Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Apr. 2014 - 2 Sa 537/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0417.2SA537.13.0A
bei uns veröffentlicht am17.04.2014

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Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 30.10.2013 - 4 Ca 255/13 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 59,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4,12 % p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2012, in Höhe von 3,87 % p.a. für die Zeit vom 01.01.2013 bis 20.02.2013 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.03.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung einer Erschwerniszulage (sog. Gitterzulage).

2

Die Klägerin ist bei der vom beklagten Land unterhaltenen Justizvollzugsschule Rheinland-Pfalz in W. aufgrund Arbeitsvertrags vom 14. April 1994 (Bl. 7, 8 d. A.) seit 01. Mai 1994 in Teilzeit als Küchenhilfe in der dortigen Mensa beschäftigt; wegen des Umfangs ihrer jeweiligen Teilzeitbeschäftigung wird auf den Arbeitsvertrag vom 14. April 1994 und die Änderungsverträge vom 06. August 2001 (Bl. 12 d. A.), 12. Juni 2003 (Bl. 13, 14 d. A.) und 25. Oktober 2006 (Bl. 15 d. A.) verwiesen. Nach § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 14. April 1994 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Mit Schreiben vom 02. Mai 1994 (Bl. 11 d. A.), das die Klägerin selbst nicht erhielt, informierte die Justizvollzugsschule die Oberfinanzdirektion Koblenz über die Einstellung der Klägerin und die wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen einschließlich einer "anteiligen Erschwerniszulage gemäß § 33 BAT".

3

Im Dezember 2012 fiel der Personalstelle der Justizvollzugsschule Rheinland-Pfalz auf, dass der Klägerin während der gesamten Zeit ihrer Tätigkeit die ihr gemäß § 33 BAT zustehende monatliche Erschwerniszulage (Gitterzulage) nicht gewährt worden war, woraufhin die Klägerin erstmals von ihrem Anspruch auf die Zulage erfuhr. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 (Bl. 16 d. A.) forderte die Klägerin das beklagte Land auf, die ihr vorenthaltene Gitterzulage seit Mai 1994 nachzuzahlen. Darauf erwiderte das beklagte Land mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 (Bl. 17 d. A.), dass eine Nachzahlung der Gitterzulage gemäß § 37 TV-L nur im Rahmen der Ausschlussfrist ab 01. Juli 2012 rückwirkend möglich sei.

4

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Nachzahlung der Gitterzulage für die Zeit vom 01. Mai 1994 bis 30. Juni 2012.

5

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die ihr übermittelten Lohnabrechnungen zutreffend und vollständig seien. Sie habe ihren Anspruch auf die Gitterzulage infolge des pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten nicht erkennen können und noch nicht einmal ansatzweise Anlass dazu gehabt, die Lohnabrechnungen zu überprüfen. Daher sei es dem beklagten Land verwehrt, sich auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist zu berufen.

6

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

7

das beklagte Land zu verurteilen, an sie 12.105,22 EUR brutto sowie weitere 6.163,72 EUR Zinsen als Hauptforderung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.105,22 EUR ab Klagezustellung zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das beklagte Land hat erwidert, der Klägerin sei es aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist verwehrt, für den gesamten Zeitraum vom 01. Mai 1994 bis zum 30. Juni 2012 ihren geltend gemachten Anspruch durchzusetzen. Es wäre nämlich Angelegenheit der Klägerin gewesen, ihre Entgeltabrechnung sorgfältig zu prüfen und sich bei Zweifeln Gewissheit zu verschaffen. Die Klägerin sei auch nicht von der Nachprüfung ihrer Entgeltabrechnung abgehalten worden, sondern habe vielmehr selbst ihre Untätigkeit bzw. ihr Unterlassen zu vertreten.

11

Mit Urteil vom 30. Oktober 2013 - 4 Ca 255/13 - hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass sich das beklagte Land nicht auf die tarifvertraglichen Ausschlussfristen berufen könne. Im Gegensatz zum beklagten Land habe die Klägerin weder Kenntnis von einem Anspruch auf die Gitterzulage noch Veranlassung gehabt, einen solchen anzunehmen. Vielmehr habe sie von der Richtigkeit und Vollständigkeit der ihr erteilten Lohnabrechnungen ausgehen dürfen. Selbst wenn man der Klägerin vorhalten würde, es wäre ihre Sache gewesen, sich die Regelungen des BAT durchzusehen, um einen eventuellen Anspruch zu entdecken, sei es ihr praktisch unmöglich gewesen, aus dem selbst für Berufsjuristen äußerst komplexen Gesamtregelungswerk einschließlich der Vergütungsordnungen und berufsbezogenen Spartenregelungen des BAT gerade ihren Anspruch auf die Gitterzulage herauszufinden. Jedenfalls sei es dem beklagten Land nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die tarifvertraglichen Ausschlussfristen zu berufen. Das beklagte Land habe es bereits ab der ersten Lohnabrechnung unterlassen, die Gitterzulage auszuweisen, obwohl es seit Beginn des Arbeitsverhältnisses durch das Schreiben der Justizvollzugsschule vom 02. Mai 1994 gewusst habe, dass die Klägerin einen Anspruch auf die Zulage habe. Dagegen habe für die Klägerin keine Veranlassung bestanden, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der ihr erteilten Abrechnungen zu zweifeln, weil sie das vorgenannte Schreiben nicht erhalten und weder positive Kenntnis noch konkreten Anlass dazu gehabt habe, von einer Zulagenberechtigung auszugehen. Da es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers sei, den Arbeitnehmer ordnungsgemäß zu vergüten und dies ordnungsgemäß auf den Abrechnungen auszuweisen, habe das beklagte Land diese Nebenpflicht verletzt. Insoweit liege ein pflichtwidriges Unterlassen vor, weswegen es dem beklagten Land nunmehr verwehrt sei, sich auf die Ausschlussfristen zu berufen. Im Übrigen könnte die Klägerin den eingeklagten Betrag auch im Wege des Schadensersatzes vom beklagten Land verlangen. Die Fälligkeit eines solchen Schadensersatzanspruches trete erst dann ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar sei und geltend gemacht werden könne, was für die Klägerin erst im Dezember 2012 der Fall gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf sein Urteil vom 30. Oktober 2013 verwiesen.

