Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Feb. 2017 - 2 Sa 395/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0202.2SA395.16.0A
bei uns veröffentlicht am02.02.2017

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.05.2016 - 6 Ca 550/15 - abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat die Klägerin zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung.

2

Die 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 04. Juli 2012 (Bl. 4, 5 d. A.) nebst einem Nachtrag vom 25. Juni 2013 (Bl. 11 d. A.) in der Zeit vom 02. Oktober 2012 bis 31. August 2014 als Arzthelferin beschäftigt. Sie war vom 31. Juli 2013 bis zum 30. Juli 2014 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden gemäß § 3 des Arbeitsvertrages die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung, die in der Anlage 14 zum Erholungsurlaub u.a. folgende Regelungen enthalten:

3

"I. Erholungsurlaub

4

§ 1 Entstehung des Anspruchs

5

(1) Die Mitarbeiter und die zu ihrer Ausbildung Beschäftigten erhalten in jedem Urlaubsjahr den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen und haben einen weitergehenden Urlaubsanspruch im Gesamtumfang des § 3 Abs. 1. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

6

(…)

7

(5) Der Erholungsurlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Erholungsurlaub aus dringenden dienstlichen Gründen oder aus Gründen, die in der Person des Mitarbeiters liegen, bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Jahres anzutreten.

8

Hat der Mitarbeiter den ihm zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so ist ihm der Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.

9

Wird die Wartezeit (Absatz 6) erst nach Ablauf des Urlaubsjahres erfüllt, ist der Urlaub spätestens bis zum Ende des folgenden Urlaubsjahres anzutreten.

10

Kann der gesetzliche Mindesturlaub und der Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX infolge Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, erlischt dieser Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Kann der weitergehende Urlaubsanspruch infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, gilt § 1 Abs. 5 Unterabsatz 1 Satz 2.

11

(6) Der Erholungsurlaub kann erstmalig nach Ablauf von sechs Monaten seit Einstellung (Wartezeit) geltend gemacht werden.

12

Beginnt oder endet das Dienstverhältnis im Laufe des Urlaubsjahres, so beträgt der Urlaubsanspruch ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Entsprechendes gilt, wenn gemäß § 18 Abs. 4 AT das Ruhen des Dienstverhältnisses eintritt. Scheidet der Mitarbeiter wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 18 Abs. 1 und § 2 AT AVR) oder durch Erreichung der Altersgrenze (§ 19 Abs. 3 AT) aus dem Dienstverhältnis aus, so beträgt der Urlaubsanspruch sechs Zwölftel, wenn das Dienstverhältnis in der ersten Hälfte des Urlaubsjahres endet, und zwölf Zwölftel, wenn das Dienstverhältnis in der zweiten Hälfte des Urlaubsjahres endet.

13

Der Urlaubsanspruch vermindert sich für jeden folgenden Kalendermonat der Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung und eines Sonderurlaubs nach § 10 jeweils um ein Zwölftel. Die Verminderung unterbleibt für drei Kalendermonate eines Sonderurlaubs zum Zwecke der beruflichen Fortbildung, wenn der Dienstgeber ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung schriftlich anerkannt hat.

14

Ergeben sich bei der Berechnung des anteiligen Jahresurlaubs Bruchteile eines Urlaubstages, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind diese auf einen vollen Urlaubstag aufzurunden. Vor Anwendung der Unterabsätze 2 und 3 sind der Erholungsurlaub und ein etwaiger Zusatzurlaub, mit Ausnahme des Zusatzurlaubs nach dem Neunten Sozialgesetzbuch, zusammenzurechnen.

15

(…)"

16

Die Parteien sind davon ausgegangen, dass der Jahresurlaub der Klägerin nach § 3 Abs. 1 der Anlage 14 zu den AVR 30 Arbeitstage beträgt. Im Jahr 2013 hatte die Klägerin bis zum Eintritt ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit 16 Urlaubstage in Anspruch genommen. Im Jahr 2014 nahm die Klägerin nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit in der Zeit vom 31. Juli bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2014 22 Urlaubstage in Anspruch. Für zwei weitere Urlaubstage zahlte die Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Urlaubsabgeltung in Höhe von 125,54 EUR brutto (62,77 EUR brutto pro Urlaubstag).

17

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe Anspruch auf Abgeltung weiterer zehn Urlaubstage aus dem Jahr 2013 in Höhe von 627,70 EUR brutto. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne ihr Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2013 erst mit Ablauf der zeitlichen Grenze des § 1 Abs. 5 S. 5 der Anlage 14 zu den AVR von 15 Monaten erlöschen. Die AVR sähen keinen ausdrücklichen Verfall der Urlaubsansprüche vor. In § 1 Abs. 5 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR sei lediglich angeordnet, dass der Urlaub im Folgejahr bis zum 30. April anzutreten sei. Lediglich für den gesetzlichen Mindesturlaub und den Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX ordne § 1 Abs. 5 S. 5 der Anlage 14 zu den AVR ausdrücklich an, dass dieser 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres erlösche. Im Umkehrschluss könne dem jedoch nicht entnommen werden, dass der weitergehende Urlaubsanspruch deshalb mit Ablauf des 30. April des Folgejahres erlöschen solle. Sie sei daran gehindert gewesen, den im Jahr 2013 bereits entstandenen Urlaubsanspruch zu nehmen, weil sie bis einschließlich 30. Juli 2014 arbeitsunfähig gewesen sei und damit auch den Urlaub nicht bis zum 30. April des Folgejahres habe antreten können.

18

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

19

die Beklagte zu verurteilen, an sie 627,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01. September 2014 zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Sie hat erwidert, entgegen der Ansicht der Klägerin sei der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende weitergehende Urlaubsanspruch nach § 1 Abs. 5 S. 2 und 6 der Anlage 14 zu den AVR verfallen. Dem stehe nicht entgegen, dass in der Regelung nicht ausdrücklich der Verfall des Urlaubs angeordnet werde. Bei Anspruchskonkurrenz zwischen gesetzlichem Urlaub und tariflichem Mehrurlaub seien bei Urlaubsgewährung zuerst der gesetzliche und dann der tarifliche Anteil zu erfüllen. Der Anspruch der Klägerin auf tariflichen Mehrurlaub von zehn Tagen aus dem Jahr 2013 sei mithin zum 30. April 2014 verfallen.

