Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 27. Apr. 2017 - 6 TaBV 26/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0427.6TaBV26.16.00
27.04.2017

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Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. Oktober 2016 - Az.: 3 BV 53/16 - teilweise abgeändert, soweit die Einigungsstelle auch zur Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt wurde. Der Antrag des Betriebsrats wird insoweit zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans im Zusammenhang mit einer als solche umstrittenen Betriebsänderung.

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk T am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind ca. 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der an den Standorten A-Stadt und R gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand zunächst in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönlich haftende Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist zugleich der Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer vom 19. Mai 2016 datierenden schriftlichen Vereinbarung darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R, und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl. 77 f. d. A. Bezug genommen.

5

Die Beteiligte zu 3) begründete die ersten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern am 31. Mai 2016. Ab 01. Juli 2016 nahmen erstmals auch Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Werk P ihre Tätigkeit auf. Hierbei handelte es sich um neun Arbeitnehmer, die zuvor bis 22. bzw. 30. Juni 2016 befristet bei der Beteiligten zu 2) eingestellt waren und nunmehr zu ungünstigeren arbeitsvertraglichen Bedingungen bei der Beteiligten zu 3) im Arbeitsverhältnis stehen, sowie um eine Reihe weiterer Arbeitnehmer. Zur Einstellung wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Anfang August 2016 waren 37 Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) in A-Stadt eingesetzt, wobei die Beteiligte zu 2) einen Personalbestand von 302 Mitarbeitern vorhielt.

6

Am 14. Juli 2016 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 3) eine Änderung des Gesellschaftszwecks, der ausweislich der am 03. August 2016 erfolgten Handelsregistereintragung nunmehr auch "die Beteiligung an der E., sowie die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art" umfasst.

7

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 beim Arbeitsgericht Trier (2 BVGa 7/16) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt hat. Der Antrag blieb erst- und auch zweitinstanzlich infolge Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Oktober 2016 - 6 TaBVGa 2/16 - erfolglos.

8

Der Betriebsrat hat am 21. September 2016 beim Arbeitsgericht Trier vorliegendes Verfahren auf Einsetzung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans wegen einer nach seiner Auffassung vorliegenden Betriebsänderung durch die Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs anhängig gemacht.

9

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die einzusetzende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Er habe feststellen müssen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten, ohne dass er hierüber zuvor informiert oder ihm Verhandlungen mit dem Ziel eines Interessenausgleichs angeboten worden seien. Die Mitarbeiter, die nun ohne Tarifbindung bei der Beteiligten zu 3) beschäftigt seien, wären ansonsten - wie in der Vergangenheit - zu besseren Konditionen bei der Beteiligten zu 2) angestellt worden. Es liege daher eine mit wesentlichen Nachteilen verbundene Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG Satz 3 Nr. 3 wegen eines "Zusammenschlusses mit anderen Betrieben" vor, jedenfalls eine solche im Sinne der Generalklausel des § 111 Satz 1 BetrVG. Es mache keinen Unterschied für den aufnehmenden Betrieb der Beteiligten zu 2), der seine Identität durch den Gemeinschaftsbetrieb verliere, ob der einzugliedernde Betrieb der Beteiligten zu 3) zuvor schon operativ tätig gewesen sei oder erst durch die Gründung des Gemeinschaftsbetriebes.

10

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

11

1. der Präsident des Landesarbeitsgerichts M W wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans im Hinblick auf eine Betriebsänderung durch die Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes der Beteiligten zu 2) und 3) im Rahmen des Produktionsbetriebes am Standort A-Stadt/ bestellt.

12

2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.

13

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben zuletzt beantragt,

14

die Anträge werden zurückgewiesen.

15

Sie haben erstinstanzlich - zuletzt - im Wesentlichen geltend gemacht, die Einsetzung einer Einigungsstelle scheitere daran, dass eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung offensichtlich nicht gegeben sei, da die Beteiligte zu 3) als reaktivierte Konzerngesellschaft zuvor über keinen operativen Betrieb und Betriebsmittel verfügt habe, weshalb kein Zusammenschluss zweier bestehender Betrieb iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben sei. Mangels grundlegender Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks sei auch § 111 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG nicht gegeben und ein "unbenannter Fall" nach § 111 BetrVG komme nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei die Betriebsänderung durch die Invollzugsetzung des Gemeinschaftsbetriebes zum 01. Juli 2016 unter einheitlicher Geschäftsleitung vollständig abgeschlossen und es fehle dem Betriebsrat am Rechtsschutzinteresse an einem Interessenausgleichsversuch im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens. Schließlich lägen - auch wenn die wenigen Mitarbeiter, deren befristete Arbeitsverhältnisse zur Beteiligten zu 2) ausgelaufen und die nun bei der Beteiligten zu 3) eingestellt worden seien, gewisse Gehaltseinbußen durch die neuen Arbeitsbedingungen hätten - wirtschaftliche Nachteile offenkundig nicht, schon gar nicht infolge der Betriebsänderung vor, so dass auch hinsichtlich der Aufstellung eines Sozialplans von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszugehen sei.

16

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats - nachdem sich die Beteiligten im Anhörungstermin auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden einigen konnten - mit Beschluss vom 06. Oktober 2016 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, den Anträgen fehle es nicht wegen der bereits durchgeführten Betriebsänderung am Rechtsschutzinteresse, nachdem das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 57/14 - in solchen Fällen einen Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht gezogen habe. Die Anträge seien auch begründet, da nicht sofort erkennbar sei, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht komme, weil sich die beizulegende Streitigkeit erkennbar nicht unter einen bestimmten Tatbestand fassen lasse. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung Mitbestimmungsrechte zustünden. Es liege eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor, da die Art des von der Beteiligten zu 3) vor dem Zusammenschluss mit der Beteiligten zu 2) verfolgten Zwecks - reine Verwaltungstätigkeit - keine Rolle spiele. Die erforderlichen Nachteile für zumindest wesentliche Teile der Belegschaft seien daher zu vermuten und erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen. Gleiches gelte für die "wirtschaftlichen Nachteile iSd. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Auch im Rahmen der Begründetheit sei nochmals auf den Folgenbeseitigungsanspruch hinzuweisen, aufgrund dessen es keine Rolle spiele, ob die Betriebsänderung bereits abgeschlossen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 5 ff. der Entscheidung (= Bl. 151 ff. d. A.) Bezug genommen.

17

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 17. Oktober 2016 mit unzutreffender und am 07. November 2016 mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung zugestellten Beschluss mit am 27. Oktober 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese begründet.

18

Sie machen zur Begründung ihrer Beschwerde nach Maßgabe der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 27. Oktober 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 174 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags geltend,

19

die bereits abgeschlossene Betriebsänderung begründe eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Hinblick auf einen Interessenausgleichsversuch, ohne dass die Frage eines - ihrer Auffassung nach nicht bestehenden - Folgenbeseitigungsanspruchs hiermit im Zusammenhang stehe. Zudem liege offensichtlich keine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor, da eine reine Vorrats- oder Mantelgesellschaft zwar mit der Verwaltung eigenen Vermögens einen Geschäftszweck habe, dies aber kein arbeitstechnischer Zweck sei. Die Beteiligte zu 3) habe als reaktivierte Mantelgesellschaft vor der Gründung des Gemeinschaftsbetriebs über keinen Betrieb verfügt, da sie abgesehen von einem organschaftlich bestellten Geschäftsführer weder eigene Mitarbeiter, noch sächliche oder immaterielle Betriebsmittel gehabt habe. Sofern eine Personalführungsgesellschaft, die sich mit einem bereits operativ tätigen Unternehmen zu einem Gemeinschaftsbetrieb zusammenschließe, erst hierdurch eine betriebliche Struktur erhalte, liege per definitionem kein Zusammenschluss iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG vor. Auch sei nicht mit einer "logischen Sekunde" zu argumentieren, da maßgeblich für die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs dessen Gründung zum 01. April 2016 sei. Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG scheide mangels grundlegender Änderungen der Betriebsorganisation genauso aus, wie ein Rückgriff auf § 111 Satz 1 BetrVG nicht in Betracht komme. Ein Anspruch auf Verhandlungen über einen Sozialplan komme aufgrund offensichtlich fehlender wirtschaftlicher Nachteile ebenso wenig in Frage.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. Oktober 2016 abzuändern und den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle zurückzuweisen.

22

Der Betriebsrat beantragt,

23

die Beschwerde wird zurückgewiesen.

24

Der Betriebsrat verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung vom 02. Dezember 2016 (Bl. 235 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

25

Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle sei im Rahmen des erzwingbaren Einigungsstellenverfahrens nur dann gegeben, wenn sofort erkennbar sei, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht komme. Daran fehle es hier, da keineswegs ausgeschlossen sei, dass ihm Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung zustünden. Eine Einengung des Betriebsbegriffes auf operativ tätige Betriebe sei dem BetrVG nicht zu entnehmen. Die Beteiligte zu 3) habe einen selbstständigen Betrieb iSd. § 1 BetrVG dargestellt und sich mit der Beteiligten zu 2) iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zusammengeschlossen. Angesichts des möglichen Folgenbeseitigungsanspruchs könne von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht ausgegangen werden.

26

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

27

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise erfolgreich.

28

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) ist zulässig. Sie ist nach § 100 Abs. 2 S. 1 ArbGG statthaft und gemäß §§ 100 Abs. 2 S. 2 und 3, 87 Abs. 2 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch im Übrigen begegnet die Zulässigkeit der Beschwerde keinen Bedenken.

29

II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm eingesetzte Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist, soweit ihr vom Betriebsrat beantragter Regelungsgegenstand die Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans im Hinblick auf eine Betriebsänderung anlässlich der Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) im Rahmen des Produktionsbetriebes am Standort A-Stadt/R betrifft. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) erwies sich insoweit unbegründet und zurückzuweisen. Im Übrigen hatte die Beschwerde jedoch Erfolg, da die Einigungsstelle für den weiter vom Betriebsrat verlangten Regelungsgegenstand der Verhandlung eines Interessenausgleichs offensichtlich unzuständig ist. Der erstinstanzliche Beschluss war auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise abzuändern.

30

1. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle kann ein Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Im Verfahren nach § 100 ArbGG ist die gerichtliche Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle demnach weitgehend eingeschränkt. Das Gericht hat im Bestellungsverfahren nicht die Aufgabe, die Zuständigkeit der Einigungsstelle abschließend zu prüfen und positiv oder negativ festzustellen (ErfK-Koch 17. Aufl. § 100 ArbGG Rn. 3; Lerch/Weinbrenner NZA 2015, 1228). Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinn des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nur dann auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies erklärt sich aus den Besonderheiten des Bestellungsverfahrens, das darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfall beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann (vgl. BAG 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - Rn. 26; LAG Rheinland-Pfalz 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 46, LAG Berlin-Brandenburg 28. Juli 2011 - 26 TaBV 1298/11 - Rz. 40, jeweils zitiert nach juris). Die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist einem Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten. Die von der Einigungsstelle vertretene Rechtsauffassung unterliegt dann der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung (LAG Rheinland-Pfalz 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 46, zitiert nach juris).

31

Gibt es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung, der zu Folge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht, so ist davon auszugehen, dass die dazu begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (LAG Niedersachen 19. Dezember 2012 - 1 TaBV 112/12 - Rn. 37 mwN, zitiert nach juris). Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle auch dann, was die zugrunde zu legenden Tatsachen anbelangt, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinn von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird(LAG Hamburg 26. März 2014 - 5 TaBV 3/14 - Rn. 42 mwN, zitiert nach juris). Streitige Tatsachen sind im Verfahren nach § 100 ArbGG nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen. Raum für eine Beweisaufnahme besteht nicht (LAG Hessen 15. Juli 2008 - 4 TaBV 128/08 - Rn. 23, zitiert nach juris).

32

2. Unter Anlegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs blieb die Beschwerde in der Sache ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Einrichtung einer Einigungsstelle wegen der Aufstellung eines Sozialplans im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebs der Beteiligten zu 2) und 3) wendet. Ein diesbezügliches Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Betriebsrats aus § 111 S. 3 Nr. 3, 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG infolge Vorliegens einer Betriebsänderung durch Zusammenschluss mehrerer Betriebe ist nicht unter allen denkbaren Gesichtspunkten ausgeschlossen.

33

2.1. Gemäß § 111 Satz 1 BetrVG hat der Unternehmer in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern - wie vorliegend - den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande und erfolgt kein Vermittlungsersuchen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle ua. über die Aufstellung eines Sozialplans (§ 112 Abs. 4 Satz 1 BetrVG), wobei der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG).

34

Als Betriebsänderung iSd. § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gilt nach § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG ua. der Zusammenschluss mit anderen Betrieben. Der Zusammenschluss eines Betriebes mit einem anderen kann auf zweierlei Weise erfolgen. Zum einen kann aus den bisherigen Betrieben unter Verlust ihrer Identität ein neuer Betrieb gebildet werden; zum anderen kann ein Betrieb unter Aufrechterhaltung seiner eigenen Identität einen anderen Betrieb aufnehmen werden (Fitting BetrVG 28. Aufl. § 111 Rn. 84; GK-Oetker 10. Aufl. Rn. 128 f. mwN). Gehören die Betriebe verschiedenen Unternehmen an, erfordert der Zusammenschluss eine einheitliche unternehmerische Leitung und es entsteht ein Gemeinschaftsbetrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG(Fitting BetrVG 28. Aufl. § 111 Rn. 84).

35

2.2. Nach diesen Grundsätzen ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass in der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BetrVG durch Zusammenschluss mehrerer Betriebe liegt und damit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat gegeben ist.

36

a) Ein Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. zur st. Rspr.: BAG 23. November 2016 - 7 ABR 3/15 -, Rn. 31 f., 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 27; 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 22; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 18 mwN; jeweils zitiert nach juris). Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Beschwerdekammer anschließt, ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt dagegen nicht, sondern die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des BetrVG müssen institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (vgl. BAG 23. November 2016 - 7 ABR 3/15 -, Rn. 31 f., aaO).

37

b) Danach führen die Beteiligten zu 2) und 3) seit 01. Juli 2016 einen Gemeinschaftsbetrieb. Unstreitig haben sie unter dem 19. Mai 2016 eine entsprechende Führungsvereinbarung getroffen, in der die gemeinsame Leitung des nach § 1 der Vereinbarung in der Betriebsstätte der Beteiligten zu 2) von beiden Beteiligten betriebenen gemeinsamen Betriebs der dortigen bisherigen Werksleitung der Beteiligten zu 2) übertragen wurde (vgl. § 2 der Vereinbarung). Damit haben die beiden Beteiligten eine einheitliche Leitungsvereinbarung begründet. Ungeachtet der Tatsache, dass die Führungsvereinbarung bereits im Mai 2016 und - rückwirkend - zum 01. April 2016 abgeschlossen worden ist, ist der Gemeinschaftsbetrieb erst zum 01. Juli 2016 errichtet worden, denn erst ab diesem Zeitpunkt ist die gemeinsame Produktion der Beteiligten zu 2) und 3) im Werk P aufgenommen worden. Da zuvor dort lediglich Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) beschäftigt wurden, konnte weder die einheitliche Leitungsvereinbarung zum Tragen kommen, noch wurden materielle oder immaterielle Betriebsmittel der Beteiligten zu 2) und 3) zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt. Ein Gemeinschaftsbetrieb hat vor dem 01. Juli 2016 nicht bestanden.

38

c) Es nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) durch Zusammenschluss ihrer Betriebe - hier: Aufnahme des Betriebs der Beteiligten zu 3) durch den Betrieb der Beteiligten zu 2) - zustande gekommen ist und damit eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben ist. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) und 3) scheitert eine Betriebsänderung im genannten Sinne unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrags nach Auffassung der Beschwerdekammer jedenfalls nicht daran, dass die Beteiligte zu 3) vor Gründung des Gemeinschaftsbetriebs am 01. Juli 2016 offensichtlich keinen eigenen Betrieb gehabt hätte. Auch wenn man mit den Beschwerdeführern davon ausgeht, dass eine reine Vorrats- oder Mantelgesellschaft ohne eigene Mitarbeiter und sächliche oder immaterielle Betriebsmittel, deren Zweck allein in der Verwaltung eigenen Vermögens durch den Organgeschäftsführer besteht, über keinen eigenen Betrieb verfügt, spricht einiges dafür, dass eine derartige Konstellation zum Zeitpunkt der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebs am 01. Juli 2016 bei der Beteiligten zu 3) nicht vorgelegen hat. Die nach ihrem eigenen Vortrag über Vermögen verfügende Beteiligte zu 3) hat bereits im Mai 2016 - und damit vor der formalen Änderung des Betriebszwecks durch den erst nach Produktionsaufnahme erfolgten Gesellschafterbeschluss vom 14. Juli 2016 - eine Führungsvereinbarung mit der Beteiligten zu 2) im Hinblick auf den zu begründenden gemeinsamen Produktionsbetrieb und damit ein Geschäft abgeschlossen, welches sich außerhalb ihres bis dahin bestehenden Zwecks der ausschließlichen Vermögensverwaltung bewegte. Ebenfalls im Hinblick auf diesen - nunmehr arbeitstechnischen - Zweck der beabsichtigten Produktion begründete die Beteiligte zu 3) am 31. Mai 2016 die ersten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern, auch wenn diese erst ab 01. Juli 2016 im Werk PORTAL ihre tatsächliche Tätigkeit aufnahmen. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls die Annahme nicht ausgeschlossen, dass die Beteiligte zu 3) entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht betriebslos in den Gemeinschaftsbetrieb "hineingewachsen" ist, sondern bereits vorher über einen Betrieb verfügte, der mit dem Betrieb der Beteiligten zu 2) zusammengeschlossen worden ist und damit eine Betriebsänderung nach § 111 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorgelegen hat.

39

2.3. Nachdem damit ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats unter dem Gesichtspunkt einer Zusammenlegung von Betrieben im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Betracht kommt, bedarf es keiner Prüfung ob die in Frage stehende Betriebsänderung wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu Folge haben kann. Liegt einer der Tatbestände des § 111 Satz 3 BetrVG vor, werden diese fingiert(vgl. BAG 09. Januar 2011 - 1 AZR 708/09 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ob ausgleichs- oder milderungswürdige Nachteile entstehen, ist bei der Aufstellung des Sozialplans - vorliegend von der Einigungsstelle - zu prüfen und zu entscheiden (vgl. BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - Rn. 34, mwN, zitiert nach juris).

40

2.4. Gegen die vom Arbeitsgericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 ArbGG festgesetzte Zahl der von jeder Seite zu benennenden Besitzer hat die Arbeitgeberin weder Einwände erhoben, noch hat sie im Beschwerdeverfahren Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine andere Festsetzung gebieten würden.

41

3. Die Beschwerde ist begründet, soweit das Arbeitsgericht die Einigungsstelle auch für die Verhandlung eines Interessenausgleichs eingesetzt hat, da die Einigungsstelle diesbezüglich nach dem vorliegend eingeschränkten Prüfungsmaßstab auch dann offensichtlich unzuständig ist, wenn man davon ausgeht, dass in der Errichtung des Gemeinschaftsbetriebes eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG lag. Die erstinstanzliche Entscheidung war insoweit abzuändern, da teilbare Regelungsgegenstände vorliegen (vgl. hierzu: ErfK-Koch 17. Aufl. § 100 ArbGG Rn. 3; GMP-Schlewing 8. Aufl. § 98 ArbGG Rn. 15, 27).

42

3.1. Die gerichtlich Einsetzung einer Einigungsstelle zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs gemäß §§ 111, 112 BetrVG ist wegen offensichtlicher Unzuständigkeit zu versagen, wenn die Betriebsänderung bereits abgeschlossen ist(LAG Brandenburg 08. Juli 1997 - 7 TaBV 9/97 - Rn. 21, zitiert nach juris). Für bereits durchgeführte Betriebsänderungen kommen die Durchführung von Interessenausgleichsverhandlungen und damit auch die Errichtung einer hierauf bezogenen Einigungsstelle nicht mehr in Betracht (vgl. BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - Rn. 23, 14. September 1976 - 1 ABR 784/75 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris; vgl. Fitting BetrVG 28. Aufl. §§ 112, 112 a Rn. 11).

43

3.2. Sieht man in der Errichtung ihres Gemeinschaftsbetriebs eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG haben die Beteiligten zu 2) und 3) diese zum 01. Juli 2016 bereits durchgeführt. Auch wenn es sich bei der Führung eines Gemeinschaftsbetriebs um einen dauerhaften Tatbestand handeln mag, hat der - insoweit punktuell ausgestaltete - Zusammenschluss der beiden Betriebe iSd. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Damit scheidet die Zuständigkeit der Einigungsstelle für die Verhandlung eines Interessenausgleichs offensichtlich aus. Der vom Betriebsrat angeführte "Folgenbeseitigungsanspruch" ändert hieran nichts. Ein Anspruch auf "Folgenbeseitigung" hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung kommt aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte in personellen und sozialen Angelegenheiten einerseits und wirtschaftlichen Angelegenheiten andererseits einschließlich der jeweils vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (vgl. hierzu im Einzelnen: LAG Rheinland-Pfalz 13. Oktober 2016 - 6 TaBVGa 2/16 - Rn. 32; im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, jeweils zitiert nach juris). Selbst wenn man im Übrigen einen derartigen Folgenbeseitigungsanspruch bejahen wollte, ist nicht ersichtlich, inwieweit nach vollständiger Rückabwicklung der Betriebsänderung noch auszugleichende Interessen verhandelbar wären.

C

44

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 27. Apr. 2017 - 6 TaBV 26/16 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 23. Nov. 2016 - 7 ABR 3/15

bei uns veröffentlicht am 23.11.2016

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. November 2014 - 10 TaBV 933/14 - aufgehoben.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Nov. 2016 - 7 TaBV 22/16

bei uns veröffentlicht am 09.11.2016

Tenor Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11. August 2016, Az. 5 BV 22/16, wird zurückgewiesen. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach § 100 ArbGG über die

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 13. Okt. 2016 - 6 TaBVGa 2/16

bei uns veröffentlicht am 13.10.2016

Tenor Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen. Gründe A 1 Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 02. Okt. 2014 - 3 TaBVGa 5/14

bei uns veröffentlicht am 02.10.2014

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 10.09.2014 - 5 BVGa 5/14 - wird zurückgewiesen. 2. Gegen diese Entscheidung ist ke

Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss, 26. März 2014 - 5 TaBV 3/14

bei uns veröffentlicht am 26.03.2014

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2014 – 7 BV 38/13 – abgeändert: Die Anträge werden zurückgewiesen. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten über die Einri

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 13. Feb. 2013 - 7 ABR 36/11

bei uns veröffentlicht am 13.02.2013

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Dezember 2010 - 14 TaBV 24/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Nov. 2010 - 1 AZR 708/09

bei uns veröffentlicht am 09.11.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. September 2009 - 6 Sa 808/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zu
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 27. Apr. 2017 - 6 TaBV 26/16.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 22. März 2018 - 4 TaBV 20/17

bei uns veröffentlicht am 22.03.2018

Tenor I. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 07.03.2017 - 2 BV 52/16 - wird zurückgewiesen. II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten über

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Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung nach Bildung eines gemeinsamen Betriebs durch die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3).

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk TITAN am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort A-Stadt gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand ursprünglich in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönliche Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist personengleich mit dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19. Mai 2016 darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung und des dort in Bezug genommenen Organigramms wird auf Bl. 295 ff. d. A. Bezug genommen. Eine am 14. Juli 2016 von der Gesellschafterversammlung formell beschlossene Änderung des Geschäftszwecks der Beteiligten zu 3) auf nunmehr ua. auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art wurde am 03. August 2016 im Handelsregister eingetragen.

5

Ab 01. Juli 2016 wurden Arbeitnehmer, deren befristete Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 2) ausliefen, über Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 3) weiterbeschäftigt. Hierzu wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Zuletzt beschäftigt die Beteiligte zu 3) im Werk A-Stadt regelmäßig ca. 30 Mitarbeiter.

6

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Trier eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt.

7

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrates und der Beteiligten zu 2) und 3) wird auf die Darstellungen in den Gründen zu I des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen.

8

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

9

der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

10

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

11

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 06. September 2016 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstelle, denn jedenfalls bestehe der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf Untersagung des Betreibens eines Gemeinschaftsbetriebs nicht. Für den Fall, dass der Unternehmer die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 BetrVG missachte, sehe das Gesetz Rechtsfolgen nur in § 113 Abs. 3 und § 121 BetrVG vor. Nach der gesetzlichen Konzeption sollten den Arbeitgeber bei der Durchführung einer Betriebsänderung lediglich finanzielle Sanktionen für den Fall treffen, dass Arbeitnehmer hierdurch wirtschaftliche Nachteile erleiden, ohne dass ein echtes Mitgestaltungsrecht des Betriebsrats und folgerichtig auch kein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen das Unterrichtungs- und Beratungsrecht gegeben sei. Auch ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG scheide bereits mangels groben Verstoßes der Arbeitgeberin gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus, da die Frage des Vorliegens einer Betriebsänderung nicht eindeutig zu beantworten sei. Unabhängig davon scheide der Erlass der Einstweiligen Verfügung auch deshalb aus, weil die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs bereits erfolgt sei und ein Anspruch auf Rückgängigmachung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehe. Auf den Bestand eines Verfügungsgrundes komme es nicht mehr an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 167 ff. d. A. Bezug genommen.

13

Der Betriebsrat hat gegen den ihm über seinen Prozessbevollmächtigten am 13. September 2016 zugestellten Beschluss mit am 21. September 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

14

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner Beschwerde nach Maßgabe seiner Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 21. September 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 191 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

15

es liege sehr wohl das Regelbeispiel des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG „Zusammenschluss mit anderen Betrieben“ und damit eindeutig eine Betriebsänderung vor. Der Betrieb der Beteiligten zu 2) in A-Stadt und R bleibe in seiner bisherigen Identität unverändert und fungiere als aufnehmender Betrieb, in den der Betrieb der Beteiligten zu 3) dergestalt eingegliedert werde, dass er seine bisherige Identität verliere, wobei es für den Schutzzweck des § 111 BetrVG keinerlei Unterschied mache, ob der einzugliedernde Betrieb vorher operativ tätig gewesen sei oder ob die operative Tätigkeit im Rahmen der Gründung des Gemeinschaftsbetriebes aufgenommen werde. Der Betriebsrat sei trotz nach Abschluss der Planungs- und Vorbereitungsphase bereits im April 2016 bestehenden Anspruchs nicht unterrichtet oder zur Beratung herangezogen worden. Der Betriebsrat habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, weil anderenfalls die Rechte des Betriebsrats, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Beratungsanspruch, leer liefen. Angesichts der Anordnung eindeutig sanktionierender Rechtsfolgen im Bereich personeller Einzelmaßnahmen (§ 17 KSchG) bei Mängeln der Beteiligung des Betriebsrates trotz weniger weitreichenden Mitwirkungsrechts (§ 101 BetrVG) scheine es abwegig, dass im Rahmen des § 111 BetrVG keine Sanktion zur Sicherstellung der Wahrung der Rechte des Betriebsrates greifen solle und zwar erst recht im Hinblick auf die Art. 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Angesichts Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie scheine es nicht fernliegend, von einer Regelungslücke auszugehen, zumindest mit dem Ziel eines befristeten oder auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates. Von einem materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch gehe seit längerer Zeit eine Vielzahl von Landesarbeitsgerichten aus; dieser sei auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Auch sei ein - zumindest zeitlich begrenzter - Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückgängigmachung der Maßnahmen keineswegs ausgeschlossen. Entsprechend vorsorglich sei der Hilfsantrag gestellt, der darauf abziele, bis zum Ende der Verhandlungsverpflichtung zumindest Neueinstellungen zu verhindern. Ein Verfügungsgrund liege vor und ihm könne kein zu langes Zuwarten vorgeworfen werden, da die Maßnahme tatsächlich erst Anfang Juli und gesellschaftsrechtlich Anfang August 2016 erfolgt sei und erst damit hinreichende Sicherheit der tatsächlichen Umsetzung vorgelegen habe.Er sei nie über die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs informiert worden. Angesichts des außergerichtlichen Schreibens vom 24. Juni 2016 an seinen Prozessbevollmächtigten sei man von einer unternehmerischen Zusammenarbeit in Form von Werkverträgen oder Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen.

16

Der Betriebsrat beantragt,

17

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu unterlassen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde,

18

hilfsweise,

19

es der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin zu untersagen, am Standort A-Stadt weitere über die in der Anlage AS B1 hinaus erfassten Mitarbeiter und Leiharbeiter der Beteiligten zu 3) zum Einsatz in der Produktion einzusetzen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

22

Die Beteiligten zu 2) und 3) verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung vom 05. Oktober 2016 (Bl. 234 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

23

Ein Verfügungsanspruch bestehe nicht. Es fehle am vorliegend hauptsächlich verfolgten Folgenbeseitigungsanspruch, der zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führe, unabhängig davon, dass nicht klar sei, wie die nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegende Rückgängigmachung der Bildung des Gemeinschaftsbetriebes individualrechtlich umzusetzen sein solle. Mangels grober Pflichtverletzung sei auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegeben. Hilfsweise fehle es an einer Betriebsänderung, da nur der Zusammenschluss zweier bestehender Betriebe den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG erfülle, nicht jedoch die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch die Beteiligte zu 2) mit der zuvor über kein operatives Geschäft verfügenden Beteiligten zu 3). Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG sei nicht erfüllt, da es an einer - vom Betriebsrat darzulegenden - grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation mit wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft fehle. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Gemeinschaftsbetrieb auch unter Beteiligung einer sog. (konzerninternen) Personalführungsgesellschaft entstehen könne, sofern das personalstellende Unternehmen an der Erreichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks des anderen Unternehmens mitwirke, stelle eine derartige Konstellation keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar, wenn die Personalführungsgesellschaft wie vorliegend zuvor über keinen operativen Betrieb verfügt habe. Schließlich erweise sich die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis auch mangels Verfügungsgrund als zutreffend. Dem Betriebsrat sei die Thematik der Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs nicht erst kurzfristig bekannt geworden: Auf den Vorhalt der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sei dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats bereits mit Antwortschreiben vom 24. Juni 2016 mitgeteilt worden, dass die beiden Unternehmen gemeinschaftlich zusammenarbeiteten. Dies zeige auch ein zwischenzeitlich für erledigt erklärtes Beschlussverfahren ua. auf Entfernung sämtlicher Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) aus dem Betrieb, das am 30. Juni 2016 vom Betriebsrat beim Arbeitsgericht Trier eingeleitet worden sei. Das Zuwarten über mehr als zwei Monate führe nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung dazu, dass ein Verfügungsgrund nicht bestehe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

25

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

26

Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG.

II.

27

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen. Anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des im Beschwerdeverfahren zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

28

1. Dem Betriebsrat fehlt es hinsichtlich des Hauptantrages vorliegend bereits am Verfügungsanspruch nach § 85 Abs. 2 ArbGG, 936, 940 ZPO iVm. § 916 ff., 920 ZPO. Er kann nicht im Wege der Einstweiligen Verfügung von den Beteiligten zu 2) und 3) verlangen, es zu unterlassen, den gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) am Standort A-Stadt zu betreiben bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde. Ob ein Verfügungsgrund im Sinne besonderer Dringlichkeit gegeben ist, hat das Arbeitsgericht zu Recht dahinstehen lassen.

29

1.1. Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.

30

1.1.1. Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsausgleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint(vgl. LAG Rheinland-Pfalz 27. August 2014 - 4 TaBVGa 4/14 - Rn. 41; LAG Baden-Württemberg 21. Oktober 2009 - 20 TaBVGa 1/09 - Rn. 4 ff., LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 29 ff.; LAG Rheinland-Pfalz 24. November 2004 - 9 TaBV 29/04 - Rn. 37 ff. jeweils zitiert nach juris). Nach einer anderen Auffassung steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenausgleichs gesichert werden könne(LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 29, 20. April 2012 - 10 TaBVGa 3/12 - Rn. 46; LAG Schleswig-Holstein - 15. Dezember 2010 - 3 TaBVGa 12/10 - Rn. 22; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 12. Dezember 2013 - 17 TaBVGa 2058/13 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris).

31

1.1.2. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des Betriebsrates jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch vorliegend nicht gegeben. Es kann hierbei offen bleiben, ob das gemeinsame Betreiben der Produktion in A-Stadt ab 01. Juli 2016 durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstellt.

32

a) Ein solcher Unterlassungsanspruch kann sich nicht gegen die Betriebsänderung selbst richten, da die Durchführung einer Betriebsänderung zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz der Arbeitgeberin gehört, die aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 12 und 14 GG, aus denen sich die unternehmerische Betätigungsfreiheit ableitet, der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist(vgl. LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 30, zitiert nach juris). Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten als Informations- und Beratungsrechte ausgestaltet sind (vgl. §§ 111, 112 BetrVG), während im Bereich der sozialen und personellen Mitbestimmung ein echtes, gleichwertiges Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. § 87 BetrVG, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Trotz des etwa im Falle der Betriebsänderung bestehenden Informations- und Beratungsanspruch darf der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen; für den Ausspruch von Kündigungen ergibt sich dies zweifellos aus der gesetzlichen Wertentscheidung des § 113 Abs. 3 BetrVG, nach dem ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigungen ausdrücklich wirksam bleiben und die betroffenen Arbeitnehmer lediglich nach § 113 Abs. 1 BetrVG einen Nachteilsausgleich erhalten, der sich darauf gründet, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Bejaht man einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen, kann dieser nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht aber losgelöst hiervon, der Untersagung der Betriebsänderung selbst (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein Unterlassungsanspruch scheidet aus (LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 31 aaO; LAG Rheinland-Pfalz 26. Januar 2011 - 7 TaBVGa 4/10 - Rn. 33, zitiert nach juris). Erst recht kommt aus den dargelegten Gründen ein Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung aufgrund der klaren gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte einschließlich der vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, zitiert nach juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde herangezogenen Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie, auf die auch die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Bezug genommenen Sanktionen bezogen sind, nicht; darüber hinausgehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 15; weitergehend den Unterlassungsanspruch insgesamt verneinend: LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 33, zitiert nach juris). Die Frage, wie ein „Folgenbeseitigungsanspruch“ im Falle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Aufnahme eines Betriebes in einen bestehenden Betrieb im Hinblick auf betroffene Arbeitsverhältnisse rechtlich realisierbar sein könnte, kann dahinstehen.

