Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Juni 2012 - 3 Sa 30/11

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2012:0614.3SA30.11.0A
bei uns veröffentlicht am14.06.2012

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 13. Januar 2011 - 6 Ca 1272/10 wird

zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger für die Zeit seiner Ausbildung zum Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik eine angemessene Vergütung zugestanden hat.

2

Der ... geborene Kläger wurde im Betrieb der Beklagten in der Zeit vom 1. September 2006 bis zum 20. Januar 2010 zum Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik ausgebildet. Die rechtliche Grundlage des Berufsausbildungsverhältnisses bildete der Berufsausbildungsvertrag vom 10. Mai 2006. Danach zahlte die Beklagte dem Kläger eine Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr von monatlich 288,00 €, im zweiten Ausbildungsjahr von monatlich 288,00 €, im dritten Ausbildungsjahr von 300,00 € und im vierten Ausbildungsjahr von 325,00 €. Der Ausbildungsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmung:

3

„H Hinweise auf anzuwendende Tarifverträge u./o. Betriebsvereinbarungen; sonstige Vereinbarungen (§ 11)

4

keine tarifl. Bestimmung“

5

Das Ausbildungsverhältnis endete am 20. Januar 2010 nach bestandener Facharbeiterprüfung.

6

Der Kläger war der Auffassung, für sein Berufsausbildungsverhältnis mit der Beklagten wären die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalt einschlägig gewesen, weil die Beklagte auf den Verkauf von Elektrowerkzeugen und die Reparatur sowie die Wicklung von Elektromotoren für die gewerbliche Industrie und für Privatkunden spezialisiert sei und er im Bereich der Reparatur und der Wicklung der Elektromotoren tätig gewesen sei. Zur Ermittlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung sei der Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalt heranzuziehen. Im Vergleich zu diesem Tarifvertrag habe die Beklagte ihm durchweg eine um mehr als 20 % niedrigere Ausbildungsvergütung gezahlt. Die gezahlte Ausbildungsvergütung sei damit nicht angemessen gewesen.

7

Mit Schreiben vom 06.04.2010 hat der Kläger u. a. von der Beklagten die Nachzahlung von 20.936,32 € brutto gefordert. Die Beklagte kam dieser Forderung nicht nach.

8

Der Kläger hat am 29. April 2010 beim Arbeitsgericht Magdeburg Klage mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zur Zahlung von 20.936,32 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB an ihn zu verurteilen.

9

Auf die entsprechende Einwendung der Beklagten in der Güteverhandlung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 09.08.2010 unstreitig gestellt, dass die Beklagte dem Elektrohandwerk zuzuordnen ist und die Ansicht vertreten, dass folglich der Tarifvertrag für Lehrlinge in den Elektrohandwerken des Landes Sachsen-Anhalt vom 1. August 2008 Maßstab für die Ausbildungsvergütung sei. Er änderte die Klage und hat angekündigt, zu beantragen, die Beklagte zur Zahlung von 4.897,96 € brutto, hilfsweise von 1.538,97 € brutto, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB an ihn zu verurteilen.

10

Nachdem die Beklagte im Schriftsatz vom 13.09.2010 ausgeführt hatte, es müsse der ab 1. August 2002 gültige Tarifvertrag und nicht der von 2008 herangezogen, weil das Ausbildungsverhältnis im Jahr 2006 begonnen habe, änderte der Kläger seine Klage ein weiteres Mal. Er hat abschließend vor dem Arbeitsgericht beantragt,

11

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.396,67 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf... zu zahlen,

12

2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 824,67 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf... zu zahlen.

13

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Darstellung des Tatbestandes im Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 13. Januar 2011 - 6 Ca 1272/10 - (S. 2 bis 4 des Urteils = Bl. 143 bis 146 d. A.) verwiesen.

14

Das Arbeitsgericht Magdeburg hat die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

15

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dem Kläger ständen gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Zahlung der Differenzbeträge zwischen der geforderten tariflichen und der gezahlten Ausbildungsvergütung zu. Angesichts der fehlenden Tarifbindung der Beklagten ergebe sich der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer tariflichen Vergütung nicht aus den §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG. Der Klageanspruch folge auch nicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wonach Ausbildende den Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren hätten. Denn die im Ausbildungsvertrag vom 10. Mai 2006 enthaltene Vergütungsabrede sei nicht nach § 134 BGB unwirksam. Die Parteien hätten den ihnen bei der Festsetzung der Ausbildungsvergütung eingeräumten Spielraum noch gewahrt. Die im Ausbildungsvertrag vereinbarten Entgelte unterschritten für die streitgegenständlichen Ausbildungsjahre die Vergütungssätze des seit August 2008 gültigen Tarifvertrages für Lehrlinge in den Elektrohandwerken des Landes Sachsen-Anhalt zwar um mehr als 20 %, aber für die Beurteilung der Unwirksamkeit einer vertraglichen Regelung gemäß § 134 BGB seien die Umstände maßgebend, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorgelegen hätten. Deshalb könne Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Vergütungsvereinbarung nur der bei Abschluss des Ausbildungsvertrages im Mai 2006 bereits vorgelegene Tarifvertrag von 2002 sein, nicht das erst zwei Jahre später abgeschlossene Tarifwerk. Da die Bezahlung des Klägers die maßgeblichen tariflichen Vergütungssätze nicht um mehr als 20 % unterschritten habe, könne die Unangemessenheit der Vergütung nicht vermutet werden und der Kläger hätte nähere Umstände dafür darlegen müssen, dass seine Vergütung nicht mehr angemessen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG gewesen sei. Dies sei nicht geschehen, was zu Lasten des Klägers gehe.

16

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 bis 8 des vorbezeichneten Urteils (Bl. 146 bis 148 d. A.) verwiesen.

17

Der Kläger hat gegen das ihm am 20. Januar 2011 zugestellte Urteil am 3. Februar 2011 beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er hat diese innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 20. April 2011 begründet.

18

Der Kläger nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Er meint, er könne eine höhere Ausbildungsvergütung verlangen, da die mit ihm vereinbarte Ausbildungsvergütung sittenwidrig niedrig gewesen sei. Die Beklagte und das Arbeitsgericht hätten die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die von der Beklagten gezahlte Ausbildungsvergütung habe weder geholfen, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten, noch habe sie eine Mindestentlohnung für seine Leistungen dargestellt. Die gezahlte Ausbildungsvergütung habe nicht einmal den Regelsatz nach dem SGB II entsprochen. Der Kläger bestreitet, dass die Beklagte ein reiner Handwerksbetrieb sei. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beklagte bisher nicht vorgetragen habe, dass sie in die Handwerksrolle eingetragen sei. Außerdem gehöre sie der Industrie- und Handelskammer an. Die Beklagte betreibe nach ihrem internet-Auftritt überwiegend einen Fachhandel, Verleihservice und einen Online-Shop und biete nebenbei auch einen Reparaturservice an. Insoweit komme für die Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung als Vergleichsmaßstab der Tarifvertrag für den Einzelhandel im Land Sachsen-Anhalt in Betracht. Wie sich bereits aus der mit seinem Schriftsatz vom 09.08.2010 übersandten Auskunft des MWA Sachsen-Anhalt ergebe, liege die Ausbildungsvergütung, die im Wirtschaftsraum Sachsen-Anhalt die ortsübliche Vergütung im Einzelhandel darstelle, deutlich über der von der Beklagten mit ihm vereinbarten Vergütung. Die Ausbildungsvergütung im Einzelhandel habe ab 1. September 2004 im ersten Lehrjahr 538,00 €, im zweiten Lehrjahr 606,00 € und im dritten Lehrjahr 694,00 € betragen. Ab 1. August 2008 habe die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr 554,00 €, im zweiten Lehrjahr 624,00 € und im dritten Lehrjahr 715,00 € betragen. Ab dem 1. November 2009 habe die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr 566,00 €, im zweiten Lehrjahr 637,00 € und im dritten Lehrjahr 730,00 € betragen. Er könne sich jedenfalls darauf berufen, dass die vereinbarte Ausbildungsvergütung im Verhältnis zu dem jeweils aktuellen Tarifvertrag der sog. „Christlichen Gewerkschaft Metall“ unangemessen gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts sei nicht auf den Tarifvertrag im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Bei einem Dauerschuldverhältnis könne sich ändern, was angemessen sei. Die Prüfung der Angemessenheit könne sich sinnvoller Weise nur auf die jeweiligen Zeitabschnitte beziehen.

