Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 11. Mai 2017 - 5 Sa 287/16

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2017:0511.5SA287.16.0A
bei uns veröffentlicht am11.05.2017

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.09.2016, Az. 3 Ca 1/16, wird als unzulässig verworfen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revisionsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

2

Die 52-jährige Klägerin wurde von der Stadt B. ab dem 12.06.2006 befristet bis zum 31.12.2010 als Personalvermittlerin eingestellt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging infolge einer Verwaltungsfusion zum 01.05.2008 auf die Beklagte über. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher Kündigung vom 08.05.2009 zum 30.06.2009. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD) Anwendung.

3

Das Arbeitsverhältnis der Parteien war belastet durch einen Konflikt, der zum einen die Unzufriedenheit des beklagten Amtes mit der Arbeitsleistung der Klägerin und zum anderen die von der Klägerin empfundene Arbeitsüberlastung zum Gegenstand hatte. Dieser Konflikt war Gegenstand zahlreicher Personalgespräche. Nachdem das beklagte Amt bereits eine ordentliche und hernach eine fristlose Kündigung ausgesprochen und sodann im Rahmen der Kündigungsschutzprozesse einvernehmlich wieder „zurückgenommen“ hatte, kündigte es mit drei Schreiben vom 08.05.2009 das Arbeitsverhältnis der Klägerin erneut fristgemäß zum 30.06.2009. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit drei Kündigungsschutzklagen, welche erstinstanzlich erfolgreich waren. Auf die Berufung des beklagten Amtes wies das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein durch Urteile vom 17.01.2012 (1 Sa 84 b/11) und 11.12.2012 (1 Sa 83 b/11 und 1 Sa 85 b/11) unter Abänderung der erstinstanzlichen Urteile die gegen die ordentlichen Kündigungen vom 08.05.2009 gerichteten Klagen - rechtskräftig - ab. Im Berufungsverfahren 1 Sa 84b/11 wurde der Vorgesetzte der Klägerin, Herr Dr. M. , als Zeuge vernommen. In der Folge erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen den Zeugen Dr. M. wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft K. zum Aktenzeichen 5.. Js …./13 wurde unter dem 29.05.2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

4

Seit Dezember 2008 befand sich die Klägerin in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung und war seitdem bis Juni 2010 arbeitsunfähig krank. Die Klägerin bezog ab Juni 2010 Arbeitslosengeld. Ausweislich eines für die Deutsche Rentenversicherung Bund erstellten Gutachtens vom 28.11.2012 wurde bei der Klägerin eine verminderte psychische Belastbarkeit aufgrund einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung festgestellt. Der Klägerin wurde in der Folge mit Bescheid vom 08.08.2013 rückwirkend für die Zeit vom 01.07.2009 bis zum 30.09.2013 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von 307,45 € monatlich und mit Bescheid vom 21.11.2013 sodann für die Zeit vom 01.07.2009 bis zum 31.10.2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt. Für die Zeit ab dem 01.01.2014 betrug die Erwerbsunfähigkeitsrente 614,90 € monatlich.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 07.09.2015 machte die Klägerin gegen das beklagte Amt Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbings geltend. Am 23.12.2015 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides wegen einer Hauptforderung in Höhe von 80.000,00 € wegen Mobbings im Arbeitsverhältnis. Nach Widerspruch des beklagten Amtes begründete die Klägerin ihre Ansprüche mit der am 21.01.2016 bei Gericht eingegangenen Klagschrift.

6

Die Klägerin hat vorgetragen,
dass das beklagte Amt ihr Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbings schulde. Das Arbeitsvolumen, das ihr von dem beklagten Amt auferlegt worden sei, sei nicht in der vereinbarten Arbeitszeit zu bewältigen gewesen. Hierüber habe sie das beklagte Amt mehrfach informiert, ohne dass Abhilfe geschaffen worden sei. Sie habe nicht ausreichend Zeit gehabt, um sich zu erholen. Ihr Vorgesetzter, Herr Dr. M., habe nicht einmal Überstunden angeordnet, sondern zugelassen, dass sie ihn ihrem Urlaub und sogar während bestehender Arbeitsunfähigkeit gearbeitet habe. Dabei sei sie stets mit einer Arbeitskollegin verglichen worden, die geleistete Arbeitsstunden zum Teil nicht dokumentiert habe und deren Arbeitsbelastung weitaus geringer gewesen sei. Damit habe das beklagte Amt den Zweck verfolgt, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen. Trotz ihrer erheblichen Arbeitsbelastung sei bei ihr besonders genau hingeschaut und so der Druck erhöht worden. Das beklagte Amt habe auch dann nicht für Entlastung gesorgt, nachdem sie zusammengebrochen sei, sondern ihr weitere Aufgaben übertragen und sie dadurch bewusst und systematisch überfordert. Darüber hinaus seien ihre Verbesserungsvorschläge nicht aufgegriffen worden. Stattdessen sei sie regelrecht dafür abgestraft worden, dem beklagten Amt die durch fehlerhafte Arbeitsorganisation verursachten Schwierigkeiten aufzuzeigen. So habe ihr Vorgesetzter ihr gegenüber einen harscheren Ton angeschlagen und offen zum Ausdruck gebracht, sie möge sich einen neuen Job suchen. Bei anderer Gelegenheit habe er sie angeschrien und zuletzt herrisch aus seinem Büro geworfen. Ihr Vorgesetzter habe sie offen und systematisch am Arbeitsplatz demontiert und mit einer Vielzahl von Abmahnungen und Kündigungen überzogen. Er habe systematisch ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Arbeitsumfeld geschaffen und dadurch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies und die Arbeitsüberlastung hätten bei ihr zum Burnout und zur Erwerbsunfähigkeit geführt. Das beklagte Amt müsse sich das Fehlverhalten ihres direkten Vorgesetzten nach § 278 BGB zurechnen lassen und schulde ihr sowohl Ersatz der materiellen Schäden in Gestalt von Gehaltseinbußen als auch die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes. Hinsichtlich der Gehaltseinbußen ab dem 01.07.2009 sei die Differenz zwischen der bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente (307,45 € bzw. 614,90 €) und der bei dem beklagten Amt zuletzt erzielten Nettovergütung (ca. 1.450,00 €) zugrunde zu legen. Sie beschränke sich zunächst auf die Geltendmachung eines Schadensersatzes für 35 Monate beginnend ab 01.07.2009. Zudem stehe ihr ein angemessenes Schmerzensgeld zu. Die Klagansprüche seien auch nicht verfallen. § 37 Abs. 1 TVöD erfasse Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht. Im Übrigen sei die Ausschlussfrist gewahrt. Die Ausschlussfrist habe erst mit der Vernehmung ihres ehemaligen Vorgesetzten vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein im Berufungsverfahren, Az. 1 Sa 84 b/11, am 17.01.2012 begonnen. Die Aussage des Zeugen Dr. M. müsse als letzte Mobbinghandlung angesehen werden, da es sich objektiv um eine Falschaussage gehandelt habe und der Zeuge dem Gericht Unterlagen nicht vorgelegt bzw. deren Existenz verschwiegen habe. Bereits zuvor seien die streitgegenständlichen Ansprüche in den von ihr erhobenen Bestandsschutzklagen vom 16.12.2008, 14.05.2009 und 17.02.2011 geltend gemacht worden. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Sie habe erst im Rahmen der Verrentung erkennen können, einen Gesundheitsschaden erlitten zu haben, der auf die Mobbingsituation am Arbeitsplatz zurückzuführen sei. Die Verjährung habe daher erst mit dem Schluss des Jahres 2013 begonnen. Die dreijährige Verjährungsfrist sei im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

