Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Juni 2012 - 5 Sa 116/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0611.5SA116.12.0A
bei uns veröffentlicht am11.06.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitgerichts Koblenz vom 16.12.2011, Az: 2 Ca 1318/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der 1969 geborene Kläger ist seit dem 01.02.1995 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages als Betriebselektriker bei der Beklagten beschäftigt. Er hat zuletzt ein durchschnittliches Brutto-Monatsentgelt in Höhe von ca. 3.200,-- EUR erzielt. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Sie hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 31.03.2011 ordentlich zum 30.09.2011 gekündigt.

2

Dagegen wendet sich der Kläger mit der streitgegenständlichen Kündigungsschutzklage.

3

Der Kläger hat vorgetragen,

4

die Kündigung sei bereits rechtsunwirksam im Hinblick auf die schriftliche Zurückweisung mit Schreiben vom 04.04.2011. Der Kündigung sei keine Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen. Zudem sei die behauptete Vertretungsmacht beanstandet worden. Auch sei die Kündigung wegen des Fehlens eines Kündigungsgrundes sozial ungerechtfertigt. Der Sachvortrag der Beklagten zum behaupteten betriebsbedingten Kündigungsgrund werde bestritten. Hinsichtlich der Sozialauswahl sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger bei Urlaubsvertretung oder sonstigem Personalmangel auch als Maschinenschlosser gearbeitet und im übrigen auch bereits an den Mischanlagen gearbeitet habe. Eine Sozialauswahl habe zumindest zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter I. erfolgen müssen. Dieser sei von der Qualifikation her wie der Kläger Elektriker und beide hätten sich im Urlaub gegenseitig vertreten. Herr I. sei aber erst seit dem 01.04.2006 bei der Beklagten tätig.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.03.2011 nicht aufgelöst wird.

7

Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte hat vorgetragen,

10

im Hinblick auf die gerügte Bevollmächtigung von Frau D., die die Kündigung unterschrieben habe, sei darauf hinzuweisen, dass sie als Geschäftsführerin alleinvertretungsberechtigt sei und folglich die Kündigung auch allein habe wirksam aussprechen können.

11

Die Kündigung sei betriebsbedingt erfolgt. Im Hinblick auf einen zu verzeichnenden Auftragsrückgang von 15% seit 2009 und eine damit einhergehende Personalreduzierung um 11 Mitarbeiter seit 2008 habe die Beklagte durch den zwischenzeitlich verstorbenen Geschäftsführer E., D. und R. am 25.03.2011 die Unternehmerentscheidung getroffen, den größten Teil der Tätigkeiten des Klägers zukünftig an eine Fremdfirma zu vergeben. Die Umsetzung der Fremdvergabe habe spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 30.09.2011 erfolgen sollen. Insoweit werde auf das Angebot für die Übernahme der Reparatur- und Wartungsarbeiten der Fa. P. GmbH vom 15.03.2011 verwiesen, des weiteren auf den zwischenzeitlich mit dieser Firma geschlossenen Vertrag über Reparatur- und Wartungsarbeiten im Werk der Beklagten in C-Stadt ab dem 01.09.2011 mit Datum vom 15.08.2011. Diese Firma sei schon bei Bedarf bei der Beklagten zuvor eingesetzt worden. Insoweit sei auf Rechnungen aus dem Kalenderjahr 2011 hinzuweisen. Ein geringer Rest von verbleibenden Tätigkeiten des Klägers, der pro Woche keine 2 Stunden ausmachen werde, der auch nicht regelmäßig anfalle, werde von den Herren I. und J. miterledigt, was auch nicht zu einer regelmäßigen Mehrarbeit bei diesen Mitarbeitern führen werde.

12

Die soziale Auswahl hinsichtlich der im Betrieb insgesamt 53 beschäftigten Arbeitnehmer sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Insoweit wird hinsichtlich des streitigen Vorbringens der Beklagten auf Seite 4 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 87 d. A.) Bezug genommen.

13

Der vom Kläger benannte Mitarbeiter I. sei mit ihm nicht vergleichbar. Denn dieser habe als Leiter die Schlosserei geführt, sei Vorgesetzter des Klägers und der Kläger habe ihn während des Urlaubs keinesfalls in vollem Umfang mangels entsprechender Qualifikation vertreten können.

14

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 16.12.2011 -2 Ca 1318/11- abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 85-92 d. A. Bezug genommen.

15

Gegen das ihm am 08.02.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 06.03.2012 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 25.04.12 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 03.04.2012 auf seinen begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 08.05.2012 einschließlich verlängert worden war.

16

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, dringende betriebliche Erfordernisse bestünden nicht. Die behauptete Unternehmerentscheidung betreffe ausschließlich das Arbeitsverhältnis des Klägers. Vor diesem Hintergrund sei es Sache der Beklagten, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Umsetzbarkeit des behaupteten Konzepts ergebe. Diesen Anforderungen genüge das tatsächliche Vorbringen der Beklagten nicht. Die nur gelegentliche Beauftragung der Fa. P. GmbH genüge nicht, um das Tätigkeitsbild des Klägers als eine Vollzeitkraft vollständig zu ersetzen. Der Kläger habe zahlreiche weitere Tätigkeiten bisher bei der Beklagten verrichtet, die nicht Gegenstand des vorgelegten Angebotes der Fa. P. GmbH seien.

