Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 22. März 2018 - 4 TaBV 20/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0322.4TaBV20.17.00
bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Tenor

I. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 07.03.2017 - 2 BV 52/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch des antragstellenden Betriebsrats.

2

Die Beteiligte zu 2. produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Sie beschäftigt in Deutschland ca. 1350 Mitarbeiter in verschiedenen Betriebsstätten. In dem Werk P. mit den beiden Standorten in R. und A-Stadt sind durchschnittlich etwa 330 Arbeitnehmer tätig. Der Antragsteller ist der dort gebildete Betriebsrat.

3

Die Beteiligten zu 2. und zu 3. einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19.05.2016 darauf, das Werk P. mit Wirkung ab dem 01.04.2016 als Gemeinschaftsbetrieb zu führen. Ab dem 01.07.2016 wurden erstmals Arbeitnehmer auf der Grundlage von mit der Beteiligten zu 3. geschlossenen Arbeitsverträgen im Werk P. beschäftigt. Zuvor fungierte die Beteiligte zu 3. als konzerninterne, nicht operativ tätige Gesellschaft ohne eigene Arbeitnehmer. Der ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck bestand in der Verwaltung eigenen Vermögens sowie in der Beteiligung an der Beteiligten zu 2. Am 14.07.2016 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 3. eine Änderung ihres Gesellschaftszwecks dahingehend, dass dieser nunmehr auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art umfasst. Diese Änderung des Gesellschaftszwecks wurde am 03.08.2016 ins Handelsregister eingetragen.

4

Mit einem am 30.08.2016 beim Arbeitsgericht eingereichten Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung hat der Betriebsrat die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2. und zu 3. begehrt. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht Trier mit Beschluss vom 06.09.2016 (AZ: 2 BVGa 7/16) abgewiesen. Die hiergegen vom Betriebsrat eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 - 6 TaBVGa 2/16). Mit Beschluss vom 06.10.2016 (AZ: 3 BV 53/16) hat das Arbeitsgericht Trier auf Antrag des Betriebsrats eine Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans wegen einer nach Auffassung des Betriebsrats durch die Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs vorliegenden Betriebsänderung stattgegeben. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. und zu 3. hat das LAG Rheinland-Pfalz diese Entscheidung mit Beschluss vom 27.04.2017 (AZ: 6 TaBV 26/16) teilweise abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Einigungsstelle auch zur Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt hatte, und insoweit den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.

5

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, er habe erst im August 2016 von der Bildung des Gemeinschaftsbetriebs der Beteiligten zu 2. und 3. erfahren. Zuvor sei er von einer Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen. Die Beteiligte zu 2. habe eine Betriebsänderung gemäß § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG (Zusammenschluss mit anderen Betrieben) durchgeführt, ohne ihn auch nur zu informieren oder gar Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs einzuleiten. Ihm seien ein Unterlassungsanspruch sowie flankierend auch ein Folgenbeseitigungsanspruch zuzubilligen, da seine Rechte andernfalls leerliefen.

6

Der Antragsteller hat beantragt,

7

1. der Beteiligten zu 2 bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 € bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Stadt/ R. einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3 an die Beteiligte zu 2 zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde,

8

2. hilfsweise der Beteiligten zu 2 bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 € bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Stadt/ R. Mitarbeiter und Leiharbeiter der Beteiligten zu 3 zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt/ R. einzusetzen, die nicht in der Anlage AS 7 aufgeführt sind, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

9

Die Beteiligten zu 2. und 3. haben beantragt,

10

die Anträge zurückzuweisen.

11

Die Beteiligten zu 2. und zu 3. haben im Wesentlichen geltend gemacht, die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebes stelle vorliegend keine Betriebsänderung dar. Ein Fall des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG sei nicht gegeben, da die Beteiligte zu 3. im Zeitpunkt der Gründung des Gemeinschaftsbetriebs noch nicht operativ tätig gewesen sei. Demgemäß sei es auch nicht zu organisatorischen Änderungen der Betriebsabläufe oder der arbeitgeberseitigen Weisungsbefugnisse gekommen. Unabhängig davon könne der Betriebsrat bei einer geplanten Betriebsänderung die Durchführung personeller Maßnahmen nicht durch Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs verhindern, da insoweit kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bestehe und § 113 Abs. 3 BetrVG eine abschließende Sanktionsregelung enthalte. Ein Unterlassungs- oder Folgenbeseitigungsanspruch scheitere auch daran, dass die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs bereits vollzogen sei, sodass ein Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nicht mehr gesichert werden könne.

12

Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 07.03.2017 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4-6 dieses Beschlusses (Bl. 150-152 d. A.) verwiesen.

13

Gegen diesen, ihm am 06.04.2017 zugestellten Beschluss, hat der Betriebsrat am Montag, dem 08.05.2017 Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 07.06.2017 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 27.06.2017 begründet.

14

Der Betriebsrat macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe ihm der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil andernfalls die Rechte des Betriebsrats, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Beratungsanspruch, leerliefen. Angesichts der Anordnung eindeutig sanktionierender Rechtsfolgen im Bereich personeller Einzelmaßnahmen (§ 101 BetrVG) bei Mängeln der Beteiligung des Betriebsrats trotz weniger weitreichenden Mitwirkungsrechts könne es nicht sein, dass im Rahmen des § 111 BetrVG keine Sanktion zur Sicherstellung der Wahrung der Rechte des Betriebsrats eingreifen solle. Der Unterlassungsanspruch sei das einzig adäquate Mittel des Betriebsrats, um überhaupt vom Arbeitgeber über Betriebsänderungen informiert zu werden. Die Beteiligte zu 2. habe gegen ihre Unterrichtungspflicht in grober Weise verstoßen, da sie ihn - den Betriebsrat - vor Durchführung der Betriebsänderung nicht angehört bzw. beteiligt habe. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass eine Betriebsänderung daran scheitern könne, dass die Beteiligte zu 3. zuvor nicht über einen operativen Betrieb verfügt habe, sei unrichtig. Es mache keinerlei Unterschied, ob der einzugliedernde Betrieb zuvor operativ tätig gewesen sei oder ob die operative Tätigkeit erst im Rahmen der Gründung des Gemeinschaftsbetriebs aufgenommen werde. Auch die Erwägung des Arbeitsgerichts, dass ein Unterlassungsanspruch ins Leere laufe, wenn die Maßnahme (Bildung des Gemeinschaftsbetriebs) schon durchgeführt sei, greife zu kurz. Der vorliegende Fall zeichne sich nämlich dadurch aus, dass hier von einer "Tabula rasa”, die die unternehmerische Entscheidung geschaffen habe, gerade nicht gesprochen werden könne. Ein Betriebszusammenschluss gemäß § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vollziehe sich "in der Zeit". Das in die Zukunft gerichtete fortdauernde Zusammenwirken zweier Betriebe mache seine Struktur aus. Der "Nichtbetrieb" des Gemeinschaftsbetriebs sei für eine vorübergehende Zeit der "betriebsverfassungsrechtlichen Nachholung" ohne weiteres möglich und könne dann auf "Betrieb" umgeschaltet werden, wenn die betriebsverfassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Insoweit bestehe ein den Unterlassungsanspruch flankierender Folgenbeseitigungsanspruch, der den Arbeitgeber zum einstweiligen Abstandnehmen bzw. zur Rückgängigmachung von bereits vollzogenen Maßnahmen zwinge.

15

Der Betriebsrat beantragt:

16

Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2. wird bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000 € bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2. untersagt, am Standort A-Stadt/R. einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3. an die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2. zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis das betriebsverfassungsrechtlich vorgesehene Auskunfts- und Beteiligungsverfahren zum Abschluss gebracht worden ist.

17

Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,

18

die Beschwerde zurückzuweisen.

19

Die Beteiligten zu 2. und 3. verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung und machen im Wesentlichen geltend, die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs stelle vorliegend keinen "Zusammenschluss mit anderen Betrieben” i. S. v. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG dar, da die Beteiligte zu 3. vor dem Zusammenschluss über keinen eigenen Betrieb i. S. v. § 1 BetrVG verfügt habe. Das Hineinwachsen einer (Perso- nalführungs-) Gesellschaft in die betriebliche Struktur eines anderen Unternehmens durch Aufnahme der operativen Tätigkeit innerhalb eines zuvor gegründeten Gemeinschaftsbetriebs werde von der maßgeblichen gesetzlichen Regelung nicht erfasst. Überdies bestehe kein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei mitbestimmungswidrig durchgeführten Betriebsänderungen. Selbst wenn man jedoch das Bestehen eines solchen Anspruchs bejahe, greife dieser jedenfalls dann nicht ein, wenn - wie vorliegend - die (vermeintliche) Betriebsänderung bereits durchgeführt worden sei und ein etwaiger Verhandlungsanspruch des Betriebsrats demnach nicht mehr gesichert werden könne. Ein Folgenbeseitigungsanspruch bestehe ebenfalls nicht.

20

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1.

21

Die statthafte Beschwerde ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

22

Der zulässige Unterlassungsantrag ist unbegründet. Der Betriebsrat kann von der Beteiligten zu 2. nicht verlangen, es zu unterlassen, den mit der Beteiligten zu 3. gebildeten gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben bis zum Abschluss eines Interessenausgleichsverfahrens gemäß §§ 111 f. BetrVG. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs mit der zuvor nicht operativ tätigen Beteiligten zu 3., die bis dahin weder über eigene Betriebsmittel noch eigene Arbeitnehmer verfügte, nach § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG als Betriebsänderung zu qualifizieren ist.

a)

23

Der Unterlassungsantrag ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil das LAG Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 27.04.2017 - 6 TaBV 26/16 - den Antrag des Betriebsrats auf Einsetzung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs mit der Begründung abgewiesen hat, die Einigungsstelle sei insoweit offensichtlich unzuständig. Denn im Bestellungsverfahren nach § 100 ArbGG wird nicht abschließend und für die Betriebspartner verbindlich die Frage entschieden, ob das vom Betriebsrat in Anspruch genommene Beteiligungsrecht besteht oder nicht. Auch die Abweisung des Antrags auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden mit der Begründung, das geltend gemachte Beteiligungsrecht bestehe offensichtlich nicht, ist keine die Betriebspartner bindende Entscheidung über das Bestehen des Beteiligungsrechts. Streitgegenstand des Bestellungsverfahrens ist allein die Errichtung der Einigungsstelle durch Benennung des Vorsitzenden und ggf. durch Bestimmung der Zahl der Beisitzer jeder Seite (BAG v. 25.04.1989 - 1 ABR 91/87 - AP Nr. 3 zu § 98 ArbGG 1979).

b)

24

Ob dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.

25

Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsausgleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 21.10.2009 - 20 TaBVGa 1/09; LAG Nürnberg v. 09.03.2009 - 6 TaBVGa 2/09 -; LAG Rheinland-Pfalz v. 24.11.2004 - 9 TaBV 29/04; jeweils zitiert nach juris). Dieser Auffassung hat sich die Beschwerdekammer im Beschluss vom 27.08.2014 - 4 TaBVGa 4/14 - angeschlossen. Nach anderer Ansicht steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenausgleichs gesichert werden könne (vgl. LAG Hamm v. 17.02.2015 - 7 TaBVGa 1/15 -; LAG Schleswig-Holstein v. 15.12.2010 - 3 TaBVGa 12/10 -; jeweils zitiert nach juris).

26

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungen i. S. v. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des Betriebsrats jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch vorliegend nicht (mehr) gegeben. Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen kann nämlich nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht aber losgelöst hiervon der Untersagung der Betriebsänderung selbst (LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 – 6 TaBVGa 2/16 -; LAG Berlin-Brandenburg v. 19.06.2014 - 7 TaBVGa 1219/14 -; jeweils zitiert nach juris). Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein Unterlassungsanspruch scheidet aus (LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 - 6 TaBVGa 2/16 -; LAG Hamm v. 17.02.2015 - 7 TaBVGa 1/15 -; LAG Rheinland-Pfalz v. 26.01.2011 – 7 TaBVGa 4/10 -; jeweils zitiert nach juris). Denn der Interessenausgleich kann nur vor der Durchführung der Betriebsänderung verhandelt werden. Das Recht des Betriebsrats auf Unterrichtung sowie auf Verhandlungen über das Ob, Wann und Wie der Maßnahme besteht nach deren Durchführung nicht mehr (BAG v. 28.03.2006 - 1 ABR 5/05 -, juris). Erst recht kommt aus den dargelegten Gründen ein Anspruch auf "Folgenbeseitigung" hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung aufgrund der klaren gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte einschließlich der vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 - 6 TaBVGa 2/16 -, juris; im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz v. 02.10.2014 - 3 TaBVGa 5/14 -, juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus der Richtlinie 2002/14/EG vom 11.03.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrats nach §§ 111, 112 BetrVG fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie, auf die auch die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Bezug genommenen Sanktionen bezogen sind, nicht; darüber hinausgehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg v. 19.06.2014 - 7 TaBVGa 1219/14 -, juris). Die Frage, wie ein "Folgenbeseitigungsanspruch" im Falle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Aufnahme eines Betriebs in einen bestehenden Betrieb im Hinblick auf betroffene Arbeitsverhältnisse rechtlich realisierbar sein könnte, kann dahinstehen.

27

Hiervon ausgehend steht dem Betriebsrat der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Dieser Anspruch scheidet vorliegend jedenfalls deshalb aus, weil die Maßnahme der Bildung eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2. und 3. unstreitig seit Juli 2016 durchgeführt ist.

c)

28

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG.

29

Ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG setzt einen groben Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz voraus. Zwar ist diesbezüglich kein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers erforderlich. Der Arbeitgeber begeht jedoch keinen groben Verstoß i. S. v. § 23 Abs. 3 BetrVG, wenn er in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage einen bestimmte Meinung vertritt (BAG v. 14.11.1989 - 1 ABR 87/88 - AP Nr. 76 zu § 99 BetrVG 1972, m. w. N.).

30

Hiervon ausgehend kann ein grober Verstoß der Beteiligten zu 2. gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten bereits deshalb nicht bejaht werden, weil zumindest Bedenken bestehen, ob es sich bei der gemeinsamen Aufnahme der Produktion durch die Beteiligten zu 2. und 3. um eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG handelt, da die Beteiligte zu 3. jedenfalls vor Produktionsaufnahme nicht über eigene Betriebsmittel und Arbeitnehmer verfügte und sich daher die Frage stellt, ob vorliegend ein Fall des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben ist. Diese Rechtsfrage ist - soweit ersichtlich - bislang nicht geklärt.

III.

31

Die Beschwerde des Betriebsrats war daher zurückzuweisen.

32

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

33

Bernardi                                            Jünker                                                    Breser

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Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung nach Bildung eines gemeinsamen Betriebs durch die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3).

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk TITAN am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort A-Stadt gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand ursprünglich in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönliche Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist personengleich mit dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19. Mai 2016 darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung und des dort in Bezug genommenen Organigramms wird auf Bl. 295 ff. d. A. Bezug genommen. Eine am 14. Juli 2016 von der Gesellschafterversammlung formell beschlossene Änderung des Geschäftszwecks der Beteiligten zu 3) auf nunmehr ua. auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art wurde am 03. August 2016 im Handelsregister eingetragen.

5

Ab 01. Juli 2016 wurden Arbeitnehmer, deren befristete Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 2) ausliefen, über Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 3) weiterbeschäftigt. Hierzu wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Zuletzt beschäftigt die Beteiligte zu 3) im Werk A-Stadt regelmäßig ca. 30 Mitarbeiter.

6

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Trier eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt.

7

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrates und der Beteiligten zu 2) und 3) wird auf die Darstellungen in den Gründen zu I des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen.

8

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

9

der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

10

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

11

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 06. September 2016 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstelle, denn jedenfalls bestehe der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf Untersagung des Betreibens eines Gemeinschaftsbetriebs nicht. Für den Fall, dass der Unternehmer die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 BetrVG missachte, sehe das Gesetz Rechtsfolgen nur in § 113 Abs. 3 und § 121 BetrVG vor. Nach der gesetzlichen Konzeption sollten den Arbeitgeber bei der Durchführung einer Betriebsänderung lediglich finanzielle Sanktionen für den Fall treffen, dass Arbeitnehmer hierdurch wirtschaftliche Nachteile erleiden, ohne dass ein echtes Mitgestaltungsrecht des Betriebsrats und folgerichtig auch kein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen das Unterrichtungs- und Beratungsrecht gegeben sei. Auch ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG scheide bereits mangels groben Verstoßes der Arbeitgeberin gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus, da die Frage des Vorliegens einer Betriebsänderung nicht eindeutig zu beantworten sei. Unabhängig davon scheide der Erlass der Einstweiligen Verfügung auch deshalb aus, weil die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs bereits erfolgt sei und ein Anspruch auf Rückgängigmachung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehe. Auf den Bestand eines Verfügungsgrundes komme es nicht mehr an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 167 ff. d. A. Bezug genommen.

13

Der Betriebsrat hat gegen den ihm über seinen Prozessbevollmächtigten am 13. September 2016 zugestellten Beschluss mit am 21. September 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

14

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner Beschwerde nach Maßgabe seiner Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 21. September 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 191 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

15

es liege sehr wohl das Regelbeispiel des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG „Zusammenschluss mit anderen Betrieben“ und damit eindeutig eine Betriebsänderung vor. Der Betrieb der Beteiligten zu 2) in A-Stadt und R bleibe in seiner bisherigen Identität unverändert und fungiere als aufnehmender Betrieb, in den der Betrieb der Beteiligten zu 3) dergestalt eingegliedert werde, dass er seine bisherige Identität verliere, wobei es für den Schutzzweck des § 111 BetrVG keinerlei Unterschied mache, ob der einzugliedernde Betrieb vorher operativ tätig gewesen sei oder ob die operative Tätigkeit im Rahmen der Gründung des Gemeinschaftsbetriebes aufgenommen werde. Der Betriebsrat sei trotz nach Abschluss der Planungs- und Vorbereitungsphase bereits im April 2016 bestehenden Anspruchs nicht unterrichtet oder zur Beratung herangezogen worden. Der Betriebsrat habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, weil anderenfalls die Rechte des Betriebsrats, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Beratungsanspruch, leer liefen. Angesichts der Anordnung eindeutig sanktionierender Rechtsfolgen im Bereich personeller Einzelmaßnahmen (§ 17 KSchG) bei Mängeln der Beteiligung des Betriebsrates trotz weniger weitreichenden Mitwirkungsrechts (§ 101 BetrVG) scheine es abwegig, dass im Rahmen des § 111 BetrVG keine Sanktion zur Sicherstellung der Wahrung der Rechte des Betriebsrates greifen solle und zwar erst recht im Hinblick auf die Art. 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Angesichts Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie scheine es nicht fernliegend, von einer Regelungslücke auszugehen, zumindest mit dem Ziel eines befristeten oder auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates. Von einem materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch gehe seit längerer Zeit eine Vielzahl von Landesarbeitsgerichten aus; dieser sei auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Auch sei ein - zumindest zeitlich begrenzter - Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückgängigmachung der Maßnahmen keineswegs ausgeschlossen. Entsprechend vorsorglich sei der Hilfsantrag gestellt, der darauf abziele, bis zum Ende der Verhandlungsverpflichtung zumindest Neueinstellungen zu verhindern. Ein Verfügungsgrund liege vor und ihm könne kein zu langes Zuwarten vorgeworfen werden, da die Maßnahme tatsächlich erst Anfang Juli und gesellschaftsrechtlich Anfang August 2016 erfolgt sei und erst damit hinreichende Sicherheit der tatsächlichen Umsetzung vorgelegen habe.Er sei nie über die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs informiert worden. Angesichts des außergerichtlichen Schreibens vom 24. Juni 2016 an seinen Prozessbevollmächtigten sei man von einer unternehmerischen Zusammenarbeit in Form von Werkverträgen oder Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen.