33

b) Ausgehend hiervon kann der Betriebsrat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit dem Hauptantrag begehrte Unterlassung des Betreibens des nach seiner Ansicht im Wege einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG eingerichteten Gemeinschaftsbetriebs verlangen. Der von ihm verfolgte Unterlassungsanspruch scheidet vorliegend - vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt - jedenfalls deshalb aus, weil die Maßnahme der Bildung eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) unstreitig bereits seit Juli 2016 durchgeführt ist und ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Gemeinschaftsbetriebs nicht im Wege der Unterlassung verfolgt werden kann.

34

1.2. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG ergibt. Nach dieser Vorschrift kann dem Arbeitgeber aufgegeben werden, eine Handlung zu unterlassen, wenn er grob gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat; erforderlich ist eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung. Vorliegend könnten zumindest Bedenken bestehen, ob es sich bei der gemeinsamen Aufnahme der Produktion in A-Stadt durch die Beteiligten zu 2) und 3) um eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG handelt, nachdem die Beteiligte zu 3) jedenfalls vor Produktionsaufnahme - soweit ersichtlich - nicht über Betriebsmittel und Arbeitnehmer verfügte und sich die Frage stellt, ob vorliegend vom Zusammenschluss zweier Betriebe im Sinne der streitigen Vorschrift auszugehen ist. Jedenfalls kommt bei dieser Sachlage ein durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzender Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG - ungeachtet der Erwägungen zur bereits durchgeführten Betriebsänderung - nicht in Betracht.

35

2. Auch hinsichtlich des vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren erstmals zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages, dessen Zulässigkeit die Beschwerdekammer unterstellt, fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch. Soweit der Betriebsrat die Beteiligten zu 2) und 3) verpflichtet sehen will, den Einsatz weiterer, derzeit noch nicht in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter einstweilen zu unterlassen, scheitert auch ein derartiger Unterlassungsanspruch aus den bereits dargelegten Gründen daran, dass nach Durchführung der Betriebsänderung kein zu sichernder Unterrichtungs- und Beratungsanspruch des Betriebsrates mehr besteht. Dass die Beteiligten zu 2) und 3) die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei Einstellungen neuer Mitarbeiter (zuletzt noch) verletzen, ist weder vorgetragen, noch aus sonstigen Gründen ersichtlich.

C

36

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG).

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn

1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11. August 2016, Az. 5 BV 22/16, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach § 100 ArbGG über die Einsetzung einer Einigungsstelle.

2

Die Beteiligte zu 2) ist im Bereich der Fensterproduktion aus unterschiedlichen Materialien tätig und beschäftigt am Standort A-Stadt circa 390 Beschäftigte. Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb gebildete Betriebsrat.

3

Nachdem die Abteilung "Isolierglas" zunächst vorübergehend geschlossen war, teilte die Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) unter dem 17. Mai 2016 mit, dass sich die testweise Schließung dieser Abteilung als sinnvoll erwiesen habe und die Abteilung nicht wiedereröffnet werde. Die in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer wurden in andere Bereiche "versetzt", der Mitarbeiter M. (Leiter der Abteilung Isolierglasfertigung) verließ das Unternehmen zwischenzeitlich auf eigenen Wunsch.

4

Die Beteiligte zu 2) lehnte Verhandlungen gemäß § 111 BetrVG ab, der Beteiligte zu 1) stellte mit Beschluss vom 8. Juli 2016 das Scheitern der Verhandlungen fest.

5

Mit am 2. August 2016 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift begehrte der Beteiligte zu 1) die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Schließung Isolierglasabteilung/Interessenausgleich und Sozialplan".

6

Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen,
die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Das ergebe sich schon aus einer quantitativen Betrachtung. Neben den in der Abteilung bis zu deren Schließung beschäftigten 23 Arbeitnehmern J. P., Be. D., U. Sch., Ed. Fr., Pa. Pl., Rm. Sr., To. Bn., Ta. Gs., Ha. Or., Mo. Hr., Al. Gz., Ba. Sz., St. Pt., Ga. Ab., Al. Sm., Gr. Re., We. Kn., Ue. Gn., Vi. Ko., Br. Bo., Mu. Ro., Er. Bc. und De. Wn. seien weiter die Arbeitnehmer F. M. (Abteilungsleiter), Hl. Hf. (langzeiterkrankt) und Hn. Y. (Elternzeit) zu berücksichtigen. Auch betreffe die Betriebsänderung nicht nur die Abteilung "Isolierglas", sondern auch weite Teile der Produktion sowie produktionsnahe Bereiche (Einkauf, Lager, Materialwirtschaft), die ganz oder zum Teil neu organisiert würden. Allein die Einarbeitung der "versetzten" Kollegen ziehe eine Mehrbelastung und Leistungsverdichtung nach sich.

7

Der Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,

8

1. den Richter am ArbG O. a. D. Q. Z. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Schließung Isolierglasabteilung/Interessenausgleich und Sozialplan" zu bestellen,

9

2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen.

10

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,

11

die Anträge zurückzuweisen.

12

Sie hat vorgetragen,
die Maßnahme sei nicht interessenausgleichspflichtig, zumindest nicht mehr nach vollständiger Umsetzung der Maßnahme. Sämtliche betroffene Mitarbeiter seien seit nunmehr über 3 Monaten nicht mehr in der Isolierglasfertigung beschäftigt und an den neuen Arbeitsplätzen vollständig eingearbeitet.

13

Eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation sei nicht gegeben. Es seien lediglich 23 Arbeitnehmer, entsprechend circa 5,9 % der Belegschaft im Betrieb betroffen. Es könne nicht praktisch jeder Mitarbeiter hinzugerechnet werden, der in den "aufnehmenden anderen Abteilungen" beschäftigt werde. Dies gebiete das Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit.

14

Die Einigungsstelle sei auch offensichtlich unzuständig, wenn ein Interessenausgleich nicht mehr möglich sei, weil die Betriebsänderung schon abgeschlossen sei. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich hätten keinen Sinn mehr, wenn sowohl "Ob" als auch "Wie" der Betriebsänderung bereits feststünden oder die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden sei.

15

Es liege auch keine sozialplanpflichtige Maßnahme vor. Wirtschaftliche Nachteile existierten nicht.

16

Das Arbeitsgericht Trier hat durch Beschluss vom 11. August 2016 den RArbG O. a. D. Q. Z. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Schließung Isolierglasabteilung/Interessenausgleich und Sozialplan" bestellt. Die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer hat es auf zwei festgelegt.

17

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt,
ein Rechtsschutzinteresse für den zulässigen und hinreichend bestimmten Antrag bestehe. Der Antrag habe auch in der Sache Erfolg. Zwar seien Bedenken an der Zuständigkeit einer Einigungsstelle, jedenfalls bezüglich der Verhandlungen über einen Interessenausgleich, zu verzeichnen. Eine Offensichtlichkeit der Unzuständigkeit einer Einigungsstelle habe indes nicht vorgelegen.

18

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Gründe II. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Trier (Bl. 58 ff. d. A.) Bezug genommen.

19

Der genannte Beschluss ist der Beteiligten zu 2) am 16. August 2016 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 30. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

20

Zur Begründung der Beschwerde macht die Beteiligte zu 2) nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 7. November 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 65 ff., 125 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,
eine Betriebsänderung im Sinn des § 111 BetrVG liege nicht vor. Die Quote nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG sei nicht erreicht. Aus den Zahlen ergebe sich nur eine Betroffenheit von potenziell 24 Arbeitnehmern und damit von etwa 6 % der Belegschaft im Betrieb. Die tatsächliche Betroffenheit dürfte eher bei 21 Mitarbeitern liegen, da die Mitarbeiter Y. aufgrund Elternzeit und die Beschäftigten P. und Hf. als langzeitkranke Arbeitnehmer (Herr Hf. sei seit dem 10. Dezember 2015 aus der Entgeltfortzahlung) nicht regelmäßig beschäftigt worden seien. Insbesondere gehe sie bei Herrn P. aufgrund der Rentennähe (Eintritt voraussichtlich zum 1. November 2016) nicht davon aus, dass er wieder in den Betrieb zurückkehren werde.

21

Der Mitarbeiter Or. habe bereits zuvor keine eigentliche Tätigkeit der Produktion ausgeführt. Er sei vielmehr an der Schnittstelle zwischen Produktion und Weiterverarbeitung tätig. Das heißt, er prüfe erzeugtes Glas und bestimme die Art und Weise der Verwendung in der weiteren Produktion. Die Verantwortung liege darin, die richtigen Teile zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bereitzustellen. Diese Aufgabe falle unverändert an. Der Unterschied bestehe lediglich darin, dass nunmehr zugekauftes Glas in dieser Art und Weise behandelt werde. Dieses müsse ebenso angenommen, geprüft, einsortiert und intern an die verschiedenen Produktionsabteilungen kommissioniert werden. Dementsprechend sei gegenüber diesem Mitarbeiter auch keine Versetzung ausgesprochen worden.

22

Auch die Mitarbeiterin U. Sch. sei nicht Teil der Produktion gewesen. Sie sei als Disponentin verantwortlich für die Zusammenstellung der Optimierungsläufe in der Isolierglasherstellung (Reduzierung von Verschnitt etc.). Hierbei handele es sich um Arbeit, die der Produktion vorausgehe. Auch diese Tätigkeit bestehe unverändert. Die Mitarbeiterin nehme entsprechende Berechnungen weiter vor, wobei nunmehr nicht die eigene Produktion, sondern das externe Unternehmen nach den entsprechenden Anweisungen produziere. Sie habe keine neue Arbeit erlernen müssen, sondern habe allenfalls andere Empfänger ihrer Arbeitsergebnisse.

23

Dass alle Mitarbeiter des Betriebsteils nunmehr einen neuen Vorgesetzten hätten, sei der Tatsache geschuldet, dass Herr M. das Unternehmen verlassen habe.

24

Sie habe nicht die Verarbeitung von Isolierglas, sondern ausschließlich die Eigenproduktion eines Vorproduktes eingestellt. Die Isolierglasproduktion sei auch in qualitativer Hinsicht für sie kein besonders wichtiger Geschäftsbereich. Die Umstellung auf Zukauf sei problemlos verlaufen. Die Kostenstelle „Isolierglasfertigung“ sei im Rahmen der Schließung dieser Abteilung aufgelöst worden. Hierzu sei der Beteiligte zu 1) auch zu Versetzungen angehört worden, die keine Versetzungen im Sinn des § 95 Abs. 3 BetrVG sein dürften.

25

Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht beabsichtigt. Einen besonderen Ausbildungsbedarf für die versetzten Mitarbeiter sehe sie nicht. Am 15. August 2016 habe sie nochmals mit den betroffenen Mitarbeitern (soweit nicht erkrankt oder im Erholungsurlaub) besprochen, ob diese einen Fortbildungsbedarf sähen. Dabei hätten lediglich zwei Arbeitnehmer überhaupt einen Bedarf geäußert. Entsprechende Maßnahmen würden erfolgen. Für den 31. August 2016 sei geplant gewesen, mit weiteren Beschäftigten diese Thematik zu besprechen. Die Mitarbeiter, die bis dahin weiter erkrankt seien, würden ein entsprechendes Angebot schriftlich erhalten.

26

Sie ist der Ansicht, die Auffassung, die Zahlenwerte des § 17 KSchG seien nur eine grobe "Richtschnur", wobei es genüge, wenn diese annähernd erreicht würden, sei nicht überzeugend. Sie führe für Arbeitgeber dazu, dass die Interessenausgleichspflicht nicht ermittelbar sei.

27

Die Einigungsstelle sei auch offensichtlich unzuständig, weil die Maßnahme umgesetzt sei. Es gebe keinen Anspruch darauf, eine bereits erfolgte Schließung einer Produktion durch Wiederaufbau rückgängig zu machen.

28

Dass der Betriebsrat Versetzungen gerichtlich angreife, könne nicht dazu führen, dass eine Schließung nicht abgeschlossen sei. Dann hätte es der Betriebsrat in der Hand, selbst für Jahre zurückliegende Vorgänge noch eine Einigungsstelle zu erzwingen, um unabwendbare Kosten zu verursachen.

29

Soweit der Beteiligte zu 1) einen Sozialplan zum Gegenstand der Einigungsstelle machen wolle, sei jedenfalls hierfür eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig. Wirtschaftliche Nachteile entstünden den Arbeitnehmern nicht.

30

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

31

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11. August 2016 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

32

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

33

die Beschwerde zurückzuweisen.

34

Der Beteiligte zu 1) verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe des Beschwerdeerwiderungsschriftsatzes vom 22. September 2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 102 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Die vom Arbeitsgericht eingesetzte Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig.

35

Entgegen der Darstellung der Beklagten zu 2) seien 26 Beschäftigte in der Abteilung Isolierglas tätig gewesen. Auch die Beschäftigten U. Sch. und Ha. Or. seien dieser Abteilung und der dazu gehörigen Kostenstelle zugeordnet gewesen. Dass diese beiden Mitarbeiter keine unmittelbar der Produktion zuzuordnenden Tätigkeiten, sondern sogenannte produktionsnahe Tätigkeiten für die Abteilung Isolierglasfertigung ausgeübt hätten, ändere hieran nichts.

36

Für die Arbeitnehmerin Sch. ergebe sich das schon aus den Anhörungsbögen vom 8. Juni 2016 und 20. Juli 2016. Sie sei „von der Abteilung Isolierglasfertigung“ zunächst in die „Disposition“ und dann in den „Einkauf“ versetzt worden.

37

Herr Or. sei ebenfalls der Abteilung „Isolierglasfertigung“ und der entsprechenden Kostenstelle 41000 zugeordnet und für diese Abteilung im Bereich der Qualitätssicherung tätig gewesen. Sein Vorgesetzter sei der Leiter der Abteilung Isolierglasfertigung F. M. gewesen. Er sei zudem gegenüber vier Beschäftigten der Fertigung, den so genannten Glassortierern, weisungsbefugt gewesen. Alle hätten in der Fertigungshalle eng mit den übrigen Beschäftigten der Isolierglasabteilung zusammengearbeitet. Die vier Glassortierer seien aus Anlass der Abteilungsschließung in die Abteilung „Produktionslogistik“ versetzt worden. Dort sortierten sie jetzt das zugekaufte Glas. Neuer Vorgesetzter für Herrn Or. sei Pe. Fn..

38

Er, der Beteiligte zu 1), sei ursprünglich mit der vorübergehenden Schließung der Isolierglasabteilung einverstanden gewesen vor dem Hintergrund, dass es sonst – so die Beteiligte zu 2) seinerzeit – zu kostenträchtigen Lieferverzögerungen käme, die man unproblematisch mit den Beschäftigten der Isolierglasabteilung vermeiden könne. Von einer „Make or buy“-Entscheidung und einer darauf beruhenden Schließung habe er tatsächlich erstmals im Mai 2016 erfahren.

39

Hinsichtlich der Versetzungen der Beschäftigten Ko., Re., Hr., Bo., Pl., Gn., Kn., Wn., Gs. und Sch. habe zwischenzeitlich erneut wegen nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung die Zustimmung verweigert werden müssen. Eine Anhörung über die Zustimmung zu vorläufigen Versetzungen sei seitens der Beteiligten zu 2) nicht eingeleitet worden, so dass erneut die Aufhebung der rechtswidrig durchgeführten Maßnahmen gerichtlich veranlasst werden müsse.

40

Er ist der Ansicht, es könne sich bei der streitigen Maßnahme zudem um eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 3 Nrn. 4 und 5 BetrVG handeln. Des Weiteren sei von der Beteiligten zu 2) parallel zur Schließung mit dem Aufbau einer „zentralen Materialwirtschaft und eines Zentrallagers“ begonnen worden. Ob dies auf einer einheitlichen Maßnahme beruhe, müsse die Zuständigkeitsprüfung vor der Einigungsstelle ergeben.

41

Der Beteiligte zu 1) bestreitet, dass es keine maßnahmenbedingten Nachteile gibt. Es sei etwa der maßnahmenbedingte Nachteil „Zuweisung und Einarbeitung in völlig neue Tätigkeit“ sowie das damit verbundene Risiko gegeben, aufgrund fehlender oder nicht hinreichender Einarbeitung/Qualifizierung und dadurch drohender Schlechtleistung den Arbeitsplatz zu verlieren.

42

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 9. November 2016 (Bl. 132 ff. d. A.) und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

43

1. Die nach § 100 Abs. 2 S. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist gemäß §§ 100 Abs. 2 S. 2 und 3, 87 Abs. 2 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

44

2. In der Sache hatte die Beschwerde der Beteiligten zu 1) jedoch keinen Erfolg.

45

Eine Einigungsstelle mit dem vom Beteiligten zu 1) beantragten Regelungsgegenstand ist nicht offensichtlich unzuständig.

46

a) Im Verfahren nach § 100 ArbGG ist die gerichtliche Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle weitgehend eingeschränkt. Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinn des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nur dann auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies erklärt sich aus den Besonderheiten des Bestellungsverfahrens, das darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfall beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann (vgl. BAG, Beschluss vom 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - NZA 1990, 571, 572 m. w. N.; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juli 2011 - 26 TaBV 1298/11 - juris Rz. 40). Die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist einem Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten. Die von der Einigungsstelle vertretene Rechtsauffassung unterliegt dann der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung.

47

Gibt es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung, der zu Folge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zustehet, so ist davon auszugehen, dass die dazu begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (LAG Niedersachen, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 1 TaBV 112/12 - juris Rz. 37 m. w. N.). Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle auch dann, was die zugrunde zu legenden Tatsachen anbelangt, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinn von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird (LAG Hamburg, Beschluss vom 26. März 2014 - 5 TaBV 3/14 - juris Rz. 42 m. w. N.). Streitige Tatsachen sind im Verfahren nach § 100 ArbGG nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen. Raum für eine Beweisaufnahme besteht nicht (LAG Hessen, Beschluss vom 15. Juli 2008 - 4 TaBV 128/08 - juris Rz. 23).

48

b) Vorliegend kommt eine Zuständigkeit der Einigungsstelle aus § 111 S. 3 Nr. 1, 112 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 BetrVG in Betracht. Es könnte eine Einschränkung und Stilllegung eines wesentlichen Betriebsteils, nämlich des Bereichs Isolierglas vorliegen.

49

Nach § 111 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Arbeitgebers besteht nach § 111 S. 1 BetrVG allerdings nur bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft haben können. Satz 3 des § 111 BetrVG enthält eine beispielhafte Aufstellung von Tatbeständen, die als Betriebsänderung im Sinn des Satzes 1 gelten. Liegt einer der Tatbestände des § 111 S. 3 BetrVG vor, ist nicht mehr zu prüfen, ob nachteilige Folgen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zu erwarten sind. Diese werden in den dort genannten Fällen fingiert (BAG, Urteil vom 9. November 2010 - 1 AZR 708/09 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 69 Rz. 13 m. w. N.). Dass tatsächlich Nachteile für die Mitarbeiter entstanden sind oder entstehen, ist nicht erforderlich. Ob ausgleichs- oder milderungswürdige Nachteile entstehen, ist bei der Aufstellung des Sozialplans - gegebenenfalls von der Einigungsstelle - zu prüfen und zu entscheiden (BAG, Beschluss vom 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - NZA 2000, 1069, 1070 m. w. N.; vom 17. August 1982 - 1 ABR 40/80 - NJW 1983, 1870, 1871).

50

Nach § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG gilt als Betriebsänderung im Sinn des Satzes 1 die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von Betriebsteilen. Unter einer Stilllegung eines Betriebs oder eines wesentlichen Betriebsteils ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Arbeitgeber die wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen. Dagegen liegt eine Betriebseinschränkung vor, wenn der Betriebszweck zwar weiterverfolgt wird, dies jedoch unter einer nicht nur vorübergehenden Herabsetzung der Betriebsleistung geschieht. Die Stilllegung oder Einschränkung eines Betriebsteils ist dann eine Betriebsänderung im Sinn der Nr. 1, wenn ein wesentlicher Betriebsteil betroffen ist. Insoweit ist auf die Zahlengrenzen des § 17 Abs. 1 KSchG zurückzugreifen. Wesentlich ist ein Betriebsteil danach jedenfalls dann, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird (quantitative Betrachtung). Dies ist der Fall, wenn die Zahlenwerte des § 17 KSchG erfüllt und im Betriebsteil mindestens 5 % der Belegschaft tätig sind (BAG, Urteil vom 9. November 2010 - 1 AZR 708/09 - NZA 2011, 466; vom 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34). Die in § 112a Abs. 1 S. 1 BetrVG angegebenen höheren Zahlengrenzen sind für das Vorliegen einer Betriebsänderung irrelevant; sie sind nur maßgeblich für die Frage, ob beim bloßen Personalabbau ein Sozialplan über die Einigungsstelle erzwungen werden kann.

51

Der Bereich Isolierglas ist ein Betriebsteil im Sinn des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG. Diesen hat die Beklagte zunächst vorübergehend geschlossen und sodann dem Beteiligten zu 1) unter dem 17. Mai 2016 mitgeteilt, dass die Abteilung nicht wiedereröffnet werde. Dieser Bereich könnte auch für den ganzen Betrieb "wesentlich" sein. Im Betrieb der Beteiligten zu 2), in dem insgesamt circa 390 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist ein Betriebsteil wesentlich, wenn von der Stilllegung des Bereichs 10 % der Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer betroffen sind.

52

In der Abteilung Isolierglas waren unstreitig mindestens 21 Arbeitnehmer beschäftigt. Weiter sind auch die beiden Mitarbeiter, die längere Zeit erkrankt sind als auch der Mitarbeiter in Elternzeit von der Schließung dieses Bereichs betroffen. Hinsichtlich weiterer Arbeitnehmer, nämlich der Mitarbeiterin U. Sch. und dem Beschäftigten Or. ist zwischen den Parteien streitig, ob sie zum betroffenen Betriebsteil gehören. Es ist insoweit jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch diese von der Stilllegung betroffen und mitzuzählen sind.

53

Frau U. Sch. war sowohl dieser Kostenstelle zugeordnet als auch wurde sie laut den Anhörungsbögen betreffend ihre Versetzungen von der Abteilung „Isolierglasfertigung“ zunächst in die „Disposition“ und sodann in den „Einkauf“ versetzt. Ihr Arbeitsplatz verändert sich nach dem Vortrag der Beteiligten zu 2) durch die Schließung des Bereichs Isolierglas jedenfalls insoweit als sie nunmehr Berechnungen und Anweisungen für externe Unternehmen erstellt. Sie könnte damit von der Schließung der Abteilung betroffen sein.

54

Auch Herr Or. könnte zur Abteilung Isolierglas zu zählen sein. Er war ebenfalls dieser Kostenstelle zugeordnet. Deren Leiter F. M. war er unterstellt und selbst gegenüber vier Glassortierern der Abteilung (Wn., Kn., Ko. und Gz.) weisungsbefugt. Nach der Abteilungsschließung ergeben sich für ihn ebenfalls neue Berührungspunkte mit externen Zulieferern.

55

Die Beteiligte zu 2) hat die Mitarbeiterin U. Sch. und den Mitarbeiter Ha. Or. erstinstanzlich auch selbst bei der Berechnung der betroffenen Mitarbeiter der Abteilung mitgezählt.

56

Die Zahlenwerte des § 17 KSchG könnten damit erfüllt sein, ohne dass es darauf ankäme, ob die Werte des § 17 KSchG starr sind oder diese Zahlengrenzen nur annähernd erreicht werden müssten (so ErfK/Kania, 17. Aufl. 2017, § 111 BetrVG Rn. 11).

57

Weiter kann dahinstehen, ob neben den Mitarbeitern der Abteilung Isolierglas weitere Arbeitnehmer der Produktion sowie produktionsnaher Bereiche (Einkauf, Lager, Materialwirtschaft) von der Einstellung der Isolierglasproduktion mittelbar (beispielsweise durch die Einarbeitung von versetzten Kollegen) betroffen sind und daher bei der Ermittlung der Zahlenwerte des § 17 KSchG berücksichtigt werden müssen.

58

c) Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ergibt sich auch nicht daraus, dass die Stilllegung des Bereichs Isolierglas bereits abgeschlossen wäre. Insoweit ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Entschluss der Beteiligten zu 2) dadurch umgesetzt wird, dass die vorübergehende bzw. testweise Schließung der Produktion, die zunächst für mehrere Wochen erfolgte, nicht wieder aufgehoben, sondern nicht lediglich vorübergehend, sondern dauerhaft belassen wird. Die Beteiligte zu 2) hat neben dem Zeitablauf keine Gesichtspunkte vorgetragen, die nunmehr eine - zunächst jedenfalls mögliche - Wiederaufnahme der Produktion ausschließen würden.

59

Zu bedenken ist weiter, dass die im Bereich beschäftigten Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Abteilungsleiters – weiterhin im Betrieb arbeiten und die Produktion mit ihrer Hilfe wieder aufgenommen werden kann.

60

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass mangels wirksamer Beteiligung des Betriebsrats jedenfalls in zehn Fällen der Beteiligte zu 1) der Versetzung nicht zugestimmt hat und diese vom Arbeitsgericht noch nicht ersetzt ist.

61

d) Eine Einigungsstelle ist auch nicht für den Regelungsgegenstand „Sozialplan“ offensichtlich unzuständig. Beim Vorliegen des Tatbestands des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG werden die nachteiligen Folgen für die Belegschaft oder wesentliche Teile der Belegschaft fingiert.

62

3. Über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden haben die Beteiligten nicht gestritten. Über die Zahl der Beisitzer streiten sie im Beschwerdeverfahren nicht mehr.

III.

63

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2014 – 7 BV 38/13 – abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle. Der Antragsteller ist der Betriebsrat der Beteiligten zu 2. Zwischen den Beteiligten bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen zum Vorliegen einer Betriebsänderung im Zusammenhang mit der Schließung zweier Abteilungen, in deren Zusammenhang der Betriebsrat Sozialplanverhandlungen begehrt.

2

Der Betrieb der Antragsgegnerin erbringt IT-Leistungen für die Gesellschaften der B..

3

In dem Betrieb sind insgesamt 166 Beschäftigte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes beschäftigt. Es besteht ein siebenköpfiger Betriebsrat.

4

Am 05.11.2013 beschloss der Geschäftsleiter, Herr O.,

5

„…folgende Betriebsänderung zum 1. Dezember 2013 vorzunehmen:

6

- die beiden Hamburger Abteilungen „2nd Level Support“ und „Client Configuration Management“ werden zum spätestens 31. Dezember 2013 geschlossen, und wird ab 1. Dezember 2013 extern fremdvergeben und die Dienstleistungen von der Firma B1 eingekauft.

7

- Für die Arbeitsleistungen in diesen Bereichen wird die Firma B1 auf die von der B2 zur Verfügung gestellten Software und Skripte zugreifen, um eine reibungslose Zusammenarbeit mit der B2 zu ermöglichen.

8

- Alle betroffenen Arbeitsverhältnisse werden frühestmöglich (ggf. erst nach Erhalt erforderlicher behördlicher Genehmigungen) unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen gekündigt.“

9

Die „B2“ stellt die Abkürzung für die B2 KG, also die Beteiligte zu 2) dar.

10

Mit Schreiben vom 6. November 2013 (Anl. Ast 1, Bl. 22ff. d. A.) übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine „Information zur geplanten Betriebsänderung“. Dort heißt es:

11

„im Anschluss an die umfassende mündliche Information vom 6. November 2013 möchten wir Sie hiermit gemäß § 111 S. 1 BetrVG über die geplante Betriebsänderung im Bereich des „Second Level Supports / Client Configuration Management“ im Folgenden schriftlich unterrichten: (...) Die Pläne über das neue Organisationskonzept selbst beinhalten einen nicht sozialplanpflichtigen Personalabbau, der sich über diese Abteilung erstreckt.“

12

In der Abteilung 2nd Level Support sind derzeit acht Personen beschäftigt. In der Abteilung Client Configuration Management sind zwei Personen beschäftigt. Zwei weitere Mitarbeiter (Herr T. sowie Herr H.) wechselten zum 01.09.2013 in ein anderes Konzernunternehmen der B., nämlich in die B3. Diese soll der Firma B1 jedenfalls Räumlichkeiten für die Ausführung der Tätigkeiten vermieten. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin sollen auch die Computer sowie die übrige Arbeitsplatzausstattung durch die B3 zur Verfügung gestellt werden. Zugleich verpflichtete sich die Antragsgegnerin gegenüber der Fa. B1, dieser die Computer sowie jedenfalls auch die Arbeitsplatzausstattung zur Verfügung zu stellen.

13

Seit Oktober 2013 wird ein Arbeitnehmer der Firma B1, Herr G., als vorübergehender Teamleiter in der Abteilung 2nd Level Support beschäftigt, weil der bisherige Teamleiter Herr N. zum 31.10.2013 aufgrund einer Eigenkündigung ausgeschieden war.

14

Daneben schieden im Jahr 2013 bzw. scheiden im Jahr 2014 noch zahlreiche andere Beschäftigte aus, die jedoch nicht den Abteilungen 2nd Level Support oder Client Configuration Management angehörten.

15

Der Bereich IT-Operations wirkt als eine zusammenhängende Abteilung mit zahlreichen kleineren Unterbereichen. Der 1st Level Support dient als erster Ansprechpartner für sämtliche Fragen. Soweit der 1st Level Support bei Schwierigkeiten eine Lösung vermitteln kann, erfolgt eine Abarbeitung durch diesen. Erst wenn die an ihn herangetragenen Probleme spezifischer sind, leitet er die Anfragen an die weiteren Bereiche weiter. Dabei entfielen in der Vergangenheit ca. 25 % aller Vorgänge (so genannte Tickets) auf eine Bearbeitung durch den 2nd Level Support, die übrigen Vorgänge wurden entweder durch den 1st Level Support oder aber die anderen Spezialbereiche abgedeckt. Die Gesamtzahl der monatlichen Tickets bewegt sich zwischen 2.500 und 3.000, sodass monatlich durch die betroffenen Bereiche 625 bis 750 Vorgänge zu bearbeiten sind.

16

Seit dem 16.12.2013 erbringt die Firma B1 GmbH IT. die IT-Leistungen, welche bis dahin die Abteilungen „2nd Level Support“ und „Client Configuration Management“ erbracht haben. Das Serviceteam der Firma B1 setzt sich aus einem Teamleiter, sechs Spezialisten sowie einem Softwarepaketierer zusammen. Arbeitnehmer der Antragsgegnerin sollen derzeit nicht übernommen werden. Lediglich Herr K. als Senior-Manager sowie stellvertretend Herr M. als Projektleiter übernehmen die Koordination und fungieren als Ansprechpartner des Dienstleisters.

17

Im Rahmen des Servicevertrages räumte die Antragsgegnerin der Firma B1 Zugang zu allen zur Serviceerbringung erforderlichen Bereichen ein. Die Antragsgegnerin verpflichtete sich gegenüber dem neuen Dienstleister zudem, jedem Mitarbeiter der Firma einen angemessen ausgestatteten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, was nicht nur die Stellung von Büromöbeln beinhaltete, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Computerausstattung. Daneben sollten den Mitarbeitern ursprünglich auch die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

18

Zudem verpflichtete sich die Antragsgegnerin dem Dienstleister gegenüber dazu, dass jedem Mitglied ein für die Serviceerbringung erforderliches Anwenderprofil eingerichtet werden sollte. Dabei sollte Zugriff auf alle relevanten ITSM-Systeme und –tools wie das verwendete Ticket-Tool, die Asset-Datenbank (CMBG) oder andere Informationsquellen für verwendete IC oder eine Wissensdatenbank bestehen.

19

Zwischen den Beschäftigten der Fa. B1 und der Antragsgegnerin bzw. deren Beschäftigten finden regelmäßige Sitzungen statt. So bestehen unter anderem ein Lenkungsausschuss, ein Jour Fixe und ein Roundtable, welche regelmäßig sowie anlassbezogen tagen.

20

Der Betriebsrat begehrte vor dem Arbeitsgericht Hamburg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung der geplanten Maßnahme. Das Arbeitsgericht Hamburg gab mit Beschluss vom 27.11.2013 – 28 BVGa 2/13 - den Anträgen des Betriebsrates überwiegend statt, auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hob das Landesarbeitsgericht Hamburg durch Beschluss vom 03.12.2013 – 2 TaBVGA 2/13 den Beschluss des Arbeitsgerichts auf, weil nach Würdigung des LAG eine Betriebsänderung nicht vorlag.