17

Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 25.04.2012 (Bl. 129-134 d.A.) Bezug genommen.

18

Der Kläger beantragt,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.12.2011, Aktenzeichen 2 Ca 1318/11 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.03.2012 nicht aufgelöst wird.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und hebt in diesem Zusammenhang hervor, vorliegend sei eine gestaltende Unternehmerentscheidung gegeben, denn die Beklagte habe sich entschlossen, aktiv die Ereignisse zu beeinflussen, indem sie das "was", das "wie viel" und/oder das "wie" ihrer Produktion geändert habe, ohne dass die Gründe dafür maßgeblich seien. Sie habe sich entschieden, die bisher in ihrem Betrieb wahrgenommenen Aufgaben auszulagern und an Fremdfirmen zu vergeben. Lediglich geringe Resttätigkeiten würden von 2 der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer ohne regelmäßigen Mehraufwand miterledigt werden. Der mit der Fa. P. abgeschlossene Vertrag vom 15.08.2011 umfasse nahezu sämtliche bisher vom Kläger ausgeführten Tätigkeiten.

23

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 25.05.2012 (Bl. 143-147 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 148-150 d. A.) Bezug genommen.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

25

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 11.06.2012.

Entscheidungsgründe

I.

26

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

27

Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

28

Das Arbeitsgericht ist jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 31.03.2011 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.09.2011 beendet hat.

29

Die Rechtsunwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung folgt zunächst nicht aus einem Verstoß der Beklagten gegen § 174 ff. BGB. Zwar liegt eine schriftliche Zurückweisung mit der Begründung vor, dass der Kündigung keine Vollmachtsurkunde beigefügt war; zudem wurde die behauptete Vertretungsvollmacht beanstandet. Die das Kündigungsschreiben vom 31.03.2011 unterzeichnende Frau D. ist aber ausweislich des vorliegenden Handelsregisterauszuges (Bl. 50 d. A.) einzel- und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Beklagten. Folglich konnte sie die Kündigung rechtswirksam allein aussprechen. Weitere Ausführungen sind insoweit nicht veranlasst, weil der Kläger sich auf diesen Unwirksamkeitsgrund im Berufungsverfahren nicht weiter stützt.

30

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die ordentliche betriebsbedingte Kündigung vorliegend auch sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG.

31

Die ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung ist dann sozial gerechtfertigt i.S.v. § 1 Abs. 2, 3 KSchG (BAG 21.4.2005 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 62; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 10. Aufl., 2012, Kap. 4 Rz. 2404 ff.) wenn
zum Zeitpunkt ihres Zugangs (vgl. BAG 21.4.2005 EzA §1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 62 = NZA 2005, 1307) dringende betriebliche Gründe vorliegen, die auf Grund außerbetrieblicher Umstände oder infolge innerbetrieblicher Maßnahmen zu einem Rückgang des Arbeitsanfalls bis hin zum Wegfall des Bedürfnisses für die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer in dem Bereich führen, in dem der betroffene Arbeitnehmer beschäftigt ist,
der betroffene Arbeitnehmer zum Zeitpunkt ihres Zugangs (vgl. BAG 21.4.2005 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 62 = NZA 2005, 1307) von allen vergleichbaren Arbeitnehmern der sozial am wenigsten Schutzwürdige ist und auch eine umfassende - allerdings nur ausnahmsweise durchzuführende- Interessenabwägung nach ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht ausnahmsweise zu einem Überwiegen des Interesses des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung führt.

32

Der Begriff der betrieblichen Erfordernisse ist im Gesetz nicht definiert.

33

Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers.

34

Es muss also zumindest ein Arbeitsplatz weggefallen sein, wobei dies nicht in der Weise zu verstehen ist, dass es sich dabei gerade um den konkret fixierten Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers handeln muss (BAG 30.5.1985 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36).

35

Vielmehr ist nach Maßgabe der sozialen Auswahl ggf. einem Arbeitnehmer zu kündigen, dessen Arbeitsplatz noch vorhanden ist, wenn nur die Anzahl der vergleichbaren Arbeitsplätze insgesamt zurückgegangen ist mit der Folge, dass die Zahl der benötigten Arbeitsplätze auf Grund der Entwicklung der Arbeitsmenge kleiner ist als die Zahl der auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die soziale Rechtfertigung der Kündigung ist grds. der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss dann der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen (LAG Düsseldorf 16.11.2005 -12 Sa 1150/05, EzA-SD 1/06 S. 8 LS).

36

Es stellt einen betriebsbedingten Kündigungsgrund dar, wenn sich der Arbeitgeber in einem Produktionsbetrieb entschließt, die Produktion -auch teilweise- einzustellen und die noch eingehenden Aufträge nicht mehr durch eigene Arbeitskräfte im Betrieb erledigen zu lassen (BAG 18.1.2001 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 109, 25.3.2004 EzA § 9 MuSchG n.F. Nr. 40, 16.12.2004 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136). Es handelt sich grds. um eine die Arbeitsgerichte bindende Organisationsentscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und deshalb ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung darstellen kann (BAG 16.12.2004 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136, 9.9.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164).