23

Mit Urteil vom 30. Mai 2016 - 6 Ca 550/15 - hat das Arbeitsgericht der Klage in Höhe von 362,95 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. September 2014 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein Anspruch auf Abgeltung von sieben verbliebenen Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 zustehe. Hingegen hätten keine Ansprüche der Klägerin auf Gewährung von Urlaub aus dem Jahr 2013 mehr bestanden. In Bezug auf die von der Klägerin in Anspruch genommenen 16 Urlaubstage sei davon auszugehen, dass der Arbeitgeber zunächst gesetzliche und sodann vertragliche Ansprüche erfüllen wolle. Danach seien in das Jahr 2014 insgesamt 14 Urlaubstage übertragen worden, wovon vier Urlaubstage auf dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch und zehn weitere Tage auf dem Anspruch auf tariflichem Mehrurlaub beruht hätten. Da die Klägerin auch über den 30. April 2014 hinaus arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, sei nur der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von vier Tagen über den 30. April 2014 hinaus bestehen geblieben, während der tarifliche Mehrurlaubsanspruch von zehn Tagen gemäß § 1 Abs. 5 S. 6 i.V.m. S. 2 der Anlage 14 zu den AVR zum 30. April 2014 verfallen sei. Der gesetzliche Mindesturlaub für das Jahr 2014 von 20 Arbeitstagen sei trotz des Ausscheidens der Klägerin zum 31. August 2014 gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG voll erhalten geblieben. Zwar sehe § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR vor, dass bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Urlaubsjahres ohne Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Beendigung der Urlaubsanspruch auf ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat zu kürzen sei. Allerdings sei eine solche Regelung nur insoweit wirksam, als der gesetzliche Mindesturlaub durch die Kürzung nicht unterschritten werde. Vorliegend habe der Jahresurlaubsanspruch der Klägerin nach Zwölftelung und Multiplikation mit acht Monaten des Bestands des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2014 genau 20 Tage betragen, so dass der gesetzliche Mindesturlaub durch die Kürzung nicht unterschritten worden sei. Allerdings sei so im Ergebnis der tarifliche Mehrurlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2014 aufgrund der Regelung des § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR auf Null reduziert. Ein solches Ergebnis entspreche aber nur dann dem Willen der Vertragsparteien, wenn diese den gesetzlichen und den tariflichen Urlaubsanspruch als Einheit behandeln wollten. Dies sei nach der vorzunehmenden Auslegung gerade nicht der Fall. Vielmehr hätten die Vertragsparteien an mehreren Stellen in § 1 der Anlage 14 zu den AVR ausdrücklich zwischen gesetzlichem und vertraglichem Mehrurlaub differenziert und vom Gesetzesrecht abweichende Regelungen vorgesehen. Die Kürzungsregelung des § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR sei daher vorliegend nur auf den vertraglichen Mehrurlaubsanspruch anzuwenden, woraus sich ein verbleibender Urlaubsanspruch von gerundet sieben Tagen ergebe. Mit den von der Klägerin in Anspruch genommenen 22 Tagen Urlaub bis zum 31. August 2014 seien vier Tage des übertragenen gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2013 sowie 18 Tage des gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2014 erfüllt worden. Weitere zwei Tage habe die Beklagte bereits abgegolten, so dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub von sieben Tagen bestanden habe. Die Klägerin habe allerdings nicht schlüssig begründet, weshalb ihrem Abgeltungsanspruch ein Tagessatz von 62,77 EUR zugrunde gelegt werden könne. Sie selbst habe vorgetragen, ein Bruttomonatsgehalt von 1.123,61 EUR bezogen zu haben. Dies ergebe einen Tagessatz von 51,85 EUR brutto, der mit 7 multipliziert den der Klägerin zugesprochenen Betrag ergebe.

24

Gegen das ihr am 01. August 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 01. September 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 28. September 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 30. September 2016 eingegangen und der Klägerin am 13. Oktober 2016 zugestellt, begründet. Die Klägerin hat mit ihrer Berufungserwiderung vom 14. November 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Anschlussberufung eingelegt und die Abgeltung von insgesamt 17 Urlaubstagen (10 Urlaubstage aus dem Jahr 2013 und weitere 7 Urlaubstage aus dem Jahr 2014) in Höhe von 1.067,09 EUR abzüglich des zuerkannten Betrages in Höhe von 362,95 EUR geltend gemacht.

25

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht sei zwar zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der tarifliche Mehrurlaub der Klägerin aus dem Jahr 2013 am 30. April 2014 verfallen sei. Allerdings habe das Arbeitsgericht unzutreffend angenommen, dass die in § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR enthaltene Kürzungsregelung nur auf den vertraglichen Mehrurlaubsanspruch anzuwenden sei. Dabei sei das Arbeitsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass durch Auslegung zu ermitteln sei, ob die Vertragsparteien den gesetzlichen und den tariflichen Urlaubsanspruch als Einheit behandelt wollten. Dies sei aber gerade bei der streitgegenständlichen Regelung in § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR nicht der Fall. Vielmehr würden in der Anlage 14 gerade dann keine unterschiedlichen Regelungen getroffen, wenn von "Erholungsurlaub" oder "Urlaubsanspruch" die Rede sei. Das ergebe sich auch aus der Definition der Dauer des Erholungsurlaubs in § 3 Abs. 1 der Anlage 14 zu den AVR. In der Anlage 14 würden dementsprechend konsequent immer die Termini "Erholungsurlaub" oder "Urlaubsanspruch" verwendet, wenn damit der gesamte 30-tägige Urlaub gemeint sei, wie beispielsweise in § 1 Abs. 2 beim Zweck des Erholungsurlaubes, in Abs. 3 bei der Festsetzung des Erholungsurlaubes, in Abs. 4 bei der zusammenhängenden Gewährung des Erholungsurlaubes und eben auch hier in Abs. 6 bei der Zwölftelung des Urlaubsanspruches. Wenn hingegen zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem weitergehenden Mehrurlaubsanspruch unterschieden werde, so werde dies in der Anlage 14 zu den AVR auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Dann würden wie in § 1 Abs. 5 S. 5 und 6 die Ausdrücke "gesetzlicher Mindesturlaub" und "weitergehender Urlaubsanspruch" auch ausdrücklich verwendet. Da in § 1 Abs. 6 bei der Zwölftelung aber gerade keine solche Unterscheidung getroffen werde, könne hier entgegen der Auslegung des erstinstanzlichen Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass die Vertragsparteien den tariflichen Urlaubsanspruch nicht als Einheit hätten behandeln wollen.

