen nach dem bisherigen Tarifsystem Rechnung tragen. Bei der Ermittlung der begünstigten Personengruppen war entscheidend, welche Einkommensentwicklung bei der bisher erreichten Vergütungsgruppe und Lebensaltersstufe sowie dem jeweiligen Familienstand(Ortszuschlag Stufe 1 oder Stufe 2) noch möglich gewesen wäre. Dies erklärt, warum die Strukturausgleichsbeträge innerhalb einer Vergütungsgruppe bei verschiedenen Lebensaltersstufen nicht stets gleich hoch sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Dezember 2009 Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 150). Im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten haben die Tarifvertragsparteien Verwerfungen in Einzelfällen ausdrücklich hingenommen (Nr. 1 Satz 2 der Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund). Mit den Spalten 2 und 3 der Strukturausgleichstabelle haben sie zwar auch mögliche Karriereentwicklungen der Angestellten nach dem BAT/BAT-O abgebildet, soweit sie den Anspruch auf Strukturausgleich in der Spalte 3 an den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe geknüpft haben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien mit dem Strukturausgleich nicht ausschließlich nach dem bisherigen Tarifsystem bestehenden Exspektanzen im Hinblick auf eine Höhergruppierung Rechnung getragen. Sie haben vielmehr auch Exspektanzverluste aufgrund der Beseitigung des Aufstiegs nach dem Lebensalter abmildern wollen. In Spalte 5 der Strukturausgleichstabelle haben sie deshalb auf die Lebensaltersstufe des Angestellten bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund abgestellt (vgl. Hanau ZTR 2009, 403, 408).

26

b) Dieses Abmilderungsziel spricht zwar für das Verständnis, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ bereits erfüllt ist, wenn am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Entgeltsteigerungen aufgrund des Erreichens einer höheren Lebensaltersstufe wären nach bisherigem Tarifrecht unabhängig davon eingetreten, ob die aktuelle Eingruppierung noch einen Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg zugelassen hätte oder ein solcher Aufstieg bereits vor dem Inkrafttreten des TVÜ-Bund erfolgt war. Der Verlust der Altersexspektanz trifft alle Beschäftigte einer Vergütungsgruppe gleich, unabhängig davon, ob sie in diese originär eingruppiert waren oder durch Aufstieg gelangt sind(Hanau ZTR 2009, 403, 407). Eine Bindung des Anspruchs auf Strukturausgleich an eine originäre Vergütungsgruppe könnte deshalb dem Willen der Tarifvertragsparteien, auch mit der Abschaffung der Lebensaltersstufen verbundene Exspektanzverluste auszugleichen (vgl. Dannenberg PersR 2009, 193, 195), widersprechen.

27

c) Zwingend ist dies jedoch nicht. Auch eine Regelung, wonach das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde die Grenzen der autonomen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund nicht überschreiten, sondern wäre von der Tarifautonomie gedeckt.

28

7. Das von der Klägerin befürwortete Auslegungsergebnis ist auch nicht nennenswert praktikabler als das Abstellen auf originäre Vergütungsgruppen. Die Prüfung, ob im Überleitungszeitpunkt eine bestimmte Aufstiegsmöglichkeit bzw. keine Aufstiegsmöglichkeit bestand, erfordert ohnehin den Rückgriff auf die bei der Überleitung einschlägige Fallgruppe der Vergütungsgruppe des BAT, so dass ohne Weiteres festgestellt werden kann, ob der Angestellte in die Vergütungsgruppe mit der entsprechenden Fallgruppe erst durch einen vorherigen Aufstieg gelangt ist. Aufgrund dieses notwendigen Rückgriffs auf die einschlägige Fallgruppe kann aus der Strukturausgleichstabelle auch dann nicht „problemlos“ abgelesen werden, wer ab wann für wie lange welchen Betrag erhält, wenn ohne Weiteres auf die Vergütungsgruppe abgestellt wird, in der der Angestellte bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund eingruppiert war(aA Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12).

29

8. Ob es nach § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006 für den Anspruch auf Strukturausgleich darauf ankommt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe ohne Aufstieg erreicht worden ist, ist für die Auslegung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ in der Anlage 3 TVÜ-Bund nicht entscheidend. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder auf die originäre Vergütungsgruppe abgestellt haben sollten, könnte daraus kein entsprechender Regelungswille der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund abgeleitet werden, die diesen Tarifvertrag bereits am 13. September 2005 vereinbart hatten.