37

Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen (wozu weder der Ausspruch der Kündigung selbst (BAG 20.2.1986 EzA §1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37) noch der Entschluss zur Senkung von Lohnkosten (BAG 20.2.1986 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37) gehören), sind vom Arbeitsgerichtnicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 30.4.1987 EzA §1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47; 13.3.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; LAG BW 12.8.2004 -22 Sa 99/03, EzA-SD 1/05, S. 7 LS; LAG Bln.-Bra. 1.3.2007 - 2 Sa 18/07 - EzA-SD 19/2007 S. 5; Schrader/Schubert NZA-RR 2004, 293 ff.; Kaiser NZA 2005, Beil. 1/2005 zu Heft 10, S. 31 ff.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 23.4.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160, 27.1.2011 - 2 AZR 9/10, EzA-SD 13/2011 S. 8 LS)

38

Die Ausnahmen, bei denen die innerbetrieblichen Maßnahmen nicht bindend sind, ergeben sich aus dem allgemeinen Verbot des Rechtsmissbrauchs (BAG 23.4.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

39

So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Es ist missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.4.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160 = NZA 2008, 939).

40

Entschließt sich der Arbeitgeber andererseits wegen eines Umsatzrückgangs zu Personalreduzierungen und spricht er deshalb betriebsbedingte Kündigungen aus, so ist nicht stets die Darlegung der konkreten von den Arbeitnehmern zu erledigenden Arbeitsvorgänge und der dafür benötigten Einsatzzeiten einerseits sowie der vorgehaltenen Anzahl von Arbeitsstunden andererseits erforderlich. Soweit der Arbeitgeber dann, wenn seine unternehmerische Entscheidung nahe an den Kündigungsentschluss heranrückt, seine Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit (Dauer) verdeutlichen muss, ist diese Vortragslast kein Selbstzweck. Sie soll nur einen Missbrauch des Kündigungsrechts ausschließen (BAG 18.10.2006 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151; Löwisch/Buschbaum BB 2010, 1789 ff.).

41

Der Arbeitnehmer hat darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (z.B. eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 9.5.1996 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85), wobei aber ggf die Erleichterung des Anscheinsbeweises in Betracht kommt (BAG 24.10.1979 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (BAG 23.4.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Es ist aber (s. o.) andererseits missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.4.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

42

Läuft also die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 13.2.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122, 13.2.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Der Arbeitgeber muss insbes. konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die angefallenen Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsgemäße Leistungen erbracht werden können (BAG 13.2.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

43

Nach Maßgabe dieser Kriterien ist mit dem Arbeitsgericht vorliegend davon auszugehen, dass die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für einen Arbeitsplatz in dem Bereich, in dem der Kläger tätig ist, führt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6-8 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 89-91 d. A.) Bezug genommen.

44

Entgegen dem erstinstanzlichen schriftlichen Vorbringen des Klägers ist auch ein Verstoß gegen das gesetzliche Gebot der ordnungsgemäßen Sozialauswahl nicht gegeben.

45

Die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen und damit nach der ausgeübten Tätigkeit (BAG 7.2.1985 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 20, 2.2.2006 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144, 18.10.2006 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 73), also zunächstnach der konkret erbrachten Arbeitsleistung (BAG 5.6.2008 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 81).

46

Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion eines anderen Arbeitnehmers wahrnehmen kann. Daran fehlt es z.B. dann, wenn der Arbeitgeber Reinigungskräfte oder andere Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann. ("arbeitsvertragliche Austauschbarkeit", BAG 5.6.2008 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 81; 18.10.2006 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 73; LAG Köln 28.9.2007 LAGE § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 56.

47

Im übrigen ist Vergleichbarkeit nicht nur bei Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seiner Fähigkeiten und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann; der Kreis der einzubeziehenden Arbeitnehmer vollzieht sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit (BAG 5.6.2008 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 81 2.3.2006 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 67).

48

Der Vergleich vollzieht sich auf derselben Ebene der Betriebshierarchie, auf der der bisher innegehabte Arbeitsplatz seinem Arbeitsvertrag entsprechend angesiedelt war (sog. horizontale Vergleichbarkeit (BAG 4.2.1993 RzK I 5 d Nr. 31; APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 672 ff.; zur Titulierungsvielfalt in der Kommunikationsbranche insoweit Kerbein NZA 2002, 889 ff.)

49

Hat der Arbeitnehmer Kenntnis der Namen vergleichbarer Kollegen sowie die Kenntnis von deren Sozialdaten, so muss er unter namentlicher Benennung seiner Meinung nach sozial weniger schutzbedürftiger Arbeitnehmer, dem oder denen an seiner Stelle hätte gekündigt werden müssen, substantiiert unter Angabe ihrer individuellen Sozialdaten (Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen) die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl geltend machen (BAG 8.8. 1985 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 21; 18.10.2006 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 70; a.A. KR/Griebeling § 1 KSchG Rn. 688; APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 784).

50

Vorliegend ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer bei der Beklagten gar nicht beschäftigt sind. Insoweit wird auf S. 8, 9 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 91, 92 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

51

Zwar hat der Kläger sich im erstinstanzlichen Rechtszug auf den Arbeitnehmer I. bezogen und diesen insoweit namentlich benannt; die Vergleichbarkeit entfällt aber deshalb, weil der Kläger Leiter der Schlosserei bei der Beklagten und Vorgesetzter des Klägers ist, wohingegen der Kläger als Betriebselektriker eingestellt und eingesetzt wurde. Folglich entfällt eine Sozialauswahl zwischen diesen beiden Arbeitnehmern.