26

Die Beklagte beantragt,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. Mai 2016 - 6 Ca 550/15 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

28

Die Klägerin beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen,

30

und im Wege der Anschlussberufung,

31

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. Mai 2016 - 6 Ca 550/15 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie - über den vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrag in Höhe von 362,95 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. September 2014 hinaus - weitere 704,14 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. September 2014 zu zahlen.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

34

Die Klägerin erwidert, dem Arbeitsgericht sei zuzustimmen, dass die Tarifvertragsparteien mehrfach zwischen gesetzlichem und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden und ein eigenes Urlaubsregime begründet hätten. Da die Parteien den gesetzlichen und tariflichen Urlaubsanspruch nicht als Einheit behandelt hätten, sei der vertragliche Mehrurlaubsanspruch aus dem Jahr 2014 gemäß § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR zu kürzen, wonach sie noch einen Resturlaubsanspruch in Höhe von sieben Tagen für das Jahr 2014 behalten habe. Insoweit müsse es also beim ausgeurteilten Urlaubsabgeltungsanspruch verbleiben. Das Arbeitsgericht habe aber zu Unrecht den von ihr geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch aus dem Jahr 2013 wegen eines angeblichen Verfalls gemäß § 1 Abs. 5 S. 6 i.V.m. S. 2 der Anlage 14 zu den AVR versagt. Dieser Regelung sei eine Anordnung des "Verfalls" nicht zu entnehmen. Es fehle im Tarifvertrag an einer entsprechenden Anordnung, dass der nicht genommene Mehrurlaub verfallen solle. Die in § 1 Abs. 5 S. 6 verwandte Rückverweisung auf Abs. 5 S. 2 könne nur so verstanden werden, dass der Mehrurlaub nicht erlösche, lediglich bis zum 30. April des Folgejahres angetreten werden solle und damit denklogisch abzugelten oder auf das darauf folgende Folgejahr bis zum 30. April zu übertragen sei. Ihr stehe mithin der bereits erstinstanzlich geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch von zehn Tagen aus dem Jahr 2013 kumulativ zu dem noch offenen Mehrurlaubsanspruch aus dem Jahre 2014 von sieben Tagen zu. Das Arbeitsgericht habe den von ihr geltend gemachten und von der Beklagten ausweislich der Lohnabrechnung August 2014 (Bl. 12 d. A.) selbst zugrunde gelegten Abgeltungsbetrag in Höhe von 62,77 EUR pro Tag zu Unrecht auf 51,85 EUR gekürzt.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

36

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. a ArbGG statthaft, weil sie im angefochtenen Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO). Entgegen der Ansicht der Klägerin beinhaltet die Berufungsbegründung der Beklagten auch eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte hat in Bezug auf die von ihr angegriffene Annahme des Arbeitsgerichts, die in § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR enthaltene Kürzungsregelung sei nur auf den vertraglichem Mehrurlaubsanspruch anzuwenden, im Einzelnen begründet, weshalb ihrer Ansicht nach aus den Gesamtumständen der dargestellten Regelungen folge, dass sich die Kürzungsregelung auf den gesamten 30-tägigen Urlaub beziehe.

37

Die hiernach zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Abgeltung eines weitergehenden Urlaubsanspruchs von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2014.

38

Die gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 524 ZPO zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist hingegen unbegründet. Der weitergehende Urlaubsanspruch der Klägerin von zehn Tagen aus dem Jahr 2013 ist verfallen.

39

1. Die Parteien sind von einem jährlichen Urlaubsanspruch der Klägerin von 30 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ausgegangen. Allerdings sah die Anlage 14 zu den AVR in § 3 Abs. 1 (bei einer Fünftagewoche) erst seit dem 01. Januar 2015 einheitlich für alle Mitarbeiter einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen vor, während zuvor ab 01. Januar 2013 geregelt war, dass der Urlaub bis zum vollendeten 55. Lebensjahr 29 Arbeitstage und erst nach dem vollendeten 55. Lebensjahr 30 Arbeitstage beträgt. Im Streitfall kann aber zugunsten der Klägerin, die das 55. Lebensjahr nicht vollendet hat, ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen unterstellt werden, weil auch dann über die von der Beklagten bereits gezahlte Urlaubsabgeltung hinaus kein weiterer Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin besteht.