19

Der Kläger beantragt,

20

1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Magdeburg (6 Ca 1272/10) vom 13.01.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.396,67 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB

21

auf ... 125.00 EUR seit dem 15.09.2008,

22

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.10.2008,

23

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.11.2008,

24

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.12.2008,

25

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.01.2009,

26

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.02.2009,

27

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.03.2009,

28

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.04.2009,

29

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.05.2009,

30

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.06.2009,

31

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.07.2009,

32

auf weitere 125.00 EUR seit dem 15.08.2009,

33

auf weitere 135.00 EUR seit dem 15.09.2009,

34

auf weitere 135.00 EUR seit dem 15.10.2009,

35

auf weitere 135.00 EUR seit dem 15.11.2009,

36

auf weitere 135.00 EUR seit dem 15.12.2009,

37

auf weitere 135.00 EUR seit dem 15.01.2010 sowie

38

auf weitere 221,67 EUR seit dem 15.02.2010

39

zu zahlen,

40

2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 824,67 EUR brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB

41

auf ... 40,00 EUR seit dem 15.09.2008,

42

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.10.2008,

43

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.11.2008,

44

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.12.2008,

45

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.01.2009,

46

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.02.2009,

47

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.03.2009,

48

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.04.2009,

49

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.05.2009,

50

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.06.2009,

51

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.07.2009,

52

auf weitere 40,00 EUR seit dem 15.08.2009,

53

auf weitere 43,00 EUR seit dem 15.09.2009,

54

auf weitere 43,00 EUR seit dem 15.10.2009,

55

auf weitere 43,00 EUR seit dem 15.11.2009,

56

auf weitere 43,00 EUR seit dem 15.12.2009,

57

auf weitere 43,00 EUR seit dem 15.01.2010 sowie

58

auf weitere 129,67 EUR seit dem 15.02.2010

59

zu zahlen.

60

Die Beklagte beantragt,

61

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

62

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Sie weist darauf hin, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 09.08.2010 unstreitig gestellt habe, dass sie dem Elektrohandwerk zuzuordnen sei. Deshalb sei der Tarifvertrag für Auszubildende in den Elektrohandwerken des Landes Sachsen-Anhalt der Maßstab für die Ausbildungsvergütung. Sie sei in die Handwerksrolle eingetragen. Ihr Betriebsleiter Walter K. sei Meister im Bereich Elektromaschinenbauerhandwerk. In diesem Bereich sei der Kläger ausgebildet worden. Vor Abschluss des Ausbildungsvertrages mit dem Kläger habe sie sich bei der IHK über die zu zahlende Ausbildungsvergütung informiert. Die in den Vertrag aufgenommenen Beträge seien ihr von der IHK genannt worden. Das sei offenbar auf der Grundlage des damals gültigen Tarifvertrages des Landesinnungsverbandes Sachsen-Anhalt in den Elektrohandwerken und der Christlichen Gewerkschaft Metall, Landesverband Sachsen-Anhalt, vom 16. Juni 2002 geschehen. Die IHK habe wohl den zulässigen Abzug von 20 % vorgenommen. Während des Ausbildungsverhältnisses habe sie niemand davon benachrichtigt, dass die Ausbildungsvergütung anzuheben sei, weil ein anderer Tarifvertrag abgeschlossen worden sei. Tarifverträge würden von den Tarifvertragsparteien derart unter Verschluss gehalten, dass sie über normale Quellen nicht zugänglich seien. Angesichts dieser Umstände könne es nicht angehen, dass sie gehalten sei, während eines Ausbildungsverhältnisses mit fest vereinbarten Vergütungen Nachforschungen über mögliche Tarifänderungen anzustellen. Eine solche Tariferhöhung könne nicht dazu führen, dass die ordentlich und zulässig vereinbarte Ausbildungsvergütung unangemessen im Sinne des § 17 BBiG werde oder als sittenwidrig anzusehen sei.

63

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 19.04.2011, auf die Berufungsbeantwortung vom 09.05.2011 nebst Anlagen und auf das Protokoll vom 14.06.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

64

I. Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung des Klägers ist frist- und formgerecht beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet worden (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 lit. b u. 6 S. 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO). Die Berufung ist zulässig.

65

II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Ausbildungsvergütung.

66

1. Die Beklagte hat dem Kläger während der Dauer der gesamten Ausbildung eine angemessene Ausbildungsvergütung gewährt.

67

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG hatte die Beklagte als Ausbildende dem Kläger als dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Ausbildungsvergütung war nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BBiG nach dem Lebensalter des Klägers so zu bemessen ist, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, anstieg.

68

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Ausbildungsvergütung dann angemessen, wenn sie den Auszubildenden und seine unterhaltspflichtigen Eltern bei der Bestreitung der Lebenshaltungskosten finanziell unterstützt, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleistet und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang „entlohnt“, d. h. eine Mindestentlohnung darstellt. Die gesetzliche Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG stellt dabei nur eine Rahmenvorschrift dar und legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest. Es ist zunächst Sache der Vertragsparteien, die Höhe der Ausbildungsvergütung zu bestimmen, sofern nicht bei Tarifbindung beider ohnehin die tarifliche Vergütung maßgebend ist. Die Vertragsparteien haben dabei von Gesetzes wegen einen gewissen Spielraum. Ob sie diesen gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles festzustellen. Dabei ist die Verkehrsanschauung maßgeblich. Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung sind die einschlägigen Tarifverträge. Bei ihnen ist anzunehmen, dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt. Gilt keine tarifliche Regelung, kann auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsanschauung des betreffenden Bereichs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. Unangemessen ist eine vereinbarte Ausbildungsvergütung, wenn sie die einschlägige tarifliche oder branchenübliche Vergütung um mehr als 20 % unterschreitet. Dies hat zur Folge, dass die volle tarifliche oder branchenübliche Ausbildungsvergütung zu zahlen ist. Die Vereinbarung der Vertragsparteien ist gerichtlich darauf zu prüfen, ob die vereinbarte Ausbildungsvergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen anzusehen ist (u. a. BAG vom 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 -, NZA 2012, 211-217; BAG vom 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 -, zitiert nach Juris; BAG vom 15. Dezember 2005 - 6 AZR 224/05 -, AP Nr. 15 zu § 10 BBiG; BAG vom 8. Mai 2003 - 6 AZR 191/02 -, AP Nr. 14 zu § 10 BBiG).

69

2. Gemessen an diesen Grundsätzen halten die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Angemessenheit der Ausbildungsvergütung einer Prüfung durch das Berufungsgericht stand. Die Vergütungsabrede im Berufsausbildungsvertrag der Parteien vom 10. Mai 2006 ist nicht nach § 134 BGB unwirksam. Die Parteien haben den ihnen bei der Festsetzung der Ausbildungsvergütung eingeräumten Spielraum noch gewahrt.

70

a) Für das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien galt keine tarifliche Regelung. Folglich kann auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsanschauung des betreffenden Bereichs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. Kontrollmaßstab für die Angemessenheit der von den Parteien vereinbarten Ausbildungsvergütung können entgegen der vom Kläger in der Berufungsinstanz vertretenen Ansicht nicht die Tarifverträge des Einzelhandels in Sachsen-Anhalt sein. Bei ihnen handelt es sich nicht um einschlägige Tarifverträge, weil die Beklagte kein Arbeitgeber des Einzelhandels ist. Als Kontrollmaßstab können die Tarifverträge in den Elektrohandwerken des Landes Sachsen-Anhalt herangezogen werden. Denn bei der Beklagten handelt es sich zumindest zum Teil um einen Betrieb des Elektrohandwerks. Die Beklagte ist seit dem 10. Juni 1999 in die Handwerks- und Gewerberolle der Handwerkskammer Halle (Saale) eingetragen (Bl. 184 d. A.). Als Handwerk ist dort „Elektromaschinenbauer“ eingetragen. Zu 56 % gehört die Beklagte außerdem laut der Eintragung in der Handwerks- und Gewerberolle der Industrie- und Handelskammer Halle an. Aus dieser Tatsache folgt, dass die Beklagte einen handwerklichen „Betriebsteil“ führt. In diesem „Betriebsteil“ bzw. Bereich des Elektromaschinenbauerhandwerks wurde der Kläger ausgebildet. Dass die Beklagte Mitglied der Innung der Elektrohandwerke ist, ist von keiner Partei vorgetragen.

