Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 25. Okt. 2017 - 5 Sa 150/17
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 01.03.2017 (Az.: 5 Ca 772/16) abgeändert.
Das beklagte Land wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im Blockmodell mit einer Laufzeit vom 01.09.2016 bis zum 31.12.2018 anzunehmen, wobei die Arbeitsphase vom 01.09.2016 bis 31.10.2017 dauern und die Freistellungsphase den Zeitraum vom 01.11.2017 bis 31.12.2018 umfassen soll.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.
- 2
Die am … geborene Klägerin ist seit 1978 zuletzt als Lehrerin an der Gemeinschaftsschule in M… als Lehrerin für Mathematik und Physik beschäftigt. Die Klägerin weist einen Behinderungsgrad von 30 % auf. Sie hat bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf Gleichstellung gestellt, über den noch nicht bestandskräftig entschieden ist. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt ca. … €.
- 3
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vom 24. Januar 2012 (TV ATZ LSA) Anwendung. Dieser enthält u. a. folgende Regelungen:
- 4
„Präambel
- 5
Ausgehend von der Tarifeinigung In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 10. März 2011 ist im Rahmen der Vorgaben des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vom 23. Juli 1996 in der jeweils geltenden Fassung die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis möglich.
- 6
§1
Geltungsbereich
- 7
Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TV-L) fallen.
- 8
§2
Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit
- 9
(1) Der Arbeitgeber kann mit Beschäftigten, die
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a) das 55. Lebensjahr vollendet und
- 11
b) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,
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die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.
- 13
(2) Beschäftigte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzung nach Abs. 1 Buchst. b) erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren, von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
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(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeltarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
- 15
(4) Das Arbeitsteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2017 beginnen. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss sich auf die Zeit erstrecken, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann.
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§3
Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit
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(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.
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Als bisherige
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(2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie
- 20
a) in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Beschäftigte anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Leistungen nach Maßgabe der § 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder
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b) durchgehend geleistet wird (Teilzeitmodell).
- 22
(3) Der Beschäftigte kann vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird.
- 23
…“.
- 24
Die Klägerin stellte am 02.11.2015 beim Landesschulamt einen Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages entsprechend der tarifvertraglichen Regelung, weil sie am 23.12. des Jahres ihr 60. Lebensjahr vollende. Mit Schreiben vom 26.11.2015 lehnte das Landesschulamt den Antrag auf Altersteilzeit ab. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass vorliegend die Überlastquote erfüllt sei. Wegen des Inhalts des Schreibens des beklagten Landes vom 26.11.2015 wird auf Blatt 6 und 7 der Akte Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 09.12.2015 bat die Klägerin um nochmalige Prüfung ihres Begehrens. Mit Schreiben vom 22.12.2015 wurde der Antrag erneut abgelehnt.
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Mit Schreiben vom 18.01.2016 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Landesschulamt mit, dass die Schreiben seiner Mandantin jeweils als Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell gewertet werden sollen. Die Arbeitsphase sollte vom 01.09.2016 bis 31.10.2017 und die Ruhephase vom 01.11.2017 bis 31.12.2018 andauern.
- 27
Mit Schreiben vom 18.02.2016 lehnte das Landesschulamt den Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages der Klägerin wiederum ab und verwies zur Begründung auf das Schreiben vom 26.11.2015.
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Mit ihrer am 23.03.2016 beim Arbeitsgericht Magdeburg eingereichten Klage begehrte die Klägerin den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages, wie in dem Schreiben vom 18.01. 2016 beantragt.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dringende dienstliche Gründe stünden ihrem Antrag nicht entgegen. Ein bloßer Hinweis auf einen angeblichen Lehrkräftemangel sei nicht ausreichend.
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Auf die Überlastquote könne sich das beklagte Land nicht berufen. Das beklagte Land habe es trotz des sich deutlich abzeichnenden Lehrerbedarfs unterlassen, entsprechende Neueinstellungen von Lehrern vorzunehmen. Es sei daher treuwidrig, wenn sich das beklagte Land nunmehr auf die Überlastquote berufe. Ferner sei im Rahmen der notwendigen Ermessensentscheidung zu beachten, dass sie selbst unter erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide. Sie müsse Schmerzmittel nehmen, die gegebenenfalls auch zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Lehrerdienst führen könnten.