40

2. Ausgehend von einem Urlaubsanspruch im Gesamtumfang des § 3 Abs. 1 der Anlage 14 zu den AVR von 30 Arbeitstagen (bei einer Fünftagewoche), der sich aus dem gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen und dem weitergehenden Urlaubsanspruch von 10 Arbeitstagen zusammensetzt, sind im Jahr 2013 unstreitig 16 Urlaubstage gewährt und genommen worden, so dass für das Jahr 2013 noch 14 Arbeitstage Urlaub verblieben sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dabei nicht § 366 Abs. 2 BGB mit der Folge anzuwenden, dass die Beklagte mit den gewährten 16 Urlaubstagen zunächst zehn Urlaubstage des weitergehenden Urlaubsanspruchs und danach nur sechs Arbeitstage des gesetzlichen Mindesturlaubs erfüllt hätte. Unterscheidet eine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung - wie hier § 3 Abs. 1 der Anlage 14 zu den AVR - hinsichtlich des Umfangs des Urlaubsanspruchs nicht zwischen gesetzlichen und arbeits- oder tarifvertraglichen Urlaubsansprüchen und räumt sie den Arbeitnehmern einen über den gesetzlichen Anspruch hinausgehenden Anspruch auf Erholungsurlaub ein, kommt ein Rückgriff auf die Auslegungsregel in § 366 Abs. 2 BGB ebenso wenig in Betracht wie eine analoge Anwendung dieser Vorschrift. Denn es handelt sich insoweit um einen einheitlichen Anspruch auf Erholungsurlaub, der auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen beruht (BAG 19. Januar 2016 - 9 AZR 507/14 - Rn. 10, NZA-RR 2016, 235). Der gesetzliche Urlaubsanspruch (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) im Umfang von 20 Arbeitstagen wurde mithin in Höhe der gewährten 16 Urlaubstage erfüllt, ohne dass es hierzu einer entsprechenden Tilgungsbestimmung bedurfte (vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 53/14 (F) - Rn. 13, NZA 2015, 1005).

41

3. Danach sind aus dem Jahr 2013 lediglich vier Arbeitstage des gesetzlichen Mindesturlaubs (20 Arbeitstage abzüglich gewährter 16 Arbeitstage Urlaub) aufgrund der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auf das nachfolgende Urlaubsjahr 2014 über den 30. April hinaus übertragen worden, während der weitergehende Urlaubsanspruch von zehn Urlaubstagen aus dem Jahr 2013 zum 30. April 2014 nach § 1 Abs. 5 S. 6 i.V.m. S. 2 der Anlage 14 zu den AVR verfallen ist.

42

In der Anlage 14 zu den AVR ist geregelt, dass der Erholungsurlaub spätestens zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten ist (§ 1 Abs. 5 S. 1). Kann der Erholungsurlaub aus dringenden dienstlichen Gründen oder aus Gründen, die in der Person des Mitarbeiters liegen, bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres anzutreten (§ 1 Abs. 5 S. 2). Kann der gesetzliche Mindesturlaub infolge Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, erlischt dieser Anspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (§ 1 Abs. 5 S. 5). Kann der weitergehende Urlaubsanspruch infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, gilt § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 S. 2 (§ 1 Abs. 5 S. 6). Daraus ergibt sich, dass der weitergehende Urlaubsanspruch - anders als der gesetzliche Mindesturlaub - erlischt, wenn er - wie hier - infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres angetreten werden kann. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist unerheblich, dass der Verfall im Falle eines Nichtantritts des weitergehenden Urlaubsanspruchs bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres nicht ausdrücklich angeordnet ist. Auch das Bundesurlaubsgesetz ordnet die Rechtsfolge des Verfalls nicht ausdrücklich an. Einer solchen ausdrücklichen Anordnung des Untergangs bedarf es nicht. Vielmehr entfällt mit Fristende die Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs. Dies gilt auch für den Mehrurlaub (BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 618/10 - Rn. 17, NZA 2012, 987). Die AVR haben in ihrer Anlage 14 den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden weitergehenden Urlaubsanspruch einem eigenständigen Fristenregime unterstellt. Die Vertragsparteien können Urlaubsansprüche, die den durch die Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln (BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 618/10 - Rn. 11, NZA 2012, 987). Mithin sind aufgrund des Verfalls des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden weitergehenden Urlaubsanspruchs von zehn Tagen aus dem Jahr 2013 zum 30. April 2014 lediglich vier Tage des gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2013 über den 30. April 2014 hinaus übertragen worden.

43

4. Den übertragenen gesetzlichen Mindesturlaub von vier Arbeitstagen aus dem Jahr 2013 und den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen aus dem Jahr 2014 hat die Beklagte mit dem gewährten und von der Klägerin im Jahr 2014 genommenen Urlaub von 22 Arbeitstagen sowie der gezahlten Urlaubsabgeltung für zwei weitere Arbeitstage vollständig erfüllt. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Abgeltung eines weitergehenden Urlaubsanspruchs von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2014.

44

a) Die Klägerin hatte nach ihrer Anspruchsbegründung in der Klageschrift lediglich einen Anspruch auf Abgeltung von zehn Urlaubstagen aus dem Jahr 2013 geltend gemacht und war ursprünglich selbst davon ausgegangen, dass für das Jahr 2014 aufgrund ihres Ausscheidens vom 31. August 2014 lediglich ein anteiliger Urlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen (30 Urlaubstage x 8/12) bestanden hat. Soweit das Arbeitsgericht der Klägerin gleichwohl Urlaubsabgeltung für sieben Urlaubstage aus dem Jahr 2014 unter Zugrundelegung eines Urlaubsanspruchs von 27 Arbeitstagen für das Jahr 2014 (20 Arbeitstage ungekürzter gesetzlicher Mindesturlaub und - gekürzter - weitergehender Urlaubsanspruch von sieben Arbeitstagen) zuerkannt hat, die vom Streitgegenstand der Klage nicht mit umfasst war, ist der darin liegende Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO (vgl. BAG 05. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - Rn. 12, NZA 1996, 594) dadurch geheilt worden, dass die Klägerin mit ihrer Berufungserwiderung und Anschlussberufung die Zurückweisung der Berufung beantragt und sich sowohl die vom Arbeitsgericht zuerkannte Abgeltung von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 zu eigen gemacht als auch den erstinstanzlichen Klageanspruch auf Abgeltung von zehn Urlaubstagen aus dem Jahr 2013 weiterverfolgt hat.

45

b) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts erfasst die in § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR vorgesehene Kürzungsregelung den gesamten Urlaubsanspruch des § 3 Abs. 1 mit der Folge, dass danach im Jahr 2014 aufgrund des Ausscheidens der Klägerin zum 31. August 2014 lediglich ein anteiliger Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen (30 Arbeitstage x 8/12) bestanden hat.