16

Der Betriebsrat beantragt,

17

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu unterlassen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde,

18

hilfsweise,

19

es der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin zu untersagen, am Standort A-Stadt weitere über die in der Anlage AS B1 hinaus erfassten Mitarbeiter und Leiharbeiter der Beteiligten zu 3) zum Einsatz in der Produktion einzusetzen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

22

Die Beteiligten zu 2) und 3) verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung vom 05. Oktober 2016 (Bl. 234 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

23

Ein Verfügungsanspruch bestehe nicht. Es fehle am vorliegend hauptsächlich verfolgten Folgenbeseitigungsanspruch, der zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führe, unabhängig davon, dass nicht klar sei, wie die nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegende Rückgängigmachung der Bildung des Gemeinschaftsbetriebes individualrechtlich umzusetzen sein solle. Mangels grober Pflichtverletzung sei auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegeben. Hilfsweise fehle es an einer Betriebsänderung, da nur der Zusammenschluss zweier bestehender Betriebe den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG erfülle, nicht jedoch die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch die Beteiligte zu 2) mit der zuvor über kein operatives Geschäft verfügenden Beteiligten zu 3). Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG sei nicht erfüllt, da es an einer - vom Betriebsrat darzulegenden - grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation mit wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft fehle. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Gemeinschaftsbetrieb auch unter Beteiligung einer sog. (konzerninternen) Personalführungsgesellschaft entstehen könne, sofern das personalstellende Unternehmen an der Erreichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks des anderen Unternehmens mitwirke, stelle eine derartige Konstellation keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar, wenn die Personalführungsgesellschaft wie vorliegend zuvor über keinen operativen Betrieb verfügt habe. Schließlich erweise sich die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis auch mangels Verfügungsgrund als zutreffend. Dem Betriebsrat sei die Thematik der Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs nicht erst kurzfristig bekannt geworden: Auf den Vorhalt der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sei dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats bereits mit Antwortschreiben vom 24. Juni 2016 mitgeteilt worden, dass die beiden Unternehmen gemeinschaftlich zusammenarbeiteten. Dies zeige auch ein zwischenzeitlich für erledigt erklärtes Beschlussverfahren ua. auf Entfernung sämtlicher Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) aus dem Betrieb, das am 30. Juni 2016 vom Betriebsrat beim Arbeitsgericht Trier eingeleitet worden sei. Das Zuwarten über mehr als zwei Monate führe nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung dazu, dass ein Verfügungsgrund nicht bestehe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

25

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

26

Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG.

II.

27

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen. Anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des im Beschwerdeverfahren zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

28

1. Dem Betriebsrat fehlt es hinsichtlich des Hauptantrages vorliegend bereits am Verfügungsanspruch nach § 85 Abs. 2 ArbGG, 936, 940 ZPO iVm. § 916 ff., 920 ZPO. Er kann nicht im Wege der Einstweiligen Verfügung von den Beteiligten zu 2) und 3) verlangen, es zu unterlassen, den gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) am Standort A-Stadt zu betreiben bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde. Ob ein Verfügungsgrund im Sinne besonderer Dringlichkeit gegeben ist, hat das Arbeitsgericht zu Recht dahinstehen lassen.

29

1.1. Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.

30

1.1.1. Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsausgleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint(vgl. LAG Rheinland-Pfalz 27. August 2014 - 4 TaBVGa 4/14 - Rn. 41; LAG Baden-Württemberg 21. Oktober 2009 - 20 TaBVGa 1/09 - Rn. 4 ff., LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 29 ff.; LAG Rheinland-Pfalz 24. November 2004 - 9 TaBV 29/04 - Rn. 37 ff. jeweils zitiert nach juris). Nach einer anderen Auffassung steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenausgleichs gesichert werden könne(LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 29, 20. April 2012 - 10 TaBVGa 3/12 - Rn. 46; LAG Schleswig-Holstein - 15. Dezember 2010 - 3 TaBVGa 12/10 - Rn. 22; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 12. Dezember 2013 - 17 TaBVGa 2058/13 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris).

31

1.1.2. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des Betriebsrates jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch vorliegend nicht gegeben. Es kann hierbei offen bleiben, ob das gemeinsame Betreiben der Produktion in A-Stadt ab 01. Juli 2016 durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstellt.

32

a) Ein solcher Unterlassungsanspruch kann sich nicht gegen die Betriebsänderung selbst richten, da die Durchführung einer Betriebsänderung zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz der Arbeitgeberin gehört, die aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 12 und 14 GG, aus denen sich die unternehmerische Betätigungsfreiheit ableitet, der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist(vgl. LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 30, zitiert nach juris). Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten als Informations- und Beratungsrechte ausgestaltet sind (vgl. §§ 111, 112 BetrVG), während im Bereich der sozialen und personellen Mitbestimmung ein echtes, gleichwertiges Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. § 87 BetrVG, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Trotz des etwa im Falle der Betriebsänderung bestehenden Informations- und Beratungsanspruch darf der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen; für den Ausspruch von Kündigungen ergibt sich dies zweifellos aus der gesetzlichen Wertentscheidung des § 113 Abs. 3 BetrVG, nach dem ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigungen ausdrücklich wirksam bleiben und die betroffenen Arbeitnehmer lediglich nach § 113 Abs. 1 BetrVG einen Nachteilsausgleich erhalten, der sich darauf gründet, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Bejaht man einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen, kann dieser nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht aber losgelöst hiervon, der Untersagung der Betriebsänderung selbst (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein Unterlassungsanspruch scheidet aus (LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 31 aaO; LAG Rheinland-Pfalz 26. Januar 2011 - 7 TaBVGa 4/10 - Rn. 33, zitiert nach juris). Erst recht kommt aus den dargelegten Gründen ein Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung aufgrund der klaren gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte einschließlich der vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, zitiert nach juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde herangezogenen Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie, auf die auch die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Bezug genommenen Sanktionen bezogen sind, nicht; darüber hinausgehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 15; weitergehend den Unterlassungsanspruch insgesamt verneinend: LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 33, zitiert nach juris). Die Frage, wie ein „Folgenbeseitigungsanspruch“ im Falle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Aufnahme eines Betriebes in einen bestehenden Betrieb im Hinblick auf betroffene Arbeitsverhältnisse rechtlich realisierbar sein könnte, kann dahinstehen.

33

b) Ausgehend hiervon kann der Betriebsrat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit dem Hauptantrag begehrte Unterlassung des Betreibens des nach seiner Ansicht im Wege einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG eingerichteten Gemeinschaftsbetriebs verlangen. Der von ihm verfolgte Unterlassungsanspruch scheidet vorliegend - vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt - jedenfalls deshalb aus, weil die Maßnahme der Bildung eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) unstreitig bereits seit Juli 2016 durchgeführt ist und ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Gemeinschaftsbetriebs nicht im Wege der Unterlassung verfolgt werden kann.

34

1.2. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG ergibt. Nach dieser Vorschrift kann dem Arbeitgeber aufgegeben werden, eine Handlung zu unterlassen, wenn er grob gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat; erforderlich ist eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung. Vorliegend könnten zumindest Bedenken bestehen, ob es sich bei der gemeinsamen Aufnahme der Produktion in A-Stadt durch die Beteiligten zu 2) und 3) um eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG handelt, nachdem die Beteiligte zu 3) jedenfalls vor Produktionsaufnahme - soweit ersichtlich - nicht über Betriebsmittel und Arbeitnehmer verfügte und sich die Frage stellt, ob vorliegend vom Zusammenschluss zweier Betriebe im Sinne der streitigen Vorschrift auszugehen ist. Jedenfalls kommt bei dieser Sachlage ein durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzender Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG - ungeachtet der Erwägungen zur bereits durchgeführten Betriebsänderung - nicht in Betracht.

35

2. Auch hinsichtlich des vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren erstmals zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages, dessen Zulässigkeit die Beschwerdekammer unterstellt, fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch. Soweit der Betriebsrat die Beteiligten zu 2) und 3) verpflichtet sehen will, den Einsatz weiterer, derzeit noch nicht in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter einstweilen zu unterlassen, scheitert auch ein derartiger Unterlassungsanspruch aus den bereits dargelegten Gründen daran, dass nach Durchführung der Betriebsänderung kein zu sichernder Unterrichtungs- und Beratungsanspruch des Betriebsrates mehr besteht. Dass die Beteiligten zu 2) und 3) die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei Einstellungen neuer Mitarbeiter (zuletzt noch) verletzen, ist weder vorgetragen, noch aus sonstigen Gründen ersichtlich.

C

36

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG).

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Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. Oktober 2016 - Az.: 3 BV 53/16 - teilweise abgeändert, soweit die Einigungsstelle auch zur Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt wurde. Der Antrag des Betriebsrats wird insoweit zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans im Zusammenhang mit einer als solche umstrittenen Betriebsänderung.

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk T am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind ca. 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der an den Standorten A-Stadt und R gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand zunächst in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönlich haftende Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist zugleich der Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer vom 19. Mai 2016 datierenden schriftlichen Vereinbarung darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R, und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl. 77 f. d. A. Bezug genommen.

5

Die Beteiligte zu 3) begründete die ersten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern am 31. Mai 2016. Ab 01. Juli 2016 nahmen erstmals auch Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Werk P ihre Tätigkeit auf. Hierbei handelte es sich um neun Arbeitnehmer, die zuvor bis 22. bzw. 30. Juni 2016 befristet bei der Beteiligten zu 2) eingestellt waren und nunmehr zu ungünstigeren arbeitsvertraglichen Bedingungen bei der Beteiligten zu 3) im Arbeitsverhältnis stehen, sowie um eine Reihe weiterer Arbeitnehmer. Zur Einstellung wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Anfang August 2016 waren 37 Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) in A-Stadt eingesetzt, wobei die Beteiligte zu 2) einen Personalbestand von 302 Mitarbeitern vorhielt.

6

Am 14. Juli 2016 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 3) eine Änderung des Gesellschaftszwecks, der ausweislich der am 03. August 2016 erfolgten Handelsregistereintragung nunmehr auch "die Beteiligung an der E., sowie die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art" umfasst.

7

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 beim Arbeitsgericht Trier (2 BVGa 7/16) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt hat. Der Antrag blieb erst- und auch zweitinstanzlich infolge Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Oktober 2016 - 6 TaBVGa 2/16 - erfolglos.

8

Der Betriebsrat hat am 21. September 2016 beim Arbeitsgericht Trier vorliegendes Verfahren auf Einsetzung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans wegen einer nach seiner Auffassung vorliegenden Betriebsänderung durch die Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs anhängig gemacht.

9

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die einzusetzende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Er habe feststellen müssen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten, ohne dass er hierüber zuvor informiert oder ihm Verhandlungen mit dem Ziel eines Interessenausgleichs angeboten worden seien. Die Mitarbeiter, die nun ohne Tarifbindung bei der Beteiligten zu 3) beschäftigt seien, wären ansonsten - wie in der Vergangenheit - zu besseren Konditionen bei der Beteiligten zu 2) angestellt worden. Es liege daher eine mit wesentlichen Nachteilen verbundene Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG Satz 3 Nr. 3 wegen eines "Zusammenschlusses mit anderen Betrieben" vor, jedenfalls eine solche im Sinne der Generalklausel des § 111 Satz 1 BetrVG. Es mache keinen Unterschied für den aufnehmenden Betrieb der Beteiligten zu 2), der seine Identität durch den Gemeinschaftsbetrieb verliere, ob der einzugliedernde Betrieb der Beteiligten zu 3) zuvor schon operativ tätig gewesen sei oder erst durch die Gründung des Gemeinschaftsbetriebes.

10

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

11

1. der Präsident des Landesarbeitsgerichts M W wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans im Hinblick auf eine Betriebsänderung durch die Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes der Beteiligten zu 2) und 3) im Rahmen des Produktionsbetriebes am Standort A-Stadt/ bestellt.

12

2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.

13

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben zuletzt beantragt,

14

die Anträge werden zurückgewiesen.

15

Sie haben erstinstanzlich - zuletzt - im Wesentlichen geltend gemacht, die Einsetzung einer Einigungsstelle scheitere daran, dass eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung offensichtlich nicht gegeben sei, da die Beteiligte zu 3) als reaktivierte Konzerngesellschaft zuvor über keinen operativen Betrieb und Betriebsmittel verfügt habe, weshalb kein Zusammenschluss zweier bestehender Betrieb iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben sei. Mangels grundlegender Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks sei auch § 111 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG nicht gegeben und ein "unbenannter Fall" nach § 111 BetrVG komme nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei die Betriebsänderung durch die Invollzugsetzung des Gemeinschaftsbetriebes zum 01. Juli 2016 unter einheitlicher Geschäftsleitung vollständig abgeschlossen und es fehle dem Betriebsrat am Rechtsschutzinteresse an einem Interessenausgleichsversuch im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens. Schließlich lägen - auch wenn die wenigen Mitarbeiter, deren befristete Arbeitsverhältnisse zur Beteiligten zu 2) ausgelaufen und die nun bei der Beteiligten zu 3) eingestellt worden seien, gewisse Gehaltseinbußen durch die neuen Arbeitsbedingungen hätten - wirtschaftliche Nachteile offenkundig nicht, schon gar nicht infolge der Betriebsänderung vor, so dass auch hinsichtlich der Aufstellung eines Sozialplans von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszugehen sei.

16

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats - nachdem sich die Beteiligten im Anhörungstermin auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden einigen konnten - mit Beschluss vom 06. Oktober 2016 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, den Anträgen fehle es nicht wegen der bereits durchgeführten Betriebsänderung am Rechtsschutzinteresse, nachdem das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 57/14 - in solchen Fällen einen Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht gezogen habe. Die Anträge seien auch begründet, da nicht sofort erkennbar sei, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht komme, weil sich die beizulegende Streitigkeit erkennbar nicht unter einen bestimmten Tatbestand fassen lasse. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung Mitbestimmungsrechte zustünden. Es liege eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor, da die Art des von der Beteiligten zu 3) vor dem Zusammenschluss mit der Beteiligten zu 2) verfolgten Zwecks - reine Verwaltungstätigkeit - keine Rolle spiele. Die erforderlichen Nachteile für zumindest wesentliche Teile der Belegschaft seien daher zu vermuten und erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen. Gleiches gelte für die "wirtschaftlichen Nachteile iSd. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Auch im Rahmen der Begründetheit sei nochmals auf den Folgenbeseitigungsanspruch hinzuweisen, aufgrund dessen es keine Rolle spiele, ob die Betriebsänderung bereits abgeschlossen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 5 ff. der Entscheidung (= Bl. 151 ff. d. A.) Bezug genommen.

17

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 17. Oktober 2016 mit unzutreffender und am 07. November 2016 mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung zugestellten Beschluss mit am 27. Oktober 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese begründet.

18

Sie machen zur Begründung ihrer Beschwerde nach Maßgabe der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 27. Oktober 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 174 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags geltend,

19

die bereits abgeschlossene Betriebsänderung begründe eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Hinblick auf einen Interessenausgleichsversuch, ohne dass die Frage eines - ihrer Auffassung nach nicht bestehenden - Folgenbeseitigungsanspruchs hiermit im Zusammenhang stehe. Zudem liege offensichtlich keine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor, da eine reine Vorrats- oder Mantelgesellschaft zwar mit der Verwaltung eigenen Vermögens einen Geschäftszweck habe, dies aber kein arbeitstechnischer Zweck sei. Die Beteiligte zu 3) habe als reaktivierte Mantelgesellschaft vor der Gründung des Gemeinschaftsbetriebs über keinen Betrieb verfügt, da sie abgesehen von einem organschaftlich bestellten Geschäftsführer weder eigene Mitarbeiter, noch sächliche oder immaterielle Betriebsmittel gehabt habe. Sofern eine Personalführungsgesellschaft, die sich mit einem bereits operativ tätigen Unternehmen zu einem Gemeinschaftsbetrieb zusammenschließe, erst hierdurch eine betriebliche Struktur erhalte, liege per definitionem kein Zusammenschluss iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor. Auch sei nicht mit einer "logischen Sekunde" zu argumentieren, da maßgeblich für die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs dessen Gründung zum 01. April 2016 sei. Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG scheide mangels grundlegender Änderungen der Betriebsorganisation genauso aus, wie ein Rückgriff auf § 111 Satz 1 BetrVG nicht in Betracht komme. Ein Anspruch auf Verhandlungen über einen Sozialplan komme aufgrund offensichtlich fehlender wirtschaftlicher Nachteile ebenso wenig in Frage.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. Oktober 2016 abzuändern und den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle zurückzuweisen.

22

Der Betriebsrat beantragt,

23

die Beschwerde wird zurückgewiesen.

24

Der Betriebsrat verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung vom 02. Dezember 2016 (Bl. 235 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

25

Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle sei im Rahmen des erzwingbaren Einigungsstellenverfahrens nur dann gegeben, wenn sofort erkennbar sei, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht komme. Daran fehle es hier, da keineswegs ausgeschlossen sei, dass ihm Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung zustünden. Eine Einengung des Betriebsbegriffes auf operativ tätige Betriebe sei dem BetrVG nicht zu entnehmen. Die Beteiligte zu 3) habe einen selbstständigen Betrieb iSd. § 1 BetrVG dargestellt und sich mit der Beteiligten zu 2) iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zusammengeschlossen. Angesichts des möglichen Folgenbeseitigungsanspruchs könne von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht ausgegangen werden.

26

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

27

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise erfolgreich.

28

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) ist zulässig. Sie ist nach § 100 Abs. 2 S. 1 ArbGG statthaft und gemäß §§ 100 Abs. 2 S. 2 und 3, 87 Abs. 2 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch im Übrigen begegnet die Zulässigkeit der Beschwerde keinen Bedenken.

29

II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm eingesetzte Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist, soweit ihr vom Betriebsrat beantragter Regelungsgegenstand die Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans im Hinblick auf eine Betriebsänderung anlässlich der Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) im Rahmen des Produktionsbetriebes am Standort A-Stadt/R betrifft. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) erwies sich insoweit unbegründet und zurückzuweisen. Im Übrigen hatte die Beschwerde jedoch Erfolg, da die Einigungsstelle für den weiter vom Betriebsrat verlangten Regelungsgegenstand der Verhandlung eines Interessenausgleichs offensichtlich unzuständig ist. Der erstinstanzliche Beschluss war auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise abzuändern.

30

1. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle kann ein Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Im Verfahren nach § 100 ArbGG ist die gerichtliche Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle demnach weitgehend eingeschränkt. Das Gericht hat im Bestellungsverfahren nicht die Aufgabe, die Zuständigkeit der Einigungsstelle abschließend zu prüfen und positiv oder negativ festzustellen (ErfK-Koch 17. Aufl. § 100 ArbGG Rn. 3; Lerch/Weinbrenner NZA 2015, 1228). Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinn des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nur dann auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies erklärt sich aus den Besonderheiten des Bestellungsverfahrens, das darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfall beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann (vgl. BAG 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - Rn. 26; LAG Rheinland-Pfalz 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 46, LAG Berlin-Brandenburg 28. Juli 2011 - 26 TaBV 1298/11 - Rz. 40, jeweils zitiert nach juris). Die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist einem Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten. Die von der Einigungsstelle vertretene Rechtsauffassung unterliegt dann der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung (LAG Rheinland-Pfalz 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 46, zitiert nach juris).

31

Gibt es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung, der zu Folge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht, so ist davon auszugehen, dass die dazu begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (LAG Niedersachen 19. Dezember 2012 - 1 TaBV 112/12 - Rn. 37 mwN, zitiert nach juris). Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle auch dann, was die zugrunde zu legenden Tatsachen anbelangt, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinn von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird(LAG Hamburg 26. März 2014 - 5 TaBV 3/14 - Rn. 42 mwN, zitiert nach juris). Streitige Tatsachen sind im Verfahren nach § 100 ArbGG nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen. Raum für eine Beweisaufnahme besteht nicht (LAG Hessen 15. Juli 2008 - 4 TaBV 128/08 - Rn. 23, zitiert nach juris).