21

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass er Anspruch auf Bildung einer Einigungsstelle habe, da die Schließung der Abteilungen eine Betriebsänderung darstelle: Eine Betriebseinschränkung sei bereits deshalb gegeben, weil ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer des Betriebes hiervon betroffen werde. Dabei seien nicht nur die zehn unmittelbar von Kündigung betroffenen Arbeitnehmer zu Grunde zu legen, sondern ebenfalls zahlreiche weitere Beschäftigte, welche nicht in dem unmittelbar zu schließenden Bereich beschäftigt werden. Teilweise liefen die Arbeitsverhältnisse auch erst in naher Zukunft aufgrund von Befristungsabreden aus, was unstreitig ist. Daneben seien die beiden betroffenen Abteilungen auch qualitativ wesentliche Betriebsteile. Denn ein IT-Dienstleister könne heutzutage seine Serviceleistung nicht erbringen, wenn allein ein sog. 1st Level Support existiert. Daher seien die beiden Abteilungen von zentraler Bedeutung für den Betrieb.

22

Daneben liege auch eine Betriebsspaltung vor, weil mit den beiden Abteilungen eine organisatorisch verselbstständigte bzw. abgrenzbare Einheit ausgegliedert werde. Es handele sich bei den beiden Abteilungen um organisatorisch abgrenzbare Einheiten mit einem Teamleiter. Die Firma B1 lege sich insoweit „ins gemachte Bett“. Sie nutze wesentliche Betriebsmittel der Antragsgegnerin wie Büroräume, Rechner und Software. Die wesentlichen Organisationsstrukturen würden beibehalten. Die Abteilung 2nd Level Support sei von großer Bedeutung für die Antragsgegnerin. Denn der 1st Level Support könne derzeit nur circa 40 % aller Anfragen sogleich lösen. Es komme nicht darauf an, ob die Tätigkeiten standardmäßig am Markt angeboten werden oder nicht. 20 % der Tickets beträfen den 2nd Level Support und 5 % der Tickets das Client Management. Die Firma B1 übernehme auch weitere Betriebsmittel der Antragsgegnerin wie Anwenderprofile. Die Mitarbeiter des Dienstleisters erhielten Zugriff auf ITSM-Systeme und Tools der Beteiligten zu 2). Auch nähmen Beschäftigte der Firma B1 teil an Meetings bei der Antragsgegnerin. Dies alles sei identitätsprägend für einen IT-Servicebetrieb. Außerdem erhielten die Beschäftigten der Firma B1 Zugang zu Kundenlisten und Dienstleistungsverträgen, wobei es sich um wesentliche immaterielle Betriebsmittel handele. Es liege ein Teilbetriebsübergang vor, jedoch keine Stilllegung. Letztlich liege auch eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation vor.

23

Der Betriebsrat hat beantragt,

24

1. eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Hamburg Herrn Dr. Helmut Nause zur Regelung eines Sozialplanes anlässlich der Schließung der Abteilungen „2nd Level Support“ und „Client Configuration Management“ sowie der Spaltung bzw. Einschränkung des Betriebes zu bestellen;
2. die Anzahl der Beisitzer für die Beteiligten auf jeweils 3 festzusetzen.

25

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

26

den Antrag zurückzuweisen.

27

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, dass keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliege. Zum einen erreiche eine quantitative Betrachtung der Abteilung nicht die Schwellenwerte, die § 17 KSchG erforderten. In diesem Zusammenhang könne der Antragsteller nicht von mehr als zehn Personen ausgehen, weil die übrigen genannten Beschäftigten unstreitig zum einen entweder nur befristet beschäftigt waren, zum anderen aber auch nicht zur betroffenen Abteilung gehörten. Qualitativ sei die Abteilung nicht hinreichend bedeutsam, weil bereits die Qualität zu wünschen übrig gelassen habe. Auch seien die dort erbrachten Leistungen heutzutage Industriestandard, welcher überall sehr leicht erworben werden könne.

28

Es sei auch kein Teilbetriebsübergang gegeben. Die Antragsgegnerin wolle nicht etwa einen Betriebsteil abspalten oder übertragen, sondern schließen wegen Fremdvergabe. Auch handele es sich bei den beiden Abteilungen nicht um einen wesentlichen Betriebsteil, da es an der funktionalen Wesentlichkeit fehle. Auf die Zahl der Tickets komme es nicht an. Auch soweit die Antragsgegnerin im Schreiben vom 06.11.2013 untechnisch von „Betriebsänderung" gesprochen habe, führe dies nicht zur Annahme einer solchen im Rechtssinne. Auch habe sich die Firma B1 nicht ins „gemachte Bett gelegt“, denn die von dieser erbrachten Dienstleistungen seien am Markt frei verfügbar. Die Dienstleistungsfirma habe hinreichend qualifizierte Mitarbeiter und biete die erforderlichen technischen Voraussetzungen. Die Firma B1 übernehme auch keine Organisationsstrukturen der Antragsgegnerin und - unstreitig - auch keinen Mitarbeiter der Beteiligten zu 2). Allein die Personenidentität des Teamleiters reiche nicht aus. Auch gingen keine wesentlichen Betriebsmittel über, zumal Computer, Büroräume etc. nicht prägend seien. Im Übrigen würde die Firma B1 andere Räumlichkeiten erhalten. Das Ticket-System sei für den Betrieb der Antragsgegnerin zwar hilfreich, aber nicht existenznotwendig.

29

Durch den der Antragsgegnerin am 24.01.2014 zugestellten Beschluss vom 15.01.2014, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Anträgen stattgegeben.

30

Hiergegen richtet sich die am 03.02.2014 eingelegte und sogleich begründete Beschwere der Antragsgegnerin.

31

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

32

Sie beantragt,

33

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15.01.2014 – 7 BV 38/13
die Anträge abzuweisen.

34

Der Antragsteller beantragt,

35

die Beschwerde zurückzuweisen.

36

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

37

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

38

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 98 Abs. 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 98 Abs. 2, 87 Abs. 2 und 3 ArbGG).

39

Die Beschwerde ist begründet. Die Einigungsstelle mit dem vom Antragsteller begehrten Thema ist offensichtlich unzuständig, § 98 Abs. 1 ArbGG.

40

1. Das Arbeitsgericht hat die Voraussetzungen einer offensichtlichen Unzuständigkeit der angerufenen Einigungsstelle völlig zutreffend umschrieben. Danach ist von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt.

41

Dies ist u.a. dann gegeben, wenn es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, der zufolge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht (LArbG Kiel, Beschl. v. 08.02.2012 - 6 TaBV 47/11; LArbG Hannover, Beschl. v. 12.01.2010 - 1 TaBV 73/09; Koch in: ErfKomm, § 98 ArbGG Rn. 3; Matthes/Schlewing in: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, § 98 Rn. 8; Walker in: Schwab/Weth, ArbGG, § 98 Rn. 37). Hingegen kann die Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht als endgültig geklärt angesehen werden, wenn das BAG zu einer Rechtsfrage nur vereinzelt oder am Rande Stellung genommen hat und an dieser Rechtsauffassung beachtliche Kritik in der Literatur oder in der Instanzrechtsprechung geäußert worden ist (Koch in: ErfKomm, § 98 ArbGG Rn. 3; vgl. auch LArbG Stuttgart, Beschl. v. 16.10.1991 - 12 TaBV 10/91 und LArbG Köln, Beschl. v. 11.02.1992 - 3 TaBV 54/91).

42

Anders gesagt: „offensichtlich unzuständig" im Sinne des § 98 Abs. 1 ArbGG ist eine Einigungsstelle nur dann, wenn sich dies bereits aus dem unstreitigen und dem eigenen Tatsachenvorbringen des Antragstellers auf der Grundlage einer gefestigten Rechtsmeinung ergibt, zu der eine Gegenmeinung nicht existiert oder nicht ernsthaft vertretbar erscheint, oder aber - was die zugrunde zulegenden Tatsachen anbelangt - dann, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinne von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird (vgl. dazu LAG Köln 05.12.2001 - 7 TaBV 71/01 - LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 38, juris).

43

2. Übertragen auf vorliegendes Verfahren bedeutet dies Folgendes: Hinsichtlich des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, der Tatsachengrundlage, gibt es keine unterschiedlichen Angaben der Beteiligten. Der Sachverhalt ist unstreitig. Zwar vertreten die Beteiligten – selbstverständlich - unterschiedliche Rechtsauffassungen, es besteht jedoch keine Unsicherheit im hier interessierenden Zusammenhang in der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes „Betriebsänderung“ iSd. § 111 BetrVG. Es bedarf also zur Entscheidung über die Zuständigkeit der Einigungsstelle zwar einer Würdigung des Sachverhaltes, der sich in mehrere Teile gliedert, und einer Subsumtion des Sachverhaltes unter den Tatbestand der Betriebsänderung, auch dies unter verschiedenen Aspekten. Dies ist nicht ohne Mühe zu leisten, bedeutet aber nicht, dass schon deshalb die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist. Vielmehr ergibt sich bei der Abarbeitung der einzelnen Punkte, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG eben nicht gegeben sind (vermutlich legitimer Weise gewollt).

44

Es ist eine weitere Besonderheit im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen: Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat sich im Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der hier wie dort entscheidungserheblichen Frage der Betriebsänderung befasst und ihr Vorliegen unter Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung verneint (Beschluss vom 03.12.2013 – 2 TaBVGa 2/13). Diese rechtskräftige Entscheidung ist zwar vorliegend nicht bindend wie es etwa bei einem Feststellungsverfahren wäre. Aber das Landesarbeitsgericht hat bei der Würdigung des Sachverhaltes auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zum Vorliegen des Verfügungsanspruchs eine erschöpfende Rechtsprüfung vorzunehmen und hat sie vorgenommen. Das Ergebnis dieses Verfahrens kann vorliegend nicht unberücksichtigt bleiben, denn sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes, als auch hinsichtlich der Rechtsfragen bestehen keine Unklarheiten im oben genannten Sinne.

45

Danach gilt - die Ausführungen der 2. Kammer des LAG Hamburg vom 03.12.2013 verkürzt wiederholend - Folgendes:

46

Eine Betriebseinschränkung i. S. d. § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG ist nicht gegeben.

47

Unter der Einschränkung des Betriebes ist die Herabsetzung der Leistungsfähigkeit desselben zu verstehen, welche sowohl durch eine Verringerung der sächlichen Betriebsmittel als auch durch Einschränkung der Zahl der Arbeitnehmer bedingt sein kann. Eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG kann dabei auch in einem bloßen Personalabbau liegen. Dies zeigt die Regelung in § 112a Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

48

Bei der Definition eines wesentlichen Betriebsteils i.S. des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG stellt das Bundesarbeitsgericht einerseits in einer primär quantitativen Betrachtung darauf ab, ob in dem Betriebsteil ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer des Gesamtbetriebes beschäftigt ist. Daneben ist ein solcher dann anzunehmen, wenn unabhängig von der Zahl der in ihm beschäftigten Arbeitnehmer auf Grund einer qualitativen Betrachtung der Betriebsteil wirtschaftlich gesehen für den Gesamtbetrieb von erheblicher Bedeutung ist (BAG Beschluss vom 7.8.1990 - 1 AZR 445/89 - , AP Nr. 34 zu § 111 BetrVG 1972). Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht ernsthaft im Streit.

49

a. Für die Beurteilung, ob in einem Betriebsteil ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer des Gesamtbetriebes beschäftigt ist, zieht das BAG die Zahlen- und Prozentangaben in § 17 Abs. 1 KSchG als Maßstab heran. Diese werden vorliegend nicht erreicht. Der Antragsteller meint – Rechtsauffassung - zu Unrecht, dass im Rahmen einer Berechnung der betroffenen Beschäftigten auch die befristeten Arbeitsverhältnisse mit einzubeziehen wären. Denn im Rahmen der dort vereinbarten Befristungen ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits im Arbeitsverhältnis selbst angelegt.

50

Auch die weiteren Beschäftigten, die nicht zum Bereich der unmittelbar betroffenen Bereiche 2nd Level Support und Client Configuration Management gehören, werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Demzufolge war nur von 10 betroffenen Beschäftigten von 166 Arbeitnehmern insgesamt auszugehen, welche nicht die Zahlenschwelle des § 17 KSchG erreichen. Dies – so das Landesarbeitsgericht - ist zwischen den Beteiligten im Kern auch unstreitig.

51

b. Auch in qualitativer Hinsicht ist ein wesentlicher Betriebsteil nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die nicht ernsthaft angefochten wird, ist in qualitativer Hinsicht ein wesentlicher Betriebsteil nur dann gegeben, wenn er wesentliche Bedeutung innerhalb der betrieblichen Gesamtorganisation hat (BAG vom 6.6.1978, AP Nr. 2 zu § 111 BetrVG 1972), oder erhebliche Bedeutung für den Gesamtbetrieb und die Erfüllung seiner arbeitstechnischen Zwecke hat (BAG vom 6.12.1988, AP Nr. 26 zu § 111 BetrVG 1972), oder es sich um Schlüsselfunktionen handelt (BAG vom 28.3.2006, NZA 2006, 932, 936; BAG vom 18.3.2008, 1 ABR 77/06). Jedenfalls hat das BAG eine Erfüllung des Merkmals in qualitativer Hinsicht nur ausnahmsweise bejaht. Dabei hat das BAG insbesondere Reinigungsabteilungen, die technische Anzeigenproduktion eines Betriebes oder ein Materiallager wie auch eine Abteilung, die nur ein Vorprodukt herstellt, nicht als wesentlicher Betriebsteil angesehen. Von einer solchen Schlüsselfunktion im Sinne der Rechtsprechung des BAG wird man in Anbetracht der beiden betroffenen Bereiche, die IT-Dienstleistungen erbringen, die auf dem entsprechenden IT-Dienstleistungsmarkt frei verfügbar sind, nicht sprechen können. Dabei spielt auch insbesondere die Zahl der zu bearbeitenden Tickets, da es sich lediglich um eine mögliche Form der Abarbeitung von IT-Dienstleistungsaufträgen handelt, keine Rolle. Gerade die Möglichkeit, die Aufgabe der beiden Bereiche ohne größere Probleme an externe Dienstleister fremd zu vergeben, spricht gegen das Vorliegen eines wesentlichen Betriebsteils in qualitativer Hinsicht. Eine funktionale Wesentlichkeit i. S. einer Schlüsselfunktion kann jedenfalls nicht bejaht werden. Auch dies ist ohne Weiteres aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und der höchstrichterlichen Rechtsprechung festzustellen.

52

c. Auch eine Stilllegung wesentlicher Betriebsteile im Sinne des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG liegt nicht vor. Unter einer Betriebsstilllegung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Arbeitgeber die wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszwecke dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (z.B. BAG vom 21.6.2001, AP Nr. 50 zu § 15 KSchG 1969). Die Produktionseinstellung ist erst dann eine Stilllegung, wenn die Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden (vgl. BAG vom 30.5.2006, AP Nr. 5 zu § 209 InsO). Ein Betriebsteil kann zum Beispiel stillgelegt werden, wenn er zu bestehen aufhört, weil die von ihm erfüllten Aufgaben an eine Fremdfirma vergeben werden (DKK-Däubler), BetrVG, 11. Aufl., § 111 Rn. 46).

53

Genau so verhält es sich vorliegend. Denn die Unternehmerentscheidung vom 5. November 2013 durch den Geschäftsleiter, Herrn O., geht dahin, die beiden Abteilungen spätestens zum 31.12.2013 zu schließen und ab dem 01.12.2013 die Aufgaben extern fremd zu vergeben an die Firma B1. Alle betroffenen Arbeitsverhältnisse sollen frühestmöglich unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen gekündigt werden.

54

Eine Betriebsteilstilllegung ist daher gegeben. Für eine Betriebsänderung fehlt es jedoch - wie vorstehend dargelegt - an einem wesentlichen Betriebsteil. Denn die beiden Bereiche 2nd Level Support und Client Configuration Management erfüllen weder in quantitativer Hinsicht, da es an der Erreichung der Zahlenstaffeln gemäß § 17 KSchG fehlt, noch in qualitativer Hinsicht, da es sich nicht um eine Schlüsselfunktion handelt, das Wesentlichkeitserfordernis. Die unternehmerische Entscheidung ist dokumentiert und unstreitig, sie musste also nur an dem Begriff der Betriebsänderung gemessen werden. Das kann im vorliegenden Verfahren – wie ausgeführt – geschehen.

55

d. Eine Betriebsspaltung gemäß § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG liegt ebenfalls nicht vor. Die Spaltung eines bisher organisatorisch einheitlichen Betriebes kann innerhalb eines Unternehmens erfolgen und zu zwei neuen selbstständigen Betrieben führen, in denen der Arbeitgeber derselbe bleibt (Fitting u.a., BetrVG, 26. Aufl., § 111 Rn. 86). Sie kann auch in der Abspaltung eines Betriebsteils und dessen Übertragung auf einen neuen Betriebsinhaber gemäß § 613a BGB liegen. Die Spaltung setzt voraus, dass zumindest zwei neue Einheiten entstehen.

56

Die Stilllegung eines Betriebsteils ist keine Spaltung (BAG vom 18.3.2008, aaO.). Auch dies ist nicht ernsthaft im Streit.

57

Zwar ist zutreffend, dass anders als nach § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG für Fälle der Betriebsteilstilllegung für eine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG nicht erforderlich ist, dass wesentliche Betriebsteile betroffen sind (BAG vom 10.12.1996, 1 ABR 32/96). Eine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG setzt jedoch voraus, dass zumindest zwei neue Einheiten entstehen.

58

Dieses Erfordernis ist auch erfüllt, wenn ein abgespaltener Betriebsteil anschließend in einen anderen Betrieb desselben Arbeitgebers oder eines Betriebsteilerwerbers eingegliedert wird und dabei untergeht. Keine Spaltung liegt jedoch vor, wenn sich die Maßnahme darin erschöpft, die betriebliche Tätigkeit eines Betriebsteils zu beenden, ohne dass dessen Substrat erhalten bleibt (BAG vom 18.3.2008, aaO.). Dabei handelt es sich um eine Stilllegung des Betriebsteils und nicht um eine Spaltung des Betriebes.

59

Dass die Stilllegung eines Betriebsteils keine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG ist, ergibt sich besonders deutlich aus der Gesetzessystematik. Der Zusammenhang von § 111 S. 3 Nr. 1 und Nr. 3 BetrVG zeigt, dass die schlichte Schließung eines Teils des bisherigen Betriebes keine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG ist. Nach dem Verhältnis dieser beiden gesetzlichen Tatbestände kann eine Betriebsstilllegung nicht zugleich eine Spaltung sein. Die Stilllegung eines Betriebsteils ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG nur dann eine Betriebsänderung im Sinne des Gesetzes, wenn es sich um einen wesentlichen Betriebsteil handelt. Für eine Spaltung ist dies keine Voraussetzung. Wäre aber jede Stilllegung auch eines nicht wesentlichen Betriebsteils eine nach § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG sozialplanpflichtige Spaltung, verlöre das Erfordernis der Wesentlichkeit in § 111 S. 3 Nr. 1 seinen Sinn. Ihm käme keine Bedeutung mehr zu, da dann auch Betriebsteilstilllegungen, die nicht die nach § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG erforderliche Größenordnung des § 17 KSchG erreichen, nach § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG sozialplanpflichtig wären. Das widerspräche der Konzeption des Gesetzes.

60

e. Es liegt aber auch kein Betriebsteilübergang i. S. d. § 613a BGB vor, der zur Annahme einer Betriebsspaltung führen könnte. Ein Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine wirtschaftliche Einheit des Betriebs oder Betriebsteils unter Wahrung von deren Identität fortführt. Zu den Tatbestandsmerkmalen im Einzelnen wird Bezug genommen auf die den Beteiligten bekannte Entscheidung des LAG Hamburg vom 3.12.2013, dort S. 13, 14.

61

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Bereiche 2nd Level Support und Client Configuration Management bei der Beteiligten zu 2) einen selbstständig übergangsfähigen Betriebsteil bilden würden, ist vorliegend ein Betriebsteilübergang i. S. des § 613a BGB nicht feststellbar. Denn die Beteiligte zu 2) hat den Betriebsteil nicht abgespalten, sondern stillgelegt. Sie hat ihn nicht ausgegliedert, um ihn etwa als veräußerungsfähige Einheit auf einen neuen Rechtsträger zu übertragen. Sie beendete vielmehr die eigene Verfolgung der arbeitstechnischen Zwecke, denen der Betriebsteil mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern und eingesetzten Betriebsmitteln zuvor gedient hatte. Der Betriebsteil blieb nicht erhalten, sondern entfiel. Er wurde nicht nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf die Firma B1 übertragen. Die Fremdvergabe bestimmter Aufgaben führt ohne den Übergang sächlicher oder immaterieller Betriebsmittel und ohne die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals nicht zu einem Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB (BAG vom 24. Mai 2005, 8 AZR 333/04; BAG vom 16. Mai 2007, 8 AZR 693/06; BAG vom 18.3.2008, aaO).

62

Es ist unstreitig, dass kein einziger Arbeitnehmer von der Beteiligten zu 2) auf die Firma B1 übergegangen ist, was bereits gegen einen Betriebsteilübergang spricht. Nach der Rechtsprechung des BAG genügt es für einen Betriebsteilübergang nicht, dass die Firma B1 nunmehr mit ihrem eigenen Personal und teilweise eigenen Betriebsmitteln die Aufgaben verrichtet, die bislang von einer Abteilung im Betrieb der Beteiligten zu 2) erledigt wurden (s. BAG vom 18.3.2008, aaO.). Vorliegend hat die Beteiligte zu 2) der Firma B1 auch lediglich Zugang zu Kundenlisten und Dienstleistungsverträgen verschafft, diese jedoch nicht auf die Firma B1 übertragen. Die Firma B1 hat sich auch nicht „ins gemachte Bett“ der Beteiligten zu 2) gelegt, da sie selbst über die erforderlichen technischen Voraussetzungen und das entsprechende Personal zur Bearbeitung der IT-Aufgaben verfügt. Die Dienstleistungen, die sie erbringt, sind am Markt der IT-Dienstleistungen verfügbar. Auch die Bereitstellung eines eigenen Anwenderprofils für die Firma B1 durch die Beteiligte zu 2) und der eingeräumte der Zugriff auf die ITSM-Systeme und Tools führen nicht zur Annahme eines Betriebsteilübergangs. Denn es handelt sich dabei um eine vorübergehende Nutzung für die Vertragslaufzeit, nicht aber um die Einverleibung eines betrieblichen Substrats. Auch dass der Firma B1 unstreitig Hardware und Software von der B3 zur Verfügung gestellt werden und dass deren Mitarbeiter Räumlichkeiten im Bauer-Konzern erhalten sollen, lässt noch nicht auf einen Betriebsteilübergang schließen. Denn zum einen kann auch ein Dienstleister seine Dienstleistungen räumlich in dem Unternehmen, mit dem er den Vertrag geschlossen hat, erbringen und zum anderen sind Computer, jedenfalls wenn sie Industriestandard entsprechen, wie vorliegend, keine materiellen Betriebsmittel, die auf den Übergang von Betriebssubstrat schließen lassen bzw. identitätsprägend sind. Auch die Tatsache, dass in einem zwischen den Beteiligten streitigen Umfang Meetings zwischen Mitarbeitern der Fa. B1 und IT-Beschäftigten der Beteiligten zu 2) stattfinden, lässt noch keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs zu.

63

Auch soweit das LAG in der Entscheidung vom 03.12.2013 ausführt, es gebe auch einige Anhaltspunkte, die für das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs sprechen, wie z. B. der Grad der Ähnlichkeit mit der bisher verfolgten betrieblichen Tätigkeit, das Fehlen jeder Unterbrechung der Betriebstätigkeit wie auch die Tatsache, dass Herr G., ein Mitarbeiter der Firma B1, bereits seit Oktober 2013 bei der Beteiligten zu 2) tätig ist, ändert im Ergebnis nichts. Denn letztlich ergibt die Gesamtschau, dass die Kriterien, die gegen einen Betriebsteilübergang sprechen, deutlich überwiegen.

64

Dies ist Anwendung gefestigter Rechtsprechung auf einen unstreitigen Sachverhalt. Eine Betriebsspaltung liegt nach allem nicht vor.

65

f. Es liegt auch keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG vor. Eine Änderung der Betriebsorganisation liegt vor, wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt wird. Grundlegend ist die Änderung, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt. Maßgeblich dafür ist der Grad der Veränderung (BAG vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02). Es kommt entscheidend darauf an, ob die Änderung einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer hat (BAG vom 18.3.2008, aaO). Die Änderung muss in ihrer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sein. Beim Outsourcing der Aufgaben eines Betriebsteils kommt es daher darauf an, ob sich dies auf den gesamten Betriebsablauf oder auf die Arbeitsweise und die Arbeitsbedingungen der nicht unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer gravierend auswirkt (BAG vom 18.3.2008, aaO).

66

Dies lässt sich vorliegend nicht bejahen. Eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG stellt die Fremdvergabe der bisher von den beiden Bereichen 2nd Level Support und Client Configuration Management erledigten Aufgaben durch die Firma B1 nicht dar. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Maßnahmen der gesamte Betriebsablauf in erheblichem Ausmaß betroffen wäre. Durch die Verlagerung der Dienstleistungsaufgaben, die bisher von den beiden Bereichen erbracht worden sind, änderte sich, soweit erkennbar, an der Arbeitsweise und den Arbeitsbedingungen des ganz überwiegenden Teils der Belegschaft nichts Wesentliches.

67

3. Um es zu wiederholen: Der Sachverhalt ist von den Beteiligten umfangreich vorgetragen worden, er ist jedoch im Wesentlichen unstreitig. Es werden von den Beteiligten zwar unterschiedliche Rechtsauffassungen vorgetragen. Bei Anwendung der nicht im Fluss befindlichen oder auch nur umstrittenen Rechtsprechung des BAG zu § 111 BetrVG, ergibt sich aber, auch wenn der Begründungsweg länger ist, dass eine Betriebsänderung nicht vorliegt. Die Länge der Prüfung – so wie hier - führt dabei nicht dazu, dass von offensichtlicher Unzuständigkeit nicht gesprochen werden kann. Entscheidend ist der unumstrittene Sachverhalt und die nicht in Zweifel zu ziehende höchstrichterliche Rechtsprechung.

68

Im Ergebnis lässt diese Prüfung unter Berücksichtigung der Entscheidung des LAG Hamburg vom 23.12.2013 es vernünftiger Weise nicht zu, eine offensichtliche Unzuständigkeit nicht anzunehmen und die Einigungsstelle einzusetzen. Die erstinstanzliche Entscheidung war daher abzuändern.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn

1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn

1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. November 2014 - 10 TaBV 933/14 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am 24. Juli 2013 durchgeführten Betriebsratswahl sowie darüber, ob die Antragstellerinnen eigenständige oder einen gemeinsamen Betrieb führen.

2

Die Antragstellerinnen betreiben Restaurants der Systemgastronomie. Die Antragstellerin zu 1. ist Komplementärin der Antragstellerinnen zu 2. bis 11. Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 1. und deren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer ist Herr F. Er ist zugleich Kommanditist der Beteiligten zu 2. bis 11. Vormals führte er die Restaurants bis zum 1. September 2011 unter der Firma M e.K. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt war er auch Franchisenehmer der Restaurants. In einem vor dem Arbeitsgericht zum Geschäftszeichen - 27 BVGa 15475/11 - geführten Verfahren erklärte Herr F am 24. November 2011, dass die Übertragung der Restaurants auf die Antragstellerinnen allein aus haftungsrechtlichen Gründen erfolgt sei, in der Sache aber keine Veränderungen bewirkt habe.

3

Jedes der Restaurants verfügt über einen eigenen Küchenbereich mit Ausstattung zur Zubereitung der Speisen und Getränke, die ausschließlich zur Bewirtung eigener Gäste bestimmt ist, über einen Kassenbereich sowie über einen Gastraum. An allen Restaurants befindet sich ein Betreiberschild mit der Firma der jeweiligen Antragstellerin, die auf den Kassenquittungen als Rechnungsstellerin und Betreiberin ausgewiesen ist. Die Restaurants am A, in der A d K, in A-F, in der B Straße, in der Hstraße, in der K-Straße, im O, in der P, in der S A, am T und in der Wstraße werden vom Finanzamt für Körperschaften IV als selbständige Betriebsstätten geführt, die übrigen als unselbständige Betriebsstätten.

4

Im Jahr 2012 wurde für einige der im Antrag genannten sowie für weitere, zwischenzeitlich geschlossene Restaurants ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt. Die Wahl wurde arbeitgeberseitig angefochten. Aufgrund des anschließenden Absinkens der Zahl der Betriebsratsmitglieder unter die bei der Wahl ermittelte Anzahl wurde ein Wahlvorstand bestellt, der am 11. Juni 2013 in den im Antrag bezeichneten Restaurants das Wahlausschreiben vom 10. Juni 2013 mit folgendem Wortlaut aushängte:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir setzen Sie davon in Kenntnis, dass der Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrats im Betrieb M e.K. und S GmbH in seiner Sitzung am 10.06.2013 den Erlass folgenden Wahlausschreibens beschlossen hat:

        

Die Betriebsratswahl findet am 24.07.2013, 10:00-18:00 Uhr, Wahlvorstands-/Betriebsratsbüro im Restaurant A-F statt.

        

...“   

5

Zur Wahl standen laut Wahlniederschrift vom 31. Juli 2013 die Vorschlagsliste mit den Kennworten „K/M“ sowie „MD“. Als Wahlbewerber auf der Liste „K/M“ wurde Herr N geführt.

6

Die Wahl eines aus elf Mitgliedern bestehenden Betriebsrats fand am 24. Juli 2013 statt. Der Wahlvorstand leitete dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. am 31. Juli 2013 eine Wahlniederschrift zu. Die Bekanntmachung der Gewählten wurde am 2. August 2013 vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes per E-Mail als pdf-Datei an die einzelnen Restaurants mit der Bitte um Aushang übermittelt.

7

Mit dem am 14. August 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag zu 1. haben die Antragstellerinnen die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats beantragt. Mit den Haupt- und Hilfsanträgen zu 2. bis 12. begehren die Antragstellerinnen die Feststellung, dass die einzelnen Restaurants jeweils als Betriebe der bezeichneten Antragstellerinnen - teilweise unter Zuordnung sogenannter „Satellitenrestaurants“ - im Sinne des BetrVG anzusehen sind.

8

Die Antragstellerinnen haben die Auffassung vertreten, die Restaurants stellten eigene betriebsratsfähige Einheiten dar, soweit es sich nicht um unselbständige Restaurants (sogenannte „Satellitenrestaurants“) handele, die bestimmten Hauptrestaurants zugeordnet seien. Gemeinsame Arbeitsabläufe gebe es nicht. Die einzelnen Restaurants würden - teilweise gemeinsam mit einem zugeordneten „Satellitenrestaurant“ - von Restaurantleitern geführt, die die einzigen Ansprechpartner für die Mitarbeiter in personellen und sozialen Angelegenheiten seien. Seit dem 1. September 2011 seien die Restaurantleiter für den Abschluss von Arbeitsverträgen, die Erteilung von Abrechnungen und den Ausspruch von Kündigungen zuständig. Die Arbeitsverträge würden in den Hauptrestaurants verwahrt. Nach der aktuellen Stellenbeschreibung seien Restaurantleiter disziplinarische Vorgesetzte der gewerblichen Mitarbeiter und der Managementmitarbeiter des Restaurants und diesen gegenüber zur Kündigung berechtigt. Nur in Einzelfällen unterstützten Mitarbeiter der Antragstellerin zu 1. die Restaurantleiter bei der Formulierung von Kündigungsschreiben oder Abmahnungen. Ein Restaurantleiter erstelle die Dienst- und Urlaubspläne eigenständig. Eine übergeordnete Hierarchieebene sei in einen Personalaustausch zwischen den Restaurants nicht eingebunden. Jeder Restaurantleiter entscheide eigenverantwortlich, ob und in welchem Umfang er auf die Anfrage eines anderen Restaurantleiters Personal zur Verfügung stelle.

9

Die Antragstellerinnen haben behauptet, dass der in der Wahlniederschrift als Wahlbewerber in der Liste „K/M“ aufgeführte Herr N ohne seine Bereitschaft in die Liste der Wahlbewerber aufgenommen worden sei.

10

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

        

1.    

die Betriebsratswahl für die M e.K. & S GmbH vom 24. Juli 2013 für unwirksam zu erklären;

        

2.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 1. in der S A und in der G Straße einen Betrieb im Sinne des BetrVG bilden;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 1. in der S A und der G Straße jeweils einen Betrieb im Sinne des BetrVG bilden;

        

3.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 2. am A und in der Schstraße ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 2. am A und in der Schstraße jeweils ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

4.    

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 3. in der A d K ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

5.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 4. in A-F und der Beteiligten zu 6. in der Westraße ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 4. in A-F ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

6.    

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 5. Am T ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

7.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 6. in der B Straße und im E ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 6. in der B Straße und im E jeweils ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

8.    

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 7. in der Hstraße ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

9.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 8. in der K-Straße und im R ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 8. in der K-Straße und im R jeweils ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

10.     

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 9. im O ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

11.     

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 10. in der P ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

12.     

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 11. in der W ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist.

11

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

die Anträge zurückzuweisen,

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 6. in der B Straße, im E und der Westraße 22 ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind.

12

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, eine rechtliche Verbundenheit der Antragstellerinnen durch eine gemeinsame Führung sei bereits dadurch gegeben, dass die Antragstellerinnen durch die Antragstellerin zu 1. vertreten würden, deren Geschäftsführer Herr F sei.