46

Beginnt oder endet das Dienstverhältnis im Laufe des Urlaubsjahres, so beträgt der Urlaubsanspruch nach § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Diese Regelung unterscheidet ihrem Wortlaut nach nicht zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem weitergehenden Urlaubsanspruch. Aus der Systematik der in der Anlage 14 zu den AVR unter Ziff. I zum Erholungsurlaub getroffenen Regelungen lässt sich entnehmen, dass von dem (zu kürzenden) Urlaubsanspruch i.S.v. § 1 Abs. 6 S. 2 der Erholungsurlaub im Gesamtumfang des § 3 Abs. 1 (einschließlich des gesetzlichen Mindesturlaubs) und nicht etwa nur der Mehrurlaub erfasst ist. Soweit zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem weitergehenden Urlaubsanspruch differenzierte Regelungen getroffen werden, ist dies in den betreffenden Regelungen jeweils entsprechend zum Ausdruck gebracht (vgl. z. B. § 1 Abs. 5 S. 5 und 6, § 5 Abs. 1 S. 4 und 5). Eine solche differenzierte Regelung ist aber bei der Kürzungsregelung des § 1 Abs. 6 S. 2 gerade nicht getroffen worden. Vielmehr ist in § 1 Abs. 6 S. 8 ausdrücklich festgelegt, dass vor Anwendung der Unterabsätze 2 und 3 der Erholungsurlaub und ein etwaiger Zusatzurlaub, mit Ausnahme des Zusatzurlaubs nach dem Neunten Sozialgesetzbuch, zusammenzurechnen ist. Daraus lässt sich entnehmen, dass die im genannten Unterabsatz 2 geregelte Kürzung sowohl den Erholungsurlaub im Gesamtumfang des § 3 Abs. 1 als auch den in § 4 geregelten Zusatzurlaub erfasst und hiervon nur der Zusatzurlaub nach dem SGB IX125 SGB IX) ausgenommen sein soll. Das wird auch durch die in § 5 Abs. 1 S. 1 getroffene Regelung bestätigt. Danach ist der Erholungsurlaub während der Kündigungsfrist zu gewähren und zu nehmen, soweit im Zeitpunkt einer Kündigung des Dienstverhältnisses der entstandene Urlaubsanspruch (§ 1 Abs. 6) noch nicht erfüllt ist. Diese Regelung, die - anders als die nachfolgend differenzierte Regelung in § 5 Abs. 1 S. 4 und 5 - erkennbar den gesamten Urlaubsanspruch betrifft, zitiert im Klammerzusatz ausdrücklich § 1 Abs. 6, der mithin ebenfalls den gesamten Urlaubsanspruch zum Gegenstand hat. Dementsprechend erfasst die in § 1 Abs. 6 S. 2 enthaltene Kürzungsregelung den gesamten Urlaubsanspruch des § 3 Abs. 1.

47

c) Der gesetzliche Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers, der nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, kann allerdings nach § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BUrlG selbst durch eine tarifliche Regelung nicht ausgeschlossen oder gemindert werden. Noch weniger können die Arbeitsvertragsparteien zulasten des Arbeitnehmers vom gesetzlichen Mindesturlaub abweichen (BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 21 und 22, juris). Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG kann, mit Ausnahme von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, von den Bestimmungen des BUrlG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Während es danach den Arbeitsvertrags- und Tarifvertragsparteien gemäß § 13 Abs. 1 BUrlG verwehrt ist, den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz bei einem Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte zu kürzen, können sie den weitergehenden Urlaubsanspruch grundsätzlich frei regeln (BAG 09. August 2016 - 9 AZR 51/16 - Rn. 16 und 17, NZA-RR 2016, 615). Im Streitfall wird der gesetzliche Mindesturlaub für das Jahr 2014 von 20 Arbeitstagen aufgrund des Ausscheidens der Klägerin zum 31. August 2014 durch die Kürzungsregelung zwar nicht unterschritten. Die in § 1 Abs. 6 S. 2 der Anlage 14 zu den AVR vorgesehene Kürzung des Urlaubsanspruchs weicht aber insoweit von der gesetzlichen Regelungen der §§ 4 und 5 BUrlG zuungunsten des Arbeitnehmers ab, als danach auch der gesetzliche Mindesturlaub unterschritten werden kann, was z.B. bei einem Ausscheiden der Klägerin zum 31. Juli 2014 der Fall gewesen wäre. Soweit die Kürzungsregelung wegen Verstoßes gegen § 13 Abs. 1 BUrlG i.V.m. § 134 BGB und wegen Eingriffs in den gesetzlichen Mindesturlaub unwirksam ist, wäre eine tarifliche Regelung gemäß § 139 BGB insoweit aufrechtzuerhalten, als sie bei einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte den gesetzlichen Mindesturlaub nicht kürzen würde, was bedeutet, dass bei einem unterjährigen Ausscheiden eine Kürzung des gesamten 30-tägigen Urlaubsanspruchs allenfalls dazu führen kann, dass sich der Urlaubsanspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen reduziert (vgl. BAG 18. Februar 2014 - 9 AZR 765/12 - Rn. 17, juris). Bei den AVR handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommission festgelegt werden. Zwar entfalten kirchliche Arbeitsvertragsregelungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein. Die Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff BGB beschränkt sich bei arbeitsvertraglich in Bezug genommenen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen aber wie bei Tarifverträgen auf eine Rechtskontrolle. Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Dabei handelt es sich um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit i.S.v. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB, die durch eine bloße Rechtskontrolle angemessen zu berücksichtigen ist. Maßstab der Rechtskontrolle ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt (BAG 19. April 2012- 6 AZR 677/10 - Rn. 23 und 24, juris). Das ist nicht der Fall, soweit der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen nicht unterschritten wird.