71

b) Die Parteien schlossen den Berufsausbildungsvertrag am 10. Mai 2006 ab. Zum damaligen Zeitpunkt war der Tarifvertrag für Lehrlinge in den Elektrohandwerken des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. Juni 2002, der vom 1. August 2002 bis zum 31. August 2008 in Kraft war, gültig. Er ist vorliegend als Kontrollmaßstab für die Angemessenheit der von den Parteien vereinbarten Ausbildungsvergütung heranzuziehen. Gemäß § 2 dieses Tarifvertrages betrug die Ausbildungsvergütung monatlich im ersten Ausbildungsjahr 335,00 €, im zweiten Ausbildungsjahr 360,00 €, im dritten Ausbildungsjahr 375,00 € und im vierten Ausbildungsjahr 400,00 €. Weitere Leistungen waren im Tarifvertrag vom 13. Juni 2002 nicht vereinbart. Die von den Parteien im Berufsausbildungsvertrag am 10. Mai 2006 vereinbarten Sätze der monatlichen Ausbildungsvergütung, die die Beklagte zahlte, haben diese einschlägige tarifliche Vergütung in den ersten drei Ausbildungsjahren um genau 20 % und im vierten Ausbildungsjahr um 18,75 % unterschritten. Die vereinbarte Ausbildungsvergütung erreichte mithin die Mindesthöhe und ist insoweit noch als angemessen anzusehen. Ihrer Funktion, zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten des Klägers beizutragen, dem Kläger eine Ausbildung zu ermöglichen und für seine Leistungen als Auszubildender eine Mindestentlohnung darzustellen, wurde sie noch gerecht.

72

c) Zum 1. September 2008 trat der Tarifvertrag für Lehrlinge in den Elektrohandwerken in Sachsen-Anhalt vom 15. August 2008 in Kraft. Gemäß § 2 dieses Tarifvertrages beträgt die Ausbildungsvergütung seit dem 1. August 2008 monatlich im ersten Ausbildungsjahr 380,00 €, im zweiten Ausbildungsjahr 405,00 €, im dritten Ausbildungsjahr 425,00 € und im vierten Ausbildungsjahr 460,00 €. Außerdem wird gemäß § 6 Abs. 1 ein Urlaubsgeld von 20 % gewährt. Der Kläger beendete das zweite Ausbildungsjahr am 31. August 2008, begann das dritte Ausbildungsjahr am 1. September 2008 und das vierte Ausbildungsjahr am 1. September 2009. Die zwischen den Parteien vereinbarte und von der Beklagte gezahlte monatliche Ausbildungsvergütung betrug, gemessen an den im Tarifvertrag vom 15. August 2008 geregelten Leistungen, etwa 71 % und unterschritt damit ab 1. August 2008 deutlich die Grenze von 80 % der in den Elektrohandwerken in Sachsen-Anhalt üblichen Ausbildungsvergütung. Das führt jedoch weder zur Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung der Parteien noch zur Unangemessenheit der dem Kläger von der Beklagten gewährten Ausbildungsvergütung. Die erkennende Kammer des Berufungsgerichts teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach als Kontrollmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der vereinbarten Ausbildungsvergütung nur der bei Abschluss des Berufsausbildungsvertrages vorgelegene Tarifvertrag herangezogen werden kann. Denn für die Beurteilung, ob eine vertragliche Regelung gemäß § 134 BGB nichtig ist, sind die Umstände maßgebend, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Vorgelegen haben (Palandt, BGB, 71. Aufl., § 134 Rn 12a mit Hinweisen auf die einschlägige Rechtspr.). Außerdem verhindert der für die Beklagte bestehende Vertrauensschutz, einen gesetzeskonformen Vertrag abgeschlossen zu haben, die Umwandlung der ursprünglich zulässigen Vereinbarung über die Ausbildungsvergütung in eine spätere unzulässige bzw. sittenwidrige Vereinbarung.

73

Nach alldem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

74

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

75

IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Hierfür liegen keine Gründe im Sinne der Vorschrift des § 72 Abs. 2 ArbGG vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht nach § 72 a ArbGG wird der Kläger hingewiesen.


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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


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(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an. (2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatlich

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(1) Wer andere Personen zur Berufsausbildung einstellt (Ausbildende), hat mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen. (2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nic

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Aug. 2011 - 3 AZR 575/09

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2008 - 5 Sa 339/08 - wird zurückgewiesen.

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*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2008 - 5 Sa 339/08 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2008 - 5 Sa 339/08 - wird als unzulässig verworfen, soweit der Kläger mit ihr die Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 102,01 Euro und Vergütung für den 16. Mai 2007 in Höhe von 32,64 Euro brutto - jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - verlangt.

Auf die Anschlussrevision des Klägers wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussrevision - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2008 - 5 Sa 339/08 - teilweise aufgehoben, soweit die Klage in Höhe von 2.985,45 Euro brutto nebst Zinsen abgewiesen wurde.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 5. Juni 2008 - 10 Ca 2779/07 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 4.015,15 Euro brutto (Vergütung für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 in Höhe von jeweils 674,38 Euro brutto für Dezember 2006 bis April 2007 und 643,25 Euro brutto für Mai 2007) nebst Zinsen richtet.

Im Übrigen (hinsichtlich der begehrten Vergütung für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 30. November 2006) wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger für die Zeit einer Ausbildung zum Altenpfleger eine angemessene Vergütung zusteht sowie über die Kosten außergerichtlicher anwaltlicher Vertretung.

2

Der Kläger schloss mit dem Beklagten, einer Einrichtung der Diakonie, als Träger der praktischen Ausbildung und dem Träger der schulischen Ausbildung einen Ausbildungsvertrag für eine Ausbildung zum Altenpfleger. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

        

Ausbildungsvertrag für von der Agentur für Arbeit oder einem anderen Kostenträger geförderte Auszubildende/-er der Altenpflegeausbildung

        

…       

        

§ 1 Ausbildungsgegenstand und -voraussetzungen

        

1.1     

Herr G wird für den Beruf einer Altenpflegerin/-er nach den Vorschriften des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz - AltPflg) vom 17. November 2000 und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers (Altenpflegeausbildungs- und -prüfungsverordnung - AltPflgAPrV) in der jeweils gültigen Fassung ausgebildet.

        

1.2     

Die inhaltliche und zeitliche Gliederung der praktischen Ausbildung erfolgt in Abstimmung mit dem Träger der schulischen Ausbildung.

        

1.3     

Die Ausbildung erfolgt unter der Voraussetzung, dass die gesundheitliche Eignung der/des Auszubildenden vorliegt.

        

1.4     

Für die fachpraktische Ausbildung finden die allgemeinen Arbeitsbedingungen des Trägers der praktischen Ausbildung Anwenden, sofern sie nicht den Regelungen der Ausbildungsverordnung entgegenstehen und in diesem Vertrag keine abweichenden Regelungen getroffen werden.

        

§ 2 Ausbildungsdauer

        

die Ausbildung beginnt am 01.08.2006 und endet am 31.07.2009.

                 
        

§ 3 Kündigung des Ausbildungsverhältnisses

        

3.1     

Während der Probezeit von sechs Monaten kann das Ausbildungsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluss ordentlich gekündigt werden. Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen der Träger der praktischen und der theoretischen Ausbildung von diesen gekündigt werden, wenn der/die Auszubildende seine/ihre Pflichten nach § 4 - Durchführung der Ausbildung - in grober Weise verletzt bzw. gegen seine/ihre Pflichten verstößt.

        

3.2     

Der/die Auszubildende kann die praktische Ausbildung mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Ende eines Kalendermonats kündigen, wenn er/sie diesen Teil der Ausbildung bei einem anderen Träger fortsetzen möchte.

        

3.3     

Die Kündigung muss schriftlich unter Angabe des Grundes erfolgen.

        

…       

        
        

§ 5 Ausbildungszeiten

        

Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit beträgt in der praktischen Ausbildung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 40 Stunden …

        

…       

        
        

§ 7 Ausbildungsvergütung

        

Da die/der Auszubildende während der Ausbildung von der Agentur für Arbeit oder einem anderen Kostenträger eine individuelle finanzielle Förderung erhält, wird keine Ausbildungsvergütung bezahlt.

        

…       

        

§ 10 Sonstiges

        

10.1   

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen des vorstehenden Vertrages hierdurch nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Ersatzregelung, die dem mit der unwirksamen Bestimmung angestrebten Zweck möglichst nahe kommt.

