Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Mai 2015 - 7 Sa 694/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0520.7SA694.14.0A
bei uns veröffentlicht am20.05.2015

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Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 9. Oktober 2014 - 1 Ca 684/14 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2. Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger 19/20 und der Beklagte 1/20 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über Zahlungsansprüche des Klägers.

2

Der Beklagte betreibt ein Transportunternehmen. Der 1987 geborene, geschiedene und gegenüber zwei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist der Neffe des Beklagten. Er war bei dem Beklagten seit dem 1. November 2013 als Fahrer beschäftigt.

3

Am 26. Februar 2014 schrieb der Kläger dem Beklagten SMS mit den Inhalten: "Warum ist de Bus gedrosselt (0: 43) Ich lass den Bus ab sofort dann stehn du weißt genau dass ich tragen muss (0:44)" (Bl. 132 d. A.). Der Kläger stellte den Bus am Auslieferungslager der Rheinpfalz-Zeitung ab und hinterlegte die Papiere sowie die Schlüssel beim Pförtner. Weitere Tätigkeiten für den Beklagten übte der Kläger dann nicht mehr aus.

4

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Schreiben vom 27. Februar 2014, dem Kläger zugegangen am 28. Februar 2014, außerordentlich fristlos zum 26. Februar 2014. Er meldete den Kläger zum 26. Februar 2014 bei der Krankenkasse ab.

5

Der Kläger war ab dem 26. Februar 2014 durchgehend bis zum 31. März 2014 arbeitsunfähig erkrankt. Er übersandte spätestens mit Poststempel vom 10. März 2014 entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an den Beklagten.

6

Der Kläger begehrte mit am 15. April 2014 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen erhobener Klage die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. März 2014. Darüber hinaus machte er Zahlungsansprüche für März 2014 in Höhe von 1.200,00 € netto und die Herausgabe von Arbeitspapieren (Lohnsteuerbescheinigung für die Jahre 2013 und 2014, Durchschriften der Meldungen an den Träger der Krankenversicherung, Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III, Lohnbescheinigung zur Vorlage bei den Jugendämtern B-Stadt und Z-Stadt) geltend.

7

Der Kläger hat - soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung - vorgetragen,
er habe mit dem Beklagten in einem Telefongespräch am 28. Februar 2014 vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 27. Februar 2014 geendet habe, sondern bis zum 31. März 2014 fortbestehen werde. Sein durchschnittliches Arbeitsentgelt habe bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in Vollzeit mündlich vereinbarte 1.200,00 € netto betragen. Er habe sich jeweils ordnungsgemäß arbeitsunfähig krank gemeldet. Die per Einschreiben übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien vom Beklagten nicht zurückgereicht worden.

8

Lohn bzw. Lohnfortzahlung über den 26. Februar 2014 hinaus seien nicht geleistet worden. Der Zahlungsantrag für den Monat März 2014 in Höhe von 1.200,00 € netto werde für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis bestanden habe, als Entgeltfortzahlung geltend gemacht. Hilfsweise werde der Anspruch auf § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG gestützt.

9

Der Kläger hat - nach teilweiser Klagerücknahme (Bl. 33 d. A.) und Abschluss eines Teilvergleichs hinsichtlich der Erteilung einer Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III (Bl. 33 d. A.) - erstinstanzlich beantragt,

10

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien bis zum 30. März 2014 ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsverhältnis bestand,
2. die beklagte Partei zu verurteilen, der klagenden Partei 1.200,-- € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klageerhebung zu zahlen.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hat - soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung - vorgetragen, er habe mit dem Kläger nicht vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis erst am 31. März 2014 seine Beendigung finden solle. Da das Arbeitsverhältnis am 28. Februar 2014 seine Beendigung gefunden habe, bestehe kein Anspruch des Klägers auf Lohnansprüche für den Monat März 2013. Der Lohn für den Monat Februar 2014 sei vollständig und somit bis zum 28. Februar 2014 abgerechnet worden. Ein Nettolohnanspruch in Höhe von 1.200,00 € für den Monat März 2014 sei nicht nachvollziehbar. Zwischen den Parteien sei ein Stundenlohn in Höhe von 8,30 € brutto vereinbart gewesen. Der Kläger habe ausweislich der Gehaltsabrechnungen (Bl. 23 ff. d. A.) im November 2013 (Eintritt 5. November 2013) 611,92 € brutto bzw. 524,85 € netto, im Dezember 2013 966,54 € brutto bzw. 814,16 € netto, im Januar 2014 1.433,41 € brutto bzw. 1.198,96 € netto und im Februar 2014 1.258,29 € brutto bzw. 1.084,97 € netto verdient. Der erzielte Durchschnittsverdienst liege damit bei ca. 1.220 € brutto im Monat.

