Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 01. Sept. 2015 - 6 Sa 222/14

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2015:0901.6SA222.14.0A
bei uns veröffentlicht am01.09.2015

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 18.03.2014 – 3 Ca 644/13 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien über den 31.12.2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis nach Maßgabe des am 06.04.2005 zwischen dem Kläger und der VTS GmbH und Co KG geschlossenen Arbeitsvertrages besteht.

Die Beklagte trägt die in der ersten Instanz angefallenen Kosten des Rechtsstreits.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 60%, die Beklagte trägt 40%.

III. Die Revision wird nur für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den (Fort-)Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

2

Der Kläger war seit 16.02.1976 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Am 06.04.2005 schloss der Kläger mit der Beklagten sowie der V GmbH und Co.KG (im Folgenden: VTS) einen dreiseitigen Vertrag (Bl. 28 bis 34 d. A.), in dem es u. a. heißt:

3

Dreiseitiger Vertrag
zur Überleitung des mit der D AG
bestehenden Arbeitsverhältnisses auf ein Geschäftsmodell
zwischen
der V GmbH & Co.KG (VTS)
(neuer Arbeitgeber),
sowie der
der D AG, V
(bisheriger Arbeitgeber), im Folgenden vertreten durch die VTS,

4

5

§ 10 Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses

6

Der bisherige Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zur D AG mit Ablauf des 30.04.2005 einvernehmlich beendet wird.

7

Die Auflösung des bisherigen Arbeitsverhältnisses erfolgt in Anwendung der Regelungen der Anlage 8 des TV Ratio in der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages gültigen Fassung.

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§ 14 Rückkehrrecht

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1. Gem. Protokollnotiz zu § 3 Absatz 1 der Anlage 8 des TV Ratio der D AG erfolgt für den Fall der Insolvenz des Geschäftsmodells mit Auswirkung auf den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers die Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses zum bisherigen Arbeitgeber zu den zum Zeitpunkt der Begründung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses bei dem Geschäftsmodell seinerzeit geltenden individuellen Entgeltbedingungen (Eingruppierung, Gruppenstufen und ggf. Umstellungszulagen); längstens jedoch bis zum 31.12.2008.
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2. Darüber hinaus besteht kein weiteres Rückkehrrecht zum bisherigen Arbeitgeber.
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B, den 06. April 2005

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V GmbH & Co.KG,
zugleich handelnd namens und mit Vollmacht

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für die D AG

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………………… ……………………………
 N  B G
ppa.
…………………..
J S

17

Leiterin Personalmanagement

18

Bei dem Unterzeichner Herrn N handelt es sich um den von der Beklagten für den Abschluss von Aufhebungsverträgen bevollmächtigten Geschäftsführer Personal der Komplementär GmbH der VTS, der zugleich ermächtigt war, für die erforderliche zweite Unterschrift auf dem Vertrag Mitarbeiter der VTS zu bevollmächtigen. Frau S war zum damaligen Zeitpunkt Prokuristin der VTS.

19

Bei der VTS handelt es sich um ein von der Beklagten errichtetes sog. „Geschäftsmodell“, das dazu diente, den zum damaligen Zeitpunkt anstehenden Personalabbau im Konzern im Umfang von 32.000 Arbeitsplätzen sozialverträglich zu gestalten. Ziel war es, die Arbeitsplätze der in das Geschäftsmodell übergeleiteten Mitarbeiter durch Übertragung des Betriebes auf einen am Markt tätigen Investor dauerhaft zu sichern.

20

Zum 01.01.2008 übernahm die neu gegründete N GmbH und Co.KG (im Folgenden: NSNS), eine 100%-ige Tochtergesellschaft der N GmbH & Co.KG (NSN), den Betrieb der Beklagten. Die VTS und die NSNS unterrichteten zuvor mit Schreiben vom 16.11.2007 (Bl. 173 bis 180 d. A.) u. a. auch den Kläger über den beabsichtigten Betriebsübergang. Das Schreiben enthält keinen Hinweis auf die sich aus der Neugründung der NSNS ergebenden sozialplanrechtlichen Folgen (§ 112a BetrVG – Sozialplanprivileg). Ebenso fehlen Angaben zu den Modalitäten des Unternehmenskaufvertrages, der u. a. eine Patronatserklärung der NSN, Auftragssicherungen seitens der Beklagten für fünf Jahre sowie einen „negativen Kaufpreis“ enthält.

21

Nach dem Betriebsübergang stellte die zwischenzeitlich in eine GmbH umgewandelte VTS ihr operatives Geschäft komplett ein. Im Jahr 2012 erfolgte aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 27.08.2012 eine Verschmelzung auf die Beklagte.

22

Die NSNS, bei der der Kläger seit 01.01.2008 zunächst widerspruchslos tätig war und dort zeitweise eine höherwertige, einen Zuschlag auslösende Tätigkeit als Bauführer verrichtete, entschloss sich im Frühjahr 2013 den Geschäftsbetrieb zum 31.12.2013 einzustellen. Nachdem hierüber die Mitarbeiter informiert worden waren, widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der VTS mit Schreiben vom 15.03.2013 sowie erneut mit Schreiben vom 01.05.“2012“ – gemeint 2013 – (Bl. 183 d. A.) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der VTS auf die NSNS. Mit weiterem Schreiben vom 17.05.2013 (Bl. 7 d. A.) machte er gegenüber der Beklagten ein Rückkehrrecht gemäß § 14 des dreiseitigen Vertrages vom 06.04.2005 geltend.

23

Die NSNS wiederum kündigte im Mai 2013 – nach dem Widerspruch des Klägers – das Arbeitsverhältnis fristgemäß, betriebsbedingt zum 31.12.2013. Der Kläger erhob hiergegen Kündigungsschutzklage und schloss mit der NSNS im September 2013 einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis mit der NSNS zum 31.12.2013 gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird. Der Vergleich enthält weiter einen Passus, dass hiermit kein Verzicht auf Rechte gegenüber der Beklagten verbunden sei und eine Rückzahlung der Abfindung zu erfolgen habe, wenn zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ein Arbeitsverhältnis bestehen sollte.

24

Schlussendlich hat der Kläger mit Schreiben vom 04.03.2014 (Bl. 184 d. A.) den Widerruf des vorgenannten dreiseitigen Vertrages erklärt.

25

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien bestehe nach wie vor ein Arbeitsverhältnis zu den bis zum Abschluss des dreiseitigen Vertrages geltenden Konditionen. Dieser Vertrag sei formunwirksam, weil er nicht von Vertretern der Beklagten unterzeichnet worden sei. Da Herr N und Frau S nur einmal ihre Unterschrift geleistet haben, decke diese nicht die Willenserklärung der Beklagten, gerichtet auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages in formwirksamer Weise ab. Hierzu verweist der Kläger auf ein Vertragsmuster für einen dreiseitigen Vertrag aus dem Jahr 2004, in dem sowohl für die VTS als auch für die Beklagte jeweils ein Unterschriftenfeld vorgedruckt ist (Bl. 84 ff d. A.). Weiter entspreche die Zeichnung des vorliegenden Vertrages nicht den Vorgaben der Konzern-HR-Zeichnungsregelung (Bl. 70 ff d. A.). Darüber hinaus scheitere die Rechtswirksamkeit des Aufhebungsvertrages an § 181 BGB, da die vorgenannten Vertreter der VTS sich in einem Interessenkonflikt befunden haben.

26

Jedenfalls bestehe nach Maßgabe des § 14 des dreiseitigen Vertrages vom 06.04.2005 nach wie vor ein Rückkehrrecht.

27

Selbst wenn das im Jahr 1976 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis durch den dreiseitigen Vertrag aufgelöst worden sei, so bestünde dennoch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach Maßgabe des zwischen dem Kläger und der VTS geschlossenen Arbeitsvertrages. Dieses Arbeitsverhältnis sei nicht auf die NSNS im Wege des Betriebsüberganges übergegangen, weil der Kläger dem Übergang im Jahr 2013 noch wirksam habe widersprechen können. Das Informationsschreiben vom 16.11.2007 sei fehlerhaft.

28

Der Kläger hat beantragt,

29

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

30

Die Beklagte hat beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei rechtswirksam aufgrund des dreiseitigen Vertrages vom 06.04.2005 aufgelöst worden. Dieser weise keinen Mangel auf. Aus den im Rubrum des Vertrages und in der Unterschriftenleiste verwendeten Formulierungen werde hinreichend deutlich, dass der Geschäftsführer und die Prokuristin der VTS zugleich im Namen der Beklagten gehandelt haben. Ein Rückkehrrecht nach § 14 des vorgenannten Vertrages stehe dem Kläger nicht zu, weil die VTS nicht in Insolvenz gefallen sei. Schlussendlich sei die Beklagte auch nicht Vertragspartner des zwischen dem Kläger und der VTS abgeschlossenen Arbeitsvertrages geworden. Der Widerspruch sei verspätet, weil die einmonatige Frist gemäß § 613a BGB durch das ordnungsgemäße Unterrichtungsschreiben vom 16.11.2007 in Lauf gesetzt worden sei.

33

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.03.2014 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis mehr. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sei durch den dreiseitigen Vertrag vom 06.04.2005 aufgelöst worden. Dem Vertrag komme Rechtswirksamkeit zu. Ein Formmangel liege nicht vor. Aufgrund der Vertragsgestaltung sei hinreichend erkennbar, dass die für die VTS handelnden Personen zugleich die Beklagte vertreten wollten. Jedenfalls habe die Beklagte durch die Rechtsverteidigung im vorliegenden Prozess diesen Vertrag genehmigt. Ein Rückkehrrecht bestehe nicht, weil die VTS nicht in Insolvenz gefallen sei. Ebenso wenig werde durch den im Jahr 2013 erklärten Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der VTS auf die NSNS ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der VTS begründet. Dieser sei weit außerhalb der einmonatigen Frist erklärt worden. Fehler in dem Anhörungsschreiben lassen sich nicht erkennen. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 127 bis 135 der Akte verwiesen.

34

Gegen dieses, ihm am 26.05.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.06.2014 Berufung eingelegt und diese am 28.07.2014 begründet.

35

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er, nachdem er zwischenzeitlich vorgenommene Klagerweiterungen im Termin am 01.09.2015 wieder zurückgenommen hat, sein erstinstanzliches Klageziel weiter.

36

Er hält an seinem Vorbringen, der dreiseitige Vertrag vom 06.04.2005 sei formunwirksam, fest, da schlicht zwei Unterschriften von Vertretern der Beklagten fehlen. Der am Ende der Vertragsurkunde stehende Passus „…zugleich handelnd…“ sei intransparent i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Jedenfalls stehe dem Kläger ein Rückkehrrecht in Form einer automatischen Wiederbegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten aus § 14 des dreiseitigen Vertrages zu. Der dort verwendete Begriff „Insolvenz des Geschäftsmodells“ sei so zu verstehen, dass hiervon auch die Einstellung des gesamten Geschäftsbetriebes erfasst sei.

37

Selbst wenn dem dreiseitigen Vertrag Rechtswirksamkeit zukommen sollte, bestünde zwischen dem Kläger und der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der VTS ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des mit der VTS geschlossenen Arbeitsvertrages. Der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses zum 01.01.2008 auf die NSNS sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht verfristet. Das Unterrichtungsschreiben vom 16.11.2007 habe die Widerspruchsfrist nicht in Lauf setzen können, weil es unvollständig sei. So fehle insbesondere der Hinweis darauf, dass es sich bei der NSNS um eine Gesellschaft handele, die dem Sozialplanprivileg des § 112a BetrVG unterfalle. Auch seien die Angaben zur wirtschaftlichen Situation der NSNS unvollständig. Nach dem Inhalt des Unternehmenskaufvertrages sei davon auszugehen, dass die wirtschaftliche Existenz der NSNS für maximal fünf Jahre gesichert gewesen sei. Hierüber hätte der Kläger informiert werden müssen.

38

Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Der Kläger habe durch keinerlei Verhaltensweisen bis zum Ausspruch seines Widerspruchs zu erkennen gegeben, dass er die NSNS als neuen Arbeitgeber vorbehaltlos akzeptiere. Die zeitweise Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit sei hierfür nicht geeignet. Die Kündigungsschutzklage und der sich daran anschließende Abfindungsvergleich seien erst nach dem Widerspruch erfolgt und können daher kein Vertrauen bei der Beklagten auf Nichtausübung dieses Rechts begründen.

39

Der Kläger beantragt,

40

das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 18.03.2014 abzuändern und festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31.12.2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

41

Die Beklagte beantragt,

42

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

43

Die Beklagte verteidigt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen die angefochtene Entscheidung und vertritt darüber hinaus die Auffassung, die Voraussetzungen für ein Rückkehrrecht aus § 14 des dreiseitigen Vertrages seien nicht gegeben, da jedenfalls der hier vorliegende Fall eines Betriebsüberganges nicht mit der in § 14 vorausgesetzten „Insolvenz des Geschäftsmodells“ gleichgesetzt werden könne. Ebenso wenig bestehe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des mit der VTS abgeschlossenen Arbeitsvertrages. Das Informationsschreiben vom 16.11.2007 sei vollständig. Entgegen der Auffassung des Klägers haben detaillierte Informationen über den Inhalt des Unternehmenskaufvertrages, insbesondere Patronatserklärung und Auftragssicherung, dort nicht aufgenommen werden müssen. Eine kurzfristige Aufgabe des Geschäftsbetriebes sei zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges – unstreitig – nicht beabsichtigt gewesen. Dass das Unternehmen nach sechs Jahren seinen Geschäftsbetrieb eingestellt habe, sei nicht vorhersehbar gewesen. Auch haben die VTS und die NSNS über den Umstand, dass für Letztgenannte (möglicherweise) das Sozialplanprivileg des § 112a BetrVG eingreife, nicht informieren müssen. Solche Informationen hätten für den Kläger keinerlei wirtschaftliche Vorteile gebracht, da er auch bei einem Widerspruch und einem Verbleiben des Arbeitsverhältnisses bei der VTS keinen Sozialplananspruch erworben hätte. Im Übrigen sei rechtlich zweifelhaft, ob es sich bei der NSNS als 100%-ige Tochter der NSN überhaupt und eine unter das Sozialplanprivileg fallende Neugründung handele, da die NSN mit Gründung dieser Tochtergesellschaft lediglich ihren schon bestehenden Geschäftsbereich erweitert habe.

44

Jedenfalls habe der Kläger aber bei Erklärung des Widerspruchs rund fünfeinhalb Jahre nach Zugang des Informationsschreibens das Widerspruchsrecht verwirkt gehabt. Angesichts des langen zeitlichen Abstandes seien an das weiter erforderliche Umstandsmoment nur geringe Anforderungen zu stellen. Ausreichend hierfür sei, dass der Kläger durch Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit aber auch durch Verfolgung von Ansprüchen gegenüber der NSNS in Form der Kündigungsschutzklage deutlich gemacht habe, dass er den Übergang des Arbeitsverhältnisses akzeptiere.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

46

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung des Klägers ist begründet. Zwischen den Parteien besteht über den 31.12.2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des mit der VTS geschlossenen Arbeitsvertrages.

47

Bei Auslegung des Sachantrages in der Berufungsbegründung anhand des Inhaltes der Berufungsbegründung und des erstinstanzlichen Vortrages ergibt sich, dass der Kläger in erster Linie den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zu den am 30.04.2005 geltenden Bedingungen, hilfsweise den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zu den mit der VTS am 31.12.2007 geltenden Bedingungen begehrt.

I.

48

Die Parteien sind allerdings nicht mehr durch ein Arbeitsverhältnis zu den am 30.04.2005 geltenden Bedingungen verbunden.

49

1. Sie haben vielmehr das mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten im Jahre 1976 begründete Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 06.04.2005 zum 30.04.2005 rechtswirksam aufgelöst.

50

a) § 10 dieses Vertrages enthält eine Aufhebungsvereinbarung. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dieser Bestimmung ausreichend deutlich zu entnehmen, dass die jetzige Beklagte und damalige Arbeitgeberin des Klägers eine auf die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielende Willenserklärung abgegeben hat. Dies folgt aus der Formulierung „bisheriger Arbeitgeber“, der sodann namentlich – D AG – bezeichnet wird. Weiter enthält die Bestimmung eine inhaltlich deckungsgleiche Willenserklärung des Klägers: „… und der Arbeitnehmer …“.

51

b) Der Aufhebungsvertrag ist nicht gemäß § 125 BGB (form-)nichtig. Die errichtete Vertragsurkunde wahrt die gemäß § 623 BGB vorgegebene Schriftform (§ 126 BGB). Sie ist auch von der Beklagten im Wege der rechtsgeschäftlichen Vertretung unterzeichnet worden. Hierfür reicht es angesichts der inhaltlichen Gestaltung der Urkunde aus, dass der Geschäftsführer der VTS und deren Prokuristin S – der Namenszug ist eindeutig zu identifizieren – am Schluss des Vertragstextes – wenn auch nur einmal – ihre Unterschrift geleistet haben. Gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich der Wille des Erklärenden im fremden Namen handeln zu wollen auch aus den Umständen ergeben. Solche Umstände sind vorliegend gegeben. Die Vertragsurkunde weist – im Unterschied zu dem von dem Kläger beispielhaft vorgelegten dreiseitigen Vertrag aus dem Jahr 2004 – lediglich drei namentlich bezeichnete Unterschriftszeilen auf und enthält unmittelbar voranstehend unter der vollständig abgedruckten Firma der VTS den Zusatz „zugleich handelnd namens und mit Vollmacht für die D AG“. Damit korrespondiert das Vertragsrubrum, in dem unter der Firma der Beklagten vermerkt ist, „im Folgenden vertreten durch die VTS“.