1. die Beklagte verurteilen, an die Klägerin für Entgelteinbußen einen Betrag von 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

9

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens jedoch 35.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2015;

10

3. festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin durch das der Beklagten zuzurechnende Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter in Form der bewussten Schaffung einer andauernden Arbeitsüberlastung, gezielte Behinderung der Arbeit der Klägerin, der Nichtabhilfe von organisatorischen Missständen, der Ignorierung von arbeitstechnischen Verbesserungsvorschlägen und von Überforderungssymptomen bei der Klägerin, Bevorzugung von der direkten Kollegin der Klägerin, Duldung und Förderung des schädlichen Konkurrenzverhaltens im direkten Arbeitsumfeld der Klägerin, der fehlenden Unterstützung der Klägerin bei der Problembewältigung durch die faktisch bestehende Arbeitsüberlastung und des unangebracht aggressiven Umgangs mit der Klägerin durch den direkten Vorgesetzten entstanden sind oder noch entstehen werden;

11

4. festzustellen, dass die zu Ziffer 1. titulierte Verpflichtung wegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Beklagten begründet worden ist.

12

Das beklagte Amt hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Wegen des weiteren, insbesondere streitigen Vorbringens des beklagten Amtes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen.

15

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.09.2016 die Klage insgesamt abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Schadensersatzanspruch in Höhe des Differenzbetrages zwischen der zuletzt bei dem beklagten Amt bezogenen Nettovergütung und ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente, da es an der erforderlichen Kausalität fehle. Das Mobbingverhalten, das die Klägerin dem beklagten Amt vorwerfe und das nach ihrem Vortrag zur Verrentung geführt habe, sei nicht ursächlich für den Verlust des Vergütungsanspruchs geworden. Vielmehr habe das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 08.05.20ß9 zum 30.06.2009 geendet. Aufgrund der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2009 könne die Vergütung nicht mehr Berechnungsgrundlage für einen möglichen Schadensersatzanspruch wegen Mobbings für die Zeit ab dem 01.07.2009 sein. Ungeachtet dessen seien sowohl der Schadensersatz- als auch der Schmerzensgeldanspruch als auch weitere Schadensersatzansprüche gemäß § 37 Abs. 1 TVöD verfallen. Die tarifliche Ausschlussklausel erfasse nach dem Wortlaut alle wechselseitigen Ansprüche, mithin auch solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Auch Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld unterlägen dieser sechsmonatigen Ausschlussfrist. Da die tarifliche Ausschlussfrist vorliegend „nur“ aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme gelte, folge aus §§ 276 Abs. 3, 202 Abs. 1 BGB, dass die Haftung des beklagten Amtes wegen Vorsatzes von der in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfrist nicht erfasst werde. Da die Haftung für fremdes vorsätzliches Handeln jedoch nach § 278 Satz 2 BGB i. V. m. § 276 Abs. 3 BGB ausgeschlossen werden dürfe, unterlägen auch Ansprüche aufgrund vorsätzlicher Pflichtverletzungen von Erfüllungsgehilfen der in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfrist. Die Klägerin begründe ihre Ansprüche damit, dass ihr ehemaliger Vorgesetzter, der Zeuge Dr. M., sie durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen vorsätzlich gemobbt habe. Dr. M. sei indessen nicht Organ des Beklagten Amtes, sondern dessen Erfüllungsgehilfe. Die Klägerin stütze die Klage mithin nicht auf eigenes Verschulden des beklagten Amtes, sondern auf fremdes Verschulden des Erfüllungsgehilfen Dr. M.. Letzteres werde auch bei Vorsatz von der Ausschlussfrist erfasst. Es sei zweifelhaft, ob die Aussage des Zeugen Dr. M. vom 17.01.2012 als letzte Mobbinghandlung zu qualifizieren sei, aber auch dann hätte die Klägerin die Ausschlussfrist nicht gewahrt. Denn bis zum 17.07.2012 habe die Klägerin die hier streitgegenständlichen Ansprüche nicht gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. In der Erhebung von Bestandsschutzklagen liege keine Erhebung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen.

16

Gegen dieses ihr am 17.10.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 17.01.2017 am 17.01.2017 begründet.

17

Die Klägerin trägt vor,
die Klagansprüche seien weder verjährt noch verfallen. Das Arbeitsgericht habe nicht gewürdigt, dass die tarifliche Ausschlussklausel vorliegend nicht normativ wegen beiderseitiger Tarifbindung gelte, sondern aufgrund vertraglicher Bezugnahme. Die Ausschlussfrist sei danach wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nichtig, soweit sie Ansprüche wegen vorsätzlicher Pflicht- und/oder Rechtsgutverletzungen durch die Beklagte erfasse. Danach wären ihre Forderungen aus Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen vorsätzlichen Verhaltens des Arbeitsgebers bzw. seiner Verrichtungsgehilfen erst mit dem 31.12.2015 verjährt. Das beklagte Amt habe ihr gegenüber die Fürsorgepflicht verletzt. Wenn die Arbeitsplatzbedingungen frei von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Beleidigungen etc. gewesen wären, hätte sie die Arbeit fortsetzen können und wäre heute nicht erwerbsunfähig. Wie der nicht ausermittelte Tatbestand erweise, wäre ihr Arbeitsplatz bei Beachtung der Fürsorgepflicht zu erhalten gewesen, sodass sie nicht erwerbsunfähig geworden wäre. Im Übrigen wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag.

18

Die Klägerin beantragt,

19

unter Aufhebung und Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.09.2016, Az. 3 Ca 1/16,

20

1. das beklagte Amt zu verurteilen, an die Klägerin für Entgelteinbußen einen Betrag von 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

21

2. das beklagte Amt zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens jedoch 35.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2015;

22

3. festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin durch das der Beklagten zuzurechnende Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter in Form der bewussten Schaffung einer andauernden Arbeitsüberlastung, gezielte Behinderung der Arbeit der Klägerin, der Nichtabhilfe von organisatorischen Missständen, der Ignorierung von arbeitstechnischen Verbesserungsvorschlägen und von Überforderungssymptomen bei der Klägerin, Bevorzugung von der direkten Kollegin der Klägerin, Duldung und Förderung des schädlichen Konkurrenzverhaltens im direkten Arbeitsumfeld der Klägerin, der fehlenden Unterstützung der Klägerin bei der Problembewältigung durch die faktisch bestehende Arbeitsüberlastung und des unangebracht aggressiven Umgangs mit der Klägerin durch den direkten Vorgesetzten entstanden sind oder noch entstehen werden;

23

4. festzustellen, dass die zu Ziffer 1. titulierte Verpflichtung wegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Beklagten begründet worden ist.

24

Das beklagte Amt beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Das beklagte Amt verteidigt das angefochtene Urteil.

27

Das Berufungsgericht hat die Klägerin mit Verfügung vom 23.04.2016 unter Fristsetzung bis zum 05.05.2017 darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entspricht und deshalb beabsichtigt sei, die Berufung zu verwerfen.

II.

28

Die Berufung ist bereits unzulässig. Die Berufung ist zwar frist- und formgerecht eingelegt worden, aber die am letzten Tag der verlängerten Berufungsbegründungsfrist per Fax eingegangene 32-seitige Berufungsbegründungsschrift vom 17.01.2017 entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.