30

9. Ebenso wenig Rückschlüsse auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund lässt der zeitgleich vereinbarte Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-VKA) mit seiner in Anlage 2 geregelten Strukturausgleichstabelle zu. Diese ist anders strukturiert als die Tabelle für die Beschäftigten des Bundes und nicht mit vergleichbaren Auslegungsproblemen verbunden. Soweit dort auch für einige Fälle ein Strukturausgleich vorgesehen ist, in denen der Angestellte im Wege des Aufstiegs in eine höhere Vergütungsgruppe gelangt war, unterscheidet er sich nach Betrag, Beginn und Dauer von den Fällen, in denen die Überleitung des Angestellten aus der originären Vergütungsgruppe erfolgte.

31

10. Bezogen auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund hat das Bundesministerium des Innern mit Schreiben vom 5. Februar 2008 an das Eisenbahn-Bundesamt behauptet, die Gewerkschaften hätten in den Tarifvertragsverhandlungen umfangreiche Vergleichsberechnungen vorgelegt, die auf den „originären“ Vergütungsgruppen basierten und zur tariflichen Regelung des Strukturausgleichs geführt hätten. Die Beklagte hat dieses Schreiben in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt, sich darauf bezogen und sich damit die Behauptung des Bundesministeriums des Innern zu Eigen gemacht. Sollte diese Behauptung zutreffen und wären die Tarifvertragsparteien sich in den Tarifverhandlungen einig gewesen, dass der Anspruch auf Strukturausgleich voraussetzt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde dies die Auslegung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten rechtfertigen(zu den Voraussetzungen eines Rückgriffs auf die Entstehungsgeschichte der tariflichen Regelung als für die Auslegung entscheidenden Anhaltspunkt vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 -).

32

Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner Annahme, bereits die Systematik der tariflichen Regelung spreche entscheidend dafür, dass es zur Erfüllung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme, nicht geprüft, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund in den Tarifverhandlungen die Strukturausgleichsbeträge auf der Basis der originären Vergütungsgruppen mit und ohne Aufstiegsmöglichkeit festgelegt haben und sich einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist. Diese Prüfung hat es nachzuholen. Dazu hat es beiden Parteien zunächst Gelegenheit zu geben, ihren jeweiligen Sachvortrag zur Entstehungsgeschichte der Regelung des Strukturausgleichs zu ergänzen und weiter zu substantiieren. Sodann wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die Tarifvertragsparteien sich einig gewesen sind, dass die originäre Vergütungsgruppe maßgeblich ist. Da Wortlaut, systematischer Zusammenhang und sonstige Auslegungsgesichtspunkte nicht zu einer zweifelsfreien Auslegung führen, kann auch Veranlassung zur Einholung einer Tarifauskunft bestehen(vgl. BAG 17. Mai 1994 - 1 ABR 57/93 -). Gemäß § 293 ZPO können so Mittel der Rechtsanwendung und die dazu erforderlichen Erkenntnisquellen gewonnen werden, indem zB Auskünfte der Tarifvertragsparteien darüber eingeholt werden, ob es zu der Regelung des Strukturausgleichs Protokollnotizen oder vergleichbare Unterlagen gibt, aus denen ein übereinstimmender Regelungswille der Tarifvertragsparteien ersichtlich ist(vgl. BAG 16. Oktober 1985 - 4 AZR 149/84 - BAGE 50, 9, 21).