12

Das beklagte Land hat gegen das ihm am 21. November 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts mit Schriftsatz vom 26. November 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 27. November 2013 eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. Februar 2014 mit Schriftsatz vom 06. Januar 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 07. Januar 2014 eingegangen, begründet.

13

Das beklagte Land trägt vor, entgegen der Argumentation des Arbeitsgerichts seien die der Klägerin zustehenden Ansprüche auf Zahlung der geforderten Zulage jeweils am Ende des betreffenden Monats fällig gewesen, wobei unerheblich sei, ob die Klägerin Kenntnis von dem Zulagenanspruch gehabt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei der Arbeitgeber selbst dann nicht daran gehindert, sich auf die tarifliche Ausschlussfrist zu beziehen, wenn er den Arbeitnehmer bei einer Nachfrage eine unzutreffende Auskunft über den ihm zustehenden Vergütungsanspruch erteilt habe, weil der Arbeitnehmer auch durch eine solche falsche Auskunft nicht daran gehindert sei, seinen Anspruch geltend zu machen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, die Berechnung ihrer monatlichen Vergütung zu überprüfen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin unstreitig von keinem seiner Mitarbeiter davon abgehalten worden sei, die ihr gezahlte Vergütung und die zugrunde liegende Vergütungsabrechnung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, hätte sie ihre Ansprüche innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend machen können und müssen. Gleiches gelte auch für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch, bei dem ebenfalls die tarifvertragliche Ausschlussfrist greife.

14

Das beklagte Land beantragt,

15

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 30. Oktober 2013 - 4 Ca 255/13 - die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie erwidert, gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts sei es ihr praktisch unmöglich gewesen, den ihr bereits dem Grunde nach nicht bekannten Anspruch auf die Gitterzulage aus dem selbst für Berufsjuristen äußerst komplexen Tarifwerk herauszufinden. Vielmehr habe sie von der Richtigkeit und Vollständigkeit der ihr erteilten Lohnabrechnung ausgehen dürfen. Sie habe noch nicht einmal ansatzweise Anlass gehabt, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung zu zweifeln, so dass sie allein schon deswegen nicht gehalten gewesen sei, Hilfe der Gewerkschaft oder des Personalrates in Anspruch zu nehmen. Vielmehr sei es aufgrund des äußerst komplexen Gesamtregelungswerkes die Pflicht des beklagten Landes gewesen, sie vollständig über die Vergütungsansprüche aufzuklären und auf die für sie im Einzelnen geltenden Vergütungsregelungen ausdrücklich hinzuweisen. Im Hinblick darauf, dass das beklagte Land diese ihm schon unter Fürsorgegesichtspunkten obliegende Verpflichtung nicht erfüllt habe, sei es ihm verwehrt, sich mit Erfolg auf die tarifliche Ausschlussfrist zu berufen. Gerade die Besoldungsstelle des beklagten Landes hätte bei der Berechnung und Anweisung ihrer Vergütung insbesondere aufgrund des Schreibens der Justizvollzugsschule Rheinland-Pfalz erkennen müssen, dass ihr eine weitere Zulage zustehe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass das beklagte Land aufgrund seiner einschlägigen Erfahrung und täglichen Handhabung dies auch erkannt und die Zulage gleichwohl nicht angewiesen habe. Selbst wenn es sich um ein Ver-sehen seitens des beklagten Landes gehandelt haben sollte, dürfte dies nicht dazu führen, dass sich das beklagte Land gleichwohl auf die Verfallklausel berufen könne. Soweit das beklagte Land darauf verwiesen habe, dass sie sich über die Richtigkeit der bezahlten Vergütung hätte informieren können, so dass ihr kein Schadensersatzanspruch zustehe, gehe auch diese Einschätzung fehl. Insoweit sei ein schuldhaftes Verhalten des beklagten Landes allein schon darin zu sehen, dass es ihr keinen Anlass geboten habe, bereits bei der ersten Abrechnung Zweifel wegen deren Richtigkeit und Vollständigkeit zu hegen. Allein das beklagte Land hätte es in der Hand gehabt, die Vollständigkeit der abzurechnenden Ansprüche zu überprüfen und eine entsprechende Abrechnung vorzunehmen. Dieser Verpflichtung sei das beklagte Land trotz ausdrücklichen Hinweises der Justizvollzugsschule Rheinland-Pfalz nicht nachgekommen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des beklagten Landes ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

21

Die Berufung des beklagten Landes ist auch im Wesentlichen begründet. Die Klägerin hat mit ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 13. Dezember 2012 die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L nur hinsichtlich der für den Monat Juni 2012 nicht gezahlten Zulage noch gewahrt, so dass sie für diesen Monat die ihr unstreitig zustehende Gitterzulage in Höhe von 59,52 EUR nebst den geltend gemachten Zinsen beanspruchen kann. Im Übrigen sind die für die Zeit von Mai 1994 bis Mai 2012 geltend gemachten Klageansprüche verfallen, weil sie von der Klägerin nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. § 37 Abs. 1 TV-L schriftlich geltend gemacht worden sind.

I.

22

Nach § 70 BAT bzw. § 37 Abs. 1 TV-L, der gemäß § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien als der den BAT ersetzende Tarifvertrag Anwendung findet, verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Diese tarifliche Ausschlussfrist hat die Klägerin in Bezug auf die Klageansprüche bis einschließlich Mai 2012 nicht gewahrt. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts ist die Unkenntnis über die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen eines tariflichen Anspruchs für dessen Verfall aufgrund einer tariflichen Ausschlussfrist rechtlich unbeachtlich (BAG 05. August 1999 - 6 AZR 752/97 - Rn. 21, ZTR 2000, 36). Die unverschuldete Unkenntnis von einem tariflichen Zulagenanspruch oder einer tariflichen Ausschlussfrist ändert nichts am Rechtsverlust (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis 14. Aufl. §§ 194-218 BGB Rn. 57). Die Klägerin hätte die vom beklagten Land nicht abgerechneten Ansprüche auf die Gitterzulage jederzeit schriftlich geltend machen können und müssen.

II.