52

Angesichts dieser Gesamtumstände wird für einen verständigen Vertragspartner ausreichend deutlich, dass der Geschäftsführer und die Prokuristin der VTS durch ihre Unterschrift an der einzig dafür vorgesehenen Stelle auf der Vertragsurkunde zugleich für die Beklagte handeln wollten.

53

c) Eine Unwirksamkeit dieses Vertrages folgt nicht aus §§ 177, 178 BGB, wonach der von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossene Vertrag schwebend unwirksam ist und bis zur Genehmigung durch den anderen Teil widerrufen werden kann.

54

aa) Eine fehlende Vertretungsmacht der für Beklagte handelnden Personen behauptet der Kläger (nicht) mehr. Er räumt vielmehr zweitinstanzlich ein, dass der Geschäftsführer der VTS zum Abschluss von Aufhebungsverträgen bevollmächtigt war und für die erforderliche zweite Unterschrift ermächtigt war, Bevollmächtigungen an Mitarbeiter der VTS zu erteilen (Schriftsatz vom 26.06.2015, Seite 2).

55

Aus der Konzern – HR – Zeichnungsregelung Ziffer II. 1. a. aus dem Jahr 2009 folgt keine abweichende Bewertung. Diesen Bestimmungen – unterstellt es bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2005 eine inhaltsgleiche Regelung – ist nicht zu entnehmen, dass hierdurch mit Wirkung im Außenverhältnis die Vertretungsmacht der für die Beklagte handelnden Personen eingeschränkt werden soll.

56

bb) Der Wirksamkeit der Vertretungsmacht steht weiter nicht § 181 BGB – Verbot des Selbstkontrahierens – entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob durch die Vertretung der VTS in Bezug auf den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages und der Beklagten zwecks Beendigung eines bestehenden Arbeitsvertrages überhaupt der Anwendungsbereich des § 181 BGB eröffnet ist. Mit Erteilung einer Vollmacht seitens der Beklagten genau für diese Konstellation hat sie jedenfalls den Geschäftsführer der VTS von Beschränkungen des § 181 BGB insoweit konkludent befreit.

57

cc) Im Übrigen käme selbst bei fehlender Vertretungsmacht dem am 04.03.2014 erklärten Widerruf des Klägers keine rechtliche Bedeutung mehr zu, weil die Beklagte jedenfalls durch den im Schriftsatz vom 04.07.2013 angekündigten Klagabweisungsantrag konkludent den Vertrag rückwirkend gemäß §§ 182, 184 BGB genehmigt hat. Die Genehmigung kann formfrei erfolgen (§ 182 Abs. 2 BGB).

58

d) Schlussendlich ist der Aufhebungsvertrag nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 BGB wegen Intransparenz unwirksam,

59

Für einen durchschnittlichen Verwender ist aufgrund der Gestaltung der Vertragsurkunde hinreichend deutlich erkennbar, dass mit der Unterzeichnung der Urkunde durch den Geschäftsführer und die Prokuristin der VTS auch das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgehoben werden soll. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.

60

2. Zwischen den Parteien ist auch nicht nach Maßgabe des § 14 des dreiseitigen Vertrages vom 06.04.2005 mit Wirkung zum 01.01.2008 aufgrund des vereinbarten Rückkehrrechts ein Arbeitsverhältnis zu den bei Ausscheiden des Klägers am 30.04.2005 geltenden Bedingungen wieder begründet worden. Jenes Recht knüpft an die Insolvenz des „Geschäftsmodells“ an, wobei die Vertragsparteien – wie sich aus dem weiteren Inhalt des § 14 ergibt – mit diesem Begriff die VTS als Handelsgesellschaft gemeint haben. So heißt es dort: „… zu den zum Zeitpunkt der Begründung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses bei dem Geschäftsmodell …“. Dahinstehen kann, ob das Rückkehrrecht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der VTS voraussetzt. Jedenfalls lässt sich aus § 14 nicht ableiten, dass dieses Recht – quasi als Wahlrecht – auch bestehen soll, wenn der Geschäftsbetrieb der VTS im Wege des Betriebsübergangs von einem Dritten unverändert fortgeführt wird. Die Rechte der Arbeitnehmer sind in diesem Fall durch § 613a BGB umfassend gesichert. Hätten die Vertragsparteien auch bei dieser Konstellation eine Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten vereinbaren wollen, hätte dies eindeutig geregelt werden müssen. Allein aus der Verwendung des Begriffs „Insolvenz“, bei der typischerweise die Rechtsstellung der Arbeitnehmer erheblich beeinträchtigt wird, folgt ein solcher Anspruch nicht.

II.

61

Zwischen den Parteien besteht jedoch ein Arbeitsverhältnis zu den zwischen dem Kläger und der VTS aufgrund des dreiseitigen Vertrages vom 06.04.2005 am 31.12.2007 geltenden Bedingungen.

62

1. Die Beklagte ist aufgrund der im Jahr 2012 erfolgten Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der VTS geworden (§§ 20, 324 UmwG).

63

2. Mit jener – zum damaligen Zeitpunkt in eine GmbH ungewandelten – juristischen Person bestand auch über den 31.12.2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis. Dieses im Jahr 2005 begründete Arbeitsverhältnis ist nicht gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die NSNS übergegangen, weil der Kläger dem Übergang im Jahr 2013 wirksam gemäß § 613a Abs. 6 BGB widersprochen hat.

64

a) Unstreitig hat die NSNS den Betrieb der VTS i. S. d. § 613a BGB übernommen.

65

b) Der kraft Gesetzes dadurch eintretende Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die NSNS (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) ist aufgrund eines von dem Kläger gemäß § 613a Abs. 6 BGB erklärten Widerspruchs unterblieben.

66

aa) Der von dem Kläger im März und Mai 2013 gegenüber der Beklagten als – aufgrund der Verschmelzung der VTS – „bisheriger Arbeitgeber“ i. S. d. § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB erklärte Widerspruch entfaltet nicht deshalb keine rechtlichen Wirkungen, weil sein Widerspruchsrecht zu diesem Zeitpunkt bereits durch Ablauf der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB vorgegebenen Monatsfrist seit langem erloschen war. Die Frist ist nicht in Lauf gesetzt worden, weil die Unterrichtung der VTS und der NSNS vom 16.11.2007 nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genügt. Nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung setzt die Frist in Gang (BAG 20.05.2010 – 8 AZR 977/08).

67

Auf die Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan nach § 112a Abs. 2 BetrVG muss in einem Unterrichtungsschreiben hingewiesen werden. Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können. Durch die Unterrichtung soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB geschaffen werden. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung. § 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs, wenn zwar bei diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Zu den wirtschaftlichen Folgen i.S.v. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen (BAG 14.11.2013 – 8 AZR 824/12 – Rn. 29, 30).

68

Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist allerdings dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber dabei nach angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, eine rechtlich vertretbare Position einnimmt. Eine umfassende Rechtsberatung jedes einzelnen Arbeitnehmers kann nicht verlangt werden. Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB dient nicht dazu, den Arbeitnehmer über alle ihn möglicherweise treffenden individuellen Folgen des Betriebsübergangs zu informieren. Sie soll ihn lediglich in die Lage versetzen, sich auf ihrer Grundlage ggf. weitergehend zu informieren oder beraten zu lassen. Es obliegt dem Arbeitnehmer, die Angaben des Arbeitgebers – und sei es nach weiteren Erkundigungen – in sein persönliches Arbeitsverhältnis umzusetzen (BAG 26.03.2015 – 2 AZR 783/13 – Rn. 25).

69

Bei Anwendung dieser Rechtssätze hätten die VTS/NSNS nach rechtlicher Prüfung in dem Unterrichtungsschreiben zumindest ihren Rechtsstandpunkt zu der Frage, ob für die NSNS das Sozialplanprivileg aus § 112a BetrVG gilt, darlegen und darauf hinweisen müssen, dass insoweit eine rechtliche Unsicherheit besteht. Nur so wäre der Kläger in der Lage gewesen, die für einen nicht unerheblichen Zeitraum bestehenden wirtschaftlichen Risiken bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die NSNS abzuschätzen. Diesbezüglich enthält das Unterrichtungsschreiben keinerlei Angaben. Aus der Information über die Neugründung der NSNS allein („100%-ige Tochtergesellschaft“) lassen sich Rückschlüsse auf eine Sozialplanprivilegierung nicht ziehen.

70

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Kläger im Fall eines Widerspruchs bezogen auf Sozialplanansprüche sich gegenüber der VTS in keiner besseren Lage befunden hätte. Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht ist es gerade, dem Arbeitnehmer sämtliche für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses maßgeblichen Information zukommen zu lassen, damit dieser nach Abwägung der für und gegen einen Widerspruch sprechenden Fakten eine Entscheidung treffen kann.

71

bb) Der Kläger hatte sein Widerspruchsrecht zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausübung im März 2013 noch nicht verwirkt (§ 242 BGB).

72

Das Widerspruchsrecht kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann. Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 steht dem nicht entgegen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, jedoch vom EuGH als sich nach nationalem Recht bestimmend anerkannt (vgl. EuGH 24.01.2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 36 mwN). Zur Sanktionierung des Verstoßes gegen die Unterrichtungspflichten der Richtlinie 2001/23/EG ist ein Widerspruchsrecht ad infinitum aber nicht erforderlich (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1647). So erkennt der EuGH bspw. bei Ausschlussfristen das Interesse an Rechtssicherheit an, da mit solchen Fristen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 08.07.2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36). Das Widerspruchsrecht muss den Arbeitnehmern nicht unbegrenzt, sondern nur so lange erhalten bleiben, wie es für eine effektive und verhältnismäßige Sanktionierung des Unterrichtungsfehlers geboten ist (vgl. Sagan aaO, 1648).

73

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

74

Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine bestimmte Frist abzustellen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, d.h. beide Elemente sind bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (BAG 17.10.2013 – 8 AZR 974/12 – Rn. 25 bis 27).

75

aaa) Allerdings liegen die Voraussetzungen für die Erfüllung des Zeitmoments vor. Ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren zwischen Unterrichtung und Abgabe der Widerspruchserklärung reicht hierfür auf jeden Fall aus (vgl. BAG 27.04.2008 – 8 AZR 175/07: 15 Monate).

76

bbb) Jedoch ist das Umstandsmoment nicht gegeben.

77

Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, der Widerspruch werde nicht mehr ausgeübt. Dies ist dann der Fall, wenn er aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber und diesen damit als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert. Dies ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat.

78

Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer (zunächst) widerspruchslos beim Betriebserwerber weiterarbeitet und von diesem die Arbeitsvergütung entgegennimmt, stellt ebenso wenig eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar wie Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber, durch welche einzelne Arbeitsbedingungen, z.B. Art und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung, Höhe der Arbeitsvergütung, geändert werden. Als Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses stellen sich nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers dar, durch welche es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, z.B. Abschluss eines Aufhebungsvertrages bzw. die Hinnahme einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung oder durch welche das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wird, z.B. die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (BAG 11.11.2010 – 8 AZR 185/09 – Rn 33, 34).

79

Das Verhalten des Klägers nach dem Betriebsübergang begründet bei Anwendung dieser Rechtssätze auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger mehr als fünf Jahre seine Tätigkeit gegenüber der NSNS widerspruchslos erbracht hat, keine Umstände, aus denen die Beklagte bzw. die VTS vertrauenswürdig ableiten konnte, der Kläger werde ihr gegenüber den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht mehr geltend machen.

80

(1) Der Kläger hat bis zur Erklärung des Widerspruchs nicht über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit der NSNS disponiert. Die Kündigungsschutzklage betreffend eine betriebsbedingte Kündigung der NSNS stellt gerade keine solche Disposition dar (vgl. BAG 02.04.2009 – 8 AZR 178/07 – Rn. 27). Im Übrigen ist die Klage erst nach dem Widerspruch erhoben worden. Eine solche Disposition hat der Kläger erst durch den im September 2013 zur Beendigung jenes Rechtsstreits abgeschlossenen Vergleich, also zu einem Zeitpunkt, als für die Beklagte bereits kein Vertrauen mehr gegeben war, getätigt. Damit kommt dem Umstand, dass der Kläger, nachdem er über die beabsichtigte Betriebsschließung seitens der NSNS informiert worden war, „zweigleisig gefahren ist“, für die Frage, ob die Beklagte zum Zeitpunkt des Widerspruchs bereits schutzwürdig auf eine Nichtgeltendmachung von Rechten vertrauen durfte, keine Bedeutung zu. Im Übrigen ist diese Vorgehensweise des Klägers, nachdem die Beklagte den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses negiert hatte, nicht als treuwidrig einzustufen.

81

(2) Die im Verlauf der Beschäftigung einvernehmlich erfolgte Veränderung der Tätigkeit ist nicht so beschaffen, dass sie als Disposition über das Arbeitsverhältnis insgesamt angesehen werden kann. Sie beschränkt sich vielmehr auf eine temporäre Vergütungserhöhung, ohne dass der Vertragsinhalt grundlegend umgestaltet worden ist (vgl. hierzu BAG 15.03.2012 – 8 AZR 700/10 – Rn. 36: Vereinbarung über Anpassung der betrieblichen Altersversorgung).

82

(3) Weiter vermag der Betriebszweck der VTS – Sicherung der Arbeitsplätze von Arbeitnehmern der Beklagten mit dem Ziel, den Betrieb an einen Partner zu veräußern – kein Vertrauen zu begründen. Letztendlich hat die VTS diesen Betriebszweck gerade im Wege des Betriebsübergangs verwirklicht. Sie muss dann auch damit rechnen, von Arbeitnehmern auf dieser rechtlichen Basis auch nach Einstellung ihres Geschäftsbetriebes in Anspruch genommen zu werden.

83

(4) Aus der widerspruchslosen Weiterarbeit allein ergibt sich, auch wenn diese langjährig erfolgt, kein Vertrauenstatbestand (BAG 15.03.2012 – 8 AZR 700/10 – Rn. 36: sechseinhalb Jahre).

III.

84

Nach alledem war das Rechtsmittel des Klägers erfolgreich.

B.

85

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91; 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

C.

86

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war für die Beklagte die Revision zuzulassen.


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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

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Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

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(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. (2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Gene

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(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt. (3) Gegen di

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Referenzen

(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn

1.
in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 6 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern 15 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 60 Arbeitnehmer,
4.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 60 Arbeitnehmer
aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen. Als Entlassung gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlasste Ausscheiden von Arbeitnehmern auf Grund von Aufhebungsverträgen.

(2) § 112 Abs. 4 und 5 findet keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn

1.
in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 6 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern 15 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 60 Arbeitnehmer,
4.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 60 Arbeitnehmer
aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen. Als Entlassung gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlasste Ausscheiden von Arbeitnehmern auf Grund von Aufhebungsverträgen.

(2) § 112 Abs. 4 und 5 findet keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Teil zum Widerruf berechtigt, es sei denn, dass er den Mangel der Vertretungsmacht bei dem Abschluss des Vertrags gekannt hat. Der Widerruf kann auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Erteilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Teil gegenüber erklärt werden.

(2) Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.

(3) Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

(1) Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Erteilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Teil gegenüber erklärt werden.

(2) Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.

(3) Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers hat folgende Wirkungen:

1.
Das Vermögen der übertragenden Rechtsträger geht einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger über.
2.
Die übertragenden Rechtsträger erlöschen. Einer besonderen Löschung bedarf es nicht.
3.
Die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger werden Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers; dies gilt nicht, soweit der übernehmende Rechtsträger oder ein Dritter, der im eigenen Namen, jedoch für Rechnung dieses Rechtsträgers handelt, Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ist oder der übertragende Rechtsträger eigene Anteile innehat oder ein Dritter, der im eigenen Namen, jedoch für Rechnung dieses Rechtsträgers handelt, dessen Anteilsinhaber ist. Rechte Dritter an den Anteilen oder Mitgliedschaften der übertragenden Rechtsträger bestehen an den an ihre Stelle tretenden Anteilen oder Mitgliedschaften des übernehmenden Rechtsträgers weiter.
4.
Der Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrags und gegebenenfalls erforderlicher Zustimmungs- oder Verzichtserklärungen einzelner Anteilsinhaber wird geheilt.