14

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 9. Oktober 2014 verurteilt, an den Kläger 1.220,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 26. April 2014 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

15

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, das Arbeitsverhältnis habe mit Zugang der außerordentlichen Kündigung des Beklagten vom 27. Februar 2014 am 28. Februar 2014 geendet. Die Kündigung gelte nach §§ 4 S. 1, 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Vortrag des Klägers bezüglich der mündlichen, telefonischen Vereinbarung mit dem Beklagten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2014 sei unzureichend. Der Kläger habe dennoch Anspruch auf Zahlung für den Monat März 2014 in Höhe von 1.220,00 € brutto. Grundlage dieses Zahlungsanspruchs seien §§ 3 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 1 S. 1 EFZG. Der Arbeitgeber habe im Streitfall das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Die Arbeitsunfähigkeit brauche nicht der den Arbeitgeber zur Kündigung bewegende Grund zu sein, es genüge, wenn die Kündigungsmaßnahme ihre objektive Ursache in der Arbeitsunfähigkeit habe. Kündige ein Arbeitgeber in zeitlichem Zusammenhang mit der Krankmeldung eines Arbeitnehmers, so spreche ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit Anlass der Krankheit gewesen sei. Diesen Beweis des ersten Anscheins könne der Arbeitgeber nur dadurch erschüttern, dass er Tatsachen vortrage und erforderlichenfalls beweise, aus denen sich ergebe, dass andere Gründe seinen Kündigungsentschluss bestimmt hätten. Der Kläger sei seit dem 26. Februar 2014 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, was der Beklagte auf Grund der übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gewusst habe. Der Beklagte habe das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Februar 2014 gekündigt. Andere Kündigungsgründe neben der Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe er nicht vorgetragen. Hinsichtlich der Höhe des Anspruch habe das Gericht seiner Entscheidung den von dem Beklagten angegebenen monatlichen Durchschnittsverdienst des Klägers in Höhe von 1.220,00 € brutto zugrunde gelegt. Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, wann er mit dem Beklagten wo welche Vereinbarung über die Zahlung einer Arbeitsvergütung in Höhe von 1.200,00 € netto/Monat getroffen habe.

16

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 9. Oktober 2014 (Bl. 40 ff. d. A.) Bezug genommen.

17

Das genannte Urteil ist dem Beklagten am 19. November 2014 zugestellt worden. Der Beklagte hat hiergegen mit einem am 17. Dezember 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 13. Januar 2015 bis zum 19. Februar 2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 13. Februar 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 12. Februar 2015 begründet.

18

Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 23. April 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 128 ff. und 156 f. d. A.), und unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen zusammengefasst geltend,
das erstinstanzliche Gericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, wenn es ausgeführt habe, er habe aufgrund der übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gewusst, dass der Kläger seit dem 26. Februar 2014 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Der Kläger habe entsprechende Tatsachen nicht vorgetragen.

19

Ausschließlicher Kündigungsgrund sei die Arbeitsverweigerung des Klägers am 26. Februar 2014 um 0.44 Uhr durch die SMS "Warum ist de Bus gedrosselt (0:43) Ich lass den Bus ab sofort dann stehn du weißt genau dass ich tragen muss (0:44)". Er, der Beklagte, habe den Bus, der vom Kläger gefahren worden sei, drosseln lassen, um Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie unnötigen Spritverbrauch zu vermeiden. Dies habe der Kläger zum Anlass genommen, den Bus stehen zu lassen und die Arbeit zu verweigern.

20

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung/Erstbescheinigung vom 26. Februar 2014 des Dr. med. Y. vom 26. Februar bis zum 2. März 2014, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung/Erstbescheinigung vom 3. März 2014 vom Dr. X. sowie die Folgebescheinigung vom 10. März 2014 seien vom Kläger zusammen in einem Briefumschlag mit Poststempel 10. März 2014 an ihn übersandt worden. Zum Zeitpunkt der Kündigung seien ihm deshalb weder die Krankheit noch die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bekannt gewesen.

21

Der Beklagte beantragt,

22

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 9. Oktober 2014 mit dem Aktenzeichen 1 Ca 684/14, dem Beklagten und Berufungskläger zugestellt am 19. November 2014, teilweise abzuändern, soweit der Beklagte und Berufungskläger verurteilt wurde, an ihn 1.220,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 26. April 2014 zu zahlen, und die Klage des Klägers und Berufungsbeklagten auch insoweit abzuweisen.

23

Der Kläger beantragt,

24

die Berufung vom 12. Februar 2015 gegen das Urteil des Arbeitsgericht Ludwigshafen vom 9. Oktober 2014 zurückzuweisen.