32

2. Unter Anlegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs blieb die Beschwerde in der Sache ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Einrichtung einer Einigungsstelle wegen der Aufstellung eines Sozialplans im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebs der Beteiligten zu 2) und 3) wendet. Ein diesbezügliches Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Betriebsrats aus § 111 S. 3 Nr. 3, 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG infolge Vorliegens einer Betriebsänderung durch Zusammenschluss mehrerer Betriebe ist nicht unter allen denkbaren Gesichtspunkten ausgeschlossen.

33

2.1. Gemäß § 111 Satz 1 BetrVG hat der Unternehmer in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern - wie vorliegend - den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande und erfolgt kein Vermittlungsersuchen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle ua. über die Aufstellung eines Sozialplans (§ 112 Abs. 4 Satz 1 BetrVG), wobei der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG).

34

Als Betriebsänderung iSd. § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gilt nach § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG ua. der Zusammenschluss mit anderen Betrieben. Der Zusammenschluss eines Betriebes mit einem anderen kann auf zweierlei Weise erfolgen. Zum einen kann aus den bisherigen Betrieben unter Verlust ihrer Identität ein neuer Betrieb gebildet werden; zum anderen kann ein Betrieb unter Aufrechterhaltung seiner eigenen Identität einen anderen Betrieb aufnehmen werden (Fitting BetrVG 28. Aufl. § 111 Rn. 84; GK-Oetker 10. Aufl. Rn. 128 f. mwN). Gehören die Betriebe verschiedenen Unternehmen an, erfordert der Zusammenschluss eine einheitliche unternehmerische Leitung und es entsteht ein Gemeinschaftsbetrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG(Fitting BetrVG 28. Aufl. § 111 Rn. 84).

35

2.2. Nach diesen Grundsätzen ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass in der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BetrVG durch Zusammenschluss mehrerer Betriebe liegt und damit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat gegeben ist.

36

a) Ein Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. zur st. Rspr.: BAG 23. November 2016 - 7 ABR 3/15 -, Rn. 31 f., 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 27; 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 22; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 18 mwN; jeweils zitiert nach juris). Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Beschwerdekammer anschließt, ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt dagegen nicht, sondern die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des BetrVG müssen institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (vgl. BAG 23. November 2016 - 7 ABR 3/15 -, Rn. 31 f., aaO).

37

b) Danach führen die Beteiligten zu 2) und 3) seit 01. Juli 2016 einen Gemeinschaftsbetrieb. Unstreitig haben sie unter dem 19. Mai 2016 eine entsprechende Führungsvereinbarung getroffen, in der die gemeinsame Leitung des nach § 1 der Vereinbarung in der Betriebsstätte der Beteiligten zu 2) von beiden Beteiligten betriebenen gemeinsamen Betriebs der dortigen bisherigen Werksleitung der Beteiligten zu 2) übertragen wurde (vgl. § 2 der Vereinbarung). Damit haben die beiden Beteiligten eine einheitliche Leitungsvereinbarung begründet. Ungeachtet der Tatsache, dass die Führungsvereinbarung bereits im Mai 2016 und - rückwirkend - zum 01. April 2016 abgeschlossen worden ist, ist der Gemeinschaftsbetrieb erst zum 01. Juli 2016 errichtet worden, denn erst ab diesem Zeitpunkt ist die gemeinsame Produktion der Beteiligten zu 2) und 3) im Werk P aufgenommen worden. Da zuvor dort lediglich Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) beschäftigt wurden, konnte weder die einheitliche Leitungsvereinbarung zum Tragen kommen, noch wurden materielle oder immaterielle Betriebsmittel der Beteiligten zu 2) und 3) zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt. Ein Gemeinschaftsbetrieb hat vor dem 01. Juli 2016 nicht bestanden.

38

c) Es nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) durch Zusammenschluss ihrer Betriebe - hier: Aufnahme des Betriebs der Beteiligten zu 3) durch den Betrieb der Beteiligten zu 2) - zustande gekommen ist und damit eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben ist. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) und 3) scheitert eine Betriebsänderung im genannten Sinne unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrags nach Auffassung der Beschwerdekammer jedenfalls nicht daran, dass die Beteiligte zu 3) vor Gründung des Gemeinschaftsbetriebs am 01. Juli 2016 offensichtlich keinen eigenen Betrieb gehabt hätte. Auch wenn man mit den Beschwerdeführern davon ausgeht, dass eine reine Vorrats- oder Mantelgesellschaft ohne eigene Mitarbeiter und sächliche oder immaterielle Betriebsmittel, deren Zweck allein in der Verwaltung eigenen Vermögens durch den Organgeschäftsführer besteht, über keinen eigenen Betrieb verfügt, spricht einiges dafür, dass eine derartige Konstellation zum Zeitpunkt der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs am 01. Juli 2016 bei der Beteiligten zu 3) nicht vorgelegen hat. Die nach ihrem eigenen Vortrag über Vermögen verfügende Beteiligte zu 3) hat bereits im Mai 2016 - und damit vor der formalen Änderung des Betriebszwecks durch den erst nach Produktionsaufnahme erfolgten Gesellschafterbeschluss vom 14. Juli 2016 - eine Führungsvereinbarung mit der Beteiligten zu 2) im Hinblick auf den zu begründenden gemeinsamen Produktionsbetrieb und damit ein Geschäft abgeschlossen, welches sich außerhalb ihres bis dahin bestehenden Zwecks der ausschließlichen Vermögensverwaltung bewegte. Ebenfalls im Hinblick auf diesen - nunmehr arbeitstechnischen - Zweck der beabsichtigten Produktion begründete die Beteiligte zu 3) am 31. Mai 2016 die ersten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern, auch wenn diese erst ab 01. Juli 2016 im Werk PORTAL ihre tatsächliche Tätigkeit aufnahmen. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls die Annahme nicht ausgeschlossen, dass die Beteiligte zu 3) entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht betriebslos in den Gemeinschaftsbetrieb "hineingewachsen" ist, sondern bereits vorher über einen Betrieb verfügte, der mit dem Betrieb der Beteiligten zu 2) zusammengeschlossen worden ist und damit eine Betriebsänderung nach § 111 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorgelegen hat.

39

2.3. Nachdem damit ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats unter dem Gesichtspunkt einer Zusammenlegung von Betrieben im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Betracht kommt, bedarf es keiner Prüfung ob die in Frage stehende Betriebsänderung wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu Folge haben kann. Liegt einer der Tatbestände des § 111 Satz 3 BetrVG vor, werden diese fingiert(vgl. BAG 09. Januar 2011 - 1 AZR 708/09 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ob ausgleichs- oder milderungswürdige Nachteile entstehen, ist bei der Aufstellung des Sozialplans - vorliegend von der Einigungsstelle - zu prüfen und zu entscheiden (vgl. BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - Rn. 34, mwN, zitiert nach juris).

40

2.4. Gegen die vom Arbeitsgericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 ArbGG festgesetzte Zahl der von jeder Seite zu benennenden Besitzer hat die Arbeitgeberin weder Einwände erhoben, noch hat sie im Beschwerdeverfahren Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine andere Festsetzung gebieten würden.

41

3. Die Beschwerde ist begründet, soweit das Arbeitsgericht die Einigungsstelle auch für die Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt hat, da die Einigungsstelle diesbezüglich nach dem vorliegend eingeschränkten Prüfungsmaßstab auch dann offensichtlich unzuständig ist, wenn man davon ausgeht, dass in der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebes eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG lag. Die erstinstanzliche Entscheidung war insoweit abzuändern, da teilbare Regelungsgegenstände vorliegen (vgl. hierzu: ErfK-Koch 17. Aufl. § 100 ArbGG Rn. 3; GMP-Schlewing 8. Aufl. § 98 ArbGG Rn. 15, 27).

42

3.1. Die gerichtlich Einsetzung einer Einigungsstelle zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs gemäß §§ 111, 112 BetrVG ist wegen offensichtlicher Unzuständigkeit zu versagen, wenn die Betriebsänderung bereits abgeschlossen ist(LAG Brandenburg 08. Juli 1997 - 7 TaBV 9/97 - Rn. 21, zitiert nach juris). Für bereits durchgeführte Betriebsänderungen kommen die Durchführung von Interessenausgleichsverhandlungen und damit auch die Errichtung einer hierauf bezogenen Einigungsstelle nicht mehr in Betracht (vgl. BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - Rn. 23, 14. September 1976 - 1 ABR 784/75 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris; vgl. Fitting BetrVG 28. Aufl. §§ 112, 112 a Rn. 11).

43

3.2. Sieht man in der Errichtung ihres Gemeinschaftsbetriebs eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG haben die Beteiligten zu 2) und 3) diese zum 01. Juli 2016 bereits durchgeführt. Auch wenn es sich bei der Führung eines Gemeinschaftsbetriebs um einen dauerhaften Tatbestand handeln mag, hat der - insoweit punktuell ausgestaltete - Zusammenschluss der beiden Betriebe iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Damit scheidet die Zuständigkeit der Einigungsstelle für die Verhandlung eines Interessenausgleichs offensichtlich aus. Der vom Betriebsrat angeführte "Folgenbeseitigungsanspruch" ändert hieran nichts. Ein Anspruch auf "Folgenbeseitigung" hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung kommt aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte in personellen und sozialen Angelegenheiten einerseits und wirtschaftlichen Angelegenheiten andererseits einschließlich der jeweils vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (vgl. hierzu im Einzelnen: LAG Rheinland-Pfalz 13. Oktober 2016 - 6 TaBVGa 2/16 - Rn. 32; im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, jeweils zitiert nach juris). Selbst wenn man im Übrigen einen derartigen Folgenbeseitigungsanspruch bejahen wollte, ist nicht ersichtlich, inwieweit nach vollständiger Rückabwicklung der Betriebsänderung noch auszugleichende Interessen verhandelbar wären.

C

44

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

Führt der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 ohne Zustimmung des Betriebsrats durch oder hält er eine vorläufige personelle Maßnahme entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 aufrecht, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Hebt der Arbeitgeber entgegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die personelle Maßnahme nicht auf, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Aufhebung der Maßnahme durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn

1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

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Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. Oktober 2016 - Az.: 3 BV 53/16 - teilweise abgeändert, soweit die Einigungsstelle auch zur Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt wurde. Der Antrag des Betriebsrats wird insoweit zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans im Zusammenhang mit einer als solche umstrittenen Betriebsänderung.

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk T am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind ca. 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der an den Standorten A-Stadt und R gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand zunächst in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönlich haftende Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist zugleich der Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer vom 19. Mai 2016 datierenden schriftlichen Vereinbarung darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R, und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl. 77 f. d. A. Bezug genommen.

5

Die Beteiligte zu 3) begründete die ersten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern am 31. Mai 2016. Ab 01. Juli 2016 nahmen erstmals auch Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Werk P ihre Tätigkeit auf. Hierbei handelte es sich um neun Arbeitnehmer, die zuvor bis 22. bzw. 30. Juni 2016 befristet bei der Beteiligten zu 2) eingestellt waren und nunmehr zu ungünstigeren arbeitsvertraglichen Bedingungen bei der Beteiligten zu 3) im Arbeitsverhältnis stehen, sowie um eine Reihe weiterer Arbeitnehmer. Zur Einstellung wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Anfang August 2016 waren 37 Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) in A-Stadt eingesetzt, wobei die Beteiligte zu 2) einen Personalbestand von 302 Mitarbeitern vorhielt.

6

Am 14. Juli 2016 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 3) eine Änderung des Gesellschaftszwecks, der ausweislich der am 03. August 2016 erfolgten Handelsregistereintragung nunmehr auch "die Beteiligung an der E., sowie die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art" umfasst.

7

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 beim Arbeitsgericht Trier (2 BVGa 7/16) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt hat. Der Antrag blieb erst- und auch zweitinstanzlich infolge Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Oktober 2016 - 6 TaBVGa 2/16 - erfolglos.

8

Der Betriebsrat hat am 21. September 2016 beim Arbeitsgericht Trier vorliegendes Verfahren auf Einsetzung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans wegen einer nach seiner Auffassung vorliegenden Betriebsänderung durch die Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs anhängig gemacht.

9

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die einzusetzende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Er habe feststellen müssen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten, ohne dass er hierüber zuvor informiert oder ihm Verhandlungen mit dem Ziel eines Interessenausgleichs angeboten worden seien. Die Mitarbeiter, die nun ohne Tarifbindung bei der Beteiligten zu 3) beschäftigt seien, wären ansonsten - wie in der Vergangenheit - zu besseren Konditionen bei der Beteiligten zu 2) angestellt worden. Es liege daher eine mit wesentlichen Nachteilen verbundene Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG Satz 3 Nr. 3 wegen eines "Zusammenschlusses mit anderen Betrieben" vor, jedenfalls eine solche im Sinne der Generalklausel des § 111 Satz 1 BetrVG. Es mache keinen Unterschied für den aufnehmenden Betrieb der Beteiligten zu 2), der seine Identität durch den Gemeinschaftsbetrieb verliere, ob der einzugliedernde Betrieb der Beteiligten zu 3) zuvor schon operativ tätig gewesen sei oder erst durch die Gründung des Gemeinschaftsbetriebes.

10

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

11

1. der Präsident des Landesarbeitsgerichts M W wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans im Hinblick auf eine Betriebsänderung durch die Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes der Beteiligten zu 2) und 3) im Rahmen des Produktionsbetriebes am Standort A-Stadt/ bestellt.

12

2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.

13

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben zuletzt beantragt,

14

die Anträge werden zurückgewiesen.

15

Sie haben erstinstanzlich - zuletzt - im Wesentlichen geltend gemacht, die Einsetzung einer Einigungsstelle scheitere daran, dass eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung offensichtlich nicht gegeben sei, da die Beteiligte zu 3) als reaktivierte Konzerngesellschaft zuvor über keinen operativen Betrieb und Betriebsmittel verfügt habe, weshalb kein Zusammenschluss zweier bestehender Betrieb iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben sei. Mangels grundlegender Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks sei auch § 111 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG nicht gegeben und ein "unbenannter Fall" nach § 111 BetrVG komme nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei die Betriebsänderung durch die Invollzugsetzung des Gemeinschaftsbetriebes zum 01. Juli 2016 unter einheitlicher Geschäftsleitung vollständig abgeschlossen und es fehle dem Betriebsrat am Rechtsschutzinteresse an einem Interessenausgleichsversuch im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens. Schließlich lägen - auch wenn die wenigen Mitarbeiter, deren befristete Arbeitsverhältnisse zur Beteiligten zu 2) ausgelaufen und die nun bei der Beteiligten zu 3) eingestellt worden seien, gewisse Gehaltseinbußen durch die neuen Arbeitsbedingungen hätten - wirtschaftliche Nachteile offenkundig nicht, schon gar nicht infolge der Betriebsänderung vor, so dass auch hinsichtlich der Aufstellung eines Sozialplans von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszugehen sei.

16

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats - nachdem sich die Beteiligten im Anhörungstermin auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden einigen konnten - mit Beschluss vom 06. Oktober 2016 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, den Anträgen fehle es nicht wegen der bereits durchgeführten Betriebsänderung am Rechtsschutzinteresse, nachdem das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 57/14 - in solchen Fällen einen Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht gezogen habe. Die Anträge seien auch begründet, da nicht sofort erkennbar sei, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht komme, weil sich die beizulegende Streitigkeit erkennbar nicht unter einen bestimmten Tatbestand fassen lasse. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung Mitbestimmungsrechte zustünden. Es liege eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor, da die Art des von der Beteiligten zu 3) vor dem Zusammenschluss mit der Beteiligten zu 2) verfolgten Zwecks - reine Verwaltungstätigkeit - keine Rolle spiele. Die erforderlichen Nachteile für zumindest wesentliche Teile der Belegschaft seien daher zu vermuten und erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen. Gleiches gelte für die "wirtschaftlichen Nachteile iSd. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Auch im Rahmen der Begründetheit sei nochmals auf den Folgenbeseitigungsanspruch hinzuweisen, aufgrund dessen es keine Rolle spiele, ob die Betriebsänderung bereits abgeschlossen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 5 ff. der Entscheidung (= Bl. 151 ff. d. A.) Bezug genommen.

17

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 17. Oktober 2016 mit unzutreffender und am 07. November 2016 mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung zugestellten Beschluss mit am 27. Oktober 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese begründet.

18

Sie machen zur Begründung ihrer Beschwerde nach Maßgabe der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 27. Oktober 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 174 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags geltend,

19

die bereits abgeschlossene Betriebsänderung begründe eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Hinblick auf einen Interessenausgleichsversuch, ohne dass die Frage eines - ihrer Auffassung nach nicht bestehenden - Folgenbeseitigungsanspruchs hiermit im Zusammenhang stehe. Zudem liege offensichtlich keine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor, da eine reine Vorrats- oder Mantelgesellschaft zwar mit der Verwaltung eigenen Vermögens einen Geschäftszweck habe, dies aber kein arbeitstechnischer Zweck sei. Die Beteiligte zu 3) habe als reaktivierte Mantelgesellschaft vor der Gründung des Gemeinschaftsbetriebs über keinen Betrieb verfügt, da sie abgesehen von einem organschaftlich bestellten Geschäftsführer weder eigene Mitarbeiter, noch sächliche oder immaterielle Betriebsmittel gehabt habe. Sofern eine Personalführungsgesellschaft, die sich mit einem bereits operativ tätigen Unternehmen zu einem Gemeinschaftsbetrieb zusammenschließe, erst hierdurch eine betriebliche Struktur erhalte, liege per definitionem kein Zusammenschluss iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor. Auch sei nicht mit einer "logischen Sekunde" zu argumentieren, da maßgeblich für die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs dessen Gründung zum 01. April 2016 sei. Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG scheide mangels grundlegender Änderungen der Betriebsorganisation genauso aus, wie ein Rückgriff auf § 111 Satz 1 BetrVG nicht in Betracht komme. Ein Anspruch auf Verhandlungen über einen Sozialplan komme aufgrund offensichtlich fehlender wirtschaftlicher Nachteile ebenso wenig in Frage.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. Oktober 2016 abzuändern und den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle zurückzuweisen.

22

Der Betriebsrat beantragt,

23

die Beschwerde wird zurückgewiesen.

24

Der Betriebsrat verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung vom 02. Dezember 2016 (Bl. 235 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

25

Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle sei im Rahmen des erzwingbaren Einigungsstellenverfahrens nur dann gegeben, wenn sofort erkennbar sei, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht komme. Daran fehle es hier, da keineswegs ausgeschlossen sei, dass ihm Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung zustünden. Eine Einengung des Betriebsbegriffes auf operativ tätige Betriebe sei dem BetrVG nicht zu entnehmen. Die Beteiligte zu 3) habe einen selbstständigen Betrieb iSd. § 1 BetrVG dargestellt und sich mit der Beteiligten zu 2) iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zusammengeschlossen. Angesichts des möglichen Folgenbeseitigungsanspruchs könne von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht ausgegangen werden.

26

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

27

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise erfolgreich.

28

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) ist zulässig. Sie ist nach § 100 Abs. 2 S. 1 ArbGG statthaft und gemäß §§ 100 Abs. 2 S. 2 und 3, 87 Abs. 2 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch im Übrigen begegnet die Zulässigkeit der Beschwerde keinen Bedenken.