13

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Restaurantleiter verfügten nur über beschränkte Befugnisse im Rahmen vorgegebener Anweisungen. Der Betriebsmittelerwerb und Reparaturarbeiten, die Personalverwaltung und Lohnbuchhaltung würden unverändert zentral koordiniert. Der Personalaustausch zwischen den Restaurants erfolge nach einem von der Geschäftsführung vorgegebenen Konzept. Dienstpläne würden nach tagesbezogenen Vorgaben erstellt. Nach zentralen Vorgaben erstellte Urlaubspläne müssten von Herrn F, Herrn S oder Herrn A genehmigt werden. Die Arbeitsverträge der Mitarbeiter würden nicht nur in den Restaurants, sondern zusätzlich auch in der zentralen Verwaltung geführt. Entlassungen und Abmahnungen von gewerblichen Arbeitnehmern würden nach vorheriger Abstimmung von dem Gebietsleiter S oder von einem anderen Mitarbeiter der übergeordneten Führungsebene formuliert; nur die Unterzeichnung und Übergabe des Kündigungs- oder Abmahnungsschreibens obliege den Restaurantleitern. Zur Einstellung, Entlassung und Abmahnung von Shiftleadern und Assistant Managern seien ausweislich der weiterhin geltenden Stellenausschreibungen nicht die Restaurantleiter, sondern der „Gebietsleiter, Operations Manager, Arbeitgeber“ befugt.

14

Das Arbeitsgericht hat dem Wahlanfechtungsantrag sowie den Hauptfeststellungsanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Abweisungsanträge weiter. Die Antragstellerinnen beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

15

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die Hilfsanträge sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

16

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie genügt den Anforderungen des § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG.

17

1. Nach § 94 Abs. 2, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Rechtsbeschwerdebegründung die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe. Bei einer Sachrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Rechtsbeschwerdebegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Rechtsbeschwerdeangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Rechtsbeschwerdebegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft sein soll (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 7 ABR 20/13 - Rn. 12 mwN). Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Rechtsbeschwerde stützen will. Zudem muss die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Beschwerdebeschlusses dargelegt werden (vgl. zur Revision: BAG 28. September 2016 - 7 AZR 377/14 - Rn. 12; 10. März 2015 - 3 AZR 56/14 - Rn. 16 mwN).

18

2. Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerdebegründung des Betriebsrats gerecht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen setzt sich die Rechtsbeschwerde mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses in gebotener Weise auseinander.

19

a) Das Landesarbeitsgericht hat dem Wahlanfechtungsantrag sowie den Hauptfeststellungsanträgen im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, der Wahlvorstand habe den Betriebsbegriff verkannt. Die bezeichneten Restaurants stellten eigene Betriebe dar, soweit nicht die dort genannten „Satellitenrestaurants“ bestimmten Hauptrestaurants zuzuordnen seien. Ausgangspunkt der Beurteilung sei, dass grundsätzlich jedes Restaurant ein Betrieb eines Unternehmens sei. Nur bei einem gemeinsamen Einsatz von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern durch eine zentrale Leitung sei von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Restaurants der Antragstellerinnen nicht einheitlich geleitet würden und somit keinen gemeinsamen Betrieb bildeten. Es hat festgestellt, dass die Arbeitnehmer und die jeweils genutzten sächlichen Betriebsmittel stets nur einem Restaurant ggf. einschließlich des ihm zugeordneten „Satellitenrestaurants“ zugeteilt gewesen seien. Sie würden generell nur dort und nicht betriebsübergreifend eingesetzt. Arbeitsverträge, Kündigungen und Abmahnungen von gewerblichen Arbeitnehmern würden von den jeweiligen Restaurantleitern unterzeichnet und die Arbeitsverträge in den jeweiligen Hauptrestaurants verwahrt. Soweit entsprechende Schriftstücke durch einen Mitarbeiter der zentralen Verwaltung vorformuliert worden seien, handele es sich allein um Unterstützungsleistungen. Tatsachen, aus denen sich ergäbe, dass damit auch eine Entscheidungsbefugnis auf zentraler Ebene läge, seien weder dem Vortrag des Betriebsrats zu entnehmen noch ansonsten zu erkennen. Die Restaurantleiter nähmen die ihnen im Außenverhältnis zu den Arbeitnehmern zukommende Vertretungsmacht weitgehend weisungsfrei wahr. Vorgaben bestimmter Richtlinien stünden der Annahme einer dezentralen Leitungsebene nicht entgegen. Die Personalbefugnis der Restaurantleiter erstrecke sich auf das Managementpersonal.

20

b) Der Betriebsrat hat mit der Rechtsbeschwerde eingewandt, den Antragstellerinnen fehle bereits die Antragsberechtigung für das Wahlanfechtungsverfahren, weil sie nicht Betriebsinhaberinnen seien, sondern Herr F. Fehlerhaft sei auch der in dem Beschluss eingenommene „Ausgangspunkt“, dass jedes Restaurant grundsätzlich als eigener Betrieb anzusehen sei. Auf die sogenannten „Satellitenrestaurants“ treffe dies schon nach der eigenen Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht zu. Das Landesarbeitsgericht sei zudem verfahrensfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerinnen die ihnen gehörenden Restaurantbetriebe selbständig leiteten. Es habe eine einheitliche Leitung der Restaurantbetriebe durch Herrn F in personellen und sozialen Angelegenheiten verneint, ohne die vom Betriebsrat vorgetragenen Indizien zu den eingeschränkten Befugnissen der Restaurantleiter insbesondere bei der Einstellung, Entlassung und Abmahnung von Mitarbeitern vollständig zu würdigen und dem entsprechenden Beweisangebot des Betriebsrats nachzugehen. Damit sind Gegenstand und Richtung der Rechtsbeschwerdeangriffe eindeutig erkennbar. Das Vorbringen ist geeignet, die angefochtene Entscheidung in Frage zu stellen.

21

II. Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des Wahlanfechtungsantrags zu 1. begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann diesem Antrag nicht stattgegeben werden. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

22

1. Der auf Anfechtung der Wahl gerichtete, nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte Antrag zu 1. ist zulässig. Die Antragstellerinnen haben ausschließlich die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl vom 24. Juli 2013 geltend gemacht. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Wahl bestehen nicht (vgl. zu den strengen Anforderungen an die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 139, 197).

23

2. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die zulässig angefochtene Betriebsratswahl unwirksam ist.

24

a) Die formellen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG sind erfüllt.

25

aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Antragstellerinnen und nicht Herr F nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt waren.

26

(1) Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind zur Anfechtung berechtigt mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder „der Arbeitgeber“. Eine ausdrückliche Regelung dazu, wer im Falle eines Gemeinschaftsbetriebs mehrerer Arbeitgeber für die Unternehmerseite zur Wahlanfechtung berechtigt ist, sieht das Gesetz nicht vor (für eine nur gemeinsame Berechtigung zur Anfechtung: LAG Niedersachsen 14. Januar 2016 - 5 TaBV 33/15 - zu II A 3 a und b der Gründe; Fitting 28. Aufl. § 19 Rn. 32; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 74; DKKW/Homburg 15. Aufl. § 19 Rn. 28; ErfK/Koch 17. Aufl. § 19 BetrVG Rn. 11; Bonanni/Mückl BB 2010, 437, 440; offengelassen BAG 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - zu B I 1 a der Gründe). Dazu bedarf es im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Die Wahl wurde von den hierzu berechtigten Antragstellerinnen gemeinsam angefochten. Sie haben geltend gemacht, die bei allen Antragstellerinnen beschäftigten Arbeitnehmer hätten keinen gemeinsamen Betriebsrat wählen dürfen.

27

(2) Nicht anfechtungsberechtigt ist hingegen, wer nicht als Rechtsträger in einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zu dem Betriebsrat steht (vgl. BAG 28. November 1977 - 1 ABR 36/76 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 29, 392). Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist daher nicht Herr F als alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 1. und Kommanditist der Antragstellerinnen zu 2. bis 11. Arbeitgeber iSv. § 19 Abs. 2 BetrVG. Er war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die der Betriebsrat nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, seit dem 1. September 2011 und damit im Zeitpunkt der Wahl am 24. Juli 2013 nicht mehr als Einzelkaufmann Inhaber der Restaurants. Inhaberinnen der Betriebe sind seither allein die Antragstellerinnen.

28

bb) Die Betriebsratswahl wurde rechtzeitig binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten. Der Wahlvorstand leitete dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. am 31. Juli 2013 eine Wahlniederschrift zu. Die Bekanntmachung der Gewählten wurde am 2. August 2013 vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes per E-Mail als pdf-Datei an die einzelnen Restaurants mit der Aufforderung des Aushangs übermittelt. Hierauf fochten die Antragstellerinnen mit der am 14. August 2013 per Fax und am 15. August 2013 im Original beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antragsschrift die Wahl an. Unschädlich ist, dass die Antragsschrift dem Betriebsrat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erst am 5. September 2013 (nach der Postzustellungsurkunde zutreffend am 31. August 2013) und damit nach Ablauf der Anfechtungsfrist zugestellt wurde. Es genügt, dass die Antragsschrift innerhalb der Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beim Arbeitsgericht eingeht, wenn die Zustellung - wie hier - „demnächst“ iSd. § 167 ZPO erfolgt ist(vgl. BAG 13. März 2013 - 7 ABR 67/11 - Rn. 9).

29

b) Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann dem Wahlanfechtungsantrag nicht stattgegeben werden. Die Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG hängt im vorliegenden Fall davon ab, ob im Zeitpunkt der Wahl des Betriebsrats am 24. Juli 2013 die Voraussetzungen eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen iSd. § 1 Abs. 2 BetrVG vorlagen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Antragstellerinnen im Zeitpunkt der Betriebsratswahl keinen gemeinsamen Betrieb iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG geführt haben. Gegen die Feststellungen hat der Betriebsrat mit einer Verfahrensrüge zu Recht geltend gemacht, dass die tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse der Restaurantleiter nicht vollständig aufgeklärt sind.

30

aa) Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl eines Betriebsrats angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, durch den Verstoß konnte das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflusst werden. Ein solcher Verstoß liegt ua. vor, wenn bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtliche Betriebsbegriff verkannt wurde (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN).

31

(1) Ein Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. zur st. Rspr.: BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 27; 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 22; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 18 mwN; 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 - Rn. 15, BAGE 121, 7).

32

(2) Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden mit der Folge, dass ein (gemeinsamer) Betriebsrat zu wählen ist.

33

(a) Davon geht das BetrVG in seinem § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 aus. Nach der Senatsrechtsprechung vor dem Inkrafttreten von § 1 BetrVG in der jetzigen Fassung war von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt wurden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wurde. Dazu mussten sich die beteiligten Unternehmen zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung musste sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügte dagegen nicht. Vielmehr mussten die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des BetrVG institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 28; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 19 mwN). Für die Frage, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird, war vor allem entscheidend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (vgl. BAG 22. Juni 2005 - 7 ABR 57/04 - zu B II 1 der Gründe mwN). Daran hat sich durch das Betriebsverfassungsreformgesetz vom 23. Juli 2001 nichts geändert. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten weiter (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 28; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 23 mwN).

34

(b) Nach § 1 Abs. 2 BetrVG in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 wird ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden (Nr. 1) oder wenn die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert (Nr. 2). In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Begriff des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nicht eigenständig definiert, sondern unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs geregelt, dass unter den genannten Voraussetzungen ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen - widerlegbar - vermutet wird. Die Vermutungstatbestände dienen dem Zweck, Betriebsräten und Wahlvorständen den in der Praxis oft schwer zu erbringenden Nachweis einer Führungsvereinbarung zu ersparen (vgl. BT-Drs. 14/5741 S. 33). Die von der Rechtsprechung zum Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten daher auch nach dem Inkrafttreten des Betriebsverfassungsreformgesetzes weiter, wobei das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparats unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BetrVG vermutet wird. Greifen die Vermutungstatbestände nicht ein, besteht dennoch ein gemeinsamer Betrieb, wenn sich mehrere Unternehmen - ausdrücklich oder konkludent - zur Führung eines gemeinsamen Betriebs rechtlich verbunden haben (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 29; 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 - zu B III 2 der Gründe mwN).

35

(3) Bei den Begriffen des Betriebs und des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Beurteilung, ob Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden, steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungsgrundsätze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 31; 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 28 mwN; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 26 mwN).

36

bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Restaurants der Antragstellerinnen seien im Zeitpunkt der Wahl am 24. Juli 2013 nicht als gemeinsamer Betrieb geführt worden, nicht stand.

37

(1) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es spreche gegen eine einheitliche Leitung der Restaurants durch die Antragstellerinnen, dass die Arbeitnehmer jeweils nur in einem Restaurant ggf. einschließlich des zugeordneten „Satellitenrestaurants“ eingesetzt würden. Ein ausnahmsweise betriebsübergreifender Personaleinsatz erfolgte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur auf Anfrage eines sowie mit Bewilligung des „abgebenden“ Restaurantleiters, ohne dass eine übergeordnete Hierarchieebene daran beteiligt war. Diese Feststellungen hat der Betriebsrat nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Wird der Personaleinsatz auch zwischen Haupt- und „Satellitenrestaurant“ jeweils durch die jeweilige Leitung des (Haupt-)Restaurants und ohne Beteiligung einer übergeordneten Führungsebene gesteuert, liegt darin ein starkes Indiz gegen das Bestehen eines gemeinsamen Betriebs aller Antragstellerinnen.

38

Entgegen der Auffassung des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht auch zutreffend angenommen, die dauerhafte Versetzung von Personal nach der Schließung eines Restaurants spreche nicht für einen wechselseitigen, dauerhaften Personaleinsatz. Wird Personal aus bestimmten Restaurants bei Neueröffnung oder Schließung anderer Restaurants dauerhaft in einem anderen Restaurant eingesetzt, liegt darin kein Anhaltspunkt für eine fortwährend gemeinsame Leitung in personellen Angelegenheiten in Form einer gemeinsamen Personaleinsatzplanung.

39

Rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden ist die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Vorgabe von Mitarbeiterstunden bei der Dienstplanung spreche nicht für eine betriebsübergreifende einheitliche Leitung, weil erst die konkrete Dienstplanung für die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebs entscheidend sei. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag die Dienstplangestaltung im Aufgabenbereich der Restaurantleiter, selbst wenn diese nach dem Vortrag des Betriebsrats durch die zentrale, tagesbezogene Vorgabe von Mitarbeiterstunden stark eingeschränkt gewesen sein sollte.

40

(2) Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Restaurantleiter nähmen die ihnen im Außenverhältnis zu den Arbeitnehmern zukommende Vertretungsmacht auch bei Einstellungen, Entlassungen und Abmahnungen weitgehend weisungsfrei wahr, beruht jedoch auf einem unvollständig aufgeklärten Sachverhalt. Darauf hat sich der Betriebsrat mit der Rüge einer unterlassenen Beweisaufnahme zu Recht berufen.

41

(a) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Anhörungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. In rechtsbeschwerderechtlicher Hinsicht ist allein zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 41). Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, wo konkret das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 42).

42

(b) Danach greifen die vom Betriebsrat gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen einer zentralen Leitungsebene erhobenen Verfahrensrügen durch.

43

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass Arbeitsverträge, Kündigungen und Abmahnungen von den Restaurantleitern unterzeichnet und die Arbeitsverträge in den jeweiligen Hauptrestaurants verwahrt würden. Soweit entsprechende Schriftstücke durch einen Mitarbeiter der zentralen Verwaltung vorformuliert würden, handele es sich allein um eine Unterstützungsleistung. Tatsachen, aus denen sich ergeben würde, dass damit auch eine Entscheidungsbefugnis auf zentraler Ebene läge, seien weder dem Vortrag des Betriebsrats zu entnehmen noch ansonsten zu erkennen. Die Restaurantleiter nähmen die ihnen im Außenverhältnis zu den Arbeitnehmern zukommende Vertretungsmacht weitgehend weisungsfrei wahr. Da sie nicht der Unternehmer selbst seien, stünde die Vorgabe bestimmter Richtlinien der Annahme einer dezentralen Leitungsebene nicht entgegen.

44

Gegen diese Feststellung hat der Betriebsrat mit einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge geltend gemacht, er habe bereits in der Beschwerdebegründung vom 16. Juli 2014 unter Beweisantritt vorgebracht, dass Entlassungen von gewerblichem Personal und die Erteilung von Abmahnungen nur in Absprache mit Herrn F, Herrn S bzw. Herrn A habe durchgeführt werden sollen. Es habe sich hierbei nicht nur um Unterstützungsleistungen gehandelt. Zu dieser Behauptung wären die vom Betriebsrat benannten Restaurantleiter/innen B G, L R, J N, I G und A G als Zeugen zu hören gewesen. Der Betriebsrat hat den übergangenen Beweisantritt in der Beschwerdebegründung genau bezeichnet und dargelegt, dass ein entsprechendes Beweisergebnis das Landesarbeitsgericht bei einer neuen Würdigung aller Umstände zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Die Verfahrensrüge des Betriebsrats ist erheblich. Würden die Entscheidungen über Abmahnungen und den Bestand des Arbeitsverhältnisses mit dem gewerblichen Personal erst nach einer Absprache mit dem Geschäftsführer oder den Mitarbeitern der Antragstellerin zu 1. getroffen, könnte eine bloße Unterstützungsleistung nicht angenommen werden. Die Feststellung, dass Arbeitsverträge, Kündigungen und Abmahnungen von gewerblichen Arbeitnehmern von den jeweiligen Restaurantleitern unterzeichnet und in den jeweiligen Hauptrestaurants verwahrt würden, spricht nur dann entscheidend gegen eine gemeinsame Leitung der Restaurants, wenn die zugrunde liegenden Entscheidungen tatsächlich auch von den Restaurantleitern getroffen und nicht nur weisungsgemäß vollzogen wurden.

45

(bb) Soweit das Landesarbeitsgericht weiter angenommen hat, dass sich die Personalbefugnis der Restaurantleiter auf das Managementpersonal der ihnen unterstellten Restaurants erstrecke, hat der Betriebsrat gerügt, er habe in der Beschwerdebegründung vom 16. Juli 2014 unter Beweisantritt geltend gemacht, dass die Restaurantleiter zur Einstellung, Entlassung und Abmahnung von Shiftleadern und Assistant Managern nicht befugt seien.

46

Die zulässige Rüge ist begründet. Zu Recht erkennt das Landesarbeitsgericht zwar einen Anhaltspunkt gegen das Bestehen eines zentralen Leitapparats, von dem aus die wesentlichen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben in sozialen und personellen Angelegenheiten gesteuert werden, in der von den Antragstellerinnen vorgelegten Stellenbeschreibung für Restaurantmanager. Diese sieht vor, dass Restaurantleiter nicht nur den gewerblichen Mitarbeitern, sondern auch den Managementmitarbeitern disziplinarisch vorgesetzt und diesen gegenüber zur Kündigung berechtigt sind. Soweit sich demgegenüber aus der vom Betriebsrat vorgelegten Stellenbeschreibung für Shiftleader sowie für Assistant Manager ergibt, dass nicht die Restaurantmanager, sondern Gebietsleiter und andere übergeordnete und betriebsübergreifend tätige Personen zur Kündigung berechtigt sind, besteht allerdings ein Widerspruch, den das Landesarbeitsgericht im Wege der Beweisaufnahme durch Vernehmung der benannten Zeugen weiter hätte aufklären müssen. Die Beweisaufnahme ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil der Betriebsrat dem Vortrag der Antragstellerinnen nicht entgegengetreten ist, die Stellenbeschreibungen aus dem Jahr 2011 fänden keine Anwendung mehr. Dies trifft nicht zu. Der Betriebsrat hat mit der Beschwerde vorgetragen, die Stellenbeschreibungen seien nach wie vor gültig und entsprächen weiterhin der Handhabung. Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, Vorgänge zur Leitungsstruktur vor dem 1. September 2011 seien „allenfalls indiziell“ bedeutsam, tatsächlich aber „wohl“ für die Beurteilung der Wirksamkeit der Betriebsratswahl am 24. Juli 2013 unerheblich, hat es nicht gewürdigt, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. F in dem vor dem Arbeitsgericht (- 27 BVGa 15475/11 -) geführten Verfahren am 24. November 2011 erklärt hat, die Übertragung der Restaurants auf die Antragstellerinnen sei allein aus haftungsrechtlichen Gründen erfolgt, habe in der Sache aber keine Veränderungen bewirkt. Diese Erklärung spricht für - und nicht gegen - die Vermutung einer Führungsvereinbarung in personellen und sozialen Angelegenheiten nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG.

47

Auch die vom Landesarbeitsgericht exemplarisch festgestellten Fälle, in denen die Restaurantleiter Anstellungsverträge, Abmahnungen, Kündigungen und Aufhebungsverträge unterzeichnet sowie eine Betriebsratsanhörung durchgeführt haben, widerlegen nicht den Vortrag des Betriebsrats, es bedürfe unverändert einer vorherigen Abstimmung mit der übergeordneten Leitung sämtlicher Restaurants in personellen und sozialen Angelegenheiten, zumal das Landesarbeitsgericht selbst unterstellt hat, dass in „Einzelfällen“ Aufhebungsverträge durch Herrn S abgeschlossen worden seien.

48

(cc) Die Rüge der unterlassenen Beweisaufnahme ist schließlich hinsichtlich des Vortrags des Betriebsrats begründet, die Restaurantleiter hätten die Urlaubspläne Herrn F, Herrn S oder Herrn A zur Genehmigung vorlegen müssen. Träfe dies zu, könnte auch die vom Landesarbeitsgericht als Einzelfall gewürdigte Urlaubsbewilligung durch Herrn S am 4. Oktober 2013 in einem anderen Licht erscheinen.

49

(dd) Hätte sich der Vortrag des Betriebsrats nach einer Beweisaufnahme als zutreffend erwiesen, wäre es nicht ausgeschlossen, dass das Landesarbeitsgericht bei einer Würdigung der Gesamtumstände zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

50

cc) Die begründeten Verfahrensrügen führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Anhörung und Entscheidung über den Antrag zu 1. (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat im Wege der gebotenen Beweisaufnahme ergänzend aufzuklären, ob die Restaurantleiter im Zeitpunkt der Betriebsratswahl am 24. Juli 2013 nicht nur formal, sondern auch tatsächlich entscheidungsbefugt waren. Weiter aufzuklären ist auch, ob die Urlaubspläne der einzelnen Restaurants zentral genehmigt werden mussten.

51

Sollte die gebotene Beweisaufnahme den Vortrag des Betriebsrats zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts (§ 286 ZPO) ganz oder teilweise bestätigen, hätte es unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses nach einer vollständigen Gesamtwürdigung zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines gemeinsamen Betriebs vorlagen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Antragstellerinnen oder Herr F persönlich Franchisenehmer war. Dies betrifft im Kern zunächst nur eine Vertragsfrage. Es ist nicht erkennbar, welche konkreten Auswirkungen sich für die Betriebsorganisation daraus ergeben. Ebenso wenig lässt der Umstand, dass sich an den Restaurants ein Betreiberschild mit der Firma der Betreiber befindet und die Kassenquittungen die Antragstellerinnen als Rechnungssteller und Betreiber ausweisen, darauf schließen, ob die Restaurants betriebsorganisatorisch eigenständig oder zentral geleitet werden. Nicht entscheidend ist dafür auch, unter welcher Firma Zahlungen, Rechnungen gestellt werden und Lohnabrechnungen erfolgen. Indizien für die Feststellung einer einheitlichen oder gemeinsamen Leitung der Restaurants können sich hingegen aus den Bestellvorgängen der Ware sowie daraus ergeben, ob und inwieweit die einzelnen Restaurantleiter für den Zahlungsverkehr und die Erstellung von Lohnabrechnungen verantwortlich sind.

52

c) Die Zurückverweisung ist schließlich nicht deshalb entbehrlich, weil sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist (§ 561 ZPO). Anhand der getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Wahlvorschlagsliste gegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 WO verstößt und die Wahl vom 24. Juli 2013 deshalb anfechtbar ist.

53

aa) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 WO sind Vorschlagslisten ungültig, wenn eine schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen oder Bewerber zur Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht vorliegt und dieser Mangel trotz Beanstandung nicht binnen einer Frist von drei Arbeitstagen beseitigt worden ist.

54

bb) Nach der Begründung des Landesarbeitsgerichts bedurfte es keiner Feststellungen dazu, ob Herr N ohne sein Einverständnis auf einer Wahlliste aufgeführt war. Zwar kann der Senat anhand der vom Betriebsrat zur Akte gereichten Kopie der betreffenden Vorschlagsliste entnehmen, dass sich neben dem Namen des Herrn N eine Unterschrift in der Spalte befindet, die mit „Zustimmung zur Bewerbung (Unterschrift)“ überschrieben ist. Damit steht aber noch nicht fest, ob es sich hierbei um die Unterschrift des Herrn N handelt. Dies wird das Landesarbeitsgericht ggf. aufzuklären haben.

55

III. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Hauptfeststellungsanträgen zu 2. bis 12. stattgegeben hat. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei den Restaurants handele es sich um Betriebe iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - teilweise einschließlich zugeordneter „Satellitenrestaurants“ - hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht beurteilen, ob die den Antragstellerinnen zugeordneten Restaurants - teilweise einschließlich bestimmter „Satellitenrestaurants“ - eigenständige Betriebe sind.

56

1. Die Hauptfeststellungsanträge zu 2. bis 12. sind nach der gebotenen Auslegung zulässig. Mit den Anträgen soll festgestellt werden, dass die dort bezeichneten Restaurants - teilweise unter Berücksichtigung bestimmter „Satellitenrestaurants“ - im Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz eigenständige Betriebe im Sinne des BetrVG bilden. Die Feststellungsanträge sind mit diesem Inhalt hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und nach § 18 Abs. 2 BetrVG zulässig.

57

a) Nach dieser Bestimmung kann bei Zweifeln darüber, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, ua. der Arbeitgeber eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts kann außerhalb und ohne Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl herbeigeführt werden. Gegenstand und Ziel des Verfahrens nach § 18 Abs. 2 BetrVG bestehen nicht nur darin, Streitigkeiten über die Zuständigkeit eines gewählten oder noch zu wählenden Betriebsrats oder Meinungsverschiedenheiten über den Umfang von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats, die zum Teil von der Anzahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abhängen, zu entscheiden. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG dient auch dazu, die Voraussetzungen für eine (künftige) ordnungsgemäße Betriebsratswahl zu schaffen. Die gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG klärt daher eine für die gesamte Betriebsverfassung grundsätzliche Vorfrage, indem sie für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz verbindlich festlegt, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, in dem ein Betriebsrat gewählt wird und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen kann. Für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 18 Abs. 2 BetrVG kommt es daher nicht darauf an, in welchen betrieblichen Organisationseinheiten bereits Betriebsräte gewählt sind. Damit ist die betriebsverfassungsrechtliche Situation allenfalls für die laufende Amtszeit der Betriebsräte geklärt. Für künftige Betriebsratswahlen besteht nach wie vor ein Interesse an der Feststellung, in welcher Organisationseinheit ein Betriebsrat zu wählen ist (BAG 24. April 2013 - 7 ABR 71/11 - Rn. 22, BAGE 145, 60; 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 - zu B II 1 der Gründe).

58

b) Durch die begehrte Entscheidung lässt sich für die Zukunft rechtsverbindlich die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage klären, ob die jeweiligen Restaurants - ggf. unter Zuordnung bestimmter „Satellitenrestaurants“ - eigenständige Betriebe darstellen.

59

2. Über die Begründetheit der Anträge kann der Senat jedoch noch nicht abschließend entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat die jeweilige Stattgabe der Hauptanträge zu 2. bis 12. im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die zuvor erfolgten Ausführungen hinsichtlich des Nichtvorliegens eines gemeinsamen Betriebs der Antragstellerinnen begründet. Dies ist rechtsfehlerhaft.

60

a) Das folgt schon daraus, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Antragstellerinnen unterhielten keinen gemeinsamen Betrieb, auf einer unvollständigen Sachaufklärung beruht. Das Landesarbeitsgericht hat außerdem nicht beachtet, dass die Stattgabe des Wahlanfechtungsantrags nicht automatisch für die Entscheidung der Hauptanträge zu 2. bis 12. maßgeblich ist. Aus der Verneinung eines gemeinsamen Betriebs der Antragstellerinnen zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl am 24. Juli 2013 folgt nicht zwangsläufig im Umkehrschluss, dass die einzelnen Restaurants eigenständige Betriebe darstellen. Hierzu bedarf es zu dem für einen Antrag nach § 18 Abs. 2 BetrVG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung gesonderter Feststellungen.

61

b) Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Beschlusses über die Anträge zu 2. bis 12. und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei der neuen Anhörung und Entscheidung der Sache wird sich das Landesarbeitsgericht nicht auf Feststellungen beschränken können, ob die in den jeweiligen Betriebsstätten vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel von den verschiedenen Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt wurden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft der Arbeitnehmer von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wurde, zu dem sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend rechtlich verbunden haben. Das Landesarbeitsgericht muss auch feststellen, ob und ggf. welche der Restaurants als eigenständige Betriebe oder als unselbständige Betriebsteile anzusehen und ggf. welchen Hauptbetrieben sie zuzuordnen sind. Dazu hat das Landesarbeitsgericht bisher keine konkreten Feststellungen getroffen.

62

aa) Ein Betriebsteil kann einem Hauptbetrieb zuzuordnen sein oder als selbständiger Betrieb gelten, für den ein eigener Betriebsrat zu bilden ist.

63

(1) Ein Betriebsteil ist auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert. Er ist allerdings gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt. Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 BetrVG. Für einen Betriebsteil genügt ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Dazu reicht es aus, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 23; 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 - Rn. 15, BAGE 121, 7).

64

(2) § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG bestimmt im Wege einer gesetzlichen Fiktion, dass ein Betriebsteil als selbständiger Betrieb gilt, wenn er räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt(§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG) oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG). Für einen solchen Betriebsteil ist grundsätzlich ein eigener Betriebsrat zu wählen, es sei denn, die Arbeitnehmer haben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG beschlossen, an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb teilzunehmen. Die für einen selbständigen Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG erforderliche relative Eigenständigkeit setzt keinen umfassenden eigenen Leitungsapparat voraus, erfordert aber, dass es in dem Betriebsteil eine eigenständige Leitung gibt, die in der Lage ist, die Arbeitgeberfunktionen in den wesentlichen Bereichen der betrieblichen Mitbestimmung wahrzunehmen(vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 24 mwN).

65

bb) Danach ist das Landesarbeitsgericht für die Feststellung der betriebsratsfähigen Einheit nach § 18 Abs. 2 BetrVG unzutreffend davon ausgegangen, für die Beurteilung des Betriebsbegriffs könne „im Ausgangspunkt“ grundsätzlich angenommen werden, dass jedes Restaurant als Betrieb eines Unternehmens anzusehen ist. Zwar verfügt jedes Restaurant nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über einen eigenen Küchenbereich mit Ausstattung zur Zubereitung der Speisen und Getränke ausschließlich für die dort zu bewirtenden Gäste, über einen Kassenbereich und einen Gastraum. In keinem Restaurant werden Speisen oder Getränke für andere Restaurants zubereitet oder verkauft. Dies trifft aber sowohl auf die Haupt- wie auch auf die „Satellitenrestaurants“ zu. Es ist damit weder ausgeschlossen, dass es sich bei den Restaurants um Teile eines gemeinschaftlichen Betriebs handelt noch steht fest, dass alle oder einzelne mit anderen Restaurants einen gemeinschaftlichen Betrieb bilden. Die Antragstellerinnen selbst sehen bestimmte einzelne „Satellitenrestaurants“ als Teile einzelner Hauptbetriebe an. Auf den Zeitpunkt der letzten Anhörung durch das Landesarbeitsgericht bezogen bedarf es daher konkreter Feststellungen zu der Leitung jedes der in den Anträgen zu 2. bis 12. bezeichneten Restaurants.

66

IV. Die unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellten Hilfsanträge der Antragstellerinnen und des Betriebsrats fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an, da nicht feststeht, ob die hierfür erforderliche Bedingung des Unterliegens mit den Hauptanträgen eingetreten ist.

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    Schiller    

        

    Donath    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Dezember 2010 - 14 TaBV 24/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch darüber, ob die zu 2. und 3. beteiligten Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen.

2

Das zu 2. beteiligte Unternehmen (künftig: A) erbringt Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen. Es hat seinen Sitz in F und unterhält ua. am Flughafen D eine Niederlassung. Dort ist es als zugelassener Dienstleister mit der Bodenabfertigung von Verkehrsflugzeugen der KLM, Air France, Aer Lingus, Iberia, Alitalia, SAS, Swiss Air, Czech Airlines und diverser Chartergesellschaften befasst und beschäftigt ca. 120 Arbeitnehmer. 

3

Das zu 3. beteiligte Unternehmen (künftig: A D) ist eine Ende Oktober 2008 gegründete, 100%ige Tochtergesellschaft der A. Sie hat am 20. Oktober 2010 mit der A H D GmbH als herrschendem Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen; ein solcher Vertrag bestand zunächst mit der A als herrschendem Unternehmen und wurde zum 22. November 2010 gekündigt. Seit dem 14. Dezember 2009 ist alleiniger Geschäftsführer der A D Herr T, der früher als stellvertretender Stationsleiter der A in der Niederlassung D beschäftigt war. Seit ihrer Gründung übernimmt die A D als Subunternehmerin für die A die Bodenabfertigung von Flugzeugen der Lufthansa und mit dieser verbundener Verkehrsunternehmen, zB Eurowings, Lufthansa City Line, Contact Air. Sie setzt hierfür ca. 260 Arbeitnehmer ein, davon etwa 245 ihr im Wege der Arbeitnehmerüberlassung von der A Services GmbH (künftig: AS) gestellte Leiharbeitnehmer. Die AS wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Juni 2008 als 100%ige Tochtergesellschaft der A gegründet. Sie hat gleichfalls am 20. Oktober 2010 mit der A H D GmbH als herrschendem Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen; ein solcher Vertrag bestand zunächst mit der A als herrschendem Unternehmen. Bis zur Gründung der A D fertigte die A die Flugzeuge der Lufthansa ab und setzte dabei auch Leiharbeitnehmer der AS ein.