        

…“    

        
3

Der Ausbildungsvertrag eines anderen Altenpflegeschülers beim Beklagten, der seine Ausbildung gleichzeitig mit dem Kläger begann, enthält eine Regelung, nach der sich die zu zahlende Ausbildungsvergütung bis zum Abschluss eines eigenen Tarifvertrages für Altenpflegeschüler nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes für Krankenpflegeschüler richtet und eine Ausbildungsvergütung nur zu zahlen ist, wenn der Schüler keinen Anspruch auf öffentliche Mittel hat, die den Unterhalt sichern.

4

Die Heimleiterin der Pflegeabteilung, in der die Ausbildung durchgeführt wurde, teilte dem Kläger vor der Einstellung mit, der Beklagte als gemeinnützige Einrichtung werde auf keinen Fall eine Ausbildungsvergütung zahlen. Der Kläger könne für die Ausbildung zum Beispiel Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (künftig: BAföG) oder „Hartz IV“-Leistungen beantragen. Eine Einstellung sei nur bei der Bewilligung entsprechender Leistungen möglich, da dem Beklagten kein Geld für Ausbildungsvergütungen zur Verfügung stehe.

5

Der Kläger wohnte während der Ausbildung bei seinen Eltern. In der Zeit vom 1. August bis zum 30. September 2006 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 345,00 Euro monatlich. Ein weiterer Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wurde durch Bescheid vom 20. Dezember 2006 mit der Begründung abgelehnt, aufgrund einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung gehöre der Kläger zur Bedarfsgemeinschaft seiner Eltern. Durch deren Einkommen sei sein Lebensunterhalt ausreichend gesichert. Seit August 2006 erhielt der Kläger Leistungen nach dem BAföG in Höhe von 17,00 Euro monatlich. Einer höheren Förderung stand das Einkommen seiner Eltern entgegen.

6

Der Kläger legte dem Beklagten für den 16. Mai 2007 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, die von der in der Bescheinigung genannten Ärztin nicht ausgestellt war. Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2007 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich 707,19 Euro, insgesamt 7.071,90 Euro für den Zeitraum „August 2007 bis Juni 2006“ auf der Basis der tariflichen Regelungen für den öffentlichen Dienst über die Vergütung von Krankenpflegeschülern geltend. Gleichzeitig forderte er die Erstattung der Kosten der anwaltlichen Vertretung in Höhe von 661,16 Euro. Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 lehnte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten diese Forderungen ab. Unter dem 8. Juni 2007 kündigte der Beklagte das Ausbildungsverhältnis wegen der Fälschung der Krankschreibung und der Störung des Vertrauensverhältnisses fristlos. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2008 focht der Beklagte den Abschluss des Ausbildungsvertrages wegen arglistiger Täuschung an.

7

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger für die Zeit von August 2006 bis Mai 2007 den Anspruch auf angemessene Ausbildungsvergütung weiterverfolgt und Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Vertretung in Höhe von 102,01 Euro geltend gemacht.

8

Er habe sich auf die Regelung in § 7 des Ausbildungsvertrages ohnehin nur eingelassen, weil er davon ausgegangen sei, eine höhere Förderung nach dem BAföG und weitere Leistungen nach dem SGB II zu erhalten. Er sei der Meinung gewesen, falls dies nicht gelinge, werde ihm eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Kurz nachdem er erfahren habe, dass ihm keine Leistungen nach dem SGB II mehr zustehen, habe er sich an die Pflegedienstleitung des Beklagten, Frau Z, gewandt. Diese habe ihm versprochen, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Da er keine Rückmeldung erhalten habe, habe er nachgefragt. Danach sei das Ausbildungsverhältnis beendet worden.

9

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe nach § 17 des Altenpflegegesetzes(künftig: AltPflG) eine angemessene Ausbildungsvergütung zu. Diese sei nach den tariflichen Regelungen der Vergütung von Krankenpflegeschülern im öffentlichen Dienst zu bemessen und belaufe sich auf 707,19 Euro brutto monatlich. Ihm sei nicht bekannt, dass bei dem Beklagten die Allgemeinen Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie (künftig: AVR-Diakonie) angewandt würden. Jedenfalls sei er mit dem anderen Altenpflegeschüler, dem eine Vergütung nach dem Krankenpflegetarifvertrag zugesagt worden sei, gleichzubehandeln. Seinem Anspruch stünden die ihm gewährten Leistungen zum Lebensunterhalt und nach dem BAföG nicht entgegen. Hierbei handele es sich nicht um vergleichbare Geldleistungen aus öffentlichen Haushalten iSv. § 17 AltPflG. Er habe dem Beklagten nicht zugesagt, dass er für den gesamten Zeitraum der Ausbildung Leistungen nach dem BAföG oder dem SGB II beanspruchen könne. BAföG habe er erst nach Unterzeichnung des Vertrages beantragt. Dass er keinerlei weitere Leistungen nach dem SGB II erhalte, sei ihm erst durch den Bescheid vom 20. Dezember 2006 bekannt geworden.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.071,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2007 zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 102,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2007 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe eine Ausbildungsvergütung nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht zu.

12

Ohne eine öffentlich-rechtliche Förderung hätte er das Ausbildungsverhältnis mit dem Kläger nicht begründet. Als nicht gewinnorientierter gemeinnütziger Verein habe er nicht die Mittel, eine Ausbildungsvergütung zu zahlen. Deshalb stelle er nur Altenpflegeschüler ein, deren Unterhalt anderweitig gesichert sei.

13

Der Kläger habe während der Ausbildung immer behauptet, er erhalte Arbeitslosengeld II und BAföG. Nur einmal habe er im Laufe der Ausbildung der Heimleitung mitgeteilt, dass er mehr Geld benötige, weil er mit den bisherigen Leistungen nicht klarkomme. Wenn der Kläger - so trägt der Beklagte weiter vor - mitgeteilt hätte, dass er keine oder eine nur geringe öffentlich-rechtliche Förderung erhalte, wäre das Ausbildungsverhältnis während der Probezeit beendet worden. Der Kläger sei deshalb zu einer entsprechenden Mitteilung verpflichtet gewesen. Zudem habe der Kläger versäumt, die Voraussetzungen für eine öffentliche Förderung zu schaffen, die den Beklagten von der Zahlung einer Ausbildungsvergütung enthoben hätte, wie dies alle anderen Auszubildenden getan hätten. Wegen der falschen Angaben des Klägers greife die Anfechtung des Ausbildungsvertrages durch. Der Kläger müsse den Beklagten so stellen, als wäre das Ausbildungsverhältnis mit einer anderen Person aus dem Kreis der weiteren 19 Bewerber begründet worden, der keine Ausbildungsvergütung zu zahlen gewesen wäre. Der Kläger habe sein Recht verwirkt, vom Beklagten eine Ausbildungsvergütung zu verlangen. Die Geltendmachung verstoße gegen Treu und Glauben.

14

Im Übrigen könne der Kläger allenfalls eine Ausbildungsvergütung nach den AVR-Diakonie verlangen und nicht nach den Tarifvereinbarungen des öffentlichen Dienstes. Soweit bei einem anderen Auszubildenden auf den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes Bezug genommen worden sei, habe es sich um ein Versehen gehandelt. Etwaige Ansprüche des Klägers seien teilweise nach § 45 Abs. 2 AVR-Diakonie verfallen, da sie erst nach Ablauf von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht worden seien.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 4.163,90 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung des Klägers auf die Berufung des Beklagten den ausgeurteilten Betrag auf 3.858,46 Euro brutto herabgesetzt. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte weiterhin das Ziel der Klageabweisung. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision und verfolgt mit seiner Anschlussrevision die zuletzt gestellten Klageanträge, soweit die Klage abgewiesen wurde, weiter. Der Beklagte strebt die Zurückweisung der Anschlussrevision an.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist zulässig, die Anschlussrevision ist nur zum Teil zulässig. Die Revision ist unbegründet, die Anschlussrevision ist - soweit sie zulässig ist - teilweise begründet.

17

A. Während gegen die Zulässigkeit der Revision keine Bedenken bestehen, ist die Anschlussrevision unzulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Kosten der außergerichtlichen Vertretung in Höhe von 102,01 Euro jeweils nebst Zinsen und hinsichtlich der geforderten Ausbildungsvergütung für den 16. Mai 2007 in Höhe von 32,64 Euro richtet. Insoweit ist die Anschlussrevision nicht ausreichend begründet.

18

Nach § 554 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist die Anschlussrevision zu begründen. § 554 Abs. 3 Satz 2 ZPO ordnet die entsprechende Anwendung von § 551 Abs. 3 ZPO an, der die Anforderungen an die Revisionsbegründung regelt. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO muss die Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe enthalten.