23

Die Berufung des beklagten Landes auf den Verfall der Ansprüche verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

24

1. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß §§ 242, 134 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruches führende Untätigkeit des Arbeitnehmers durch ein Verhalten des Arbeitgebers veranlasst worden ist. Der Arbeitgeber muss also den Arbeitnehmer von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird angenommen, wenn der Arbeitgeber durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitnehmer die Geltendmachung des Anspruchs und die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde. In diesen Fällen setzt sich der Arbeitgeber in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst den Arbeitnehmer zu Untätigkeit veranlasst, und dann, indem er den Verfall geltend macht, aus dieser Untätigkeit einen Vorteil für sich ableiten will (BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - Rn. 15, NZA 1997, 445; BAG 05. August 1999 - 6 AZR 752/97 - Rn. 20, ZTR 2000, 36).

25

2. Daran gemessen verstößt die Berufung des beklagten Landes auf die Verfallwirkung der tariflichen Ausschlussfrist nicht gegen Treu und Glauben.

26

Das beklagte Land hat weder die Kenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert noch diese an der Geltendmachung ihres Anspruchs gehindert. Das beklagte Land hat auch nicht den Eindruck erweckt, der Anspruch auf die Gitterzulage werde auch ohne schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gezahlt. Der Klägerin hätte es jederzeit freigestanden, ihre Ansprüche auf die Gitterzulage gegenüber dem beklagten Land innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist schriftlich geltend zu machen.

27

Dem beklagten Land kann nicht vorgeworfen werden, es habe die Klägerin nicht in gebotener Weise aufgeklärt und sie dadurch gehindert, den Anspruch geltend zu machen. Eine solche Rechtspflicht des beklagten Landes bestand nicht (vgl. BAG 05. August 1999 - 6 AZR 752/97 - Rn. 24, ZTR 2000, 36). Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis erfasst nicht die Verpflichtung, den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall seiner Ansprüche hinzuweisen. Auch im Bereich des öffentlichen Dienstes ist es danach Sache des Arbeitnehmers, sich selbst darüber zu informieren, ob ein tariflicher Anspruch besteht und in welchen Formen und Fristen er diesen Anspruch geltend zu machen hat. Eine selbständige Abrechnungspflicht in Bezug auf die nicht gezahlte Zulage bestand ebenfalls nicht. Sowohl § 108 GewO als auch § 36 Abs. 4 BAT betreffen nur die Abrechnung der erfolgten Zahlung (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 14, NZA 2006, 1294). Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Die Regelung dient der Transparenz. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Ohne vorherige Zahlung auf einen Anspruch ist hierüber auch keine Abrechnung zu erteilen (BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18, NZA 2007, 679).

28

Wenn die Berufung eines Arbeitgebers auf die tarifliche Ausschlussfrist grundsätzlich nicht allein deswegen gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, weil er dem Arbeitnehmer eine unzutreffende Auskunft über das Bestehen seines Anspruchs gegeben hat (BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - NZA 1997, 445), liegt in der Berufung des Arbeitgebers auf die tarifliche Ausschlussfrist erst recht dann keine unzulässige Rechtsausübung, wenn er - wie hier das beklagte Land - überhaupt keine Rechtsauskunft erteilt hat (BAG 05. August 1999 - 6 AZR 752/97 - Rn. 24, ZTR 2000, 36; vgl. auch BAG 08. Dezember 2011 - 6 AZR 397/10 - Rn. 20, NZA 2012, 808).

III.

29

Im Hinblick darauf, dass vorliegend keine (Neben-)Pflicht des beklagten Landes zur Aufklärung der Klägerin über ihren Zulagenanspruch bzw. die einzuhaltende Ausschlussfrist bestanden hat, können die Klageansprüche für die Zeit bis Mai 2012 auch nicht unter Schadensersatzgesichtspunkten begründet sein.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

31

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs.2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Gewerbeordnung - GewO | § 108 Abrechnung des Arbeitsentgelts


(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.

(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. Mai 2010 - 15 Sa 1285/09 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13. August 2009 - 5 Ca 163/09 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab Mai 2008 gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder die Besitzstandszulage Kind zu zahlen.

3. Die Kosten der ersten Instanz hat der Kläger zu 31 % und das beklagte Land zu 69 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu 27 % und das beklagte Land zu 73 % zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu 22 % und das beklagte Land zu 78 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger für die Monate Juni bis Oktober 2006 gemäß § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT den kinderbezogenen Ortszuschlag und ab November 2006 gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder als Besitzstandszulage den kinderbezogenen Entgeltbestandteil zu zahlen.

2

Der Kläger ist seit dem 1. April 1994 beim beklagten Land als Justizvollzugsangestellter in der Justizvollzugsanstalt W beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung bis Oktober 2006 die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags vom 23. Februar 1961 (BAT) Anwendung. Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom 12. Oktober 2006 (TVÜ-Länder).

3

Am 16. Juni 2006 heiratete der Kläger. Seine Ehefrau stand bis Juli 2008 in einem Arbeitsverhältnis außerhalb des öffentlichen Dienstes. Sie bezog und bezieht Kindergeld für ihr am 31. Mai 1998 geborenes Kind. Dieses lebt im gemeinsamen Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau. Am 26. Juni 2006 zeigte der Kläger dem beklagten Land auf dem Formular „Veränderungsanzeige“ seine Eheschließung an. Das Anzeigemuster sah vor, dass zutreffende Änderungen angekreuzt werden. In leere Felder konnten schriftliche Einfügungen erfolgen. Der Kläger machte in der Rubrik „Kindergeld, Familien-, Orts-, Sozialzuschlag“ keine Angaben zur Aufnahme des Kindes seiner Ehefrau in seinen Haushalt. Das beklagte Land zahlte dem Kläger ab Juni 2006 aufgrund seiner Eheschließung den ehegattenbezogenen Ortszuschlag gemäß § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT. Kinderbezogenen Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT erhielt der Kläger nicht. In § 29 BAT heißt es:

        

§ 29 Ortszuschlag

        

A. Grundlage des Ortszuschlages

        

(1) Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Absatz 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschnitt B).

        

…       

        

B. Stufen des Ortszuschlages

        

…       

        

(2) Zur Stufe 2 gehören

        

1. verheiratete Angestellte,

        

…       

        

(3) Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde. Die Stufe richtet sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder.