33

11. Kann eine solche Einigkeit der Tarifvertragsparteien nicht festgestellt werden, wäre das Merkmal „Aufstieg - ohne“ so auszulegen, dass es ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Für diese Auslegung streitet dann entscheidend der Gesichtspunkt der Normenklarheit. Wenn die Tarifvertragsparteien in den ersten fünf Spalten der Strukturausgleichstabelle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für den Strukturausgleich und in den Spalten 6 und 7 der Tabelle die Höhe des jeweiligen Ausgleichsbetrags bzw. die Bezugsdauer aufgelistet haben, spricht dies dafür, dass sie den Strukturausgleich möglichst transparent regeln wollten. Müsste erst ermittelt werden, ob der Beschäftigte in die in der Spalte 2 der Tabelle bezeichnete Vergütungsgruppe im Wege des Aufstiegs gelangt ist oder nicht, wäre die Regelung weniger durchschaubar. Für Normadressaten, die sich allein anhand des Wortlauts von § 12 TVÜ-Bund und der Strukturausgleichstabelle Gewissheit über Ansprüche auf Strukturausgleich verschaffen wollen, ist dies entscheidend. Auch die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel hat die tarifliche Regelung zunächst so verstanden, dass es für den Anspruch auf Strukturausgleich auf die „gegenwärtige Eingruppierung bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund“ ankommt. Sie hat der Klägerin deshalb in einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 mitgeteilt, dass diese Strukturausgleich erhält, und diese Mitteilung erst nach Kenntnis der Hinweise des Bundesministeriums des Innern zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund korrigiert. Bei einem unbefangenen Durchlesen der tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen liegt die Interpretation, entscheidend sei die bei der Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe des BAT ohne Rücksicht auf einen vorangegangenen Aufstieg, deutlich näher als die von der Beklagten befürwortete Auslegung. Wenn alle anderen Auslegungsgesichtspunkte zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, muss dies den Ausschlag geben, weil von den Normadressaten typischerweise nicht zu erwarten ist, dass sie sich zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen sämtlicher Auslegungsmethoden bedienen und alle in Betracht kommenden Auslegungsgesichtspunkte heranziehen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Matiaske    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. September 2012 - 4 Sa 332/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 14. März 2012 - 9 Ca 2042/11 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der aufgrund einer tarifvertraglichen Abstandsklausel geschuldeten Vergütung.

2

Der 1953 geborene Kläger ist bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingetreten. In einem von dieser an den Kläger gerichteten, mit der Überschrift „Dienstvertrag“ versehenen Schreiben vom 27. Juli 1989 heißt es ua.:

        

„…    

        

unter Bezugnahme auf die mit Ihnen geführten Gespräche möchten wir die mit Ihnen bestehenden dienstvertraglichen Beziehungen ab 01.10.1989 auf eine neue Grundlage stellen. Wir schlagen Ihnen vor, die beiderseitigen Rechte und Pflichten wie folgt zu regeln:

        

…       

        

§ 3 Vergütung

        

Sie erhalten als Vergütung für Ihre Tätigkeit jeweils zum Ende des Kalendermonats ein Bruttogehalt in Höhe von

        

DM 6.660,-- (i.W. sechstausendsechshundertsechzig)

        

das in regelmäßigen Zeitstabständen überprüft wird.

        

Außerdem erhalten Sie jährlich mit dem Gehalt für November eine Jahressonderzahlung, wenn Ihr Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt ist. Die Jahressonderzahlung beträgt

        

nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit mindestens 20 v. H.

        

nach 12 Monaten Betriebszugehörigkeit mindestens 30 v. H.

        

nach 24 Monaten Betriebszugehörigkeit mindestens 40 v. H.

        

nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit mindestens 50 v. H.

        

des vereinbarten Gehalts.

        

Wir bezahlen Ihnen jeweils mit den Bezügen für den Monat April (erstmals im April 1990) ein Urlaubsgeld in Höhe von 72,2 % des Bruttogehalts. Voraussetzung ist ein am 30.04. ungekündigtes Dienstverhältnis von mindestens sechsmonatiger Dauer. Die Vergütung des Urlaubsgeldes für das Urlaubsjahr 1989 erfolgt noch in analoger Anwendung der Vorschriften des Manteltarifvertrages für die Angestellten.

        

Ferner gewähren wir Ihnen monatlich als freiwillige Sonderzahlung einen Betrag von DM 52,-- über den Sie nach Belieben verfügen können (z.B. Anlage nach den Bestimmungen des 4. Vermögensbildungsgesetzes).

        

…“    

3

Der Kläger hat seither den Status eines außertariflichen Angestellten. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden erhielt der Kläger von April 2011 bis Januar 2012 ein monatliches Gehalt iHv. 5.430,00 Euro brutto zuzüglich einer „freiwilligen Sonderzahlung“ von monatlich 24,31 Euro brutto. Darüber hinaus zahlte die Beklagte im Jahr 2011 an den Kläger 2.715,00 Euro brutto als fixe Jahressonderzahlung (50 % eines Bruttomonatsentgelts) und weitere 3.921,00 Euro brutto als Urlaubsgeld (72,2 % eines Bruttomonatsentgelts).

4

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall, die Beklagte Mitglied des Bayerischen Unternehmensverbands Metall und Elektro e.V. Im Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23. Juni 2008 (im Folgenden: MTV) ist ua. geregelt:

        

㤠1 Geltungsbereich

        

Der Tarifvertrag gilt.