4

Die ca. 400 qm großen Räumlichkeiten der A befinden sich auf dem Flughafengelände hinter dem Terminal C. In einem Aufenthaltsraum von ca. 300 qm warten die Arbeitnehmer auf ihre Einsätze, die von einem Dispatcher angeordnet werden; in unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich die Toilettenanlagen sowie Dusch- und Umkleideräume. Die Arbeitseinsätze werden manuell in einen Bildschirm eingegeben. Die Einsatzzentrale mit einem offenen Schalter befindet sich mitten im Aufenthaltsraum. Es gibt einen Aushang mit Arbeitsanweisungen und einen Schaukasten mit Dienstplänen. Die Verwaltung der Niederlassung - ua. der Leiter der Flugzeugabfertigung - ist in einem Nebenraum untergebracht. Das operative Geschäft untersteht dem Stationsleiter Herrn F, der mit zwei weiteren Mitarbeitern von einem im Terminal B gelegenen Büro aus tätig wird. Die Personalakten der Arbeitnehmer befinden sich in der Personalabteilung in F. Der dort ansässige Personalleiter Herr R ist zentral zuständig für die Herrn F nicht übertragenen Personalangelegenheiten.

5

Die ca. 200 qm großen Räumlichkeiten der A D befinden sich ca. 3 km entfernt von denen der A in der Nähe des Terminals A. Sie bestehen ua. aus einem Aufenthaltsraum, in dem Arbeitspläne aushängen und die von der AS überlassenen Arbeitnehmer auf ihre Einsätze warten. Die Arbeitsabläufe werden in einem getrennten Nebenraum von Dispatchern auf Bildschirmen im Rahmen eines sog. Realtime-Systems gesteuert und überwacht. Es handelt sich um ein abgeschlossenes System, in das sich Mitarbeiter der A nicht einloggen können. Die Dispatcher, denen ein „Teamleader“ vorsteht, sind überwiegend bei der A D angestellt, zum Teil aber bei der AS. In einem benachbarten Verwaltungsraum sind der Geschäftsführer T und weitere Verwaltungsmitarbeiter untergebracht. Hier befinden sich die Personalakten der Mitarbeiter der A D sowie die Personalstammblätter der Leiharbeitnehmer. In einem Kellertrakt befinden sich Toilettenanlagen und Duschräume.

6

A und A D nutzen das sog. Proveo-System, mit dessen Hilfe der Einsatz von Betriebsmitteln auf dem Flughafengelände überwacht werden kann. Beide Unternehmen greifen über gesonderte Accounts mit eigenem Passwort auf das System zu. Sie bedienen sich außerdem gleichartiger EDV-Programme, deren Systemkreisläufe aber vor allem für die Buchhaltung und Abrechnung voneinander getrennt sind. Die Dienstpläne für die Arbeitnehmer der A und der A D wurden zunächst durch eine Personalbetreuerin der A erstellt. Seit Anfang 2010 erfolgt eine getrennte Aufstellung der Dienst- und Einsatzpläne.

7

Die A und die A D verfügen jeweils über einen eigenen Fahrzeug- und Gerätepark. Bei personellen Engpässen kommt es wechselseitig zum Austausch von Betriebsmitteln (etwa von Wasserfahrzeugen, Fäkalienfahrzeugen und Airstartern) und bisweilen zum Austausch von Arbeitnehmern. Fahrzeuge und Gerätschaften werden im Bedarfsfall auch von der Flughafen D G H GmbH (FDGH) - der anderen am Flughafen tätigen Bodenabfertigungsdienstleisterin und 100%igen Tochtergesellschaft der den Flughafen betreibenden Flughafen D GmbH (FDG) - gestellt. Im Übrigen nutzen die A und die A D ebenso wie andere Unternehmen auf dem Flughafengelände die zentralen Flughafeneinrichtungen wie etwa Tankstelle und Parkplätze.

8

Im Juni 2009 hat der für die Niederlassung der A in D gewählte Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet mit dem Ziel der Feststellung, dass die A und die A D einen gemeinsamen Betrieb bilden. Er hat geltend gemacht, beide Unternehmen unterhielten eine gemeinsame Betriebsstätte auf dem Flughafen, in der sie die Arbeitnehmer für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck einsetzten. Es bestehe eine institutionalisierte Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten. Ein gemeinsamer Betrieb folge insbesondere aus dem Umstand, dass die A D ihre arbeitstechnischen Zwecke nur im Rahmen der der A verliehenen Konzession verfolgen könne. Weil eine „Trennung“ der von der A und der A D geführten Betriebe wegen der im Bereich der Bodenabfertigungsdienste geltenden Zulassungsbestimmungen nicht möglich - jedenfalls aber als Umgehung öffentlich-rechtlicher Berechtigungsvorschriften unzulässig - sei, müsse es sich um einen gemeinsamen Betrieb handeln. Im Übrigen sei die A D aus einer Spaltung der A hervorgegangen, so dass ein gemeinsamer Betrieb beider Unternehmen mangels wesentlicher Änderung der Organisation nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG vermutet werde.

9

Der Betriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberinnen zu 2. und 3. einen gemeinsamen Betrieb führen.

10

A und A D haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben sich auf den Standpunkt gestellt, die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb seien nicht gegeben. Die Unternehmen setzten weder Arbeitnehmer noch Betriebsmittel gemeinschaftlich ein. Die Beauftragung von Subunternehmern im Bereich der Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen sei zulässig und habe nicht zur Folge, dass Lizenzinhaber und Nachunternehmer einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten.

11

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag entsprochen. Nachdem die A und die A D gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Beschwerde eingelegt haben, ist am 21. Mai 2010 in beiden Unternehmen ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt worden. A und A D haben diese Wahl angefochten; das Wahlanfechtungsverfahren ist beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Beschlussverfahrens ausgesetzt. Der gemeinsame Betriebsrat hat während des zweiten Rechtszuges den Beschluss gefasst, „das Beschwerdeverfahren weiterzuführen“, und sein Begehren in der Beschwerdeinstanz zuletzt um den - sinngemäß wiedergegebenen - Hilfsantrag ergänzt

        

festzustellen, dass zwischen der A, der A D und der AS ein Gemeinschaftsbetrieb besteht.

12

Das Landesarbeitsgericht hat nach Durchführung einer Ortsbesichtigung auf dem Gelände des Flughafens D durch den Kammervorsitzenden sowie Vernehmung des ua. für die A zuständigen Personalleiters R und des Stationsleiters der A F als Zeugen sowie Befragung des Geschäftsführers der A D T den hauptsächlichen Feststellungsantrag abgewiesen und das hilfsweise Begehren des Betriebsrats als unzulässige Anschlussbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. A und A D beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

13

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den im Rechtsbeschwerdeverfahren allein anhängigen Antrag auf Feststellung, dass die A und die A D einen gemeinsamen Betrieb führen, zu Recht abgewiesen.

14

I. Die Rechtsbeschwerde ist nach ihrem Antrag und ihrer Begründung beschränkt auf die beschwerdegerichtliche Abweisung des Antrags auf Feststellung, dass die A und die A D einen Gemeinschaftsbetrieb führen. Die Zurückweisung der Anschlussbeschwerde, mit der der Betriebsrat hilfsweise die Feststellung eines auf die A, die A D und die AS bezogenen (gemeinsamen) Betriebs begehrt hat, wird mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen.

15

II. Der im Mai 2010 gewählte (gemeinsame) Betriebsrat ist rechtsbeschwerdebefugt. Er führt als Funktionsnachfolger des für den Betrieb der A gewählten Betriebsrats das von diesem eingeleitete Beschlussverfahren fort.

16

1. Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines Betriebsrats, wird nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge und dem Grundgedanken der Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretungen der neu gewählte Betriebsrat Funktionsnachfolger seines Vorgängers und tritt in dessen Beteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 ABR 8/10 - Rn. 15 mwN, AP BetrVG 1972 § 5 Ausbildung Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 42 Nr. 1). Eine Funktionsnachfolge findet grundsätzlich statt bei einem unveränderten Betriebszuschnitt, beim Übergang von den gesetzlichen zu gewillkürten Betriebsverfassungsstrukturen, bei der Änderung eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG sowie bei der Rückkehr zu den gesetzlichen Betriebsverfassungsstrukturen(hierzu BAG 24. August 2011 - 7 ABR 8/10 - Rn. 15, aaO). Dies gilt auch, wenn während eines laufenden Beschlussverfahrens anstelle des bisher nur für den Betrieb eines Unternehmens gewählten Betriebsrats oder der mehreren in den Betrieben des Unternehmens gewählten Betriebsräte aufgrund der rechtlichen Beurteilung des Wahlvorstands ein Betriebsrat für einen - tatsächlichen oder vermeintlichen - gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen gewählt wird. Der neu gewählte Betriebsrat wird Funktionsnachfolger hinsichtlich der von ihm nunmehr repräsentierten Einheit. Er nimmt als „neuer Rechtsinhaber“ auch ohne entsprechende Prozesserklärungen der Verfahrensbeteiligten automatisch die verfahrensrechtliche Stellung des bisherigen Betriebsrats ein.

17

2. Hiernach ist der während des zweiten Rechtszuges bei der A und der A D neu gewählte gemeinsame Betriebsrat Funktionsnachfolger des bisher am Verfahren beteiligten, für den Betrieb der A gewählten Betriebsrats geworden und in dessen Rechtsposition eingetreten. Er ist unstreitig im Amt. Seine Wahl ist zwar von den beteiligten Arbeitgeberinnen angefochten worden. Hierüber ist aber bisher keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ergangen. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungs- und verfahrensrechtlichen Befugnissen im Amt (vgl. BAG 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 32, BAGE 138, 377). Allenfalls bei einer Nichtigkeit der Wahl des gemeinsamen Betriebsrats könnten Zweifel an dessen Beteiligtenstellung und Rechtsbeschwerdebefugnis bestehen. Letztlich kann dies dahinstehen. Die Wahl des gemeinsamen Betriebsrats ist nicht nichtig. Dies ist bei einer Betriebsratswahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt worden ist, grundsätzlich nicht der Fall. Sie hat in der Regel nur die Anfechtbarkeit der Wahl zur Folge (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 5). Der Sachverhalt gibt keinen Anlass, dies hier anders zu sehen.

18

III. Neben dem gemeinsamen Betriebsrat sind die A und die A D an dem Verfahren beteiligt (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Deren betriebsverfassungsrechtliche Rechtspositionen sind nach dem im Rechtsbeschwerdezug noch angefallenen Verfahrensgegenstand berührt. Die AS ist nicht mehr beteiligt. Auf deren Betrieb bezieht sich das Verfahren nicht (mehr).

19

IV. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Antrag zu Recht abgewiesen.

20

1. Der Antrag ist zulässig.

21

a) Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit ihm soll festgestellt werden, dass die beiden im Antrag genannten und zureichend bezeichneten Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen.

22

b) Als Feststellungsbegehren genügt der Antrag den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

23

aa) Nach § 18 Abs. 2 BetrVG kann bei Zweifeln darüber, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, ua. jeder beteiligte Betriebsrat eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen. Mit diesem Verfahren eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, gerichtlich mit Bindungswirkung unabhängig von einer konkreten Betriebsratswahl klären zu lassen, ob eine Organisationseinheit betriebsratsfähig ist. Damit ist auch klargestellt, dass die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit als Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zu erachten ist, das gerichtlich gesondert festgestellt werden kann(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 18 mwN, AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 33 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 9).

24

bb) Der Betriebsrat hat das erforderliche Interesse an einer Feststellung nach § 18 Abs. 2 BetrVG ua. dann, wenn - wie hier - streitig ist, ob für mehrere Unternehmen ein gemeinsamer Betriebsrat zu wählen ist. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG klärt eine für zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen bedeutsame Vorfrage, indem verbindlich festgelegt wird, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, in dem ein Betriebsrat zu wählen ist und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen kann. Die Vorschrift findet auch Anwendung, wenn es darum geht, ob mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 16, NZA-RR 2009, 255). Für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 18 Abs. 2 BetrVG kommt es ferner nicht darauf an, in welchen betrieblichen Organisationseinheiten bereits Betriebsräte gewählt sind oder ggf. während des Verfahrens gewählt werden (vgl. BAG 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 - zu B II 1 der Gründe).

25

2. Der Antrag ist unbegründet. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die A und die A D am Flughafen D keinen gemeinsamen Betrieb führen, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

26

a) Betriebsratsfähige Organisationseinheiten iSv. § 18 Abs. 2 BetrVG liegen ua. dann vor, wenn es sich bei den Einrichtungen um Betriebe iSv. § 1 Abs. 1 BetrVG handelt.

27

aa) Ein Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt(vgl. für die st. Rspr. BAG 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 19 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 8; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 18 mwN, NZA-RR 2009, 255). Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden. Davon geht das Betriebsverfassungsgesetz in seinem § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 in der seit 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 aus.

28

bb) Nach der Senatsrechtsprechung vor dem Inkrafttreten von § 1 BetrVG in der jetzigen Fassung war von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt wurden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wurde. Dazu mussten sich die beteiligten Unternehmen zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung musste sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügte dagegen nicht. Vielmehr mussten die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 19 mwN, NZA-RR 2009, 255). Für die Frage, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird, war vor allem entscheidend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (vgl. BAG 22. Juni 2005 -  7 ABR 57/04 - zu B II 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 23 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 4; 24. Januar 1996 - 7 ABR 10/95 - zu B 3 b bb der Gründe mwN, BAGE 82, 112). Daran hat sich durch das Betriebsverfassungsreformgesetz vom 23. Juli 2001 nichts geändert. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten weiter (vgl. zuletzt BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 33 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 9).

29

cc) Nach § 1 Abs. 2 BetrVG in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 wird ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden (Nr. 1) oder wenn die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert (Nr. 2). In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Begriff des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nicht eigenständig definiert, sondern unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs geregelt, dass unter den genannten Voraussetzungen ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen - widerlegbar - vermutet wird. Die Vermutungstatbestände dienen dem Zweck, Betriebsräten und Wahlvorständen den in der Praxis oft schwer zu erbringenden Nachweis einer Führungsvereinbarung zu ersparen (vgl. BT-Drucks. 14/5741 S. 33). Die von der Rechtsprechung zum Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten daher auch nach dem Inkrafttreten des Betriebsverfassungsreformgesetzes weiter, wobei das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparats unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BetrVG vermutet wird. Greifen die Vermutungstatbestände nicht ein, besteht dennoch ein gemeinsamer Betrieb, wenn sich mehrere Unternehmen - ausdrücklich oder konkludent - zur Führung eines gemeinsamen Betriebs rechtlich verbunden haben (vgl. BAG 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 - zu B III 2 der Gründe mwN).

30

b) Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen und hat die betrieblichen Gegebenheiten ohne Rechtsfehler dahingehend gewürdigt, dass die A und die A D keinen gemeinsamen Betrieb bilden. Weder greifen die vom Betriebsrat erhobenen Rügen gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts durch noch hat das Beschwerdegericht die Bedeutung der Zulassungsbedingungen für Dienstleister im Bereich der Bodenabfertigungsdienste verkannt. Aus den Vermutungstatbeständen des § 1 Abs. 2 BetrVG folgt nichts Anderes.

31

aa) Bei den Begriffen des Betriebs und des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Beurteilung, ob Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden, steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungsgrundsätze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 28 mwN, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 33 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 9; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 26 mwN, NZA-RR 2009, 255).

32

bb) Diesem Überprüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stand.

33

(1) Auf den vom Betriebsrat mit seiner Rechtsbeschwerdebegründung - teils wiederholenden, teils neu gehaltenen - Vortrag zur Motivation der Gründung der A D und zu deren organisatorischen Begleitumständen kommt es nicht entscheidend an. Die Feststellung, ob die A und die A D einen gemeinsamen Betrieb führen, ist für die gegenwärtige und die künftige betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit von Bedeutung. Es ist unerheblich, wie die Sachlage unmittelbar nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit durch die A D war.

34

(2) Zu Unrecht rügt der Betriebsrat, das Landesarbeitsgericht habe die Abweisung des Antrags ausschließlich auf die bei einem Ortsbesichtigungstermin gewonnenen Erkenntnisse gestützt. Das Beschwerdegericht hat vielmehr auch die Herren R und F als Zeugen vernommen und die Ergebnisse dieser Beweisaufnahme ebenso wie die der Befragung von Herrn T verwertet und schließlich ebenso den Sachvortrag der Beteiligten in seine einzelfallbezogene Würdigung einbezogen. Auf der Grundlage seiner Beweiswürdigung kommt das Beschwerdegericht mit rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen zu dem Ergebnis, dass mangels zusammengefasster Einbringung von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern sowie vor allem wegen fehlender institutionell einheitlicher Wahrnehmung wesentlicher Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten die A und die A D keinen Gemeinschaftsbetrieb bilden.

35

(a) Im Ergebnis eines nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 80 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 7 iVm. § 58 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in zulässiger Weise dem Kammervorsitzenden übertragenen Ortstermins hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die A und die A D getrennte, etwa 3 km voneinander entfernte und nicht ohne weiteres fußläufig erreichbare, Räumlichkeiten nutzen. Das Fehlen einer gemeinsamen räumlichen Unterbringung hat das Landesarbeitsgericht zutreffend als ein gegen einen einheitlichen Betrieb sprechendes Indiz gewertet. Auch seine Würdigung, die festgestellte getrennte Einsatzplanung sowie die festgestellte separate Steuerung und Überwachung der Arbeitseinsätze sprächen gegen technische und organisatorische Verflechtungen bei den Betriebsabläufen und der betrieblichen Tätigkeiten, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums. Der Betriebsrat greift die Feststellungen zu den Räumlichkeiten und ihren jeweiligen Ausstattungen ebenso wenig mit einer zulässigen Verfahrensrüge an wie die zu den Einsatzplanungen und -überwachungen. Eine solche zulässige Verfahrensrüge liegt insbesondere nicht in seiner Behauptung, die A und die A D hätten die mittlerweile nicht mehr gelebte Trennung ihrer Betriebe allein für den Tag der Ortsbesichtigung gewährleistet.

36

(b) Der vom Beschwerdegericht als gegen die zusammengefasste und gemeinsame Nutzung von Betriebsmitteln ausdrücklich „ferner“ gewertete Umstand, die A und die A D verfügten jeweils über eigene Fahrzeuge und Gerätschaften, die sie für ihre jeweiligen arbeitstechnischen Zwecke verwendeten, unterliegt gleichfalls keinen rechtsbeschwerderechtlichen Bedenken. Der mit der Rechtsbeschwerde vorgebrachte Einwand, der gesamte Fuhrpark sei bei der A in F gemeldet gewesen, zwischenzeitlich auf eine Holdinggesellschaft übertragen und „nun wieder zurückgeführt worden“, und die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht während des Ortstermins keine Einsicht „in die dortigen Papiere“ genommen, verfangen nicht. Ungeachtet der Frage, ob damit eine zulässige Verfahrensrüge erhoben ist, lassen sich aus den eigentumsrechtlichen Verhältnissen von Fahrzeugen nur bedingt Rückschlüsse auf deren gemeinsame oder getrennte Nutzung ziehen. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht diesem Umstand nach seiner eigenen Argumentation keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Insoweit kommt es auch nicht entscheidend auf die Behauptung des Betriebsrats an, „der Fuhrpark beider Gesellschaften sei identisch“, zumal nach dem übereinstimmenden Tatsachenvortrag der Beteiligten in den Instanzen die Fahrzeuge der A und der A D immerhin unterschiedliche „Logos“ haben.

37

(c) Mit seiner einzelfallbezogenen Würdigung, dass der gelegentliche Austausch von Betriebsmitteln gegen Rechnungsstellung nicht zwingend für einen Gemeinschaftsbetrieb spreche, hat das Landesarbeitsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Beanstandung des Betriebsrats, „bei Fahrzeug- und Geräteleihe werde, anders als im ‚Urteil’ festgehalten, nicht weiterfakturiert“, nimmt Bezug auf den festgestellten Sachverhalt, ohne insoweit eine zulässige Verfahrensrüge zu erheben. Ungeachtet dessen hatten die beteiligten Unternehmen im Laufe des Beschwerdeverfahrens exemplarisch eine Rechnungskopie zur Akte gereicht (vgl. Anlage B 15 zum Schriftsatz vom 11. Oktober 2010), so dass der Betriebsrat zu Unrecht behauptet, entsprechende Nachweise seien nicht vorgelegt worden. Außerdem ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, die A und die A D stellten sich Fahrzeuge und Gerätschaften „bei Engpässen“ gegen Rechnungsstellung zur Verfügung. Für die Annahme eines „regelmäßigen“ oder „ständigen“ gegenseitigen Zugriffs auf Fahr- und Werkzeuge hat auch der Betriebsrat keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben.

38

(d) Die beschwerdegerichtliche Annahme, es finde vor allem kein für den aktuellen Betriebsablauf prägender arbeitgeberübergreifender Personalaustausch statt, beruht auf den Feststellungen, dass weder eine gemeinsame Diensteinsatz- oder Urlaubsplanung noch erkennbar eine arbeitgeberübergreifende Vertretung während der Urlaubs- und Krankheitszeiten erfolgt. Das Beschwerdegericht hat insoweit weiter argumentiert, der wechselseitige Einsatz von Arbeitskräften im jeweils anderen Unternehmen sei angesichts der großen Zahl der jeweils im Monat abzufertigenden Flugzeuge vom zeitlichen Umfang her marginal und auch nach den Darstellungen des Betriebsrats für den aktuellen Betriebsablauf keinesfalls prägend. Diese Beurteilung ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Sie stützt sich entgegen der Annahme des Betriebsrats vor allem auf den unstreitigen Sachvortrag der Beteiligten. Die zuletzt für jedes Unternehmen getrennt erfolgte Einsatzplanung hat auch der Betriebsrat nicht in Abrede gestellt. Sein Vorbringen zur Abwicklung von Maschinen unter Hinzuziehung von Mitarbeitern des jeweils anderen Unternehmens hat das Landesarbeitsgericht in seine Gesamtbeurteilung einbezogen und - vertretbar - anders gewertet als der Betriebsrat. Der in der Rechtsbeschwerde an einem Beispielsfall vom 24. Mai 2011 gehaltene Vortrag zur Abfertigung von Flugzeugen in sog. „Peak-Zeiten“ kann zum einen schon aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt werden, denn grundsätzlich bildet der Schluss des Beschwerdeverfahrens sowohl hinsichtlich der Anträge als auch bezüglich des tatsächlichen Vorbringens die Entscheidungsgrundlage für das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. BAG 21. Oktober 1982 - 6 ABR 55/81 - zu II 3 der Gründe mwN). Zum anderen sind die aus der Sachverhaltsschilderung vom Betriebsrat gezogenen Schlüsse ohnehin nicht zwingend: Dass Herr F als Stationsleiter der A am 24. Mai 2011 Mitarbeiter der A D „herbeibeordert hat“, muss nicht für seine Weisungsmacht diesen Mitarbeitern gegenüber sprechen. Dass er Mitarbeiter der A zur Abwicklung von Maschinen der Lufthansa angewiesen hat, zeigt allenfalls seine Weisungsbefugnis diesen Arbeitnehmern gegenüber. Ein für den normalen Betriebsablauf charakteristischer unternehmensübergreifender Personaleinsatz ist damit auch in der Rechtsbeschwerdebegründung nicht aufgezeigt.

39

(e) Auf der Grundlage der Ergebnisse seiner Beweisaufnahme hat das Landesarbeitsgericht insbesondere argumentiert, auf betrieblicher Ebene bestehe keine unternehmensübergreifende einheitliche Leitung in Bezug auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten für die Belegschaften der A und der A D. Das Beschwerdegericht hat diesen Schluss vor allem aus den Angaben der Zeugen F und R und des Geschäftsführers der A D Herrn T gezogen, wonach die grundlegenden Entscheidungen in den sozialen und personellen Angelegenheiten für die Arbeitnehmer der A in der zentralen Personalabteilung in F getroffen werden, während diese Befugnisse gegenüber den bei der A D angestellten Arbeitnehmern Herrn T zukommen, welcher auch das arbeitsausführungsbezogene Weisungsrecht gegenüber den von der AS überlassenen Arbeitnehmern innehat. Wenn das Landesarbeitsgericht ausgehend von der ihm obliegenden und nachvollziehbar begründeten Einschätzung der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen sowie der Glaubhaftigkeit der verwerteten Aussagen zu dem Schluss gelangt, eine einheitliche Leitung sei somit nicht feststellbar, überschreitet dies nicht den tatsachengerichtlichen Beurteilungsspielraum.

40

(f) Die Beanstandung der Rechtsbeschwerde, „Herrn Fs Bedeutung sei im Ergebnis falsch eingestuft worden, obwohl ausreichend für eine anderweitige Bewertung Beweis (insb. Abmahnung, Zeugnis) angeboten worden sei“, zielt (wohl) auf die Erhebung von Rügen einer fehlerhaften Beweiswürdigung und übergangener Beweisangebote. Beide Rügen haben keinen Erfolg.

41

(aa) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. In rechtsbeschwerderechtlicher Hinsicht ist allein zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (für das Revisionsverfahren vgl. zB BGH 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - zu II 1 der Gründe, NJW-RR 2004, 425). Vorliegend hat sich das Landesarbeitsgericht insbesondere mit Herrn Fs Befugnissen und seiner Stellung auseinandergesetzt. Es hat seine Wertung nicht allein auf Herrn Fs Aussage gestützt, sondern diese mit den Wahrnehmungen beim Ortstermin und den Aussagen des Zeugen R abgeglichen. Die Argumentation in der angefochtenen Entscheidung lässt damit keine Rechtsfehler erkennen.

42

(bb) Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, wo konkret das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. für das Urteilsverfahren BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 338). Dem wird die Rüge des Betriebsrats nicht gerecht. Im Übrigen hat sich der Zeuge F bei seiner Vernehmung zur Erteilung von Abmahnungen und Zeugnissen geäußert. Allenfalls wenn Herrn F sowohl gegenüber den Arbeitnehmern der A als auch den von der A D eingesetzten Arbeitnehmern solche Befugnisse zukommen - worauf nichts hindeutet -, könnten sie Indizien für das Bestehen einer einheitlichen Leitung auf betrieblicher Ebene sein. Sie reichten aber auch dann zur Annahme eines einheitlichen Leitungsapparats in personellen und sozialen Angelegenheiten nicht zwingend aus, weil sie nur einen Ausschnitt von Personalangelegenheiten beträfen.

43

(g) Gleichfalls ohne Erfolg sind die auf eine mangelnde Sachaufklärung zielenden Rügen des Betriebsrats, das Landesarbeitsgericht habe die Gepäckabfertigungshalle nicht begutachtet, die Poststelle und Postzustellung nicht berücksichtigt und die FDG als Flughafenbetreiberin nicht zu einer gemeinsamen Betriebsleitung der A und der A D angehört.

44

(aa) Wird die Verletzung der Amtsaufklärungspflicht durch das Beschwerdegericht gerügt, muss in der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegt werden, welche weiteren Tatsachen in der Vorinstanz hätten ermittelt und welche weiteren Beweismittel hätten herangezogen werden können und inwieweit sich dem Beschwerdegericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 7 ABR 45/06 - Rn. 28, BAGE 122, 293; 22. Oktober 2003 - 7 ABR 18/03 - zu C II 3 c der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 21 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 1).

45

(bb) Hiernach sind die vom Betriebsrat erhobenen Rügen unzureichender Amtsermittlung durch das Landesarbeitsgericht unbegründet.

46

(aaa) Hinsichtlich des „Zentralen Innendienstes“ - Gepäckabfertigungshalle - hatte der Betriebsrat in seiner Stellungnahme zum Ergebnis des Ortstermins beanstandet, dass der Bereich nicht besichtigt worden sei (vgl. Schriftsatz vom 1. September 2010). Seinem Vorbringen zur Nutzung derselben Räume und Technik in diesem Bereich durch die Mitarbeiter der A und der A D, zu ihrem „Arbeiten genau nebeneinander an einem Band“ und zum gemeinsamen „Laufen an einem Gepäckband“ der von der A und von der A D abzuwickelnden Gepäckstücke sind die zu 2. und 3. beteiligten Unternehmen entgegengetreten und haben die Gegebenheiten näher geschildert und vor allem darauf verwiesen, dass auch das Gepäckabfertigungssystem zu den „Zentralen Infrastruktureinrichtungen“ gehöre, deren Ausstattung und Zuweisung durch den Flughafenunternehmer verfügt werde (vgl. Schriftsatz vom 11. Oktober 2010). Hierzu hat sich wiederum der Betriebsrat in seinen weiteren Schriftsätzen nicht verhalten, sondern nur wiederholt, „im Übrigen gebe es in der Gepäckabfertigung keine räumliche Trennung“ (vgl. Schriftsatz vom 13. Dezember 2010). Eine solche hat das Landesarbeitsgericht seiner Bewertung aber auch nicht zugrunde gelegt. Angesichts des auf eine Betriebsmittelnutzung bezogenen Sachvortrags der Beteiligten drängte sich zum gemeinsamen Personaleinsatz in der Gepäckabfertigungshalle keine weitere Sachverhaltsaufklärung auf.

47

(bbb) Die in der Rechtsbeschwerde angesprochenen Bereiche der Poststelle und Postzustellung musste das Beschwerdegericht nicht zwingend berücksichtigen. Sie sind für die Frage, ob die A und die A D einen gemeinsamen Betrieb führen, nicht von maßgeblicher Bedeutung. Diese Bereiche erfüllen allenfalls Hilfsfunktionen.

48

(ccc) Eine Sachverhaltsaufklärung durch Anhörung oder Vernehmung von Verantwortlichen der FDG war nicht veranlasst. Es drängten sich auch nach dem Vortrag des Betriebsrats keine Anhaltspunkte dafür auf, dass seitens der den Flughafen betreibenden Gesellschaft Informationen hätten gegeben werden können, die für einen gemeinsamen Betrieb der A und der A D relevant gewesen sein könnten. So hätte etwa der in der Rechtsbeschwerde angeführte, von Herrn F und Herrn T gemeinsam wahrgenommene Termin Anfang Februar 2011 in der Kfz-Abteilung der FDG nichts über eine Zusammenfassung von materiellen und immateriellen Betriebsmitteln der Unternehmen und über eine einheitliche institutionalisierte Leitung ausgesagt und ließe allenfalls den Schluss zu, dass die A und die A D immerhin jeweils mit eigenen Repräsentanten - also „getrennt“ - auftreten und nicht etwa ein Unternehmensvertreter auch für das andere Unternehmen agiert.

49

(h) Schließlich ist auch die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, aus der gemeinsamen Nutzung der Infrastruktureinrichtungen des Flughafens lasse sich entgegen der Ansicht des Betriebsrats nichts für einen gemeinsamen Betrieb herleiten, da diese auch von anderen auf dem Gelände ansässigen Unternehmen in Anspruch genommen würden, nicht zu beanstanden. Der Vortrag des Betriebsrats - teilweise erstmals mit der Rechtsbeschwerde - zur Vorhaltung sämtlicher Einrichtungen, vor allem der Fäkalentsorgungsanlage als zentraler Infrastruktur, und deren gekennzeichneter Trennung allein für die Unternehmen FDGH und A mag bedeuten, dass die A D die für die A vorgehaltenen Einrichtungen nutzt. Es handelt sich hierbei aber um zentrale Einrichtungen des Flughafens, so dass nur bedingt auf einen zusammengefassten, gemeinsamen Einsatz von unternehmensbezogenen Betriebsmitteln durch die A und die A D geschlossen werden könnte. Jedenfalls wäre das in der gemeinsamen Nutzung der „Zentralen Infrastruktureinrichtungen“ liegende Indiz für einen Gemeinschaftsbetrieb wegen der vom Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommenen fehlenden Einsatzsteuerung der menschlichen Arbeitskraft durch einen einheitlichen Leitungsapparat nicht ausschlaggebend.

50

(3) Anders als der Betriebsrat meint, gebieten unionsrechtliche und nationale Bestimmungen über die Zulassung von Dienstleistern im Bereich der Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen keine Annahme eines Gemeinschaftsbetriebs.

51

(a) Mit der Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (- RL 96/67/EG -) ist ein System der schrittweisen Öffnung des Marktes der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Europäischen Union vorgesehen (vgl. EuGH 14. Juli 2005 - C-386/03 - [Kommission/Deutschland] Rn. 2, Slg. 2005, I-6947). Zur Aufhebung von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs soll der Markt der Bodenabfertigungsdienste geöffnet werden, um zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften und zur Hebung der den Nutzern gebotenen Qualität beizutragen (vgl. die Erwägungsgründe 2 und 5 der RL 96/67/EG). Die RL 96/67/EG wurde im Wesentlichen durch das Gesetz über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen vom 11. November 1997 (BGBl. I S. 2694) und durch die Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen (- BADV -) in deutsches Recht umgesetzt. Nach § 19c Abs. 1 Satz 1 LuftVG haben Unternehmer von Flugplätzen mit gewerblichem Luftverkehr Luftfahrtunternehmen(sog. Selbstabfertigern) sowie sonstigen Anbietern (sog. Drittabfertigern) die Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten zu ermöglichen. Gemäß § 19c Abs. 2 Satz 1 LuftVG wird die Anzahl der Berechtigten zur Erbringung bestimmter Bodenabfertigungsdienste durch Rechtsverordnung festgelegt(vgl. auch § 32 Abs. 1 Nr. 3a LuftVG). Die BADV gibt marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen für Dienstleister vor, die an einem Flugplatz Bodenabfertigungsdienste anbieten und durchführen wollen; sie regelt in ihrem § 7 ua. Anzahl, Anforderungen und Auswahlkriterien von zuzulassenden Dienstleistern sowie das Auswahlverfahren und die in diesem Zusammenhang zu hörenden Gremien. Für den Flughafen D ist die Zahl zuzulassender Drittabfertiger nach den Anlagen 1 und 5 zu § 3 Abs. 2 der BADV mit Ausnahme bestimmter Dienste auf zwei festgelegt.