- 31
Es bestünde jedenfalls ein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.
- 32
Die Klägerin hat beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, mit der Klägerin einen Altersteilzeitvertrag nach dem TV ATZ LSA im Blockmodell abzuschließen, wobei die Arbeitsphase vom 01.09.2016 bis 31.10.2017 dauern und die Freistellungsphase den Zeitraum vom 01.11.2017 bis 31.12.2018 umfassen soll.
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Das beklagte Land hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 36
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtsversorgung müsse gewährleistet werden. Dies stünde der Gewährung der Altersteilzeit der Klägerin entgegen. Zudem hat sich das beklagte Land auf eine erhebliche Überschreitung der Überlastquote berufen.
- 37
Mit Urteil vom 01.03.2017 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Ein tariflicher Anspruch der Klägerin scheitere bereits daran, dass zum Zeitpunkt, zu dem die Klägerin den Abschluss des Altersteilzeitvertrages verlangt hat, die Überlastquote überschritten war. Da die Überschreitung der Überlastquote bereits die Entstehung eines Anspruches auf Vereinbarung eines Altersteilzeitvertrages verhindere, könne dahingestellt bleiben, ob die Ablehnung des Begehrens der Klägerin auch auf dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe gestützt werden könne.
- 38
Es bestünde auch kein Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das beklagte Land habe eine Stichtagsregelung getroffen, ab dem für unterrichtende Lehrer keine Altersteilzeitarbeitsverträge mehr bewilligt werden sollten.
- 39
Gegen das der Klägerin am 04.04.2017 zugestellte Urteil wendet sich ihre am 25.04. 2017 beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingegangene und am 29.05.2017 begründete Berufung der Klägerin.
- 40
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, sie habe als eine über 60Jährige einen tariflichen Anspruch aus § 2 Abs. 2 TV ATZ LSA. Dringende betriebliche Gründe stünden ihrem Anspruch nicht entgegen. Das beklagte Land habe ihre persönlichen Belange, insbesondere ihre erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, bei der Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt.
- 41
Der Anspruch ergebe sich jedenfalls aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Es seien 2014 und auch danach Altersteilzeitarbeitsverträge mit Lehrern, sowohl mit Lehrern unter 60 als auch mit Lehrern über 60 Jahren abgeschlossen worden. Auf eine Stichtagsregelung könne sich das beklagte Land nicht berufen. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin darauf, dass an der Schule in M…, an der auch sie tätig ist, der dort ebenfalls beschäftigten Lehrkraft, Frau A… L…, Altersteilzeit im Blockmodell im Frühjahr 2015 bewilligt wurde, mit der Maßgabe, dass die Arbeitsphase vom August 2015 bis August 2017 und die Ruhephase von September 2017 bis August 2019 läuft.
- 42
Im Übrigen beruft sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 – 9 AZR 606/15.
- 43
Die Klägerin beantragt:
- 44
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 01.03.2017 – Aktenzeichen: 5 Ca 772/16 – wird abgeändert. Es wird nach den Schlussanträgen 1. Instanz erkannt.
- 45
2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreites.
- 46
Das beklagte Land beantragt,
- 47
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
- 48
Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil und ist weiterhin der Ansicht, dem Anspruch der Klägerin auf Abschluss des begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrages stünden sowohl die Überschreitung der Überlastquote, als auch dringende betriebliche Gründe entgegen.
- 49
Es läge auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Es bestünden sachlich begründete Umstände für eine Stichtagsregelung, ab dem 01.01.2015 bei Lehrern die Unterricht erteilen, keine Altersteilzeitverträge mehr abzuschließen. Die Stichtagsregelung würde auf eine Entscheidung im Haushaltsführungserlass vom 19.01.2015 basieren, ab dem 01.01.2015 mit Lehrern mit aktivem Unterricht keine Altersteilzeitverträge mehr abzuschließen. In Sachsen-Anhalt sei an nahezu allen Schulen und Schulformen durch eingetretenen und sich verschärfenden Lehrermangel die Unterrichtsversorgung nicht mehr im vorgeschriebenen Umfang gewährleistet. Der gesetzliche Auftrag zur Unterrichtsversorgung könne nicht mehr erfüllt werden. Dies sei der sachlich berechtigte Grund für die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Abschluss des Altersteilzeitvertrages.