(2) Mängel der Verschmelzung lassen die Wirkungen der Eintragung nach Absatz 1 unberührt.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 9. Oktober 2008 - 4 Sa 411/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26. Februar 2008 - 17 Ca 4181/07 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird in vollem Umfange abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 30. September 2005 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der Kläger war seit dem Jahre 2003 bei der Beklagten als „Director General Technology Strategy Management“ beschäftigt, zuletzt im Bereich „Com MD (Mobile Devices)“. Aufgrund eines Vertrages vom 6. Juni 2005 mit der BenQ Corporation (Sitz in Taiwan) übertrug die Beklagte mit Wirkung vom 30. September 2005 die Vermögensgegenstände dieses Geschäftsbereiches in Deutschland im Wege der Einzelrechtsübertragung („Asset Deal“) auf die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG (im Folgenden: BenQ Mobile). Diese Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30. August 2005 gegründet. Gesellschafter waren die BenQ Mobile Management GmbH und die BenQ Wireless GmbH. Am 16. September 2005 wurde die BenQ Mobile in das Handelsregister beim Amtsgericht München eingetragen. Die beiden Gesellschafter der BenQ Mobile verfügten über ein Stammkapital von jeweils 25.000,00 Euro. Im Zusammenhang mit der Übertragung der Vermögensgegenstände von der Beklagten auf die BenQ Mobile zahlte die Beklagte an die BenQ Corporation einen dreistelligen Millionenbetrag.

3

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 29. August 2005 die Mitarbeiter des Geschäftsbereiches „Com MD“ (Mobile Devices) über die „Übertragung der Aktivitäten“ dieses „Geschäftsgebietes“. Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut:

        

„Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses           

        

Sehr geehrter Herr …

        

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes Com MD (Mobile Devices) zum 01.10.2005 in die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG (im Folgenden: BenQ Mobile) übertragen.

        

BenQ ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschir-men, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird BenQ Mobile in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

        

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt BenQ schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit Siemens kann BenQ seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. Siemens bietet BenQ eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält BenQ durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von Siemens. Daneben bekommt BenQ einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von Siemens.

        

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf BenQ Mobile. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB BenQ Mobile Ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der Siemens AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit BenQ Mobile fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung).

        

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Jahreszieleinkommens bleibt anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

        

Im Einzelnen gilt für Sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der Siemens AG vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

        

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

        

BenQ Mobile haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

        

Zusätzlich haftet die Siemens AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 1.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

        

Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist gesetzlich gem. § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

        

Sie werden auch nach dem 1.10.2005 durch Ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U, B und M / G Strasse gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.1.2006.

        

Für den Standort K wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist.

        

Dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf BenQ Mobile können Sie nach § 613 a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht auf BenQ Mobile übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der Siemens AG, da die Com MD - Aktivitäten vollständig auf BenQ Mobile übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der Siemens AG entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann.

        

Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an

                 
        

Herrn R B, Com HR CG, M

        

oder an

        

Herrn Dr. V E, M

        

zu richten.

        

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

        

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei BenQ Mobile weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

        

…       

        

Anlage           

        

Überleitungsregelung AT / FK“

4

Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BenQ Mobile zunächst nicht. Am 9./10. August 2006 schloss er mit dieser einen Aufhebungsvertrag zum 30. November 2006. Als Abfindung sollte er 48.500,00 Euro erhalten.

5

Nachdem die BenQ Mobile am 29. September 2006 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, wurde dieses zum 1. Januar 2007 eröffnet. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 28. September 2006 gegenüber der Beklagten dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen.

6

Der Kläger meint, er sei auch noch im September 2006 berechtigt gewesen, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB durch die Unterrichtung der Beklagten über den Betriebsübergang nicht in Gang gesetzt worden sei. Diese Unterrichtung habe nämlich nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen. So sei er insbesondere nicht über die Identität der Betriebserwerberin und den Grund des Betriebsübergangs unterrichtet worden.

7

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt,

        

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten aufgrund des Widerspruchs vom 28. September 2006 über den 1. Oktober 2005 hinaus fortbesteht.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

9

Sie ist der Ansicht, den Kläger mit Schreiben vom 29. August 2005 ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB über den beabsichtigten Betriebsübergang unterrichtet zu haben. Deshalb sei der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 28. September 2006 wegen Ablaufs der einmonatigen Widerspruchsfrist verspätet. Auf jeden Fall sei das Recht zum Widerspruch aber verwirkt. Auch habe der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile auf sein Widerspruchsrecht verzichtet.

10

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben und die Klage auf Vergütung, Urlaubsabgeltung und Jahressonderzahlung abgewiesen. Nachdem der Kläger seine Leistungsanträge im Berufungsverfahren zurückgenommen hatte, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

11

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist begründet. Zwischen den Parteien besteht über den 30. September 2005 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr. Dieses war gem. § 613a Abs. 1 BGB auf die BenQ Mobile übergegangen. Der vom Kläger am 28. September 2006 gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses erklärte Widerspruch ist wegen Verwirkung unwirksam.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Die Berufung der Beklagten sei unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen eines wirksamen Widerspruchs nicht auf die BenQ Mobile übergegangen sei. Der Widerspruch des Klägers vom 28. September 2006 sei nicht verspätet gewesen, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB aufgrund einer nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genügenden Unterrichtung durch die Beklagte über den beabsichtigten Betriebsübergang nicht in Gang gesetzt worden sei. So enthalte das Unterrichtungsschreiben vom 29. August 2005 nicht die Anschrift der Betriebsübernehmerin. Außerdem fehle es an der Angabe des Grundes für den Übergang (§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB).

15

Das Widerspruchsrecht des Klägers sei nicht verwirkt oder entsprechend § 144 BGB als ausgeschlossen anzusehen. Es könne offenbleiben, ab wann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu laufen beginne, weil es selbst bei der Annahme der Erfüllung des Zeitmoments am Umstandsmoment fehle. So ergebe sich ein solches nicht allein aus der Weiterarbeit des Klägers bei der BenQ Mobile. Dass der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht habe, sich endgültig (auch) aus den Rechtsbeziehungen mit ihr zu lösen, sei nicht anzunehmen. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger in Kenntnis vom Bestehen seines Widerspruchsrechts gehandelt hätte und er davon hätte ausgehen müssen, die Beklagte werde Kenntnis von seiner vertraglichen Ausscheidensregelung mit der BenQ Mobile erhalten oder bereits haben. An diesen beiden Voraussetzungen fehle es. Aus den gleichen Gründen sei auch das Widerspruchsrecht des Klägers nicht in entsprechender Anwendung des § 144 BGB ausgeschlossen.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

Die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 2005 hinaus fortbesteht, ist unbegründet.

18

I. In einer Reihe von gleichgelagerten Fällen hat der Senat entschieden, dass das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 29. August 2005 über den beabsichtigten Betriebsteilübergang auf die BenQ Mobile den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht genügt(vgl. 25. Februar 2010 - 8 AZR 740/08 -; 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114 und 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

19

II. Die unzulängliche Unterrichtung durch die Beklagte hatte die einmonatige Widerspruchsfrist für den Kläger (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) nicht in Lauf gesetzt (st. Rspr., vgl. Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105),so dass sein Widerspruch vom 28. September 2006 nicht verspätet war.

20

III. Das Recht des Klägers zum Widerspruch war zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 28. September 2006 jedoch verwirkt.

21

1. Der Senat hat bereits mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers verwirken kann (vgl. zB 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

22

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

23

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

24

Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können (Senat 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114). Außerdem ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO).

25

2. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung liegen im Streitfall vor.

26

a) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (vgl. BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 23/06 - EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 116). Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil jedoch darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).

27

b) Vorliegend ist dem Landesarbeitsgericht ein - auch revisionsrechtlich zu beachtender - Rechtsfehler unterlaufen. Es hat nämlich die Voraussetzungen für das Vorliegen des Umstandsmoments, welches zusammen mit dem Zeitmoment zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führen kann, verkannt.

28

c) Das Zeitmoment ist erfüllt.

29

Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen zu laufen. Damit setzt auch nicht erst die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung die Frist für die Beurteilung des Vorliegens des Zeitmoments in Lauf. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgeschriebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, die in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei der das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind (vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106).

30

Erfolgt die Prüfung entsprechend diesen Grundsätzen, so ist es nicht geboten, ähnlich wie bei gesetzlichen, gerichtlichen oder vertraglichen Fristen für das so genannte Zeitmoment einen bestimmten Fristbeginn, wie etwa die Kenntnis des Berechtigten von bestimmten Tatsachen festzulegen. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Verpflichtete aufgrund des Zeitablaufes, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalles, zu denen auch der jeweilige Informationsstand des Berechtigten gehört, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Grundsätzlich ist der gesamte Zeitablauf seit der Rechtsentstehung von Bedeutung, im Falle der Beklagten jedenfalls der Zeitraum ab Ende September 2005, weil zu diesem Zeitpunkt die aus ihrer Sicht durch ihr Unterrichtungsschreiben vom 29. August 2005 in Gang gesetzte gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB)für den Kläger ablief.

31

Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht erst fast ein Jahr nach dem vollzogenen Betriebsübergang am 1. Oktober 2005 ausgeübt, nämlich mit Schreiben vom 28. September 2006. Vor Ablauf eines Monats nach der Unterrichtung in Schriftform muss der Arbeitgeber wegen der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierten Monatsfrist mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen. Durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang gibt der Arbeitgeber grundsätzlich zu erkennen, dass er mit dieser die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und nach Fristablauf die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet (Senat 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

32

Dies gilt auch, wenn die Unterrichtung unvollständig oder fehlerhaft war. Der Zeitraum von 13 Monaten zwischen der Unterrichtung über den Betriebsübergang und der Erklärung des Widerspruchs und von fast einem Jahr nach Ablauf der gesetzlichen Widerspruchsfrist ist grundsätzlich geeignet, das Vorliegen des Zeitmoments zu bejahen und erfüllt im Streitfall insbesondere auch deshalb das Zeitmoment, weil der Kläger durch den Abschluss seines Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt hatte (vgl. Senat 25. Februar 2010 - 8 AZR 740/08 - und 2. April 2009 - 8 AZR 220/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 6).

33

d) Der Kläger hat durch sein Verhalten, insbesondere durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile am 9./10. August 2006 das Umstandsmoment verwirklicht.

34

Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, der Widerspruch werde nicht mehr ausgeübt. Das ist gegeben, wenn er aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber und diesen damit als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat (vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354).

35

Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer (zunächst) widerspruchslos beim Betriebserwerber weiterarbeitet und von diesem die Arbeitsvergütung entgegennimmt, stellt ebenso wenig eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar (vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 -; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) wie Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber, durch welche einzelne Arbeitsbedingungen, zB Art und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung, Höhe der Arbeitsvergütung, geändert werden. Als Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses stellen sich nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers dar, durch welche es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, zB Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106) bzw. die Hinnahme einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO), oder durch welche das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wird (zB die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses; Senat 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

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Aufgrund des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zwischen dem Kläger und der BenQ Mobile am 9./10. August 2006 durfte die Beklagte davon ausgehen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (Erfüllung des Umstandsmoments).

37

e) Es ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unerheblich, ob und gegebenenfalls ab wann die Beklagte von dem Abschluss des Aufhebungsvertrages Kenntnis hatte.

38

Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber mit Erfolg auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen darf.

39

Die Unterrichtungspflicht des § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Betriebsinhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, legt dies nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstandes zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber(Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären darf. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen „Umstände“ kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6, „ein anderes“ normiert(§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber dürfen sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

40

f) Unzutreffend ist die Annahme des Klägers, die Beklagte habe sich wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung über den Betriebsteilübergang nicht darauf verlassen dürfen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben, so dass die Berufung der Beklagten auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts ihrerseits gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde. Folgte man dieser Überlegung des Klägers, würde das zu einem widersinnigen Ergebnis führen. Einerseits behielte der Kläger sein Widerspruchsrecht deshalb länger als in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normiert(einen Monat ab Zugang der Unterrichtung), weil die Unterrichtung nicht ordnungsgemäß war. Andererseits könnte das Widerspruchsrecht deshalb nicht verwirken, weil der Kläger nicht entsprechend den Vorgaben des § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet worden war. Dies hätte zur Folge, dass - entgegen der Rechtsprechung - die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung durch den alten Arbeitgeber in der Regel nicht eintreten könnte. Dies widerspräche jedoch dem Grundsatz, dass jedes Recht verwirken kann.

41

Anderes könnte nur dann gelten, wenn für die Beklagte handelnde Mitarbeiter den Kläger in Schädigungsabsicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise (§ 826 BGB) im Rahmen des § 613a Abs. 5 BGB falsch unterrichtet hätten. Wem ein solcher Vorwurf zu machen wäre, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger jedoch nicht vorgetragen.

42

g) Eine Berufung der Beklagten auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts könnte allerdings dann gegen Treu und Glauben verstoßen und damit unzulässig sein, wenn die BenQ Mobile sich ihrerseits deshalb nicht mit Erfolg auf die Verwirkung berufen könnte, weil sie den Kläger treuwidrig zum Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 9./10. August 2006 veranlasst und damit das Umstandsmoment unter Verstoß gegen § 242 BGB herbeigeführt hätte. Für das Vorliegen eines solchen Verstoßes trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, wenn er sich auf die Nichtverwirklichung des Umstandsmoments berufen will (Senat 25. Februar 2010 - 8 AZR 740/08 -).

43

Für eine solche Darlegung wäre es erforderlich, dass der Kläger vorgetragen hätte, die für die BenQ Mobile handelnden Personen, welche ihn zum Abschluss des Aufhebungsvertrages veranlasst hatten, hätten bei Abschluss desselben gewusst, dass die BenQ Mobile wegen der sich abzeichnenden Insolvenz die vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen werde. Das hat der Kläger aber weder konkret dargelegt noch ist solches aus dem Akteninhalt erkennbar. Auch betrachtet der Kläger selbst den Aufhebungsvertrag offensichtlich nach wie vor als wirksam. Insbesondere hat er seine auf Abschluss dieses Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht nach § 123 Abs. 1 BGB angefochten.

44

C. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Döring    

        

    Schuckmann    

                 

(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn

1.
in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 6 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern 15 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 60 Arbeitnehmer,
4.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 60 Arbeitnehmer
aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen. Als Entlassung gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlasste Ausscheiden von Arbeitnehmern auf Grund von Aufhebungsverträgen.

(2) § 112 Abs. 4 und 5 findet keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2012 - 2 Sa 265/11 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26. Juli 2011 - 1 Ca 237/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit 1987 im Betrieb S beschäftigt. Bei der Beklagten, die eine 100-prozentige Tochter der D AG ist, war er zuletzt „Callcenteragent“.

3

Am 6. November 2007 wurde ein Gesellschaftsvertrag für die „a zweite GmbH“ mit Sitz in G geschlossen. Zweck der Gesellschaft sollte die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften jeder Art sein. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts G (HRB 7765) erfolgte am 15. November 2007, einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren F und Dr. K.

4

Mit Datum vom 16. Januar 2008 wandte sich die Beklagte an die Arbeitnehmer an den Standorten S sowie Gö, Fr, Sch und C. Das Schreiben lautete ua.:

„die D veräußert zum 1. März 2008 fünf weitere Standorte der V GmbH an die a AG. Konkret gehen die Standorte Gö, Fr, Sch, S und C inklusive der Außenstelle Dr an a services über. Die D übergibt damit zum zweiten Mal Standorte an a. Bereits zum 1. Mai 2007 haben die Standorte R, N, P, E und St den Eigentümer gewechselt und sind von a übernommen worden.

Mit a erwartet Sie ein erfolgreicher Arbeitgeber, mit dem die D seit langem Geschäftsbeziehungen unterhält. a zählt mit ihren mehr als 270 Tochterunternehmen zu den größten international vernetzten Medien- und Kommunikationsdienstleistern. Die Tochterfirmen der a beschäftigen weltweit aktuell mehr als 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die a AG zahlreiche neue Service-Center-Standorte in Deutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen.“

5

An den Kläger persönlich gerichtet wurde sodann ein weiteres, auf den 17. Januar 2008 datiertes Schreiben. Als Absender wies der Briefkopf zum einen die Beklagte, zum anderen eine „a services S GmbH (z.Z. noch a Zweite GmbH)“ auf, für die als Adresse die C-Straße in G angegeben war. Dieses Informationsschreiben lautete auszugsweise:

„17. Januar 2008

Unterrichtung über den Übergang des Betriebs der V GmbH am Standort S auf die a services S GmbH

Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter,

wie Ihnen bereits bekannt ist, ist entschieden worden, den Standort S von der V GmbH (im Folgenden: V) an die a services S GmbH (derzeit noch firmierend als a Zweite GmbH), vertreten durch den Geschäftsführer F, zu verkaufen und zu übertragen; die a services S GmbH ist eine Konzerngesellschaft des B-Konzerns.

Durch die Veräußerung kommt es zu einem so genannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften (§ 613a Abs. 5 BGB) unterrichten.

1. Durch den Betriebsübergang tritt für Sie ein Arbeitgeberwechsel von der V zur a services S GmbH ein. Mit dem Betriebsübergang, somit mit Wirkung zum 1. März 2008, geht Ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes von der V auf die a services S GmbH über. Das heißt, die a services S GmbH wird Ihr neuer Arbeitgeber. Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zur V erlischt. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages wegen des Betriebsübergangs ist nicht notwendig.

2. Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die a services S GmbH über.