29

II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm eingesetzte Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist, soweit ihr vom Betriebsrat beantragter Regelungsgegenstand die Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans im Hinblick auf eine Betriebsänderung anlässlich der Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) im Rahmen des Produktionsbetriebes am Standort A-Stadt/R betrifft. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) erwies sich insoweit unbegründet und zurückzuweisen. Im Übrigen hatte die Beschwerde jedoch Erfolg, da die Einigungsstelle für den weiter vom Betriebsrat verlangten Regelungsgegenstand der Verhandlung eines Interessenausgleichs offensichtlich unzuständig ist. Der erstinstanzliche Beschluss war auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise abzuändern.

30

1. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle kann ein Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Im Verfahren nach § 100 ArbGG ist die gerichtliche Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle demnach weitgehend eingeschränkt. Das Gericht hat im Bestellungsverfahren nicht die Aufgabe, die Zuständigkeit der Einigungsstelle abschließend zu prüfen und positiv oder negativ festzustellen (ErfK-Koch 17. Aufl. § 100 ArbGG Rn. 3; Lerch/Weinbrenner NZA 2015, 1228). Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinn des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nur dann auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies erklärt sich aus den Besonderheiten des Bestellungsverfahrens, das darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfall beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann (vgl. BAG 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - Rn. 26; LAG Rheinland-Pfalz 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 46, LAG Berlin-Brandenburg 28. Juli 2011 - 26 TaBV 1298/11 - Rz. 40, jeweils zitiert nach juris). Die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist einem Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten. Die von der Einigungsstelle vertretene Rechtsauffassung unterliegt dann der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung (LAG Rheinland-Pfalz 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 46, zitiert nach juris).

31

Gibt es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung, der zu Folge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht, so ist davon auszugehen, dass die dazu begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (LAG Niedersachen 19. Dezember 2012 - 1 TaBV 112/12 - Rn. 37 mwN, zitiert nach juris). Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle auch dann, was die zugrunde zu legenden Tatsachen anbelangt, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinn von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird(LAG Hamburg 26. März 2014 - 5 TaBV 3/14 - Rn. 42 mwN, zitiert nach juris). Streitige Tatsachen sind im Verfahren nach § 100 ArbGG nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen. Raum für eine Beweisaufnahme besteht nicht (LAG Hessen 15. Juli 2008 - 4 TaBV 128/08 - Rn. 23, zitiert nach juris).

32

2. Unter Anlegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs blieb die Beschwerde in der Sache ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Einrichtung einer Einigungsstelle wegen der Aufstellung eines Sozialplans im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebs der Beteiligten zu 2) und 3) wendet. Ein diesbezügliches Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Betriebsrats aus § 111 S. 3 Nr. 3, 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG infolge Vorliegens einer Betriebsänderung durch Zusammenschluss mehrerer Betriebe ist nicht unter allen denkbaren Gesichtspunkten ausgeschlossen.

33

2.1. Gemäß § 111 Satz 1 BetrVG hat der Unternehmer in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern - wie vorliegend - den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande und erfolgt kein Vermittlungsersuchen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle ua. über die Aufstellung eines Sozialplans (§ 112 Abs. 4 Satz 1 BetrVG), wobei der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG).

34

Als Betriebsänderung iSd. § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gilt nach § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG ua. der Zusammenschluss mit anderen Betrieben. Der Zusammenschluss eines Betriebes mit einem anderen kann auf zweierlei Weise erfolgen. Zum einen kann aus den bisherigen Betrieben unter Verlust ihrer Identität ein neuer Betrieb gebildet werden; zum anderen kann ein Betrieb unter Aufrechterhaltung seiner eigenen Identität einen anderen Betrieb aufnehmen werden (Fitting BetrVG 28. Aufl. § 111 Rn. 84; GK-Oetker 10. Aufl. Rn. 128 f. mwN). Gehören die Betriebe verschiedenen Unternehmen an, erfordert der Zusammenschluss eine einheitliche unternehmerische Leitung und es entsteht ein Gemeinschaftsbetrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG(Fitting BetrVG 28. Aufl. § 111 Rn. 84).

35

2.2. Nach diesen Grundsätzen ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass in der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BetrVG durch Zusammenschluss mehrerer Betriebe liegt und damit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat gegeben ist.

36

a) Ein Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. zur st. Rspr.: BAG 23. November 2016 - 7 ABR 3/15 -, Rn. 31 f., 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 27; 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 22; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 18 mwN; jeweils zitiert nach juris). Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Beschwerdekammer anschließt, ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt dagegen nicht, sondern die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des BetrVG müssen institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (vgl. BAG 23. November 2016 - 7 ABR 3/15 -, Rn. 31 f., aaO).

37

b) Danach führen die Beteiligten zu 2) und 3) seit 01. Juli 2016 einen Gemeinschaftsbetrieb. Unstreitig haben sie unter dem 19. Mai 2016 eine entsprechende Führungsvereinbarung getroffen, in der die gemeinsame Leitung des nach § 1 der Vereinbarung in der Betriebsstätte der Beteiligten zu 2) von beiden Beteiligten betriebenen gemeinsamen Betriebs der dortigen bisherigen Werksleitung der Beteiligten zu 2) übertragen wurde (vgl. § 2 der Vereinbarung). Damit haben die beiden Beteiligten eine einheitliche Leitungsvereinbarung begründet. Ungeachtet der Tatsache, dass die Führungsvereinbarung bereits im Mai 2016 und - rückwirkend - zum 01. April 2016 abgeschlossen worden ist, ist der Gemeinschaftsbetrieb erst zum 01. Juli 2016 errichtet worden, denn erst ab diesem Zeitpunkt ist die gemeinsame Produktion der Beteiligten zu 2) und 3) im Werk P aufgenommen worden. Da zuvor dort lediglich Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) beschäftigt wurden, konnte weder die einheitliche Leitungsvereinbarung zum Tragen kommen, noch wurden materielle oder immaterielle Betriebsmittel der Beteiligten zu 2) und 3) zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt. Ein Gemeinschaftsbetrieb hat vor dem 01. Juli 2016 nicht bestanden.

38

c) Es nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) durch Zusammenschluss ihrer Betriebe - hier: Aufnahme des Betriebs der Beteiligten zu 3) durch den Betrieb der Beteiligten zu 2) - zustande gekommen ist und damit eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben ist. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) und 3) scheitert eine Betriebsänderung im genannten Sinne unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrags nach Auffassung der Beschwerdekammer jedenfalls nicht daran, dass die Beteiligte zu 3) vor Gründung des Gemeinschaftsbetriebs am 01. Juli 2016 offensichtlich keinen eigenen Betrieb gehabt hätte. Auch wenn man mit den Beschwerdeführern davon ausgeht, dass eine reine Vorrats- oder Mantelgesellschaft ohne eigene Mitarbeiter und sächliche oder immaterielle Betriebsmittel, deren Zweck allein in der Verwaltung eigenen Vermögens durch den Organgeschäftsführer besteht, über keinen eigenen Betrieb verfügt, spricht einiges dafür, dass eine derartige Konstellation zum Zeitpunkt der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs am 01. Juli 2016 bei der Beteiligten zu 3) nicht vorgelegen hat. Die nach ihrem eigenen Vortrag über Vermögen verfügende Beteiligte zu 3) hat bereits im Mai 2016 - und damit vor der formalen Änderung des Betriebszwecks durch den erst nach Produktionsaufnahme erfolgten Gesellschafterbeschluss vom 14. Juli 2016 - eine Führungsvereinbarung mit der Beteiligten zu 2) im Hinblick auf den zu begründenden gemeinsamen Produktionsbetrieb und damit ein Geschäft abgeschlossen, welches sich außerhalb ihres bis dahin bestehenden Zwecks der ausschließlichen Vermögensverwaltung bewegte. Ebenfalls im Hinblick auf diesen - nunmehr arbeitstechnischen - Zweck der beabsichtigten Produktion begründete die Beteiligte zu 3) am 31. Mai 2016 die ersten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern, auch wenn diese erst ab 01. Juli 2016 im Werk PORTAL ihre tatsächliche Tätigkeit aufnahmen. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls die Annahme nicht ausgeschlossen, dass die Beteiligte zu 3) entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht betriebslos in den Gemeinschaftsbetrieb "hineingewachsen" ist, sondern bereits vorher über einen Betrieb verfügte, der mit dem Betrieb der Beteiligten zu 2) zusammengeschlossen worden ist und damit eine Betriebsänderung nach § 111 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorgelegen hat.

39

2.3. Nachdem damit ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats unter dem Gesichtspunkt einer Zusammenlegung von Betrieben im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Betracht kommt, bedarf es keiner Prüfung ob die in Frage stehende Betriebsänderung wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu Folge haben kann. Liegt einer der Tatbestände des § 111 Satz 3 BetrVG vor, werden diese fingiert(vgl. BAG 09. Januar 2011 - 1 AZR 708/09 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ob ausgleichs- oder milderungswürdige Nachteile entstehen, ist bei der Aufstellung des Sozialplans - vorliegend von der Einigungsstelle - zu prüfen und zu entscheiden (vgl. BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - Rn. 34, mwN, zitiert nach juris).

40

2.4. Gegen die vom Arbeitsgericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 ArbGG festgesetzte Zahl der von jeder Seite zu benennenden Besitzer hat die Arbeitgeberin weder Einwände erhoben, noch hat sie im Beschwerdeverfahren Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine andere Festsetzung gebieten würden.

41

3. Die Beschwerde ist begründet, soweit das Arbeitsgericht die Einigungsstelle auch für die Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt hat, da die Einigungsstelle diesbezüglich nach dem vorliegend eingeschränkten Prüfungsmaßstab auch dann offensichtlich unzuständig ist, wenn man davon ausgeht, dass in der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebes eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG lag. Die erstinstanzliche Entscheidung war insoweit abzuändern, da teilbare Regelungsgegenstände vorliegen (vgl. hierzu: ErfK-Koch 17. Aufl. § 100 ArbGG Rn. 3; GMP-Schlewing 8. Aufl. § 98 ArbGG Rn. 15, 27).

42

3.1. Die gerichtlich Einsetzung einer Einigungsstelle zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs gemäß §§ 111, 112 BetrVG ist wegen offensichtlicher Unzuständigkeit zu versagen, wenn die Betriebsänderung bereits abgeschlossen ist(LAG Brandenburg 08. Juli 1997 - 7 TaBV 9/97 - Rn. 21, zitiert nach juris). Für bereits durchgeführte Betriebsänderungen kommen die Durchführung von Interessenausgleichsverhandlungen und damit auch die Errichtung einer hierauf bezogenen Einigungsstelle nicht mehr in Betracht (vgl. BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - Rn. 23, 14. September 1976 - 1 ABR 784/75 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris; vgl. Fitting BetrVG 28. Aufl. §§ 112, 112 a Rn. 11).

43

3.2. Sieht man in der Errichtung ihres Gemeinschaftsbetriebs eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG haben die Beteiligten zu 2) und 3) diese zum 01. Juli 2016 bereits durchgeführt. Auch wenn es sich bei der Führung eines Gemeinschaftsbetriebs um einen dauerhaften Tatbestand handeln mag, hat der - insoweit punktuell ausgestaltete - Zusammenschluss der beiden Betriebe iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Damit scheidet die Zuständigkeit der Einigungsstelle für die Verhandlung eines Interessenausgleichs offensichtlich aus. Der vom Betriebsrat angeführte "Folgenbeseitigungsanspruch" ändert hieran nichts. Ein Anspruch auf "Folgenbeseitigung" hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung kommt aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte in personellen und sozialen Angelegenheiten einerseits und wirtschaftlichen Angelegenheiten andererseits einschließlich der jeweils vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (vgl. hierzu im Einzelnen: LAG Rheinland-Pfalz 13. Oktober 2016 - 6 TaBVGa 2/16 - Rn. 32; im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, jeweils zitiert nach juris). Selbst wenn man im Übrigen einen derartigen Folgenbeseitigungsanspruch bejahen wollte, ist nicht ersichtlich, inwieweit nach vollständiger Rückabwicklung der Betriebsänderung noch auszugleichende Interessen verhandelbar wären.

C

44

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag

1.
jeder natürlichen oder juristischen Person oder
2.
einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,
die nach Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung geltend macht, durch die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat.

(3) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend. In dem Verfahren ist die Behörde, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat, Beteiligte.

(4) Der rechtskräftige Beschluss über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung wirkt für und gegen jedermann. Rechtskräftige Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 sind alsbald der obersten Arbeitsbehörde des Bundes in vollständiger Form abschriftlich zu übersenden oder elektronisch zu übermitteln. Soweit eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung rechtskräftig als wirksam oder unwirksam festgestellt wird, ist die Entscheidungsformel durch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(6) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung wirksam ist und hat das Gericht ernsthafte Zweifel nichtverfassungsrechtlicher Art an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 auszusetzen. Setzt ein Gericht für Arbeitssachen nach Satz 1 einen Rechtsstreit über den Leistungsanspruch einer gemeinsamen Einrichtung aus, hat das Gericht auf deren Antrag den Beklagten zur vorläufigen Leistung zu verpflichten. Die Anordnung unterbleibt, wenn das Gericht die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand für offensichtlich unwirksam hält oder der Beklagte glaubhaft macht, dass die vorläufige Leistungspflicht ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Auf die Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht finden die Vorschriften über die Aussetzung entsprechend Anwendung; die Entscheidung ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. Auch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens können die Parteien die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Ergeht nach Aufnahme des Verfahrens eine Entscheidung, gilt § 717 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 antragsberechtigt.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.04.2014 - 4 BVGa 1/14 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der antragstellende Betriebsrat begehrt im Wege einer einstweiligen Verfügung von der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) die Unterlassung personeller Maßnahmen bis zum Abschluss bzw. Scheitern von Verhandlungen über einen Interessenausgleich.

2

Die Beteiligte zu 2., ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, unterhält in A-Stadt einen Betrieb mit 269 Arbeitnehmern. Der Stammsitz des Unternehmens befindet sich in D., eine weitere Produktionsstätte in Tschechien. Sie beschäftigt in ihrem Betrieb in A-Stadt in wechselnder Anzahl auch Leiharbeitnehmer.

3

In einem vom technischen Geschäftsführer und vom kaufmännischen Leiter der Beteiligten zu 2. an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 02.05.2005 heißt es:

4

„Betr.: Antrag auf Leiharbeitnehmer für die Produktion für Monat Mai Grundsatzantrag für Einsatz von max. 8 Leiharbeitnehmern ab 01.06.2005

5

Sehr geehrte Damen und Herren,
für den Monat Mai wird auf Grundlage der engen Personalbedarfsplanung folgendes vereinbart:

6

- Aussetzung des Brückentages 27.05. [...]
- Genehmigung für Mai, weitere 8 Leiharbeitnehmer zu den bereits vorhandenen Leiharbeitnehmern einzusetzen
- Antrag für Samstagsarbeit am 21.05. für 8 Stunden [...]

7

Ab 01.06. wird unbefristet die Genehmigung beantragt, insgesamt max. 8 Leiharbeitnehmer im Unternehmen zu beschäftigen [...].

8

Es wird Beschäftigungssicherung bis 31.12.2005 zugesagt. Sollte ab der zweiten Jahreshälfte in einem Monat die Anzahl > 3 Leiharbeitnehmer erreicht werden, verlängert sich die Beschäftigungssicherung ab diesem Monat um weitere 6 Monate.
(Beispiel: 4 Leiharbeitnehmer vom 05.-08.09.05 = Ablauf der 6 Monatsfrist per 31.03.06)
Wir bitten um schnellstmögliche Bearbeitung und wohlwollende Prüfung des Antrages."

9

Dieses Schriftstück unterzeichnete unter dem Datum vom 03.05.2005 der damalige Betriebsratsvorsitzende mit dem Vermerk "genehmigt".

10

Die Präambel einer zwischen den Parteien geschlossenen "Betriebsvereinbarung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern" vom 02.05.2011 enthält u. a folgenden Formulierung:

11

"In diesem Zusammenhang wird auf die Betriebsvereinbarung vom 02.05.2005 hingewiesen, die dem Schutz der Stammbelegschaft dient."

12

Ein Schreiben der Arbeitnehmerin an den Betriebsrat vom 30.07.2013 betreffend die "Rückverlagerung zur Firma H. der D.-Leitungen …" vom 30.07.2013 enthält einen handschriftlichen, seitens beider Betriebsparteien unterzeichneten Zusatz vom 07.08.2013 mit folgendem Inhalt:

13

"Betriebsrat und Geschäftsleitung vereinbaren, dass bei einem Produktionseinbruch, der eine negative Auswirkung auf unsere Belegschaft hat, die Teile in unsere Firma zurückverlagert werden".

14

In einer gemeinsamen Sitzung der Betriebsparteien vom 19.11.2013 wies die Arbeitgeberin auf den Wegfall eines Auftrags der Firma D. im Umfang von 300.000,00 € hin und stellte folgende Planungen vor:

15

- Einsatz eines Edelstahllötofens in der Produktion bei gleichzeitigem Wegfall der üblichen Vergabe an Subunternehmer,
- Einführung der Produktion von Backformen und eventuell Prüflehren,
- Einführung einer neuen Extrusionsanlage,
- „Optimierungen zu den Abteilungen QW und TW hinsichtlich Serienfreigabe und Freigabe von Teilen“,
- Einführung eines Dokumentenmanagementsystems zur Vereinheitlichung der Dokumente in D. und A-Stadt und für einen unternehmensbezogenen Zugriff auf Dokumente,
- Abschaffung des selbständigen Außendienstes und Umstellung auf unmittelbaren Eigenvertrieb durch Innendienstverkäufer
- Verlagerung von Teileproduktion ins Stammwerk D. bzw. nach Tschechien.

16

Ferner plante die Beteiligte zu 2. die elektronische Erfassung der Projektbearbeitung in verschiedenen Abteilungen von A-Stadt nach D. zu verlagern und schließlich wegen des Auftragsverlusts gegenüber zehn Arbeitnehmern betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.

17

Mit Schreiben vom 26.02.2014 forderte der Betriebsrat die Geschäftsleitung der Beteiligten zu 2. auf, nach umfassender Information über "die geplante Betriebsänderung" Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan aufzunehmen.

18

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich geltend gemacht, die Arbeitgeberin plane eine Betriebsänderung. Der Personalabbau sei schon bei einem Anteil von 5% der Gesamtbelegschaft relevant. Die Abteilung Finanzbuchhaltung sei zumindest qualitativ eine wesentliche Abteilung. Personelle Einzelmaßnahmen seien der Arbeitgeberin daher zu untersagen, solange nicht über einen Interessenausgleich verhandelt worden sei. Die Arbeitgeberin verstoße auch gegen die Betriebsvereinbarungen vom 07.05.2005 und vom 07.08.2013.

19

Der Betriebsrat hat beantragt:

20

Der Antragsgegnerin wird untersagt, im Rahmen der geplanten Betriebsänderung personelle Maßnahmen, seien es Kündigungen, Änderungskündigungen, Versetzungen oder Aufhebungsverträge, vorzunehmen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich entsprechend § 112 Abs. 1, 2 BetrVG, ggf. einschließlich der Verhandlungen in der Einigungsstelle, abgeschlossen oder gescheitert sind.

21

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin angedroht.

22

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

23

die Anträge zurückzuweisen.

24

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, eine Betriebsänderung sei nicht geplant. Insbesondere sei mit den vorgesehenen Kündigungen der für eine Betriebsänderung notwendige Schwellenwert nicht erreicht. Auch die sonstigen geplanten Maßnahmen seien nicht als Betriebsänderung zu qualifizieren. Auf das Schreiben vom 02.05.2005 könne sich der Betriebsrat ebenfalls nicht berufen. Von Juni 2008 bis Juli 2009 habe sie nämlich (unstreitig) keine Leiharbeitnehmer mehr beschäftigt, so dass es keine weitere "Verlängerung" der Beschäftigungssicherung mehr gegeben habe.

25

Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 30.04.2014 zurückgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 - 14 dieses Beschlusses (= Bl. 79 - 86 d.A.) verwiesen.