- 50
Wegen den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze in der Berufung nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 51
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
I.
- 52
Die statthafte (§§ 8, 64 Abs. 1 ArbGG) form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG; §§ 519 Abs. 2, 520 ZPO).
II.
- 53
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet.
1.
- 54
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ab welchem Zeitpunkt die Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Es kommt auch die Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum gerichtet ist (zuletzt BAG, 13. Dezember 2016 – 9 AZR 606/15, juris).
- 55
Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Klägerin im Blockmodell soll vom 01.09.2016 bis zum 31.12.2018 durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erbracht werden. Daran soll sich die Freistellungsphase anschließen. Die Arbeitsphase soll demnach vom 01.09.2016 bis zum 31.10.2017 und die Freistellungsphase vom 01.11.2017 bis zum 31.12.2018 dauern.
2.
- 56
Die Klage ist begründet.
- 57
Die Klägerin hat nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 TV ATZ LSA einen Anspruch darauf, dass das beklagte Land mit ihr den von ihr angebotenen Altersteilzeitarbeitsvertrag abschließt.
2.1
- 58
Der Anspruch der Klägerin erfolgt nicht aus dem TV ATZ LSA.
- 59
Ein tariflicher Anspruch der Klägerin scheitert daran, dass beim Landesschulamt Sachsen-Anhalt die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 1 AltTZG bestimmte Überlastquote dauerhaft überschritten war.
- 60
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 1 AltTZG muss für Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung die freie Entscheidung des Arbeitgebers sichergestellt sein, ob er mit über 5 von 100 der Arbeitnehmer seines Betriebes Altersteilzeitarbeitsverträge schließt. Ist diese Überlastquote überschritten, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch nach § 2 Abs. 1 TV ATZ LSA gegen den Arbeitgeber, dass dieser nach billigem Ermessen darüber entscheidet, ob er mit dem Arbeitnehmer einen Altersteilzeitvertrag schließt. Die Überschreitung der Überlastquote ist ein negatives Tatbestandsmerkmal, das bereits die Entstehung des Anspruchs hindert (zuletzt BAG, 13. Dezember 2016 – 9 AZR 606/15 –, juris, Rn. 20 – 22). Dies gilt auch für den Anspruch eines Beschäftigten, der das 60 Lebensjahr vollendet hat.
- 61
Die Überlastquote von 5 % war im Bereich der Schulverwaltung des beklagten Landes zum maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich der Entscheidung über den Altersteilzeitantrag (vgl. BAG, 10.02.2015 – 9 AZR 1115/11 –) überschritten.
2.2
- 62
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich jedoch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 TV ATZ LSA. Das beklagte Land hat gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, indem es mit mehreren Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen hat, obwohl die Überlastquote überschritten war, dies aber gegenüber der Klägerin verweigert hat.
a)
- 63
Schließt der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 1 AltTZG geregelten Überlastquote hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag seines Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgegebenen Regelung gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzung so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG, 15. November 2011 – 9 AZR 387/10, juris). Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten oder benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Dabei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigt, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG 13. Dezember 2016 – 9 AZR 606/15, Rn. 26 ff.; Schaub/Link, Arb-HdB, 16. Auflage § 112 Rn. 16).
- 64
Allerdings besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, die Verwaltungspraxis durch Festsetzung eines Stichtages wieder zu beenden. Eine solche Stichtagsregelung ist zulässig. Die mit ihr verbundenen Härten sind grundsätzlich hinzunehmen. Dies gilt für die tariflich in die Anspruchsvoraussetzungen einbezogene Überforderungsquote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 1. Alt. AltTZG in besonderem Maße. Diese Regelung schützt die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers. Sie überlässt es ihm unter anderem, ob er einen Stichtag bestimmt. Bestimmt der Arbeitgeber für Altersteilzeitanträge einen Stichtag in der Zukunft, obwohl er die Überlastquote schon überschritten hat, muss er bei der Gewährung dieser freiwilligen übertariflichen Leistung den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Um den berechtigten Arbeitnehmern die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob sie Altersteilzeitanträge stellen wollen, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass ihnen der Stichtag bekannt gegeben wird. Sonst kann es zu einer zufälligen faktischen "Überholung" von Arbeitnehmern mit älteren Rechten kommen. Eine solche zufällige Auswahl wäre sachlich nicht gerechtfertigt, sondern willkürlich (BAG 15. April 2008 – 9 AZR 111/07, juris, Rn. 53 ff.).