        

…“    

4

Im TVÜ-Länder ist bezüglich kinderbezogener Entgeltbestandteile geregelt:

        

§ 11 Kinderbezogene Entgeltbestandteile

        

(1) Für im Oktober 2006 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O oder MTArb/MTArb-O in der für Oktober 2006 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG gezahlt würde. Die Besitzstandszulage entfällt ab dem Zeitpunkt, zu dem einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder auf Grund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt ist, für ein Kind, für welches die Besitzstandszulage gewährt wird, das Kindergeld gezahlt wird; die Änderung der Kindergeldberechtigung hat die/der Beschäftigte dem Arbeitgeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. …“

5

Das beklagte Land zahlte dem Kläger für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind seiner Ehefrau ab November 2006 keine Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder. Von August 2008 bis März 2010 war die Ehefrau des Klägers bei einem kommunalen Arbeitgeber beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem TVöD. Kinderbezogene Entgeltbestandteile erhielt sie nicht. Seit April 2010 steht die Ehefrau des Klägers wieder in einem Arbeitsverhältnis außerhalb des öffentlichen Dienstes. Der Kläger verlangte mit einem an das beim beklagten Land eingerichtete Landesamt für Bezüge und Versorgung gerichteten Schreiben vom 3. November 2008 für die Monate Juni bis Oktober 2006 die Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags gemäß § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT und ab November 2006 die Zahlung der kinderbezogenen Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind seiner Ehefrau. Das beklagte Land lehnte die Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags bzw. der kinderbezogenen Besitzstandszulage in einem Schreiben vom 7. November 2008 mit der Begründung ab, die Ansprüche des Klägers seien verfallen, weil der Kläger sie nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist von sechs Monaten gemäß § 70 Satz 1 BAT bzw. § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L geltend gemacht habe.

6

Der Kläger ist der Ansicht, das beklagte Land berufe sich rechtsmissbräuchlich auf die tarifliche Ausschlussfrist. Er habe sich vor dem Ausfüllen des Formblatts „Veränderungsanzeige“ am 26. Juni 2006 telefonisch bei der Personalsachbearbeiterin der Justizvollzugsanstalt W V erkundigt, wie hinsichtlich des in seinen Haushalt aufgenommenen Kindes seiner Ehefrau zu verfahren sei. In dem Formular sei nur eine Rubrik für eigene, leibliche Kinder vorgesehen gewesen. Die Personalsachbearbeiterin V habe ihm erklärt, das Kind seiner Ehefrau sei bei der Ermittlung des Ortszuschlags nicht zu berücksichtigen, weil es weder sein leibliches Kind sei noch von ihm adoptiert worden sei. Er habe daraufhin in der Veränderungsanzeige nicht angegeben, dass er das Kind seiner Ehefrau in seinen Haushalt aufgenommen habe. Erst im August 2008 habe er von der tatsächlichen Rechtslage Kenntnis erlangt. Jedenfalls sei für die Zeit ab Mai 2008 die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt. Maßgebend sei, dass ihm ab Juni 2006 der kinderbezogene Ortszuschlag zugestanden habe. Dass das beklagte Land ihm diesen nicht gezahlt habe, sei nach Wortlaut und Zweck der tariflichen Regelung in § 11 TVÜ-Länder unerheblich. Nur diese Auslegung der Tarifvorschrift werde dem Grundsatz gerecht, dass durch die Nichtwahrung tariflicher Ausschlussfristen zwar die monatlich neu entstehenden Zahlungsansprüche verfallen, jedoch das Stammrecht als solches nicht untergeht. Ohne Bedeutung sei die vorübergehende Beschäftigung seiner Ehefrau bei einem kommunalen Arbeitgeber. Der TVöD habe ihr keinen Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile eingeräumt, so dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Länder für den Wegfall der kinderbezogenen Besitzstandszulage nicht erfüllt seien.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit von Juni bis Oktober 2006 den kinderbezogenen Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT und ab November 2006 die Besitzstandszulage Kind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Anspruch des Klägers auf den kinderbezogenen Ortszuschlag für die Monate Juni bis Oktober 2006 sei gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen, weil der Kläger ihn erstmals mit seinem Schreiben vom 3. November 2008 und damit erst nach Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht habe. Die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung lägen nicht vor. Die Personalsachbearbeiterin der Justizvollzugsanstalt W V habe gegenüber dem Kläger nicht erklärt, kinderbezogener Ortszuschlag stehe nur für eigene Kinder zu. Im Übrigen habe der Kläger gewusst, dass für die Feststellung und Berechnung der Bezüge und des Kindergeldes nicht die Personalabteilung der Justizvollzugsanstalt W, sondern das Landesamt für Bezüge und Versorgung zuständig ist. Aufgrund des Verfalls des Anspruchs auf kinderbezogenen Ortszuschlag stehe dem Kläger auch die in § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder geregelte kinderbezogene Besitzstandszulage nicht zu. Die Tarifbestimmung knüpfe den Anspruch auf diese Zulage daran, dass dem Beschäftigten im Oktober 2006 tatsächlich kinderbezogener Ortszuschlag gezahlt worden ist. Bei der kinderbezogenen Besitzstandszulage handele es sich nicht um ein Stammrecht, dessen Anspruchsvoraussetzungen jeden Monat neu erfüllt werden könnten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag und kinderbezogene Besitzstandszulage weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm ab Mai 2008 kinderbezogene Besitzstandszulage zusteht. Die Vorinstanzen haben die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die vom Kläger für den Klagezeitraum Juni 2006 bis April 2008 geltend gemachten Ansprüche sind verfallen.

11

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Streit der Parteien über die Zahlung kinderbezogenen Ortszuschlags und kinderbezogener Besitzstandszulage endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom beklagten Land als juristischer Person des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass es einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird und dem Kläger kinderbezogenen Ortszuschlag und kinderbezogene Besitzstandszulage zahlt (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).