26

Gegen den ihm am 08.05.2014 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 03.06.2014 Beschwerde eingelegt und diese am 07.07.2014 begründet.

27

Der Betriebsrat macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe ihm der geltend gemachte Verfügungsanspruch zu. Dieser ergebe sich bereits aus der Betriebsvereinbarung vom 02.05.2005. Bei richtigem Verständnis der darin enthaltenen Regelung zur Beschäftigungssicherung ergebe sich nämlich, dass diese jeweils wieder auflebe, wenn die Arbeitgeberin erneut mehr als drei Leiharbeitnehmer beschäftige. Seit Mai 2011 seien im Betrieb durchweg, mit Ausnahme eines kurzen Zeitraums von September 2012 bis Januar 2013, mehr als drei Leiharbeitnehmer beschäftigt gewesen. Auch die Betriebsvereinbarung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern vom 02.05.2011 gehe ausweislich ihrer Präambel von einer Fortgeltung der Betriebsvereinbarung vom 02.05.2005 aus. Zumindest sei damit die damalige Regelung zur Beschäftigungssicherung wieder in Kraft gesetzt worden Im Übrigen handele es sich bei den von der Arbeitgeberin geplanten Maßnahmen - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - auch um eine Betriebsänderung i.S.v. § 111 BetrVG. Es handele sich nämlich ersichtlich nicht um eine reine Personalreduzierung, sondern um eine Vielzahl von Teilmaßnahmen, die sich auf viele Arbeitsplätze auswirkten. Das Arbeitsgericht habe insoweit die Anforderungen an die Darlegungslast des Betriebsrats hinsichtlich der Voraussetzungen einer Betriebsänderung überspannt.

28

Der Betriebsrat beantragt,

29

den erstinstanzlichen Beschluss abzuändern und

30

1. Der Antragsgegnerin zu untersagen, entgegen der getroffenen Betriebsvereinbarungen personelle Maßnahmen, seien es Kündigungen, Änderungskündigungen, Versetzungen oder Aufhebungsverträge, vorzunehmen, bzw. ihr zu untersagen personelle Maßnahmen, seien es betriebsbedingte Kündigungen, Änderungskündigungen, Versetzungen oder Aufhebungsverträge im Rahmen der geplanten Betriebsänderung vorzunehmen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich entsprechend § 112 Abs. 1, 2 BetrVG, ggf. einschließlich der Verhandlungen in der Einigungsstelle, abgeschlossen oder gescheitert sind.

31

2. Der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin, anzudrohen.

32

Die Arbeitgeberin beantragt,

33

die Beschwerde zurückzuweisen.

34

Die Arbeitgeberin verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und macht darüber hinaus geltend, die Maßnahmen, die der Betriebsrat ausweislich seines weiter verfolgten Antrages zu 1 verhindern wolle, seien sämtlich bereits vollzogen. Diesbezüglich seien insgesamt lediglich 10 Kündigungen ausgesprochen sowie ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen worden. Zwei der Kündigungen seien nachträglich wieder zurückgenommen worden, sodass sich der Personalabbau als Folge der in Rede stehenden Umstände insgesamt auf neun Personen belaufe. Eine weitere Entscheidung über die vom Betriebsrat gestellten Anträge würde daher auf die Erstattung eines bloßen Rechtsgutachtens hinauslaufen.

35

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

36

1. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin war auch keine gesonderte Beschlussfassung des Betriebsrats über die Bevollmächtigung ihrer Rechtsanwälte zur Einlegung der Beschwerde erforderlich. Die einem Rechtsanwalt erteilte Verfahrensvollmacht umfasst auch die Berechtigung zur Einlegung von Rechtsmittel, § 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 81 ZPO (BAG v. 06.12.2006 - 7 ABR 62/05 - AP Nr. 5 zu § 21 b BetrVG 1972, m.w.N.).

37

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen.

38

a) Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist bereits deshalb unbegründet, weil es an dem notwendigen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der im Antrag bezeichneten personellen Maßnahmen fehlt.

39

aa) Ein Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung personeller Maßnahmen folgt vorliegend nicht aus § 111 BetrVG. Dabei kann offen bleiben, ob die von der Arbeitgeberin in der gemeinsamen Sitzung der Betriebsparteien vom 19.11.2013 in Aussicht gestellten Maßnahmen nebst der Verlagerung der elektronischen Erfassung der Projektbearbeitung und der Abteilung Finanzbuchhaltung sowie die seinerzeit beabsichtigten 10 Kündigungen im Einzelnen oder in ihrer Gesamtheit rechtlich als Betriebsänderung zu qualifizieren sind.

40

Ob dem Arbeitgeber zur Sicherung der Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff BetrVG durch einstweilige Verfügung untersagt werden kann, eine Betriebsänderung durchzuführen, insbesondere betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, bis das Interessenausgleichsverfahren abgeschlossen ist, ist nach wie vor streitig (dafür u.a. LAG Schleswig-Holstein vom 15.12.2010, DB 2011, 714; LAG Hessen vom 19.01.2010, NZA-RR 2010 187; dagegen u.a. LAG Baden-Württemberg vom 21.10.2009 - 20 TaBVGa 1/09 -; LAG Rheinland-Pfalz v. 24.11.2004 - 9 TaBV 29/04 -).

41

Nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer besteht ein solcher (allgemeiner) Unterlassungsanspruch nicht. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber mit dem Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG anders als bei der Mitbestimmung gemäß § 87 BetrVG eine ausdrückliche Sanktion für die Nichtbeachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats vorgesehen hat. Daneben ist kein Raum für ein eigenständiges Recht des Betriebsrats zu einer präventiven Verhinderung eines vorzeitigen Abbruchs von Interessenausgleichsverhandlungen. Insofern überzeugt auch das vielfach bemühte Argument, dass § 113 BetrVG nur eine individualrechtliche Sanktion beinhalte, die daneben Raum für kollektivrechtliche Sanktionen lasse, nicht. Diese Trennung passt nicht in den Regelungskomplex der §§ 111, 113 BetrVG. Einerseits ist nämlich durchaus anerkannt, dass die individualrechtliche Sanktion des Nachteilsausgleichs auch den Arbeitgeber dazu anhalten soll, seinen betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen im Rahmen des § 111 BetrVG zu genügen, sodass § 113 BetrVG auch eine kollektivrechtliche Wirkung zukommt (BAG v. 08.11.1988, AP Nr. 18 zu § 113 BetrVG 1972). Andererseits würde die Anerkennung eines vermeintlich kollektivrechtlichen Unterlassungsanspruchs jedenfalls bei dem beabsichtigten Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen in erster Linie zu einer Verdoppelung der individualrechtlichen Sanktionen eines vorzeitigen Abbruchs von Interessenausgleichsverhandlungen führen. Dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Problematik § 113 BetrVG auch im Rahmen der Reform der Betriebsverfassung zum 28.07.2001 nicht geändert hat, stützt diese Auffassung. Auch die Richtlinie 2002/14/EG verlangt keine abweichende Beurteilung. Die von Artikel 8 Abs. 2 dieser Richtlinie geforderten "angemessenen Sanktionen" sind durch § 113 BetrVG und die Ahndung als Ordnungswidrigkeit gemäß § 121 BetrVG gewährleistet, wobei die Richtlinienkonformität der deutschen gesetzlichen Sanktionen offenbar auch der Auffassung der Europäische Kommission entspricht (LAG Baden-Württemberg vom 21.10.2009 - 20 TaBVGa 1/09; Kania, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Aufl., § 111 BetrVG Rz. 27).

42

bb) Ein Anspruch auf Unterlassung personeller Maßnahmen, insbesondere des Ausspruchs betriebsbedingter Kündigungen ergibt sich auch nicht aus dem von beiden Betriebsparteien unterzeichneten Schreiben der Arbeitgeberin vom 02.05.2005, welche die Zusage bzw. Vereinbarung einer Beschäftigungssicherung enthält.

43

Die betreffende Zusage einer Beschäftigungssicherung hat nämlich - wie vom Arbeitsgericht in den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses zutreffend ausgeführt - mit dem 30.11.2008 geendet. Die Beschäftigungssicherung sollte nach dem Inhalt des Schreibens vom 02.05.2005 bis zum 31.12.2005 gelten; darüber hinaus sollte eine "Verlängerung" eintreten, wenn ab dem 2. Halbjahr 2005 in einem Monat mehr als drei Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Eine "Verlängerung" kommt jedoch nach dem Wortsinn dieses Begriffes nicht mehr in Betracht, wenn die betreffende Maßnahme bereits geendet hat. Insoweit wäre nur eine Neubegründung der Beschäftigungssicherungsvereinbarung möglich. Nachdem die Arbeitgeberin unstreitig von Juni bis Juli 2008 keine Leiharbeitnehmer beschäftigt hat, verlängerte sich die Beschäftigungssicherung letztmals im Mai 2008 bis zum 30.11.2008. Danach konnte nach dem Inhalt der Zusage keine Verlängerung mehr eintreten.

44

Entgegen der Ansicht des Betriebsrats wurde die Beschäftigungssicherung auch nicht durch die "Betriebsvereinbarung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern" vom 02.05.2011 wieder in Kraft gesetzt bzw. erneut vereinbart. Zwar enthält die Präambel dieser Betriebsvereinbarung die Formulierung: "In diesem Zusammenhang wird auf die Betriebsvereinbarung vom 02.05.2005 hingewiesen, die dem Schutz der Stammbelegschaft dient". Eine erneute Vereinbarung der Beschäftigungssicherung kann hieraus jedoch nicht abgeleitet werden. Der Wortlaut der Präambel enthielt diesbezüglich keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es ist auch davon auszugehen, dass die Betriebsparteien, falls sie den (Neu-)abschluss einer Beschäftigungssicherungsvereinbarung beabsichtigt hätten, dies in der Betriebsvereinbarung klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hätten. Überdies dient eine Präambel regelmäßig lediglich der Darstellung von Motiven, Absichten und Zwecken der nachfolgend wiedergegebenen Regelungen. So finden sich auch vorliegend die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung vom 02.05.2011 erst im Anschluss an die vorangestellte Präambel, die ihrerseits erkennbar keine eigenständigen Regelungen enthält.

45

cc) Die handschriftlich unter dem Datum vom 07.08.2013 auf dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 30.07.2013 zwischen den Betriebsparteien getroffene Vereinbarung, wonach bei einem Produktionseinbruch, der eine negative Auswirkung auf die Belegschaft hat, ausgelagerte Teile bzw. Arbeitsvorgänge wieder zurückverlagert werden sollen, begründet ebenfalls keinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, sondern allenfalls einen Anspruch auf Rückverlagerung der Produktion der betreffenden Teile.

46

dd) Auch ansonsten ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, auf die der Betriebsrat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit Erfolg stützen könnte. Insoweit folgt das Beschwerdegericht den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II 2 d) des erstinstanzlichen Beschlusses und stellt dies in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird daher insoweit abgesehen.

47

b) Da aus den o.g. Gründen ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats zu verneinen ist, kommt es auf das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht mehr an.

III.

48

Nach alledem war die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

49

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 05.02.2015 – 4 BVGa 1/15 – abgeändert und der Antrag des Betriebsrates abgewiesen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 23 25 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.


Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung nach Bildung eines gemeinsamen Betriebs durch die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3).

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk TITAN am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort A-Stadt gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand ursprünglich in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönliche Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist personengleich mit dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19. Mai 2016 darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung und des dort in Bezug genommenen Organigramms wird auf Bl. 295 ff. d. A. Bezug genommen. Eine am 14. Juli 2016 von der Gesellschafterversammlung formell beschlossene Änderung des Geschäftszwecks der Beteiligten zu 3) auf nunmehr ua. auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art wurde am 03. August 2016 im Handelsregister eingetragen.

5

Ab 01. Juli 2016 wurden Arbeitnehmer, deren befristete Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 2) ausliefen, über Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 3) weiterbeschäftigt. Hierzu wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Zuletzt beschäftigt die Beteiligte zu 3) im Werk A-Stadt regelmäßig ca. 30 Mitarbeiter.

6

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Trier eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt.

7

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrates und der Beteiligten zu 2) und 3) wird auf die Darstellungen in den Gründen zu I des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen.

8

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

9

der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

10

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

11

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 06. September 2016 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstelle, denn jedenfalls bestehe der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf Untersagung des Betreibens eines Gemeinschaftsbetriebs nicht. Für den Fall, dass der Unternehmer die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 BetrVG missachte, sehe das Gesetz Rechtsfolgen nur in § 113 Abs. 3 und § 121 BetrVG vor. Nach der gesetzlichen Konzeption sollten den Arbeitgeber bei der Durchführung einer Betriebsänderung lediglich finanzielle Sanktionen für den Fall treffen, dass Arbeitnehmer hierdurch wirtschaftliche Nachteile erleiden, ohne dass ein echtes Mitgestaltungsrecht des Betriebsrats und folgerichtig auch kein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen das Unterrichtungs- und Beratungsrecht gegeben sei. Auch ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG scheide bereits mangels groben Verstoßes der Arbeitgeberin gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus, da die Frage des Vorliegens einer Betriebsänderung nicht eindeutig zu beantworten sei. Unabhängig davon scheide der Erlass der Einstweiligen Verfügung auch deshalb aus, weil die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs bereits erfolgt sei und ein Anspruch auf Rückgängigmachung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehe. Auf den Bestand eines Verfügungsgrundes komme es nicht mehr an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 167 ff. d. A. Bezug genommen.

13

Der Betriebsrat hat gegen den ihm über seinen Prozessbevollmächtigten am 13. September 2016 zugestellten Beschluss mit am 21. September 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

14

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner Beschwerde nach Maßgabe seiner Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 21. September 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 191 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

15

es liege sehr wohl das Regelbeispiel des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG „Zusammenschluss mit anderen Betrieben“ und damit eindeutig eine Betriebsänderung vor. Der Betrieb der Beteiligten zu 2) in A-Stadt und R bleibe in seiner bisherigen Identität unverändert und fungiere als aufnehmender Betrieb, in den der Betrieb der Beteiligten zu 3) dergestalt eingegliedert werde, dass er seine bisherige Identität verliere, wobei es für den Schutzzweck des § 111 BetrVG keinerlei Unterschied mache, ob der einzugliedernde Betrieb vorher operativ tätig gewesen sei oder ob die operative Tätigkeit im Rahmen der Gründung des Gemeinschaftsbetriebes aufgenommen werde. Der Betriebsrat sei trotz nach Abschluss der Planungs- und Vorbereitungsphase bereits im April 2016 bestehenden Anspruchs nicht unterrichtet oder zur Beratung herangezogen worden. Der Betriebsrat habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, weil anderenfalls die Rechte des Betriebsrats, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Beratungsanspruch, leer liefen. Angesichts der Anordnung eindeutig sanktionierender Rechtsfolgen im Bereich personeller Einzelmaßnahmen (§ 17 KSchG) bei Mängeln der Beteiligung des Betriebsrates trotz weniger weitreichenden Mitwirkungsrechts (§ 101 BetrVG) scheine es abwegig, dass im Rahmen des § 111 BetrVG keine Sanktion zur Sicherstellung der Wahrung der Rechte des Betriebsrates greifen solle und zwar erst recht im Hinblick auf die Art. 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Angesichts Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie scheine es nicht fernliegend, von einer Regelungslücke auszugehen, zumindest mit dem Ziel eines befristeten oder auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates. Von einem materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch gehe seit längerer Zeit eine Vielzahl von Landesarbeitsgerichten aus; dieser sei auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Auch sei ein - zumindest zeitlich begrenzter - Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückgängigmachung der Maßnahmen keineswegs ausgeschlossen. Entsprechend vorsorglich sei der Hilfsantrag gestellt, der darauf abziele, bis zum Ende der Verhandlungsverpflichtung zumindest Neueinstellungen zu verhindern. Ein Verfügungsgrund liege vor und ihm könne kein zu langes Zuwarten vorgeworfen werden, da die Maßnahme tatsächlich erst Anfang Juli und gesellschaftsrechtlich Anfang August 2016 erfolgt sei und erst damit hinreichende Sicherheit der tatsächlichen Umsetzung vorgelegen habe.Er sei nie über die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs informiert worden. Angesichts des außergerichtlichen Schreibens vom 24. Juni 2016 an seinen Prozessbevollmächtigten sei man von einer unternehmerischen Zusammenarbeit in Form von Werkverträgen oder Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen.

16

Der Betriebsrat beantragt,

17

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu unterlassen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde,

18

hilfsweise,

19

es der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin zu untersagen, am Standort A-Stadt weitere über die in der Anlage AS B1 hinaus erfassten Mitarbeiter und Leiharbeiter der Beteiligten zu 3) zum Einsatz in der Produktion einzusetzen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

22

Die Beteiligten zu 2) und 3) verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung vom 05. Oktober 2016 (Bl. 234 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

23

Ein Verfügungsanspruch bestehe nicht. Es fehle am vorliegend hauptsächlich verfolgten Folgenbeseitigungsanspruch, der zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führe, unabhängig davon, dass nicht klar sei, wie die nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegende Rückgängigmachung der Bildung des Gemeinschaftsbetriebes individualrechtlich umzusetzen sein solle. Mangels grober Pflichtverletzung sei auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegeben. Hilfsweise fehle es an einer Betriebsänderung, da nur der Zusammenschluss zweier bestehender Betriebe den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG erfülle, nicht jedoch die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch die Beteiligte zu 2) mit der zuvor über kein operatives Geschäft verfügenden Beteiligten zu 3). Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG sei nicht erfüllt, da es an einer - vom Betriebsrat darzulegenden - grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation mit wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft fehle. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Gemeinschaftsbetrieb auch unter Beteiligung einer sog. (konzerninternen) Personalführungsgesellschaft entstehen könne, sofern das personalstellende Unternehmen an der Erreichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks des anderen Unternehmens mitwirke, stelle eine derartige Konstellation keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar, wenn die Personalführungsgesellschaft wie vorliegend zuvor über keinen operativen Betrieb verfügt habe. Schließlich erweise sich die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis auch mangels Verfügungsgrund als zutreffend. Dem Betriebsrat sei die Thematik der Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs nicht erst kurzfristig bekannt geworden: Auf den Vorhalt der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sei dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats bereits mit Antwortschreiben vom 24. Juni 2016 mitgeteilt worden, dass die beiden Unternehmen gemeinschaftlich zusammenarbeiteten. Dies zeige auch ein zwischenzeitlich für erledigt erklärtes Beschlussverfahren ua. auf Entfernung sämtlicher Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) aus dem Betrieb, das am 30. Juni 2016 vom Betriebsrat beim Arbeitsgericht Trier eingeleitet worden sei. Das Zuwarten über mehr als zwei Monate führe nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung dazu, dass ein Verfügungsgrund nicht bestehe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

25

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

26

Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG.

II.

27

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen. Anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des im Beschwerdeverfahren zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

28

1. Dem Betriebsrat fehlt es hinsichtlich des Hauptantrages vorliegend bereits am Verfügungsanspruch nach § 85 Abs. 2 ArbGG, 936, 940 ZPO iVm. § 916 ff., 920 ZPO. Er kann nicht im Wege der Einstweiligen Verfügung von den Beteiligten zu 2) und 3) verlangen, es zu unterlassen, den gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) am Standort A-Stadt zu betreiben bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde. Ob ein Verfügungsgrund im Sinne besonderer Dringlichkeit gegeben ist, hat das Arbeitsgericht zu Recht dahinstehen lassen.

29

1.1. Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.