b)
- 65
Das beklagte Land hat unstreitig in einer Mehrzahl von Fällen nach Überschreitung der Überlastquote mit Lehrkräften Altersteilzeitarbeitsverträge in den Jahren bis 2014 abgeschlossen. Aus anderen arbeitsrechtlichen Verfahren ist bekannt, dass das beklagte Land mit Lehrkräften an berufsbildenden Schulen auch 2015 Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen hat, obwohl die Überlastquote überschritten war. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes steht der Umstand, dass für die von diesen Lehrern unterrichteten Fächern zukünftig kein Bedarf mehr besteht, einer Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entgegen. Dieser beschränkt die jeweilige Vergleichsgruppe in Bezug auf den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen nicht auf Lehrkräfte mit bestimmten Fächerkombinationen. Die sich aus den jeweiligen von der Lehrkraft unterrichteten Fächern ergebenden Besonderheiten sind vielmehr bei der Frage, ob dem Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages dringende dienstliche Gründe i. S. d. § 2 Abs. 3 TV ATZ LSA entgegenstehen, zu berücksichtigen (vgl. insoweit BAG 13. Dezember 2016, aaO, wonach eine Vergleichbarkeit von Bediensteten des beklagten Landes ungeachtet der von diesen im Geschäftsbereich der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau ausgeübten unterschiedlichen Funktionen bejaht worden ist; LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.07.2017 - 2 Sa 156/16, II. 1 a der Entscheidungsgründe).
c)
- 66
Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Klägerin hatte das beklagte Land die Verwaltungspraxis auch nicht durch Setzen eines Stichtages wieder aufgegeben. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Stichtagsregelung im Bereich der Schulverwaltung hätte bekannt gemacht werden müssen. Vorliegend lässt sich aus dem Sachvortrag des beklagten Landes nicht ableiten, dass überhaupt eine Stichtagsregelung dahingehend, zukünftig keine Altersteilzeitarbeitsverträge mit Lehrkräften abzuschließen, solange die Überlastquote überschritten ist, getroffen worden ist. Der Haushaltsführungserlass 2015 enthält eine solche Entscheidung nicht. Abschnitt 2 Ziffer 11 definiert lediglich (mit verwaltungsinterner Bindung) für den Bereich der Lehrkräfte den Ablehnungsgrund des § 2 Abs. 3 TV ATZ LSA dahingehend, dass dieser grundsätzlich bei einer Entscheidung über dem ATZ-Antrag als einschlägig anzunehmen sei. Daraus folgt jedoch per Umkehrschluss, dass die Praxis in der Schulverwaltung, ungeachtet des Überschreitens der Überlastquote mit Lehrkräften, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen im Übrigen (weiter) Altersteilzeitarbeitsverträge abzuschließen, gerade nicht vollständig beenden werden soll. Der Erlass schränkt lediglich die Anzahl der zukünftigen im Bereich der Schulverwaltung zu schließenden Altersteilzeitarbeitsverträge ein, indem er den Abschluss derselben zur Ausnahme macht. Diesen Vorgaben entsprechend hat auch die Schulverwaltung des beklagten Landes im Jahr 2015 weitere Altersteilzeitverträge "ausnahmsweise" abgeschlossen (zutreffend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.07.2017, 2 Sa 156/16 unter II. 1 b).
- 67
So wurde auch der Lehrkraft Frau A… L…, die an der gleichen Schule wie die Klägerin unterrichtet, 2015 Altersteilzeit antragsgemäß gewährt mit der Maßgabe, dass die Arbeitsphase von August 2517 bis August 2017 und die Ruhephase von September 2017 bis August 2019 vereinbart wurde.