(3) Die a services S GmbH behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 01. Januar 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. …

3. Der Betrieb am Standort S bleibt erhalten. Aus Anlass des Betriebsübergangs kommt es zu keiner Betriebsänderung. Das zurzeit bestehende Übergangsmandat des für den Standort S vor dem Betriebsübergang von der DAG in die V zuständigen Betriebsrats bleibt vom Betriebsübergang zur a services S GmbH unberührt. Die gesetzliche sechsmonatige Laufzeit des Übergangsmandats endet jedoch mit Ablauf des 29. Februar 2008. Das von diesem Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat V entsandte Mitglied scheidet aus dem Gesamtbetriebsrat aus.

Es ist beabsichtigt, den Betrieb S mit dem Betrieb der a direct S GmbH, Z, S zu einem gemeinsamen Betrieb zusammenzuführen und ggf. dorthin zu verlegen. Ihr neuer Arbeitgeber, die a services S GmbH wird dazu umgehend nach dem Betriebsübergang Gespräche aufnehmen.

Wahlweise können Sie Ihren Widerspruch auch an die a services S GmbH richten. Die Adresse lautet: C-Straße, G.

Der Verkauf Ihres Standortes an die a services S GmbH ist daher aus heutiger Sicht die einzige Möglichkeit, an Ihrem Standort Beschäftigung über den 31. Dezember 2008 hinaus zuverlässig zu sichern. Im Übrigen ist es erklärte Absicht, weitere Standorte der V an Investoren zu veräußern.

Die Geschäftsführung der a services S GmbH begrüßt Sie als neue Mitarbeiter. Die Unternehmen der a, dem internationalen Medien- und Kommunikations-Dienstleister des B-Konzerns, sind seit langem erfolgreich in der Servicecenter-Branche tätig. a hat allein in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche neue Servicecenter-Standorte insbesondere in Ostdeutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Übernahme des V-Standorts S legen wir die Basis für weiteres Wachstum in diesem aussichtsreichen Geschäftssegment. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie zukünftig gemeinsam mit uns an einem neuen Kapitel unserer Erfolgsgeschichte schreiben würden.“

6

Nachdem am 14. November 2007 von der a zweite GmbH ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der „a direct S GmbH“ (AG S HRB 7197) geschlossen worden war, wurde diese Gesellschaft durch Beschluss vom 14. Februar 2008 in „a services S GmbH“ umbenannt. Der Sitz wurde von G nach S verlegt und als Gesellschaftszweck der Betrieb von Callcentergeschäften bestimmt. Diese Gesellschaft wurde beim Amtsgericht S am 8. Mai 2008 in das Handelsregister (HRB 7399) eingetragen.

7

Bei dem Betriebsübergang am 1. März 2008 trat die „a services S GmbH“ als Betriebsübernehmerin auf. Der Kläger arbeitete für sie weiter.

8

Unter dem 12. März 2010 machte die „a direct S GmbH“ den Mitarbeitern der a services S GmbH ein Übertrittsangebot zum 1. April 2010. Das Jahreseinkommen sollte 25.000,00 Euro brutto betragen. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an. Am 15. Juni 2010 wurde die zum 31. März 2011 geplante Schließung ihres Standortes S den Mitarbeitern der a services S GmbH bekannt gegeben. Der Betrieb könne trotz Subventionszahlungen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Nach dem 14. Juli 2010 kündigte die a services S GmbH die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 20. Juli 2010 erklärte er gegenüber der Beklagten den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH am 1. März 2008. Der Beschäftigungsbetrieb wurde schließlich zum 31. Mai 2011 geschlossen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei unvollständig, falsch und irreführend gewesen. Statt über die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu informieren, sei der Eindruck erweckt worden, bei dem neuen Betriebsinhaber gebe es eine Sicherheit der Arbeitsplätze bis zu fünf Jahren. Dagegen habe man verschwiegen, dass die Betriebsübernehmerin eine Neugründung ohne Sozialplanpflicht sei. Auch die Zahlung erheblicher Subventionen und eines „negativen Kaufpreises“ habe die Beklagte verschwiegen.

10

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Agent Kundenservice-Center zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat ihre Unterrichtung über den Betriebsübergang vom 1. März 2008 für vollständig und korrekt gehalten. Auch sei der Widerspruch des Klägers verspätet. Jedenfalls habe er das Recht zum Widerspruch verwirkt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Sein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH vom 20. Juli 2010 nach § 613a Abs. 6 BGB war weder verspätet noch verwirkt.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der Widerspruch sei nicht binnen der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erklärt worden, da die Unterrichtung über den Betriebsübergang ausreichend gewesen sei. Die Übernehmerin sei im Unterrichtungsschreiben mit vollständiger Firmenbezeichnung, Firmensitz und vollständiger Anschrift benannt worden. Der Name des Geschäftsführers sei zumindest der Unterschrift zu entnehmen gewesen. Damit konnten die Unterrichteten Erkundigungen über die Betriebserwerberin, insbesondere auch durch Einsichtnahme in das Handelsregister, einholen. Daraus sei auch ersichtlich, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handele, weswegen nicht im Unterrichtungsschreiben darauf hinzuweisen gewesen sei. Zudem verwirkliche sich das Risiko der Sozialplanprivilegierung lediglich im Falle einer Betriebsschließung in den ersten vier Jahren. Eine solche sei im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens nicht geplant gewesen. Entgegenstehende Ansichten anderer Landesarbeitsgerichte seien durch die Senatsentscheidung vom 10. November 2011 (- 8 AZR 430/10 -) „überholt“ und nicht mehr divergenzfähig.

16

B. Diese Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 17. Januar 2008 nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über die Person der Betriebserwerberin unterrichtet.

18

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

19

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

20

2. Die Unterrichtung über die juristische Person der Betriebserwerberin im Informationsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unvollständig und unzutreffend.

21

a) Die maßgebliche Unterrichtung des Klägers erfolgte durch das an ihn gerichtete Schreiben der Beklagten und der „a services S GmbH“ vom 17. Januar 2008. Soweit im Informationsschreiben der Beklagten vom Vortag zusätzliche, und insoweit ebenfalls unzutreffende Informationen gegeben wurden, sind diese grundsätzlich nicht maßgeblich.

22

b) Die Bezeichnung der Betriebserwerberin im Unterrichtungsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unklar.

23

aa) Im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens am 17. Januar 2008 gab es die „a services S GmbH“ nicht. Infolgedessen ist auch die Angabe eines Geschäftsführers „F“ unzutreffend und diese Gesellschaft hatte auch keinen Sitz in der C-Straße in G. Eine Gesellschaft mit dieser Firma war am 17. Januar 2008 weder im Handelsregister G noch in S eingetragen. Der fehlende Hinweis auf das zuständige Handelsregister und eine Handelsregisternummer im Unterrichtungsschreiben erklärt sich hieraus, steht aber der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen, die Unterrichteten hätten sich erforderliche Klarheit über einen Einblick in das Handelsregister verschaffen können.

24

bb) Der Unternehmenskaufvertrag vom 15. Januar 2008, auf den im Unterrichtungsschreiben hingewiesen wird, wurde nicht zwischen der Beklagten und der a services S GmbH abgeschlossen, sondern diesen schloss die Beklagte mit der „a zweite GmbH“ ab. Diese war unter HRB 7765 beim Amtsgericht G eingetragen und hatte am 14. November 2007 mit der „a direct S GmbH“ einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Geschäftsführer waren Dr. K und F. Diese Betriebserwerberin wird im Unterrichtungsschreiben nicht als solche aufgeführt, sondern - falsch geschrieben - als „Noch-Firma“ der Betriebserwerberin und -übernehmerin. Das entsprach nicht der Rechtslage und stellt auch keinen korrekten Hinweis auf ein Handelsregister dar (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 32). Aus dem Unterrichtungsschreiben geht weder das zuständige Handelsregister hervor, noch wird - verständlicherweise - eine Handelsregisternummer genannt noch können aus den Angaben des Informationsschreibens Kenntnisse über die eintragungspflichtigen Tatsachen gewonnen werden (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 20, BAGE 131, 258).

25

c) Für die a zweite GmbH wurde erst durch Beschluss der Gesellschafter zur Änderung des Gesellschaftsvertrags am 14. Februar 2008 bestimmt, dass die Gesellschaft umfirmiert, dass sie einen neuen Gesellschaftszweck erhält und dass der Firmensitz nach S verlegt wird. Zum Zeitpunkt dieses Gesellschafterbeschlusses war nahezu ein Monat seit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens an die Beschäftigten vergangen. Die Eintragung ins Handelsregister S erfolgte erst am 8. Mai 2008. Mit dem Hinweis im Unterrichtungsschreiben auf eine nicht so firmierende GmbH, der fehlenden Angabe zum Firmensitz, dem Schweigen zum zuständigen Handelsregister, der fehlenden Angabe einer Handelsregisternummer, konnten die unterrichteten Arbeitnehmer binnen der Frist zum Widerspruch die ihnen angegebene Erwerberin weder im Handelsregister von G noch in dem von S finden. Die Identität der Betriebserwerberin blieb unklar.

26

II. Das Unterrichtungsschreiben ist auch deswegen fehlerhaft, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelte, die nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht sozialplanpflichtig war.

27

1. Die Betriebserwerberin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 6. November 2007, zunächst als Vorratsgesellschaft, gegründet. Die Aufnahme der Erwerbstätigkeit iSd. § 138 AO, § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG, kann jedenfalls mit der Übernahme des Betriebes am 1. März 2008 angenommen werden. Daher dauerte die Sozialplanprivilegierung der Erwerberin längstens bis zum 1. März 2012. Anhaltspunkte dafür, dass die Neugründung der Erwerberin im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen erfolgte, sind weder vorgetragen noch nach dem Akteninhalt ersichtlich. Damit wechselten die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer am 1. März 2008 zu einem Unternehmen, für das (längstens) bis 1. März 2012 im Fall einer Betriebsschließung oder einer anderen sozialplanpflichtigen Maßnahme ein Sozialplan nicht erzwingbar war. Unerheblich im Rahmen des § 112a Abs. 2 BetrVG ist es, wie lange der Beschäftigungsbetrieb in S schon existierte. Es kommt allein auf den Bestand des Unternehmens an, das den - auch schon länger bestehenden - Betrieb übernimmt (vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05 - Rn. 18 ff., BAGE 118, 304 = AP BetrVG 1972 § 112a Nr. 14).

28

2. Auf die Tatsache, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelt, wurde im Unterrichtungsschreiben nicht hingewiesen. Aus dem Klammerzusatz, die Erwerberin firmiere „derzeit“ oder „z.Z.“ noch als „a Zweite GmbH“, geht dies nicht hervor. Selbst wenn im Unterrichtungsschreiben die Firma der Betriebserwerberin korrekt angegeben worden wäre, hätte daraus allein noch nicht auf eine neu gegründete Gesellschaft geschlossen werden können, für die eine Sozialplanpflicht nicht bestand.

29

3. Auf die Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan nach § 112a Abs. 2 BetrVG muss in einem Unterrichtungsschreiben hingewiesen werden.

30

a) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können(st. Rspr., BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 22, AP BGB § 613a Nr. 318 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 63). Durch die Unterrichtung soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB geschaffen werden. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 23, aaO). § 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs, wenn zwar bei diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist(BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 32, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 28, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15). „Maßnahmen“ iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB sind alle durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber geplanten erheblichen Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer. Solche Maßnahmen sind frühestens dann in Aussicht genommen, wenn ein Stadium konkreter Planungen erreicht ist (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 30, aaO).

31

b) Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, dass die Unterrichtungsdichte über die Folgen eines möglichen Widerspruchs schon nach dem Gesetzeswortlaut, jedenfalls aber auch nach der Ausgestaltung der europäischen Richtlinie geringer sein müsse als über die Folgen des Betriebsübergangs selbst (vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13; Sagan ZIP 2011, 1641) oder dass bei Schmälerung des Betriebsvermögens die gesetzliche Insolvenzsicherung nach den § 183 ff. SGB III aF (seit 1. April 2012 § 165 ff. SGB III) beachtet werden müsse (Reinhard NZA 2009, 63; Dzida NZA 2009, 641), sprechen diese Bedenken nicht dagegen, eine Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG der Betriebserwerberin zum Gegenstand der Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu machen. Die fehlende Sozialplanpflichtigkeit des Betriebserwerbers gewinnt sofort mit dem Betriebsübergang aufgrund des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB rechtliche Relevanz, nicht erst im Fall eines Widerspruchs des Arbeitnehmers. Zum anderen ist insoweit nicht über „Ansprüche“ zu informieren, deren Entstehung noch nicht absehbar ist, sondern über eine mit dem Betriebsübergang entstehende, veränderte rechtliche Situation: Im Falle einer Betriebsschließung kann der Betriebserwerber nicht in einen Sozialplan gezwungen werden, und dies für einen bis zu vier Jahre dauernden Zeitraum. Diese rechtliche Veränderung tritt als unmittelbare wirtschaftliche Folge des Betriebsübergangs wegen der Rechtssituation der Betriebserwerberin ein und berührt unmittelbar die Rechtspositionen der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Der Privilegierung des neuen Arbeitgebers entspricht reflexartig eine geminderte Rechtsposition der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Diese Information ist wichtig für die Entscheidung der Arbeitnehmer, ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben wollen oder nicht. Dies ist unabhängig davon, ob bereits eine sozialplanpflichtige Maßnahme geplant oder zumindest absehbar ist. Nach Einführung des § 112a Abs. 2 BetrVG hat eine Rechtsentwicklung eingesetzt, die teilweise schon als „Flucht aus der Sozialplanpflichtigkeit“ durch das Instrument der Überführung des Betriebes auf eine neu gegründete Erwerberin bewertet wird(ua. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 112a Rn. 106 bis 116). Da zudem von der Erwerberin unschwer über die Tatsache einer Sozialplanprivilegierung und ihre zeitliche Dauer informiert werden kann, ist es auch nicht unverhältnismäßig, diese, für die unterrichteten Arbeitnehmer wichtige Information von den Unterrichtenden zu erwarten. Zudem wurde vorliegend unter Ziffer II. 3. des Informationsschreibens auf eine beabsichtigte Betriebszusammenlegung oder Betriebsverlagerung mit/auf den Betrieb der „a direct S GmbH“ hingewiesen, was eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG hätte darstellen können.

32

III. Das infolge der fehlerhaften Unterrichtung nicht verfristete Recht zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB hatte der Kläger am 20. Juli 2010 auch nicht verwirkt. Zwar ist bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu bejahen. Die Beklagte hat jedoch in den Tatsacheninstanzen kein Umstandsmoment vorgetragen, welches der Kläger verwirklicht hätte. Soweit er die Kündigung der Betriebserwerberin mit einer Kündigungsschutzklage beantwortet hat, ist dies nach der Rechtsprechung des Senats gerade kein Umstandsmoment, da er dadurch den Bestand des Arbeitsverhältnisses sichern, nicht aber über ihn disponieren wollte (st. Rspr., vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07- Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9).

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. August 2013 - 8 Sa 215/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem Jahr 1995 als Zivilangestellter bei den britischen Streitkräften in Deutschland (künftig BFG) beschäftigt und zuletzt als Lagerverwalter in der Dienststelle M tätig. Im Arbeitsvertrag ist Bezug genommen auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte im Gebiet der BRD (TV AL II) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Mit Wirkung zum 8. August 2011 übertrugen die BFG ihr an einzelnen Standorten bearbeitetes Facilities Management auf die neu gegründete Firma B S S GmbH (künftig BSSG). BFG und BSSG unterrichteten mit einem gemeinsamen Informationsschreiben vom 17. Mai 2011 die in dem Bereich tätigen Zivilangestellten - darunter den Kläger - über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die BSSG. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„...   

        

wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, beabsichtigt [das Vereinigte Königreich], …, nachfolgend auch ‚British Forces Germany‛ bzw. ‚BFG‛ genannt, seine gesamten Facilities Management (FM) Tätigkeiten in Deutschland ab dem 08.08. 2011, 0:00 Uhr (nachfolgend ‚Übergangsstichtag‛ genannt) von der [BSSG] ausführen zu lassen und die für die Erfüllung dieser Aufgaben wesentlichen Betriebsmittel mit Wirkung zum Übergangsstichtag auf die BSSG zu übertragen.

        

...     

        

I.    

Erwerber

        

Bei der BSSG handelt es sich um eine am 05.01.2011 neu gegründete GmbH mit Sitz in … BSSG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der B I G PLC. …

        

…       

        
        

III.   

Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs für die betroffenen Arbeitnehmer

        

…       

        
        

6.    

Konsequenzen des Betriebsteilübergangs für tarifvertragliche Rechte und Pflichten

        

Die BSSG ist nicht tarifgebunden.

        

Die Bundesrepublik Deutschland hat demgegenüber im Einvernehmen mit den obersten Behörden der Stationierungsstreitkräfte eine Reihe von Tarifverträgen abgeschlossen, die auf alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer der BFG Anwendung finden, die entweder Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind oder deren Arbeitsvertrag auf diese Tarifverträge Bezug nimmt. Dies sind insbesondere die folgenden Tarifverträge, die in jeder der Beschäftigungsdienststellen ... zur Einsicht ausliegen:

        

-       

Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II),

        

-       

Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) und

        

-       

Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Soziale Sicherung).