30

1.1.1. Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsausgleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint(vgl. LAG Rheinland-Pfalz 27. August 2014 - 4 TaBVGa 4/14 - Rn. 41; LAG Baden-Württemberg 21. Oktober 2009 - 20 TaBVGa 1/09 - Rn. 4 ff., LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 29 ff.; LAG Rheinland-Pfalz 24. November 2004 - 9 TaBV 29/04 - Rn. 37 ff. jeweils zitiert nach juris). Nach einer anderen Auffassung steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenausgleichs gesichert werden könne(LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 29, 20. April 2012 - 10 TaBVGa 3/12 - Rn. 46; LAG Schleswig-Holstein - 15. Dezember 2010 - 3 TaBVGa 12/10 - Rn. 22; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 12. Dezember 2013 - 17 TaBVGa 2058/13 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris).

31

1.1.2. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des Betriebsrates jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch vorliegend nicht gegeben. Es kann hierbei offen bleiben, ob das gemeinsame Betreiben der Produktion in A-Stadt ab 01. Juli 2016 durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstellt.

32

a) Ein solcher Unterlassungsanspruch kann sich nicht gegen die Betriebsänderung selbst richten, da die Durchführung einer Betriebsänderung zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz der Arbeitgeberin gehört, die aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 12 und 14 GG, aus denen sich die unternehmerische Betätigungsfreiheit ableitet, der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist(vgl. LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 30, zitiert nach juris). Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten als Informations- und Beratungsrechte ausgestaltet sind (vgl. §§ 111, 112 BetrVG), während im Bereich der sozialen und personellen Mitbestimmung ein echtes, gleichwertiges Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. § 87 BetrVG, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Trotz des etwa im Falle der Betriebsänderung bestehenden Informations- und Beratungsanspruch darf der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen; für den Ausspruch von Kündigungen ergibt sich dies zweifellos aus der gesetzlichen Wertentscheidung des § 113 Abs. 3 BetrVG, nach dem ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigungen ausdrücklich wirksam bleiben und die betroffenen Arbeitnehmer lediglich nach § 113 Abs. 1 BetrVG einen Nachteilsausgleich erhalten, der sich darauf gründet, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Bejaht man einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen, kann dieser nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht aber losgelöst hiervon, der Untersagung der Betriebsänderung selbst (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein Unterlassungsanspruch scheidet aus (LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 31 aaO; LAG Rheinland-Pfalz 26. Januar 2011 - 7 TaBVGa 4/10 - Rn. 33, zitiert nach juris). Erst recht kommt aus den dargelegten Gründen ein Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung aufgrund der klaren gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte einschließlich der vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, zitiert nach juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde herangezogenen Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie, auf die auch die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Bezug genommenen Sanktionen bezogen sind, nicht; darüber hinausgehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 15; weitergehend den Unterlassungsanspruch insgesamt verneinend: LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 33, zitiert nach juris). Die Frage, wie ein „Folgenbeseitigungsanspruch“ im Falle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Aufnahme eines Betriebes in einen bestehenden Betrieb im Hinblick auf betroffene Arbeitsverhältnisse rechtlich realisierbar sein könnte, kann dahinstehen.

33

b) Ausgehend hiervon kann der Betriebsrat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit dem Hauptantrag begehrte Unterlassung des Betreibens des nach seiner Ansicht im Wege einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG eingerichteten Gemeinschaftsbetriebs verlangen. Der von ihm verfolgte Unterlassungsanspruch scheidet vorliegend - vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt - jedenfalls deshalb aus, weil die Maßnahme der Bildung eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) unstreitig bereits seit Juli 2016 durchgeführt ist und ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Gemeinschaftsbetriebs nicht im Wege der Unterlassung verfolgt werden kann.

34

1.2. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG ergibt. Nach dieser Vorschrift kann dem Arbeitgeber aufgegeben werden, eine Handlung zu unterlassen, wenn er grob gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat; erforderlich ist eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung. Vorliegend könnten zumindest Bedenken bestehen, ob es sich bei der gemeinsamen Aufnahme der Produktion in A-Stadt durch die Beteiligten zu 2) und 3) um eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG handelt, nachdem die Beteiligte zu 3) jedenfalls vor Produktionsaufnahme - soweit ersichtlich - nicht über Betriebsmittel und Arbeitnehmer verfügte und sich die Frage stellt, ob vorliegend vom Zusammenschluss zweier Betriebe im Sinne der streitigen Vorschrift auszugehen ist. Jedenfalls kommt bei dieser Sachlage ein durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzender Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG - ungeachtet der Erwägungen zur bereits durchgeführten Betriebsänderung - nicht in Betracht.

35

2. Auch hinsichtlich des vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren erstmals zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages, dessen Zulässigkeit die Beschwerdekammer unterstellt, fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch. Soweit der Betriebsrat die Beteiligten zu 2) und 3) verpflichtet sehen will, den Einsatz weiterer, derzeit noch nicht in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter einstweilen zu unterlassen, scheitert auch ein derartiger Unterlassungsanspruch aus den bereits dargelegten Gründen daran, dass nach Durchführung der Betriebsänderung kein zu sichernder Unterrichtungs- und Beratungsanspruch des Betriebsrates mehr besteht. Dass die Beteiligten zu 2) und 3) die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei Einstellungen neuer Mitarbeiter (zuletzt noch) verletzen, ist weder vorgetragen, noch aus sonstigen Gründen ersichtlich.

C

36

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG).

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 05.02.2015 – 4 BVGa 1/15 – abgeändert und der Antrag des Betriebsrates abgewiesen.


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Tenor

Die sofortige Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.12.2010, Az.: 4 BVGa 17/10 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in einem arbeitsgerichtlichen Eilverfahren um die Untersagung einer Versetzung und Beschäftigung von zuletzt noch 15 Arbeitnehmern.

2

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) unterhielt bis zum 31.12.2010 einen Betrieb in C-Stadt mit ca. 170 Mitarbeitern. Einen weiteren Betrieb unterhält sie im 170 km entfernten A-Stadt mit etwa 267 Mitarbeitern. Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der örtliche Betriebsrat der Betriebsstätte C-Stadt.

3

Die Arbeitgeberin hat zum 31.12.2010 ihre Betriebsstätte in C-Stadt mit Auslaufen des dortigen Mietverhältnisses aufgelöst. Dem voraus ging eine Auseinandersetzung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin über die Verlegung der Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin hat mit einigen Arbeitnehmern Änderungsverträge geschlossen; gegenüber den übrigen Arbeitnehmern hat sie Änderungskündigungen ausgesprochen. Ein Interessenausgleich war zuvor gescheitert; eine durch Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin eingerichtete Einigungsstelle hatte gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertretung am 16.09.2010 einen Sozialplan beschlossen. Der Spruch der Einigungsstelle ist Gegenstand eines Anfechtungsverfahrens.

4

Mit E-Mail vom 06.12.2010 hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber informiert, dass sie diejenigen Arbeitnehmer, welche der Änderungskündigung widersprochen hätten, mittels Ausübung ihres Direktionsrechts am 13.12.2010 an die Betriebsstätte A-Stadt versetzen würde. Der Betriebsrat hat der Versetzung und der Erklärung der Dringlichkeit durch die Arbeitgeberin am 09.12.2010 widersprochen.

5

Die von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmer Z und Y sind Mitglieder des Betriebsrates in C-Stadt. Die Arbeitgeberin hat vor der Versetzung keinen Antrag nach § 103 Abs. 3 BetrVG gestellt.

6

Der Betriebsrat hat vorgetragen, er mache einen sich aus der Verletzung der §§ 99 bzw. 111 ff. BetrVG ergebenden Anspruch auf Unterlassung der Versetzungen geltend. Die Interessenausgleichsverhandlungen seien zu einer Betriebsverlagerung geführt worden, faktisch werde der Betrieb in C-Stadt jedoch stillgelegt. Die Versetzungen seien auch aus Gründen des Gesundheitsschutzes unzulässig. Eine Begehung der neuen Räumlichkeiten in A-Stadt habe ergeben, dass diese Räume asbest- und nitrosamitbelastet, die Treppenhäuser und – aufgänge unbeleuchtet und marode seien. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich daher auch aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Die Versetzung der betroffenen Betriebsratsmitglieder verstoße gegen § 103 Abs. 2 BetrVG.

7

Der Betriebsrat hat am 10.12.2010 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Koblenz gestellt und beantragt,

8

der Arbeitgeberin zu untersagen, die Arbeitnehmer
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an den Arbeitsort A-Stadt zu versetzen
und dort zu beschäftigen.

9

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

10

den Antrag zurückzuweisen.

11

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Zusammenfassung im Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.12.2010 (dort Seite 2 bis 7 = Bl. 117 bis 122 d. A.) Bezug genommen.

12

Das Arbeitsgericht Koblenz hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 14.12.2010 teilweise zurückgewiesen und der Arbeitgeberin lediglich die Versetzung von vier namentlich bezeichneten Betriebsratsmitgliedern untersagt. Seine Entscheidung hat das Arbeitsgericht damit begründet, ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats komme weder nach § 99, noch nach § 87 Abs.1 noch über §§ 111 ff. BetrVG in Betracht. Die beabsichtigte Versetzung der Betriebsratsmitglieder ohne Zustimmung des Betriebsrats verletze allerdings § 103 Abs. 3 BetrVG.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf S. 7 – 11 (= Bl. 122 – 126 d. A.) der Begründung des Beschlusses verwiesen.

14

Der Betriebsrat hat mit Schriftsatz vom 27.12.2010 gegen den ihm am 17.12.2010 zugestellten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

15

Gegen den Beschluss hat die Arbeitgeberin Widerspruch eingelegt. Auf den Widerspruch hin hat das Arbeitsgericht Koblenz den Antrag des Betriebsrates vollständig zurückgewiesen (Beschluss vom 19.1.2011). Eine Anfechtung dieses Beschlusses erfolgte nicht.

16

Im Beschwerdeverfahren begehrt der Betriebsrat die Abänderung der Entscheidung, soweit das Arbeitsgericht seinen Antrag zurückgewiesen hat und wiederholt zur Begründung seinen erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend führt er aus, der Beschluss zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens samt Beauftragung des Prozessbevollmächtigten und der Beschluss, sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts einzulegen und hierfür den Prozessbevollmächtigten zu beauftragen sei ordnungsgemäß zustande gekommen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die zur Akte gereichten Unterlagen (Bl. 475-480) Bezug genommen

17

Der Betriebsrat beantragt

18

unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung der Arbeitgeberin zu untersagen, die Arbeitnehmer
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K
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Kl
W
K
Z
G
R
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A
an den Arbeitsort A-Stadt
zu versetzen und dort zu beschäftigen.

19

Die Arbeitgeberin beantragt

20

die Beschwerde zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, soweit der Antrag zurückgewiesen wurde und führt aus, die Beschwerde sei bereits unzulässig, da ihrer Erhebung kein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss zugrunde liege. Darüber hinaus sei die Beschwerde aber auch unbegründet, da auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unzulässig gewesen sei und überdies ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrates nicht bestehe. Eine gesundheitliche Gefahr sei für die Mitarbeiter an der Betriebsstätte in A-Stadt nicht gegeben, Asbest- und Nitrosamitbelastungen seien beseitigt worden. Die Verlegung der Arbeitsplätze sei am 13.12.2010 abgeschlossen worden.

22

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Betriebsrates nicht abgeholfen

23

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht waren, sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

24

II. 1. Die sofortige Beschwerde des Betriebsrats ist gem. § 87 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 85 Abs. 2, 89 ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, mithin insgesamt zulässig.

25

Es war vorliegend im Beschwerdeverfahren nach §§ 87 ff. ArbGG und nicht im Verfahren nach §§ 78 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 2. ZPO zu entscheiden, da das Beschwerdegericht mündliche Verhandlung angeordnet hat und folglich so zu verfahren hatte, als habe die 1. Instanz auf mündliche Verhandlung hin einen Beschluss nach § 84 ArbGG erlassen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 922, Rn. 14).

26

Ob der Einleitung des Beschwerdeverfahrens und der Vollmachtserteilung an den Verfahrensvertreter ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats zugrunde liegt, kann offen bleiben. Zwar hat der Betriebsrat hat in der mündlichen Anhörung Protokoll, Einladung und Anwesenheitsliste der entscheidenden Sitzung vom 22.12.2010 vorgelegt. Angesichts dieses detaillierten Vorbringens zur Beschlussfassung scheint das Bestreiten der Arbeitgeberin mit Nichtwissen nicht mehr erheblich und damit nicht mehr ausreichend. Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil dem Betriebsrat keine durch einstweilige Verfügung zu sichernden Rechte zustehen.

27

Gegenstand des Verfahrens sind allein die Beteiligungsrechte des Betriebsrates, nicht Individualansprüche der einzelnen Arbeitnehmer

28

2. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zumindest mittlerweile unzulässig geworden.

29

Ob die Einleitung des Verfügungsverfahrens auf einem nach § 33 BetrVG ordnungsgemäß zustande gekommenen Betriebsratsbeschluss basierte, kann vorliegend dahinstehen. Der Antrag ist, soweit er die Unterlassung der Versetzungen von Arbeitnehmern nach A-Stadt betrifft, bereits wegen des fehlenden Rechtschutzbedürfnisses des Betriebsrats unzulässig. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet, da der Betriebsrat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung der im Antrag benannten Arbeitnehmer am Betriebsstandort A-Stadt hat.

30

a) Bei einem Unterlassungsantrag entfällt das Rechtschutzbedürfnis, wenn der Vorgang, welcher unterlassen werden soll abgeschlossen ist, keine Wiederholungsgefahr besteht und keine Rechtswirkungen mehr erzeugt werden (vgl. Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 11. Aufl. 2008, Einl. Rn. 175; Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 926, Rn. 8). Die Arbeitgeberin hat mittlerweile alle Versetzungen, deren Unterlassung der Betriebsrat begehrt hatte, vollständig durchgeführt. Der Antrag geht daher ins Leere. Eine Wiederholungsgefahr ist nicht ersichtlich und der Vorgang erzeugt auch keine Rechtswirkungen mehr, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis des Betriebsrats an der verlangten Untersagung nicht mehr gegeben ist.

31

b) Der Antrag auf Unterlassung der Beschäftigung der im Antrag genannten Arbeitnehmer in A-Stadt ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Betriebsrat einen entsprechenden Anspruch auf Unterlassung abgesprochen.

32

Ein Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassen der Beschäftigung in der Betriebsstätte in A-Stadt kann vorliegend nicht aus § 99 BetrVG hergeleitet werden, da mit § 101 BetrVG eine abschließende Regelung zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates existiert und somit kein Raum für einen allgemeinen Unterlassungsanspruch gegen betriebsverfassungswidrig durchgeführte personelle Einzelmaßnahmen bleibt (vgl. BAG, NZA 2009, 1430; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 06.05.2010 – 10 TaBV 8/10, juris). Überdies handelt es sich bei der Beschäftigung der Arbeitnehmer in A-Stadt nicht um eine personelle Einzelmaßnahme i.S.d. § 99 BetrVG. Die Beschäftigung am neuen Betriebsort ist lediglich Folge, nicht aber Inhalt einer Versetzungsanordnung wegen Betriebsänderung.

33

Ein aus der Verletzung der §§ 111 ff. BetrVG abgeleiteter Anspruch auf Unterlassung der Betriebsänderung scheidet, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, aus. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Verletzung der §§ 111 ff BetrVG einen solchen, nicht kodifizierten allgemeinen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Betriebsänderung selbst begründen kann (a.A. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.03.2006 – 11 TaBV 53/05 sowie Beschl. v. 24.11.2004 – 9 TaBV 29/04), kann ein Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung in einer anderen Betriebsstätte nach der Betriebsänderung nicht auf eine Verletzung der § 111 ff. BetrVG gestützt werden. §§ 111 ff. BetrVG sichern die Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Umsetzung einer Betriebsänderung durch die vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats im Vorfeld der Änderung. Ist die Betriebsänderung bereits unter Verletzung dieses Mitbestimmungsrechts vollzogen, wäre ein Verbot des Arbeitsbetriebs an einem anderen Betriebsort als Folge der Änderung völlig ungeeignet, die Mitbestimmungsrechte aus §§ 111 ff. BetrVG dennoch zu sichern. Es kann daher keinen allgemeinen Anspruch des Betriebsrats i.V.m. §§ 111 ff. BetrVG auf Unterlassung von der Betriebsänderung folgenden Maßnahmen des Arbeitgebers geben. Abgesehen davon hat die Arbeitgeberin die Beteiligungsrechte des Betriebsrates durch Information, , Interessenausgleichsverhandlung, Sozialplanverhandlung und Einigungsstelle gewahrt. Dass der Betriebsrat der Auffassung ist, in Wirklichkeit liege eine Betriebsschließung und keine -verlagerung vor, ändert hieran nicht, weil die organisatorische Maßnahme Stilllegung von Arbeitsorganisation in C-Stadt Gegenstand der Verhandlungen war und nicht deren letztlich richtige juristische Qualifizierung

34

Ein Anspruch des Antrag stellenden Betriebsrates auf Unterlassung der Beschäftigung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG scheitert bereits daran, dass durch die Versetzungen bzw. die Beschäftigung keine Regelungen über den Gesundheitsschutz getroffen werden. Ein grundsätzlich möglicher allgemeiner Unterlassungsanspruch aus § 87 Abs. 1 BetrVG müsste sich auf das Unterlassen einer solchen Regelsetzung richten. Überdies hat der Betriebsrat die Tatsachen, die eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer begründen könnten nicht glaubhaft gemacht. Die Arbeitgeberin hat zuletzt dargetan, dass die Asbest- und die Nitrosamitbelastung durch entsprechende Reinigungsarbeiten beseitigt worden ist; eine mögliche Gefährdung ist danach nicht mehr erkennbar.

35

Auch die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG liegen im Streitfall nicht vor. Anhaltspunkte für eine grobe Verletzung der Pflichten aus dem BetrVG durch die Arbeitgeberin sind nicht erkennbar.

36

Schließlich scheitert ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Versetzung und Beschäftigung der betroffenen Betriebsratsmitglieder bereits an einer fehlenden Verletzung der Vorschrift des § 103 Abs. 3 BetrVG durch die Arbeitgeberin. Es kann dahingestellt bleiben, ob Grundlage der Versetzungsanordnung eine Betriebsverlegung nach A-Stadt oder eine Betriebsschließung ist, da beide Fälle jedenfalls keinen Verlust des Amtes i.S.d. § 24 Nr. 4 BetrVG zur Folge haben. Bei Verlegung eines Betriebs existiert dieser einschließlich des Betriebsrats an der neuen Betriebsstätte weiter. Bei einer Betriebsstillegung verbleibt dem Betriebsratsmitglied ein Restmandat nach § 21 b BetrVG. Sinn und Zweck der Regelung des § 103 Abs. 3 BetrVG ist es, den Mandatsträger vor einer unmittelbaren Einflussnahme des Arbeitsgebers auf den Bestand seines Amtes zu schützen (vgl. hierzu Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 11. Auflage 2008, § 103, Rn. 64). Solange den versetzten Betriebsratsmitgliedern folglich ihr Amt im vollem Umfang, wenn auch mit zeitlicher Begrenzung wie bei einem Restmandat verbleibt, ist dem Sinn und Zweck der Vorschrift Genüge getan. Die Funktionsfähigkeit des Betriebsrates wird hierdurch nicht in Frage gestellt.

37

Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben. Gegen diese Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1 S. 3, 85 Abs. 2 ArbGG).


Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung nach Bildung eines gemeinsamen Betriebs durch die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3).

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk TITAN am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort A-Stadt gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand ursprünglich in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönliche Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist personengleich mit dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19. Mai 2016 darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung und des dort in Bezug genommenen Organigramms wird auf Bl. 295 ff. d. A. Bezug genommen. Eine am 14. Juli 2016 von der Gesellschafterversammlung formell beschlossene Änderung des Geschäftszwecks der Beteiligten zu 3) auf nunmehr ua. auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art wurde am 03. August 2016 im Handelsregister eingetragen.