52

(b) Der Betriebsrat argumentiert - kurz zusammengefasst - dahin, dass die A und die A D einen gemeinsamen Betrieb führen müssten, weil nur die A als Dienstleisterin iSv. § 7 BADV zugelassen ist. Die A D könne ihre Dienste zur Abwicklung des „Lufthansa-Auftrags“ daher nur erbringen, indem sie sich dieser Lizenz bediene. Die Arbeitgeberfunktionen müssten wegen der lizenzrechtlichen Vorgaben zwangsläufig einheitlich wahrgenommen werden. Die Annahme getrennter Betriebe verstieße sowohl gegen die RL 96/67/EG als auch gegen die BADV. Dies greift zu kurz.

53

(aa) Zwar kann die Erledigung des einem Unternehmen erteilten Dienstleistungsauftrags durch ein Subunternehmen durchaus einen für einen Gemeinschaftsbetrieb sprechenden Umstand abgeben. „Bedient“ sich zudem das Subunternehmen einer dem anderen Unternehmen verliehenen (Dienstleister-)Konzession, mag auch dies ein Anhaltspunkt für einen gemeinsamen Betrieb sein. Zwingend ist dies aber nicht. Das Beschwerdegericht hat daher seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn es der Subunternehmertätigkeit der A D und dem Umstand der nur der A verliehenen Lizenzierung keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat.

54

(bb) Die Wertung des Landesarbeitsgerichts ist nicht deshalb unvertretbar, weil die unions- und nationalrechtlichen Marktregulierungsbestimmungen die Annahme eigenständiger und getrennter Betriebe der A und der A D verbieten würden.

55

(aaa) Die RL 96/67/EG und die BADV beziehen sich auf „Dienstleister“ und nicht auf deren Betrieb(e). Nach Art. 2 Buchst. g der RL 96/67/EG und § 2 Nr. 5 BADV ist „Dienstleister“ jede natürliche oder juristische Person, die einen oder mehrere Bodenabfertigungsdienste für Dritte erbringt. Anknüpfungspunkt für die Bildung eines Betriebsrats ist nach dem BetrVG aber nicht die „natürliche oder juristische Person“ als Rechtsträger, sondern der Betrieb als eine durch tatsächliche Umstände bestimmte organisatorische Einheit (vgl. § 1 und § 4 BetrVG). Die Zulassungsregelungen des § 7 BADV in Umsetzung der Rahmenvorgaben nach Art. 6 der RL 96/67/EG schreiben nicht etwa vor, dass ein Dienstleister seine Dienste nur in einer(betrieblichen) Organisationseinheit erbringen darf. Zugelassen wird der Abfertigungsdienstleister, nicht sein(e) Betrieb(e).

56

(bbb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gibt die Beteiligung des im Betrieb des Flugplatzunternehmens bestehenden Betriebsrats am Lizenzierungsverfahren (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 BADV) für die Bewertung der betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen der ausgewählten Anbieter nichts her. Die in § 7 Abs. 1 Satz 3 BADV festgelegten Anhörungsrechte verschiedener Interessengruppen - ua. des Betriebsrats des Flugplatzunternehmens - betreffen die Auswahl „des Dienstleisters“, also der natürlichen oder juristischen Person, die die Bodenabfertigungsdienste erbringt.

57

(ccc) Im Übrigen bliebe es der A auch nach den regulativen Vorschriften der BADV unbenommen, die Bodenabfertigungsdienste in mehreren eigenständigen, betriebsverfassungsrechtlich relevanten Organisationseinheiten zu erbringen. Gebieten die konzessionsrechtlichen Zulassungsvorschriften aber keine bestimmte - betriebsverfassungsrechtlich relevante - Betriebsorganisation des Abfertigungsdienstleisters, kann aus der lizenzrechtlichen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten durch „weiter beauftragte“ Dienstleister auch nicht auf deren (fehlende eigenständige) betriebliche Organisation geschlossen werden. Damit kommt es auf die Frage, ob die A als zugelassene Dienstleisterin überhaupt berechtigt ist, zur Erbringung der Bodenabfertigungsdienste unter ihrer Konzession die A D als Subunternehmerin einzusetzen, nicht entscheidend an. Entsprechend ist die vom Betriebsrat formulierte und nach seiner Anregung im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegende Frage(im wörtlichen Zitat),

        

„inwieweit die festgestellte selbstständige dauerhafte Auftragsabwicklung über den gesamten Lizenzierungszeitraum ohne Beteiligung der vorgesehenen Stellen und Ausschüsse gegen europäisches Recht verstößt, insbesondere dieses Konstrukt mit der EG-Richtlinie 67/96 vereinbar ist“

nicht entscheidungserheblich.

58

(4) Schließlich folgt aus den Vermutungstatbeständen des § 1 Abs. 2 BetrVG kein Gemeinschaftsbetrieb.

59

(a) Steht fest, dass die organisatorischen Voraussetzungen für einen Gemeinschaftsbetrieb nicht vorliegen, kommt es auf die Vermutung eines einheitlichen Leitungsapparats nach § 1 Abs. 2 BetrVG nicht an(vgl. BAG 22. Juni 2005 - 7 ABR 57/04 - zu B II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 23 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 4).

60

(b) Vorliegend ist nach den nicht mit erfolgreichen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass es an einer Zusammenfassung der Arbeitnehmer sowie der materiellen und immateriellen Betriebsmittel fehlt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Sähe man dies anders oder ginge man - wie der Betriebsrat - im Zusammenhang mit der Gründung der A D von einer Unternehmensaufspaltung der A ohne wesentliche Änderung des Betriebs aus (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG), wäre die Vermutung eines einheitlichen Leitungsapparats jedenfalls widerlegt. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis seiner Beweisaufnahme festgestellt, dass die A in personellen und sozialen Angelegenheiten der bei der A D beschäftigten und eingesetzten Arbeitnehmer keine Entscheidungen trifft.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Schuh    

        

    Spie    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. November 2014 - 10 TaBV 933/14 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am 24. Juli 2013 durchgeführten Betriebsratswahl sowie darüber, ob die Antragstellerinnen eigenständige oder einen gemeinsamen Betrieb führen.

2

Die Antragstellerinnen betreiben Restaurants der Systemgastronomie. Die Antragstellerin zu 1. ist Komplementärin der Antragstellerinnen zu 2. bis 11. Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 1. und deren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer ist Herr F. Er ist zugleich Kommanditist der Beteiligten zu 2. bis 11. Vormals führte er die Restaurants bis zum 1. September 2011 unter der Firma M e.K. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt war er auch Franchisenehmer der Restaurants. In einem vor dem Arbeitsgericht zum Geschäftszeichen - 27 BVGa 15475/11 - geführten Verfahren erklärte Herr F am 24. November 2011, dass die Übertragung der Restaurants auf die Antragstellerinnen allein aus haftungsrechtlichen Gründen erfolgt sei, in der Sache aber keine Veränderungen bewirkt habe.

3

Jedes der Restaurants verfügt über einen eigenen Küchenbereich mit Ausstattung zur Zubereitung der Speisen und Getränke, die ausschließlich zur Bewirtung eigener Gäste bestimmt ist, über einen Kassenbereich sowie über einen Gastraum. An allen Restaurants befindet sich ein Betreiberschild mit der Firma der jeweiligen Antragstellerin, die auf den Kassenquittungen als Rechnungsstellerin und Betreiberin ausgewiesen ist. Die Restaurants am A, in der A d K, in A-F, in der B Straße, in der Hstraße, in der K-Straße, im O, in der P, in der S A, am T und in der Wstraße werden vom Finanzamt für Körperschaften IV als selbständige Betriebsstätten geführt, die übrigen als unselbständige Betriebsstätten.

4

Im Jahr 2012 wurde für einige der im Antrag genannten sowie für weitere, zwischenzeitlich geschlossene Restaurants ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt. Die Wahl wurde arbeitgeberseitig angefochten. Aufgrund des anschließenden Absinkens der Zahl der Betriebsratsmitglieder unter die bei der Wahl ermittelte Anzahl wurde ein Wahlvorstand bestellt, der am 11. Juni 2013 in den im Antrag bezeichneten Restaurants das Wahlausschreiben vom 10. Juni 2013 mit folgendem Wortlaut aushängte:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir setzen Sie davon in Kenntnis, dass der Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrats im Betrieb M e.K. und S GmbH in seiner Sitzung am 10.06.2013 den Erlass folgenden Wahlausschreibens beschlossen hat:

        

Die Betriebsratswahl findet am 24.07.2013, 10:00-18:00 Uhr, Wahlvorstands-/Betriebsratsbüro im Restaurant A-F statt.

        

...“   

5

Zur Wahl standen laut Wahlniederschrift vom 31. Juli 2013 die Vorschlagsliste mit den Kennworten „K/M“ sowie „MD“. Als Wahlbewerber auf der Liste „K/M“ wurde Herr N geführt.

6

Die Wahl eines aus elf Mitgliedern bestehenden Betriebsrats fand am 24. Juli 2013 statt. Der Wahlvorstand leitete dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. am 31. Juli 2013 eine Wahlniederschrift zu. Die Bekanntmachung der Gewählten wurde am 2. August 2013 vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes per E-Mail als pdf-Datei an die einzelnen Restaurants mit der Bitte um Aushang übermittelt.

7

Mit dem am 14. August 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag zu 1. haben die Antragstellerinnen die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats beantragt. Mit den Haupt- und Hilfsanträgen zu 2. bis 12. begehren die Antragstellerinnen die Feststellung, dass die einzelnen Restaurants jeweils als Betriebe der bezeichneten Antragstellerinnen - teilweise unter Zuordnung sogenannter „Satellitenrestaurants“ - im Sinne des BetrVG anzusehen sind.

8

Die Antragstellerinnen haben die Auffassung vertreten, die Restaurants stellten eigene betriebsratsfähige Einheiten dar, soweit es sich nicht um unselbständige Restaurants (sogenannte „Satellitenrestaurants“) handele, die bestimmten Hauptrestaurants zugeordnet seien. Gemeinsame Arbeitsabläufe gebe es nicht. Die einzelnen Restaurants würden - teilweise gemeinsam mit einem zugeordneten „Satellitenrestaurant“ - von Restaurantleitern geführt, die die einzigen Ansprechpartner für die Mitarbeiter in personellen und sozialen Angelegenheiten seien. Seit dem 1. September 2011 seien die Restaurantleiter für den Abschluss von Arbeitsverträgen, die Erteilung von Abrechnungen und den Ausspruch von Kündigungen zuständig. Die Arbeitsverträge würden in den Hauptrestaurants verwahrt. Nach der aktuellen Stellenbeschreibung seien Restaurantleiter disziplinarische Vorgesetzte der gewerblichen Mitarbeiter und der Managementmitarbeiter des Restaurants und diesen gegenüber zur Kündigung berechtigt. Nur in Einzelfällen unterstützten Mitarbeiter der Antragstellerin zu 1. die Restaurantleiter bei der Formulierung von Kündigungsschreiben oder Abmahnungen. Ein Restaurantleiter erstelle die Dienst- und Urlaubspläne eigenständig. Eine übergeordnete Hierarchieebene sei in einen Personalaustausch zwischen den Restaurants nicht eingebunden. Jeder Restaurantleiter entscheide eigenverantwortlich, ob und in welchem Umfang er auf die Anfrage eines anderen Restaurantleiters Personal zur Verfügung stelle.

9

Die Antragstellerinnen haben behauptet, dass der in der Wahlniederschrift als Wahlbewerber in der Liste „K/M“ aufgeführte Herr N ohne seine Bereitschaft in die Liste der Wahlbewerber aufgenommen worden sei.

10

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

        

1.    

die Betriebsratswahl für die M e.K. & S GmbH vom 24. Juli 2013 für unwirksam zu erklären;

        

2.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 1. in der S A und in der G Straße einen Betrieb im Sinne des BetrVG bilden;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 1. in der S A und der G Straße jeweils einen Betrieb im Sinne des BetrVG bilden;

        

3.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 2. am A und in der Schstraße ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 2. am A und in der Schstraße jeweils ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

4.    

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 3. in der A d K ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

5.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 4. in A-F und der Beteiligten zu 6. in der Westraße ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 4. in A-F ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

6.    

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 5. Am T ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

7.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 6. in der B Straße und im E ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 6. in der B Straße und im E jeweils ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

8.    

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 7. in der Hstraße ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

9.    

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 8. in der K-Straße und im R ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 8. in der K-Straße und im R jeweils ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind;

        

10.     

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 9. im O ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

11.     

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 10. in der P ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist;

        

12.     

festzustellen, dass das M-Restaurant der Beteiligten zu 11. in der W ein Betrieb im Sinne des BetrVG ist.

11

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

die Anträge zurückzuweisen,

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass die M-Restaurants der Beteiligten zu 6. in der B Straße, im E und der Westraße 22 ein Betrieb im Sinne des BetrVG sind.

12

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, eine rechtliche Verbundenheit der Antragstellerinnen durch eine gemeinsame Führung sei bereits dadurch gegeben, dass die Antragstellerinnen durch die Antragstellerin zu 1. vertreten würden, deren Geschäftsführer Herr F sei.

13

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Restaurantleiter verfügten nur über beschränkte Befugnisse im Rahmen vorgegebener Anweisungen. Der Betriebsmittelerwerb und Reparaturarbeiten, die Personalverwaltung und Lohnbuchhaltung würden unverändert zentral koordiniert. Der Personalaustausch zwischen den Restaurants erfolge nach einem von der Geschäftsführung vorgegebenen Konzept. Dienstpläne würden nach tagesbezogenen Vorgaben erstellt. Nach zentralen Vorgaben erstellte Urlaubspläne müssten von Herrn F, Herrn S oder Herrn A genehmigt werden. Die Arbeitsverträge der Mitarbeiter würden nicht nur in den Restaurants, sondern zusätzlich auch in der zentralen Verwaltung geführt. Entlassungen und Abmahnungen von gewerblichen Arbeitnehmern würden nach vorheriger Abstimmung von dem Gebietsleiter S oder von einem anderen Mitarbeiter der übergeordneten Führungsebene formuliert; nur die Unterzeichnung und Übergabe des Kündigungs- oder Abmahnungsschreibens obliege den Restaurantleitern. Zur Einstellung, Entlassung und Abmahnung von Shiftleadern und Assistant Managern seien ausweislich der weiterhin geltenden Stellenausschreibungen nicht die Restaurantleiter, sondern der „Gebietsleiter, Operations Manager, Arbeitgeber“ befugt.

14

Das Arbeitsgericht hat dem Wahlanfechtungsantrag sowie den Hauptfeststellungsanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Abweisungsanträge weiter. Die Antragstellerinnen beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

15

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die Hilfsanträge sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

16

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie genügt den Anforderungen des § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG.

17

1. Nach § 94 Abs. 2, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Rechtsbeschwerdebegründung die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe. Bei einer Sachrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Rechtsbeschwerdebegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Rechtsbeschwerdeangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Rechtsbeschwerdebegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft sein soll (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 7 ABR 20/13 - Rn. 12 mwN). Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Rechtsbeschwerde stützen will. Zudem muss die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Beschwerdebeschlusses dargelegt werden (vgl. zur Revision: BAG 28. September 2016 - 7 AZR 377/14 - Rn. 12; 10. März 2015 - 3 AZR 56/14 - Rn. 16 mwN).

18

2. Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerdebegründung des Betriebsrats gerecht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen setzt sich die Rechtsbeschwerde mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses in gebotener Weise auseinander.

19

a) Das Landesarbeitsgericht hat dem Wahlanfechtungsantrag sowie den Hauptfeststellungsanträgen im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, der Wahlvorstand habe den Betriebsbegriff verkannt. Die bezeichneten Restaurants stellten eigene Betriebe dar, soweit nicht die dort genannten „Satellitenrestaurants“ bestimmten Hauptrestaurants zuzuordnen seien. Ausgangspunkt der Beurteilung sei, dass grundsätzlich jedes Restaurant ein Betrieb eines Unternehmens sei. Nur bei einem gemeinsamen Einsatz von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern durch eine zentrale Leitung sei von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Restaurants der Antragstellerinnen nicht einheitlich geleitet würden und somit keinen gemeinsamen Betrieb bildeten. Es hat festgestellt, dass die Arbeitnehmer und die jeweils genutzten sächlichen Betriebsmittel stets nur einem Restaurant ggf. einschließlich des ihm zugeordneten „Satellitenrestaurants“ zugeteilt gewesen seien. Sie würden generell nur dort und nicht betriebsübergreifend eingesetzt. Arbeitsverträge, Kündigungen und Abmahnungen von gewerblichen Arbeitnehmern würden von den jeweiligen Restaurantleitern unterzeichnet und die Arbeitsverträge in den jeweiligen Hauptrestaurants verwahrt. Soweit entsprechende Schriftstücke durch einen Mitarbeiter der zentralen Verwaltung vorformuliert worden seien, handele es sich allein um Unterstützungsleistungen. Tatsachen, aus denen sich ergäbe, dass damit auch eine Entscheidungsbefugnis auf zentraler Ebene läge, seien weder dem Vortrag des Betriebsrats zu entnehmen noch ansonsten zu erkennen. Die Restaurantleiter nähmen die ihnen im Außenverhältnis zu den Arbeitnehmern zukommende Vertretungsmacht weitgehend weisungsfrei wahr. Vorgaben bestimmter Richtlinien stünden der Annahme einer dezentralen Leitungsebene nicht entgegen. Die Personalbefugnis der Restaurantleiter erstrecke sich auf das Managementpersonal.

20

b) Der Betriebsrat hat mit der Rechtsbeschwerde eingewandt, den Antragstellerinnen fehle bereits die Antragsberechtigung für das Wahlanfechtungsverfahren, weil sie nicht Betriebsinhaberinnen seien, sondern Herr F. Fehlerhaft sei auch der in dem Beschluss eingenommene „Ausgangspunkt“, dass jedes Restaurant grundsätzlich als eigener Betrieb anzusehen sei. Auf die sogenannten „Satellitenrestaurants“ treffe dies schon nach der eigenen Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht zu. Das Landesarbeitsgericht sei zudem verfahrensfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerinnen die ihnen gehörenden Restaurantbetriebe selbständig leiteten. Es habe eine einheitliche Leitung der Restaurantbetriebe durch Herrn F in personellen und sozialen Angelegenheiten verneint, ohne die vom Betriebsrat vorgetragenen Indizien zu den eingeschränkten Befugnissen der Restaurantleiter insbesondere bei der Einstellung, Entlassung und Abmahnung von Mitarbeitern vollständig zu würdigen und dem entsprechenden Beweisangebot des Betriebsrats nachzugehen. Damit sind Gegenstand und Richtung der Rechtsbeschwerdeangriffe eindeutig erkennbar. Das Vorbringen ist geeignet, die angefochtene Entscheidung in Frage zu stellen.

21

II. Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des Wahlanfechtungsantrags zu 1. begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann diesem Antrag nicht stattgegeben werden. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

22

1. Der auf Anfechtung der Wahl gerichtete, nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte Antrag zu 1. ist zulässig. Die Antragstellerinnen haben ausschließlich die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl vom 24. Juli 2013 geltend gemacht. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Wahl bestehen nicht (vgl. zu den strengen Anforderungen an die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 139, 197).

23

2. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die zulässig angefochtene Betriebsratswahl unwirksam ist.

24

a) Die formellen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG sind erfüllt.

25

aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Antragstellerinnen und nicht Herr F nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt waren.

26

(1) Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind zur Anfechtung berechtigt mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder „der Arbeitgeber“. Eine ausdrückliche Regelung dazu, wer im Falle eines Gemeinschaftsbetriebs mehrerer Arbeitgeber für die Unternehmerseite zur Wahlanfechtung berechtigt ist, sieht das Gesetz nicht vor (für eine nur gemeinsame Berechtigung zur Anfechtung: LAG Niedersachsen 14. Januar 2016 - 5 TaBV 33/15 - zu II A 3 a und b der Gründe; Fitting 28. Aufl. § 19 Rn. 32; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 74; DKKW/Homburg 15. Aufl. § 19 Rn. 28; ErfK/Koch 17. Aufl. § 19 BetrVG Rn. 11; Bonanni/Mückl BB 2010, 437, 440; offengelassen BAG 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - zu B I 1 a der Gründe). Dazu bedarf es im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Die Wahl wurde von den hierzu berechtigten Antragstellerinnen gemeinsam angefochten. Sie haben geltend gemacht, die bei allen Antragstellerinnen beschäftigten Arbeitnehmer hätten keinen gemeinsamen Betriebsrat wählen dürfen.

27

(2) Nicht anfechtungsberechtigt ist hingegen, wer nicht als Rechtsträger in einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zu dem Betriebsrat steht (vgl. BAG 28. November 1977 - 1 ABR 36/76 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 29, 392). Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist daher nicht Herr F als alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 1. und Kommanditist der Antragstellerinnen zu 2. bis 11. Arbeitgeber iSv. § 19 Abs. 2 BetrVG. Er war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die der Betriebsrat nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, seit dem 1. September 2011 und damit im Zeitpunkt der Wahl am 24. Juli 2013 nicht mehr als Einzelkaufmann Inhaber der Restaurants. Inhaberinnen der Betriebe sind seither allein die Antragstellerinnen.

28

bb) Die Betriebsratswahl wurde rechtzeitig binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten. Der Wahlvorstand leitete dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. am 31. Juli 2013 eine Wahlniederschrift zu. Die Bekanntmachung der Gewählten wurde am 2. August 2013 vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes per E-Mail als pdf-Datei an die einzelnen Restaurants mit der Aufforderung des Aushangs übermittelt. Hierauf fochten die Antragstellerinnen mit der am 14. August 2013 per Fax und am 15. August 2013 im Original beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antragsschrift die Wahl an. Unschädlich ist, dass die Antragsschrift dem Betriebsrat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erst am 5. September 2013 (nach der Postzustellungsurkunde zutreffend am 31. August 2013) und damit nach Ablauf der Anfechtungsfrist zugestellt wurde. Es genügt, dass die Antragsschrift innerhalb der Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beim Arbeitsgericht eingeht, wenn die Zustellung - wie hier - „demnächst“ iSd. § 167 ZPO erfolgt ist(vgl. BAG 13. März 2013 - 7 ABR 67/11 - Rn. 9).

29

b) Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann dem Wahlanfechtungsantrag nicht stattgegeben werden. Die Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG hängt im vorliegenden Fall davon ab, ob im Zeitpunkt der Wahl des Betriebsrats am 24. Juli 2013 die Voraussetzungen eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen iSd. § 1 Abs. 2 BetrVG vorlagen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Antragstellerinnen im Zeitpunkt der Betriebsratswahl keinen gemeinsamen Betrieb iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG geführt haben. Gegen die Feststellungen hat der Betriebsrat mit einer Verfahrensrüge zu Recht geltend gemacht, dass die tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse der Restaurantleiter nicht vollständig aufgeklärt sind.

30

aa) Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl eines Betriebsrats angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, durch den Verstoß konnte das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflusst werden. Ein solcher Verstoß liegt ua. vor, wenn bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtliche Betriebsbegriff verkannt wurde (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN).

31

(1) Ein Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. zur st. Rspr.: BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 27; 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 22; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 18 mwN; 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 - Rn. 15, BAGE 121, 7).

32

(2) Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden mit der Folge, dass ein (gemeinsamer) Betriebsrat zu wählen ist.

33

(a) Davon geht das BetrVG in seinem § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 aus. Nach der Senatsrechtsprechung vor dem Inkrafttreten von § 1 BetrVG in der jetzigen Fassung war von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt wurden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wurde. Dazu mussten sich die beteiligten Unternehmen zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung musste sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügte dagegen nicht. Vielmehr mussten die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des BetrVG institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 28; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 19 mwN). Für die Frage, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird, war vor allem entscheidend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (vgl. BAG 22. Juni 2005 - 7 ABR 57/04 - zu B II 1 der Gründe mwN). Daran hat sich durch das Betriebsverfassungsreformgesetz vom 23. Juli 2001 nichts geändert. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten weiter (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 28; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 23 mwN).

34

(b) Nach § 1 Abs. 2 BetrVG in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 wird ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden (Nr. 1) oder wenn die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert (Nr. 2). In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Begriff des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nicht eigenständig definiert, sondern unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs geregelt, dass unter den genannten Voraussetzungen ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen - widerlegbar - vermutet wird. Die Vermutungstatbestände dienen dem Zweck, Betriebsräten und Wahlvorständen den in der Praxis oft schwer zu erbringenden Nachweis einer Führungsvereinbarung zu ersparen (vgl. BT-Drs. 14/5741 S. 33). Die von der Rechtsprechung zum Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten daher auch nach dem Inkrafttreten des Betriebsverfassungsreformgesetzes weiter, wobei das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparats unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BetrVG vermutet wird. Greifen die Vermutungstatbestände nicht ein, besteht dennoch ein gemeinsamer Betrieb, wenn sich mehrere Unternehmen - ausdrücklich oder konkludent - zur Führung eines gemeinsamen Betriebs rechtlich verbunden haben (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 29; 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 - zu B III 2 der Gründe mwN).

35

(3) Bei den Begriffen des Betriebs und des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Beurteilung, ob Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden, steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungsgrundsätze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 31; 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 28 mwN; 13. August 2008 - 7 ABR 21/07 - Rn. 26 mwN).

36

bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Restaurants der Antragstellerinnen seien im Zeitpunkt der Wahl am 24. Juli 2013 nicht als gemeinsamer Betrieb geführt worden, nicht stand.

37

(1) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es spreche gegen eine einheitliche Leitung der Restaurants durch die Antragstellerinnen, dass die Arbeitnehmer jeweils nur in einem Restaurant ggf. einschließlich des zugeordneten „Satellitenrestaurants“ eingesetzt würden. Ein ausnahmsweise betriebsübergreifender Personaleinsatz erfolgte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur auf Anfrage eines sowie mit Bewilligung des „abgebenden“ Restaurantleiters, ohne dass eine übergeordnete Hierarchieebene daran beteiligt war. Diese Feststellungen hat der Betriebsrat nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Wird der Personaleinsatz auch zwischen Haupt- und „Satellitenrestaurant“ jeweils durch die jeweilige Leitung des (Haupt-)Restaurants und ohne Beteiligung einer übergeordneten Führungsebene gesteuert, liegt darin ein starkes Indiz gegen das Bestehen eines gemeinsamen Betriebs aller Antragstellerinnen.

38

Entgegen der Auffassung des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht auch zutreffend angenommen, die dauerhafte Versetzung von Personal nach der Schließung eines Restaurants spreche nicht für einen wechselseitigen, dauerhaften Personaleinsatz. Wird Personal aus bestimmten Restaurants bei Neueröffnung oder Schließung anderer Restaurants dauerhaft in einem anderen Restaurant eingesetzt, liegt darin kein Anhaltspunkt für eine fortwährend gemeinsame Leitung in personellen Angelegenheiten in Form einer gemeinsamen Personaleinsatzplanung.

39

Rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden ist die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Vorgabe von Mitarbeiterstunden bei der Dienstplanung spreche nicht für eine betriebsübergreifende einheitliche Leitung, weil erst die konkrete Dienstplanung für die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebs entscheidend sei. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag die Dienstplangestaltung im Aufgabenbereich der Restaurantleiter, selbst wenn diese nach dem Vortrag des Betriebsrats durch die zentrale, tagesbezogene Vorgabe von Mitarbeiterstunden stark eingeschränkt gewesen sein sollte.

40

(2) Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Restaurantleiter nähmen die ihnen im Außenverhältnis zu den Arbeitnehmern zukommende Vertretungsmacht auch bei Einstellungen, Entlassungen und Abmahnungen weitgehend weisungsfrei wahr, beruht jedoch auf einem unvollständig aufgeklärten Sachverhalt. Darauf hat sich der Betriebsrat mit der Rüge einer unterlassenen Beweisaufnahme zu Recht berufen.

41

(a) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Anhörungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. In rechtsbeschwerderechtlicher Hinsicht ist allein zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 41). Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, wo konkret das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 42).

42

(b) Danach greifen die vom Betriebsrat gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen einer zentralen Leitungsebene erhobenen Verfahrensrügen durch.

43

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass Arbeitsverträge, Kündigungen und Abmahnungen von den Restaurantleitern unterzeichnet und die Arbeitsverträge in den jeweiligen Hauptrestaurants verwahrt würden. Soweit entsprechende Schriftstücke durch einen Mitarbeiter der zentralen Verwaltung vorformuliert würden, handele es sich allein um eine Unterstützungsleistung. Tatsachen, aus denen sich ergeben würde, dass damit auch eine Entscheidungsbefugnis auf zentraler Ebene läge, seien weder dem Vortrag des Betriebsrats zu entnehmen noch ansonsten zu erkennen. Die Restaurantleiter nähmen die ihnen im Außenverhältnis zu den Arbeitnehmern zukommende Vertretungsmacht weitgehend weisungsfrei wahr. Da sie nicht der Unternehmer selbst seien, stünde die Vorgabe bestimmter Richtlinien der Annahme einer dezentralen Leitungsebene nicht entgegen.

44

Gegen diese Feststellung hat der Betriebsrat mit einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge geltend gemacht, er habe bereits in der Beschwerdebegründung vom 16. Juli 2014 unter Beweisantritt vorgebracht, dass Entlassungen von gewerblichem Personal und die Erteilung von Abmahnungen nur in Absprache mit Herrn F, Herrn S bzw. Herrn A habe durchgeführt werden sollen. Es habe sich hierbei nicht nur um Unterstützungsleistungen gehandelt. Zu dieser Behauptung wären die vom Betriebsrat benannten Restaurantleiter/innen B G, L R, J N, I G und A G als Zeugen zu hören gewesen. Der Betriebsrat hat den übergangenen Beweisantritt in der Beschwerdebegründung genau bezeichnet und dargelegt, dass ein entsprechendes Beweisergebnis das Landesarbeitsgericht bei einer neuen Würdigung aller Umstände zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Die Verfahrensrüge des Betriebsrats ist erheblich. Würden die Entscheidungen über Abmahnungen und den Bestand des Arbeitsverhältnisses mit dem gewerblichen Personal erst nach einer Absprache mit dem Geschäftsführer oder den Mitarbeitern der Antragstellerin zu 1. getroffen, könnte eine bloße Unterstützungsleistung nicht angenommen werden. Die Feststellung, dass Arbeitsverträge, Kündigungen und Abmahnungen von gewerblichen Arbeitnehmern von den jeweiligen Restaurantleitern unterzeichnet und in den jeweiligen Hauptrestaurants verwahrt würden, spricht nur dann entscheidend gegen eine gemeinsame Leitung der Restaurants, wenn die zugrunde liegenden Entscheidungen tatsächlich auch von den Restaurantleitern getroffen und nicht nur weisungsgemäß vollzogen wurden.

45

(bb) Soweit das Landesarbeitsgericht weiter angenommen hat, dass sich die Personalbefugnis der Restaurantleiter auf das Managementpersonal der ihnen unterstellten Restaurants erstrecke, hat der Betriebsrat gerügt, er habe in der Beschwerdebegründung vom 16. Juli 2014 unter Beweisantritt geltend gemacht, dass die Restaurantleiter zur Einstellung, Entlassung und Abmahnung von Shiftleadern und Assistant Managern nicht befugt seien.

46

Die zulässige Rüge ist begründet. Zu Recht erkennt das Landesarbeitsgericht zwar einen Anhaltspunkt gegen das Bestehen eines zentralen Leitapparats, von dem aus die wesentlichen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben in sozialen und personellen Angelegenheiten gesteuert werden, in der von den Antragstellerinnen vorgelegten Stellenbeschreibung für Restaurantmanager. Diese sieht vor, dass Restaurantleiter nicht nur den gewerblichen Mitarbeitern, sondern auch den Managementmitarbeitern disziplinarisch vorgesetzt und diesen gegenüber zur Kündigung berechtigt sind. Soweit sich demgegenüber aus der vom Betriebsrat vorgelegten Stellenbeschreibung für Shiftleader sowie für Assistant Manager ergibt, dass nicht die Restaurantmanager, sondern Gebietsleiter und andere übergeordnete und betriebsübergreifend tätige Personen zur Kündigung berechtigt sind, besteht allerdings ein Widerspruch, den das Landesarbeitsgericht im Wege der Beweisaufnahme durch Vernehmung der benannten Zeugen weiter hätte aufklären müssen. Die Beweisaufnahme ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil der Betriebsrat dem Vortrag der Antragstellerinnen nicht entgegengetreten ist, die Stellenbeschreibungen aus dem Jahr 2011 fänden keine Anwendung mehr. Dies trifft nicht zu. Der Betriebsrat hat mit der Beschwerde vorgetragen, die Stellenbeschreibungen seien nach wie vor gültig und entsprächen weiterhin der Handhabung. Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, Vorgänge zur Leitungsstruktur vor dem 1. September 2011 seien „allenfalls indiziell“ bedeutsam, tatsächlich aber „wohl“ für die Beurteilung der Wirksamkeit der Betriebsratswahl am 24. Juli 2013 unerheblich, hat es nicht gewürdigt, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. F in dem vor dem Arbeitsgericht (- 27 BVGa 15475/11 -) geführten Verfahren am 24. November 2011 erklärt hat, die Übertragung der Restaurants auf die Antragstellerinnen sei allein aus haftungsrechtlichen Gründen erfolgt, habe in der Sache aber keine Veränderungen bewirkt. Diese Erklärung spricht für - und nicht gegen - die Vermutung einer Führungsvereinbarung in personellen und sozialen Angelegenheiten nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG.