12

II. Dem Kläger steht für die Zeit ab Mai 2008 gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder kinderbezogene Besitzstandszulage zu. Er hat diese Zulage mit seinem Schreiben vom 3. November 2008 an das Landesamt für Bezüge und Versorgung für die Zeit ab November 2006 geltend gemacht und damit für die Zeit ab Mai 2008 die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L gewahrt. Diese Bestimmung regelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für die Zeit ab Dezember 2008 musste der Kläger seinen Anspruch auf die kinderbezogene Besitzstandszulage nicht erneut geltend machen. Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TV-L reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

13

1. Darüber, dass der Kläger ab Juni 2006 alle Voraussetzungen für den Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag erfüllt hat, besteht kein Streit. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG hätte dem Kläger ohne Berücksichtigung des § 64 EStG ab Juni 2006 Kindergeld für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind seiner Ehefrau zugestanden. Zwar heiratete der Kläger erst am 16. Juni 2006 und gehörte damit an sich erst ab diesem Tag gemäß § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT als verheirateter Angestellter zur Stufe 2 des Ortszuschlags. Jedoch regelt § 29 Abschn. C Abs. 2 Satz 1 BAT, dass der Ortszuschlag einer höheren Stufe vom Ersten des Monats an gezahlt wird, in den das für die Erhöhung maßgebende Ereignis fällt. Das beklagte Land hat dem Kläger auch ab Juni 2006 den Ortszuschlag der Stufe 2 gezahlt. Aufgrund des beim Ortszuschlag zu berücksichtigenden Kindes seiner Ehefrau hatte der Kläger damit gemäß § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT ab Juni 2006 Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 3.

14

2. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass sowohl der Anspruch des Klägers auf kinderbezogenen Ortszuschlag für die Monate Juni bis Oktober 2006 als auch der Anspruch des Klägers auf kinderbezogene Besitzstandszulage für die Monate November 2006 bis April 2008 gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L aufgrund der Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen ist.

15

a) Nach den vom Kläger nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger diese Ansprüche erstmals am 3. November 2008 schriftlich geltend gemacht. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L erfolgt die Zahlung des Tabellenentgelts und der sonstigen Entgeltbestandteile am letzten Tag des Monats. Mit seinem Schreiben vom 3. November 2008 hat der Kläger damit die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit nur für die Zeit ab Mai 2008 gewahrt. Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass er im Dezember 2006 eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2007 vorgelegt hat, in die ein halber Freibetrag für ein Kind eingetragen war, und vorgetragen hat, dass das beklagte Land diesen Freibetrag bei der Zahlung des Entgelts berücksichtigt hat, hilft ihm dies nicht weiter. Der in die Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragene Freibetrag stellte schon deshalb keine Geltendmachung des Anspruchs auf kinderbezogenen Ortszuschlag bzw. kinderbezogene Besitzstandszulage dar, weil Lohnsteuerkarten weder dazu bestimmt noch dafür geeignet sind, die Erfüllung von Ansprüchen zu fordern. Soweit sie Eintragungen über die Zahl der Kinder enthalten, dient dies ausschließlich dem Zweck der richtigen Berechnung der Lohn- und Kirchensteuer. Wegen dieser dem Arbeitnehmer bekannten begrenzten Zwecksetzung kann in der Einreichung der Lohnsteuerkarte keine ordnungsgemäße Geltendmachung eines Teils des Entgelts gesehen werden (BAG 21. Januar 1993 - 6 AZR 174/92 - ZTR 1993, 466). In der Begründung seiner Revision geht der Kläger selbst davon aus, dass er für den Anspruchszeitraum Juni 2006 bis April 2008 die tarifliche Ausschlussfrist versäumt hat. Er meint nur, das beklagte Land berufe sich rechtsmissbräuchlich auf die tarifliche Ausschlussfrist.

16

b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist jedoch eine Korrektur der Verfallwirkung der tariflichen Ausschlussfrist gemäß § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rechtsausübung des beklagten Landes nicht geboten.

17

aa) Freilich ist aus § 242 BGB der für den gesamten Rechtsverkehr geltende Grundsatz zu entnehmen, dass jedermann in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat(BAG 10. März 2005 - 6 AZR 217/04 - AP BAT § 70 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 176). Der Bedeutungsgehalt des § 242 BGB beschränkt sich nicht darauf, der Rechtsausübung(nur) dort eine Schranke zu setzen, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Es ist vielmehr anerkannt, dass § 242 BGB zum Verlust eines Rechts im Hinblick auf ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, führen kann(BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 199). Dies wird ua. dann angenommen, wenn der Schuldner die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert. Der Arbeitnehmer kann deshalb auch dem Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen, wenn der Arbeitgeber ihn von der rechtzeitigen Geltendmachung abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (vgl. BAG 5. August 1999 - 6 AZR 752/97 - ZTR 2000, 36; 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 125).

18

bb) Daran gemessen verstößt die Berufung des beklagten Landes auf die Verfallwirkung der tariflichen Ausschlussfrist nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

19

(1) Nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war nach der bekannten Organisation des beklagten Landes allein das Landesamt für Bezüge und Versorgung für die Feststellung, Berechnung und Anweisung der Bezüge und des Kindergeldes zuständig. Dafür, dass ein Beschäftigter des Landesamtes für Bezüge und Versorgung den Kläger davon abgehalten hat, seinen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag bzw. auf kinderbezogene Besitzstandszulage innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen, fehlt jeder Anhaltspunkt. Der Kläger hat dies auch nicht behauptet. Allerdings wäre der Kläger, wenn das Landesamt für Bezüge und Versorgung die Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags trotz der Aufnahme des Kindes seiner Ehefrau in seinen Haushalt abgelehnt hätte, geradezu aufgefordert gewesen, seinen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag bzw. auf kinderbezogene Besitzstandszulage frist- und formgerecht geltend zu machen (vgl. zur unzutreffenden Auskunft bezüglich des Anspruchs auf eine Intensivpflegezulage BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 125).