52

Auch die abschließend durchzuführende Interessenabwägung führt zu keinem anderen Ergebnis.

53

Dann, wenn eine Kündigung wegen einer bindenden Unternehmerentscheidung "an sich" betriebsbedingt und auch die Sozialauswahl nicht zu beanstanden ist, kann sich die stets notwendige umfassende Interessenabwägung nur noch in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken (BAG 20.1. 2005 EzA § 18 BErzGG Nr. 7; 16.6.2005 EzA §1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 137). Jedenfalls sind die aufgestellten Voraussetzungen für eine derartige "Härtefallregelung" danach so hoch anzusetzen, dass kaum mehr Raum für eine praktische Anwendung einer Interessenabwägung bleibt (BAG 16.6.2005 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 137; 20.1.2005 EzA § 18 BErzGG Nr. 7): Eine zumeist nur vorübergehende Weiterbeschäftigung kann dem Arbeitgeber allerdings z.B. dann zuzumuten sein, wenn der Arbeitnehmer auf Grund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzbedürftig ist (BAG 18.1.1990 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 28; abl. Preis NZA 1997, 1078). Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn die betriebsbedingte Kündigung zu unverhältnismäßigen Nachteilen für den Arbeitnehmer führt, während der Vorteil für den kündigenden Arbeitgeber oder für die Insolvenzmasse demgegenüber als gering erscheint (BAG 16.6.2005 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 137). Insofern handelt es sich um eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, die als drittes Teilprinzip des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes stets zu prüfen ist (Wank RdA 1987, 136; abl. APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 652).

54

Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegend ausnahmsweise gegeben sein könnten, lassen sich dem Sachvortrag der Parteien in beiden Rechtszügen nicht entnehmen.

55

Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Nebensachverhalts.

56

Denn es enthält zum einen keinerlei neue, nach Inhalt, Ort und Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt zum anderen für Rechtsbehauptungen. Es enthält zum einen wesentliche -zutreffende- Rechtsausführungen, von denen aber auch das Arbeitsgericht nicht abgewichen ist. Soweit in Abrede gestellt wird, dass die Fremdvergabe lediglich einen Teilbereich der vom Kläger zuvor verrichteten Tätigkeit darstellt, verkennt der Kläger, dass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob die Vorgehensweise der Beklagten sinnvoll ist und zu einem vollständigen Ersatz der von ihm zuvor ausgeübten Tätigkeiten führt. Vielmehr ist es Teil der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, in Zukunft von Fall zu Fall zu entscheiden, ob bestimmte Tätigkeiten überhaupt ausgeführt werden, oder aber nicht, oder aber z.B. verschoben werden. Das Risiko für etwaige Fehlentscheidungen in diesem Bereich trägt allein die Beklagte. Gleiches gilt für das Kostenrisiko, das sich z.B. dann realisieren könnte, wenn aufgrund einer Häufung von "Störfällen" ein erheblich erhöhter Tätigkeitsbedarf in diesem Bereich auftreten würde. All diese Überlegungen führen aber nicht dazu, dass die Entscheidung der Beklagten offensichtlich unsachlich und willkürlich ist. Auch enthält das Vorbringen der Parteien in beiden Rechtszügen, insbesondere auch das des Klägers, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es der Beklagten bei der auf einen Arbeitsplatz beschränkten Unternehmerentscheidung darum gegangen sein könnte, den Kläger aus dem Betrieb zu drängen.

57

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

59

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Jan. 2011 - 2 AZR 9/10

bei uns veröffentlicht am 27.01.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. August 2009 - 1 Sa 1/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Arbeitgeber hat bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau alle aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit sowie der ihres Kindes zu treffen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls den sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Soweit es nach den Vorschriften dieses Gesetzes verantwortbar ist, ist der Frau auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit die Fortführung ihrer Tätigkeiten zu ermöglichen. Nachteile aufgrund der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Stillzeit sollen vermieden oder ausgeglichen werden.

(2) Der Arbeitgeber hat die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird.

(3) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die schwangere oder stillende Frau ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz, soweit es für sie erforderlich ist, kurz unterbrechen kann. Er hat darüber hinaus sicherzustellen, dass sich die schwangere oder stillende Frau während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen unter geeigneten Bedingungen hinlegen, hinsetzen und ausruhen kann.

(4) Alle Maßnahmen des Arbeitgebers nach diesem Unterabschnitt sowie die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 10 müssen dem Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und der Hygiene sowie den sonstigen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Der Arbeitgeber hat bei seinen Maßnahmen die vom Ausschuss für Mutterschutz ermittelten und nach § 30 Absatz 4 im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlichten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen; bei Einhaltung dieser Regeln und bei Beachtung dieser Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass die in diesem Gesetz gestellten Anforderungen erfüllt sind.

(5) Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Unterabschnitt in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

(6) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Personen auferlegen, die bei ihm beschäftigt sind. Die Kosten für Zeugnisse und Bescheinigungen, die die schwangere oder stillende Frau auf Verlangen des Arbeitgebers vorzulegen hat, trägt der Arbeitgeber.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. August 2009 - 1 Sa 1/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer von der Beklagten zu 1. auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung geltend und nimmt die Beklagte zu 2. auf Beschäftigung in Anspruch.