47

Auch die vom Landesarbeitsgericht exemplarisch festgestellten Fälle, in denen die Restaurantleiter Anstellungsverträge, Abmahnungen, Kündigungen und Aufhebungsverträge unterzeichnet sowie eine Betriebsratsanhörung durchgeführt haben, widerlegen nicht den Vortrag des Betriebsrats, es bedürfe unverändert einer vorherigen Abstimmung mit der übergeordneten Leitung sämtlicher Restaurants in personellen und sozialen Angelegenheiten, zumal das Landesarbeitsgericht selbst unterstellt hat, dass in „Einzelfällen“ Aufhebungsverträge durch Herrn S abgeschlossen worden seien.

48

(cc) Die Rüge der unterlassenen Beweisaufnahme ist schließlich hinsichtlich des Vortrags des Betriebsrats begründet, die Restaurantleiter hätten die Urlaubspläne Herrn F, Herrn S oder Herrn A zur Genehmigung vorlegen müssen. Träfe dies zu, könnte auch die vom Landesarbeitsgericht als Einzelfall gewürdigte Urlaubsbewilligung durch Herrn S am 4. Oktober 2013 in einem anderen Licht erscheinen.

49

(dd) Hätte sich der Vortrag des Betriebsrats nach einer Beweisaufnahme als zutreffend erwiesen, wäre es nicht ausgeschlossen, dass das Landesarbeitsgericht bei einer Würdigung der Gesamtumstände zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

50

cc) Die begründeten Verfahrensrügen führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Anhörung und Entscheidung über den Antrag zu 1. (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat im Wege der gebotenen Beweisaufnahme ergänzend aufzuklären, ob die Restaurantleiter im Zeitpunkt der Betriebsratswahl am 24. Juli 2013 nicht nur formal, sondern auch tatsächlich entscheidungsbefugt waren. Weiter aufzuklären ist auch, ob die Urlaubspläne der einzelnen Restaurants zentral genehmigt werden mussten.

51

Sollte die gebotene Beweisaufnahme den Vortrag des Betriebsrats zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts (§ 286 ZPO) ganz oder teilweise bestätigen, hätte es unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses nach einer vollständigen Gesamtwürdigung zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines gemeinsamen Betriebs vorlagen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Antragstellerinnen oder Herr F persönlich Franchisenehmer war. Dies betrifft im Kern zunächst nur eine Vertragsfrage. Es ist nicht erkennbar, welche konkreten Auswirkungen sich für die Betriebsorganisation daraus ergeben. Ebenso wenig lässt der Umstand, dass sich an den Restaurants ein Betreiberschild mit der Firma der Betreiber befindet und die Kassenquittungen die Antragstellerinnen als Rechnungssteller und Betreiber ausweisen, darauf schließen, ob die Restaurants betriebsorganisatorisch eigenständig oder zentral geleitet werden. Nicht entscheidend ist dafür auch, unter welcher Firma Zahlungen, Rechnungen gestellt werden und Lohnabrechnungen erfolgen. Indizien für die Feststellung einer einheitlichen oder gemeinsamen Leitung der Restaurants können sich hingegen aus den Bestellvorgängen der Ware sowie daraus ergeben, ob und inwieweit die einzelnen Restaurantleiter für den Zahlungsverkehr und die Erstellung von Lohnabrechnungen verantwortlich sind.

52

c) Die Zurückverweisung ist schließlich nicht deshalb entbehrlich, weil sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist (§ 561 ZPO). Anhand der getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Wahlvorschlagsliste gegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 WO verstößt und die Wahl vom 24. Juli 2013 deshalb anfechtbar ist.

53

aa) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 WO sind Vorschlagslisten ungültig, wenn eine schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen oder Bewerber zur Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht vorliegt und dieser Mangel trotz Beanstandung nicht binnen einer Frist von drei Arbeitstagen beseitigt worden ist.

54

bb) Nach der Begründung des Landesarbeitsgerichts bedurfte es keiner Feststellungen dazu, ob Herr N ohne sein Einverständnis auf einer Wahlliste aufgeführt war. Zwar kann der Senat anhand der vom Betriebsrat zur Akte gereichten Kopie der betreffenden Vorschlagsliste entnehmen, dass sich neben dem Namen des Herrn N eine Unterschrift in der Spalte befindet, die mit „Zustimmung zur Bewerbung (Unterschrift)“ überschrieben ist. Damit steht aber noch nicht fest, ob es sich hierbei um die Unterschrift des Herrn N handelt. Dies wird das Landesarbeitsgericht ggf. aufzuklären haben.

55

III. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Hauptfeststellungsanträgen zu 2. bis 12. stattgegeben hat. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei den Restaurants handele es sich um Betriebe iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - teilweise einschließlich zugeordneter „Satellitenrestaurants“ - hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht beurteilen, ob die den Antragstellerinnen zugeordneten Restaurants - teilweise einschließlich bestimmter „Satellitenrestaurants“ - eigenständige Betriebe sind.

56

1. Die Hauptfeststellungsanträge zu 2. bis 12. sind nach der gebotenen Auslegung zulässig. Mit den Anträgen soll festgestellt werden, dass die dort bezeichneten Restaurants - teilweise unter Berücksichtigung bestimmter „Satellitenrestaurants“ - im Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz eigenständige Betriebe im Sinne des BetrVG bilden. Die Feststellungsanträge sind mit diesem Inhalt hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und nach § 18 Abs. 2 BetrVG zulässig.

57

a) Nach dieser Bestimmung kann bei Zweifeln darüber, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, ua. der Arbeitgeber eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts kann außerhalb und ohne Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl herbeigeführt werden. Gegenstand und Ziel des Verfahrens nach § 18 Abs. 2 BetrVG bestehen nicht nur darin, Streitigkeiten über die Zuständigkeit eines gewählten oder noch zu wählenden Betriebsrats oder Meinungsverschiedenheiten über den Umfang von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats, die zum Teil von der Anzahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abhängen, zu entscheiden. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG dient auch dazu, die Voraussetzungen für eine (künftige) ordnungsgemäße Betriebsratswahl zu schaffen. Die gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG klärt daher eine für die gesamte Betriebsverfassung grundsätzliche Vorfrage, indem sie für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz verbindlich festlegt, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, in dem ein Betriebsrat gewählt wird und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen kann. Für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 18 Abs. 2 BetrVG kommt es daher nicht darauf an, in welchen betrieblichen Organisationseinheiten bereits Betriebsräte gewählt sind. Damit ist die betriebsverfassungsrechtliche Situation allenfalls für die laufende Amtszeit der Betriebsräte geklärt. Für künftige Betriebsratswahlen besteht nach wie vor ein Interesse an der Feststellung, in welcher Organisationseinheit ein Betriebsrat zu wählen ist (BAG 24. April 2013 - 7 ABR 71/11 - Rn. 22, BAGE 145, 60; 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 - zu B II 1 der Gründe).

58

b) Durch die begehrte Entscheidung lässt sich für die Zukunft rechtsverbindlich die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage klären, ob die jeweiligen Restaurants - ggf. unter Zuordnung bestimmter „Satellitenrestaurants“ - eigenständige Betriebe darstellen.

59

2. Über die Begründetheit der Anträge kann der Senat jedoch noch nicht abschließend entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat die jeweilige Stattgabe der Hauptanträge zu 2. bis 12. im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die zuvor erfolgten Ausführungen hinsichtlich des Nichtvorliegens eines gemeinsamen Betriebs der Antragstellerinnen begründet. Dies ist rechtsfehlerhaft.

60

a) Das folgt schon daraus, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Antragstellerinnen unterhielten keinen gemeinsamen Betrieb, auf einer unvollständigen Sachaufklärung beruht. Das Landesarbeitsgericht hat außerdem nicht beachtet, dass die Stattgabe des Wahlanfechtungsantrags nicht automatisch für die Entscheidung der Hauptanträge zu 2. bis 12. maßgeblich ist. Aus der Verneinung eines gemeinsamen Betriebs der Antragstellerinnen zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl am 24. Juli 2013 folgt nicht zwangsläufig im Umkehrschluss, dass die einzelnen Restaurants eigenständige Betriebe darstellen. Hierzu bedarf es zu dem für einen Antrag nach § 18 Abs. 2 BetrVG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung gesonderter Feststellungen.

61

b) Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Beschlusses über die Anträge zu 2. bis 12. und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei der neuen Anhörung und Entscheidung der Sache wird sich das Landesarbeitsgericht nicht auf Feststellungen beschränken können, ob die in den jeweiligen Betriebsstätten vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel von den verschiedenen Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt wurden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft der Arbeitnehmer von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wurde, zu dem sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend rechtlich verbunden haben. Das Landesarbeitsgericht muss auch feststellen, ob und ggf. welche der Restaurants als eigenständige Betriebe oder als unselbständige Betriebsteile anzusehen und ggf. welchen Hauptbetrieben sie zuzuordnen sind. Dazu hat das Landesarbeitsgericht bisher keine konkreten Feststellungen getroffen.

62

aa) Ein Betriebsteil kann einem Hauptbetrieb zuzuordnen sein oder als selbständiger Betrieb gelten, für den ein eigener Betriebsrat zu bilden ist.

63

(1) Ein Betriebsteil ist auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert. Er ist allerdings gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt. Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 BetrVG. Für einen Betriebsteil genügt ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Dazu reicht es aus, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 23; 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 - Rn. 15, BAGE 121, 7).

64

(2) § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG bestimmt im Wege einer gesetzlichen Fiktion, dass ein Betriebsteil als selbständiger Betrieb gilt, wenn er räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt(§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG) oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG). Für einen solchen Betriebsteil ist grundsätzlich ein eigener Betriebsrat zu wählen, es sei denn, die Arbeitnehmer haben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG beschlossen, an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb teilzunehmen. Die für einen selbständigen Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG erforderliche relative Eigenständigkeit setzt keinen umfassenden eigenen Leitungsapparat voraus, erfordert aber, dass es in dem Betriebsteil eine eigenständige Leitung gibt, die in der Lage ist, die Arbeitgeberfunktionen in den wesentlichen Bereichen der betrieblichen Mitbestimmung wahrzunehmen(vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 7 ABR 38/08 - Rn. 24 mwN).

65

bb) Danach ist das Landesarbeitsgericht für die Feststellung der betriebsratsfähigen Einheit nach § 18 Abs. 2 BetrVG unzutreffend davon ausgegangen, für die Beurteilung des Betriebsbegriffs könne „im Ausgangspunkt“ grundsätzlich angenommen werden, dass jedes Restaurant als Betrieb eines Unternehmens anzusehen ist. Zwar verfügt jedes Restaurant nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über einen eigenen Küchenbereich mit Ausstattung zur Zubereitung der Speisen und Getränke ausschließlich für die dort zu bewirtenden Gäste, über einen Kassenbereich und einen Gastraum. In keinem Restaurant werden Speisen oder Getränke für andere Restaurants zubereitet oder verkauft. Dies trifft aber sowohl auf die Haupt- wie auch auf die „Satellitenrestaurants“ zu. Es ist damit weder ausgeschlossen, dass es sich bei den Restaurants um Teile eines gemeinschaftlichen Betriebs handelt noch steht fest, dass alle oder einzelne mit anderen Restaurants einen gemeinschaftlichen Betrieb bilden. Die Antragstellerinnen selbst sehen bestimmte einzelne „Satellitenrestaurants“ als Teile einzelner Hauptbetriebe an. Auf den Zeitpunkt der letzten Anhörung durch das Landesarbeitsgericht bezogen bedarf es daher konkreter Feststellungen zu der Leitung jedes der in den Anträgen zu 2. bis 12. bezeichneten Restaurants.

66

IV. Die unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellten Hilfsanträge der Antragstellerinnen und des Betriebsrats fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an, da nicht feststeht, ob die hierfür erforderliche Bedingung des Unterliegens mit den Hauptanträgen eingetreten ist.

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    Schiller    

        

    Donath    

                 

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. September 2009 - 6 Sa 808/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23. September 2008 - 4 Ca 1659/08 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Nachteilsausgleich.

2

Der Kläger war bei der Beklagten in deren Niederlassung N als Kraftfahrer beschäftigt. Die Beklagte betreibt eine Spedition mit zahlreichen Niederlassungen im Bundesgebiet, in denen sie insgesamt mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt. In der Niederlassung N, in der ein eigener Betriebsrat besteht, beschäftigte die Beklagte insgesamt 13 Arbeitnehmer. Von den sechs Kraftfahrern waren fünf vollzeitbeschäftigt, der sechste bezog seit dem Jahre 2000 Altersruhegeld und war danach nur noch als Aushilfe tätig. Die übrigen sieben Mitarbeiter disponieren und organisieren im Wesentlichen über Fremdfirmen die Transportdienstleistungen. Die Beklagte erzielte in der Niederlassung N rund 13 Prozent ihres Umsatzes mit dem betriebseigenen Fuhrpark.

3

Im Februar 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers sowie dreier weiterer von ihr beschäftigter Kraftfahrer mit Wirkung zum 28. Februar 2009 wegen beabsichtigter Stilllegung des eigenen Fuhrparks in der Niederlassung N. Ein fünfter Kraftfahrer schied zum 30. November 2008 aufgrund einer vertraglich vereinbarten Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der Aushilfsfahrer wurde über den 28. Februar 2009 hinaus weiterbeschäftigt.

4

Der Kläger hat seine zu Beginn des Rechtsstreits erhobene Kündigungsschutzklage bereits im ersten Rechtszug wieder zurückgenommen und verlangt nur noch den zunächst hilfsweise geltend gemachten Nachteilsausgleich. Er hat hierzu geltend gemacht, die Stilllegung des Fuhrparks der Niederlassung N stelle eine Betriebsänderung dar. Die Beklagte habe nicht hinreichend versucht, einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, weil sie es unterlassen habe, die Einigungsstelle anzurufen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung nach § 113 BetrVG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags gemeint, eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG liege nicht vor, weil die auch in Kleinbetrieben maßgebliche Zahlengrenze des § 17 Abs. 1 Nr. 1 KSchG - Entlassung von mindestens sechs Arbeitnehmern - nicht erreicht sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Nachteilsausgleich iHv. 25.000,00 Euro zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Nachteilsausgleich zu.

9

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach § 113 Abs. 1 BetrVG gilt für die Höhe der Abfindung § 10 KSchG entsprechend, der für die Abfindung je nach Lebensalter des Arbeitnehmers und der Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses bestimmte Höchstgrenzen vorsieht. Innerhalb dieser Höchstgrenzen entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen. Deshalb braucht der Arbeitnehmer die Höhe der von ihm mit der Klage geforderten Abfindung nicht ziffernmäßig anzugeben, sondern kann sie in das Ermessen des Gerichts stellen (BAG 22. Februar 1983 - 1 AZR 260/81 - zu I 2 der Gründe, BAGE 42, 1). Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist Genüge getan, wenn - wie hier - die für die Bemessung der Abfindung maßgeblichen Umstände mitgeteilt werden.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Die Stilllegung des Fuhrparks der Niederlassung N stellt keine interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar. Die Beklagte konnte daher das Arbeitsverhältnis des Klägers kündigen, ohne zuvor mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben.

11

1. Nach § 111 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.

12

a) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats knüpft seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes am 28. Juli 2001 ( BetrVerf-Reformgesetz - BGBl. I S. 1852) an die Unternehmens- und nicht mehr an die Betriebsgröße an. Daher hat der Arbeitgeber im Falle einer Betriebsänderung auch in kleineren Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern einen Interessenausgleich zu versuchen, sofern im Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind (Fitting BetrVG 25. Aufl. § 111 Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Unternehmen weit über 100 Arbeitnehmer.

13

b) Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Arbeitgebers besteht nach § 111 Satz 1 BetrVG allerdings nur bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können. Satz 3 des § 111 BetrVG enthält eine beispielhafte Aufstellung von Tatbeständen, die als Betriebsänderung iSd. Satzes 1 gelten. Liegt einer der Tatbestände des § 111 Satz 3 BetrVG vor, ist nicht mehr zu prüfen, ob nachteilige Folgen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zu erwarten sind. Diese werden in den dort genannten Fällen fingiert (BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - zu B I 4 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 137 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 106 ).

14

c) Gem. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG gilt als Betriebsänderung iSd. Satzes 1 ua. die Einschränkung des gesamten Betriebs. Hierunter ist eine Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Betriebs zu verstehen, die sowohl durch eine Verringerung der sächlichen Betriebsmittel als auch durch eine Einschränkung der Zahl der Arbeitnehmer bedingt sein kann. Eine Betriebsänderung in der Form der Betriebseinschränkung kann auch durch einen bloßen Personalabbau unter Beibehaltung der sächlichen Betriebsmittel erfolgen, sofern hiervon ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist. Das bestimmt sich nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich nach den Zahlengrößen des § 17 Abs. 1 KSchG, jedoch mit der Maßgabe, dass von dem Personalabbau mindestens fünf Prozent der Belegschaft betroffen sein müssen (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - Rn. 17 f. mwN, BAGE 117, 296). Die zugrunde liegende Zahlenstaffel des § 17 Abs. 1 KSchG geht dabei zurück auf § 15 Abs. 1 KSchG 1951, der durch § 66 Abs. 2 BetrVG 1952 ergänzt wurde. Darin wurden dem Arbeitgeber bei Massenentlassungen in den dort aufgeführten Größenordnungen, die im Wesentlichen denen des heutigen § 17 Abs. 1 KSchG entsprechen, Mitteilungs- und Beratungspflichten zur Vermeidung von Härten bei Entlassungen auferlegt. Der Heranziehung der Zahlen- und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals „erhebliche Teile der Belegschaft“ in § 111 Satz 1 BetrVG steht deshalb der arbeitsmarktpolitische Zweck dieser Vorschrift nicht entgegen(BAG 22. Mai 1979 - 1 ABR 17/77 - zu B II 1 d der Gründe, BAGE 32, 14).

15

d) Eine Betriebsänderung kann gem. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG auch durch eine Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils bedingt sein. Wesentlich ist ein Betriebsteil bei einer quantitativen Betrachtung, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Maßgeblich sind auch insoweit die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG(BAG 7. August 1990 -  1 AZR 445/89  - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27; 27. Juni 2002 - 2 AZR 489/01 - EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 119). Bei der Prüfung, wann die Einschränkung eines so näher bestimmten wesentlichen Betriebsteils ihrerseits „erhebliche Teile der Belegschaft“ betrifft, können indes die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG nicht bezogen auf den Betriebsteil zugrunde gelegt werden. Ansonsten käme es zu erheblichen Verzerrungen, je nach dem, ob der Personalabbau nur einen wesentlichen Betriebsteil oder den gesamten Betrieb betrifft (dazu Matthes FS Gaul S. 397, 399, 403 f.). Diese Ungereimtheiten können vermieden werden, indem man die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG nur dann bejaht, wenn sie wesentliche Nachteile für erhebliche Teile der Belegschaft des Gesamtbetriebs zur Folge haben kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die von den Nachteilen betroffenen Arbeitnehmer solche des eingeschränkten Betriebsteils sind oder in anderen Teilen des Gesamtbetriebs beschäftigt sind(Richardi/Annuß BetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 85; DKKW/Däubler BetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 46).

16

e) In Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern kann jedoch nicht ohne Weiteres auf die Zahlengrenzen des § 17 Abs. 1 KSchG zurückgegriffen werden. Diese Bestimmung setzt voraus, dass im Betrieb mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

17

aa) Im Schrifttum ist umstritten, ab welcher Größenordnung ein Personalabbau in Kleinbetrieben eine beteiligungspflichtige Betriebsänderung darstellt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG seien fortzuschreiben, so dass eine Betriebsänderung vorliege, wenn 30 Prozent(so Richardi/Annuß § 111 Rn. 48 und Rn. 74; WPK/Preis/Bender BetrVG 4. Aufl. § 111 Rn. 14) bzw. ein Drittel der Belegschaft (so DKKW/Däubler § 111 Rn. 45a) entlassen werde. Nach anderer Auffassung ist der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG zu halbieren mit der Folge, dass in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten ein erheblicher Teil der Belegschaft von einer Betriebsänderung betroffen ist, wenn mindestens drei Arbeitnehmer betriebsbedingt ausscheiden(Oetker GK-BetrVG 9. Aufl. § 111 Rn. 93).

18

bb) Diese Auffassungen berücksichtigen allerdings nicht genügend den Zweck der zum 28. Juli 2001 in Kraft getretenen Änderung des § 111 BetrVG und den Regelungszusammenhang mit der Erzwingbarkeit eines Sozialplans bei einem bloßen Personalabbau(§ 112a Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Die Änderung des § 111 Satz 1 BetrVG sollte sicherstellen, dass der Schutz kleinerer Unternehmen vor einer finanziellen Überforderung durch Sozialpläne auch tatsächlich nur solchen Unternehmen zugutekommt. Deshalb sollte allein die Gesamtzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens ausschlaggebend sein, unabhängig davon, ob diese in einer oder mehreren Betriebseinheiten eingesetzt werden (BT-Drucks. 14/5741 S. 51). Infolge der Änderung des § 111 Satz 1 BetrVG wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in § 112a Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch der Schwellenwert von „mehr als 20 Beschäftigten“ gestrichen(BT-Drucks. 14/6352 S. 25). Dies wurde damit begründet, dass ohne eine Anpassung Unternehmen mit zwar mehr als 20 Arbeitnehmern, aber mit Betrieben mit weniger als 20 Arbeitnehmern nicht sozialplanpflichtig seien, wenn die Betriebsänderung allein in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehe, auch wenn die gesetzliche Mindestzahl von sechs Arbeitnehmern überschritten werde. Durch die Streichung sollte die Sozialplanpflicht bei reinem Personalabbau im bisherigen System bleiben. Zur Erreichung dieses Ziels sollte Voraussetzung der Sozialplanpflicht nach § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG nach wie vor die Entlassung von mindestens sechs Arbeitnehmern sein(BT-Drucks. 14/6352 S. 55).

19

cc) Die Gesetzesbegründung zum BetrVerf-Reformgesetz macht damit deutlich, dass mit der Anknüpfung des Schwellenwerts in § 111 Satz 1 BetrVG an die Unternehmensgröße an den Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer konkreten Betriebsänderung nichts geändert werden sollte. Es war gerade nicht Zweck der Gesetzesänderung, für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben die Anforderungen an eine Betriebsänderung herabzusetzen. Es sollte lediglich verhindert werden, dass sich Unternehmen durch eine organisatorische Aufgliederung in einzelne Betriebseinheiten der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG entziehen. Hiervon ausgehend sprechen die besseren Gründe dafür, auch in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern eine Betriebsänderung durch alleinigen Personalabbau nur dann anzunehmen, wenn hierdurch die Mindestzahl des § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG - sechs Arbeitnehmer - erreicht wird(Fitting § 111 Rn. 48; HSWGNR/Hess BetrVG 7. Aufl. § 111 Rn. 107a; Löwisch BB 2001, 1790, 1797).

20

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze stellt die Stilllegung des Fuhrparks im Betrieb N keine Betriebsänderung dar. Sie betrifft zwar einen wesentlichen Betriebsteil iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, weil dort zum Zeitpunkt des Stilllegungsbeschlusses sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren. Der von der Beklagten durchgeführte Personalabbau betraf aber insgesamt einschließlich des Klägers lediglich vier Arbeitnehmer. Ein weiterer Fahrer schied mit Erreichen der vereinbarten Altersgrenze ohne Kündigung zum 30. November 2008 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Damit fehlt es an einer Kausalität zwischen der Betriebsänderung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass er bei der Prüfung, ob ein wesentlicher Teil der Belegschaft von der Stilllegungsentscheidung betroffen ist, nicht mitzuzählen ist (vgl. BAG 2. August 1983 - 1 AZR 516/81 - zu 2 der Gründe, BAGE 43, 222; Fitting § 111 Rn. 80). Ein seit Ende des Jahres 2000 in geringem Umfang als Aushilfsfahrer Beschäftigter ist im Betrieb verblieben. Somit waren von der Stilllegung des Fuhrparks nur vier der im Gesamtbetrieb beschäftigten 13 Arbeitnehmer betroffen. Das ist kein erheblicher Teil der Belegschaft.

21

3. Ob ein Betriebsteil unabhängig von der quantitativen Betrachtung allein wegen seiner qualitativen Bedeutung für den Betrieb als „wesentlich“ iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG zu qualifizieren sein kann, bedarf keiner Entscheidung(offengelassen von BAG 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - zu III 1 und III 2 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27). Dem Fuhrpark der Niederlassung N kann keine besondere qualitative Bedeutung für den dortigen Betrieb beigemessen werden. Der Fuhrpark spielte in wirtschaftlicher Hinsicht eine nur untergeordnete Rolle; die Beklagte erwirtschaftete damit lediglich ca. 13 Prozent des Betriebsumsatzes. Auch sind nennenswerte Auswirkungen seiner Schließung auf die Tätigkeit der übrigen Beschäftigten nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Transportleistungen nunmehr ausschließlich an Fremdunternehmen vergeben werden, genügt hierfür nicht, weil bereits zuvor ein Großteil der Transporte nicht mit dem betriebseigenen Fuhrpark durchgeführt worden war. Der Charakter des Betriebs der Beklagten als Spedition ändert sich durch die Stilllegung des Fuhrparks gleichfalls nicht in entscheidender Weise, da sich hierdurch die Arbeit für die verbleibende Belegschaft nicht wesentlich verändert hat. Diese sind unverändert mit der Organisation und Disposition der Transportdienstleistungen befasst. Aus diesem Grund liegen im Übrigen auch die Voraussetzungen des § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG nicht vor.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Platow    

                 

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.


Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung nach Bildung eines gemeinsamen Betriebs durch die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3).

2

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk TITAN am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk Pin A-Stadt sind 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort A-Stadt gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Der im Handelsregister ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand ursprünglich in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönliche Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist personengleich mit dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

4

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19. Mai 2016 darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung und des dort in Bezug genommenen Organigramms wird auf Bl. 295 ff. d. A. Bezug genommen. Eine am 14. Juli 2016 von der Gesellschafterversammlung formell beschlossene Änderung des Geschäftszwecks der Beteiligten zu 3) auf nunmehr ua. auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art wurde am 03. August 2016 im Handelsregister eingetragen.

5

Ab 01. Juli 2016 wurden Arbeitnehmer, deren befristete Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 2) ausliefen, über Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 3) weiterbeschäftigt. Hierzu wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Zuletzt beschäftigt die Beteiligte zu 3) im Werk A-Stadt regelmäßig ca. 30 Mitarbeiter.

6

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Trier eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt.

7

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrates und der Beteiligten zu 2) und 3) wird auf die Darstellungen in den Gründen zu I des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen.

8

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

9

der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

10

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

11

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 06. September 2016 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstelle, denn jedenfalls bestehe der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf Untersagung des Betreibens eines Gemeinschaftsbetriebs nicht. Für den Fall, dass der Unternehmer die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 BetrVG missachte, sehe das Gesetz Rechtsfolgen nur in § 113 Abs. 3 und § 121 BetrVG vor. Nach der gesetzlichen Konzeption sollten den Arbeitgeber bei der Durchführung einer Betriebsänderung lediglich finanzielle Sanktionen für den Fall treffen, dass Arbeitnehmer hierdurch wirtschaftliche Nachteile erleiden, ohne dass ein echtes Mitgestaltungsrecht des Betriebsrats und folgerichtig auch kein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen das Unterrichtungs- und Beratungsrecht gegeben sei. Auch ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG scheide bereits mangels groben Verstoßes der Arbeitgeberin gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus, da die Frage des Vorliegens einer Betriebsänderung nicht eindeutig zu beantworten sei. Unabhängig davon scheide der Erlass der Einstweiligen Verfügung auch deshalb aus, weil die Bildung des Gemeinschaftsbetriebs bereits erfolgt sei und ein Anspruch auf Rückgängigmachung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehe. Auf den Bestand eines Verfügungsgrundes komme es nicht mehr an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 167 ff. d. A. Bezug genommen.

13

Der Betriebsrat hat gegen den ihm über seinen Prozessbevollmächtigten am 13. September 2016 zugestellten Beschluss mit am 21. September 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

14

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner Beschwerde nach Maßgabe seiner Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 21. September 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 191 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

15

es liege sehr wohl das Regelbeispiel des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG „Zusammenschluss mit anderen Betrieben“ und damit eindeutig eine Betriebsänderung vor. Der Betrieb der Beteiligten zu 2) in A-Stadt und R bleibe in seiner bisherigen Identität unverändert und fungiere als aufnehmender Betrieb, in den der Betrieb der Beteiligten zu 3) dergestalt eingegliedert werde, dass er seine bisherige Identität verliere, wobei es für den Schutzzweck des § 111 BetrVG keinerlei Unterschied mache, ob der einzugliedernde Betrieb vorher operativ tätig gewesen sei oder ob die operative Tätigkeit im Rahmen der Gründung des Gemeinschaftsbetriebes aufgenommen werde. Der Betriebsrat sei trotz nach Abschluss der Planungs- und Vorbereitungsphase bereits im April 2016 bestehenden Anspruchs nicht unterrichtet oder zur Beratung herangezogen worden. Der Betriebsrat habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, weil anderenfalls die Rechte des Betriebsrats, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Beratungsanspruch, leer liefen. Angesichts der Anordnung eindeutig sanktionierender Rechtsfolgen im Bereich personeller Einzelmaßnahmen (§ 17 KSchG) bei Mängeln der Beteiligung des Betriebsrates trotz weniger weitreichenden Mitwirkungsrechts (§ 101 BetrVG) scheine es abwegig, dass im Rahmen des § 111 BetrVG keine Sanktion zur Sicherstellung der Wahrung der Rechte des Betriebsrates greifen solle und zwar erst recht im Hinblick auf die Art. 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Angesichts Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie scheine es nicht fernliegend, von einer Regelungslücke auszugehen, zumindest mit dem Ziel eines befristeten oder auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates. Von einem materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch gehe seit längerer Zeit eine Vielzahl von Landesarbeitsgerichten aus; dieser sei auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Auch sei ein - zumindest zeitlich begrenzter - Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückgängigmachung der Maßnahmen keineswegs ausgeschlossen. Entsprechend vorsorglich sei der Hilfsantrag gestellt, der darauf abziele, bis zum Ende der Verhandlungsverpflichtung zumindest Neueinstellungen zu verhindern. Ein Verfügungsgrund liege vor und ihm könne kein zu langes Zuwarten vorgeworfen werden, da die Maßnahme tatsächlich erst Anfang Juli und gesellschaftsrechtlich Anfang August 2016 erfolgt sei und erst damit hinreichende Sicherheit der tatsächlichen Umsetzung vorgelegen habe.Er sei nie über die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs informiert worden. Angesichts des außergerichtlichen Schreibens vom 24. Juni 2016 an seinen Prozessbevollmächtigten sei man von einer unternehmerischen Zusammenarbeit in Form von Werkverträgen oder Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen.

16

Der Betriebsrat beantragt,

17

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu unterlassen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde,

18

hilfsweise,

19

es der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin zu untersagen, am Standort A-Stadt weitere über die in der Anlage AS B1 hinaus erfassten Mitarbeiter und Leiharbeiter der Beteiligten zu 3) zum Einsatz in der Produktion einzusetzen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

20

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

21

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

22

Die Beteiligten zu 2) und 3) verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung vom 05. Oktober 2016 (Bl. 234 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, wie folgt:

23

Ein Verfügungsanspruch bestehe nicht. Es fehle am vorliegend hauptsächlich verfolgten Folgenbeseitigungsanspruch, der zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führe, unabhängig davon, dass nicht klar sei, wie die nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegende Rückgängigmachung der Bildung des Gemeinschaftsbetriebes individualrechtlich umzusetzen sein solle. Mangels grober Pflichtverletzung sei auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegeben. Hilfsweise fehle es an einer Betriebsänderung, da nur der Zusammenschluss zweier bestehender Betriebe den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG erfülle, nicht jedoch die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch die Beteiligte zu 2) mit der zuvor über kein operatives Geschäft verfügenden Beteiligten zu 3). Auch § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG sei nicht erfüllt, da es an einer - vom Betriebsrat darzulegenden - grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation mit wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft fehle. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Gemeinschaftsbetrieb auch unter Beteiligung einer sog. (konzerninternen) Personalführungsgesellschaft entstehen könne, sofern das personalstellende Unternehmen an der Erreichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks des anderen Unternehmens mitwirke, stelle eine derartige Konstellation keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar, wenn die Personalführungsgesellschaft wie vorliegend zuvor über keinen operativen Betrieb verfügt habe. Schließlich erweise sich die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis auch mangels Verfügungsgrund als zutreffend. Dem Betriebsrat sei die Thematik der Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs nicht erst kurzfristig bekannt geworden: Auf den Vorhalt der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sei dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats bereits mit Antwortschreiben vom 24. Juni 2016 mitgeteilt worden, dass die beiden Unternehmen gemeinschaftlich zusammenarbeiteten. Dies zeige auch ein zwischenzeitlich für erledigt erklärtes Beschlussverfahren ua. auf Entfernung sämtlicher Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) aus dem Betrieb, das am 30. Juni 2016 vom Betriebsrat beim Arbeitsgericht Trier eingeleitet worden sei. Das Zuwarten über mehr als zwei Monate führe nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung dazu, dass ein Verfügungsgrund nicht bestehe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

25

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

26

Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG.