        

…       

        

3. Persönlich:

(I)     

Für alle Arbeitnehmer sowie für die Auszubildenden.

                 

(II)   

Nicht als Arbeitnehmer im Sinne dieses Vertrages gelten:

                 

…       

        
                 

d)    

sonstige Arbeitnehmer, denen auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes monatliches Entgelt zugesagt worden ist, das den Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 30,5 v.H. übersteigt,

                          

oder   

                          

denen auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes Jahreseinkommen zugesagt worden ist, das den zwölffachen Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 35 v.H. übersteigt.

        

…       

                 
        

Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d

        

‚Garantiert‘ ist das Monatsentgelt bzw. Jahreseinkommen dann, wenn auch hinsichtlich der Entgelthöhe ein Anspruch besteht, der nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung beseitigt werden kann. Erfolgs- bzw. ergebnisabhängige Zahlungen sind nur in der Höhe zu berücksichtigen, in der sie garantiert sind.

        

Zum Monatsentgelt bzw. Jahreseinkommen zählen insbesondere nicht geldwerte Vorteile und Aufwandsentschädigungen.

        

Der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) bezieht sich auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 1 Abs. (I). Bei einer abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird das nach der Formel gem. § 15 Ziff. 1 Abs. (II) berechnete Monatsgrundentgelt zugrunde gelegt.

        

§ 2 Regelmäßige Arbeitszeit

        

1.    

(I) Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 35 Stunden.

        

…       

        
        

§ 15 Tarifliches Monatsgrundentgelt und

        

tarifliches Stundenentgelt

        

1.    

(I) Die Tarifvertragsparteien vereinbaren im Entgeltabkommen die tariflichen Monatsgrundentgelte, bezogen auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden gem. § 2 Ziff. 1 Abs. (I).

                 

(II) Bei einer von der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (IRWAZ) errechnen sich die tariflichen Monatsgrundentgelte nach folgender Formel:

                 

Monatsgrundentgelt gem. Entgelttabelle x

                 

IRWAZ in Stunden

                 

35 Stunden

                 

(III) Bei den Berechnungen ist eine kaufmännische Auf- oder Abrundung auf volle Euro vorzunehmen.“

5

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung begehrt der Kläger mit seiner am 27. Juli 2011 eingereichten, mehrfach erweiterten Klage für den Zeitraum April 2011 bis Januar 2012 die Differenz zwischen dem sich aus § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV ergebenden Entgeltbetrag und dem von der Beklagten gezahlten monatlichen Gehalt. Er hat geltend gemacht, die Sonderzahlung von monatlich 24,31 Euro brutto sei als freiwillige Leistung der Beklagten nicht Teil des garantierten Entgelts iSv. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV. Auch die Jahressonderzahlung und das Urlaubsgeld seien keine garantierten Entgeltbestandteile. Er habe Anspruch auf ein monatliches Entgelt, das den Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 30,5 vH übersteige. Auf Grundlage des Schreibens vom 27. Juli 1989 sei eine Monatsvergütung vereinbart worden. Für den Streitzeitraum könne er deshalb ein Monatsentgelt von 5.569,63 Euro brutto beanspruchen. Nach Abzug des von der Beklagten gezahlten Monatsentgelts stünden ihm je Monat weitere 139,63 Euro brutto zu.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.396,30 Euro brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, mit dem Kläger sei eine Jahresvergütung vereinbart worden, die sich aus dem Monatsentgelt, der Jahressonderzahlung, dem Urlaubsgeld und der freiwilligen Sonderzahlung zusammensetze. Berücksichtige man alle von ihr geleisteten Zahlungen, sei das Abstandsgebot nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV eingehalten. Zur Wahrung des Abstandsgebots genüge zudem die Einhaltung entweder der auf den Monatsverdienst (§ 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV) oder der auf den Jahresverdienst (§ 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV) abstellenden Grenze. Auch der Abstand nach Unterabs. 1 sei eingehalten, wenn man die von ihr geleisteten Zahlungen auf zwölf Kalendermonate umlege.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Differenzvergütung. Die Beklagte hat das tarifliche Mindestabstandsgebot eingehalten, indem sie ihm im streitgegenständlichen Zeitraum April 2011 bis Januar 2012 entsprechend § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV ein garantiertes, den zwölffachen Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 35 vH übersteigendes Jahreseinkommen zusagte und entsprechende Zahlungen leistete.