20

(2) Auch wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass die Personalsachbearbeiterin der Justizvollzugsanstalt W V im Juni 2006 die vom Kläger behauptete und vom beklagten Land bestrittene Auskunft zum Anspruch des Klägers auf kinderbezogenen Ortszuschlag erteilt hat, beriefe sich das beklagte Land nicht rechtsmissbräuchlich auf die tarifliche Ausschlussfrist. Maßgebend ist zunächst, dass die Personalsachbearbeiterin V für die Berechnung und Feststellung des Tabellenentgelts und der sonstigen Entgeltbestandteile der Vergütung des Klägers nicht zuständig war, mag sie auch von den in der Justizvollzugsanstalt W Beschäftigten Anzeigen bzw. Veränderungsmitteilungen bezüglich ihrer persönlichen Verhältnisse entgegengenommen und an das Landesamt für Bezüge und Versorgung weitergeleitet haben. Hinzu kommt, dass der Kläger durch die unrichtige Auskunft nicht von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten wurde. Die Geltendmachung seiner Ansprüche wurde dadurch weder unmöglich gemacht noch auch nur erschwert. Die Personalsachbearbeiterin V hat mit ihrer unrichtigen Auskunft nicht die Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert. Sie hat auch beim Kläger nicht den Eindruck erweckt, der kinderbezogene Ortszuschlag werde auch ohne entsprechende Angaben in der Änderungsanzeige bzw. ohne schriftliche Geltendmachung des Anspruchs vom beklagten Land gezahlt. Dem Kläger hätte es jederzeit freigestanden, trotz der Auskunft der Personalsachbearbeiterin V dem Landesamt für Bezüge und Versorgung in der Veränderungsanzeige unter der Rubrik „Kindergeld, Familien-, Orts-, Sozialzuschlag“ die Aufnahme des Kindes seiner Ehefrau in seinen Haushalt mitzuteilen und im Falle der Nichtzahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags seinen Anspruch gegenüber dem beklagten Land schriftlich innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen. Wenn die Berufung eines Arbeitgebers auf die tarifliche Ausschlussfrist grundsätzlich nicht allein deswegen gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, weil er dem Arbeitnehmer eine unzutreffende Auskunft über das Bestehen seines Anspruchs gegeben hat (vgl. BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 27), ist die Berufung eines Arbeitgebers auf die tarifliche Ausschlussfrist erst recht keine unzulässige Rechtsausübung, wenn die unrichtige Auskunft nicht von ihm selbst oder der von ihm bestimmten zuständigen Person oder Einrichtung erteilt worden ist, sondern der Arbeitnehmer der unrichtigen Auskunft einer für verbindliche Auskünfte nicht zuständigen Person geglaubt und es deshalb unterlassen hat, seinen Anspruch rechtzeitig und formgerecht geltend zu machen.

21

3. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Ansicht des beklagten Landes steht dem Anspruch des Klägers auf kinderbezogene Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder für die Zeit ab Mai 2008 nicht entgegen, dass das beklagte Land dem Kläger in der Zeit von Juni bis Oktober 2006 keinen kinderbezogenen Ortszuschlag gezahlt hat. Für den Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder ist allein erforderlich, dass der Beschäftigte im für die Überleitung in den TV-L maßgeblichen Stichmonat Oktober 2006 Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag gemäß § 29 Abschn. B BAT/BAT-O hatte. Die tatsächliche Zahlung dieses Entgeltbestandteils im Oktober 2006 ist dagegen nicht Tatbestandsvoraussetzung.

22

a) Der Senat hat in Fällen, in denen das Zahlungsverhalten des öffentlichen Arbeitgebers und die objektive Rechtslage im Einklang standen, angenommen, dass der Beschäftigte die Zahlung der Besitzstandszulage nach dem Tarifwortlaut nur verlangen kann, wenn er den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag im maßgeblichen Stichmonat erhalten hatte (BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 8, BAGE 128, 219; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 14 ff., BAGE 129, 93; 13. August 2009 - 6 AZR 319/08 - Rn. 24, AP TVÜ § 11 Nr. 4 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 15; bestätigend im Rahmen der Prüfung der Berechnung des Vergleichsentgelts in Konkurrenzfällen auch 17. Dezember 2009 - 6 AZR 668/08 - Rn. 20, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 18). In diesen Fällen wurde den klagenden Beschäftigten der kinderbezogene Bestandteil im Ortszuschlag im maßgeblichen Monat nicht nur nicht gezahlt, sondern ihnen stand tatsächlich auch kein Anspruch darauf zu. Anlass, sich mit der hier streitbefangenen Fragestellung auseinanderzusetzen, hatte der Senat in den dortigen Konstellationen nicht. Aus dieser Rechtsprechung lässt sich daher für die hier streitbefangene Frage nichts herleiten.

23

b) Für den Anspruch auf die Zulage nach § 11 TVÜ-Länder genügt es, dass dem Beschäftigten im für die Überleitung maßgeblichen Oktober 2006 der kinderbezogene Bestandteil im Ortszuschlag zustand(Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2009 G § 11 TVÜ-Länder Rn. 2; Schwarzburg Anm. öAT 2011, 21; im Ausgangspunkt auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 327 und BeckOK B/B/M/S/Müller Stand 15. Juli 2011 § 11 TVÜ-Länder Rn. 4, die es für den Anspruch auf die Besitzstandszulage ausreichen lassen, wenn innerhalb der Ausschlussfrist die Möglichkeit der Berücksichtigung von Kindern im Oktober 2006 nachträglich entsteht und nachgewiesen wird). Darüber, dass dies beim Kläger der Fall war, besteht zwischen den Parteien kein Streit.

24

aa) Die Tarifvertragsparteien haben mit der Verwendung des im vorliegenden Zusammenhang mehrdeutigen Begriffs der „im Oktober 2006 zu berücksichtigenden Kinder“ nur den Grundsatz bezeichnet. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass sie damit eine Stichtagsregelung in dem Sinne treffen wollten, dass es allein auf die tatsächlich in diesem Monat gezahlten kinderbezogenen Entgeltbestandteile ankommen sollte, und zwar gerade auch dann, wenn diese vom Arbeitgeber - sei es vorsätzlich, sei es versehentlich, sei es, wie im vorliegenden Fall, in Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen - zu Unrecht nicht gezahlt worden sind. Es kann nicht in der Absicht der Tarifvertragsparteien gelegen haben, den weit in die Zukunft reichenden Anspruch auf die Besitzstandszulage von einem derartigen Zufall abhängig zu machen bzw. dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, durch sein Zahlungsverhalten Einfluss auf den Anspruch auf die Besitzstandszulage zu nehmen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Oktober 2009 - 7 Sa 209/09 - Rn. 31).

25

bb) Die Tarifvertragsparteien wollten mit der Regelung in § 11 TVÜ-Länder den Besitzstand der Beschäftigten mit für das Entgelt berücksichtigungsfähigen Kindern wahren. Maßgeblich dafür ist der tatsächliche, individuelle Besitzstand der übergeleiteten Beschäftigten im Monat vor der Überleitung (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 22, BAGE 129, 93). Teil dieses Besitzstands sind aber auch solche Ansprüche, die zwar bestehen, die der Arbeitgeber, aus welchen Gründen auch immer, jedoch nicht erfüllt (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 595/09 - Rn. 22, AP TVÜ § 5 Nr. 6 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 22). Darin liegt der Unterschied zu den vom Senat bereits entschiedenen Fällen (BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - BAGE 128, 219; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - aaO). In diesen Fällen gab es nach Auffassung der Tarifvertragsparteien, im für die Überleitung maßgeblichen Monat einen solchen schützenswerten Besitzstand nicht, weil wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses kein kinderbezogener Bestandteil im Ortszuschlag zu zahlen war.