II.

27

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen. Anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des im Beschwerdeverfahren zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

28

1. Dem Betriebsrat fehlt es hinsichtlich des Hauptantrages vorliegend bereits am Verfügungsanspruch nach § 85 Abs. 2 ArbGG, 936, 940 ZPO iVm. § 916 ff., 920 ZPO. Er kann nicht im Wege der Einstweiligen Verfügung von den Beteiligten zu 2) und 3) verlangen, es zu unterlassen, den gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb der Beteiligten zu 2) und 3) am Standort A-Stadt zu betreiben bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde. Ob ein Verfügungsgrund im Sinne besonderer Dringlichkeit gegeben ist, hat das Arbeitsgericht zu Recht dahinstehen lassen.

29

1.1. Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.

30

1.1.1. Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsausgleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint(vgl. LAG Rheinland-Pfalz 27. August 2014 - 4 TaBVGa 4/14 - Rn. 41; LAG Baden-Württemberg 21. Oktober 2009 - 20 TaBVGa 1/09 - Rn. 4 ff., LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 29 ff.; LAG Rheinland-Pfalz 24. November 2004 - 9 TaBV 29/04 - Rn. 37 ff. jeweils zitiert nach juris). Nach einer anderen Auffassung steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenausgleichs gesichert werden könne(LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 29, 20. April 2012 - 10 TaBVGa 3/12 - Rn. 46; LAG Schleswig-Holstein - 15. Dezember 2010 - 3 TaBVGa 12/10 - Rn. 22; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 12. Dezember 2013 - 17 TaBVGa 2058/13 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris).

31

1.1.2. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des Betriebsrates jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch vorliegend nicht gegeben. Es kann hierbei offen bleiben, ob das gemeinsame Betreiben der Produktion in A-Stadt ab 01. Juli 2016 durch die Beteiligten zu 2) und 3) eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG darstellt.

32

a) Ein solcher Unterlassungsanspruch kann sich nicht gegen die Betriebsänderung selbst richten, da die Durchführung einer Betriebsänderung zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz der Arbeitgeberin gehört, die aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 12 und 14 GG, aus denen sich die unternehmerische Betätigungsfreiheit ableitet, der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist(vgl. LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 30, zitiert nach juris). Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten als Informations- und Beratungsrechte ausgestaltet sind (vgl. §§ 111, 112 BetrVG), während im Bereich der sozialen und personellen Mitbestimmung ein echtes, gleichwertiges Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. § 87 BetrVG, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Trotz des etwa im Falle der Betriebsänderung bestehenden Informations- und Beratungsanspruch darf der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen; für den Ausspruch von Kündigungen ergibt sich dies zweifellos aus der gesetzlichen Wertentscheidung des § 113 Abs. 3 BetrVG, nach dem ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigungen ausdrücklich wirksam bleiben und die betroffenen Arbeitnehmer lediglich nach § 113 Abs. 1 BetrVG einen Nachteilsausgleich erhalten, der sich darauf gründet, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Bejaht man einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen, kann dieser nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht aber losgelöst hiervon, der Untersagung der Betriebsänderung selbst (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 13, zitiert nach juris). Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein Unterlassungsanspruch scheidet aus (LAG Hamm 17. Februar 2015 - 7 TaBVGa 1/15 - Rn. 31 aaO; LAG Rheinland-Pfalz 26. Januar 2011 - 7 TaBVGa 4/10 - Rn. 33, zitiert nach juris). Erst recht kommt aus den dargelegten Gründen ein Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ hinsichtlich einer bereits durchgeführten Betriebsänderung aufgrund der klaren gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte einschließlich der vorgesehenen Sanktionsregelungen nicht in Betracht (im Ansatz anders vgl. obiter dictum LAG Rheinland-Pfalz 02. Oktober 2014 - 3 TaBVGa 5/14 - Rn. 45, zitiert nach juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde herangezogenen Richtlinie 2002/14/EG vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie, auf die auch die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Bezug genommenen Sanktionen bezogen sind, nicht; darüber hinausgehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2014 - 7 TaBVGa 1219/14 - Rn. 15; weitergehend den Unterlassungsanspruch insgesamt verneinend: LAG Nürnberg 09. März 2009 - 6 TaBVGa 2/09 - Rn. 33, zitiert nach juris). Die Frage, wie ein „Folgenbeseitigungsanspruch“ im Falle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Aufnahme eines Betriebes in einen bestehenden Betrieb im Hinblick auf betroffene Arbeitsverhältnisse rechtlich realisierbar sein könnte, kann dahinstehen.

33

b) Ausgehend hiervon kann der Betriebsrat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit dem Hauptantrag begehrte Unterlassung des Betreibens des nach seiner Ansicht im Wege einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG eingerichteten Gemeinschaftsbetriebs verlangen. Der von ihm verfolgte Unterlassungsanspruch scheidet vorliegend - vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt - jedenfalls deshalb aus, weil die Maßnahme der Bildung eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) unstreitig bereits seit Juli 2016 durchgeführt ist und ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Gemeinschaftsbetriebs nicht im Wege der Unterlassung verfolgt werden kann.

34

1.2. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG ergibt. Nach dieser Vorschrift kann dem Arbeitgeber aufgegeben werden, eine Handlung zu unterlassen, wenn er grob gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat; erforderlich ist eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung. Vorliegend könnten zumindest Bedenken bestehen, ob es sich bei der gemeinsamen Aufnahme der Produktion in A-Stadt durch die Beteiligten zu 2) und 3) um eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG handelt, nachdem die Beteiligte zu 3) jedenfalls vor Produktionsaufnahme - soweit ersichtlich - nicht über Betriebsmittel und Arbeitnehmer verfügte und sich die Frage stellt, ob vorliegend vom Zusammenschluss zweier Betriebe im Sinne der streitigen Vorschrift auszugehen ist. Jedenfalls kommt bei dieser Sachlage ein durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzender Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG - ungeachtet der Erwägungen zur bereits durchgeführten Betriebsänderung - nicht in Betracht.

35

2. Auch hinsichtlich des vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren erstmals zur Entscheidung gestellten Hilfsantrages, dessen Zulässigkeit die Beschwerdekammer unterstellt, fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch. Soweit der Betriebsrat die Beteiligten zu 2) und 3) verpflichtet sehen will, den Einsatz weiterer, derzeit noch nicht in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter einstweilen zu unterlassen, scheitert auch ein derartiger Unterlassungsanspruch aus den bereits dargelegten Gründen daran, dass nach Durchführung der Betriebsänderung kein zu sichernder Unterrichtungs- und Beratungsanspruch des Betriebsrates mehr besteht. Dass die Beteiligten zu 2) und 3) die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei Einstellungen neuer Mitarbeiter (zuletzt noch) verletzen, ist weder vorgetragen, noch aus sonstigen Gründen ersichtlich.

C

36

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG).

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Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 10.09.2014 - 5 BVGa 5/14 - wird zurückgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Gründe

I.

1

Der Betriebsrat als Antragsteller begehrt zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs über einen Interessenausgleich den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Damit soll der Antragsgegnerin untersagt werden, die Schließung eines Betriebsteils bzw. den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen ohne Verhandlungsabschluss vorzunehmen.

2

Die Antragsgegnerin ist Teil eines international tätigen Unternehmenskonzerns. Sie produziert am Standort A-Stadt mit etwa 160 Arbeitnehmern Unterwassermotoren. Am 26.06.2014 traf die amerikanische Muttergesellschaft die Entscheidung, den Standort A-Stadt zu schließen und die dort bislang vorgenommene Produktion nach Tschechien zu verlagern. Nachdem die Antragsgegnerin selbst darüber informiert worden war, hat sie mit Schreiben vom 30.06.2014 dem Betriebsrat folgendes mitgeteilt:

3

„Sehr geehrte Damen und Herren,
wir überlegen auf Veranlassung unserer amerikanischen Muttergesellschaft, die Produktion von A-Stadt zu unserer tschechischen Schwestergesellschaft, der F. zu verlagern. Die Einzelheiten unserer Überlegungen können Sie dem anliegenden Entwurf eines Interessensausgleichs entnehmen.

4

Da in dieser Maßnahme eine Betriebsänderung gem. § 111 Satz 3 Ziffer 1 BetrVG liegen würde, bitten wir Sie hiermit, die geplanten Maßnahmen mit uns zu beraten und einen Interessenausgleich mit uns abzuschließen. Gleichzeitig wollen wir mit Ihnen über einen Sozialplan verhandeln. Als Verhandlungstage schlagen wir folgende Termine vor:

5

04.07.2014, 10 Uhr
08.07.2014, 10 Uhr
11.07.2014, 10 Uhr

6

Wir bitten um kurzfristige Rückäußerung, welcher der Termine für Sie in Betracht kommt.“

7

Als Anhang dieses Anschreibens übermittelte die Antragsgegnerin einen von ihr ausgefertigten Entwurf eines Interessenausgleichs. Nachdem der Betriebsrat den vorgeschlagenen ersten Termin am 04.07.2014 nicht wahrgenommen hatte, bat die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 07.07.2014 um Bestätigung eines Termins, wobei nunmehr der 10. bzw. der 11.07.2017 vorgeschlagen wurde. Der Betriebsrat wandte sich am 08.07.2014 seinerseits schriftlich an die Antragsgegnerin. Er teilte dieser mit, aufgrund der existenziellen Bedeutung der Betriebsänderung für die Beschäftigten bedürfe es einer sorgfältigen internen Beratung. Man betrachte die Heranziehung von Sachverständigen als notwendig und plane mit diesen eine zeitnahe Betriebsratssitzung sowie die Erarbeitung eines an die Antragsgegnerin gerichteten Fragenkatalogs. Am 22.07.2014 übergab der Betriebsrat der Arbeitgeberin einen Fragenkatalog. Mit Schreiben vom gleichen Tage forderte die Antragsgegnerin den Betriebsrat erneut zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich auf und bot dazu vier Termine im Zeitraum zwischen 24.07. und dem 30.07.2014 an. Sie teilte in diesem Schreiben des Weiteren mit, dass der Ausspruch von Kündigungen für den Monat August geplant sei. Ebenso teilte sie die von ihr in Erwägung gezogenen Kriterien und Punkte für eine Sozialauswahl mit. Den Fragenkatalog beantwortete die Arbeitgeberin am 31.07.2014, nach Auffassung des Betriebsrats jedoch unzureichend. Ein Gespräch fand am 07.08.2014 statt. Der Betriebsrat teilte weiteren Informationsbedarf mit und beantragte - auch im Hinblick auf die Betriebsferien - eine Weiterverhandlung nicht vor dem 03.09.2014.

8

Am 21.08.2014 gab die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragssteller bekannt, dass sie die Verhandlungen über einen Interessenausgleich als gescheitert ansehe. Der Betriebsrat wurde nach § 102 BetrVG zu 94 - bzw. nach Angaben der Antragsgegnerin 86 - beabsichtigten betriebsbedingten Kündigungen angehört.

9

Die Antragsgegnerin erklärte am 28.08.2014 86 Kündigungen. In sechs weiteren Fällen wurde am 29.08.2014 Zustimmungsantrag zur Kündigung vor dem Integrationsamt gestellt, wobei der Betriebsrat durch die Behörde zur Stellungnahme aufgefordert wurde. Die Massenentlassungsanzeige an die Bundesagentur für Arbeit ging dort am 27.08.2014 ein.

10

Mit Vertrag vom 08.09.2014 veräußerte die Antragsgegnerin die in ihrer Produktion eingesetzten Maschinen an die F., Tschechien. Die Vertragsparteien befristeten das Nutzungsrecht der Antragsgegnerin.

11

Der Betriebsrat hat vorgetragen,
die Antragsgegnerin habe das Beratungsverfahren frühzeitig und unberechtigt abgebrochen, ohne mit dem Betriebsrat einen ernsthaften Einigungsversuch über einen Interessenausgleich anzustreben. Dieser einseitige Abbruch der Verhandlungen sei nicht gerechtfertigt. Nur durch den Ausspruch einer Unterlassungsverfügung sei eine Sicherung seiner Beratungsrechte möglich. Es drohten weitere Kündigungen, sodass auch eine Dringlichkeit des Antrags anzunehmen sei.

12

Der Antragsteller hat nach Ausspruch der Kündigungen durch die Antragsgegnerin im Laufe des vorliegenden Verfahrens seine Anträge angepasst und zuletzt beantragt,

13

1. Der Beteiligten zu 2. zu untersagen, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin, die Schließung des Produktionsbetriebes insbesondere durch Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. vorzunehmen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen ist oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde;

14

2. der Beteiligten zu 2. zu untersagen, weitere betriebsbedingte Kündigungen/Änderungskündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung, d.h. der Schließung des Produktionsbetriebes bei der Antragsgegnerin in A-Stadt, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,-€ bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin auszusprechen, bis zwischen den Beteiligten ein Interessenausgleich hinsichtlich der geplanten Betriebsänderung zustande gekommen ist oder die Verhandlungen über diesen Interessenausgleich beendet sind.

15

Die Antragsgegnerin beantragt,

16

die Anträge zurückzuweisen.

17

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen,
nach ihrem Dafürhalten habe der Betriebsrat mit seiner konsequenten Ablehnung von Terminen die Konsultationen verzögert, sodass man das Verhandeln eines Interessenausgleichs als gescheitert ansehen müsse.

18

Zudem habe ein Betriebsrat grundsätzlich keinen im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber eine geplante Betriebsänderung und die dazu erforderlichen Maßnahmen unterlasse, bis die Betriebsänderung beraten und das Beratungsverfahren zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs abgeschlossen worden sei. Aufgrund des bereits erfolgten Kündigungsausspruchs habe sich das Unterlassungsbegehren zudem nunmehr offensichtlich erledigt. Auf die örtliche Verlagerung der Maschinen habe sie - die Antragsgegnerin - nunmehr rechtlich keinen Einfluss mehr, da eine Übereignung der Maschinen bereits erfolgt sei und ihr nur noch ein befristetes Nutzungsrecht zustehe.

19

Das Arbeitsgericht Trier hat die Anträge daraufhin durch Beschluss vom 10.09.2014 - 5 BVGs 5/14 - zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Gründe der Entscheidung wird auf Bl. 167-177 d. A. Bezug genommen.

20

In dem ihm am 12.09.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller durch am 22.09.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel zugleich begründet.

21

Der Beschwerdeführer wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, es gehe ihm im einstweiligen Verfügungsverfahren darum, dass mit ihm weiter über einen Interessenausgleich verhandelt werde und die Verhandlungen - entgegen der Vorstellung der Arbeitgeberin - keineswegs gescheitert oder derzeit in irgendeiner anderen Form verwirkt seien. Die Arbeitgeberin versuche, Fakten zu schaffen, um einer Diskussion um den Erhalt der Arbeitsplätze zu entgehen. Sie versuche, sich bewusst ihren Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz zu entziehen und befürchte als Konsequenz lediglich einen Nachteilsausgleich, der von der Höhe her mit dem unterbreiteten Sozialplanangebot identisch sei. Vorliegend sei auch ein Verfügungsgrund gegeben, weil sechs weitere Kündigungen unmittelbar zu erwarten seien, nämlich die der schwerbehinderten Menschen, hinsichtlich derer eine Zustimmung des Integrationsamtes nicht vorliege. Auch bestehe die Gefahr, dass die bereits erklärten Kündigungen aufgrund § 17 KSchG unwirksam seien, da die Arbeitgeberin nicht mit dem Betriebsrat darüber beraten habe, wie die Kündigungen vermieden werden könnten. Hinsichtlich der Betriebsanlagen, die bereits verkauft worden seien, sei zu berücksichtigen, dass die Kaufvertragsparteien zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Trier bezüglich der Maschinen einen Vertrag unterschrieben hätten, der offensichtlich nur dazu gedient habe, die Rechte des Betriebsrats faktisch auszuschließen. Dies könne nicht hingenommen werden.

22

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 22.09.2014 (Bl. 208-217 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 218-220 d. A.) Bezug genommen.

23

Der Beschwerdeführer beantragt,

24

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 10.09.2014, Az.: 5 BVGa 5/14, aufzuheben und

25

1. es der Beteiligten zu 2. zu untersagen, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin, die Schließung des Produktionsbetriebes insbesondere durch Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. vorzunehmen, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen ist oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde;

26

2. es der Beteiligten zu 2. zu untersagen, weitere betriebsbedingte Kündigungen/Änderungskündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung, d.h. der Schließung des Produktionsbetriebes bei der Antragsgegnerin in A-Stadt, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,-€ bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin auszusprechen, bis zwischen den Beteiligten ein Interessenausgleich hinsichtlich der geplanten Betriebsänderung zustande gekommen ist oder die Verhandlungen über diesen Interessenausgleich beendet sind.

27

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

28

die Beschwerde zurückzuweisen.

29

Die Beschwerdegegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Berufung des Beschwerdeführers auf die Betriebsferien bzw. die Urlaubsabwesenheit eines beauftragten Rechtsanwalts belege, dass es dem Beschwerdeführer allein darum gehe, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen. Bereits mit Schreiben vom 28.07.2014 sei hinsichtlich der Sachverständigen Frau Dr. G. eine modifizierte Kostenzusage erteilt worden, die danach tatsächlich an dem Gespräch am 07.08.2014 ebenso wie Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. S. (ohne Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG) teilgenommen habe. Es sei daher völlig unverständlich, warum der Beschwerdeführer Gespräche mit der Beschwerdegegnerin ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen ablehne. Die Betriebsferien in der Zeit vom 4. bis zum 15.08.2014 seien ebenfalls kein nachvollziehbarer Hinderungsgrund, weil auch außerhalb der Betriebsferien, und zwar vorher und nachher für den Beschwerdeführer genügend Zeit gewesen sei, mit der Beschwerdegegnerin Gespräche vor September 2014 zu führen.

30

Insgesamt sei vorliegend weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund gegeben.

31

Hinsichtlich des streitigen Vorbringens der Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdeerwiderungsschrift vom 26.09.2014 (Bl. 252-259 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 260-265 d. A.) Bezug genommen.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlussverfahrens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

33

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 02.10.2014.

II.

34

Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; die Beschwerde erweist sich im Übrigen als statthaft und insgesamt als zulässig.

35

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

36

Das Arbeitsgericht ist letztlich zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Verfügung weder die - einstweilige - Untersagung der Schließung des Produktionsbetriebes durch Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. noch die Untersagung des Ausspruchs weiterer betriebsbedingter Kündigungen/Änderungskündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung verlangen kann.

37

Der Betriebsrat kann folglich vorliegend weder das Unterlassen des Ausspruchs weiterer Kündigungen noch des Verlagerns der Maschinen im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzen. Insoweit fehlt es zwar nicht an einem entsprechenden Verfügungsanspruch, wohl aber an einem Verfügungsgrund.

38

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die gestellten Anträge zulässig sind, insbesondere weil sie hinreichend bestimmt sind. Es ist erkennbar, bzgl. welcher einzelner Maßnahmen - erneute betriebsbedingte Kündigungen aufgrund der geplanten Betriebsänderung - der Betriebsrat eine Unterlassung bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen begehrt. Des Weiteren ist ersichtlich, dass die Verlagerung von Maschinen und Anlagen von A-Stadt nach B. umfasst ist. Auch insoweit ist der Antrag entsprechend bestimmt, d. h. es ist erkennbar, bzgl. welcher Maßnahmen im Einzelnen der Betriebsrat ein Unterlassen begehrt.

39

Vorliegend spricht alles dafür, im Streitfall einen Unterlassungsanspruch - beschränkt - d. h. befristet oder auflösend bedingt auf den Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen - anzunehmen.

40

Bei der Entscheidung der Antragsgegnerin, den Standort A-Stadt zu schließen, handele es sich um eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten nach Maßgabe ihres schriftsätzlichen Vorbringens in beiden Rechtszügen kein Streit. Die Antragsgegnerin hat dies vielmehr selbst bereits mit ihrem ersten Schreiben vom 30.06.2014 dem Betriebsrat mitgeteilt.

41

Mit dem Arbeitsgericht ist des Weiteren davon auszugehen, dass die Betriebspartner das Beratungsverfahren nach § 111 Satz 1 BetrVG nicht ordnungsgemäß durchgeführt bzw. vollendet haben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 7, 8 = Bl. 172, 173 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

42

Zwar ist grundsätzlich streitig, ob infolge eines nicht abgeschlossenen Beratungsverfahrens ein Unterlassungsanspruchs des Betriebsrats bzgl. der Umsetzung der Betriebsänderung bis zum Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen nach §§ 111, 112 BetrVG besteht.

43

Dies wird insbesondere mit der Begründung verneint, im Hinblick auf die in § 113 Abs. 2 BetrVG enthaltene spezifische Sanktionsmöglichkeit zu Gunsten der betroffenen Arbeitnehmer sei eine weitergehende kollektivrechtliche Rechtsfolge vom Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen worden. Deshalb stehe dem Betriebsrat im Anwendungsbereich der §§ 111 ff. BetrVG gerade kein echtes Mitbestimmungsrecht im Sinne einer erzwingbaren Mitgestaltung zu, wie etwa im Rahmen des § 87 BetrVG. Daher sei auch kein Unterlassungsanspruch anzuerkennen. Auf die Ausgestaltung eines solchen Rechts habe der Gesetzgeber bei der Reformierung des Betriebsverfassungsgesetzes in Kenntnis des Streitstandes 2001 bewusst verzichtet (LAG Rheinland-Pfalz 24.11.2004 - 9 TaBV 29/04; 30.03.2006 - 11 Ta 53/05; LAG Baden Württemberg 21.10.2009 - 20 TaBVGa 1/09; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Auflage 2015, Kapitel 13 Rn. 2305 ff. = 3000 f.).

44

Dem ist entgegenzuhalten, dass mit dieser Auffassung die Rechte des Betriebsrats leerlaufen würden. Deshalb muss es zulässig sein, zeitlich befristet (bzw. auflösend bedingt) durch die Beratungen über einen Interessenausgleich einen derartigen einstweiligen Unterlassungsanspruch zu bejahen (LAG Schleswig-Holstein 15.12.2010 LAGE § 111 BetrVG 2001 Nr. 11; LAG Hessen 19.01.2010 LAGE § 111 BetrVG 2001 Nr. 10; LAG Hamm 30.07.2007 - 10 TaBVGa 17/07, EzA - SD 20/2007, S. 11).

45

Für diese Auffassung spricht, dass das nationale Recht insoweit nach § 111 BetrVG für den Fall der Betriebsänderung nicht nur einen umfassenden Unterrichtungsanspruch, sondern darüber hinausgehend einen Beratungsanspruch des Betriebsrats vorsieht. Ziel ist nach Maßgabe des § 112 Abs. 3 BetrVG eine Einigung der Betriebspartner über einen Interessenausgleich, ggfls. unter Einschaltung einer Einigungsstelle. Dieses Mitwirkungsrecht, das zwar nicht zu einer erzwingbaren Einigungsstellenentscheidung gegen den Willen des Arbeitgebers führen kann, würde aber dann, wie vorliegend, letztlich leerlaufen, wenn der Arbeitgeber durch den Ausspruch von Kündigungen und die Veräußerung der Maschinenanlagen vor Abschluss entsprechender Beratungen vollendete Tatsachen schafft, mit der Maßgabe, dass damit das Verhandlungssubstrat letztlich entfällt. Insoweit erscheint der Hinweis auf § 113 Abs. 3 BetrVG unbehelflich, denn durch diese Norm wird lediglich den betroffenen einzelnen Arbeitnehmern ein Zahlungsanspruch eingeräumt; eine Sanktion betreffend die Missachtung des Mitwirkungsrechts des Betriebsrates ist damit aber nicht gegeben und sonst im Betriebsverfassungsgesetz auch nicht vorgesehen. Das ist im Rahmen systematischer Gesetzesauslegung auch deshalb unbefriedigend und inkonsequent, als § 102 Abs. 1 BetrVG für den Fall des Ausspruchs einer an sich wirksamen Kündigung, d. h. bei Vorliegen eines dem Gesetz genügenden Kündigungsgrundes für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Rechtsfolge für die fehlerhafte Beteiligung des Betriebsrats die Unwirksamkeit der individualrechtlichen Maßnahme Kündigung ausdrücklich vorsieht. Nicht anders verhält es sich bei formellen Mängeln im Rahmen der § 17 ff. KSchG im Zusammenhang mit der Beteiligung des Betriebsrats, die gleichfalls zur Rechtsunwirksamkeit der individualrechtlichen Maßnahme der Kündigung des Arbeitnehmers führen können. Für Einzelmaßnahmen wird also bei Mängeln in der Beteiligung des Betriebsrats und einem weniger weitgehenden Mitwirkungsrecht eine eindeutige sanktionierende Rechtsfolge angeordnet; im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG, die den Betriebsrat in seiner Funktion als demokratisch legitimierter Arbeitnehmervertretung wesentlich intensiver betreffen, soll demgegenüber keinerlei Sanktion, auch nicht nur vorübergehend und auch nicht nur befristet bzw. auflösend bedingt zur Wahrung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rechte eintreten. Das überzeugt nicht. Dies gilt erst recht im Hinblick auf Artikel 1, 3, 4 der Richtlinie 2002/14/EG vom 11.03.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Denn insoweit wird einerseits lediglich die Unterrichtung und Anhörung geregelt, andererseits aber sieht Artikel 8 ausdrücklich die Sanktionierung der Missachtung dieser Regelungen vor. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie sehen die Mitgliedsstaaten für den Fall der Nichteinhaltung dieser Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter geeignete Maßnahmen vor. Sie sorgen insbesondere dafür, dass es geeignete Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gibt, mit deren Hilfe die Erfüllung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann. Gemäß Art. 8 Abs. 2 RL 2003/14/EG sehen die Mitgliedsstaaten angemessene Sanktionen vor, die im Falle eines Verstoßes gegen diese Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter Anwendung finden; Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht fernliegend, im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG im hier maßgeblichen Zusammenhang eine Regelungslücke zu sehen, die zumindest mit dem Ziel eines befristeten bzw. auflösend bedingten Unterlassungsanspruchs zu verstehen ist.

46

Selbst wenn man aber vorliegend vom Vorhandensein eines Verfügungsanspruchs ausgehend würde, fehlt es, insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis, letztlich an dem gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund. Gemäß § 935 ZPO sind einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand nur zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Insoweit muss der Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig sein. Für die Verfügung muss eine Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit bestehen. Daran fehlt es, wenn dem Verfügungskläger auch mit einer späteren Verwirklichung seines Rechts im ordentlichen Prozessweg gedient ist. Die Dringlichkeit entfällt, insbesondere nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung, auch dann, wenn der Verfügungskläger in Kenntnis der sie rechtfertigenden Umstände untätig bleibt und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erst nach längerer Zeit stellt. Gleiches gilt, wenn der Antragsteller das Verfügungsverfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt. Ebenso ist die Verlängerung von prozessualen Fristen und deren Ausschöpfung ein Indiz für die mangelnde Dringlichkeit des Begehrens (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 20.03.2014, 5 SaGa 13/13, Jurion RS 2014, 14198; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Auflage 2015, Kapitel 16, Rn. 51 = S. 3331).

47

Im hier maßgeblichen Zusammenhang liegt ein Verfügungsgrund zudem regelmäßig dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber verhandlungsbereit ist (LAG Rheinland-Pfalz, 05.02.2010 - 6 TaBVGa 5/09). Davon war hier jedenfalls zunächst auszugehen, weil die Antragsgegnerin durch das Anbieten zahlreicher Termine ihre Verhandlungsbereitschaft über einen längeren Zeitraum eindeutig angezeigt hat. Allerdings hat sie diese ab dem 21.08.2014, also vor Eingang des Antrags, der hier streitgegenständlich ist, nicht mehr aufrechterhalten. Dieser Umstand allein steht dem Verfügungsgrund folglich mit dem Arbeitsgericht noch nicht entgegen.

48

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts fehlt es am Verfügungsgrund auch nicht deswegen, weil die Antragsgegnerin durch den Ausspruch der 86 Kündigungen die zu unterlassende Maßnahme bereits vollzogen hat. Dies schon deshalb nicht, weil es ausweislich der Antragsstellung des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren nicht um die bereits erklärten Kündigungen geht, sondern um weitere, nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen unmittelbar bevorstehende Kündigungen, nämlich die der schwerbehinderten Arbeitnehmer nach Zustimmung durch das Integrationsamt. Soweit das Arbeitsgericht insoweit darauf hinweist, dass die erklärten Kündigungen nicht mehr verhindert werden können, also dass ein Unterlassungsanspruch leerlaufen würde, überzeugt dies nicht. Zwar sind die bereits erklärten ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigungen nicht Gegenstand der Anträge des Beschwerdeführers; insoweit wäre allerdings gemäß § 139 ZPO ggfls. ein Hinweis angezeigt gewesen. Denn soweit es sich bereits um erklärte Kündigungen handelt, kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass ein Unterlassungsanspruch per se leerlaufen würde. Denn es erscheint keineswegs ausgeschlossen, einen Unterlassungsanspruch, der grundsätzlich nur deshalb leerläuft, weil der Arbeitgeber unter Verletzung seiner Pflichten gemäß § 111 ff. BetrVG und damit entgegen §§ 2 Abs. 1 BetrVG, 162 I, II BGB, 242 BGB einseitig vollendete Tatsachen schafft, anzunehmen, der von einem befristeten bzw. auflösend bedingtem "Folgenbeseitigungsanspruch" flankiert wird, der den Arbeitgeber zum einstweiligen Abstand nehmen von diesen Kündigungen zwingt. Zwar kann eine vorgegangene Kündigung aufgrund ihrer Rechtsnatur als einseitige, empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärung nicht einseitig "zurückgenommen" werden. Sehr wohl kann der Arbeitgeber aber von ihr Abstand nehmen und dem Arbeitnehmer die einstweilige Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbieten, um sie sodann ggfls. erneut zu erklären, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt endet. Insofern erscheint es auch nicht ausgeschlossen, auf Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 2002/14/EG ergänzend zurückzugreifen. Nichts anderes gilt für die unmittelbar vor dem Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht erfolgte Veräußerung von Maschinen und Anlagen durch die Antragsgegnerin. Warum es insoweit generell ausgeschlossen sein soll, die von der Missachtung der gesetzlichen Mitwirkungsrechte des Beschwerdeführers geschaffenen Tatsachen unter Berücksichtigung von §§ 2 I BetrVG, 162 I, II, 242 BGB zumindest vorübergehend rückgängig zu machen, erschließt sich nicht. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass bereits nach nationalem Recht nach Maßgabe der Schuldrechtsreform seit dem 01.01.2002/01.01.2003 auch die Verurteilung einer Prozesspartei zu unmöglichen Leistungen nicht mehr ausgeschlossen ist.

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Am Verfügungsgrund fehlt es vorliegend aber deshalb, weil der Beschwerdeführer vorliegend durch sein zögerliches Verhalten die Eilbedürftigkeit letztlich selbst herbeigeführt hat.

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Gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG ergeben sich im hier maßgeblichen Zusammenhang Rechtspflichten für die Beteiligten:

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Ebenso wie der Arbeitgeber einerseits verpflichtet ist, rechtzeitig und umfassend den Betriebsrat zu unterrichten, ist dieser verpflichtet, auf das Regelungsansinnen des Arbeitgebers zeitnah einzugehen. Insoweit lässt das Betriebsverfassungsgesetz ohne weiteres außerordentliche Betriebsratssitzungen aus konkretem Anlass zu, ist die Hinzuziehung von Sachverständigen unter Umständen möglich und haben sich die Betriebspartner insbesondere auf umfassende Gespräche einzulassen. Von daher ist in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass dem Betriebsrat insbesondere bei einer derart einschneidenden Maßnahme wie vorliegend, hinreichend Zeit zur internen Beratung, Meinungsbildung, Hinzuziehung eines Sachverständigen gegeben werden muss. Deshalb kann es auch nicht im hier maßgeblichen Zusammenhang als vorwerfbar angesehen werden, wenn der Betriebsrat sich zunächst unmittelbar nach direkter Konfrontation mit der beabsichtigten Teilbetriebsstilllegung nicht in der Lage gesehen hat, sofort in substantielle Verhandlungen über einen Interessenausgleich bzw. Sozialplan einzutreten. Allerdings ist aus dem Verhalten des Beschwerdeführers eine irgendwie geartete inhaltliche sachliche oder zeitliche Struktur nicht zu erkennen; sein Gesamtverhalten wirkt eher daraufhin gerichtet, eine gewisse Zeitverzögerung zu erreichen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Gesprächs- und Verhandlungsverweigerung für den Monat August 2014; der Hinweis auf die Betriebsferien befremdet. Zum einen ist nicht erkennbar, dass der Betriebsrat als Gremium im Rahmen der Betriebsferien insgesamt handlungs- und beschlussunfähig war; zum anderen hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen, dass sowohl vor, als auch nach den Betriebsferien im August 2014 hinreichend Zeit für Verhandlungen war. Dies wurde vom Beschwerdeführer rundweg abgelehnt, der sich - aus welchen Gründen auch immer - erst im September 2014 zu Verhandlungen in der Lage sah. In Anwendung der zuvor dargestellten Grundsätze betreffend die Anforderungen an einen Verfügungsgrund ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer selbst schuldhaft zögerlich gehandelt hat, sodass eine einstweilige Verfügung nicht in Betracht kommt.

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Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

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Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.