10

I. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten übertrug dem Kläger mit Schreiben vom 27. Juli 1989 nicht nur das darin genannte Aufgabengebiet, sondern zugleich den Status eines außertariflichen Angestellten. Der Kläger hat aufgrund seiner Aufnahme in den Kreis der außertariflichen Angestellten gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zahlung einer das tarifliche Mindestabstandsgebot nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV wahrenden Vergütung.

11

1. Eine konstitutive „Ernennung“ zum außertariflichen Angestellten beinhaltet bei beiderseitiger Tarifgebundenheit eine arbeitsvertragliche Zusicherung, diesen Status durch Zahlung einer der Tarifentwicklung und ggf. einer tarifvertraglichen Abstandsklausel entsprechenden außertariflichen Vergütung zu erhalten (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 505/08 - Rn. 21). Durch die Formulierung im Schreiben vom 27. Juli 1989, „möchten wir die … dienstvertraglichen Beziehungen ab 01.10.1989 auf eine neue Grundlage stellen“, hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dem Kläger verbindlich das genannte Aufgabengebiet und - wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt - seiner Funktion entsprechend konstitutiv die Rechtsstellung eines AT-Angestellten übertragen zu wollen.

12

2. Bei beiderseitiger Organisationszugehörigkeit darf nach § 4 Abs. 3 TVG zum Nachteil des Arbeitnehmers von den tariflichen Bestimmungen nur abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag keine Anwendung mehr findet. Dies setzt nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23. Juni 2008 voraus, dass dem Angestellten ein Entgelt zugesagt ist, das mindestens dem in § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV geregelten tariflichen Abstandsgebot entspricht. Diese Mindestvergütung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit der Ernennung zum AT-Angestellten angeboten. Der Kläger nahm dieses Angebot zumindest stillschweigend an, § 151 BGB.

13

II. Der Kläger kann für den Zeitraum April 2011 bis Januar 2012 keine weitere Vergütung verlangen. Die Beklagte hat den nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV einzuhaltenden Mindestabstand mit Zahlung eines den zwölffachen Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 35 vH übersteigenden garantierten Jahreseinkommens gewahrt. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Abstandsklausel.

14

1. Tarifliche Inhaltsnormen sind wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck der tariflichen Regelung zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Regelungswerk ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelung, weil dieser Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien liefern kann. Bleiben im Einzelfall gleichwohl Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, wie etwa auf die Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung in der Praxis. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 12. November 2013 - 1 AZR 628/12 - Rn. 11).

15

2. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Tarifbestimmung ist das Abstandsgebot nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV eingehalten, wenn das in Monatsbeträgen zugesagte, garantierte Entgelt den Mindestabstand nach Unterabs. 1 wahrt. Erst wenn dies nicht der Fall ist und dem Angestellten als garantiertes Jahreseinkommen neben dem in Monatsbeträgen zu zahlenden Entgelt weitere, nicht im Monatsturnus zu erbringende Leistungen zugesagt sind, ist der Mindestabstand nach Unterabs. 2 einzuhalten. Nicht entscheidend ist, ob die Arbeitsvertragsparteien eine Monatsvergütung oder ein Jahreseinkommen vereinbart haben.

16

a) Gegen die Annahme, der Tarifvertrag stelle rein formal darauf ab, ob arbeitsvertraglich eine Monatsvergütung oder ein Jahreseinkommen vereinbart wurde, spricht bereits der Wortlaut der tariflichen Abstandsklausel.

17

aa) § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV bezieht sich in Unterabs. 1 und Unterabs. 2 gleichermaßen auf das monatliche Entgelt bzw. Jahreseinkommen, das „auf außertariflicher Grundlage“ zugesagt und garantiert ist. Erfasst sind damit nicht nur Leistungen, deren Zahlung und Zahlungsmodalitäten arbeitsvertraglich vereinbart ist, sondern alle, auf die auf „nicht tariflicher“ Grundlage ein Anspruch besteht. Dies können zB Entgeltansprüche aus Betriebsvereinbarungen sein, deren Zahlweise die Betriebspartner bestimmen, oder aus Gesamtzusagen, deren Zahlungsbedingungen der Arbeitgeber festlegt. Schon nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d des Manteltarifvertrags für die Angestellten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie in der Fassung vom 24. Mai 2002 war für die Einhaltung des tariflichen Abstandsgebots nicht nur das arbeitsvertraglich vereinbarte, sondern das „auf außertariflicher Grundlage geregelte“ Gehalt insgesamt maßgeblich. Dieses umfasste nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur arbeitsvertragliche, sondern alle auf „nicht tariflicher“ Grundlage beruhenden Entgeltbestandteile (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 505/08 - Rn. 32). Die Beibehaltung der Formulierung „auf außertariflicher Grundlage“ in der Neufassung von § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorgängerregelung bestätigt ein Verständnis der in § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV verwendeten Begriffe „Entgelt“ bzw. „Jahreseinkommen“, das nicht nur auf vertragliche Ansprüche beschränkt ist. Stellte man allein auf die vertragliche Vergütungsvereinbarung ab, blieben sonstige - nicht bereits arbeitsvertraglich zu beanspruchende - auf außertariflicher Grundlage zu leistende Entgeltbestandteile, deren Zahlungsmodus nicht durch vertragliche Vereinbarung bestimmt wird, außer Betracht.