        

Da die BSSG nicht tarifgebunden ist, werden die durch diese Tarifverträge geregelten Rechte und Pflichten, soweit Sie am Übergangsstichtag Mitglied der tarifabschließenden Gewerkschaft sind, am Übergangsstichtag zum Inhalt Ihres Arbeitsverhältnisses und dürfen für die Dauer eines Jahres nicht zu Ihrem Nachteil auf einzelvertraglicher Ebene geändert werden. ...

                 

Soweit arbeitsvertraglich die Anwendung tarifvertraglicher Regelungen vereinbart wurde, werden diese Vereinbarungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt; die Bezugnahme bleibt mit dem zum Übergangsstichtag maßgeblichen Inhalt unverändert gültig.

        

…       

        
        

11.     

§ 112a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

        

Bitte beachten Sie, dass die BSSG als neu gegründete Gesellschaft dem Anwendungsbereich von § 112a Abs. 2 BetrVG unterfällt. Dies hat zur Folge, dass innerhalb der ersten vier Jahre nach der Gründung der BSSG im Fall einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG ein Sozialplan nicht erzwungen werden kann. Soweit auf Ihr Arbeitsverhältnis auch nach dem Übergangsstichtag der SchutzTV Anwendung findet, haben Sie, soweit Sie von der BSSG aus einem der in dem SchutzTV genannten Gründen gekündigt werden, gleichwohl Anspruch auf Leistungen nach dem SchutzTV.“

4

Der Kläger war ab dem 8. August 2011 zunächst für die BSSG tätig. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 12. Juni 2012 widersprach er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG und bot seine Arbeitsleistung wieder den BFG an. Er berief sich auf Mängel des Unterrichtungsschreibens. Ab dem 28. Juni 2012 wurde er faktisch erneut für die BSSG tätig.

5

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 kündigten die BFG das Arbeitsverhältnis - nach Beteiligung der Betriebsvertretung - außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. Mai 2013.

6

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Zudem hat er für den Zeitraum vom 12. Juni 2012 bis zur Weiterbeschäftigung bei der BSSG Zahlung seiner Vergütung aufgrund Annahmeverzugs verlangt. Er hat gemeint, sein Arbeitsverhältnis habe über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs hinaus zum Vereinigten Königreich fortbestanden. Sein Widerspruch gegen den Übergang sei rechtzeitig erfolgt. Das Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 habe nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Es fehle ein Hinweis darauf, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt geplant gewesen sei, den Standort M zum Ende des Jahres 2013 zu schließen. Außerdem sei durch das Schreiben der Eindruck erweckt worden, der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD (TV SozSich) komme auch nach dem Übergang voll zur Geltung. Richtigerweise hätten die Beschäftigten darauf hingewiesen werden müssen, dass die BSSG davon ausgehe, die tariflichen Regelungen seien nach dem Übergang nicht mehr anwendbar, und sie bei Schließung des Standorts keine Überbrückungsbeihilfen zahlen werde. Die Arbeitnehmer eines anderen Standorts seien dahingehend unterrichtet worden. Auch seien die Informationen über die Fortführung der Gruppenversicherungsverträge unrichtig gewesen. Die Kündigung vom 30. Oktober 2012 sei unwirksam. Er habe auf einer freien Stelle als Lagerverwalter in B oder am Standort M weiterbeschäftigt werden können. Für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung sei festzustellen, dass zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden und der Kündigung eine Personaleinschränkung im Sinne des TV SozSich zugrunde gelegen habe.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zweitinstanzlich beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 30. Oktober 2012 nicht beendet wurde,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.521,45 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen,

        

3.    

für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und die Kündigung wegen einer Personaleinschränkung iSd. § 2 Nr. 1 des Tarifvertrags vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD erfolgt ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, in Folge der Ausgliederung des Facilities Managements und seiner Übertragung auf die BSSG sei das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich auf die BSSG übergegangen. Der Widerspruch des Klägers sei verspätet. Falls es darauf ankomme, sei die vorsorglich erklärte Kündigung wirksam. Der Arbeitsplatz des Klägers sei infolge des Betriebsübergangs weggefallen. Alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten am Standort M oder innerhalb des Einzugsbereichs habe es nicht gegeben. Soweit der Kläger sich auf freie Arbeitsplätze an anderen Standorten berufe, hätten diese nicht zur Verfügung gestanden. Für die freie Stelle eines Lagerverwalters in B seien vorrangig andere Mitarbeiter der Dienststellen M, G und B zu berücksichtigen gewesen. Bei diesen habe es sich zum Teil um Mitglieder der dortigen Betriebsvertretungen gehandelt. Der betreffende Arbeitsplatz sei bis zu einer endgültigen Auswahlentscheidung mit einem anderen Mitarbeiter besetzt und schließlich aufgrund weiterer Umstrukturierungsmaßnahmen mit Wirkung zum 16. März 2013 abgebaut worden. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei aufgrund seiner Personalverantwortung als einziger Mitarbeiter am Standort M der Vergütungsgruppe C4a zugeordnet gewesen. Im Übrigen sei er nicht sozial schutzwürdiger als andere Mitarbeiter.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die für den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung an.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Die auch noch in der Revisionsinstanz zu überprüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 1 ZA-NTS(BGBl. II 1961, S. 1218, 1278) gegeben. Der Kläger war ziviler Bediensteter bei den BFG. Die Klage richtet sich gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 2 ZA-NTS gegen die beklagte Bundesrepublik, die in Prozessstandschaft für den Entsendestaat - hier das Vereinigte Königreich - auftritt(vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 11; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 17).

13

2. Der Kündigungsschutzantrag ist dahin zu verstehen, dass der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich - und nicht zwischen ihm und der Bundesrepublik Deutschland - festgestellt wissen will.

14

a) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen. Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht (BAG 26. März 2013 - 3 AZR 77/11 - Rn. 17).

15

b) Danach hat der Kündigungsschutzantrag das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich zum Gegenstand. Dem Wortlaut des Antrags nach geht es zwar um ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten dieses Rechtsstreits, der Bundesrepublik Deutschland. Darin liegt jedoch eine offensichtliche Falschbezeichnung. Die Bundesrepublik Deutschland ist im vorliegenden Rechtsstreit lediglich Prozessstandschafterin für das Vereinigte Königreich. Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitskräfte bleibt dagegen der Entsendestaat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 22; 9. Februar 1993 - 1 ABR 43/92 - zu B II 2 c der Gründe mwN).

16

II. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand trotz des Betriebsteilübergangs auf die BSSG zum Vereinigten Königreich fort. Die Kündigung vom 30. Oktober 2012 hat es nicht aufgelöst.

17

1. Zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich bestand über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs hinaus ein Arbeitsverhältnis.

18

a) Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 18, BAGE 146, 161; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 19).

19

b) Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand trotz des Betriebsteilübergangs zum Vereinigten Königreich fort. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG mit rechtlichem Erfolg widersprochen.

20

aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Betriebsteil Facilities Management mit Wirkung zum 8. August 2011 auf die BSSG übergegangen ist. Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit es um die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen des § 613a BGB geht, der Übergang eines Betriebsteils gleich(vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26).

21

bb) Die Vorschrift des § 613a BGB ist anwendbar, obwohl die BFG kein privates Unternehmen sind.

22

(1) Öffentlich-rechtlich organisierte Einheiten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben - und damit auch militärische Einrichtungen (vgl. BAG 25. September 2003 - 8 AZR 421/02 - zu II 1 c der Gründe) - können Betriebe iSv. § 613a Abs. 1 BGB sein. Allerdings kommt § 613a Abs. 1 BGB iVm. der Richtlinie 2001/23/EG (ABl. L 82 vom 22. März 2001, S. 16) im öffentlichen Dienst grundsätzlich nur bei der Übertragung wirtschaftlicher Tätigkeiten, nicht aber von Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse zur Anwendung (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 53 f., Slg. 2011, I-7491; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 24). Als wirtschaftlich gelten auch solche Tätigkeiten, die im allgemeinen Interesse und ohne eigenen Erwerbszweck erbracht werden, wenn sie im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern stehen, die ihrerseits einen Erwerbszweck verfolgen (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 44, aaO; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 35). Dagegen liegt eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse vor, wenn in einer hinreichend qualifizierten Weise von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen Gebrauch gemacht wird (vgl. EuGH 29. April 2010 - C-160/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 79, Slg. 2010, I-3713; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 34; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 35).

23

(2) Danach unterlag die Organisationseinheit des Facilities Managements der BFG dem Anwendungsbereich von § 613a BGB. Die in diesem Bereich ausgeübten Service-Tätigkeiten waren nicht mit der Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen verbunden. Es handelte sich um wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Erwerbszweck bei einer öffentlich-rechtlichen Stelle.

24

cc) Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG rechtzeitig widersprochen. Das Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 entsprach nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, so dass es die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt hat. Das Schreiben informierte nicht ausreichend über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsteilübergangs iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Dazu hätte es einer Stellungnahme nicht nur zur möglichen Fortgeltung, sondern auch zur Anwendbarkeit des TV SozSich bei der BSSG bedurft. Ob die Unterrichtung - wie vom Kläger geltend gemacht - mit weiteren Mängeln behaftet war, bedarf keiner Entscheidung.

25

(1) Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 18 mwN). Der Arbeitnehmer soll durch die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB eine ausreichende Tatsachengrundlage für eine sachorientierte Entscheidung darüber erhalten, ob er sein Widerspruchsrecht ausüben soll oder nicht(vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 19). § 613a Abs. 5 BGB gebietet daher eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs - etwa darüber, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Erwerber zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer führen -, wenn darin ein relevantes Kriterium für einen möglichen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gesehen werden muss( BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 30; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06  - Rn. 32 ). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB nicht als unmittelbare rechtliche Folge entnehmen lassen( BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - aaO für eine Sozialplanprivilegierung der Erwerberin nach § 112a Abs. 2 BetrVG; 10. November 2011 - 8 AZR 430/10  - Rn. 28 ). Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist allerdings dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber dabei nach angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, eine rechtlich vertretbare Position einnimmt (BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - Rn. 23, BAGE 119, 81). Eine umfassende Rechtsberatung jedes einzelnen Arbeitnehmers kann nicht verlangt werden. Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB dient nicht dazu, den Arbeitnehmer über alle ihn möglicherweise treffenden individuellen Folgen des Betriebsübergangs zu informieren. Sie soll ihn lediglich in die Lage versetzen, sich auf ihrer Grundlage ggf. weitergehend zu informieren oder beraten zu lassen. Es obliegt dem Arbeitnehmer, die Angaben des Arbeitgebers - und sei es nach weiteren Erkundigungen - in sein persönliches Arbeitsverhältnis umzusetzen (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 36).

26

(2) Danach hat der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 12. Juni 2012 rechtzeitig widersprochen. Die Unterrichtung vom 17. Mai 2011 genügte nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Bei den Angaben zur künftigen Anwendung der Regeln des TV SozSich fehlte ein Hinweis darauf, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang womöglich nicht mehr entstehen konnten.

27

(a) Im Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 ist in Ziff. III 6 ausgeführt, dass die in den dort genannten Tarifverträgen - ua. dem TV SozSich - getroffenen Vereinbarungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt würden, soweit die Geltung der Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart worden sei. Das Schreiben enthält jedoch keine Aussage zu der Frage, ob Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfen nach dem TV SozSich gegenüber der privatrechtlich organisierten Erwerberin in Anbetracht der Voraussetzungen gemäß § 2 Ziff. 1 TV SozSich überhaupt noch in Betracht kamen. Nach § 2 Ziff. 1 TV SozSich haben Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag Arbeitnehmer, die wegen Personaleinschränkung infolge einer Verringerung der Truppenstärke oder einer aus militärischen Gründen angeordneten Auflösung bzw. Verlegung von Dienststellen oder Einheiten entlassen werden.

28

(b) Diese Frage hätten die Unterrichtenden zumindest aufwerfen und zu ihr einen vertretbaren Rechtsstandpunkt einnehmen müssen. Es handelt sich für die Arbeitnehmer um eine wesentliche rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingung des Betriebsübergangs. Die Beklagte vermag sich nicht mit Erfolg darauf zu berufen, sie habe durch die Ausführungen zur Fortgeltung ua. des TV SozSich die Frage nach der Möglichkeit, die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 TV SozSich auch im Verhältnis zur Erwerberin zu erfüllen, implizit bejaht. Mit der Geltung eines Tarifvertrags steht nicht zugleich fest, dass die in ihm vorgesehenen Voraussetzungen für einen Anspruch auf bestimmte Leistungen prinzipiell erfüllbar sind.

29

(aa) Bei den Leistungen nach dem TV SozSich handelt es sich um eine für die Arbeitnehmer wirtschaftlich bedeutsame Absicherung. Sie sind vergleichbar mit Leistungen aus einem Sozialplan. Nach § 4 Ziff. 5 Buchst. b TV SozSich besteht bei Entlassungen wegen einer Verringerung der Truppenstärke oder einer aus militärischen Gründen angeordneten Auflösung bzw. Verlegung von Dienststellen oder Einheiten Anspruch auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfen bis zur Dauer von fünf Jahren. Den Arbeitnehmern wird durch die Überbrückungsbeihilfe im ersten Jahr ein Einkommen in Höhe von 100 vH des zuletzt bezogenen Grundentgelts und ab dem zweiten Jahr in Höhe von 90 vH garantiert. Darin liegt ein weitreichender wirtschaftlicher Ausgleich für die Folgen eines Arbeitsplatzverlustes aus den genannten Gründen. Es geht um Maßnahmen, die nach §§ 111 ff. BetrVG regelmäßig sozialplanpflichtig wären.

30

(bb) Das Fehlen einer Sozialplanpflichtigkeit des Erwerbers nach § 112a Abs. 2 BetrVG ist eine mit dem Betriebsübergang entstehende veränderte rechtliche Situation, die wegen der wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer im Unterrichtungsschreiben mitgeteilt werden muss(BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 31). Im vorliegenden Fall wurden die Arbeitnehmer zwar zutreffend über die Privilegierung der Erwerberin nach § 112a BetrVG informiert. Gerade weil die BSSG aber noch für längere Zeit von der Sozialplanpflicht befreit war, waren die Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfen nach dem TV SozSich für die Arbeitnehmer von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.

31

(cc) Ob solche Ansprüche nach dem TV SozSich auch gegenüber der BSSG würden entstehen können, betraf eine zumindest mittelbare rechtliche und wirtschaftliche Folge des Betriebsteilübergangs. Es wurde wegen des Übergangs auf eine privatrechtlich organisierte Erwerberin fraglich, ob die Voraussetzungen nach § 2 Ziff. 1 TV SozSich von den Arbeitnehmern überhaupt noch würden erfüllt werden können. Das war nicht unzweifelhaft. Die BSSG hatte sich nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers bereits in einem „Newsletter“ von Juni 2011 - und damit noch vor dem Übergangsstichtag - auf den Standpunkt gestellt, die Anspruchsvoraussetzungen für die im TV SozSich vorgesehenen Leistungen träfen auf sie nicht zu. Dennoch wurde der Kläger weder durch die Beklagte noch durch die Erwerberin darüber unterrichtet, welchen Rechtsstandpunkt sie insoweit für zutreffend hielten. Der Hinweis in Ziff. III 6 des Unterrichtungsschreibens auf die Fortgeltung - auch - des TV SozSich bei der Erwerberin genügte hierfür nicht. In Ziff. III 11 wiederum wurde lediglich über die Möglichkeit des Bezugs von Leistungen nach dem SchutzTV informiert.

32

(dd) Die unzureichende Information wirkt sich auch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aus. Zwar ist in seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich nur auf den TV AL II, dh. den Mantel- und Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht ist aber davon ausgegangen, auf das Arbeitsverhältnis des Klägers habe ua. der TV SozSich Anwendung gefunden. Die Parteien haben dagegen keine Einwände erhoben. Sie haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vielmehr bestätigt, dass die Bezugnahme, wie sie der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte, durchgängig dahin verstanden worden sei, durch sie werde nicht nur der TV AL II, sondern das gesamte für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften abgeschlossene Tarifwerk vertraglich einbezogen. Damit liegt zumindest eine konkludente Bezugnahme auf den TV SozSich vor. Eine solche ist möglich. Der vertragliche Einbezug von Tarifregelungen setzt keine Schriftform voraus (BAG 19. Januar 1999 - 1 AZR 606/98 - zu III 1 der Gründe).

33

(ee) Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, welchen Rechtsstandpunkt die Unterrichtenden bezüglich der Anwendbarkeit des TV SozSich nach dem Betriebsübergang einnähmen, war nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagten eine an jedem einzelnen Arbeitsverhältnis orientierte Fassung des Unterrichtungsschreibens nicht zumutbar gewesen wäre. Einer solchen spezifischen, je individuell ausgerichteten Information der einzelnen Arbeitnehmer bedurfte es nicht. Die Frage, ob die in § 2 TV SozSich geregelten Anspruchsvoraussetzungen bei der Erwerberin überhaupt erfüllbar waren, war vielmehr ebenso von genereller Bedeutung für alle Arbeitnehmer wie der Umstand, dass der Tarifvertrag als solcher fortgalt. Die Beantwortung dieser Frage war nicht abhängig von den Besonderheiten des einzelnen Arbeitsverhältnisses, sondern davon, wie die Tarifnorm insoweit generell zu verstehen wäre. Es ging nicht um Einzelfragen der individuellen Erfüllung von Anspruchsvoraussetzungen, sondern um eine für alle vom Betriebsübergang erfassten Arbeitnehmer entscheidende Vorfrage für die Möglichkeit, die BSSG ggf. nach dem TV SozSich in Anspruch nehmen zu können.