2.3
- 68
Damit bestimmt sich aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes der Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages nach § 2 TV ATZ LSA.
a.
- 69
Die Klägerin erfüllt unstreitig die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 TV ATZ LSA. Maßgeblich dabei ist, dass zum Zeitpunkt des Beginns der gewünschten Altersteilzeit das 60. Lebensjahr vollendet worden ist. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 S. 2 TVATZ LSA, der eine Vorlauffrist von 3 Monaten vorsieht. Würde man (für eine positive Entscheidung) verlangen, dass der Beschäftigte bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag das 60. Lebensjahr vollendet hat, wäre der von den Tarifvertragsparteien festgelegte Beginn der Altersteilzeit mit Erreichen des 60. Lebensjahres nicht realisierbar.
b.
- 70
Für das beklagte Land bestand im vorliegenden Fall kein Ablehnungsgrund gemäß § 2 Abs. 3 TV ATZ LSA. Aus dem von dem beklagten Land vorgetragenen Sachverhalt lassen sich dringende dienstliche, der Begründung als Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell entgegenstehende Gründe nicht entnehmen.
- 71
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ist in den Fällen ausgeschlossen, in denen die von dem Arbeitnehmer begehrte Vertragsänderung gewichtige Belange des Arbeitgebers in erheblichem Maße beeinträchtigt. Die Aufwendung des Arbeitgebers, die typischerweise mit jedem Altersteilzeitarbeitsverhältnis verbunden sind, stellen für sich genommen im Regelfall keine dringenden dienstlichen oder betriebliche Gründe dar. Zu diesen typischen Aufwendungen gehören die finanziellen Lasten, die dem Arbeitgeber aufgrund der gesetzlichen und tariflichen Vorschriften mit jedem Altersteilzeitverhältnis entgegenstehen. Nicht ausgeschlossen ist, dass im Einzelfall eine unverhältnismäßig hohe finanzielle Belastung eintreten kann, die unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage den Arbeitgeber berechtigt, die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsvertrages aus dringenden dienstlichen oder betrieblichen Gründen abzulehnen. Bei diesen Gründen i. S. v. § 2 Abs. 3 TV ATZ LSA handelt es sich um eine negative Anspruchsvoraussetzung. Der Arbeitgeber hat deshalb die zu Grunde liegenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen (BAG, 21. Februar 2012 – 9 AZR 479/10 – Rdnr. 16).
- 72
Soweit das beklagte Land in seinem Ablehnungsschreiben auf haushaltsrechtliche Beschränkungen, die einer Wiederbesetzung der Stelle der Klägerin entgegenstehen, verweist, kann dieser Einwand schon wegen des mit dem TV ATZ LSA verfolgten Regelungszwecks keinen dringenden dienstlichen Grund darstellen. Die Praxis des beklagten Landes, die Vorgaben des TV ATZ LSA als Instrument des Personalabbaus zu nutzen, stehen mit dem Zweck des Tarifvertrages, der in § 2 Abs. 1 TV ATZ LSA seinen Niederschlag gefunden hat, nicht in Einklang. Die Norm verweist auf das Altersteilzeitgesetz. Gemäß § 1 Abs. 2 ATZ soll die Arbeitszeit "die Einstellung eines sonst arbeitslosen Arbeitnehmers ermöglichen". Mithin dient die Altersteilzeit gerade nicht der Einsparung von Arbeitsplätzen, sondern deren Besetzung mit Arbeitssuchenden (BAG, 13. Dezember 2016, aaO, Rdnr. 31, 36).
- 73
Ein Ablehnungsgrund ergibt sich weiter nicht aus der von dem beklagten Land dargelegten personalwirtschaftlichen Situation an den Gemeinschaftsschulen in Sachsen-Anhalt. Das beklagte Land beschränkt sich in seinem Vorbringen im Wesentlichen darauf, die personalwirtschaftliche Situation in diesem Bereich in den Jahren 2015 bis 2017 darzustellen.
- 74
Das konkret die Stelle der Klägerin bei ihrem beabsichtigten Eintritt in die Freistellungsphase auf Grund der Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht nachbesetzt werden kann, obwohl hierfür ein Bedarf besteht, hat das beklagte Land nicht hinreichend dargelegt. Aus seinem Vortrag lässt sich eine diesbezügliche Prognosegrundlage nicht mit der erforderlichen Substanz ableiten.