18

bb) Dieser Auslegung steht die Verwendung der Begriffe „monatliches Entgelt“ und „Jahreseinkommen“ nicht entgegen. Die Tarifvertragsparteien haben hiermit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei der Prüfung, ob der einzuhaltende Mindestabstand gewahrt ist, eine auf das monatlich zu zahlende Entgelt oder eine auf das Jahreseinkommen bezogene Betrachtung vorzunehmen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das den Mindestabstand wahrende außertarifliche Entgelt nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV „zugesagt“ sein muss. Damit soll sichergestellt werden, dass der künftige außertarifliche Angestellte bereits zu Beginn seiner neuen Stellung wissen muss, ob der Verlust tariflicher Rechte angemessen kompensiert wird. Das ist nur der Fall, wenn die Einhaltung des tariflichen Mindestabstands vorab - wie vorliegend durch eine konstitutive Ernennung - auf außertariflicher Grundlage festgelegt wird (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 505/08 - Rn. 21).

19

cc) Auch Sinn und Zweck der Abstandsklausel sprechen gegen ein rein formal auf die vertragliche Vereinbarung abstellendes Verständnis der Tarifbestimmung.

20

Zweck tariflicher Abstandsregelungen ist es, durch das Anknüpfen an einen Mindestabstand des dem außertariflichen Angestellten zugesagten Entgelts zum höchsten tariflichen Entgelt eine Kompensation für die mit dem AT-Status verbundene Preisgabe tariflicher Rechte zu schaffen. Für die sachliche Rechtfertigung eines Verzichts auf tarifliche Ansprüche ist jedoch die Höhe des dem außertariflichen Angestellten als Ausgleich zugesagten Entgelts entscheidend und nicht, ob die Arbeitsvertragsparteien ein Monatsentgelt oder ein Jahreseinkommen vereinbart haben. Dass die Tarifvertragsparteien entscheidend auf die Höhe der Vergütung abgestellt haben, wird durch die Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV bestätigt. Entsprechend der darin enthaltenen Definition des „garantierten“ Monatsentgelts bzw. Jahreseinkommens iSv. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV ist Entgelt nur zu berücksichtigen, wenn der Anspruch auch der Höhe nach nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung änderbar ist.

21

b) Der Kompensationszweck des tariflichen Abstandsgebots spricht auch dagegen anzunehmen, bei der Berechnung des tariflichen Mindestabstands nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV sei Unterabs. 1 nur zugrunde zu legen, wenn dem Angestellten ausschließlich ein monatliches Entgelt zugesagt ist und Unterabs. 2 schon dann, wenn zusätzlich zu monatlichen Zahlungen weitere außerhalb des Monatsturnus zu erbringende Leistungen zugesagt sind. Vielmehr ist Unterabs. 2 nur anzuwenden, wenn nicht bereits mit dem in Monatsbeträgen zugesagten, garantierten Entgelt der Mindestabstand nach Unterabs. 1 gewahrt ist und dem Angestellten neben dem garantierten monatlichen Entgelt weitere Entgeltbestandteile zugesagt sind.

22

3. Die Beklagte hat zwar an den Kläger keine monatlichen Zahlungen in Höhe des sich aus § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV ergebenden Entgeltbetrags geleistet. Den tariflichen Mindestabstand hat sie dennoch eingehalten, indem sie dem Kläger ein garantiertes Jahreseinkommen in Höhe des sich nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV ergebenden Betrags gewährte.

23

a) Unter Berücksichtigung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers von 32 Stunden hätte der Kläger nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV ein monatliches Entgelt von 5.569,59 Euro brutto beanspruchen können.