19

Daran mangelt es, soweit sich die Anschlussrevision gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 102,01 Euro richtet, da es an jeglicher Begründung fehlt.

20

Soweit sich die Anschlussrevision gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Ausbildungsvergütung für den 16. Mai 2007 (32,64 Euro: 707,19 Euro monatlich entsprechend der Berechnung des Klägers, multipliziert mit 3, geteilt durch 13 und weiter geteilt durch 5) richtet, ist die Revisionsbegründung nicht ausreichend. Das Landesarbeitsgericht hat die Klageabweisung insoweit tragend auch damit begründet, dass dem Kläger wegen der gefälschten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine Vergütung zustehe. Mit dieser Begründung hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt (zur Pflicht, sich bei mehreren, jeweils tragenden Begründungen mit allen Erwägungen auseinanderzusetzen: BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 963/08 - Rn. 18, für die Revisionsbegründung).

21

B. Die Revision ist unbegründet, die Anschlussrevision ist - soweit zulässig - zum Teil begründet. Für die Monate Dezember 2006 bis Mai 2007 steht dem Kläger eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 4.015,15 Euro brutto nebst Zinsen zu. Zu Recht hat deshalb das Landesarbeitsgericht die Berufung des Beklagten hinsichtlich einer Verurteilung in Höhe von 3.858,46 Euro brutto nebst Zinsen zurückgewiesen. Es hat jedoch zu Unrecht auf die Berufung des Beklagten unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage in Höhe weiterer 156,69 Euro brutto nebst Zinsen abgewiesen. Insoweit ist die erstinstanzliche Entscheidung wieder herzustellen. Soweit der Kläger mit seiner Anschlussrevision für diesen Zeitraum weitere 195,35 Euro brutto nebst Zinsen geltend macht, ist sie - soweit sie nicht hinsichtlich des 16. Mai 2007 ohnehin unzulässig ist - unbegründet; insoweit hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage hinsichtlich der für die Monate August 2006 bis November 2006 geltend gemachten Vergütungsansprüche in Höhe von 2.828,76 Euro nebst Zinsen begründet ist. Dazu bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen. Insoweit hat der Senat das Berufungsurteil daher aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

22

I. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, soweit durch die Revision und die zulässige Anschlussrevision Vergütungsansprüche des Klägers für Dezember 2006 bis Mai 2007 Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind. Die Klage ist für diesen Zeitraum in Höhe von 4.015,15 Euro brutto nebst Zinsen begründet. Der Kläger hat nach § 17 Abs. 1 AltPflG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Diese beläuft sich unter Zugrundelegung von Nr. III der Anlage 10a-Ost zu den AVR-Diakonie in der ab 1. Juni 2004 geltenden Fassung auf 674,38 Euro brutto monatlich. Für Mai 2007 sind lediglich 643,25 Euro brutto auszuurteilen, da die Vergütung für den 16. Mai 2007 nicht Gegenstand einer zulässigen Anschlussrevision ist. Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben sich keine weitergehenden Ansprüche. Dem Anspruch steht weder die vom Beklagten erklärte Anfechtung des Ausbildungsvertrages entgegen noch ist der Kläger dem Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet. Die Geltendmachung der Ansprüche verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Für die Monate Dezember 2006 bis Mai 2007 sind die Ansprüche nicht nach § 45 Abs. 2 AVR-Diakonie verfallen.

23

1. Die Ansprüche des Klägers richten sich nach § 17 Abs. 1 AltPflG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 25. August 2003, BGBl. I S. 1690, zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl. I S. 2407, berichtigt durch Bekanntmachung vom 23. August 2007, BGBl. I S. 2149; künftig: § 17 AltPflG aF). Die geänderte Fassung von § 17 Abs. 1 AltPflG durch Gesetz vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254), das am 1. Januar 2008 in Kraft trat (Art. 2, Art. 21 Abs. 1 des Änderungsgesetzes), ist nicht anzuwenden. Das Ausbildungsverhältnis endete vor diesem Zeitpunkt; eine Rückwirkung der Änderung hat der Gesetzgeber nicht angeordnet.

24

Diese gesetzliche Änderung und die ihr zugrunde liegenden Gesetzgebungsmaterialien (Ausschussbericht BT-Drucks. 16/7214 S. 18) sind auch sonst ohne Bedeutung. Sie können auch nicht zur Auslegung der hier maßgeblichen Fassung des Altenpflegegesetzes herangezogen werden. Die spätere Änderung des Gesetzes wurde im Gesetzgebungsverfahren des 22. BAföG-Änderungsgesetzes durch den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in den Entwurf eingefügt (BT-Drucks. 16/7214, Begründung S. 18 aaO). In der Begründung für die Änderung ist zwar die Rede davon, das Gesetz werde redaktionell geändert und es erfolgten Klarstellungen. Ein Wille des historischen Gesetzgebers, die Rechtslage durch die Gesetzesänderung auch für die Vergangenheit zu beeinflussen, ergibt sich daraus jedoch nicht.

25

2. Nach § 17 Abs. 1 AltPflG aF hat der Träger der praktischen Ausbildung der Schülerin und dem Schüler für die gesamte Dauer der Ausbildung eine angemessene Ausbildungsvergütung zu zahlen, soweit nicht Ansprüche auf Unterhaltsgeld nach dem SGB III oder Übergangsgeld nach den für die berufliche Rehabilitation geltenden Vorschriften bestehen oder andere vergleichbare Geldleistungen aus öffentlichen Haushalten gewährt werden. Danach schuldet der Beklagte dem Kläger eine angemessene Ausbildungsvergütung. Das Vertragsverhältnis der Parteien unterfällt der Vorschrift. Der Anspruch auf angemessene Ausbildungsvergütung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger während der Ausbildungszeit Geldleistungen aus öffentlichen Haushalten bezogen hat.

26

a) § 17 Abs. 1 AltPflG aF ist auf das Rechtsverhältnis der Parteien anzuwenden. Die Parteien haben einen Vertrag geschlossen, nach dem der Beklagte als Träger der praktischen Ausbildung den Kläger als Altenpflegeschüler auszubilden hat. Die Geltung der Vorschrift wurde nicht wirksam abbedungen. § 7 des Ausbildungsvertrages schließt zwar - wovon das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen ist - einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung generell aus und nicht nur für den Fall des Bezugs der in § 17 Abs. 1 AltPflG aF genannten Leistungen aus öffentlichen Haushalten. Diese vertragliche Vereinbarung ist jedoch nichtig. § 17 Abs. 1 AltPflG aF befindet sich im 4. Abschnitt des Altenpflegegesetzes. Eine Vereinbarung zu Ungunsten der Schülerin oder des Schülers, die von den Vorschriften dieses Abschnittes abweicht, ist nach § 22 AltPflG nichtig.

27

b) Der Kläger hat während seiner Ausbildung keine öffentlichen Leistungen erhalten, die den Anspruch auf angemessene Ausbildungsvergütung ausschließen oder beschränken. Der Kläger hat weder Unterhaltsgeld nach dem SGB III noch Übergangsgeld nach den für die berufliche Rehabilitation geltenden Vorschriften erhalten. Die Leistungen nach dem BAföG, die er während des gesamten Zeitraums von Dezember 2006 bis Mai 2007 bezog, sind keine anderen vergleichbaren Geldleistungen aus öffentlichen Haushalten iSv. § 17 Abs. 1 AltPflG aF. Das ergibt die Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.

28

aa) Die Leistungen nach dem BAföG sind weder dem Unterhaltsgeld nach dem SGB III noch dem Übergangsgeld nach den für die berufliche Rehabilitation geltenden Vorschriften vergleichbar. Das sind nur Leistungen, die nach ihren Voraussetzungen, der Art der Berechnung und der Zielsetzung den im Gesetz ausdrücklich genannten Leistungen entsprechen. Dies trifft für Leistungen nach dem BAföG nicht zu.