25

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 26. März 2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 149 ff. d. A.) als rechtlich zutreffend. Er ist der Ansicht, der Vortrag des Beklagten zum Vorliegen einer Anlasskündigung sei präkludiert, da erstmals in der Berufungsbegründung erfolgt. Er beantragt, diesen - bestrittenen - Vortrag als verspätet zurückzuweisen. Der Beklagte könne sich auch nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass die Anspruchsgrundlage nach § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG nicht hinreichend thematisiert worden sei. Er habe in der Klageschrift sogar ausdrücklich die Norm angeführt, auf die er seinen Anspruch, wenn auch hilfsweise, stütze.

26

Er bestreitet, dass verhaltensbedingte Gründe zum Ausspruch der Kündigung geführt hätten, insbesondere dass eine ernsthafte und nachhaltige Arbeitsverweigerung eingetreten sein solle. Hiergegen spreche zum einen das zeitliche Moment, da der Ausspruch der Kündigung erst nach seiner Krankmeldung erfolgt sei. Zum anderen wäre ein derart gravierender Sachvortrag mit Sicherheit im Rahmen der Güteverhandlung bzw. im Rahmen der Schriftsätze thematisiert worden, läge er der Kündigung tatsächlich zugrunde. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung über die Arbeitsunfähigkeit des Klägers informiert gewesen.

27

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

29

In der Sache hatte die Berufung des Beklagten Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den Monat März 2014 gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG.

30

Zwar war der Kläger ab dem 26. Februar 2014 ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung/Erstbescheinigung vom 26. Februar 2014 des Dr. med. Y. durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert. Anhaltspunkte für ein Verschulden des Klägers liegen nicht vor.

31

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG wird der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auch nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Im Streitfall endet das Arbeitsverhältnis aufgrund der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung vom 27. Februar 2014, dem Kläger zugegangen am 28. Februar 2014, mit dem 28. Februar 2014 (vgl. das insoweit nicht mit der Berufung angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 9. Oktober 2014, Az. 1 Ca 684/14).

32

Diese Kündigung erfolgte im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer jedoch nicht "aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit". Der Arbeitgeber ist kündigungsrechtlich nicht gehindert, während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu kündigen. Er kann sogar wegen einer langanhaltenden oder wegen vieler Kurzerkrankungen eine sozial gerechtfertigte Kündigung aussprechen. In diesen Fällen hat das auch nicht zwingend die Erhaltung des Entgeltfortzahlungsanspruchs zur Folge, wenn der Arbeitnehmer bei Zugang der Kündigung gerade arbeitsunfähig ist. Der Anspruch bleibt dem Arbeitnehmer dabei nur dann erhalten, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit zum Anlass nimmt, eine Kündigung auszusprechen. „Anlass“ im Sinn des § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG ist nicht gleichbedeutend mit dem Kündigungsgrund. Die Krankheit ist dann Anlass der Kündigung, wenn sie die Entscheidung des Arbeitgebers beeinflusst, gerade jetzt den Kündigungsgrund auszunutzen und die Kündigung zu erklären. Eine Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit scheidet damit aus, wenn der Arbeitnehmer zwar zur Zeit des Zugangs der Kündigung krank ist, der Arbeitgeber jedoch von der (bevorstehenden) Erkrankung keine Kenntnis hat (BAG, Urteil vom 17. April 2002 – 5 AZR 2/01 – NZA 2002, 899). Ferner ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 29. August 1980 – 5 AZR 1051/79 – AP LohnFG § 6 Nr. 18) der Arbeitgeber, der von der bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis hatte, aber die dem Arbeitnehmer von Gesetzes wegen eingeräumte Nachweisfrist nicht abwartet, wie derjenige zu behandeln, der von der Arbeitsunfähigkeit Kenntnis hatte. Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, dass eine Begünstigung des Arbeitgebers, der auf ein Fehlen des Arbeitnehmers sofort mit einer Kündigung reagiert, nicht gerechtfertigt wäre gegenüber demjenigen Arbeitgeber, der bei einem Fehlen des Arbeitnehmers zunächst abwartet, ob dieser innerhalb der Nachweisfrist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreicht. Fehlt der Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass dieser arbeitsunfähig krank ist (Urteil vom 29. August 1980 – 5 AZR 1051/79 – AP LohnFG § 6 Nr. 18; Urteil vom 26. April 1978 – 5 AZR 5/77 – AP LohnFG § 6 Nr. 5).

33

Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen darzulegen, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitgeber die Kündigung aus Anlass der Erkrankung ausgesprochen hat, mag er auch andere Gründe dafür gehabt haben. Regelmäßig genügt insoweit der Hinweis auf die Kenntnis des Arbeitsgebers von der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und der zeitliche Zusammenhang zwischen Arbeitsverhinderung und Kündigung. Diesen Anscheinsbeweis kann der Arbeitgeber dadurch entkräften, dass er Tatsachen vorträgt und im Bestreitensfall beweist, aus denen sich ergibt, dass andere Gründe seinen Kündigungsentschluss bestimmt haben (BAG, Urteil vom 5. Februar 1998 – 2 AZR 270/97 – NZA 1998, 644).