34

(ff) Eine Unterrichtung über den eigenen Standpunkt war den Beteiligten nicht deshalb unzumutbar, weil es sich um eine schwierig zu beantwortende Rechtsfrage handelte. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verpflichtet die Arbeitgeberseite in einem solchen Fall nicht zu der rechtlich objektiv zutreffenden Darstellung, sondern verlangt nur eine rechtlich vertretbare Auskunft(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 29; 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 119, 81).

35

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht verwirkt. Das dafür erforderliche Umstandsmoment liegt nicht vor (vgl. dazu BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 61).

36

2. Die außerordentliche Kündigung vom 30. Oktober 2012 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Ob das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der Vorschriften des SchutzTV ordentlich unkündbar war, bedarf keiner Entscheidung.

37

a) Sollte eine ordentliche Kündigung möglich sein, wäre das Vorliegen eines wichtigen Grundes schon deshalb zu verneinen. Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann, ist grundsätzlich unzulässig. Dem Arbeitgeber ist es, wenn die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 16; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 14, BAGE 145, 265).

38

b) Auch wenn eine ordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger gemäß § 8 Ziff. 1 SchutzTV ausgeschlossen war - und nicht der Ausnahmetatbestand nach § 8 Ziff. 2 SchutzTV vorlag -, ist die außerordentliche Kündigung vom 30. Oktober 2012 nicht gerechtfertigt.

39

aa) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt - unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist - dann in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht besteht und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anderenfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 15, BAGE 145, 265). Der Arbeitgeber ist in diesem Fall allerdings wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - aaO; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO).

40

Zur Darlegung eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen hat der Arbeitgeber deshalb nicht nur darzutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers am bisherigen Arbeitsplatz - hier infolge seiner Organisationsentscheidung - nicht mehr möglich ist. Er hat vielmehr außerdem und von sich aus darzulegen, dass überhaupt keine Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 22; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265). Anders als bei der ordentlichen Kündigung (vgl. dazu etwa BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - und - 2 AZR 561/11 -) reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber zunächst vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei infolge des Wegfalls des Arbeitsplatzes nicht möglich, und sodann eine dem widersprechende Darlegung des Arbeitnehmers abwartet. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“. Es ist deshalb schon primär vom Arbeitgeber darzulegen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - aaO; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO).

41

bb) Danach hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 30. Oktober 2012 sei nicht durch einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die BFG den Kläger auf dem Arbeitsplatz eines Lagerverwalters am Standort B nicht hätten weiterbeschäftigen können. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen, dass dieser Arbeitsplatz spätestens bei Ablauf der Auslauffrist „frei“ wäre.

42

(1) Die zu berücksichtigenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sind nicht auf den Einzugsbereich der Dienststelle iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG bzw. § 4 Ziff. 4 Buchst. d SchutzTV beschränkt. Im Fall einer - wie hier - außerordentlichen Kündigung erstrecken sich die Prüf- und Sondierungspflichten eines öffentlichen Arbeitgebers auf sämtliche Geschäftsfelder in seinem territorialen Einflussbereich (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 35, BAGE 132, 299; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 158a). Dafür spricht im Streitfall zudem, dass der Arbeitsvertrag des Klägers die Notwendigkeit besonderer örtlicher Flexibilität betont. Aus den Bestimmungen zum Unterbringungsanspruch in § 4 Ziff. 2 Buchst. d SchutzTV ergibt sich nichts anderes. § 4 SchutzTV regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise ein Arbeitnehmer einen besonderen Anspruch auf Unterbringung im Einzugsbereich hat. Er befasst sich nicht mit den Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, wenn ein solcher Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Regelungen zum Kündigungsschutz enthält lediglich § 8 SchutzTV(vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 32).

43

(2) Selbst wenn die Stelle eines Lagerverwalters am Standort B - wie die Beklagte geltend macht - geringer wertig gewesen sein sollte als die des Klägers und es deshalb einer Änderungskündigung bedurft hätte, um sie ihm zu übertragen, wäre die Beendigungskündigung wegen eben dieser Möglichkeit unverhältnismäßig gewesen (vgl. dazu BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - Rn. 12 f.; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 25 ff.).

44

(3) Vorrangige Beschäftigungsansprüche anderer Arbeitnehmer standen einem Angebot an den Kläger, ihn auf der fraglichen Stelle weiterzubeschäftigen, nicht entgegen. Die nur vage Absicht des Arbeitgebers, eine freie Stelle anderweitig zu besetzen, entbindet diesen im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB nicht davon, sie dem tariflich besonders geschützten Arbeitnehmer anzubieten. Die Beklagte hat nicht behauptet, es habe festgestanden, dass der Arbeitsplatz für einen sonst schutzwürdigeren Arbeitnehmer benötigt worden sei. Ihre Aufklärungsrüge ist unbegründet.

45

(a) Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 5. Juli 2013 zu III und IV betrafen Mitarbeiter, die zwar sozial schutzwürdiger als der Kläger sein dürften, von denen die Beklagte aber nicht behauptet hat, sie hätten - ausgenommen ein Mitarbeiter, der im Vergleich zum Kläger gerade nicht sozial schutzwürdiger war - zur Kündigung angestanden und deshalb mit dem Kläger um die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in B objektiv konkurriert (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 40). Es bedarf daher keiner näheren Prüfung, ob sich die Beklagte anderenfalls mit Erfolg darauf berufen könnte, dass der Kläger auch bei einer sozialen Auswahl des für die Besetzung der Stelle zu berücksichtigenden Arbeitnehmers nicht zum Zuge gekommen wäre (zu diesem im Rahmen von § 1 Abs. 3 KSchG möglichen Einwand vgl. BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05  - BAGE 120, 137 ).

46

(b) Auch zu V ihrer Ausführungen im Schriftsatz vom 5. Juli 2013 hat die Beklagte eine solche Konkurrenzsituation nicht behauptet. Sie hat vielmehr vorgebracht, gegenüber den betreffenden, nach § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmern seien schon zu einem früheren Zeitpunkt Kündigungen ausgesprochen worden. Diese seien, als die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers erklärt worden sei, Gegenstand gerichtlicher Verfahren gewesen. Auf diese Weise hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Stelle in B im Rahmen einer Konkurrenzsituation als anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit sowohl für den Kläger als auch für diese Arbeitnehmer in Betracht gekommen sei. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten dementsprechend zu Recht allein unter dem Gesichtspunkt gewürdigt, ob die Stelle in B im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers „frei“ war. Dabei ist es zu dem Ergebnis gelangt, es habe im Zeitpunkt der Kündigung lediglich Überlegungen zur Neubesetzung der Stelle gegeben. Für eine Prognose, dass sie bei Ablauf der Kündigungsfrist anderweitig besetzt wäre, habe keine Grundlage bestanden. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Anders als in den Fällen, die den Entscheidungen des Senats vom 25. Oktober 2012 (- 2 AZR 552/11 - und - 2 AZR 561/11 -) zugrunde lagen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, die Streitkräfte hätten entschieden, die Stelle bis auf Weiteres gar nicht zu besetzen. Es hat den Vortrag der Beklagten in vertretbarer Weise dahin verstanden, dass die im Kündigungszeitpunkt als „frei“ anzusehende Stelle weiterhin habe freigehalten werden sollen, um ggf. schutzwürdigere Arbeitnehmer unterbringen zu können. Dies hat es zu Recht als unbeachtlich angesehen.

47

(4) Der spätere Wegfall der Stelle in B ist für die Wirksamkeit der Kündigung vom 30. Oktober 2012 unbeachtlich. Diese ist aus der Sicht des Kündigungszeitpunkts zu beurteilen (vgl. nur BAG 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Wegfall der Stelle zu dieser Zeit bereits absehbar gewesen sei.

48

3. Die unwirksame außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist kann nicht gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Dem steht entweder schon § 8 SchutzTV oder doch der Umstand entgegen, dass die Betriebsvertretung hierzu nicht nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. § 91 Abs. 1 SoldG und § 79 Abs. 1 BPersVG beteiligt worden ist und eine ordentliche Kündigung daher wegen § 79 Abs. 4 BPersVG ihrerseits unwirksam wäre.

49

a) Nach § 68 Abs. 2 BPersVG ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Für eine ordnungsgemäße Unterrichtung über eine geplante Kündigung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat insbesondere die Art der beabsichtigten Kündigung mitteilen. Will er sich im Fall einer außerordentlichen Kündigung die Möglichkeit einer Umdeutung in eine ordentliche Kündigung offenhalten, muss er die Mitarbeitervertretung deutlich darauf hinweisen, dass die beabsichtigte außerordentliche Kündigung hilfsweise als ordentliche gelten soll. Die Beteiligung allein zu einer außerordentlichen ersetzt nicht die Anhörung zu einer ordentlichen Kündigung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das zu einer außerordentlichen Kündigung angehörte Gremium dieser ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt hat und nicht ersichtlich ist, dass es für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung einer ordentlichen Kündigung entgegengetreten wäre (vgl. BAG 20. September 1984 - 2 AZR 633/82 - zu II 1 der Gründe; APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 99 mwN).

50

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die BFG haben das Arbeitsverhältnis des Klägers für ordentlich unkündbar gehalten und die Betriebsvertretung daher ausdrücklich nur zu einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist angehört. Die Betriebsvertretung hat der Kündigung nicht zugestimmt.

51

III. Der Anspruch auf Zahlung von Lohn für die Zeit vom 12. bis 27. Juni 2012 folgt aus § 611 Abs. 1 iVm. § 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich bestand in diesem Zeitraum infolge des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die BSSG fort. Das Vereinigte Königreich war mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers ab dem 12. Juni 2012 in Verzug. Das wörtliche Angebot der Arbeitsleistung in dem Widerspruchsschreiben des Klägers war nach § 295 Satz 1 Alt. 2 BGB ausreichend (vgl. BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 37). Die BFG sind ihrer Pflicht, dem Kläger einen neuen Arbeitsplatz zuzuweisen, nicht nachgekommen. Die Höhe der Vergütung ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

52

IV. Die nur den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.

53

V. Die Kosten ihrer erfolglosen Revision hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn

1.
in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 6 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern 15 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 60 Arbeitnehmer,
4.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 60 Arbeitnehmer
aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen. Als Entlassung gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlasste Ausscheiden von Arbeitnehmern auf Grund von Aufhebungsverträgen.

(2) § 112 Abs. 4 und 5 findet keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juli 2012 - 6 Sa 83/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs, um die Wirksamkeit einer vorsorglichen Kündigung der Beklagten und um Annahmeverzugslohnansprüche.

2

Der Kläger hatte im November 1985 ein Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der R GmbH, begonnen. Bei dieser wurde er mit Arbeitsvertrag vom 27. April 1992 zum Leiter ihres Teilbetriebs in der Werkskantine der Firma A (A) in M befördert. Der Teilbetrieb ging am 1. April 1996 auf die Beklagte über. Diese setzte dort zuletzt acht Arbeitnehmer ein, der Kläger war auch Betriebsobmann und verdiente monatlich 3.438,40 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 12. November 2010 informierte die Beklagte den Kläger und die übrigen Arbeitnehmer des Teilbetriebs A, dass dieser Betrieb zum 1. Januar 2011 auf die Ap KG (Ap) übergehen werde. Die Beklagte hatte den Cateringvertrag mit der Auftraggeberin zum 31. Dezember 2010 verloren. Die Ap übernahm am 1. Januar 2011 die Kantine und führte diese mit dem gleichen Konzept fort, wie es zuvor die Beklagte ihren Caterer-Dienstleistungen zugrunde gelegt hatte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es am 1. Januar 2011 zu einem Betriebsübergang auf die Ap gekommen ist.

4

Der Kläger bot am 3. Januar 2011 seine Arbeitsleistung bei Ap an. Diese lehnte ab, weil sie sich nicht als Betriebserwerberin sah. Daraufhin bot der Kläger seine Arbeitskraft am 4. Januar 2011 der Beklagten an, diese lehnte ab, weil es aus ihrer Sicht zu einem Betriebsübergang gekommen war. Der Kläger ließ durch Anwaltsschreiben vom selben Tage sein Angebot gegenüber der Beklagten wiederholen, forderte eine Bestätigung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien und behielt sich etwaige Rechte bezüglich eines Widerspruchs „gegen den Betriebsübergang“ ausdrücklich vor.

5

Am 26. Januar 2011 erhob der Kläger Klage gegen die Ap mit dem Antrag, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und Ap festzustellen. Der Beklagten verkündete er den Streit. Nach einer Kündigung der Ap erweiterte der Kläger seine Klage um einen Kündigungsschutzantrag.

6

Unter dem 15. März 2011 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Annahmeverzugslohnansprüche durch Anwaltsschreiben geltend, ausdrücklich behielt er sich unter IV. dabei die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB vor. Die Ziff. III. dieses Schreibens lautete:

„Im übrigen wird anheim gestellt, innerhalb oben genannter Frist - ggfs. in Abstimmung mit der Firma Ap - ein einvernehmliches Vergleichsangebot vorzulegen.

Aufgrund der Betriebsratstätigkeit meines Mandanten erachten wir das bisherige Angebot (Faktor 0,5) als völlig unzureichend.“

7

Den Rechtsstreit des Klägers mit Ap vor dem Arbeitsgericht Offenbach - 3 Ca 22/11 - beendeten die dortigen Parteien auf Vorschlag des Gerichts durch Vergleich, der am 26. April 2011 nach § 278 Abs. 6 ZPO mit folgendem Inhalt festgestellt wurde:

„1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass kein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB vorliegt, dass das Arbeitsverhältnis demzufolge nicht auf die Beklagte übergegangen ist und auch sonst kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet wurde und somit nicht besteht.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 45.000,00 (in Worten: Euro Fünfundvierzigtausend 00/100). Etwaige hierauf anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind von dem Kläger zu tragen.

3. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle etwaigen wechselseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich welcher Art und gleich, ob bei Abschluss dieses Vergleiches bekannt oder unbekannt, erledigt und ausgeglichen. Dem Kläger bleibt die Geltendmachung des Widerspruchsrechts gemäß § 613a Abs. 5 und 6 BGB gegenüber der Firma E GmbH vorbehalten.

…“

8

Der Kläger erklärte gegenüber der Beklagten am 5. Mai 2011 den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs, wobei er darauf hinweisen ließ, die Unterrichtung über einen etwaigen Betriebsübergang sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Sodann erhob er gegen die Beklagte am 30. Mai 2011 Klage mit dem Ziel der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses, der Weiterbeschäftigung und der Zahlung von Annahmeverzugslohn. Eine vorsorgliche Kündigung der Beklagten griff er durch Klageerweiterung an.

9

Dazu hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Widerspruch vom 5. Mai 2011 sei wirksam, da die Frist infolge eines fehlerhaften Unterrichtungsschreibens nach § 613a Abs. 6 BGB noch nicht zu laufen begonnen habe. Das Recht zum Widerspruch habe er nicht verwirkt. Zum einen seien zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und seinem Widerspruch weniger als sechs Monate vergangen, zum anderen fehle es jedenfalls am Umstandsmoment. Er habe sich stets sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber Ap sein Widerspruchsrecht vorbehalten. Eine Disposition über sein Arbeitsverhältnis habe er nicht getroffen, auch nicht durch den Vergleich vom 26. April 2011 mit Ap. Denn die dortigen Parteien seien gerade davon ausgegangen, dass es einen Betriebsübergang nicht gegeben habe. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, dass er von der Option des Widerspruchs keinen Gebrauch mehr machen werde; nach Abschluss des Vergleiches habe er ihn alsbald erklärt.

10

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27. April 1992 als Betriebsleiter zu beschäftigen;

3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Mai 2011 nicht beendet worden ist

sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Annahmeverzugslohn für die Zeit von Januar bis Oktober 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte mit der Auffassung begründet, der Kläger habe seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses verwirkt. Er verhalte sich zudem widersprüchlich, wenn er sich mit Ap darauf verständigt habe, dass ein Betriebsübergang nicht stattgefunden habe, unmittelbar im Anschluss daran jedoch dies gegenüber der Beklagten wieder geltend mache.

12

Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsanträgen sowie dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ganz, den Zahlungsanträgen teilweise stattgegeben. Während die Berufung des Klägers, soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte, erfolglos blieb, hatte die Berufung der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht vollumfänglich Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Ap verwirkt hat.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Es sei festzustellen, dass nach den vom Kläger im Prozess gegen Ap vorgetragenen Umständen und nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten die Ap mit Wirkung zum 1. Januar 2011 die Bewirtschaftung der Betriebskantine der A übernommen habe und dabei ein Übergang des Teilbetriebs A von der Beklagten auf Ap stattgefunden habe. Damit sei das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. Januar 2011 auf die Ap übergegangen.