29

(1) Unterhaltsgeld wurde nach § 153 iVm. § 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nach der zum Zeitpunkt des Erlasses des Altenpflegegesetzes(Gesetz vom 17. November 2000, BGBl. I S. 1513) geltenden Rechtslage (SGB III idF des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. September 2000, BGBl. I S. 1394) bei der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gewährt. Voraussetzung dafür war, dass die Weiterbildung notwendig war, um die Berechtigten bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern oder eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder dass wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt war. Unterhaltsgeld sind nur Leistungen, die bei der Weiterbildung gewährt werden, nicht jedoch Leistungen für die erstmalige Ausbildung. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf enthielt einen Abschnitt „Umschulung“. Nach dessen § 26 Abs. 4 sollte § 17 Abs. 1 AltPflG, der ohne Einschränkung die Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung vorsah, nicht gelten, soweit ein Anspruch auf Unterhaltsgeld nach dem SGB III bestand. Die Umschulung sollte dazu beitragen, Personen ohne Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt eine qualifizierte Ausbildung zu verschaffen, wohingegen die Ausbildung der Berufsanfänger nach der Vorstellung des Gesetzgebers vorrangig der Nachwuchssicherung diente. Deshalb wurde die Zahlung der Ausbildungsvergütung dem Bereich der Altenpflege, die Zahlung der Leistungen für Umschülerinnen und Umschüler dem Anwendungsbereich des SGB III zugeordnet (BT-Drucks. 14/1578 S. 18). Die Regelung in § 26 Abs. 4 des Gesetzentwurfs wurde später als Ausnahmebestimmung in § 17 Abs. 1 AltPflG übernommen, da der Abschnitt „Umschulung“ im Gesetzgebungsverfahren gestrichen wurde(vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familien, Senioren, Frauen und Jugend BT-Drucks. 14/3736 S. 28 f.).

30

Nach § 157 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in der seinerzeit geltenden Fassung berechnete sich das Unterhaltsgeld ebenso wie das Arbeitslosengeld danach, welches Einkommen der Berechtigte in seinem letzten Arbeitsverhältnis erhalten hatte(§ 129 SGB III in der seinerzeit geltenden Fassung). Eine Anrechnung von Leistungen wegen der Teilnahme an einer Maßnahme - und damit auch der Ausbildung nach dem Altenpflegegesetz - sah das Gesetz nur vor, wenn insgesamt das Nettoentgelt aus der vorhergehenden Beschäftigung überschritten war (§ 159 Abs. 2 SGB III in der seinerzeit geltenden Fassung).

31

(2) Voraussetzungen und Höhe von Übergangsgeld nach den für die berufliche Rehabilitation geltenden Vorschriften waren zum Zeitpunkt des Erlasses des Altenpflegegesetzes noch im Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (vom 7. August 1974, BGBl. I S. 1881, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2534; künftig: RehaAnGlG) geregelt. Dieses sah die Gewährung von Übergangsgeld bei berufsfördernden Maßnahmen für Behinderte vor. Es sollte lediglich dann geleistet werden, wenn die Maßnahmen erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit des Behinderten entsprechend seiner Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihn hierdurch möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 11 Abs. 1 Satz 1 RehaAnGlG). Es knüpfte damit an die Beseitigung von Zugangshindernissen zum Arbeitsmarkt für eine bestimmte Personengruppe an.

32

Das Übergangsgeld errechnete sich der Höhe nach grundsätzlich in Abhängigkeit vom zuletzt bezogenen Einkommen (§ 13 Abs. 3 und Abs. 6 RehaAnGlG). Soweit durch eine Tätigkeit während des Bezugs von Übergangsgeld Arbeitseinkommen erzielt wurde, war es mit 80 % anzurechnen (§ 18 Abs. 2 RehaAnGlG).

33

(3) Sowohl das Unterhaltsgeld nach dem SGB III als auch das Übergangsgeld nach den für die berufliche Rehabilitation geltenden Vorschriften wurden nicht bedarfsabhängig gewährt, sondern waren Entgeltersatzleistungen, die unabhängig vom Bedarf in Abhängigkeit vom zuvor bezogenen Arbeitsentgelt gewährt wurden. Sonstige Leistungen aus öffentlichen Haushalten sind mit ihnen deshalb nur vergleichbar iSv. § 17 Abs. 1 AltPflG aF, wenn es sich entweder um eine Leistung zur Weiterbildung, also keine Leistung zur Förderung des unmittelbaren Berufseintritts, handelt oder wenn sie dazu beitragen sollen, Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu überwinden, und wenn die Leistung bedarfsunabhängig gewährt wird.

34

bb) Diesen Voraussetzungen entsprechen die Leistungen nach dem BAföG schon deshalb nicht, weil sie nach § 1 BAföG bedarfsorientiert gewährt werden.

35

3. Der Höhe nach bestimmt sich der Anspruch auf angemessene Ausbildungsvergütung nach Nr. III der Anlage 10a-Ost zu den AVR-Diakonie in der ab 1. Juni 2004 gültigen Fassung und beträgt dementsprechend - worüber in der Verhandlung vor dem Senat Einigkeit bestand - 674,38 Euro brutto monatlich. Davon sind für Mai 2007 hinsichtlich der nicht geleisteten Arbeit am 16. Mai 31,13 Euro brutto (674,38 Euro brutto multipliziert mit 3, geteilt durch 13, weiter geteilt durch 5) abzuziehen, weil insoweit schon keine zulässige Anschlussrevision vorliegt.

36

a) Für die Ermittlung der angemessenen Ausbildungsvergütung nach § 17 Abs. 1 AltPflG aF gelten dieselben Regeln wie für die Ausbildungsvergütung nach dem Berufsbildungsgesetz. Dies ergibt sich daraus, dass § 17 Abs. 1 AltPflG aF hinsichtlich des Anspruchs auf eine angemessene Ausbildungsvergütung ebenso gestaltet ist wie die entsprechenden Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes(§ 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, vorher § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Mit dem Altenpflegegesetz sollte der Rechtsstatus der Schülerinnen und Schüler in der Altenpflege unter Berücksichtigung der dortigen Besonderheiten denjenigen der Auszubildenden in anderen Berufen angeglichen werden (BT-Drucks. 14/1578 S. 12).

37

Danach hat die Ausbildungsvergütung regelmäßig drei Funktionen: Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltspflichtigen Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfange „entlohnen“. Die gesetzliche Regelung stellt dabei nur eine Rahmenvorschrift dar und legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest. Bei der Vereinbarung der Vergütung haben die Vertragsparteien einen gewissen Spielraum. Die Vereinbarung ist gerichtlich - auch in der Revisionsinstanz - darauf zu prüfen, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen anzusehen ist. Ob die Parteien die Grenzen ihres Spielraums gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles festzustellen. Dabei ist die Verkehrsanschauung maßgeblich. Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung sind die einschlägigen Tarifverträge. Bei ihnen ist anzunehmen, dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 18 ff., BAGE 126, 12). Gilt keine tarifliche Regelung, kann auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Bereichs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden (vgl. BAG 15. Dezember 2005 - 6 AZR 224/05 - Rn. 12, AP BBiG § 10 Nr. 15 = EzA BBiG § 10 Nr. 11).

38

b) Danach können als Kontrollmaßstab - entgegen der Ansicht des Klägers - hier nicht die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes herangezogen werden. Dabei handelt es sich schon deshalb nicht um einschlägige Tarifverträge, weil der Beklagte kein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist. Er ist vielmehr Teil der Diakonie. Kontrollmaßstab sind daher die im kirchenrechtlichen Rechtssetzungsverfahren zustande gekommenen AVR-Diakonie. Diese enthalten nach der Verkehrsanschauung in der Regel angemessene Vergütungen. Dabei kann dahinstehen, ob das Ergebnis dieses Rechtssetzungsverfahrens tariflichen Regelungen gleichzustellen ist (vgl. zur AGB-Kontrolle: BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31 f., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15). Da das kirchliche Rechtssetzungsverfahren eine paritätische Beteiligung von Arbeitnehmervertretungen bei dem Erlass der AVR-Diakonie vorsieht, ist davon auszugehen, dass die beiderseitigen Interessen auch hier ausreichend berücksichtigt werden. Da bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung auf die Verkehrsanschauung abzustellen ist, kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte selbst an die AVR-Diakonie gebunden ist und ob er diese Regelungen in die bei ihm durchgeführten Ausbildungsverhältnisse einbezogen hat. Selbst wenn damit der in den AVR geregelte Geltungsbereich und die Anwendung in der einzelnen Einrichtung auseinanderfallen (zu einer derartigen Möglichkeit bei kirchlichen Regelungen: BAG 16. März 2004 - 9 AZR 93/03 - zu B II 2 c bb (2) der Gründe, BAGE 110, 60), ist Maßstab, was die AVR-Diakonie vorsehen. Insoweit gilt nichts anderes als bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber, der dem Geltungsbereich eines Tarifvertrages unterfällt (dazu BAG 15. Dezember 2005 - 6 AZR 224/05 - Rn. 12 f., AP BBiG § 10 Nr. 15 = EzA BBiG § 10 Nr. 11).