5

Ab 01. Juli 2016 wurden Arbeitnehmer, deren befristete Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 2) ausliefen, über Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 3) weiterbeschäftigt. Hierzu wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Zuletzt beschäftigt die Beteiligte zu 3) im Werk A-Stadt regelmäßig ca. 30 Mitarbeiter.

6

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Trier eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt.

7

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrates und der Beteiligten zu 2) und 3) wird auf die Darstellungen in den Gründen zu I des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen.

8

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

9

der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

10

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

11

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 06. September 2016 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstelle, denn jedenfalls bestehe der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf Untersagung des Betreibens eines Gemeinschaftsbetriebs nicht. Für den Fall, dass der Unternehmer die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 BetrVG missachte, sehe das Gesetz Rechtsfolgen nur in § 113 Abs. 3 und § 121 BetrVG vor. Nach der gesetzlichen Konzeption sollten den Arbeitgeber bei der Durchführung einer Betriebsänderung lediglich finanzielle Sanktionen für den Fall treffen, dass Arbeitnehmer hierdurch wirtschaftliche Nachteile erleiden, ohne dass ein echtes Mitgestaltungsrecht des Betriebsrats und folgerichtig auch kein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen das Unterrichtungs- und Beratungsrecht gegeben sei. Auch ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG scheide bereits mangels groben Verstoßes der Arbeitgeberin gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus, da die Frage des Vorliegens einer Betriebsänderung nicht eindeutig zu beantworten sei. Unabhängig davon scheide der Erlass der Einstweiligen Verfügung auch deshalb aus, weil die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs bereits erfolgt sei und ein Anspruch auf Rückgängigmachung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehe. Auf den Bestand eines Verfügungsgrundes komme es nicht mehr an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 167 ff. d. A. Bezug genommen.

13

Der Betriebsrat hat gegen den ihm über seinen Prozessbevollmächtigten am 13. September 2016 zugestellten Beschluss mit am 21. September 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

14

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner Beschwerde nach Maßgabe seiner Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 21. September 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 191 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

15

es liege sehr wohl das Regelbeispiel des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG „Zusammenschluss mit anderen Betrieben“ und damit eindeutig eine Betriebsänderung vor. Der Betrieb der Beteiligten zu 2) in A-Stadt und R bleibe in seiner bisherigen Identität unverändert und fungiere als aufnehmender Betrieb, in den der Betrieb der Beteiligten zu 3) dergestalt eingegliedert werde, dass er seine bisherige Identität verliere, wobei es für den Schutzzweck des § 111 BetrVG keinerlei Unterschied mache, ob der einzugliedernde Betrieb vorher operativ tätig gewesen sei oder ob die operative Tätigkeit im Rahmen der Gründung des Gemeinschaftsbetriebes aufgenommen werde. Der Betriebsrat sei trotz nach Abschluss der Planungs- und Vorbereitungsphase bereits im April 2016 bestehenden Anspruchs nicht unterrichtet oder zur Beratung herangezogen worden. Der Betriebsrat habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, weil anderenfalls die Rechte des Betriebsrats, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Beratungsanspruch, leer liefen. Angesichts der Anordnung eindeutig sanktionierender Rechtsfolgen im Bereich personeller Einzelmaßnahmen (§ 17 KSchG) bei Mängeln der Beteiligung des Betriebsrates trotz weniger weitreichenden Mitwirkungsrechts (§ 101 BetrVG) scheine es abwegig, dass im Rahmen des § 111 BetrVG keine Sanktion zur Sicherstellung der Wahrung der Rechte des Betriebsrates greifen solle und zwar erst recht im Hinblick auf die Art. 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Angesichts Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie scheine es nicht fernliegend, von einer Regelungslücke auszugehen, zumindest mit dem Ziel eines befristeten oder auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates. Von einem materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch gehe seit längerer Zeit eine Vielzahl von Landesarbeitsgerichten aus; dieser sei auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Auch sei ein - zumindest zeitlich begrenzter - Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückgängigmachung der Maßnahmen keineswegs ausgeschlossen. Entsprechend vorsorglich sei der Hilfsantrag gestellt, der darauf abziele, bis zum Ende der Verhandlungsverpflichtung zumindest Neueinstellungen zu verhindern. Ein Verfügungsgrund liege vor und ihm könne kein zu langes Zuwarten vorgeworfen werden, da die Maßnahme tatsächlich erst Anfang Juli und gesellschaftsrechtlich Anfang August 2016 erfolgt sei und erst damit hinreichende Sicherheit der tatsächlichen Umsetzung vorgelegen habe.Er sei nie über die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs informiert worden. Angesichts des außergerichtlichen Schreibens vom 24. Juni 2016 an seinen Prozessbevollmächtigten sei man von einer unternehmerischen Zusammenarbeit in Form von Werkverträgen oder Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen.

16

Der Betriebsrat beantragt,

17

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu unterlassen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde,

18

hilfsweise,

19

es der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin zu untersagen, am Standort A-Stadt weitere über die in der Anlage AS B1 hinaus erfassten Mitarbeiter und Leiharbeiter der Beteiligten zu 3) zum Einsatz in der Produktion einzusetzen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

22

Die Beteiligten zu 2) und 3) verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung vom 05. Oktober 2016 (Bl. 234 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

23

Ein Verfügungsanspruch bestehe nicht. Es fehle am vorliegend hauptsächlich verfolgten Folgenbeseitigungsanspruch, der zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führe, unabhängig davon, dass nicht klar sei, wie die nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegende Rückgängigmachung der Bildung des Gemeinschaftsbetriebes individualrechtlich umzusetzen sein solle. Mangels grober Pflichtverletzung sei auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegeben. Hilfsweise fehle es an einer Betriebsänderung, da nur der Zusammenschluss zweier bestehender Betriebe den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG erfülle, nicht jedoch die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch die Beteiligte zu 2) mit der zuvor über kein operatives Geschäft verfügenden Beteiligten zu 3). Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG sei nicht erfüllt, da es an einer - vom Betriebsrat darzulegenden - grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation mit wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft fehle. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Gemeinschaftsbetrieb auch unter Beteiligung einer sog. (konzerninternen) Personalführungsgesellschaft entstehen könne, sofern das personalstellende Unternehmen an der Erreichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks des anderen Unternehmens mitwirke, stelle eine derartige Konstellation keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar, wenn die Personalführungsgesellschaft wie vorliegend zuvor über keinen operativen Betrieb verfügt habe. Schließlich erweise sich die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis auch mangels Verfügungsgrund als zutreffend. Dem Betriebsrat sei die Thematik der Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs nicht erst kurzfristig bekannt geworden: Auf den Vorhalt der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sei dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats bereits mit Antwortschreiben vom 24. Juni 2016 mitgeteilt worden, dass die beiden Unternehmen gemeinschaftlich zusammenarbeiteten. Dies zeige auch ein zwischenzeitlich für erledigt erklärtes Beschlussverfahren ua. auf Entfernung sämtlicher Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) aus dem Betrieb, das am 30. Juni 2016 vom Betriebsrat beim Arbeitsgericht Trier eingeleitet worden sei. Das Zuwarten über mehr als zwei Monate führe nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung dazu, dass ein Verfügungsgrund nicht bestehe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

25

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

26

Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG.

II.

27

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen. Anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des im Beschwerdeverfahren zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

28

1. Dem Betriebsrat fehlt es hinsichtlich des Hauptantrages vorliegend bereits am Verfügungsanspruch nach § 85 Abs. 2 ArbGG, 936, 940 ZPO iVm. § 916 ff., 920 ZPO. Er kann nicht im Wege der Einstweiligen Verfügung von den Beteiligten zu 2) und 3) verlangen, es zu unterlassen, den gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) am Standort A-Stadt zu betreiben bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde. Ob ein Verfügungsgrund im Sinne besonderer Dringlichkeit gegeben ist, hat das Arbeitsgericht zu Recht dahinstehen lassen.

29

1.1. Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.

30

1.1.1. Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsausgleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint(vgl. LAG Rheinland-Pfalz 27. August 2014 - 4 TaBVGa 4/14 - Rn. 41; LAG Baden-Württemberg 21. Oktober 2009 - 20 TaBVGa 1/09 - Rn. 4 ff., LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 29 ff.; LAG Rheinland-Pfalz 24. November 2004 - 9 TaBV 29/04 - Rn. 37 ff. jeweils zitiert nach juris). Nach einer anderen Auffassung steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenausgleichs gesichert werden könne(LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 29, 20. April 2012 - 10 TaBVGa 3/12 - Rn. 46; LAG Schleswig-Holstein - 15. Dezember 2010 - 3 TaBVGa 12/10 - Rn. 22; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 12. Dezember 2013 - 17 TaBVGa 2058/13 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris).

31

1.1.2. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des Betriebsrates jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch vorliegend nicht gegeben. Es kann hierbei offen bleiben, ob das gemeinsame Betreiben der Produktion in A-Stadt ab 01. Juli 2016 durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstellt.

32

a) Ein solcher Unterlassungsanspruch kann sich nicht gegen die Betriebsänderung selbst richten, da die Durchführung einer Betriebsänderung zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz der Arbeitgeberin gehört, die aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 12 und 14 GG, aus denen sich die unternehmerische Betätigungsfreiheit ableitet, der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist(vgl. LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 30, zitiert nach juris). Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten als Informations- und Beratungsrechte ausgestaltet sind (vgl. §§ 111, 112 BetrVG), während im Bereich der sozialen und personellen Mitbestimmung ein echtes, gleichwertiges Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. § 87 BetrVG, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Trotz des etwa im Falle der Betriebsänderung bestehenden Informations- und Beratungsanspruch darf der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen; für den Ausspruch von Kündigungen ergibt sich dies zweifellos aus der gesetzlichen Wertentscheidung des § 113 Abs. 3 BetrVG, nach dem ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigungen ausdrücklich wirksam bleiben und die betroffenen Arbeitnehmer lediglich nach § 113 Abs. 1 BetrVG einen Nachteilsausgleich erhalten, der sich darauf gründet, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Bejaht man einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen, kann dieser nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht aber losgelöst hiervon, der Untersagung der Betriebsänderung selbst (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein Unterlassungsanspruch scheidet aus (LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 31 aaO; LAG Rheinland-Pfalz 26. Januar 2011 - 7 TaBVGa 4/10 - Rn. 33, zitiert nach juris). Erst recht kommt aus den dargelegten Gründen ein Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung aufgrund der klaren gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte einschließlich der vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, zitiert nach juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde herangezogenen Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie, auf die auch die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Bezug genommenen Sanktionen bezogen sind, nicht; darüber hinausgehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 15; weitergehend den Unterlassungsanspruch insgesamt verneinend: LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 33, zitiert nach juris). Die Frage, wie ein „Folgenbeseitigungsanspruch“ im Falle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Aufnahme eines Betriebes in einen bestehenden Betrieb im Hinblick auf betroffene Arbeitsverhältnisse rechtlich realisierbar sein könnte, kann dahinstehen.

33

b) Ausgehend hiervon kann der Betriebsrat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit dem Hauptantrag begehrte Unterlassung des Betreibens des nach seiner Ansicht im Wege einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG eingerichteten Gemeinschaftsbetriebs verlangen. Der von ihm verfolgte Unterlassungsanspruch scheidet vorliegend - vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt - jedenfalls deshalb aus, weil die Maßnahme der Bildung eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) unstreitig bereits seit Juli 2016 durchgeführt ist und ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Gemeinschaftsbetriebs nicht im Wege der Unterlassung verfolgt werden kann.

34

1.2. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG ergibt. Nach dieser Vorschrift kann dem Arbeitgeber aufgegeben werden, eine Handlung zu unterlassen, wenn er grob gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat; erforderlich ist eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung. Vorliegend könnten zumindest Bedenken bestehen, ob es sich bei der gemeinsamen Aufnahme der Produktion in A-Stadt durch die Beteiligten zu 2) und 3) um eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG handelt, nachdem die Beteiligte zu 3) jedenfalls vor Produktionsaufnahme - soweit ersichtlich - nicht über Betriebsmittel und Arbeitnehmer verfügte und sich die Frage stellt, ob vorliegend vom Zusammenschluss zweier Betriebe im Sinne der streitigen Vorschrift auszugehen ist. Jedenfalls kommt bei dieser Sachlage ein durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzender Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG - ungeachtet der Erwägungen zur bereits durchgeführten Betriebsänderung - nicht in Betracht.

35

2. Auch hinsichtlich des vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren erstmals zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages, dessen Zulässigkeit die Beschwerdekammer unterstellt, fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch. Soweit der Betriebsrat die Beteiligten zu 2) und 3) verpflichtet sehen will, den Einsatz weiterer, derzeit noch nicht in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter einstweilen zu unterlassen, scheitert auch ein derartiger Unterlassungsanspruch aus den bereits dargelegten Gründen daran, dass nach Durchführung der Betriebsänderung kein zu sichernder Unterrichtungs- und Beratungsanspruch des Betriebsrates mehr besteht. Dass die Beteiligten zu 2) und 3) die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei Einstellungen neuer Mitarbeiter (zuletzt noch) verletzen, ist weder vorgetragen, noch aus sonstigen Gründen ersichtlich.

C

36

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG).

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Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 10.09.2014 - 5 BVGa 5/14 - wird zurückgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Gründe

I.

1

Der Betriebsrat als Antragsteller begehrt zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs über einen Interessenausgleich den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Damit soll der Antragsgegnerin untersagt werden, die Schließung eines Betriebsteils bzw. den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen ohne Verhandlungsabschluss vorzunehmen.

2

Die Antragsgegnerin ist Teil eines international tätigen Unternehmenskonzerns. Sie produziert am Standort A-Stadt mit etwa 160 Arbeitnehmern Unterwassermotoren. Am 26.06.2014 traf die amerikanische Muttergesellschaft die Entscheidung, den Standort A-Stadt zu schließen und die dort bislang vorgenommene Produktion nach Tschechien zu verlagern. Nachdem die Antragsgegnerin selbst darüber informiert worden war, hat sie mit Schreiben vom 30.06.2014 dem Betriebsrat folgendes mitgeteilt:

3

„Sehr geehrte Damen und Herren,
wir überlegen auf Veranlassung unserer amerikanischen Muttergesellschaft, die Produktion von A-Stadt zu unserer tschechischen Schwestergesellschaft, der F. zu verlagern. Die Einzelheiten unserer Überlegungen können Sie dem anliegenden Entwurf eines Interessensausgleichs entnehmen.

4

Da in dieser Maßnahme eine Betriebsänderung gem. § 111 Satz 3 Ziffer 1 BetrVG liegen würde, bitten wir Sie hiermit, die geplanten Maßnahmen mit uns zu beraten und einen Interessenausgleich mit uns abzuschließen. Gleichzeitig wollen wir mit Ihnen über einen Sozialplan verhandeln. Als Verhandlungstage schlagen wir folgende Termine vor:

5

04.07.2014, 10 Uhr
08.07.2014, 10 Uhr
11.07.2014, 10 Uhr

6

Wir bitten um kurzfristige Rückäußerung, welcher der Termine für Sie in Betracht kommt.“

7

Als Anhang dieses Anschreibens übermittelte die Antragsgegnerin einen von ihr ausgefertigten Entwurf eines Interessenausgleichs. Nachdem der Betriebsrat den vorgeschlagenen ersten Termin am 04.07.2014 nicht wahrgenommen hatte, bat die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 07.07.2014 um Bestätigung eines Termins, wobei nunmehr der 10. bzw. der 11.07.2017 vorgeschlagen wurde. Der Betriebsrat wandte sich am 08.07.2014 seinerseits schriftlich an die Antragsgegnerin. Er teilte dieser mit, aufgrund der existenziellen Bedeutung der Betriebsänderung für die Beschäftigten bedürfe es einer sorgfältigen internen Beratung. Man betrachte die Heranziehung von Sachverständigen als notwendig und plane mit diesen eine zeitnahe Betriebsratssitzung sowie die Erarbeitung eines an die Antragsgegnerin gerichteten Fragenkatalogs. Am 22.07.2014 übergab der Betriebsrat der Arbeitgeberin einen Fragenkatalog. Mit Schreiben vom gleichen Tage forderte die Antragsgegnerin den Betriebsrat erneut zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich auf und bot dazu vier Termine im Zeitraum zwischen 24.07. und dem 30.07.2014 an. Sie teilte in diesem Schreiben des Weiteren mit, dass der Ausspruch von Kündigungen für den Monat August geplant sei. Ebenso teilte sie die von ihr in Erwägung gezogenen Kriterien und Punkte für eine Sozialauswahl mit. Den Fragenkatalog beantwortete die Arbeitgeberin am 31.07.2014, nach Auffassung des Betriebsrats jedoch unzureichend. Ein Gespräch fand am 07.08.2014 statt. Der Betriebsrat teilte weiteren Informationsbedarf mit und beantragte - auch im Hinblick auf die Betriebsferien - eine Weiterverhandlung nicht vor dem 03.09.2014.

8

Am 21.08.2014 gab die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragssteller bekannt, dass sie die Verhandlungen über einen Interessenausgleich als gescheitert ansehe. Der Betriebsrat wurde nach § 102 BetrVG zu 94 - bzw. nach Angaben der Antragsgegnerin 86 - beabsichtigten betriebsbedingten Kündigungen angehört.

9

Die Antragsgegnerin erklärte am 28.08.2014 86 Kündigungen. In sechs weiteren Fällen wurde am 29.08.2014 Zustimmungsantrag zur Kündigung vor dem Integrationsamt gestellt, wobei der Betriebsrat durch die Behörde zur Stellungnahme aufgefordert wurde. Die Massenentlassungsanzeige an die Bundesagentur für Arbeit ging dort am 27.08.2014 ein.

10

Mit Vertrag vom 08.09.2014 veräußerte die Antragsgegnerin die in ihrer Produktion eingesetzten Maschinen an die F., Tschechien. Die Vertragsparteien befristeten das Nutzungsrecht der Antragsgegnerin.

11

Der Betriebsrat hat vorgetragen,
die Antragsgegnerin habe das Beratungsverfahren frühzeitig und unberechtigt abgebrochen, ohne mit dem Betriebsrat einen ernsthaften Einigungsversuch über einen Interessenausgleich anzustreben. Dieser einseitige Abbruch der Verhandlungen sei nicht gerechtfertigt. Nur durch den Ausspruch einer Unterlassungsverfügung sei eine Sicherung seiner Beratungsrechte möglich. Es drohten weitere Kündigungen, sodass auch eine Dringlichkeit des Antrags anzunehmen sei.

12

Der Antragsteller hat nach Ausspruch der Kündigungen durch die Antragsgegnerin im Laufe des vorliegenden Verfahrens seine Anträge angepasst und zuletzt beantragt,

13

1. Der Beteiligten zu 2. zu untersagen, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin, die Schließung des Produktionsbetriebes insbesondere durch Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. vorzunehmen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen ist oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde;

14

2. der Beteiligten zu 2. zu untersagen, weitere betriebsbedingte Kündigungen/Änderungskündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung, d.h. der Schließung des Produktionsbetriebes bei der Antragsgegnerin in A-Stadt, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,-€ bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin auszusprechen, bis zwischen den Beteiligten ein Interessenausgleich hinsichtlich der geplanten Betriebsänderung zustande gekommen ist oder die Verhandlungen über diesen Interessenausgleich beendet sind.

15

Die Antragsgegnerin beantragt,

16

die Anträge zurückzuweisen.

17

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen,
nach ihrem Dafürhalten habe der Betriebsrat mit seiner konsequenten Ablehnung von Terminen die Konsultationen verzögert, sodass man das Verhandeln eines Interessenausgleichs als gescheitert ansehen müsse.