34

Aufgrund der in der Berufungsinstanz zu berücksichtigenden Tatsachenlage ergibt sich, dass andere als krankheitsbedingte Gründe den Kündigungsentschluss des Beklagten veranlasst haben. Hier ist der Vortrag des Beklagten zu berücksichtigen, wonach er die vom Kläger unstreitig in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 2014 gesandte Nachricht als Arbeitsverweigerung aufgefasst habe. Vorangegangen waren Verwarnungen des Klägers wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen. Diese hatten den Beklagten unstreitig veranlasst, den vom Kläger gefahrenen Bus drosseln zu lassen. In seiner Nachricht hat der Kläger sodann um 0.43 Uhr nachgefragt, warum der Bus gedrosselt ist, um unmittelbar anschließend um 0.44 Uhr mitzuteilen, dass er den Bus ab sofort dann stehen lasse. Diese SMS hat der Beklagte nach seinem Vortrag so verstanden, dass der Kläger als Reaktion auf das Drosseln des von ihm genutzten Fahrzeugs seine Arbeit nicht fortsetzen wird. Soweit der Kläger in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen hat, ihm sei bereits den ganzen Tag nicht gut gewesen, es habe weitere SMS gegeben sowie er habe den Bus abgestellt, damit der Beklagte diesen zur Verfügung habe und er zum Arzt gehen könne, konnte er diesen - vom Beklagten bestrittenen und als verspätet gerügten - Vortrag nicht näher ausführen und unter Beweis stellen. Ebenfalls konnte der Kläger nicht darlegen, wann er den Beklagten von seiner Arbeitsunfähigkeit in Kenntnis gesetzt hat und nachweisen, wann er an diesen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übersandt hat. Unter diesen Umständen steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte durch die SMS des Klägers, das Abstellen des Fahrzeugs und das Nichtfortsetzen der Arbeit zur Kündigung bestimmt worden ist, nicht aber durch das Wissen oder die Befürchtung, der Kläger könne arbeitsunfähig krank sein. Darauf, ob die unstreitige Äußerung des Klägers per SMS ein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung des Klägers gewesen wäre, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob die Arbeitsunfähigkeit "Anlass" für die Kündigung vom 27. Februar 2014 war, nicht an. Der Vortrag des Beklagten zum Anlass für die Kündigung war auch nicht verspätetet und daher von der Kammer zu berücksichtigen. Eine Zurückweisung dieses Vorbringens ist im ersten Rechtszug nicht erfolgt (§ 67 Abs. 1 ArbGG). Auch die Voraussetzungen einer Zurückweisung des Vorbringens nach §§ 67 Abs. 2 S. 2 und 3 ArbGG sind nicht gegeben. In erster Instanz war lediglich dem Kläger eine inhaltlich bestimmte Frist zur vom Kläger behaupteten am Telefon getroffenen mündlichen Vereinbarung mit dem Beklagten zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. März 2014 gesetzt worden. Dem Beklagten war im Beschluss vom 6. Mai 2014 lediglich aufgegeben worden, hierauf unter ordnungsgemäßem Beweisantritt zu erwidern. Im Übrigen hat das Vorbringen des Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift die Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz nicht verzögert.

35

Der Beklagte hat damit nicht aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom 1. bis 31. März 2014 ist daher nicht gegeben.

III.

36

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Kosten erster Instanz unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme und des von den Parteien geschlossenen Teilvergleichs aus § 92 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens aus § 91 ZPO. Dabei ist das Gericht für die erste Instanz von einem Gebührenstreitwert in Höhe von 1.941,20 €, für die zweite Instanz von 1.220,00 € ausgegangen.

37

Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(1) Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung), insbesondere

1.
die Art der Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers,
2.
Beginn, Ende, Unterbrechung und Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und
3.
das Arbeitsentgelt und die sonstigen Geldleistungen, die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erhalten oder zu beanspruchen hat;
es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 1. Für Zwischenmeisterinnen, Zwischenmeister und andere Auftraggeber von Heimarbeiterinnen und Heimarbeitern gilt Satz 1 entsprechend.

(2) Macht der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 geltend, die Arbeitslosigkeit sei die Folge eines Arbeitskampfes, so hat er dies darzulegen, glaubhaft zu machen und eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 hat der Betriebsvertretung die für die Stellungnahme erforderlichen Angaben zu machen.

(3) Sozialversicherungsträger haben auf Verlangen der Bundesagentur, die übrigen Leistungsträger, Unternehmen und sonstige Stellen auf Verlangen der betroffenen Person oder der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 26 erheblich sein können; es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 2.

(4) (weggefallen)

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.