29

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Danach genügt eine Berufungsbegründung nur dann den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (st. Rechtsprechung des BAG, vgl. nur: BAG, Urt. v. vom 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 -; BAG, Urt. v. 19.02.2013 - 9 AZR 543/11 -; BAG, Urt. v. 15.03.2011 - 9 AZR 813/09 -, jeweils zit. nach juris).

30

Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BAG, Urt. v. 19.2.2013 - 9 AZR 543/11 -, Rz. 14 m.w.N., juris). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es demnach nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG, Urt. v. 14.03.2017 - 9 AZR 633/15 -, Rn. 11, juris)

31

2. Die Berufungsbegründung vom 17.01.2017 genügt diesen Anforderungen nicht.

32

Die Klägerin hat sich mit den zur Klagabweisung führenden tragenden Entscheidungsgründen in keiner Weise auseinandergesetzt. Dies gilt sowohl in Bezug auf den Antrag zu 1. (Schadensersatz) als auch den Antrag zu 2. (Schmerzensgeld) als auch die Feststellungsanträge zu 3. und 4.

33

a) Das Arbeitsgericht hat die Abweisung des Antrags zu 1. (Schadensersatz über 40.000,00 €) damit begründet, dass das behauptete und strittige Mobbingverhalten, welches die Klägerin dem beklagten Amt zur Last legt, nicht ursächlich für den Verlust des Arbeitsplatzes gewesen sei, sondern die Rechtswirksamkeit der ordentlichen Kündigungen vom 08.05.2009 zum 30.06.2009. Es fehle mithin an der Kausalität zwischen dem dem beklagten Amt zur Last gelegten Mobbingverhalten (Verhalten des Schädigers) und dem Verlust des Arbeitsplatzes und damit dem Verlust des Arbeitseinkommens (Rechtsgutverletzung auf Seiten der Klägerin). Nicht das Mobbingverhalten, sondern die ordentliche Kündigung vom 08.05.2009 habe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2009 geführt. Die Vergütung, die die Klägerin bei dem beklagten Amt erzielt habe, könne nicht mehr Berechnungsgrundlage für einen möglichen Schadensersatz wegen Mobbings sein.

34

Mit dieser Argumentation hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass sie mit der Berufungsbegründung vorträgt, dass ihr Arbeitsplatz bei Beachtung der Fürsorgepflicht hätte erhalten werden können, sodass sie nicht erwerbsunfähig geworden wäre. Die Klägerin geht indessen mit keinem Wort auf die Begründung des Arbeitsgerichts ein, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 08.05.2009 zum 30.06.2009 endete und nicht infolge der hier von der Klägerin gegen das beklagte Amt erhobenen Mobbingvorwürfe. Die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung war auch sozial gerechtfertigt. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 17.01.2012, Az. 1 Sa 84 b/11, rechtskräftig festgestellt. Mit dem Argument des Arbeitsgerichts, dass nicht das strittige Mobbingverhalten letztendlich zum Verlust des Arbeitsverhältnisses (z.B. durch Eigenkündigung oder personenbedingte bzw. krankheitsbedingte Kündigung) führte, sondern die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung der Beklagten, setzt sich die Klägerin in der Berufungsbegründung an keiner Stelle auseinander. Die Klägerin hat sich aber auch nicht darauf berufen und auch keine Gründe dafür vorgetragen, dass diese ordentliche verhaltensbedingte Kündigung vom 08.05.2009 ihrerseits Teil des Mobbingverhaltens des beklagten Amtes gewesen sei. Stattdessen hat sie nahezu wortwörtlich ihren erstinstanzlichen Vortrag aus der Klagschrift vom 21.01.2016 von Seite 3 bis Seite 29 in der Berufungsbegründungsschrift vom 17.01.2017 von Seite 4 bis Seite 30 wiederholt. Die schlichte Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags ersetzt jedoch keine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen und entspricht nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

35

b) Die Berufung ist aber auch in Bezug auf die weiterverfolgten Anträge zu 2 und 4 unzulässig.

36

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zu 2. (Schmerzensgeld über 35.000,00 €) sowie den Feststellungsantrag zu 3. und zu 4. (Haftung für weitere Schäden), mit der Begründung abgewiesen, dass derartige Ansprüche nach der einzelvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD verfallen seien.

37

Hiergegen wendet die Klägerin ein, dass diese Ausschlussfrist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nichtig sei, soweit sie Ansprüche wegen vorsätzlicher Pflicht- und/oder Rechtsgutverletzungen durch die Beklagte erfasse. Entgegen der Auffassung der Klägerin stützt das Arbeitsgericht seine Entscheidung indessen gerade darauf, dass die Haftung für fremdes vorsätzliches Handeln nach § 278 Satz 2 BGB i. V. m. § 276 Abs. 3 BGB einzelvertraglich ausgeschlossen werden dürfe. Daher könnten Ansprüche aufgrund vorsätzlichen Handelns von Erfüllungsgehilfen (§ 278 Satz 1 BGB) einer individual rechtlich vereinbarten allumfassenden Ausschlussfrist unterfallen (BAG, Urt. v. 26.09.2013 - 8 AZR 1013/12 -, Rn. 41, juris). Die Klägerin stütze die Schmerzensgeld- und weiteren Schadensersatzansprüche auf ein vorsätzliches Mobbingverhalten ihres ehemaligen Vorgesetzten, des Zeugen Dr. M.. Als Beschäftigter des beklagten Amtes sei dieser dessen Erfüllungsgehilfe. Die Klägerin stütze die Klage mithin nicht auf eigenes Verschulden des vertretungsberechtigten Organs des beklagten Amtes (hier: Amtsvorsteher P.), sondern auf fremdes Verschulden. Eine Auseinandersetzung mit diesen tragenden Entscheidungsgründen fehlt in der Berufungsbegründung vom 17.01.2017 gänzlich. Eine schlichte Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens genügt nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

38

3. Nach alledem war die Berufung als unzulässig durch Beschluss der Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung nach Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i. V. m § 522 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO zu verwerfen.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.

40

Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Revisionsbeschwerde liegt nicht vor, §§ 77 Satz 1 und 2, 72 Abs. 2 ArbGG.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 11. Mai 2017 - 5 Sa 287/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 11. Mai 2017 - 5 Sa 287/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 11. Mai 2017 - 5 Sa 287/16 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 202 Unzulässigkeit von Vereinbarungen über die Verjährung


(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. (2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 77 Revisionsbeschwerde


Gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts, der die Berufung als unzulässig verwirft, findet die Revisionsbeschwerde statt, wenn das Landesarbeitsgericht sie in dem Beschluss oder das Bundesarbeitsgericht sie zugelassen hat. Für die Zulassung der

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 11. Mai 2017 - 5 Sa 287/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 11. Mai 2017 - 5 Sa 287/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. März 2017 - 9 AZR 633/15

bei uns veröffentlicht am 14.03.2017

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. September 2015 - 14 Sa 1288/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2013 - 8 AZR 1013/12

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2012 - 18 Sa 683/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. März 2011 - 9 AZR 813/09

bei uns veröffentlicht am 15.03.2011

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. November 2009 - 6 Sa 18/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beruf

Referenzen

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. November 2009 - 6 Sa 18/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 17. Dezember 2008 - 4 Ca 1090 b/08 - als unzulässig verworfen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Die 1952 geborene Klägerin und die Beklagte verbindet ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt die Klägerin als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Der kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbare Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) gewährt Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, mit ihnen einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen. Einen solchen Anspruch sieht auch der zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossene Tarifvertrag „Arbeitszeit für Schleswig-Holstein“ (TV-ArbZ SH) vor.