48

Auch wenn man davon ausgeht, dass bei einer Rechtskontrolle der Arbeitsvertragsrichtlinien - anders als bei Tarifverträgen - im Hinblick darauf, dass im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine geltungserhaltende Reduktion nicht vorgesehen ist, ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG dazu führt, dass die Kürzungsregelung insgesamt unwirksam ist (vgl. BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, NZA 2015, 827), auch wenn im Einzelfall der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten wird, wäre ein Anspruch der Klägerin auf Abgeltung von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 jedenfalls verfallen. Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterfallen als "Ansprüche aus dem Dienstverhältnis" der Ausschlussfrist des § 23 Abs. 1 AVR. Der dort angeordnete Verfall ist unabhängig davon wirksam, ob der Anspruch auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs oder auf die Abgeltung des übergesetzlichen Urlaubs gerichtet ist (vgl. zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland BAG 09. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 32, NZA 2012, 166). Die Klägerin hat den Anspruch auf Abgeltung von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 nicht binnen der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 23 Abs. 1 AVR geltend gemacht. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2014 fällig, so dass die Klägerin den Anspruch spätestens bis zum 28. Februar 2015 schriftlich gegenüber der Beklagten hätte geltend machen müssen. Die Klägerin ist sowohl in ihren vorgerichtlichen Geltendmachungsschreiben als auch in ihrer Klageschrift vom 18. Februar 2015 selbst davon ausgegangen, dass für das Jahr 2014 aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. August 2014 nur ein anteiliger Urlaubsanspruch in Höhe von 20 Urlaubstagen bestanden hat, und hat dementsprechend lediglich einen Anspruch auf Abgeltung von Urlaubstagen aus dem Jahr 2013 geltend gemacht. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Urlaubsansprüchen aus verschiedenen Urlaubsjahren um unterschiedliche Streitgegenstände handelt (vgl. BAG 05. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - Rn. 12, NZA 1996, 594), reicht die Geltendmachung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2013 zur Wahrung der Ausschlussfrist in Bezug auf Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2014 nicht aus (vgl. hierzu BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 628/14 - Rn. 22, NZA-RR 2016, 330). Bei der Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist, die hier in § 23 Abs. 1 der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren AVR enthalten ist, handelt es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung, die von Amts wegen zu beachten ist und auf die sich der Schuldner nicht berufen muss (BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 51/11 - Rn. 27, juris).

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

50

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Feb. 2017 - 2 Sa 395/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Feb. 2017 - 2 Sa 395/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Feb. 2017 - 2 Sa 395/16 zitiert 21 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs


(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 366 Anrechnung der Leistung auf mehrere Forderungen


(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung be

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 3 Dauer des Urlaubs


(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. (2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 13 Unabdingbarkeit


(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die A

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 1 Urlaubsanspruch


Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 125 Inhalt der schriftlichen Vereinbarung


(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:1.Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) un

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 5 Teilurlaub


(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen U

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 4 Wartezeit


Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Feb. 2017 - 2 Sa 395/16 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Feb. 2017 - 2 Sa 395/16 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Aug. 2016 - 9 AZR 51/16

bei uns veröffentlicht am 09.08.2016

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2015 - 3 Sa 363/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Feb. 2016 - 6 AZR 628/14

bei uns veröffentlicht am 18.02.2016

Tenor 1. Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen. 2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessis

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Jan. 2016 - 9 AZR 507/14

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 27. Mai 2014 - 7 Sa 32/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Dez. 2014 - 9 AZR 295/13

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2013 - 6 Sa 1894/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Feb. 2014 - 9 AZR 765/12

bei uns veröffentlicht am 18.02.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Juni 2012 - 5 Sa 7/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Juni 2012 - 5 AZR 51/11

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2010 - 6 Sa 25/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Mai 2012 - 9 AZR 618/10

bei uns veröffentlicht am 22.05.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 29. Juli 2010 - 3 Sa 280/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise auf

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Apr. 2012 - 6 AZR 677/10

bei uns veröffentlicht am 19.04.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. September 2010 - 4 Sa 483/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Aug. 2011 - 9 AZR 475/10

bei uns veröffentlicht am 09.08.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Mai 2010 - 7 Sa 1571/09 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und
2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:

1.
der zu betreuende Personenkreis,
2.
die erforderliche sächliche Ausstattung,
3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
Soweit die Erbringung von Leistungen nach § 116 Absatz 2 zu vereinbaren ist, sind darüber hinaus die für die Leistungserbringung erforderlichen Strukturen zu berücksichtigen.

(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.

(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 27. Mai 2014 - 7 Sa 32/14 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 12. Dezember 2013 - 4 Ca 722/13 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Urlaubsansprüche des Klägers aus dem Jahr 2012.

2

Die Beklagte beschäftigt den Kläger seit 1968 als Technikumsmitarbeiter in einer Fünftagewoche. Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossenen Haustarifvertrag vom 26. März 2012 an. Dieser verweist in § 2 Ziff. 1 Buchst. a auf den Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23. Juni 2008 (MTV), in dem ua. Folgendes geregelt ist:

        

§ 18 Urlaubsregelung

        

A. Allgemeine Bestimmungen

        

1. Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr (Urlaubsjahr) Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. …

        

…       

        

7. Der Anspruch auf Urlaub erlischt drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde. ...

        

…       

                 
        

B. Urlaubsdauer

        

1. Die Urlaubsdauer beträgt 30 Arbeitstage, wenn die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf 5 Tage je Kalenderwoche verteilt ist.

        

…“    

3

Im Jahr 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger an zwölf Arbeitstagen Urlaub. Die Beklagte genehmigte darüber hinaus den vom Kläger beantragten Urlaub vom 20. Dezember 2012 bis zum 18. Januar 2013. Vom 14. Dezember 2012 bis zum 7. Juni 2013 war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Nach seiner Genesung beantragte der Kläger, ihm vom 10. Juni bis zum 3. Juli 2013 Urlaub zu gewähren. Die Beklagte gewährte dem Kläger Urlaub vom 10. bis zum 21. Juni 2013 verbunden mit dem Hinweis, zehn Tage des aus dem Jahr 2012 stammenden Urlaubs seien bereits verfallen.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden noch zehn Urlaubstage aus dem Jahr 2012 zu. Das Fristenregime des MTV unterscheide sich nicht vom Fristenregime des BUrlG.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihm aus dem Jahr 2012 zehn Urlaubstage bzw. zehn Tage bezahlte Freistellung zustehen.