16

Da der Kläger sein Recht zum Widerspruch verwirkt habe, stehe dem sein am 5. Mai 2011 erklärter Widerspruch nicht entgegen. Das Unterrichtungsschreiben der Beklagten zum Übergang des Teilbetriebs sei zwar fehlerhaft gewesen, die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts durch den Kläger lägen aber vor. Neben dem Zeitmoment habe der Kläger unbeschadet seiner Widerrufsvorbehalte auch das Umstandsmoment verwirklicht. Der Vergleich mit Ap, bestätigt durch das Arbeitsgericht am 26. April 2011, stelle eine Disposition über das Arbeitsverhältnis des Klägers dar. Gegenstand des durch diesen Vergleich beendeten Prozesses seien die Feststellungsklage und die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen Ap gewesen. Der materiellen Rechtslage entsprechend habe der Kläger Ap als Betriebsübernehmerin in Anspruch genommen. Mit dem Vergleich habe er - unbeschadet des Vergleichswortlautes - über sein Arbeitsverhältnis disponiert, da er bei tatsächlich und rechtlich stattgefundenem Betriebsübergang eine Einigung mit Ap erzielt habe, dass ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen und der Streit um die Kündigung erledigt sei. Dies genüge als Disposition, auch wenn die vereinbarte Zahlung nicht als Abfindungszahlung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses deklariert worden sei.

17

B. Diese Begründung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Der Teilbetrieb A ist zum 1. Januar 2011 von der Beklagten auf die Ap nach § 613a BGB übergegangen.

19

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Ap mit Wirkung zum 1. Januar 2011 die Bewirtschaftung der Betriebskantine von A in M übernommen hat. Dabei führte Ap das Betriebsrestaurant bei dem Kunden A unverändert in denselben Räumen unter Nutzung der bisherigen Betriebsmittel fort. Das Betriebskonzept wurde nicht geändert. Es wurde weiterhin eine Frischeküche von Ap genutzt und dort wurden wie zuvor Speisen zubereitet. Die Verköstigung erfolgte unverändert im möblierten Speisesaal. Ap hat sämtliches Küchenequipment wie Geschirr, Theken, Küchengeräte und Kassensystem übernommen und ab dem 1. Januar 2011 identisch weitergenutzt. Die Organisation des Betriebsrestaurants wurde unverändert fortgeführt, wobei auch die Mitarbeiterstruktur im Hinblick auf den Grad der Beschäftigung von Voll- und Teilzeitmitarbeitern erhalten blieb. Speisenangebote, Dienstpläne und Öffnungszeiten sind ebenfalls nahezu unverändert geblieben.

20

2. Diese Feststellungen tragen die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, ein Betriebsübergang auf Ap habe stattgefunden. Diese Feststellung ist vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist daher am 1. Januar 2011 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Ap übergegangen.

21

II. Das Informationsschreiben der Beklagten vom 12. November 2010 stellt keine ordnungsgemäße Unterrichtung über den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB dar, da es Fehler enthält.

22

So wurde unter Ziff. 4 der Kläger darüber informiert, sein Arbeitsverhältnis gehe in dem zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Zustand auf „Ar“ über. Auch nach Ziff. 7 Satz 5 wurde der Kläger darüber informiert, dass er seinen Widerspruch gegenüber der Beklagten oder „Ar“ erklären könne. Ein Informationsschreiben mit derartigen sinnentstellenden Fehlern, mögen sie auch auf einer fehlerhaften redaktionellen Bearbeitung beruhen, ist untauglich iSd. § 613a Abs. 5 BGB.

23

III. Infolge der nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung des Klägers zum Betriebsübergang wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 14; zuletzt 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 29 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 133). Zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 5. Mai 2011 war das Widerspruchsrecht daher nicht nach § 613a Abs. 6 BGB verfristet.

24

IV. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf Ap verwirkt, weil er bei Erklärung des Widerspruchs sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

25

1.a) Das Widerspruchsrecht kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 28; 12. November 2009 - 8 AZR 751/07 - Rn. 22 f., AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 12). Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 steht dem nicht entgegen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, jedoch vom EuGH als sich nach nationalem Recht bestimmend anerkannt (vgl. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 36 mwN, Slg. 2002, I-969). Zur Sanktionierung des Verstoßes gegen die Unterrichtungspflichten der Richtlinie 2001/23/EG ist ein Widerspruchsrecht ad infinitum aber nicht erforderlich (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1647). So erkennt der EuGH bspw. bei Ausschlussfristen das Interesse an Rechtssicherheit an, da mit solchen Fristen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, Slg. 2010, I-7003). Das Widerspruchsrecht muss den Arbeitnehmern nicht unbegrenzt, sondern nur so lange erhalten bleiben, wie es für eine effektive und verhältnismäßige Sanktionierung des Unterrichtungsfehlers geboten ist (vgl. Sagan aaO, 1648).

26

b) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

27

c) Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine bestimmte Frist abzustellen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, dh. beide Elemente sind bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 30). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 347). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 - Rn. 29; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO).

28

d) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 185/09 - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 24, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 119; abweichend zur Prozessverwirkung: 20. Mai 1988 - 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1).

29

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, vorliegend sei das Zeitmoment der Verwirkung erfüllt. Die nach der Rechtsprechung des Senats erforderliche Gesamtbetrachtung (BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 413/09 - Rn. 29) hat das Landearbeitsgericht angestellt. Eine Frist von knapp sechs Monaten zwischen der Belehrung vom 12. November 2010 und der Erklärung des Widerspruchs oder von knapp fünf Monaten seit dem Ende der hypothetischen Widerspruchsfrist kann für die Erfüllung des Zeitmoments ausreichend sein, zumal das Landesarbeitsgericht zu Recht in die Gesamtbetrachtung einbezogen hat, dass am 26. Januar 2011 der Kläger in der Lage war, die Ap wegen des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Betriebsübergangs zu verklagen. Er hat der Beklagten dabei den Streit verkündet, sie folglich davon ausdrücklich in Kenntnis gesetzt, dass er gegen die Ap wegen eines Betriebsübergangs vorgehe. Dass er sich sowohl davor als auch bei der Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen Mitte März 2011 die Erklärung eines Widerspruchs „vorbehalten hat“, ist für die Verwirklichung des Zeit- wie des Umstandsmoments ohne Bedeutung. Der Senat hat entschieden, dass derartige „Vorbehalte“ weder für sich genommen verwirkungshemmend sind noch dass sie einen Umstand im Sinne der Verwirkung darstellen (vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07 - Rn. 26, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9). Vorliegend hat der Kläger den Vorbehalt nicht so oft - folgenlos - erklärt, dass insoweit an die Verwirklichung auch des Umstandsmoments gedacht werden müsste.

30

3. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, der Kläger habe auch das Umstandsmoment verwirklicht.

31

a) Als ein Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB rechtfertigen kann, muss gelten, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat(vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 805/07 - Rn. 37; 21. Januar 2010 - 8 AZR 870/07 - Rn. 33 f.; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - Rn. 41; 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 - Rn. 37).

32

b) Vorliegend hat der Kläger zwar gemäß dem Wortlaut des Vergleiches mit Ap nicht über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses „disponiert“ und keine Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, sondern nur eine nicht näher deklarierte Zahlung. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Recht im Vergleichsabschluss eine Disposition des Klägers über sein Arbeitsverhältnis gesehen. Denn der Kläger hatte Ap auf der Grundlage des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs als neue Arbeitgeberin verklagt. Ebenso hatte er eine von Ap als Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung mit einem Kündigungsschutzantrag beantwortet. Beides war ebenso rechtlich zutreffend wie geboten, um den Bestand seines tatsächlich auf Ap übergegangenen Arbeitsverhältnisses zu sichern. Mit diesem Prozess erklärte der Kläger daher nichts weniger, als dass er - tatsächlich und rechtlich zutreffend - Ap als seinen neuen, durch Gesetz nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in sein Arbeitsverhältnis eingeführten Arbeitgeber verstand. Zu Recht hat daher das Landesarbeitsgericht aus dem Prozessverhalten des Klägers geschlossen, er habe mit Ap um sein Arbeitsverhältnis gestritten. Diesen Streit hat der Kläger durch den Vergleich, wie am 26. April 2011 gerichtlich festgestellt, beendet und damit über sein allein mit Ap bestehendes Arbeitsverhältnis disponiert. Zutreffend hat daher das Landesarbeitsgericht auch die vereinbarte Zahlung von 45.000,00 Euro im Zusammenhang mit gerade diesem Streitgegenstand gesehen, auch wenn sie nicht als „Abfindung“ bezeichnet wurde. Die Verpflichtung, eine erhebliche Geldsumme zu zahlen, kann plausibel und ohne Verstoß gegen Denkgesetze nur damit erklärt werden, dass das vom Kläger angestrengte Prozessrisiko, also der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und Ap, abgewendet werden sollte.

33

Dem kann der Kläger nicht Ziff. 1 des Vergleiches, wie am 26. April 2011 festgestellt, entgegenhalten. Diese Klausel steht schon im Widerspruch zu Ziff. 3 Satz 1 des Vergleiches, wonach mit Erfüllung dieser Vereinbarung alle etwaigen wechselseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich welcher Art und gleich ob bei Abschluss des Vergleiches bekannt oder unbekannt, erledigt und ausgeglichen sein sollten. Eine solche Klausel macht zwischen Prozessgegnern, die keinerlei Rechtsverhältnis zwischen sich sehen, keinen Sinn. Insbesondere aber steht Ziff. 1 des Vergleiches in Widerspruch zu Ziff. 3 Satz 2 der Vereinbarung mit Ap, durch die sich der Kläger die Geltendmachung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 5 und Abs. 6 BGB gegenüber der Beklagten vorbehalten hat. Der Vorbehalt eines Widerspruchsrechts nach § 613a BGB erklärt sich allein aus der Annahme eines Betriebsübergangs. Damit stellt sich Ziff. 1 des Vergleiches als unernsthafte Vereinbarung dar, die zum Schein getroffen wurde. Die Klausel sollte nur dem Zweck dienen, ein Umstandsmoment der Verwirkung zu vereiteln und den Kläger in die Lage zu versetzen, den Bestand seines Arbeitsverhältnisses ein weiteres Mal - diesmal gegen die Beklagte - geltend zu machen, wobei der Kläger entsprechende Vorstellungen schon mit Ziff. III. seines Geltendmachungsschreibens vom 15. März 2011 angedeutet hatte. Das Landesarbeitsgericht hat diese Klausel ohne Rechtsfehler als unerheblich unbeachtet gelassen.

34

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    v. Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Oktober 2010 - 10 Sa 449/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs.

2

Der Kläger ist Mitglied der IG-Metall und am 13. November 1989 bei der Beklagten, die ihrerseits Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V. ist, als Kundendiensttechniker eingetreten. Im Arbeitsvertrag ist ua. geregelt:

        

„§ 13 Tarifverträge

        

Auf das Anstellungsverhältnis kommen im übrigen die einschlägigen tariflichen Bestimmungen der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens zur Anwendung.“

3

Seit dem 1. September 1998 ist der Kläger Kundendienstmeister und wurde von der Beklagten in die Tarifgruppe T 5 eingruppiert, ab Mai 2009 verdiente er monatlich brutto 5.395,50 Euro. Nach seiner Wahl in den Betriebsrat im März 2002 wurde der Kläger zunächst stellvertretender Betriebsratsvorsitzender.

4

Unter dem 17. Juni 2002 wurde der Kläger von der Beklagten über einen Betriebsteilübergang informiert, der auch sein Arbeitsverhältnis betreffen sollte. In dem Informationsschreiben heißt es ua.:

        

„Zum 01.07.2002 wird die A GmbH + Co. KG, die sich zur Zeit in Gründung befindet, ihre Geschäfte aufnehmen mit der Übernahme der verschiedenen A-Aktivitäten.

        

Auch Ihr Arbeitsverhältnis ist hiervon betroffen und wird zum 01.07.2002 durch Teilbetriebsübergang nach § 613a BGB auf die A GmbH + Co. KG übergehen.

        

Wir möchten besonders darauf hinweisen, dass mit diesem Übergang die Konditionen Ihres Arbeitsverhältnisses nicht verändert werden, d. h. insbesondere auch, dass Ihre Zusage zur betrieblichen Altersversorgung unverändert weiter geführt wird und dass durch Ihre einzelvertragliche Vereinbarung für Sie weiterhin die Regelungen des Tarifvertrages der Metallindustrie NRW gelten, obwohl die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden ist. Ausserdem gilt die Dienstzeit bei der D GmbH + Co. KG z.B. im Hinblick auf Kündigungsfristen, Dienstjubiläen und Zeiten für die betriebliche Altersversorgung als voll anerkannt. Ihr Arbeitsvertrag, den Sie heute mit der D GmbH + Co. KG haben, gilt ab dem 01.07.2002 mit allen Rechten und Pflichten bei der A GmbH Co. KG weiter.

        

Da die Verhandlungen zu einem Interessenausgleich mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen sind, haben wir vereinbart, daß der Betriebsrat der D GmbH + Co. KG Sie weiterhin in allen Belangen vertreten kann. Diese Regelung gilt bis zum Abschluß des Interessenausgleichs.

        

Für Verpflichtungen Ihnen gegenüber, die sich aus Ihrem Arbeitsverhältnis ergeben, haften vom Zeitpunkt des Übergangs bis zum Ablauf eines Jahres nach diesem Datum beide Unternehmen gemäß § 613a Abs. 2 BGB gesamtschuldnerisch.

        

...     

        

Wir möchten Sie darüber informieren, daß die neue Gesellschaft keine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung für Ihre Mitarbeiter anbieten wird. Die Versorgungswerke der D-Gesellschaften wurden bundesweit zum 01.07.2002 für neue Mitarbeiter geschlossen.

        

Ihre bestehende Versorgungszusage bleibt davon allerdings unberührt und wird weiter geführt. Die neue Gesellschaft wird Ihnen zusätzlich die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung auf dem Durchführungswege der Pensionskasse anbieten. Hierzu werden Sie noch genauer informiert, sobald die entsprechenden Rahmenverträge abgeschlossen sind.“

5

Ohne gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses einen Widerspruch zu erklären, wechselte der Kläger wie 156 weitere Arbeitnehmer zum 1. Juli 2002 zur A GmbH + Co. KG (A). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bildete diese in E („W“) einen Gemeinschaftsbetrieb mit der Beklagten, in dem der Kläger sein Amt als Betriebsratsmitglied auch nach dem 1. Juli 2002 behielt.

6

Am 15. April 2004 schloss die IG Metall, Bezirksleitung NRW, mit der A einen Haustarifvertrag, der ua. bestimmt:

        

„sind im Wege des Betriebsübergangs Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern ..., für die infolge deren Verbandsmitgliedschaft Tarifbindung bestand, auf die A ... übergegangen. Aufgrund des Betriebsübergangs sind die Einzelarbeitsvertragsverhältnisse mit der entsprechenden Tarifbindung auf die A übergegangen. ... Für diese Arbeitnehmer ... wird nunmehr hinsichtlich der tarifvertraglichen Regelung folgender abändernder Tarifvertrag vereinbart:

        

...     

        

2.1. Ansprüche ... aus dem Tarifabschluss 2004 ... bestehen bis auf weiteres nicht.“

7

Um die Übernahme der jährlichen Tariflohnerhöhungen durch die A kam es auch in den Folgejahren zu Konflikten. So machte der Kläger unter dem 15. Oktober 2005 gegenüber der A mit einem ausgefüllten Formblatt die zweiprozentige Gehaltserhöhung 2005 ohne Erfolg geltend. Entsprechendes wiederholte sich am 21. August 2006, 16. Juli 2007 und am 3. September 2008 für die Tariflohnerhöhungen der Jahre 2006 bis 2008, ebenfalls erfolglos. Ein Änderungsangebot zum Arbeitsvertrag vom Dezember 2005, wonach gegen eine vorübergehende Erhöhung der Wochenarbeitszeit eine Lohnerhöhung zum 1. Januar 2009 um 2 % erfolgen sollte, lehnte der Kläger ab. Der Betriebsrat leitete 2007 ein Beschlussverfahren ein, um die Frage zu klären, ob die Bestimmungen der Tarifverträge der Metallindustrie dynamisch oder statisch fortgelten. Der Antrag des Betriebsrats blieb erfolglos (Arbeitsgericht Hagen 13. Dezember 2007 - 4 BV 46/07 -). Auch individualrechtliche Klagen zur Durchsetzung von Tariflohnerhöhungen scheiterten in beiden Instanzen (LAG Hamm Urteile vom 13. Mai 2009 - 2 Sa 1394/08 - und - 2 Sa 1412/08 -).

8

Neben diesem Konflikt um die Tariflohnerhöhungen geschah im Arbeitsverhältnis des Klägers mit der A Folgendes:

9

Datiert auf den 7. November 2005/14. Dezember 2005 vereinbarten der Kläger und die A einen Nachtrag zur Versorgungszusage. Mit ihm sollte die bestehende Versorgungsregelung den Vorstellungen der Finanzverwaltung „redaktionell angepasst werden“, um trotz der bestehenden Abfindungsmöglichkeiten von Betriebsrentenansprüchen weiterhin Pensionsrückstellungen bilden zu können.

10

2006 wurde erstmals für den Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten und der A eine Betriebsratswahl durchgeführt. Bei dieser kandidierte der Kläger als Mitarbeiter der A. Er wurde gewählt und danach freigestellter Betriebsratsvorsitzender.