39

Gründe, hier einen anderen Maßstab anzulegen, sind nicht ersichtlich. Im Einzelfall kann es zwar Gründe geben, einen an sich geltenden Maßstab nicht zur Prüfung der Angemessenheit heranzuziehen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 21 f., BAGE 126, 12). Solche Gründe liegen hier jedoch nicht vor. Insbesondere kommt es nicht darauf an, dass es sich bei dem Beklagten um eine gemeinnützige Einrichtung handelt. Dies stellt für sich genommen keinen Grund dar, die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung in besonderer Weise zu bestimmen. Dies könnte allenfalls dann in Betracht kommen, wenn es gerade der Zweck der gemeinnützigen Einrichtung ist, zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit Arbeitsplätze zu schaffen (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 37 ff., aaO). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Im Übrigen sind die den AVR-Diakonie unterfallenden Arbeitgeber ohnehin - zumindest fast - immer gemeinnützig. Dieser Aspekt hat deshalb schon bei der Schaffung der AVR und der darin geregelten Vergütungen Berücksichtigung gefunden.

40

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Beklagte über finanzielle Mittel für Ausbildungsvergütungen verfügt. Die gesetzliche Regelung, nach der eine angemessene Ausbildungsvergütung zu zahlen ist, dient auch dazu, Verfälschungen des Ausbildungsmarktes zu vermeiden. Das schließt eine Orientierung an den finanziellen Möglichkeiten der Träger der praktischen Ausbildung aus (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 44, BAGE 126, 12).

41

c) Eine vereinbarte Ausbildungsvergütung ist unangemessen, wenn sie die einschlägige tarifliche, branchenübliche oder in den AVR festgelegte Vergütung - wie hier - um mehr als 20 % unterschreitet. Dies hat zur Folge, dass die volle tarifliche, branchenübliche oder in den AVR festgelegte Ausbildungsvergütung zu zahlen ist. Die Begrenzung des Anspruchs auf das gerade noch zulässige Maß der Unterschreitung widerspräche dem Zweck von § 17 Abs. 1 AltPflG aF. Diese Vorschrift soll eine angemessene Ausbildungsvergütung sicherstellen. Damit wäre es nicht vereinbar, bei einer Unterschreitung der nach der Verkehrsanschauung angemessenen Ausbildungsvergütung den Anspruch zu Gunsten des Trägers der praktischen Ausbildung auf das gerade noch Angemessene zu begrenzen (st. Rspr. des BAG, vgl. 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 50, BAGE 126, 12; 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00 - zu I 8 der Gründe, AP BBiG § 10 Nr. 11 = EzA BBiG § 10 Nr. 9). Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kommt es nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung auch nicht darauf an, dass der Beklagte dem Kläger die Absicht, keine Ausbildungsvergütung zu zahlen, bei Vertragsschluss eindeutig erklärt hat.

42

Es kann offenbleiben, ob kirchliche Einrichtungen nicht ohnehin mindestens die kirchenrechtlich für sie verbindlichen Sätze zu zahlen haben, damit die gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Vergütung erfüllt ist.

43

4. Der Anspruch des Klägers auf eine angemessene Ausbildungsvergütung entfällt nicht deshalb, weil der Beklagte den Ausbildungsvertrag wirksam angefochten hätte, der Kläger dem Beklagten Schadensersatz zu leisten hätte oder weil die Geltendmachung des Anspruchs treuwidrig wäre.

44

a) Der Beklagte hat den Ausbildungsvertrag nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten (§ 123 Abs. 1 BGB)mit der Folge, dass der Ausbildungsvertrag als von Anfang an (ex tunc) nichtig anzusehen wäre (§ 142 Abs. 1 BGB).

45

aa) Der Beklagte kann die Anfechtung des Ausbildungsvertrages wegen arglistiger Täuschung nicht mit Erfolg auf seine Behauptung stützen, der Kläger habe darüber getäuscht, er werde während der gesamten Dauer des Ausbildungsverhältnisses Leistungen nach dem SGB II beziehen.

46

(1) Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsempfänger einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst. Durch die Täuschungshandlung muss beim Erklärungsgegner ein Irrtum über den wahren Sachverhalt hervorgerufen werden. Zwischen der Täuschungshandlung und dem Irrtum muss ein Kausalzusammenhang bestehen. An einem Irrtum fehlt es, wenn derjenige, der getäuscht werden soll, die Wahrheit kennt (BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 380/99 - zu II 1 und 2 a der Gründe, BAGE 96, 123).

47

(2) Danach berechtigt die behauptete Täuschung durch den Kläger den Beklagten nicht zur Anfechtung des Ausbildungsvertrages. Selbst wenn der Kläger die Behauptung aufgestellt haben sollte, er werde für die gesamte Ausbildungsdauer Leistungen nach dem SGB II beziehen, kann dadurch bei den für den Beklagten handelnden Personen kein Irrtum entstanden sein. Es ist allgemein bekannt, dass Leistungen nach dem SGB II von den persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Berechtigten bzw. der Bedarfsgemeinschaft, der er angehört, abhängen (nunmehr §§ 11 f. SGB II), die sich ständig ändern können. Dass die für den Beklagten handelnden Personen von dieser allgemein bekannten Tatsache keine Kenntnis hatten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, sondern das Gegenteil naheliegend.

48

bb) Auch soweit sich der Beklagte darauf stützt, der Kläger habe darüber getäuscht, seine Rechte nach dem Altenpflegegesetz wahrnehmen zu wollen, greift die Anfechtung nicht durch. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 612a BGB.

49

Diese Bestimmung gilt auch im Verhältnis zwischen den Parteien. Nach § 13 Abs. 3 AltPflG sind, soweit sich aus dem Wesen und Zweck des Ausbildungsverhältnisses nichts anderes ergibt, die für Arbeitsverträge geltenden Rechtsvorschriften anwendbar. Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses stehen der Anwendbarkeit von § 612a BGB nicht entgegen. Die Norm soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht (BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20). Dieser Zweck der Bestimmung gebietet eine dem Regelungszweck entsprechende Anwendung des ihr zugrunde liegenden Rechtsgedankens dahingehend, dass nicht nur die Ausübung eines Rechtes das Benachteiligungsverbot auslöst, sondern auch die dem vorgelagerte Täuschung, bereit zu sein, ein gesetzliches Recht auszuüben. Müsste der Altenpflegeschüler in diesen Fällen mit einer Anfechtung des Ausbildungsvertrages rechnen, wäre seine Freiheit der Entscheidung, ein bestehendes Recht auch wahrzunehmen, beeinträchtigt.

50

b) Der Kläger ist dem Beklagten nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Weder hat der Kläger den Beklagten so zu stellen, als wäre der Ausbildungsvertrag nicht geschlossen worden, noch war der Kläger verpflichtet, dem Beklagten Informationen über die von ihm bezogenen öffentlichen Leistungen zukommen zu lassen, die den Beklagten bestimmt hätten, das Ausbildungsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen. Es sind auch keine Schadensersatzansprüche deshalb entstanden, weil sich der Kläger nicht ausreichend um öffentliche Leistungen bemüht hat.

51

aa) Der Kläger ist nicht verpflichtet, den Beklagten so zu stellen, als wäre der Ausbildungsvertrag nicht abgeschlossen worden.

52

Allerdings kann eine Täuschung bei der Anbahnung eines Vertragsverhältnisses eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB) begründen. Rechtsfolge ist, dass die Rechte aus dem durch die Täuschung herbeigeführten Vertrag nicht geltend gemacht werden können; die Täuschung kann also zu einem Schadensersatzanspruch auf Schuldbefreiung führen (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 626/09 - Rn. 62, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 8; 10. Februar 2004 - 9 AZR 401/02 - zu A IV der Gründe, BAGE 109, 294 allgemein für Erregung eines Irrtums beim anderen Vertragspartner; st. Rspr. des BGH seit 31. Januar 1962 - VIII ZR 120/60 - NJW 1962, 1196; vgl. auch BGH 18. September 2001 - X ZR 107/00 - zu II 2 c aa der Gründe, NJW-RR 2002, 308). Derartige Ansprüche des Beklagten scheitern hier jedoch daran, dass bei normativer Betrachtung (vgl. hierzu: BAG 10. Februar 2004 - 9 AZR 401/02 - zu A IV 3 der Gründe, aaO) die gesetzlich mit einem Vertragsschluss zwingend verbundenen Rechtsfolgen nicht als Schaden im Rechtssinne anzusehen sind. Wer einen Vertrag schließt, an den - wie hier durch § 17 Abs. 1 AltPflG aF - der Gesetzgeber zwingende Rechtsfolgen knüpft, übernimmt das Risiko dafür, dass diese Rechtsfolgen auch eintreten. Er kann dieses Risiko nicht im Wege des Schadensersatzrechtes auf die andere Vertragspartei, zu deren Gunsten die Rechtsfolgen angeordnet werden, abwälzen.