26

Der Wille der Tarifvertragsparteien, auch nicht erfüllte Ansprüche auf den kinderbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag in ihrem Bestand zu sichern, kommt in dem Bezug in § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder auf die für Oktober 2006 „zustehende“ Höhe des kinderbezogenen Entgeltbestandteils zum Ausdruck. Aus dieser Formulierung lässt sich nicht lediglich entnehmen, dass die Zulage in der tatsächlich im Oktober 2006 ausgezahlten Höhe zu berücksichtigen sei. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien diesen Begriff entsprechend seinem Bedeutungsgehalt „etwas, worauf jemand einen rechtmäßigen Anspruch hat“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „zustehen“) verwendet. Die Tarifvertragsparteien wollten bei der Überleitung vom BAT in den diesen ablösenden TV-L an die tarifgerechten Grundlagen des Ortszuschlags anknüpfen und haben ausgehend davon den Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder geregelt(vgl. BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 595/09 - Rn. 22, AP TVÜ § 5 Nr. 6 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 22). Ihr Wille, bei der Überleitung von den tarifgerechten Grundlagen der Vergütung auszugehen, hat auch in § 5 Abs. 1 TVÜ-Länder Niederschlag gefunden. Dort haben die Tarifvertragsparteien ebenfalls auf die im für die Überleitung maßgeblichen Monat „zustehenden“ und nicht die tatsächlich gezahlten Bezüge abgestellt.

27

cc) Aus vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass auch das Argument, eine Zulage, die tatsächlich nicht geleistet worden ist, könne nicht „fortgezahlt“ werden, nicht trägt. Auch die Verwendung dieses Begriffs belegt nur, dass die Tarifvertragsparteien ihrer Regelung den tariflichen Normalfall zugrunde gelegt haben. Öffentliche Arbeitgeber erfüllen die gesetzlichen und tariflichen Ansprüche ihrer Beschäftigten im Allgemeinen auch tatsächlich.

28

dd) Die Erwägung, § 11 TVÜ-Länder solle nur eine Schlechterstellung der übergeleiteten Beschäftigten verhindern und der Kläger habe im November 2006 nicht finanziell schlechter gestanden als im Oktober 2006, weil er in beiden Monaten keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil erhalten habe, überzeugt nicht. Aus den genannten Gründen bezweckt § 11 TVÜ-Länder eindeutig nicht die finanzielle Entlastung von Arbeitgebern, die im für die Überleitung maßgeblichen Stichmonat - aus welchen Gründen auch immer - den bestehenden Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag nicht erfüllt haben.

29

ee) Entsprechend vorstehender Auslegung hat der Senat bereits ohne ausdrückliche Problematisierung angenommen, dass die Zulage nach § 11 TVÜ-Länder auch dann zu zahlen ist, wenn der darauf bestehende Anspruch im Oktober 2006 vom Arbeitgeber nicht erfüllt worden ist(BAG 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 55, BAGE 133, 354).

30

4. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Versäumung der Ausschlussfrist für den im Oktober 2006 zu zahlenden kinderbezogenen Entgeltbestandteil für das Bestehen des Anspruchs nach § 11 TVÜ-Länder als solches schädlich ist.

31

a) Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass der Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder auch dann nicht zustehe, wenn der Beschäftigte im Oktober 2006 zwar tatsächlich Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil gehabt habe, diesen aber nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L geltend gemacht habe(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 327; BeckOK B/B/M/S/Müller Stand 15. Juli 2011 § 11 TVÜ-Länder Rn. 4). Den Umkehrschluss, dass es dem Arbeitgeber verwehrt ist, die Zahlung der Besitzstandszulage einzustellen, wenn er länger als sechs Monate nach der Überleitung gezahlt hat, obwohl die Voraussetzungen für diesen Anspruch nicht vorlagen, ziehen diese Kommentatoren allerdings nicht.

32

b) Entgegen dieser nicht näher begründeten Auffassung berührt der Verfall des Anspruchs auf Zahlung des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im für die Überleitung in den TV-L maßgeblichen Monat Oktober 2006 den mittelbar daran geknüpften Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder als solchen nicht. Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L erfasst nur die einzelnen Zahlungsansprüche, die sich aus § 11 TVÜ-Länder ergeben. Deshalb steht dem Kläger die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder zu, soweit die Ausschlussfrist für den jeweiligen monatlichen Einzelanspruch gewahrt ist(vgl. BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 384/08 - Rn. 20, AP TVÜ § 5 Nr. 3 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 16 für die Neuberechnung des Vergleichsentgelts durch den Arbeitgeber nach einer mehr als sechsmonatigen Überzahlung).

33

aa) Es trifft zwar zu, dass die Versäumung der Ausschlussfrist zum Erlöschen bzw. Untergang des Anspruchs führt (BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169, 173 f.). Der vom Landesarbeitsgericht daraus gezogene Schluss, das Erlöschen des Anspruchs auf Zahlung des kinderbezogenen Bestandteils im Ortszuschlag für Oktober 2006 habe auch den Untergang des Anspruchs auf die Zulage nach § 11 TVÜ-Länder bewirkt, weil dieser vom Bestand des verfallenen Anspruchs für Oktober 2006 abhänge, trägt jedoch nicht.

34

bb) Der Verfall und damit Untergang des Anspruchs nach Versäumung der Ausschlussfrist führt allerdings dazu, dass mit einem verfallenen Anspruch nicht aufgerechnet werden kann, weil keine Rechtsposition mehr besteht, die zur Aufrechnung gestellt werden könnte (BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169). Aus demselben Grund kann das auf die erloschene Schuld Geleistete auch im Wege des Bereicherungsausgleichs kondiziert werden, weil der Rechtsgrund für die Leistung fehlt (Schaub/Treber ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 209 Rn. 10; Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 51, 57).