- 75
Es liegt in der Natur der Sache, dass durch den Abschluss eines Tarifvertrages, der älteren Arbeitnehmern den gleitenden Übergang in die Altersruhe ermöglicht und dafür im Gegenzug die Einstellung von jungen Arbeitnehmern fördern soll, bei dem an diesen Tarifvertrag gebundenen öffentlichen Arbeitgeber ein Personalbedarf entsteht. Insoweit hat der den Tarifvertrag abschließende Arbeitgeber als Konsequenz seines vertraglichen Handelns sein personalwirtschaftliches Konzept entsprechend anzupassen. Wenn das beklagte Land dies zunächst unterlassen hat, weil es den TV ATZ LSA als Instrument zur Personalreduzierung eingesetzt hat, so kann dies angesichts der Zweckrichtung des TV ATZ LSA nicht zu einem pauschalen, ganze Gruppen von Beschäftigten erfassenden Versagungsgrund i. S. d. § 2 Abs. 3 TV ATZ LSA führen. § 2 Abs. 3 TV ATZ LSA stellt vielmehr auf den konkreten Einzelfall ab und begründet gerade keine "verkappte" weitere Überlastquotenregelung.
- 76
Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass im Bereich der Schulverwaltung Planstellen, mit deren Inhabern Altersteilzeitverträge geschlossen worden sind, nicht in jedem Fall mit Ausscheiden des die Altersteilzeit in Anspruch nehmenden Beschäftigten ersatzlos in Wegfall geraten sind. Zwar bestand im Bereich der Schulverwaltung ein so genannter Einstellungskorridor, mit dem durch altersteilzeitbedingte Abgänge von Lehrkräften kompensiert werden konnten. Dieser Einstellungskorridor war jedoch nicht derart gestaltet, dass der Personalbestand an Lehrkräften "1 zu 1" aufrecht erhalten werden konnte (vgl. Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 11.07.2017 – 2 Sa 156/16 unter II. 2 a bb der Entscheidungsgründe). Das beklagte Land konnte im vorliegenden Fall nicht ausreichend vortragen, dass bei einem vorzeitigen Ausscheiden der Klägerin aus dem aktiven Dienst in Relation zu einem planmäßigen Ausscheiden bei Erreichen der Regelaltersgrenze dringend dienstliche Gründe entgegenstehen. Aus dem Vortrag des beklagten Landes lässt sich ableiten, dass allgemein – wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes und der Wirtschaft – die Rekrutierung von Nachwuchspersonal, insbesondere von Fachkräften, sich zunehmend schwieriger gestaltet. Dass darüber hinaus in Bezug auf die Position der Klägerin eine vorzeitige Nachbesetzung – angesichts der demografischen Entwicklung spricht viel dafür, dass die Problemlage sich bis zu einem Ausscheiden der Klägerin mit Erreichen der Regelaltersgrenze nicht entspannen wird – "ihrer" Stelle mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden sein wird, ist hingegen nicht erkennbar. Die bei der Nachbesetzung von Stellen allgemein auftretenden Schwierigkeiten hat das beklagte Land jedoch als Konsequenz seines autonomen Handelns (Abschluss eines Tarifvertrages über Altersteilzeit) in der Weise hinzunehmen, dass hierauf die Ablehnung eines Altersteilzeitvertrages, auf den der betroffene Arbeitnehmer grundsätzlich einen Rechtsanspruch hat, nicht gestützt werden kann.
III.
- 77
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
- 78
Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) zu. Die Kammer weicht auch nicht von einer gefestigten Rechtsprechung ab. Es liegt auch keine Divergenz zu Entscheidungen anderer Kammern des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt betreffend des Abschlusses eines Altersteilzeitarbeitsvertrages vor. Vielmehr haben sowohl die 2., die 4. als auch 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt den Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages in vergleichbaren Fällen bejaht (Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, 11.07.2017 – 2 Sa 156/16 –; Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 19.06.2017 – 6 Sa 318/15 –; Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 21.04.2017 – 4 Sa 472/15 –).
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Annotations
(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.
(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.
(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.
(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.