2

Der im Jahre 1958 geborene Kläger ist verheiratet und drei Kindern unterhaltsverpflichtet. Er trat im Jahre 1991 als Instrumentalist (Waldhorn) in die Dienste der Beklagten zu 1., die bis zum Jahre 2008 ein Theater und ein Orchester unterhielt. Nach § 4 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern(TVK) vom 1. Juli 1971 in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen. Der Bruttomonatsverdienst des Klägers betrug zuletzt ca. 3.500,00 Euro.

3

Bis zum 31. Dezember 2008 erhielt die Beklagte zu 1., die nicht kostendeckend wirtschaften kann, jährliche Gesamtzuwendungen von ca. 8,5 Millionen Euro, die zu ca. 50 vH der Freistaat Thüringen erbrachte. Die übrigen Zuwendungen trugen die Gesellschafter der Beklagten, die E und der W bei. Im Jahr 2006 kündigte der Freistaat eine Kürzung seiner Zuschüsse für die Zeit ab 2009 an. In einer Finanzierungsvereinbarung vom 15. Juni 2007 schrieben der Freistaat, die E und der W die Kürzungen fest. Danach wollte der Freistaat für die Jahre 2009 bis 2012 nur noch 1,5 Millionen Euro beisteuern. Im Fall der Gewährleistung des Dreispartenangebotes durch Zustiftung der Beklagten zu 1. zur Kulturstiftung M - der Beklagten zu 2. -, die ebenfalls ein Orchester unterhält, sollte sich die Landesförderung um etwa eine Million Euro erhöhen. Ebenfalls am 15. Juni 2007 wurde ein Abkommen über die betreffende Zustiftung mit Wirkung zum 1. Januar 2009 geschlossen. Darin ist die angestrebte Struktur des künftigen Theaterbetriebes beschrieben. Im Stellenplan für das Orchester sind nur noch 24 statt bisher 42,5 Stellen und keine Blechbläser mehr vorgesehen.

4

Nach Anhörung des Betriebsrats sprach die Beklagte zu 1. dem Kläger die Kündigung nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK zum 31. Juli 2008 aus.

5

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat das Vorliegen einer wirksamen unternehmerischen Entscheidung zur Verkleinerung des Orchesters bestritten. Jedenfalls aber sei die Entscheidung willkürlich und offensichtlich unvernünftig. Ein Spielplan ohne Horn sei nicht möglich. Man könne dann nicht mehr „Peter und der Wolf“ aufführen, sondern nur noch „Peter ohne Wolf“. Die Beklagte habe gezielt bestimmte Stellen wegfallen lassen, um Arbeitnehmer in ihrer sozialen Schutzwürdigkeit zu übergehen. Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Die Kündigung habe überdies zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden können. Die Beklagte habe eine Sozialauswahl durchführen müssen, zumindest mit den in M beschäftigten Instrumentalisten. Es bestehe zwischen E und M nach der Zustiftung ein gemeinsamer Betrieb. Auch Betriebsrat und Orchestervorstand seien nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine Massenentlassungsanzeige sei, obwohl erforderlich, nicht erfolgt. Schließlich sei die Kündigung auch deswegen unwirksam, weil sie wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs erfolgt sei.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch außerordentliche Kündigung mit Schreiben der Beklagten zu 1. vom 5. Juli 2007 zum 31. Juli 2008 beendet worden ist;

                          
        

2.    

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 16. Oktober 1990 in der Fassung des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 nach Maßgabe des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) in jeweils geltender Fassung, des Vergütungs-Tarifvertrages mit Vergütungsordnung und Ortszuschlagstabelle in jeweils geltender Fassung, des TV Orchestervorstand in jeweils geltender Fassung, des TV Instrumenten-, Rohr-, Blatt- und Saitengeld in jeweils geltender Fassung, des TV Kleidergeld in jeweils geltender Fassung, des TV Zuwendungen in jeweils geltenden Fassung, des TV Urlaubsgeld in jeweils geltender Fassung und des TV Vermögenswirksame Leistungen ab dem 1. Januar 2009 weiterzubeschäftigen;

                          
        

3.    

festzustellen, dass ab dem 1. Januar 2009 zwischen ihm und der Beklagten zu 2. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