6

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, der vom Kläger beanspruchte Urlaub sei mit Ablauf des 31. März 2013 verfallen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und der Klage stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere zehn Arbeitstage Urlaub aus dem Jahr 2012. Die Beklagte hat den aus dem Jahr 2012 stammenden Anspruch des Klägers auf gesetzlichen Mindesturlaub durch die Gewährung von 20 Arbeitstagen Urlaub erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Der darüber hinausgehende Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub ging ungeachtet der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers mit Ablauf des 31. März 2013 unter. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatzurlaub besteht nicht, da sich die Beklagte vor diesem Zeitpunkt nicht in Verzug mit der Urlaubsgewährung befand.

9

I. Der Kläger erwarb zu Beginn des Jahres 2012 gemäß § 18 Abschn. B Ziff. 1 MTV, der gemäß § 2 Ziff. 1 Buchst. a des Haustarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, einen Anspruch auf 30 Arbeitstage Urlaub. Im Laufe des Jahres nahm der Kläger an zwölf Arbeitstagen Urlaub mit der Folge, dass der Urlaubsanspruch des Klägers insoweit durch Erfüllung unterging (§ 362 Abs. 1 BGB).

10

1. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts erfüllte die Beklagte nicht nur den Anspruch auf den tariflichen Mehrurlaub, sondern auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub. Unterscheidet eine tarifvertragliche Regelung hinsichtlich des Umfangs des Urlaubsanspruchs nicht zwischen gesetzlichen und arbeits- oder tarifvertraglichen Urlaubsansprüchen und räumt sie den Arbeitnehmern einen über den gesetzlichen Anspruch hinausgehenden Anspruch auf Erholungsurlaub ein, kommt ein Rückgriff auf die Auslegungsregel in § 366 Abs. 2 BGB ebenso wenig in Betracht wie eine analoge Anwendung dieser Vorschrift. Denn es handelt sich insoweit um einen einheitlichen Anspruch auf Erholungsurlaub, der auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen beruht (BAG 17. November 2015 - 9 AZR 275/14 - Rn. 18).

11

2. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Frage, ob § 366 Abs. 2 BGB auf Urlaubsansprüche anzuwenden ist, werde vom Senat nicht einheitlich beantwortet, geht sein Hinweis auf die Entscheidungen vom 16. Juli 2013 (- 9 AZR 914/11 -) und 15. Oktober 2013 (- 9 AZR 302/12 -) fehl. In diesen Entscheidungen ging es nicht um die Erfüllung von gesetzlichen und tariflichen Urlaubsansprüchen, sondern um eine (etwaige) Tilgungsbestimmung des Arbeitgebers iSv. § 366 Abs. 1 BGB bei der Zahlung von Urlaubsabgeltung.

12

II. Der tarifliche Mehrurlaub im Umfang von zehn Tagen verfiel gemäß § 18 Abschn. A Ziff. 7 Satz 1 MTV am 31. März 2013.

13

1. Gemäß § 18 Abschn. A Ziff. 7 Satz 1 MTV erlischt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaub drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde.

14

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verfalls lagen im Streitfall mit Ablauf des 31. März 2013 vor. Der Kläger machte den restlichen tariflichen Mehrurlaub aus dem Jahr 2012 im Umfang von zehn Arbeitstagen nicht vor seinem Verfall gegenüber der Beklagten erfolglos geltend. Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den von ihm beantragten Urlaub, liegt eine erfolglose Geltendmachung im Tarifsinne unabhängig davon nicht vor, ob der Arbeitnehmer den Urlaub später tatsächlich antritt. Dies ergibt die Auslegung der maßgeblichen Tarifvorschrift (zu den auf Tarifverträge anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

15

a) Bereits der Wortlaut des § 18 Abschn. A Ziff. 7 Satz 1 MTV spricht gegen die seitens des Klägers präferierte Auslegung, der zufolge der Arbeitnehmer den Urlaub auch dann erfolglos geltend macht, wenn der Arbeitgeber ihn antragsgemäß genehmigt, der Arbeitnehmer ihn aber infolge einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen kann. Die Tarifvorschrift spricht von einer Geltendmachung des Urlaubs, nicht aber von Urlaubsnahme. Der Arbeitnehmer macht seinen Urlaub gegenüber dem Arbeitgeber geltend, wenn er diesen auffordert, ihm Urlaub zu gewähren. Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den beantragten Urlaub unter Zusage der Zahlung von Urlaubsentgelt (vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 21) -, hat die Geltendmachung Erfolg, da der Arbeitgeber die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung vorgenommen hat (vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 19). Die spätere krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers (vgl. § 9 BUrlG) ist ein nachträgliches Erfüllungshindernis, das aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammt.

16

b) Mit der Tarifierung der Einschränkung „es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde“ haben die Tarifvertragsparteien im Interesse einer Kodifizierung eine umfassende Regelung der tariflichen Urlaubsansprüche treffen wollen. Dabei haben sie in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Senats, der zufolge dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs ein Anspruch auf (Ersatz-)Urlaub zusteht, wenn der Arbeitgeber einen fristgerecht gestellten Urlaubsantrag ablehnt (vgl. im Einzelnen BAG 3. Juni 2014 - 9 AZR 944/12 - Rn. 10), bestimmt, dass dem Arbeitnehmer der Anspruch verbleibt, wenn er den Arbeitgeber vor dem Verfall des Urlaubs in Verzug gesetzt hat.