3

Mit Schreiben vom 17. März 2008, das der Beklagten am 26. März 2008 zuging, forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, mit ihr einen Altersteilzeitarbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 zu schließen.

4

Die Klägerin hat die Rechtsauffassung vertreten, die ablehnende Entscheidung der Beklagten diskriminiere sie wegen ihres Alters. Die Tarifvertragsparteien, die an den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden seien, hätten den ihnen von Verfassungs wegen zustehenden Regelungsspielraum überschritten. Es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, den Beschäftigten der Stadt Kiel, nicht aber den Beschäftigten in den Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit unter den TV-ArbZ SH spezifizierten Bedingungen zu gewähren.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags in Form des Teilzeitmodells in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 anzunehmen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht gewesen, sie sei berechtigt, Altersteilzeitanträge von Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, aus Kostengründen abzulehnen. Das ihr zustehende Ermessen habe sie fehlerfrei ausgeübt.

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, da bereits die Berufung unzulässig gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen; denn die Berufungsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

9

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung (BAG 27. Juli 2010 -  1 AZR 186/09  - Rn. 17, NZA 2010, 1446). Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 10, BAGE 121, 18). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung verworfen wird(vgl. BAG 15. August 2002 -  2 AZR 473/01  - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (vgl. BAG 9. Juli 2003 -  10 AZR 615/02  - zu 1 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 37).

10

2. Die Berufungsbegründungsschrift genügt nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat sich nicht in ausreichender Weise mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts, auf die es seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat, auseinandergesetzt.

11

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar(BAG 10. Februar 2005 -  6 AZR 183/04  - zu 2 a der Gründe, EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 40). Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (BAG 28. Mai 2009 -  2 AZR 223/08  - Rn. 14, AP ZPO § 520 Nr. 2). Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird(vgl. BAG 11. März 1998 - 2 AZR 497/97 - zu I der Gründe, BAGE 88, 171). Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG 6. März 2003 2 AZR 596/02  - zu II 1 a der Gründe, BAGE 105, 200). Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein (BAG 8. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 30, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 6). Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden; doch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (BAG 10. Februar 2005 -  6 AZR 183/04  - zu 2 a der Gründe, aaO ; 16. Juni 2004 - 5 AZR 529/03 - zu II 2 b der Gründe, EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 3; 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, aaO). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 25. April 2007 -  6 AZR 436/05  - Rn. 14, BAGE 122, 190).

12

b) An diesem Maßstab gemessen, hat die Klägerin die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht ausreichend begründet. Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil mit § 2 Abs. 1 TV ATZ(Seite 6 des Urteils) und § 7 TV-ArbZ SH(Seite 8 des Urteils) zwei Anspruchsgrundlagen in Betracht gezogen und deren Voraussetzungen im Ergebnis verneint.

13

aa) Zu § 2 Abs. 1 TV ATZ hat das Arbeitsgericht im Einzelnen ausgeführt, die Beklagte habe das ihr von den Tarifvertragsparteien eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die von der Beklagten angeführten wirtschaftlichen Gründe rechtfertigten die Ablehnung des von der Klägerin unter dem 17. März 2008 gestellten Antrags. Eine Diskriminierung der Beschäftigten, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, liege nicht vor, da diese nicht benachteiligt würden. Die Tarifbestimmung begünstige ältere Arbeitnehmer, ohne jüngere zu benachteiligen. Ausweislich der Präambel des Tarifvertrags solle älteren Beschäftigten ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Tarifvertragsparteien verfolgten mit den Regelungen des TV ATZ arbeitsmarktpolitische Ziele und beschränkten die Begünstigung deshalb auf Arbeitnehmer, für die der gesetzliche Ruhestand alsbald anstehe.

14

Die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin enthält keine argumentative Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen. Soweit die Klägerin auf Seite 1 der Berufungsbegründung ausführt, ihr Anspruch ergebe sich aus § 2 des Arbeitsvertrags, paraphrasiert sie im Folgenden die Tarifnorm des § 2 TV ATZ und rügt „die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes“. Zudem „beruft (sie) sich auch auf das AGG, das jede Diskriminierung aus Altersgründen verbietet“. Hierbei handelt es sich um eine formelhafte Wendung, auf die die Klägerin in ähnlicher Form bereits in der Klageschrift vom 31. Mai 2008 zurückgegriffen hat. Dort hat sie die Ansicht vertreten, in der Regelung liege eine „rechtswidrige Diskriminierung aus Altersgründen, die mit Europa-, Verfassungs- und Bundesrecht unvereinbar“ sei. Die Klägerin legt weder dar, aus welchem Grund sie den Gleichbehandlungsgrundsatz für verletzt erachtet, noch, aufgrund welcher Umstände sie sich auf welche Vorschriften des AGG zur Stützung der Rechtsbehauptung, ihr stehe ein Anspruch auf Abschluss des begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrags zu, berufen will. Der pauschale Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Vorschriften des AGG ersetzt nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit der die angefochtene Entscheidung tragenden Erwägung des Arbeitsgerichts, es liege keine Ungleichbehandlung zulasten der jüngeren, sondern eine - diskriminierungsrechtlich gerechtfertigte - Begünstigung älterer Arbeitnehmer vor. Auf das weitere Argument des Arbeitsgerichts, die unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen sei aufgrund arbeitsmarktpolitischer Erwägungen der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt, geht die Klägerin nicht ein.

15

bb) Auch hinsichtlich der zweiten von dem Arbeitsgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlage, der Regelung des § 7 TV-ArbZ SH, fehlt es an einer der Form des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Berufungsbegründung. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, es sei Sache der Tarifvertragsparteien, die Gruppe derer zu bestimmen, auf die das zur Verfügung stehende arbeitsmarktpolitische Instrumentarium angewendet werde. Eine Diskriminierung sei nicht ersichtlich, da im Bereich der Krankenpflege keine erhebliche Arbeitslosigkeit bestehe. Angesichts dessen habe kein Bedarf zur Förderung von Arbeitslosen und Jugendlichen bestanden.

16

Dieser Urteilsbegründung setzt die Klägerin auf Seite 2 der Berufungsbegründung den pauschalen Hinweis entgegen, die Tarifvertragsparteien hätten ihre Regelungsbefugnis überschritten. Damit wird die Klägerin ihrer Begründungsobliegenheit nicht gerecht. Ihre ohne nähere Erläuterung aufgestellte Behauptung, „Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung sind nicht ersichtlich“ (Seite 3 der Berufungsbegründung), ist nicht auf die Erwägungen, die das erstinstanzliche Gericht zur Klageabweisung bewogen haben, zugeschnitten. Das Arbeitsgericht hat auf die mit der Einführung von Altersteilzeit verfolgten arbeitsmarktpolitischen Zwecke abgestellt und ist davon ausgegangen, es bestehe angesichts der Arbeitsmarktlage kein Bedürfnis, Mitarbeitern in Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit zu eröffnen. Mit diesen sowohl rechtlichen als auch tatsächlichen Argumenten des Arbeitsgerichts befasst sich die Klägerin nicht. Sie erhebt weder Verfahrensrügen, noch stellt sie die rechtlichen Folgerungen des Arbeitsgerichts infrage. Wenn sie auf Seite 3 der Berufungsbegründung ohne nähere Erklärung auf eine Gleichstellung von Altenpflegern und Krankenpflegern im Krankenpflegegesetz verweist, steht dies mit den maßgebenden Tarifbestimmungen in keinem erkennbaren Zusammenhang.