7

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 1. hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen der am 15. Juni 2007 getroffenen unternehmerischen Entscheidung wirksam. Eine Nichtdurchführung dieser Entscheidung hätte zu ihrer Insolvenz geführt. Die ab 1. August 2008 gültige neue Orchesterstruktur sehe den gänzlichen Wegfall sämtlicher Blechbläser vor. Sie sei nicht willkürlich. Man habe verschiedene Modelle geprüft. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Holzbläser häufiger gebraucht würden als die Blechbläser. Auch sei eine homogene Klangbalance innerhalb der Gruppe der Holzbläser im Verhältnis zu den Streichern heikler und schwieriger herzustellen als in der Gruppe der Blechbläser. Es gebe keine objektiv zwingend gebotene Zusammensetzung eines Orchesters. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft, da sämtlichen mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmern gekündigt worden sei. Die Musiker des Orchesters in M seien nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen gewesen. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen, der ggf. eine übergreifende Sozialauswahl erforderlich gemacht hätte, liege ebenso wenig vor wie ein Betriebsübergang. Die Kündigung habe auch zum Ende der Spielzeit 2008 erfolgen können. Die Kündigungsfrist sei eingehalten. Kündigungen seien nur zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres möglich. Der Betriebsrat und die Sprecherin des Orchestervorstandes seien ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kündigung scheitere nicht an § 17 KSchG. Anzeigepflichtige Massenentlassungen seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der hier streitigen Kündigung nicht erfolgt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 5. Juli 2007 ist als ordentliche Kündigung anzusehen (I.1). Die in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern vom 1. Juli 1971 idF vom 4. Dezember 2002 (TVK) niedergelegten Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit liegen ebenso vor (I.2) wie diejenigen des § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG(I.3). Das etwaige Fehlen der Anhörung des Orchestervorstandes führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (I.4). Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden (I.5). Die Kündigung verstößt weder gegen § 613a Abs. 4 BGB(I.6) noch gegen § 17 KSchG(I.7). Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Juli 2008 aufgelöst. Der Kläger steht nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2. und hat deshalb auch keinen Anspruch auf Beschäftigung gegen sie (II.).

10

I. Die von der Beklagten zu 1. ausgesprochene Kündigung ist als ordentliche Kündigung wirksam. Sie ist nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK iVm. § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt.

11

1. Bei der in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK geregelten Kündigung handelt es sich nicht um eine außerordentliche, sondern um eine ordentliche Kündigung (so schon für die Vorgängerregelung: Senat 20. März 1969 - 2 AZR 106/68 - AP TOK § 23 Nr. 2). Sie bedurfte deshalb keines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB. Das ergibt die Auslegung der genannten Tarifnorm.

12

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Wortlaut auszugehen. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil er Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geben kann. Daneben können die Gerichte weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP BGB § 626 Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7; BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 33, BAGE 118, 141; 15. Oktober 2003 - 4 AZR 594/02 - EzA TVG § 4 Stahlindustrie Nr. 2).

13

b) Im Streitfall scheint der Wortlaut der maßgeblichen Tarifnorm dafür zu sprechen, die dort geregelte Kündigung als eine außerordentliche Kündigung einzustufen. Der Zusammenhang der Vorschrift mit den übrigen tariflichen Regelungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei der Auflösung und Verkleinerung von Orchestern sowie Sinn und Zweck der Regelung und ihre nähere Ausgestaltung und Praktikabilität zeigen jedoch, dass die Vorschrift eine Rückausnahme von der ordentlichen Unkündbarkeit statuieren will und damit unter den in ihr genannten Voraussetzungen die ordentliche Kündigung zulässt.

14

(aa) In § 42 Abs. 1 TVK sind mehrere unterschiedliche Fallgestaltungen geregelt. Zunächst sind die Voraussetzungen benannt, die, abweichend vom Normalfall, zur ordentlichen Unkündbarkeit führen: Einem Arbeitnehmer kann nach 15 Beschäftigungsjahren und Vollendung des 40. Lebensjahrs nur noch unter den Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Alsdann sind drei Fälle beschrieben, von denen gesagt ist, dass sie als wichtige Gründe „gelten“. Der hier maßgebliche „wichtige Grund“ liegt im Beschluss zur Auflösung oder Verkleinerung des Orchesters (§ 42 Abs. 1 Buchst. a TVK). Für diesen Fall ist eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres vorgesehen, womit die für ordentliche Kündigungen an sich maßgebliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres (§ 41 Abs. 2 TVK) um ein halbes Jahr verlängert wird. Ferner ist in § 51 TVK festgelegt, dass der Arbeitgeber dem nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK gekündigten Musiker eine anderweitige Beschäftigung anbieten muss oder, wenn das nicht möglich ist, ihm über mehrere Jahre hinweg eine Abfindung zu zahlen hat. Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch danach, wenn der Arbeitgeber keine angemessene Beschäftigung anbietet oder nachweist, bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres eine Abfindung gezahlt, und zwar in Höhe von bis zu 71 vH der Jahresvergütung.

15

(bb) Sowohl die im Fall des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK vorgesehene lange Kündigungsfrist als auch die im Tarifvertrag vorgesehenen Rechtsfolgen sprechen dagegen, die Kündigung als außerordentliche Kündigung anzusehen. Bei näherem Zusehen erweist sich auch, dass in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK die Wirksamkeit der Kündigung gar nicht an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB gebunden ist. Vielmehr ordnet der Tarifvertrag an, dass bestimmte Fälle als wichtige Gründe „gelten“ sollen. Möglicherweise wurde die Formulierung in der Annahme gewählt, die Tarifvertragsparteien könnten das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB fingieren, was aber angesichts des zwingenden Charakters von § 626 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist(Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP § 626 BGB Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7). Ist also die tarifvertragliche Fiktion eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes rechtlich nicht möglich, so sind Sinn und Zweck der Vorschrift dennoch rechtlich unbedenklich: Die Tarifvertragsparteien wollten eine mit besonders langer Kündigungsfrist auszusprechende Kündigung in den genannten Fällen mit den Folgen des § 51 TVK(Abfindung) ungeachtet der an sich gegebenen ordentlichen Unkündbarkeit ermöglichen. Dieses Ziel ist rechtlich nur dann erreichbar, wenn die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK nicht als Fall des § 626 Abs. 1 BGB, sondern als Rückausnahme vom Verbot der ordentlichen Kündigung angesehen, die Kündigung nach dieser Vorschrift also als ordentliche Kündigung unter erschwerten Voraussetzungen eingestuft wird (so schon für die Vorgängerregelung: Senat 20. März 1969 - 2 AZR 106/68 - AP TOK § 23 Nr. 2).