53

bb) Ebenso wenig hat sich der Kläger deshalb schadensersatzpflichtig gemacht, weil er - nach der Behauptung des Beklagten - dem Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt hat, dass er keine weiteren Leistungen nach dem SGB II erhält und deshalb verhindert hat, dass dieser das Ausbildungsverhältnis während der gesetzlichen Probezeit (§ 18 AltPflG) kündigt. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB begründet keine Verpflichtung, an der Auflösung des eigenen Ausbildungsverhältnisses mitzuwirken(vgl. für Arbeitsverträge: BAG 5. November 2009 - 2 AZR 609/08 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 224 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 28). Darauf liefe es hinaus, wollte man einen Altenpflegeschüler verpflichten, dem Träger der praktischen Ausbildung Informationen zu liefern, die diesen dazu bestimmen könnten, im Interesse der Ersparnis finanzieller Aufwendungen das Ausbildungsverhältnis zu beenden.

54

cc) Soweit der Beklagte geltend macht, der Kläger habe es unterlassen, Geldleistungen aus öffentlichen Haushalten in Anspruch zu nehmen, die den Beklagten von der Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung nach § 17 Abs. 1 AltPflG aF befreit hätten, ist dieser Vortrag substanzlos. Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht dargelegt, dass der Kläger Anspruch auf Geldleistungen gehabt hätte, die die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 1 AltPflG aF erfüllt hätten.

55

c) Die Geltendmachung der Forderungen durch den Kläger verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

56

aa) Die Ansprüche des Klägers sind nicht verwirkt.

57

Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie setzt voraus, dass der Gläubiger sein Recht eine längere Zeit nicht geltend gemacht hat und dabei unter Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken konnten, dass er auch künftig sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sowie dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 53 mwN, AP BetrAVG § 1 Nr. 63).

58

Hier fehlt es schon am Zeitmoment. Der Kläger hat seine Ansprüche noch vor Ausspruch der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Beklagten geltend gemacht.

59

bb) Der Kläger verstößt mit der Geltendmachung seiner Ansprüche auch nicht gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

60

Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Es ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn die andere Seite auf ein Verhalten vertrauen durfte und ihre Interessen vorrangig schutzwürdig erscheinen. Der Urheber des widersprüchlichen Verhaltens muss erkennen können, dass die Gegenpartei sein Verhalten als vertrauensbegründend bewerten durfte. Auf ein schuldhaftes Verhalten kommt es dabei nicht an. Maßgeblich ist, ob für den anderen Teil ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BAG 29. September 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 21, AP BetrAVG § 9 Nr. 23).

61

Im Streitfall liegt kein schutzwürdiges Vertrauen des Beklagten vor. Ein Vertrauen des Trägers der praktischen Ausbildung darauf, Altenpflegeschüler würden die in ihrem Interesse vom Gesetzgeber gewährten Rechte nicht geltend machen, ist nicht schutzwürdig.

62

5. Die Ansprüche des Klägers für den Zeitraum von Dezember 2006 bis Mai 2007 sind nicht nach § 45 Abs. 2 AVR-Diakonie verfallen. Nach dieser Bestimmung sind Ansprüche aus dem Dienstverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Fällig sind Bezüge nach § 21a Abs. 1 Satz 1 AVR-Diakonie am 15. eines jeden Monats für den laufenden Monat. Beide Bestimmungen gelten nach § 15 Abs. 1 der Anlage 10/V AVR-Diakonie auch für Schüler der Altenpflege. Der Kläger hat seine Ansprüche mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2007 geltend gemacht. Das Schreiben lag dem Beklagten spätestens am 12. Juni 2007 vor. Es hat - trotz der offensichtlichen Fehlbezeichnung bei den Jahresangaben - die Ausschlussfrist für Ansprüche ab Dezember 2006 gewahrt.

63

6. Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Beklagte nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip Leistungen an Altenpflegeschüler gewährt, die höher sind als die Ausbildungsvergütungen nach den AVR-Diakonie. Die Benennung eines einzelnen weiteren Altenpflegeschülers reicht insoweit nicht aus. Es fehlt an der notwendigen Gruppenbildung (vgl. BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 12, DB 2011, 1923).

64

7. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB.

65

II. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Ausbildungsvergütung für den Zeitraum von August 2006 bis November 2006 begründet ist. Hierzu bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).

66

1. Dem Kläger steht auch für diesen Zeitraum aus den unter B I genannten Gründen maximal eine monatliche Vergütung nach Nr. III Anlage 10a-Ost der AVR-Diakonie gültig ab 1. Juni 2004 von 674,38 Euro brutto monatlich zu. In dieser Höhe scheitert der Anspruch für den Zeitraum von August bis September 2006 nicht daran, dass der Kläger Leistungen nach dem SGB II erhalten hat; dies sind keine iSv. § 17 Abs. 1 AltPflG aF vergleichbaren Geldleistungen aus öffentlichen Haushalten. Leistungen, die bedarfsabhängig gewährt werden, sind keine dem Unterhaltsgeld nach dem SGB III oder dem Übergangsgeld nach den für die berufliche Rehabilitation geltenden Vorschriften vergleichbare Leistungen, die den Anspruch nach dieser Regelung ausschließen - oben B I 2 b aa (3) -. Die Leistungen nach dem SGB II sind bedarfsabhängig (nunmehr: § 19 SGB II) und stehen dem Anspruch daher nicht entgegen.

67

2. Es bedarf jedoch tatsächlicher weiterer Feststellungen dazu, ob dieser Anspruch aufgrund der Ausschlussfrist in § 45 Abs. 2 AVR-Diakonie verfallen ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn die AVR-Diakonie auf das Ausbildungsverhältnis anzuwenden sind.

68

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die AVR-Diakonie seien zwischen den Parteien nicht vereinbart. Es hat jedoch gleichzeitig den Ausbildungsvertrag der Parteien im Tatbestand seines Urteils in Bezug genommen. Der Ausbildungsvertrag enthält in § 1 Nr. 1.4 einen Verweis auf die allgemeinen Arbeitsbedingungen des Trägers der praktischen Ausbildung, was die Anwendbarkeit der AVR-Diakonie möglich erscheinen lässt. Damit sind die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts widersprüchlich, was im Revisionsverfahren zu beachten ist, ohne dass es einer Verfahrensrüge bedürfte (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 16, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11). Das Landesarbeitsgericht wird deshalb aufzuklären haben, ob durch die genannte Bestimmung des Ausbildungsvertrages die AVR-Diakonie in Bezug genommen sind. Das setzt angesichts der Vereinbarung in § 1 Nr. 1.4 des Ausbildungsvertrages voraus, dass die AVR-Diakonie beim Beklagten grundsätzlich angewendet wurden und dies im Betrieb allgemein bekannt war. Die bloß kirchenrechtliche Verpflichtung des Beklagten, die AVR-Diakonie anzuwenden, reicht nicht aus, um Rechtsfolgen im Ausbildungsverhältnis herbeizuführen, da kirchenrechtliche Regelungen keine normativen Wirkungen entfalten (vgl. BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 21, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18).

69

3. Die Zurückverweisung gibt den Parteien auch Gelegenheit zu Rechtsgründen vorzutragen, aus denen die Anwendung der Ausschlussfrist trotz ihrer Vereinbarung ausgeschlossen sein könnte.

70

C. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision, einschließlich der Kosten der Anschlussrevision, zu entscheiden haben.

        

    Zwanziger    

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

        

        

    H.-J. Schepers    

        

    Möller    

                 

(1) Wer andere Personen zur Berufsausbildung einstellt (Ausbildende), hat mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen.

(2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden.

(3) Schließen die gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen mit ihrem Kind einen Berufsausbildungsvertrag, so sind sie von dem Verbot des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit.

(4) Ein Mangel in der Berechtigung, Auszubildende einzustellen oder auszubilden, berührt die Wirksamkeit des Berufsausbildungsvertrages nicht.

(5) Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung).

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.