17

C. Die Klägerin hat als Revisionsführerin die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Kranzusch    

                 

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. September 2015 - 14 Sa 1288/14 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 29. Juli 2014 - 9 Ca 71/14 - wird als unzulässig verworfen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Übergangsgeld für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016.

2

Der am 15. Juli 1951 geborene, als schwerbehinderter Mensch anerkannte Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1978 beschäftigt. Am 7. November 2002 schloss die Beklagte mit dem Hauptpersonalrat vor dem Hintergrund geplanter Strukturreformen eine „Dienstvereinbarung zur sozial-verträglichen Begleitung der Strukturreform der Deutschen Bundesbank“ (DV Strukturreform) ab. Danach wird mit Beginn des vierten Monats nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Beginn der Regelaltersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres), längstens jedoch bis zum Erreichen einer ungekürzten Altersrente für langjährig Versicherte, für schwerbehinderte Menschen oder für Frauen nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ein „monatliches Übergangsgeld in Höhe von 75 % des Bruttogehalts“ gezahlt.

3

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch Auflösungsvertrag vom 20./22. Dezember 2005 zum 31. Juli 2006 beendet. Dieser enthält ua. folgende Vereinbarungen:

        

§ 1 Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

        

…       

        
        

(2)     

… Die als Anlage 1 beigefügte DV Strukturreform ist Bestandteil dieses Vertrages.

        

§ 2 Leistungen der Bank, Zahlungsmodalitäten

        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 DV Strukturreform eine Einmalzahlung in Höhe von brutto 29.832,12 EURO …

        

(2)     

Das nach Maßgabe von § 16 Abs. 3 DV Strukturreform zustehende monatliche Übergangsgeld beträgt brutto 2.486,01 EURO … Im Falle einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlischt der Anspruch auf das Übergangsgeld ab dem Monat, für den erstmalig eine Rente gewährt wird. …

        

(3)     

Wird trotz des Vorliegens der Voraussetzungen für einen ungekürzten Bezug einer Altersrente eine solche Rente nicht beantragt oder wird vom Mitarbeiter der Eintritt der Voraussetzungen, die ihm einen Anspruch auf einen vorzeitigen Bezug einer Altersrente ohne Rentenabschlag verschaffen würden, bewusst verhindert, erlischt sein Anspruch auf Zahlung von Übergangsgeld nach § 16 DV Strukturreform in dem Zeitpunkt, in dem ansonsten der Anspruch auf ungekürzte Rente dem Grunde nach entstanden wäre.

        

…       

        
        

§ 3 Pflichten des Mitarbeiters

        

…       

        
        

(6)     

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, zum frühestmöglichen Zeitpunkt eines ungekürzten Rentenbezugs aus der gesetzlichen Rentenversicherung die Regelaltersrente oder ggf. die Altersrente für schwerbehinderte Menschen bzw. die Altersrente für langjährig Versicherte zu beantragen. …

        

…“    

        
4

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das ihm nach Maßgabe von § 16 Abs. 3 DV Strukturreform zustehende Übergangsgeld werde letztmalig im Juli 2014 ausgezahlt, da er nach derzeitigem Sozialversicherungsrecht ab dem 1. August 2014 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen könne. Seit dem 1. August 2014 bezieht der Kläger eine ungekürzte Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. monatlich 1.217,63 Euro. Die Beklagte zahlt seit diesem Zeitpunkt kein Übergangsgeld mehr an den Kläger.

5

Mit seiner am 26. März 2014 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - die Weiterzahlung des Übergangsgelds in der Zeit vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 gefordert, hilfsweise unter Anrechnung der monatlichen Altersrentenbezüge.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 Übergangsgeld iHv. monatlich 2.929,76 Euro brutto zu zahlen;

        

hilfsweise

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 Übergangsgeld iHv. monatlich 2.929,76 Euro brutto jeweils unter Anrechnung monatlich zu erhaltender Altersrentenbezüge in Höhe von 1.217,63 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

I. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts sei zulässig. Es hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen.

9

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine vom Senat von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsbedingung (BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 230/14 - Rn. 9; vgl. auch BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung der Berufung des Revisionsbeklagten iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO oder ist die Berufung des Revisionsbeklagten aus anderen Gründen unzulässig, ist die Revision schon deshalb begründet und das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben. Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist ohne Bedeutung (vgl. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 230/14 - Rn. 9; 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9).

10

2. Die Berufung des Klägers genügt nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

11

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (st. Rspr., zB BAG 11. Juni 2013 - 9 AZR 855/11 - Rn. 16; 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14; vgl. auch BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11). Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14; vgl. auch BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14; 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11).

12

b) Die Berufungsbegründung setzt sich nicht mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts auseinander. Entgegen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat sie nichts dazu vorgetragen, in welchen Punkten rechtlicher und tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sei.

13

aa) Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Regelung zum Übergangsgeld führe weder zu einer unmittelbaren noch zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung. Es fehle bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen. Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene Benachteiligung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt.

14

bb) Der Kläger hat sich darauf beschränkt, auf mehreren Seiten seiner Berufungsbegründung seine bisherigen Rechtsauffassungen zu wiederholen und zu vertiefen. Er hat weder dargelegt, auf welchen Erwägungen die Entscheidung des Arbeitsgerichts beruht, noch hat er Rechtsfehler des Arbeitsgerichts aufgezeigt. Soweit er ausgeführt hat, die in der Entscheidung des Arbeitsgerichts herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Oktober 2011 setze sich mit einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union auseinander, wird nicht deutlich, worauf das Arbeitsgericht seine Entscheidung gestützt haben soll. Zudem zeigt die Berufungsbegründung auch insoweit keinen Rechtsfehler des Arbeitsgerichts auf.

15

II. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Gell    

        

    Ropertz    

                 

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2012 - 18 Sa 683/11 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatz-, Schmerzensgeld- und Entschädigungsansprüche.

2

Der in Polen geborene Kläger, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, war seit 1. September 1983 bei der Beklagten als Arzt beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 30. August 1983 zugrunde. Am 26. Februar 1986 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag, in dem es ua. heißt:

㤠1

Herr K, geb. am wird ab 01.03.1986 als Anästhesie Funktions-Oberarzt beim Ev. Krankenhaus W auf unbestimmte Zeit unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe BAT-KF I b weiterbeschäftigt.