16

2. Die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK liegen vor. Der Rechtsträger des Orchesters, dem der Kläger angehörte, nämlich die Beklagte zu 1., hat die Verkleinerung des Orchesters beschlossen. Wie das Landesarbeitsgericht für den Senat bindend festgestellt hat, haben die Gesellschafter der Beklagten zu 1. einen Beschluss über die „unternehmerische Entscheidung zur Struktur des künftigen Theaterbetriebes E“ gefasst. Er sieht die Beschäftigung von Blechbläsern nicht mehr vor. Nach diesem Konzept ist die Stelle des Klägers als Hornist entfallen.

17

3. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt. Sie ist nicht aus anderen Gründen sozialwidrig. Die von der Beklagten zu 1. getroffene unternehmerische Entscheidung zur Verkleinerung des Orchesters ist nicht missbräuchlich.

18

a) Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (Senat 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (Senat 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - BAGE 110, 188; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - BAGE 115, 149). Dabei zielt die Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung durch das Gericht weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch (Senat 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen (vgl. dazu Senat 18. Dezember 1997 - 2 AZR 709/96 - BAGE 87, 327) sollen genauso verhindert, wie Diskriminierung und Umgehungsfälle vermieden werden. Deshalb ist es zB missbräuchlich, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen (Senat 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - aaO) oder abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen, denen keine tatsächliche Änderung der realen Abläufe zugrunde liegt, zu benutzen, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern oder Arbeitsverhältnisse zu beenden.

19

b) Daran gemessen ist die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die finanzielle Zwangslage, in die sie durch die vom Freistaat Thüringen angekündigte Reduzierung der staatlichen Förderung geriet, dargestellt. Ihr Konzept, nur noch ein Rumpforchester aus festangestellten Instrumentalisten zu behalten und bei Bedarf die benötigten weiteren Künstler zusätzlich zu engagieren, ist nachvollziehbar, wenn es auch manchen nach künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten Urteilenden nicht überzeugen mag. Dass die Neuordnung etwa nur unter Verletzung arbeitsrechtlicher Vorgaben zu verwirklichen gewesen wäre oder gar dem Zweck gedient hätte, kündigungsrechtliche Vorschriften - zB die der Sozialauswahl - zu umgehen, hat der Kläger in den Vorinstanzen zwar gelegentlich allgemein geltend gemacht. Konkrete Anhaltspunkte dafür sind aber nicht ersichtlich. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das Konzept sei - jenseits ins Dunkele reichender Vermutungen - nicht gegen den Kläger gerichtet, hat dieser in der Revision nicht angegriffen.

20

c) Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Ohne dass der Kläger dem entgegengetreten wäre, hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beschäftigungsbedarf für sämtliche Hornisten entfallen sei. Der Kläger hat auch keinen mit ihm vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. benannt, dem an seiner Stelle - bei Zugrundelegung des unternehmerischen Konzepts - hätte gekündigt werden müssen. Da die Kündigung etwa eineinhalb Jahre vor dem Wirksamwerden der Zustiftung zur Beklagten zu 2. ausgesprochen wurde, kam eine Einbeziehung der Musiker des M Orchesters von vornherein nicht in Betracht.

21

d) Die in § 42 Abs. 1 Satz 4 TVK vorgesehene Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende des Orchesterjahres ist eingehalten. Die Beklagte zu 1. war nicht gehalten, die Kündigung erst zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kürzungen auszusprechen. Maßstab für den richtigen Kündigungstermin bei einer betriebsbedingten Kündigung ist zum einen die geltende Kündigungsfrist und zum anderen die unternehmerische Entscheidung, die der Kündigung zugrunde liegt. Letztere sah den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zum 31. Juli 2008 vor. Die unternehmerische Entscheidung war auch insoweit nicht missbräuchlich. Zum einen ist es sachgerecht, die notwendige Umstrukturierung eines Orchesters nicht in der Mitte, sondern am Ende einer Spielzeit vorzusehen. Zum anderen hat die Beklagte zu 1. ausgeführt, sie habe die für 2008 noch bewilligten Mittel des Freistaats Thüringen zur - nur teilweisen - Bewältigung der mit den Kündigungen verbundenen finanziellen Lasten - zB Übergangsgelder und Abfindungen - benötigt.