24

aa) Nach der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV bezieht sich der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß § 2 Ziff. 1 Abs. (I) MTV. Bei einer abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein nach § 15 Ziff. 1 Abs. (II) MTV zu berechnendes Monatsgrundentgelt zugrunde zu legen. Hierzu ist nach § 15 Ziff. 1 Abs. (II) MTV das Monatsgrundentgelt gemäß Entgelttabelle mit der individuellen Wochenarbeitszeit in Stunden (IRWAZ) zu multiplizieren und durch die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit in Stunden zu dividieren.

25

Nach dem Entgelttarifvertrag der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23. Februar 2010 hat der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) ab 1. April 2011 4.668,00 Euro betragen. Ausgehend von den genannten Berechnungsformeln wäre nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV zur Wahrung eines den Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 30,5 vH übersteigenden Abstands bei einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden im Zeitraum April 2011 bis Januar 2012 ein monatliches Mindestentgelt von 5.569,59 Euro brutto zu zahlen gewesen.

26

bb) Die Beklagte hat monatlich nur Zahlungen in Höhe von 5.454,31 Euro brutto geleistet. Diese wären, legte man Unterabs. 1 zugrunde, entgegen der Ansicht des Klägers voll zu berücksichtigen. Eine Umlegung der weiteren außerhalb des Monatsturnus gewährten Bestandteile des Jahreseinkommens auf die einzelnen Kalendermonate, wie die Beklagte meint, kommt jedoch nach der tariflichen Regelung nicht in Betracht.

27

(1) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass dem Kläger für seine Tätigkeit vertraglich ein Monatsentgelt in Höhe von 5.430,00 Euro garantiert war und die Beklagte entsprechende Zahlungen leistete. Bei Anwendung von Unterabs. 1 wäre auch die von der Beklagten geleistete Zahlung von monatlich weiteren 24,31 Euro als garantierter Entgeltbestandteil iSv. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV zu berücksichtigen. Die Zahlungsverpflichtung resultiert aus der dem Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten in § 3 des Schreibens vom 27. Juli 1989 erteilten Zusage. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.

28

(aa) § 3 des Schreibens vom 27. Juli 1989 unterliegt den Auslegungsregeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat das Schreiben vom 27. Juli 1989 vorformuliert und dem Kläger, der Verbraucher iSv. § 13 BGB ist(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 21 ff.), den Abschluss des Arbeitsvertrags in dieser Form angeboten und damit Vertragsbedingungen im Rechtssinne gestellt. Der Kläger konnte weder nach dem Vorbringen der Parteien, noch den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf den Inhalt der in § 3 enthaltenen Klauseln Einfluss nehmen. Der auf dieser Grundlage zustande gekommene Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Vorformulierte Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis ist auch der von den Vertragsparteien verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern angestrebte Regelungszweck (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30).

29

(bb) Hiervon ausgehend handelt es sich bei der „freiwilligen Sonderzahlung“ um einen garantierten Entgeltbestandteil, denn die Beklagte hätte sich von ihrer Zahlungsverpflichtung nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung lösen können.

30

Der Arbeitgeber begründet mit der Formulierung „gewähren wir Ihnen“ typischerweise einen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers (vgl. BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Das Fehlen weiterer Anspruchsvoraussetzungen spricht dafür, dass es sich um eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung handelt (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Obwohl die Sonderzahlung in § 3 des Schreibens vom 27. Juli 1989 als freiwillig bezeichnet wird, handelt es sich um einen „garantierten“ Entgeltbestandteil iSv. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV. Der Begriff freiwillig bringt lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist. Er genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen (vgl. BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Es kommt deshalb nicht darauf an, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt beim laufenden Entgelt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würde und gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wäre(vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 18 f., BAGE 122, 182).

31

Die Bezeichnung der Sonderzahlung als „freiwillig“ konnte von einem verständigen Vertragspartner auch nicht als nicht näher konkretisierter Widerrufsvorbehalt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 27, BAGE 122, 182) verstanden werden. Einer Auslegung in diesem Sinne steht der Wortlaut der Zusage entgegen. In § 3 des Schreibens vom 27. Juli 1989 heißt es sinngemäß, es sei dem Kläger überlassen, ob er diesen Betrag für eine vermögenswirksame Anlage verwenden wolle. Der Hinweis auf die Möglichkeit, die Zahlung dauerhaft vermögenswirksam anzulegen, spricht gegen die Annahme eines einseitigen Lösungsrechts der Beklagten durch Widerruf der Zusage. Es ist deshalb nicht entscheidungserheblich, dass ein nicht näher konkretisierter Widerrufsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam wäre und - weil der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 abgeschlossen wurde - eine hierdurch entstehende Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen wäre (vgl. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - Rn. 34, BAGE 113, 140; 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 13, BAGE 137, 383).