§ 2

Vertragsinhalt sind die Bestimmungen der Notverordnungen zum Dienstrecht der kirchlichen Angestellten vom 26.7.1961 und 12.12.1962 und die Änderungen und Ergänzungen, die auf Grund dieser Notverordnungen beschlossen werden.“

3

Eine Oberarztstelle bekleidete der Kläger nicht. Er wurde in der Folgezeit auch nicht zum regulären Oberarzt ernannt. Am 15. Mai 2005 erlitt der Kläger einen Schlaganfall. Seit 1. Juli 2005 ist er als Schwerbehinderter anerkannt (zuletzt, dh. ab 11. Dezember 2009, mit einem Grad der Behinderung von 100). Nachdem der Kläger am 14. November 2005 seinen Dienst wieder angetreten hatte, erlitt er am 19. Juni 2006 einen Bandscheibenvorfall. Danach war er arbeitsunfähig erkrankt und nahm am 2. November 2006 seine Tätigkeit wieder auf. Nachdem durch den Widerspruchsausschuss die zunächst verweigerte Zustimmung des Integrationsamtes erteilt worden war, sprach die Beklagte am 10. Dezember 2007 dem Kläger eine „entfristete“ Änderungskündigung aus mit dem Ziel, ihn in einem Krankenhaus in H einzusetzen. Diese Kündigung erklärte die Beklagte später selbst für unwirksam, weil das Mitbestimmungsverfahren nicht eingehalten worden war. Eine weitere, von der Beklagten am 26. Februar 2008 ausgesprochene Änderungskündigung wurde von den Parteien in einem Kündigungsschutzprozess für erledigt erklärt. Am 4. August 2008 erteilte die Beklagte dem Kläger vier Abmahnungen. Seit 5. August 2008 ist der Kläger fortlaufend arbeitsunfähig krank. Die Beklagte leistete ihm für 26 Wochen Entgeltfortzahlung. Seit dem 1. September 2009 bezieht der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer. Die Beklagte beantragte daraufhin beim Integrationsamt gemäß § 92 SGB IX die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die nach § 30 Abs. 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte - kirchliche Fassung(TV-Ärzte-KF) mit Gewährung einer unbefristeten Berufsunfähigkeitsrente auf Dauer eintritt.

4

In einem an das Integrationsamt gerichteten Antwortfragebogen vom 6. Januar 2010 gab die Beklagte an, der Kläger sei als „Assistenzarzt“ beschäftigt gewesen. Das Integrationsamt erteilte mit der Beklagten am 8. Februar 2010 zugegangenem Bescheid die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 6. Januar 2010 ließ der Kläger Schmerzensgeldansprüche in Höhe von 1.135.764,00 Euro, Schadensersatzansprüche in Höhe von 170.168,00 Euro, die Erstattung zukünftiger Schäden in Höhe von 937.810,00 Euro sowie die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 24.555,00 Euro geltend machen.

6

Der Kläger meint, ihm stehe aufgrund massiver Fürsorgepflichtverletzungen durch die Beklagte, Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, fortlaufender Diskriminierung, Mobbings und Strainings Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. So sei seine Überarbeitung durch monatlich 200 bis 300 Überstunden bzw. Bereitschaftsdienststunden ursächlich für den im Jahre 2005 erlittenen Schlaganfall gewesen. Der Bandscheibenvorfall vom 19. Juni 2006 sei dadurch verursacht worden, dass er schwere Patienten zum Lagern auf dem Operationstisch fast allein habe heben müssen. Die Beklagte habe ihn aufgrund seiner Erkrankungen „herausmobben“ wollen. So habe sie versucht, im Jahre 2006 bereits genehmigten Urlaub zu streichen, ein Urlaubsantrag aus dem Jahre 2007 sei unbeantwortet geblieben und Urlaubsanträge seien aus betrieblichen Gründen, ohne Darlegung derselben, abgelehnt worden. Obwohl ihm eine Oberarztstelle zugesprochen gewesen sei, sei er im Gegensatz zu Kollegen deutscher Herkunft nicht zum regulären Oberarzt ernannt worden. Auch habe ihn die Beklagte herabgewürdigt, als sie ihn gegenüber dem Integrationsamt im Fragebogen vom 6. Januar 2010 als „Assistenzarzt“ und nicht als „Funktionsoberarzt“ bezeichnet habe. Seine Nichteinladung zu einem Symposion anlässlich der 30-jährigen Geschichte der Thorax-Chirurgie im Evangelischen Krankenhaus H stelle ebenfalls eine Diskriminierung dar, nachdem er als Anästhesist an mehreren Tausend thorax-chirurgischen Eingriffen mitgewirkt habe.

7

Mit seiner am 30. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Schadensersatz für Entgelteinbußen in den Jahren 2005 und 2006 in Höhe von 27.730,00 Euro und die Zahlung von nicht weniger als 126.194,00 Euro Schmerzensgeld verlangt.

8

Nach Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 6. April 2010 hat der Kläger zuletzt beantragt:

1. Die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei einen Betrag in Höhe von 236.905,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei ein angemessenes Schmerzensgeld und Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, das 126.194,00 Euro nicht unterschreiten soll.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie behauptet, den Kläger weder wegen seiner ethnischen Herkunft noch wegen seiner Behinderung oder seines Alters benachteiligt zu haben. Dass der Kläger nunmehr eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehe, sei nicht auf Vertragsverletzungen ihrerseits zurückzuführen. Auch sei die Schadensberechnung des Klägers unzutreffend. Im Übrigen habe er die gesetzlichen Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen nicht gewahrt. Auch seien die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 36 Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in kirchlicher Fassung(BAT-KF) sowie gemäß § 33 TV-Ärzte-KF verfallen.

11

Demgegenüber meint der Kläger, die Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Ansprüchen begönnen nicht zu laufen, solange das systematische Mobbing nicht beendet sei. Außerdem seien die Ausschlussfristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b ArbGG sowie des § 36 BAT-KF und des § 33 TV-Ärzte-KF unwirksam. Das Arbeitsgericht hat nach Säumnis des Klägers im ersten Kammertermin die Klage gemäß § 331a ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG durch ein Urteil nach Aktenlage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Eine Zurückverweisung der Sache an das Arbeitsgericht wegen dessen Verstoßes gegen § 251a Abs. 2 Satz 1 ZPO hat das Landesarbeitsgericht bereits deshalb nicht vorgenommen, weil es eine solche nicht für prozessökonomisch gehalten hat. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte dieses die Klage nicht abweisen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Aufgrund der in § 2 des Arbeitsvertrages vom 26. Februar 1986 getroffenen Vereinbarung seien die Anwendbarkeit des BAT-KF und des TV-Ärzte-KF in den jeweils geltenden Fassungen auf das Arbeitsverhältnis vereinbart worden. Diese einzelvertragliche Vereinbarung in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) halte der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Damit komme auch die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF zur Anwendung. Diese erfasse auch die streitgegenständlichen Ansprüche wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts und die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG.

15

Die Ausschlussklausel verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB, der eine Erleichterung der Verjährung durch Rechtsgeschäft im Voraus bei Haftung wegen Vorsatzes ausschließe. Das Bundesarbeitsgericht habe entschieden, dass § 202 Abs. 1 BGB einer tariflichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasse, nicht entgegensteht. Zwar handele es sich bei dem TV-Ärzte-KF nicht um einen Tarifvertrag iSd. Tarifvertragsgesetzes, weil er nicht nach dessen Maßgaben, insbesondere nicht unter Beteiligung der Gewerkschaften (§ 2 Abs. 1 TVG) zustande gekommen sei. Die Arbeitsrechtsregelungen würden nämlich durch Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission festgelegt und lediglich durch arbeitsvertragliche Inbezugnahmeklauseln Bestandteile der Arbeitsverhältnisse. Diese formale Betrachtungsweise werde indes dem Charakter kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen nicht gerecht. Die Grundsätze, welche für die Auslegung und rechtliche Beurteilung von Tarifverträgen gölten, seien auch auf kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anzuwenden. Der Kläger habe die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF nicht gewahrt. Diese habe mit dem Abschluss der letzten Mobbing-Handlung bzw. Benachteiligung iSd. §§ 7, 1 AGG zu laufen begonnen. Ab Juni 2009 hätten solche Handlungen nicht mehr stattgefunden. Daher sei die Ausschlussfrist zum Zeitpunkt des Klageeinganges am 30. Dezember 2009 und dem Zugang des Anwaltsschreibens vom 6. Januar 2010 bereits verstrichen gewesen.