18

Zudem habe ein Betriebsrat grundsätzlich keinen im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber eine geplante Betriebsänderung und die dazu erforderlichen Maßnahmen unterlasse, bis die Betriebsänderung beraten und das Beratungsverfahren zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs abgeschlossen worden sei. Aufgrund des bereits erfolgten Kündigungsausspruchs habe sich das Unterlassungsbegehren zudem nunmehr offensichtlich erledigt. Auf die örtliche Verlagerung der Maschinen habe sie - die Antragsgegnerin - nunmehr rechtlich keinen Einfluss mehr, da eine Übereignung der Maschinen bereits erfolgt sei und ihr nur noch ein befristetes Nutzungsrecht zustehe.

19

Das Arbeitsgericht Trier hat die Anträge daraufhin durch Beschluss vom 10.09.2014 - 5 BVGs 5/14 - zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Gründe der Entscheidung wird auf Bl. 167-177 d. A. Bezug genommen.

20

In dem ihm am 12.09.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller durch am 22.09.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel zugleich begründet.

21

Der Beschwerdeführer wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, es gehe ihm im einstweiligen Verfügungsverfahren darum, dass mit ihm weiter über einen Interessenausgleich verhandelt werde und die Verhandlungen - entgegen der Vorstellung der Arbeitgeberin - keineswegs gescheitert oder derzeit in irgendeiner anderen Form verwirkt seien. Die Arbeitgeberin versuche, Fakten zu schaffen, um einer Diskussion um den Erhalt der Arbeitsplätze zu entgehen. Sie versuche, sich bewusst ihren Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz zu entziehen und befürchte als Konsequenz lediglich einen Nachteilsausgleich, der von der Höhe her mit dem unterbreiteten Sozialplanangebot identisch sei. Vorliegend sei auch ein Verfügungsgrund gegeben, weil sechs weitere Kündigungen unmittelbar zu erwarten seien, nämlich die der schwerbehinderten Menschen, hinsichtlich derer eine Zustimmung des Integrationsamtes nicht vorliege. Auch bestehe die Gefahr, dass die bereits erklärten Kündigungen aufgrund § 17 KSchG unwirksam seien, da die Arbeitgeberin nicht mit dem Betriebsrat darüber beraten habe, wie die Kündigungen vermieden werden könnten. Hinsichtlich der Betriebsanlagen, die bereits verkauft worden seien, sei zu berücksichtigen, dass die Kaufvertragsparteien zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Trier bezüglich der Maschinen einen Vertrag unterschrieben hätten, der offensichtlich nur dazu gedient habe, die Rechte des Betriebsrats faktisch auszuschließen. Dies könne nicht hingenommen werden.

22

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 22.09.2014 (Bl. 208-217 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 218-220 d. A.) Bezug genommen.

23

Der Beschwerdeführer beantragt,

24

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 10.09.2014, Az.: 5 BVGa 5/14, aufzuheben und

25

1. es der Beteiligten zu 2. zu untersagen, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin, die Schließung des Produktionsbetriebes insbesondere durch Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. vorzunehmen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen ist oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde;

26

2. es der Beteiligten zu 2. zu untersagen, weitere betriebsbedingte Kündigungen/Änderungskündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung, d.h. der Schließung des Produktionsbetriebes bei der Antragsgegnerin in A-Stadt, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,-€ bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin auszusprechen, bis zwischen den Beteiligten ein Interessenausgleich hinsichtlich der geplanten Betriebsänderung zustande gekommen ist oder die Verhandlungen über diesen Interessenausgleich beendet sind.

27

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

28

die Beschwerde zurückzuweisen.

29

Die Beschwerdegegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Berufung des Beschwerdeführers auf die Betriebsferien bzw. die Urlaubsabwesenheit eines beauftragten Rechtsanwalts belege, dass es dem Beschwerdeführer allein darum gehe, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen. Bereits mit Schreiben vom 28.07.2014 sei hinsichtlich der Sachverständigen Frau Dr. G. eine modifizierte Kostenzusage erteilt worden, die danach tatsächlich an dem Gespräch am 07.08.2014 ebenso wie Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. S. (ohne Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG) teilgenommen habe. Es sei daher völlig unverständlich, warum der Beschwerdeführer Gespräche mit der Beschwerdegegnerin ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen ablehne. Die Betriebsferien in der Zeit vom 4. bis zum 15.08.2014 seien ebenfalls kein nachvollziehbarer Hinderungsgrund, weil auch außerhalb der Betriebsferien, und zwar vorher und nachher für den Beschwerdeführer genügend Zeit gewesen sei, mit der Beschwerdegegnerin Gespräche vor September 2014 zu führen.

30

Insgesamt sei vorliegend weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund gegeben.

31

Hinsichtlich des streitigen Vorbringens der Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdeerwiderungsschrift vom 26.09.2014 (Bl. 252-259 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 260-265 d. A.) Bezug genommen.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlussverfahrens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

33

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 02.10.2014.

II.

34

Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; die Beschwerde erweist sich im Übrigen als statthaft und insgesamt als zulässig.

35

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

36

Das Arbeitsgericht ist letztlich zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Verfügung weder die - einstweilige - Untersagung der Schließung des Produktionsbetriebes durch Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. noch die Untersagung des Ausspruchs weiterer betriebsbedingter Kündigungen/Änderungskündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung verlangen kann.

37

Der Betriebsrat kann folglich vorliegend weder das Unterlassen des Ausspruchs weiterer Kündigungen noch des Verlagerns der Maschinen im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzen. Insoweit fehlt es zwar nicht an einem entsprechenden Verfügungsanspruch, wohl aber an einem Verfügungsgrund.

38

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die gestellten Anträge zulässig sind, insbesondere weil sie hinreichend bestimmt sind. Es ist erkennbar, bzgl. welcher einzelner Maßnahmen - erneute betriebsbedingte Kündigungen aufgrund der geplanten Betriebsänderung - der Betriebsrat eine Unterlassung bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen begehrt. Des Weiteren ist ersichtlich, dass die Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. umfasst ist. Auch insoweit ist der Antrag entsprechend bestimmt, d. h. es ist erkennbar, bzgl. welcher Maßnahmen im Einzelnen der Betriebsrat ein Unterlassen begehrt.

39

Vorliegend spricht alles dafür, im Streitfall einen Unterlassungsanspruch - beschränkt - d. h. befristet oder auflösend bedingt auf den Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen - anzunehmen.

40

Bei der Entscheidung der Antragsgegnerin, den Standort A-Stadt zu schließen, handele es sich um eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten nach Maßgabe ihres schriftsätzlichen Vorbringens in beiden Rechtszügen kein Streit. Die Antragsgegnerin hat dies vielmehr selbst bereits mit ihrem ersten Schreiben vom 30.06.2014 dem Betriebsrat mitgeteilt.

41

Mit dem Arbeitsgericht ist des Weiteren davon auszugehen, dass die Betriebspartner das Beratungsverfahren nach § 111 Satz 1 BetrVG nicht ordnungsgemäß durchgeführt bzw. vollendet haben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 7, 8 = Bl. 172, 173 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

42

Zwar ist grundsätzlich streitig, ob infolge eines nicht abgeschlossenen Beratungsverfahrens ein Unterlassungsanspruchs des Betriebsrats bzgl. der Umsetzung der Betriebsänderung bis zum Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen nach §§ 111, 112 BetrVG besteht.

43

Dies wird insbesondere mit der Begründung verneint, im Hinblick auf die in § 113 Abs. 2 BetrVG enthaltene spezifische Sanktionsmöglichkeit zu Gunsten der betroffenen Arbeitnehmer sei eine weitergehende kollektivrechtliche Rechtsfolge vom Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen worden. Deshalb stehe dem Betriebsrat im Anwendungsbereich der §§ 111 ff. BetrVG gerade kein echtes Mitbestimmungsrecht im Sinne einer erzwingbaren Mitgestaltung zu, wie etwa im Rahmen des § 87 BetrVG. Daher sei auch kein Unterlassungsanspruch anzuerkennen. Auf die Ausgestaltung eines solchen Rechts habe der Gesetzgeber bei der Reformierung des Betriebsverfassungsgesetzes in Kenntnis des Streitstandes 2001 bewusst verzichtet (LAG Rheinland-Pfalz 24.11.2004 - 9 TaBV 29/04; 30.03.2006 - 11 Ta 53/05; LAG Baden Württemberg 21.10.2009 - 20 TaBVGa 1/09; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Auflage 2015, Kapitel 13 Rn. 2305 ff. = 3000 f.).

44

Dem ist entgegenzuhalten, dass mit dieser Auffassung die Rechte des Betriebsrats leerlaufen würden. Deshalb muss es zulässig sein, zeitlich befristet (bzw. auflösend bedingt) durch die Beratungen über einen Interessenausgleich einen derartigen einstweiligen Unterlassungsanspruch zu bejahen (LAG Schleswig-Holstein 15.12.2010 LAGE § 111 BetrVG 2001 Nr. 11; LAG Hessen 19.01.2010 LAGE § 111 BetrVG 2001 Nr. 10; LAG Hamm 30.07.2007 - 10 TaBVGa 17/07, EzA - SD 20/2007, S. 11).

45

Für diese Auffassung spricht, dass das nationale Recht insoweit nach § 111 BetrVG für den Fall der Betriebsänderung nicht nur einen umfassenden Unterrichtungsanspruch, sondern darüber hinausgehend einen Beratungsanspruch des Betriebsrats vorsieht. Ziel ist nach Maßgabe des § 112 Abs. 3 BetrVG eine Einigung der Betriebspartner über einen Interessenausgleich, ggfls. unter Einschaltung einer Einigungsstelle. Dieses Mitwirkungsrecht, das zwar nicht zu einer erzwingbaren Einigungsstellenentscheidung gegen den Willen des Arbeitgebers führen kann, würde aber dann, wie vorliegend, letztlich leerlaufen, wenn der Arbeitgeber durch den Ausspruch von Kündigungen und die Veräußerung der Maschinenanlagen vor Abschluss entsprechender Beratungen vollendete Tatsachen schafft, mit der Maßgabe, dass damit das Verhandlungssubstrat letztlich entfällt. Insoweit erscheint der Hinweis auf § 113 Abs. 3 BetrVG unbehelflich, denn durch diese Norm wird lediglich den betroffenen einzelnen Arbeitnehmern ein Zahlungsanspruch eingeräumt; eine Sanktion betreffend die Missachtung des Mitwirkungsrechts des Betriebsrates ist damit aber nicht gegeben und sonst im Betriebsverfassungsgesetz auch nicht vorgesehen. Das ist im Rahmen systematischer Gesetzesauslegung auch deshalb unbefriedigend und inkonsequent, als § 102 Abs. 1 BetrVG für den Fall des Ausspruchs einer an sich wirksamen Kündigung, d. h. bei Vorliegen eines dem Gesetz genügenden Kündigungsgrundes für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Rechtsfolge für die fehlerhafte Beteiligung des Betriebsrats die Unwirksamkeit der individualrechtlichen Maßnahme Kündigung ausdrücklich vorsieht. Nicht anders verhält es sich bei formellen Mängeln im Rahmen der § 17 ff. KSchG im Zusammenhang mit der Beteiligung des Betriebsrats, die gleichfalls zur Rechtsunwirksamkeit der individualrechtlichen Maßnahme der Kündigung des Arbeitnehmers führen können. Für Einzelmaßnahmen wird also bei Mängeln in der Beteiligung des Betriebsrats und einem weniger weitgehenden Mitwirkungsrecht eine eindeutige sanktionierende Rechtsfolge angeordnet; im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG, die den Betriebsrat in seiner Funktion als demokratisch legitimierter Arbeitnehmervertretung wesentlich intensiver betreffen, soll demgegenüber keinerlei Sanktion, auch nicht nur vorübergehend und auch nicht nur befristet bzw. auflösend bedingt zur Wahrung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rechte eintreten. Das überzeugt nicht. Dies gilt erst recht im Hinblick auf Artikel 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11.03.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Denn insoweit wird einerseits lediglich die Unterrichtung und Anhörung geregelt, andererseits aber sieht Artikel 8 ausdrücklich die Sanktionierung der Missachtung dieser Regelungen vor. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie sehen die Mitgliedsstaaten für den Fall der Nichteinhaltung dieser Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter geeignete Maßnahmen vor. Sie sorgen insbesondere dafür, dass es geeignete Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gibt, mit deren Hilfe die Erfüllung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann. Gemäß Art. 8 Abs. 2 RL 2003/14/EG sehen die Mitgliedsstaaten angemessene Sanktionen vor, die im Falle eines Verstoßes gegen diese Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter Anwendung finden; Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht fernliegend, im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG im hier maßgeblichen Zusammenhang eine Regelungslücke zu sehen, die zumindest mit dem Ziel eines befristeten bzw. auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs zu verstehen ist.

46

Selbst wenn man aber vorliegend vom Vorhandensein eines Verfügungsanspruchs ausgehend würde, fehlt es, insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis, letztlich an dem gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund. Gemäß § 935 ZPO sind einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand nur zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Insoweit muss der Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig sein. Für die Verfügung muss eine Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit bestehen. Daran fehlt es, wenn dem Verfügungskläger auch mit einer späteren Verwirklichung seines Rechts im ordentlichen Prozessweg gedient ist. Die Dringlichkeit entfällt, insbesondere nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung, auch dann, wenn der Verfügungskläger in Kenntnis der sie rechtfertigenden Umstände untätig bleibt und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erst nach längerer Zeit stellt. Gleiches gilt, wenn der Antragsteller das Verfügungsverfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt. Ebenso ist die Verlängerung von prozessualen Fristen und deren Ausschöpfung ein Indiz für die mangelnde Dringlichkeit des Begehrens (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 20.03.2014, 5 SaGa 13/13, Jurion RS 2014, 14198; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Auflage 2015, Kapitel 16, Rn. 51 = S. 3331).

47

Im hier maßgeblichen Zusammenhang liegt ein Verfügungsgrund zudem regelmäßig dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber verhandlungsbereit ist (LAG Rheinland-Pfalz, 05.02.2010 - 6 TaBVGa 5/09). Davon war hier jedenfalls zunächst auszugehen, weil die Antragsgegnerin durch das Anbieten zahlreicher Termine ihre Verhandlungsbereitschaft über einen längeren Zeitraum eindeutig angezeigt hat. Allerdings hat sie diese ab dem 21.08.2014, also vor Eingang des Antrags, der hier streitgegenständlich ist, nicht mehr aufrechterhalten. Dieser Umstand allein steht dem Verfügungsgrund folglich mit dem Arbeitsgericht noch nicht entgegen.

48

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts fehlt es am Verfügungsgrund auch nicht deswegen, weil die Antragsgegnerin durch den Ausspruch der 86 Kündigungen die zu unterlassende Maßnahme bereits vollzogen hat. Dies schon deshalb nicht, weil es ausweislich der Antragsstellung des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren nicht um die bereits erklärten Kündigungen geht, sondern um weitere, nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen unmittelbar bevorstehende Kündigungen, nämlich die der schwerbehinderten Arbeitnehmer nach Zustimmung durch das Integrationsamt. Soweit das Arbeitsgericht insoweit darauf hinweist, dass die erklärten Kündigungen nicht mehr verhindert werden können, also dass ein Unterlassungsanspruch leerlaufen würde, überzeugt dies nicht. Zwar sind die bereits erklärten ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigungen nicht Gegenstand der Anträge des Beschwerdeführers; insoweit wäre allerdings gemäß § 139 ZPO ggfls. ein Hinweis angezeigt gewesen. Denn soweit es sich bereits um erklärte Kündigungen handelt, kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass ein Unterlassungsanspruch per se leerlaufen würde. Denn es erscheint keineswegs ausgeschlossen, einen Unterlassungsanspruch, der grundsätzlich nur deshalb leerläuft, weil der Arbeitgeber unter Verletzung seiner Pflichten gemäß § 111 ff. BetrVG und damit entgegen §§ 2 Abs. 1 BetrVG, 162 I, II BGB, 242 BGB einseitig vollendete Tatsachen schafft, anzunehmen, der von einem befristeten bzw. auflösend bedingtem "Folgenbeseitigungsanspruch" flankiert wird, der den Arbeitgeber zum einstweiligen Abstand nehmen von diesen Kündigungen zwingt. Zwar kann eine vorgegangene Kündigung aufgrund ihrer Rechtsnatur als einseitige, empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärung nicht einseitig "zurückgenommen" werden. Sehr wohl kann der Arbeitgeber aber von ihr Abstand nehmen und dem Arbeitnehmer die einstweilige Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbieten, um sie sodann ggfls. erneut zu erklären, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt endet. Insofern erscheint es auch nicht ausgeschlossen, auf Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 2002/14/EG ergänzend zurückzugreifen. Nichts anderes gilt für die unmittelbar vor dem Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht erfolgte Veräußerung von Maschinen und Anlagen durch die Antragsgegnerin. Warum es insoweit generell ausgeschlossen sein soll, die von der Missachtung der gesetzlichen Mitwirkungsrechte des Beschwerdeführers geschaffenen Tatsachen unter Berücksichtigung von §§ 2 I BetrVG, 162 I, II, 242 BGB zumindest vorübergehend rückgängig zu machen, erschließt sich nicht. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass bereits nach nationalem Recht nach Maßgabe der Schuldrechtsreform seit dem 01.01.2002/01.01.2003 auch die Verurteilung einer Prozesspartei zu unmöglichen Leistungen nicht mehr ausgeschlossen ist.

49

Am Verfügungsgrund fehlt es vorliegend aber deshalb, weil der Beschwerdeführer vorliegend durch sein zögerliches Verhalten die Eilbedürftigkeit letztlich selbst herbeigeführt hat.

50

Gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG ergeben sich im hier maßgeblichen Zusammenhang Rechtspflichten für die Beteiligten:

51

Ebenso wie der Arbeitgeber einerseits verpflichtet ist, rechtzeitig und umfassend den Betriebsrat zu unterrichten, ist dieser verpflichtet, auf das Regelungsansinnen des Arbeitgebers zeitnah einzugehen. Insoweit lässt das Betriebsverfassungsgesetz ohne weiteres außerordentliche Betriebsratssitzungen aus konkretem Anlass zu, ist die Hinzuziehung von Sachverständigen unter Umständen möglich und haben sich die Betriebspartner insbesondere auf umfassende Gespräche einzulassen. Von daher ist in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass dem Betriebsrat insbesondere bei einer derart einschneidenden Maßnahme wie vorliegend, hinreichend Zeit zur internen Beratung, Meinungsbildung, Hinzuziehung eines Sachverständigen gegeben werden muss. Deshalb kann es auch nicht im hier maßgeblichen Zusammenhang als vorwerfbar angesehen werden, wenn der Betriebsrat sich zunächst unmittelbar nach direkter Konfrontation mit der beabsichtigten Teilbetriebsstilllegung nicht in der Lage gesehen hat, sofort in substantielle Verhandlungen über einen Interessenausgleich bzw. Sozialplan einzutreten. Allerdings ist aus dem Verhalten des Beschwerdeführers eine irgendwie geartete inhaltliche sachliche oder zeitliche Struktur nicht zu erkennen; sein Gesamtverhalten wirkt eher daraufhin gerichtet, eine gewisse Zeitverzögerung zu erreichen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Gesprächs- und Verhandlungsverweigerung für den Monat August 2014; der Hinweis auf die Betriebsferien befremdet. Zum einen ist nicht erkennbar, dass der Betriebsrat als Gremium im Rahmen der Betriebsferien insgesamt handlungs- und beschlussunfähig war; zum anderen hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen, dass sowohl vor, als auch nach den Betriebsferien im August 2014 hinreichend Zeit für Verhandlungen war. Dies wurde vom Beschwerdeführer rundweg abgelehnt, der sich - aus welchen Gründen auch immer - erst im September 2014 zu Verhandlungen in der Lage sah. In Anwendung der zuvor dargestellten Grundsätze betreffend die Anforderungen an einen Verfügungsgrund ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer selbst schuldhaft zögerlich gehandelt hat, sodass eine einstweilige Verfügung nicht in Betracht kommt.

52

Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

53

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.