35

cc) In den genannten Fällen ist jedoch stets der unmittelbare Anspruch selbst gegenstandslos geworden und kann darum keine Rechtswirkungen mehr nach sich ziehen. In der vorliegenden Konstellation geht es dagegen um eine nur mittelbare Abhängigkeit eines Anspruchs von einem verfallenen Anspruch, nämlich um die Folgen des Verfalls des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im Stichmonat Oktober 2006 für die an den Anspruch für diesen Monat knüpfende Zulage nach § 11 TVÜ-Länder. Welche Auswirkungen die Versäumung der Ausschlussfrist auf mittelbar von dem verfallenen Anspruch abhängige Ansprüche hat, kann nur unter Berücksichtigung des konkreten Zwecks der anspruchsbegründenden Norm im Einzelfall beantwortet werden.

36

dd) Die Tarifvertragsparteien wollten, wie ausgeführt, ausgehend von den tarifgerechten Grundlagen den Besitzstand der Beschäftigten, die im für die Überleitung maßgeblichen Monat als „Stichmonat“ Anspruch auf den in den abgelösten Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehenen kinderbezogenen Entgeltbestandteil hatten, schützen. Dieser Besitzstand wurde aber durch die Versäumung der Ausschlussfrist und den dadurch eingetretenen nachträglichen Untergang des Zahlungsanspruchs für Oktober 2006 nicht berührt, sondern blieb unverändert bestehen. In Fällen dieser Art ist zwischen dem Recht, das dem laufend neu entstehenden Anspruch zugrunde liegt, einerseits und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen andererseits zu unterscheiden. Ersteres verfällt nicht (vgl. BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 384/08 - Rn. 20, AP TVÜ § 5 Nr. 3 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 16; 1. Juni 1995 - 6 AZR 926/94 - BAGE 80, 158, 162).

37

Nach dem Zweck des § 11 TVÜ-Länder hat der Kläger demnach nur für den Monat Oktober 2006 sowie die Monate November 2006 bis April 2008, für die er die Ausschlussfrist versäumt hat, keinen Zahlungsanspruch mehr. Der unmittelbare Zahlungsanspruch für diesen Zeitraum ist untergegangen bzw. „unwiderruflich zerstört“ (so die Formulierung von Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 54 f.). Die nur mittelbar an den Zahlungsanspruch für Oktober 2006 anknüpfende Besitzstandszulage steht dem Kläger aber zu, soweit er für die ab Mai 2008 entstandenen Ansprüche die Ausschlussfrist gewahrt hat.

38

5. Der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers in den Monaten August 2008 bis März 2010 bei einem kommunalen Arbeitgeber beschäftigt war, bewirkte nicht den Wegfall der Besitzstandszulage.

39

a) Allerdings entfällt die Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Länder ab dem Zeitpunkt, zu dem einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt ist, für ein Kind, für welches die Besitzstandszulage gewährt wird, das Kindergeld gezahlt wird.

40

aa) Diese Voraussetzungen für den Wegfall der Besitzstandszulage waren an sich erfüllt. Die Ehefrau des Klägers stand ab August 2008 im öffentlichen Dienst. Ihr wurde für ihr in den gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger aufgenommenes Kind auch Kindergeld gezahlt. Ihrem Wortlaut nach stellt die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Länder nur darauf ab, ob der anderen Person Kindergeld gezahlt wird, und nicht auch darauf, ob sie aus ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst kinderbezogene Leistungen erhält oder erhalten kann.

41

bb) Wenn sich aber das Arbeitsverhältnis der anderen Person zB nach dem TVöD oder nach dem TV-L richtet und die andere Person damit keinen Anspruch auf kinderbezogene Leistungen hat, ist ein Wegfall der Besitzstandszulage nicht gerechtfertigt (so auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 334). Ziel der Tarifvorschrift war es nämlich, Doppelzahlungen sowohl durch die Zahlung der Besitzstandszulage an den Beschäftigten als auch durch die Zahlung kinderbezogener Leistungen an die andere Person auszuschließen. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern bzw. einem Elternteil und dessen Ehegatten aufgenommen, so bestimmen diese gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG den Kindergeldberechtigten. Ein Wechsel des Kindergeldberechtigten sollte nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht dazu führen, dass der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten die dem Beschäftigten bisher gezahlte Besitzstandszulage und zusätzlich seinem Ehegatten gezahlte kinderbezogene Entgeltbestandteile zukommen (Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand April 2010 § 11 TVÜ-Länder Rn. 12).

42

cc) Würde allein die Kindergeldberechtigung der anderen im öffentlichen Dienst stehenden Person den Wegfall der Besitzstandszulage bewirken, wäre dies nicht gerechtfertigt. Es fehlen sachliche Gründe dafür, dass ein Beschäftigter, dessen kindergeldberechtigter Ehegatte eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst ohne Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile aufnimmt, die ihm bisher gezahlte kinderbezogene Besitzstandszulage nicht mehr erhält, während einem Beschäftigten, dessen kindergeldberechtigter Ehegatte eine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft beginnt, die kinderbezogene Besitzstandszulage weiterhin gezahlt wird. Eine Tätigkeit der anderen Person im öffentlichen Dienst führt deshalb nur dann zum Wegfall der Besitzstandszulage bei dem Beschäftigten, wenn die andere Person dort aufgrund ihres Anspruchs auf Kindergeld auch Anspruch auf kinderbezogene Leistungen hat (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 334).

43

b) Nach dem vom beklagten Land nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers hat seine Ehefrau in der Zeit von August 2008 bis März 2010 keine kinderbezogenen Entgeltbestandteile erhalten. Das Arbeitsverhältnis der Ehefrau des Klägers richtete sich nach den Bestimmungen des TVöD, der keine kinderbezogenen Entgeltbestandteile vorsieht.

44

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Zur Ermittlung der Kostenquote war ein fiktiver, den gesamten Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. Dabei waren für jede Instanz bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einerseits und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen. Letzterer war wegen der Ungewissheit der künftigen Entwicklung in Anlehnung an § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem 36-fachen der begehrten Vergütungsdifferenz zu bewerten(BAG 24. März 2011 - 6 AZR 851/09 -; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - AP TV-L § 16 Nr. 1 = EzTöD 200 TV-L § 16 Stufenzuordnung Nr. 6).

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Uwe Zabel    

        

    Matiaske    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.