22

4. Ob die Beklagte zu 1. ihren nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 des Tarifvertrages über die Bildung und die Aufgaben des Orchestervorstandes vom 1. Juli 1971 (TV Orchestervorstand) bestehenden Pflichten nachgekommen ist, kann dahin stehen. Selbst wenn sie diese Pflichten verletzt haben sollte, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Den hier in Rede stehenden Vorschriften ist keine Anordnung zu entnehmen, aus der sich die Unwirksamkeit einer unter Verletzung von § 5 Abs. 1, Abs. 2 TV Orchestervorstand erklärten Kündigung ergäbe. Der Tarifvertrag sieht - anders als § 102 BetrVG - nicht die Unwirksamkeit einer ohne Beteiligung des Orchestervorstandes erfolgten Kündigung vor. Bereits dies spricht gegen die vom Kläger vertretene Auffassung. Nach der Rechtsprechung des Senats haben im Übrigen sogar Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften des kollektiven Rechts nur bei entsprechender ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers die Unwirksamkeit der betreffenden Kündigung zur Folge, da regelmäßig die kollektivrechtliche Seite von der individualrechtlichen zu trennen ist (Senat 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - NZA 2010, 1235). Im Streitfall tritt hinzu, dass die gemeinsame Protokollerklärung der Tarifvertragsparteien deren übereinstimmende Auffassung festhält, der Begriff der „Beteiligung“ in § 5 Abs. 1 TV Orchestervorstand sei nicht im „personalrechtlichen“ Sinne zu verstehen.

23

5. Die Kündigung ist nicht nach § 102 BetrVG unwirksam.

24

a) Die Beklagte zu 1. hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 27. Juni 2007 über die dem Kläger nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK auszusprechende betriebsbedingte Kündigung unterrichtet. Sie hat den Betriebsrat gebeten, bis zum 13. Juli 2007 Stellung zu nehmen. Sie hat damit die gesetzliche Frist zur Stellungnahme (§ 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) um etwa eine Woche verlängert. Der Betriebsrat erklärte sich jedoch bereits mit Schreiben vom 3. Juli 2007 und widersprach der Kündigung. Darin lag nach der vom Kläger nicht mehr angegriffenen Würdigung des Landesarbeitsgerichts eine abschließende Stellungnahme.

25

b) Ob die Beklagte zu 1. dem Betriebsrat mitgeteilt hat, dass sie - möglicherweise - ihrer Pflicht zur Unterrichtung des Orchestervorstandes nicht nachgekommen ist, bedurfte keiner Aufklärung. Die Beklagte zu 1. war zu einer entsprechenden Mitteilung an den Betriebsrat nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG verpflichtet. Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Kündigungsgründe unterrichten. Darunter fallen nur solche Umstände, die für die Wirksamkeit der Kündigung aus Sicht des Arbeitgebers maßgebend sind. Da die Beteiligung des Orchestervorstandes ebenso wie ihr Unterbleiben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung ausübt, bedurfte es im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG auch keiner Unterrichtung darüber. Die dem entgegenstehende Auffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt (17. November 1998 - 7 Sa 952/95 -) findet weder im Tarifvertrag noch im Gesetz eine Stütze.

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6. Die Kündigung ist nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam.

27

a) Die Kündigung eines Betriebsveräußerers unterfällt dann nicht dem Verbot des § 613a Abs. 4 BGB, wenn sie der Verwirklichung eines vom Erwerber vorgegebenen und nicht missbräuchlichen Sanierungskonzepts dient(BAG 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - BAGE 105, 338). Die Umsetzung des Konzepts muss bei Zugang der Kündigung allerdings bereits greifbare Formen angenommen haben.

28

b) Nach diesen Grundsätzen verstieß die Kündigung nicht gegen § 613a Abs. 4 BGB.

29

(aa) Es kann dahinstehen, ob, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat, § 613a Abs. 4 BGB schon deshalb nicht anwendbar ist, weil die Kündigung etwa eineinhalb Jahre vor der Zustiftung des Theaterbetriebs E zur Beklagten zu 2. erfolgte.

30

(bb) Offenbleiben mag auch, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Zustiftung als Betriebsübergang angesehen werden kann. Zweifelhaft ist jedenfalls die Annahme, die Zustiftung eines Unternehmens oder Betriebes führe ohne Weiteres zu einem einheitlichen Unternehmen oder gemeinsamen Betrieb mit der kündigungsrechtlichen Folge, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Bereich der aufnehmenden Stiftung zu berücksichtigen wären und eine Sozialauswahl sich auf alle bei dieser tätigen vergleichbaren Arbeitnehmer zu beziehen hätte. Vielmehr können unter dem „Dach“ einer Stiftung getrennte - ggf. auch durch Zustiftung hinzugekommene - Unternehmen und Betriebe bestehen. Der Stiftung können uU, wie einem Konzern, mehrere selbständige Unternehmen und Betriebe in der Form von Sondervermögen angehören (vgl. Rawer DNotZ 2008, 5).

31

(cc) Jedenfalls lag bei Kündigung ein nachhaltiges, nicht missbräuchliches und in Einzelheiten ausgearbeitetes Konzept für die Fortführung des Orchesters nach dem Wirksamwerden der Zustiftung vor, dessen einzige realistische Alternative die Insolvenz war. Damit erfolgte die Kündigung nicht „wegen des Betriebsübergangs“.

32

7. Die Kündigung ist nicht unter Verstoß gegen § 17 KSchG ausgesprochen worden. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass die in § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG vorgesehene Mindestanzahl von Kündigungen nicht erreicht wurde, weshalb keine Anzeigepflicht bestand.

33

II. Die Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 2. verfolgten Klageanträge folgt jedenfalls aus der Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Klage.

34

III. Die Kosten der Revision fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Beckerle    

        

    B. Schipp    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.