32

(2) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die von ihr im Streitzeitraum als Jahressonderzahlung iHv. 2.715,00 Euro brutto und Urlaubsgeld iHv. 3.921,00 Euro brutto geleisteten weiteren Zahlungen nicht als monatliches Entgelt iSv. Unterabs. 1 berücksichtigungsfähig. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV differenziert mit den Formulierungen „monatliches Entgelt“ und „Jahreseinkommen“ ausdrücklich zwischen einer auf den Monat und einer auf das Jahr bezogenen Betrachtung. Diese Unterscheidung schließt eine Umrechnung von außerhalb des Monatsturnus erbrachten Leistungen auf Kalendermonate aus.

33

b) Die Beklagte hat jedoch den tariflichen Mindestabstand nach Unterabs. 2 mit einem garantierten Jahreseinkommen von 72.087,72 Euro brutto gewahrt.

34

(aa) Bei einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden konnte der Kläger, ausgehend von einem Betrag, der den zwölffachen Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 35 vH übersteigt, ein Jahreseinkommen in Höhe von 69.139,75 Euro brutto (= 4.668,00 x 32 : 35 x 12 x 135 %) beanspruchen.

35

(bb) Dem Kläger war auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes Jahreseinkommen zugesagt, das über diesem Betrag liegt. Neben den monatlichen Entgeltzahlungen iHv. 65.451,72 Euro brutto (12 x 5.454,31 Euro) waren ihm - bezogen auf das Kalenderjahr - eine fixe Jahressonderzahlung iHv. 2.715,00 Euro brutto und ein Urlaubsgeld iHv. 3.921,00 Euro brutto versprochen. Diese Leistungen sind als weitere Bestandteile des Jahreseinkommens zu berücksichtigen, denn die Beklagte hätte sich auch von diesen Zahlungsverpflichtungen nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung lösen können. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass es sich um stichtagsbezogene Leistungen handelt, die einen ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzen. Unterabs. 2 differenziert nicht danach, ob mit den garantierten Zahlungen erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet werden soll oder sonstige Leistungen, wie erwiesene oder künftige Betriebstreue (vgl. zum Ganzen BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 12 - 14, BAGE 140, 239), honoriert werden sollen. Nicht berücksichtigungsfähig sind nach der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV lediglich geldwerte Vorteile und Aufwandsentschädigungen.

36

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    E. Bürger    

                 

(1) Der Auftraggeber oder Zwischenmeister darf Heimarbeit an eine schwangere in Heimarbeit beschäftigte Frau oder an eine ihr Gleichgestellte nur in solchem Umfang und mit solchen Fertigungsfristen ausgeben, dass die Arbeit werktags während einer achtstündigen Tagesarbeitszeit ausgeführt werden kann.

(2) Der Auftraggeber oder Zwischenmeister darf Heimarbeit an eine stillende in Heimarbeit beschäftigte Frau oder an eine ihr Gleichgestellte nur in solchem Umfang und mit solchen Fertigungsfristen ausgeben, dass die Arbeit werktags während einer siebenstündigen Tagesarbeitszeit ausgeführt werden kann.

(1) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Eingliederungshilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein externer Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 104 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Die Bezahlung tariflich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden, soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(2) Geeignete Leistungserbringer haben zur Erbringung der Leistungen der Eingliederungshilfe eine dem Leistungsangebot entsprechende Anzahl an Fach- und anderem Betreuungspersonal zu beschäftigen. Sie müssen über die Fähigkeit zur Kommunikation mit den Leistungsberechtigten in einer für die Leistungsberechtigten wahrnehmbaren Form verfügen und nach ihrer Persönlichkeit geeignet sein. Geeignete Leistungserbringer dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Leistungserbringer darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Das Fachpersonal muss zusätzlich über eine abgeschlossene berufsspezifische Ausbildung und dem Leistungsangebot entsprechende Zusatzqualifikationen verfügen.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, so hat der Träger der Eingliederungshilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

(2) Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.