16

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

Ob die Klage und damit die Revision des Klägers begründet ist, kann der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.

18

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte die Klage nicht allein mit der Begründung abgewiesen werden, etwaige Entschädigungs-, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des KIägers seien gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF verfallen.

19

a) Zunächst ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TV-Ärzte-KF kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung gefunden hat.

20

Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 26. Februar 1986 sind die „Bestimmungen der Notverordnungen zum Dienstrecht der kirchlichen Angestellten vom 26.7.1961 und 12.12.1962 und die Änderungen und Ergänzungen, die auf Grund dieser Notverordnungen beschlossen werden“, Vertragsinhalt. Aufgrund dieser Klausel ist der BAT-KF und damit auch dessen Anlage 6, der TV-Ärzte-KF (§ 1 Abs. 3 BAT-KF idF der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007 [BAT-KF nF]), als arbeitsvertraglich vereinbart anzusehen (vgl. BAG 25. Oktober 1995 - 4 AZR 531/94 - zu B I der Gründe).

21

b) Mit dem Landesarbeitsgericht ist auch davon auszugehen, dass es sich bei der Inbezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, weil sie von der Beklagten vorformuliert und für eine Vielzahl von Fällen verwendet worden ist(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie hält einer Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht zu anderen im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen im Widerspruch. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragrafen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung der evangelischen Kirche schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und dazu auch kirchenrechtlich verpflichtet ist. Dass sich die Verweisungsklausel nicht auf die Bezugnahme einer bestimmten Fassung des TV-Ärzte-KF beschränkt, sondern mit der Formulierung „und die Änderungen und Ergänzungen, die auf Grund dieser Notverordnungen beschlossen werden“, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, benachteiligt den Kläger nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Regelung ist deshalb wirksam (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 16, BAGE 135, 163).

22

Behält sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag einseitig das Recht vor, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist diese Abrede nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Abänderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Dass Verträge die Vertragsparteien grundsätzlich binden, gehört zu den Grundelementen des Vertragsrechts. Auf vom Arbeitgeber formulierte Allgemeine Arbeitsbedingungen verweisende Jeweiligkeitsklauseln unterliegen daher den strengen Anforderungen der Änderungsvorbehalte (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 17, BAGE 135, 163).

23

Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die durch den Arbeitgeber tatsächlich erfolgten Änderungen abzustellen, sondern auf die Möglichkeiten, die ihm eine Klausel einräumt. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfalle. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln in sich, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht realisiert hat (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

24

Der Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt in § 2 des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien erfasst insbesondere nicht die einseitige Änderung einer Arbeitsordnung durch den Arbeitgeber. Er bezieht sich nur auf für das Arbeitsverhältnis einschlägige kirchliche Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein so eingeschränkter Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf, und schränkt wesentliche Rechte des Klägers, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrages ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

25

Die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB schließt es ein, dass in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Anstellungsträger auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägige, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen werden darf. Eine solche Bezugnahme gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Inbezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrages eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und nicht nur im Interesse des Anstellungsträgers, sondern auch des Arbeitnehmers. Unabhängig davon, ob man den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Richtigkeitsgewähr zubilligt, gewährleisten die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission, dass die Arbeitgeberseite bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen kann. Die Bezugnahme stabilisiert das Arbeitsverhältnis insofern, als eine notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung und damit ohne Gefährdung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses erreicht werden kann. Beschließt die Arbeitsrechtliche Kommission für den Arbeitnehmer günstige Regelungen, zB die Erhöhung der Vergütung, finden diese ohne eigenes Zutun des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Bezugnahmeklausel verschafft dem Arbeitnehmer damit die Teilhabe an der Lohn- und Gehaltsentwicklung (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, BAGE 135, 163).

26

c) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sind vom Kläger im Wesentlichen mit vorsätzlichen Verstößen der Beklagten gegen gesetzliche und/oder vertragliche Verpflichtungen begründete Ansprüche unabhängig von ihrem Bestehen nicht bereits deshalb nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF verfallen, weil sie der Kläger nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht hat. Die Ausschlussfrist ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nichtig(§ 134 BGB), soweit sie Ansprüche des Klägers wegen vorsätzlicher Pflicht- und/oder Rechts(gut)verletzungen durch die Beklagte erfasst.

27

aa) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass es sich beim TV-Ärzte-KF um keinen Tarifvertrag iSd. Tarifvertragsgesetzes handelt. Er ist nicht nach Maßgabe dieses Gesetzes und insbesondere nicht unter Beteiligung von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 1 TVG) zustande gekommen. Der BAT-KF und damit auch der TV-Ärzte-KF ist vielmehr eine im sog. Dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelung. Es handelt sich um eine Kollektivvereinbarung besonderer Art, in welcher allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der kirchlichen Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Kommission festgelegt werden. Sie finden - wie im Streitfalle - nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung (st. Rspr., vgl. BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 855/09 - Rn. 20). Dennoch erfolgt die Auslegung kirchenrechtlicher Arbeitsvertragsordnungen nach denselben Grundsätzen, die für die Tarifauslegung maßgeblich sind (BAG 26. Oktober 2006 - 6 AZR 307/06 - Rn. 23, BAGE 120, 55; 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 21, BAGE 141, 16).

28

bb) Eine an diesen Grundsätzen ausgerichtete Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF ergibt, dass von dieser Ausschlussfrist auch Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen und vorsätzlichen Vertragsverletzungen erfasst werden sollen.

29

§ 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF lautet:

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Ärzten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.“

30

Eine solche generell für alle Arten von Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis geltende Verfallklausel umfasst regelmäßig auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzungen (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 40, BAGE 122, 304; 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 20 und 21; 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 24). Die vom Senat im Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - entwickelten, von diesen Grundsätzen teilweise abweichenden Gesichtspunkte zur Auslegung von generellen Ausschlussklauseln beziehen sich ausdrücklich nur auf die Auslegung einer als Allgemeine Geschäftsbedingung arbeitsvertraglich vereinbarten, vom Arbeitgeber vorformulierten Verfallfrist.

31

Es ergeben sich insbesondere aus der Formulierung des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bestimmte Ansprüche gemeint sind, insbesondere solche wegen vorsätzlich begangener, ggf. auch unerlaubter Handlungen ausgenommen sein sollen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfallen wegen des einheitlichen Lebensvorganges nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche einer Klausel, die „(alle) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ einer bestimmten Frist zur Geltendmachung unterwirft, sondern auch solche aus unerlaubten Handlungen iSd. §§ 823, 826 BGB(vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26).

32

cc) Eine solche umfassende Ausschlussfrist ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem Tarifvertrag grundsätzlich zulässig. Insbesondere ist sie nicht nach §§ 134, 202 Abs. 1 BGB nichtig bzw. teilnichtig.