11

Ab Jahresbeginn 2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Im April 2008 ließ er bei der A einen Wiedereingliederungsplan für die Zeit vom 28. April 2008 bis zum 22. Juni 2008 einreichen. Sodann teilte er sowohl der A als auch der Beklagten unter dem 10. Juni 2008 mit, dass er am 23. Juni 2008 wieder seine Tätigkeit bei der A aufnehmen werde. Zuvor hatte der Betriebsrat gegenüber der Beklagten für den Kläger mit Schreiben vom 27. Mai 2008 einen Anpassungsanspruch nach § 37 Abs. 4 BetrVG geltend gemacht.

12

Außerdem bestellte der Kläger unter dem 17. September 2008 auf einem zuvor ausgefüllten Formular, in dem er als Angehöriger der A bezeichnet wurde, einen neuen Dienstwagen.

13

Für Oktober 2008 rechnete die A das Gehalt des Klägers letztmalig auf der Basis eines Tarifgehaltes und einer festen ERA-Leistungszulage sowie weiterer Vergütungsbestandteile mit 4.434,61 Euro brutto ab. Für November 2008 wurde die Vergütung des Klägers auf der Basis eines „Grundentgeltes“ und einer „Leistungszulage“ mit brutto 4.361,74 Euro abgerechnet. Mit einem teilweise handschriftlich ausgefüllten Vordruckschreiben widersprach der Kläger am 15. Dezember 2008 gegenüber der Beklagten und der Betriebserwerberin dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A infolge des Betriebsübergangs vom 1. Juli 2002.

14

Nach Zurückweisung seines Widerspruchs seitens der Beklagten erhob der Kläger am 20. Mai 2009 die vorliegende Klage.

15

Zur Begründung hat er im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Unterrichtung zum Betriebsübergang sei fehlerhaft gewesen. Über den Wegfall der dynamischen Tarifbindung bei der A sei nicht, über das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB nur unvollständig informiert worden. Daher sei die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht ausgelöst worden. Sein Widerspruchsrecht habe er nicht verwirkt, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehle. Dispositionen über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses habe er nicht getroffen. Der Nachtrag zur Versorgungszusage sei zwar mit der A abgeschlossen worden, nehme aber ausdrücklich auf die Fortgeltung der Versorgungsordnung der Beklagten Bezug, die im Gemeinschaftsbetrieb Anwendung finde. Abgesehen von der Wahrnehmung seines Betriebsratsamtes habe er für die Betriebsübernehmerin lediglich widerspruchslos weitergearbeitet, was für die Annahme eines Umstandsmoments nicht genüge.

16

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 13. November 1989 ununterbrochen ein Arbeitsverhältnis besteht.

17

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ihr Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang habe keine Fehler enthalten. Jedenfalls habe der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt. Bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach dem Betriebsübergang wie auch bei der Wahrnehmung seines betriebsverfassungsrechtlichen Mandats sei der Kläger stets als Arbeitnehmer der A aufgetreten. Bei der Nachtragsvereinbarung zur Versorgungszusage habe er hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses rechtlich disponiert und sich bei den Auseinandersetzungen um die dynamische Fortgeltung der Metall-Tarifverträge stets an die A gewandt. Deshalb habe sie darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger ein etwa noch bestehendes Recht zum Widerspruch nicht mehr ausüben werde.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB verwirkt hatte.

20

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

21

Ob die Unterrichtung der Beklagten vom 17. Juni 2002 zum Betriebsübergang ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB erfolgt sei, könne dahinstehen, da der Kläger sein Recht zum Widerspruch am 15. Dezember 2008 verwirkt habe. Knapp sechseinhalb Jahre nach der erfolgten Unterrichtung sei das Zeitmoment für die Verwirkung zu bejahen. In der widerspruchslosen Weiterarbeit für die A sei zwar kein Umstandsmoment für die Verwirkung zu sehen, ebenso habe der Kläger gegenüber der Betriebserwerberin nicht über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert. Jedoch sei das Zeitmoment aufgrund seiner Dauer so schwerwiegend, dass auch sonstige Änderungen des Arbeitsvertrags, die nicht unmittelbar den Kern oder Bestand des Arbeitsverhältnisses berührten, zur Erfüllung des Umstandsmoments führten. So habe der Kläger Ende 2005 zu einem Zeitpunkt, als die Auseinandersetzungen über die Fortgeltung der Tarifbestimmungen in der Metallindustrie bereits begonnen hatten, mit der Betriebserwerberin eine Änderungsvereinbarung zu seiner Versorgungszusage abgeschlossen und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er die A als neue Arbeitgeberin akzeptiere. Dass die Versorgungsordnung schon lange in Kraft und im gesamten Gemeinschaftsbetrieb angewendet worden sei, spiele keine Rolle, da bei der Beurteilung des Umstandsmoments eine objektive Beurteilung maßgeblich sei. Der Nachtrag zur Versorgungszusage sei ausdrücklich mit der A vereinbart worden. Ebenso habe sich der Kläger mit seinen Ansprüchen auf Tariflohnerhöhung, einer Dienstwagengestellung oder der Anzeige seiner wiederhergestellten Arbeitsfähigkeit immer an die A gehalten. Zwar stellten diese Umstände weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar, sie fielen aber gerade wegen der besonderen Länge des Zeitraums zwischen dem Betriebsteilübergang und dem Widerspruch des Klägers besonders ins Gewicht. Zudem habe die Beklagte mit der Streichung der Stelle des Klägers in ihrem Betrieb nach dem Betriebsteilübergang Dispositionen getroffen. Nach den Gesamtumständen habe sie im Dezember 2008 darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger nicht mehr widersprechen werde.

22

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

23

I. Die Unterrichtung zum Betriebsübergang durch das Informationsschreiben der Beklagten vom 17. Juni 2002 enthielt Fehler und erfolgte daher nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB.

24

1. Die Beklagte hat zwar darauf hingewiesen, dass sich die „Betriebsübernehmerin“ A erst in Gründung befinde und hat als Geschäftsführer der neuen Gesellschaft die Herren Ec und F angegeben. Nähere Angaben zum Sitz der Gesellschaft, zum zuständigen Registergericht zu den wirtschaftlichen Folgen und hinsichtlich der für die Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen fehlen oder sind unvollständig. Vor allem aber fehlt ein Hinweis darauf, dass am Standort „W“, also am Firmensitz in E, die Beklagte und die A einen gemeinsamen Betrieb unterhalten werden, zu dem der Arbeitsplatz des Klägers weiterhin gehören wird.

25

2. Rechtlich unzutreffend ist die Information zur gesamtschuldnerischen Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB. Nach dieser in Bezug genommenen Gesetzesvorschrift haftete die Beklagte nicht gesamtschuldnerisch für die Verpflichtungen gegenüber dem Kläger aus seinem Arbeitsverhältnis, sondern nur für seine Ansprüche, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig wurden.

26

3. Auch die Information zur Weitergeltung tariflicher Regelungen erfolgte widersprüchlich und fehlerhaft. Bereits der einleitende Hinweis, „dass mit diesem Übergang die Konditionen Ihres Arbeitsverhältnisses nicht verändert werden“, war unzutreffend. Denn die Beklagte führte im Weiteren selbst aus, dass die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden sein werde. Damit entfiel die unmittelbare und zwingende Wirkung der Tarifnormen zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Diese gravierende Veränderung der Bedingungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers sollte in der Folgezeit zu den Auseinandersetzungen um die Übernahme der Tariflohnerhöhungen in der Metallindustrie führen. Es erwies sich dabei als unzutreffend, dass durch die einzelvertragliche Vereinbarung für den Kläger und die übrigen vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer „weiterhin die Regelungen des Tarifvertrages der Metallindustrie NRW gelten“ sollten. Insofern galt 2002 für die einzelvertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags die Auslegungsregel der „Gleichstellungsabrede“ (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32), dh. nach einem Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber wirkte die einzelvertraglich vereinbarte Tarifgeltung - entgegen ihrem Wortlaut - nur noch statisch. Zwar ist diese Auslegungsregel später für Arbeitsverträge, die nach der Schuldrechtsreform abgeschlossen wurden, aufgegeben worden, aus Gründen des Vertrauensschutzes ist an ihr aber für Arbeitsverträge, die bis zum 31. Dezember 2001 abgeschlossen wurden, festgehalten worden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - BAGE 122, 74 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35). Der Kläger wurde also im Unklaren darüber gelassen, dass sein 1989 abgeschlossener Arbeitsvertrag bei der nicht mehr tarifgebundenen Betriebserwerberin gerade nicht mehr notwendig eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge der Metallindustrie NRW beinhalten würde.

27

Infolge der nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung des Klägers zum „Betriebsteilübergang“ wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt(st. Rspr. des Senats, BAG 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 14). Zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 15. Dezember 2008 war das Widerspruchsrecht daher nicht nach § 613a Abs. 6 BGB verfristet.

28

II. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter angenommen, dass der Kläger am 15. Dezember 2008 sein Recht zum Widerspruch verwirkt hatte, weil er sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

29

1. Das Widerspruchsrecht kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 28, DB 2011, 2385; 12. November 2009 - 8 AZR 751/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 12). Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 steht dem nicht entgegen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, jedoch vom EuGH als sich nach nationalem Recht bestimmend anerkannt (vgl. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 36 mwN, Slg. 2002, I-969 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 32 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 77/187 Nr. 1). Auch zur Sanktionierung des Verstoßes gegen die Unterrichtungspflichten der Richtlinie 2001/23/EG ist ein Widerspruchsrecht ad infinitum nicht erforderlich (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1647). So erkennt der EuGH bspw. bei Ausschlussfristen das Interesse an Rechtssicherheit an, da mit solchen Fristen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Das Widerspruchsrecht muss den Arbeitnehmern nicht unbegrenzt, sondern nur so lange erhalten bleiben, wie es für eine effektive und verhältnismäßige Sanktionierung des Unterrichtungsfehlers geboten ist (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1648).

30

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

31

3. Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine bestimmte Monatsfrist abzustellen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, dh. beide Elemente sind bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 30, DB 2011, 2385). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 347). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 - Rn. 29; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO).

32

4. Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 185/09 - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 24, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 119; abweichend zur Prozessverwirkung: BAG 20. Mai 1988 - 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1).

33

5. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Kläger das Zeitmoment verwirklicht hat und dass diesem nach einer Zeitspanne von sechseinhalb Jahren zwischen Unterrichtung und Widerspruch besonderes Gewicht zukommt. Dies ergibt sich bereits aus dem bloßen Zeitablauf. Nach der Rechtsprechung des Senats genügen Zeiträume von 15 Monaten (BAG 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106), von neun Monaten (BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 699/09 -) oder auch siebeneinhalb Monaten (BAG 2. April 2009 - 8 AZR 220/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 6) zur Verwirklichung des Zeitmoments. Vergehen zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und der Erklärung des Widerspruchs wie im vorliegenden Fall sechseinhalb Jahre, so ist von einem besonders schwerwiegend verwirklichtem Zeitmoment auszugehen.

34

6. Im Ergebnis hat das Landesarbeitsgericht auch zu Recht bejaht, dass der Kläger zum Zeitpunkt seines Widerspruchs am 15. Dezember 2008 auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

35

a) Die Fortführung des Betriebsratsamtes durch den Kläger als stellvertretender Vorsitzender und, nach der Neuwahl 2006, als Betriebsratsvorsitzender, hat keine Bedeutung im Sinne eines Umstandsmoments. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte und die A einen gemeinsamen Betrieb unterhalten haben. Für diesen ist ein Betriebsrat zu wählen, § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Bei einem gemeinsamen Betrieb werden üblicherweise die Arbeitnehmer einem der beteiligten Unternehmen zugeordnet. Daher kann aus der Kandidatur des Klägers als Arbeitnehmer der A ein rechtlicher Schluss nicht gezogen werden. Kein Arbeitnehmer darf in der Ausübung des aktiven (§ 7 Satz 1 BetrVG)oder passiven (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG)Wahlrechts beschränkt werden, § 20 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.

36

b) Der Annahme des Landesarbeitsgerichts, mit der Nachtragsvereinbarung zur Versorgungszusage vom 7. November/14. Dezember 2005 habe der Kläger die A als Arbeitgeberin anerkannt und dergestalt geringfügig über sein Arbeitsverhältnis disponiert, folgt der Senat nicht. Die A hat den Nachtrag vorformuliert und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich (nur) um eine „redaktionelle Anpassung“ handele. Diese betraf zudem nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die Versorgung nach dem Arbeitsverhältnis, die außerdem nach einer Versorgungsordnung der Beklagten selbst zu leisten war. Einer solchen Vereinbarung kommt nicht mehr rechtliches Gewicht zu als anderen üblichen Vereinbarungen zum Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin, die eine Anpassung an die Zeitläufte darstellen, ohne dass der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses verändert wird. Die aus solchen Anpassungen herzuleitende „Akzeptanz“ der Betriebserwerberin ist nicht höher als die, die aus der widerspruchslosen Weiterarbeit abgeleitet werden kann. Ein Erklärungswert im Sinne eines Umstandsmoments ist solchen üblichen Anpassungen der Vertragsregelungen nicht beizumessen. Auch dass der Kläger nach längerer Arbeitsunfähigkeit seine Wiederherstellung gegenüber der Betriebsübernehmerin angezeigt hat, dass er bei ihr einen neuen Dienstwagen beantragt oder dass sein Arzt bei der A eine Wiedereingliederungsmaßnahme beantragt hat, sind nur übliche Vorgänge im Rahmen der Weiterarbeit für die Betriebserwerberin. Diesen kommt auch bei einem gravierenden Zeitmoment nicht die Bedeutung eines Umstandsmoments zu, da andernfalls im Ergebnis auf die bloße widerspruchslose Weiterarbeit für die Betriebserwerberin abgestellt würde.

37

c) Der Kläger hat aber das Umstandsmoment dadurch verwirklicht, dass er sich beim Streit um die Weitergeltung der Tarifdynamik ausschließlich an die Geschäftsführung der A wendet und dabei weder dieser noch der Beklagten gegenüber auch nur angedeutet hat, dass im Wege des noch möglichen Widerspruchs die Beklagte Gegnerin seiner Ansprüche auf Tariflohnerhöhungen werden könnte.

38

Bereits mit dem Haustarifvertrag vom 15. April 2004 zwischen der A und der IG Metall wurde deutlich, dass entgegen dem mit der Unterrichtung durch die Beklagte erweckten Eindruck bei der A eine sog. Tarifdynamik, also eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen der Branche, rechtlich nicht mehr geltend gemacht werden konnte. Gleichwohl hat der Kläger viermal von Oktober 2005 bis September 2008 und zwar jeweils ohne Erfolg gegenüber der Geschäftsführung der A jährliche Erhöhungen geltend gemacht. Die dafür benutzten, teilweise handschriftlich ausgefüllten Formblätter weisen ebenso auf ein gemeinschaftliches, abgestimmtes Vorgehen des Klägers mit anderen Belegschaftsmitgliedern hin, wie die Tatsache, dass dieser Konfliktpunkt bereits mehrfach gerichtsnotorisch wurde. Es handelte sich also nicht um eine individualrechtliche Streitigkeit, sondern um einen kollektiven, die gesamte Belegschaft betreffenden Konflikt, der seine Ursache in der nach dem Betriebsteilübergang veränderten Rechtslage hatte. Gleichwohl hat der Kläger über Jahre hinweg zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, durch Ausübung seines noch bestehenden Widerspruchsrechts das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten wieder aufleben lassen und damit die beiderseitige Tarifbindung wiederherstellen zu können. Auch der seit Juli 2002 mehrfach erfolgte Eintritt der Verjährung möglicher Ansprüche auf Lohnerhöhung hat den Kläger nicht veranlasst, ein Abrücken von der A als Arbeitgeberin auch nur in Aussicht zu stellen, obwohl sich diese in dem Konflikt als unzugänglich erwies und auf einer anderen Rechtslage beharrte, als in dem Unterrichtungsschreiben der Beklagten dargestellt worden war. Den Weg einer Konfliktbereinigung durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses hat der Kläger geradezu ausgespart, obwohl das üblicherweise nach Widerspruch entstehende Risiko einer betriebsbedingten Kündigung seitens der Betriebsveräußerin als vergleichsweise gering einzuschätzen war, unterhielten doch Betriebsveräußerin und A einen gemeinsamen Betrieb, zu dem auch der Arbeitsplatz des Klägers gehörte. Nach diesen Gesamtumständen musste die Beklagte im Dezember 2008 nicht mehr damit rechnen, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht ausüben würde. Vielmehr durfte sie darauf vertrauen, dass der Kläger den Verlust der beiderseitigen Tarifbindung bei der Betriebserwerberin und damit den Verlust der früher geltenden Tarifdynamik akzeptiert und dergestalt die Veränderung des rechtlichen Bestandes seines Arbeitsvertrags angenommen hatte. In der Zusammenschau mit dem Vorliegen eines besonders gewichtigen Zeitmoments erweist sich dieses Umstandsmoment als ausreichend, um im Dezember 2008 die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch zu bejahen.

39

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schulz    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.