33

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden darf. § 276 Abs. 3 BGB entfaltet erst durch § 202 Abs. 1 BGB seine volle Wirksamkeit. Das Gesetz bezweckt einen umfassenden Schutz gegen im Voraus vereinbarte Einschränkungen von Haftungsansprüchen aus vorsätzlichen Schädigungen. Deshalb verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 20). § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. An die Stelle der unwirksamen Abrede tritt die gesetzliche Verjährungsregelung (vgl. BGH 3. Dezember 1987 - VII ZR 363/86 - zum alten Recht). Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte, als teilnichtig angesehen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19).

34

§ 202 Abs. 1 BGB steht einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die auch Ansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG(Tarifbindung) oder § 5 Abs. 4 TVG(Allgemeinverbindlichkeit) normative Wirkung entfaltet, allerdings nicht entgegen (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31 ff.). Dieser Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

35

dd) Selbst wenn man, wie es das Landesarbeitsgericht getan hat, diese für tarifvertragliche Ausschlussfristen entwickelte Rechtsprechung auch auf den TV-Ärzte-KF, der nicht die Rechtsnatur eines Tarifvertrages aufweist, anwendet, scheidet eine Anwendbarkeit des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF auf den Streitfall aus, soweit die Haftung für von der Beklagten selbst begangene vorsätzliche Handlungen ausgeschlossen wird. Insoweit verstößt die Ausschlussfrist gegen den seit 1. Januar 2002 geltenden § 202 Abs. 1 BGB. Dabei kommt Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB zur Anwendung, dh. § 202 BGB gilt für das vor dem 1. Januar 2002 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien erst ab dem 1. Januar 2003 (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 44, BAGE 122, 304; 19. Januar 2010 - 3 AZR 191/08 - Rn. 36, BAGE 133, 90; 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 18).

36

ee) Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts ist eine an sich zulässige tarifliche Verfallklausel, welche auch Ansprüche aufgrund von vorsätzlichen Handlungen erfasst, nur dann auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar, wenn der Tarifvertrag für dieses normativ Anwendung findet, dh. aufgrund beiderseitiger Tarifbindung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) oder Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 Abs. 4 TVG).

37

In seinen Entscheidungen vom 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 37 und vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - hat es der Senat ausdrücklich offengelassen, ob eine individual-rechtliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft iSd. § 202 BGB dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet oder wenn ein Tarifvertrag ausschließlich bzgl. seiner Ausschlussfristen Anwendung finden soll. Eine solche Fallgestaltung liegt im Streitfalle vor, weil die Geltung des TV-Ärzte-KF für das Arbeitsverhältnis der Parteien arbeitsvertraglich vereinbart worden ist.

38

In einem solchen Falle wirken die Tarifnormen nicht von außen auf das Arbeitsverhältnis ein wie bei einer Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit, bei denen die Tarifnormen nicht Bestandteile des Arbeitsvertrages werden. Vielmehr vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien bei einer einzelvertraglichen Inbezugnahme eines Tarifvertrages, dass dieser, dh. dessen Rechtsnormen iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG, zum Inhalt des Arbeitsvertrages werden(allgemeine Meinung, vgl. BAG 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c aa der Gründe, BAGE 113, 29). Die Arbeitsvertragsparteien „ergänzen“ gleichsam ihren Arbeitsvertrag um diese Tarifnormen. Sie wirken für die Arbeitsvertragsparteien daher nicht anders, als wenn sie diese Normen als Vertragsbestimmungen in den Arbeitsvertrag aufgenommen hätten (herrschende Meinung; vgl. Wiedemann/Oetker 7. Aufl. § 3 TVG Rn. 285 mwN).

39

Damit stellt sich die Vereinbarung der Parteien, ihr Arbeitsverhältnis solle den kirchenrechtlichen Arbeitsvertragsregelungen unterliegen, als eine individual-rechtliche Vereinbarung dar, nach welcher der TV-Ärzte-KF Bestandteil ihres Arbeitsverhältnisses sein soll. Dies hat zur Folge, dass auch § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF als durch „Rechtsgeschäft“ vereinbart iSd. § 202 Abs. 1 BGB gilt.

40

Dies führt insoweit zur Unwirksamkeit des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF, als dieser auch durch vorsätzliches Handeln der Beklagten selbst verursachte Ansprüche miteinbezieht.

41

ff) Da die Haftung für fremdes vorsätzliches Handeln nach § 278 Satz 2 BGB iVm. § 276 Abs. 3 BGB jedoch ausgeschlossen werden darf, können auch Ansprüche aufgrund vorsätzlichen Handelns von Personen iSd. § 278 Satz 1 BGB einer individualrechtlich vereinbarten allumfassenden Ausschlussklausel unterfallen. § 202 Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen(vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 43, BAGE 122, 304; 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22). Nach herrschender Meinung ist aber ein Haftungsausschluss nach § 278 Satz 2 BGB iVm. § 276 Abs. 3 BGB nicht für das vorsätzliche Verschulden von Organen einer juristischen Person möglich, bei denen Verschulden als eigenes Verschulden der juristischen Person gilt(vgl. Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 278 BGB Rn. 6 mwN). Die für die Beklagte, eine GmbH und damit eine juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG), handelnden Geschäftsführer werden als organschaftliche Vertreter der Beklagten tätig, sodass deren Handeln der Beklagten als juristische Person als Eigenhandeln zuzurechnen ist (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen GmbHG 7. Aufl. § 35 Rn. 7; Fichtelmann/Schmitt in HK-GmbH-Recht 7. Aufl. § 35 Rn. 37).

42

Das hat zur Folge, dass das Handeln der Geschäftsführer der Beklagten ohne Entlastungsmöglichkeit nach § 278 Satz 2 BGB der Beklagten zugerechnet wird(vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen GmbHG 7. Aufl. § 35 Rn. 94; Fichtelmann/Schmitt in HK-GmbH-Recht 7. Aufl. § 35 Rn. 93 mwN). Inwieweit daneben auch andere Personen organschaftlich für die Beklagte als GmbH gehandelt haben könnten, konnte der Senat aufgrund fehlender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht nicht entscheiden.

43

2. Damit gilt im Streitfalle Folgendes: Ansprüche des Klägers wegen vorsätzlicher Gesetzes- oder Vertragsverstöße durch die Personen, welche die Beklagte organschaftlich vertreten, werden von der Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF nicht erfasst. Insoweit ist die im Ergebnis einzelvertraglich vereinbarte Verfallklausel wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB teilweise nichtig. Die einzelvertraglich in Bezug genommene Verfallklausel erfasst jedoch Ansprüche, welche der Kläger darauf stützt, dass er durch fahrlässiges Handeln von Organen der Beklagten oder durch vorsätzliche bzw. fahrlässige Handlungen von Personen iSd. § 278 Satz 1 BGB in seinen Rechten verletzt worden ist. Inwieweit das der Fall ist, hat das Landesarbeitsgericht aus seiner Sicht der Rechtslage folgerichtig nicht geprüft. Dies wird es nach der gemäß § 562 Abs. 1, § 563 ZPO erforderlichen Zurückverweisung der Sache nachzuholen haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts, der die Berufung als unzulässig verwirft, findet die Revisionsbeschwerde statt, wenn das Landesarbeitsgericht sie in dem Beschluss oder das Bundesarbeitsgericht sie zugelassen hat. Für die Zulassung der Revisionsbeschwerde gelten § 72 Absatz 2 und § 72a entsprechend. Über die Nichtzulassungsbeschwerde und die Revisionsbeschwerde entscheidet das Bundesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Rechtsbeschwerde gelten entsprechend.