17

3. Die über den 31. März 2013 fortdauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers gibt kein anderes Ergebnis vor. Während der Anspruch des Klägers auf gesetzlichen Mindesturlaub über das erste Quartal des Jahres 2013 hinaus fortbestand (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32 ff., BAGE 142, 371), ging der Anspruch des Klägers auf tariflichen Mehrurlaub mit Ablauf des 31. März 2013 unter. Die Tarifbestimmung des § 18 Abschn. A Ziff. 7 Satz 1 MTV ist insoweit wirksam, als sie einen Verfall des tariflichen Mehrurlaubs regelt.

18

a) Die Parteien des MTV haben den tariflichen Mehrurlaub einem eigenständigen Fristenregime unterstellt. Das hat der Senat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2015 (- 9 AZR 747/14 - Rn. 15 ff.) zur wortgleichen Vorgängerregelung in § 25 Abschn. A Ziff. 7 Satz 1 des MTV vom 1. Dezember 1973 idF vom 24. Mai 2002 entschieden (vgl. ferner zur strukturell ähnlichen Vorschrift des § 12 Abschn. I Ziff. 11 des Manteltarifvertrags für die chemische Industrie vom 24. Juni 1992 idF vom 16. März 2009 BAG 17. November 2015 - 9 AZR 275/14 - Rn. 27 f.). Die Abweichung vom gesetzlichen Fristenregime hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer das Risiko trägt, dass der Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub infolge Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllbar ist.

19

b) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die eigenständige Tarifregelung im Hinblick auf den gesetzlichen Mindesturlaub krankheitsbedingt arbeitsunfähiger Arbeitnehmer unwirksam ist (§ 13 Abs. 1 Satz 1, § 1 BUrlG iVm. § 134 BGB). Für den vom Mindesturlaub abtrennbaren Teil der einheitlich geregelten Gesamturlaubsdauer, den tariflichen Mehrurlaub, bleibt sie wirksam (vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 551/12 - Rn. 13).

20

III. Den nach dem 31. März 2013 verbleibenden Anspruch des Klägers auf acht Arbeitstage gesetzlichen Mindesturlaub erfüllte die Beklagte mit der Gewährung von Urlaub im Zeitraum vom 10. bis zum 21. Juni 2013 (§ 362 Abs. 1 BGB).

21

IV. Der Klageantrag hat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadensersatzes keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 287 Satz 2, § 249 Satz 1 BGB liegen nicht vor. Hat der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch auf Gewährung von Ersatzurlaub um (vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 11, BAGE 138, 58). Als der Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub mit Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums am 31. März 2013 verfiel, befand sich die Beklagte mit der Urlaubsgewährung nicht in Verzug.

22

1. Dem Antrag des Klägers, mit dem er Urlaub vom 20. Dezember 2012 bis zum 18. Januar 2013 begehrte, hat die Beklagte entsprochen. Die von ihr geschuldete Erfüllungshandlung, die Freistellung des Klägers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung mit der konkludenten Zusage, das Urlaubsentgelt an den Kläger zu zahlen, hat sie erbracht. Die Beklagte hat es nicht zu vertreten, dass der Leistungserfolg ausgeblieben ist (vgl. § 287 Satz 1 BGB). Grund hierfür war allein die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers, also ein Umstand aus der Sphäre des Klägers als Gläubiger des Urlaubsanspruchs.

23

2. Als der Kläger nach seiner Genesung Urlaub vom 10. Juni bis zum 3. Juli 2013 beantragte, war der Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub bereits untergegangen.

24

V. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen (§ 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Kranzusch    

                 

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.

(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 29. Juli 2010 - 3 Sa 280/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und der Tenor wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.762,67 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.677,81 Euro für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009, aus 1.909,04 Euro für die Zeit vom 31. Juli 2009 bis zum 26. November 2009 und aus 1.762,67 Euro seit dem 27. November 2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu 83 % und der Kläger zu 17 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Beklagte zu 57 % und der Kläger zu 43 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs.

2

Der Kläger war vom 1. Januar 1976 bis zum 31. März 2009 beim Beklagten an der Technischen Universität M beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags vom 23. Februar 1961 (BAT), den zur Ergänzung sowie Änderung abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen und der Sonderregelung zum BAT richtet. Seit dem 1. November 2006 wandten die Parteien den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis an. In diesem Tarifvertrag idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 1. März 2009 heißt es zum Erholungsurlaub ua.:

        

„§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                          

...     

                 
                          

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

        
                 

… Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; er kann auch in Teilen genommen werden.

                 

...     

        

(2)     

Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:

                 

a)    

Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.

                 

b)    

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1 zu; § 5 Bundesurlaubsgesetz bleibt unberührt.

                 

...“   

        
3

Der Kläger war vom 23. Oktober 2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit seiner dem Beklagten am 21. Juli 2009 zugestellten Klage hat er die Abgeltung von 59 Urlaubstagen verlangt. Der Beklagte hat ihm zur Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen am 31. Juli 2009 4.768,75 Euro brutto und am 27. November 2009 weitere 146,44 Euro brutto gezahlt. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt.

4

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe auch den tariflichen Mehrurlaub im Umfang von jeweils zehn Tagen für die Jahre 2007 und 2008 sowie im Umfang von drei Tagen für das Jahr 2009 abzugelten. Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit sei er gehindert gewesen, den tariflichen Mehrurlaub vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.118,52 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.033,71 Euro für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009, aus 3.264,94 Euro für die Zeit vom 31. Juli 2009 bis zum 26. November 2009 und aus 3.118,52 Euro seit dem 27. November 2009 zu zahlen.

6

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der tarifliche Mehrurlaub sei verfallen. § 26 TV-L regele den Erholungsurlaub eigenständig und in erheblicher Weise abweichend vom gesetzlichen Urlaubsregime.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten hat teilweise Erfolg.

9

I. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Beklagten zur Abgeltung von zehn Tagen tariflichen Mehrurlaubs aus dem Jahr 2007 verurteilt hat. Der tarifliche Mehrurlaubsanspruch des Klägers aus diesem Jahr ist gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L am 31. Mai 2008 verfallen und war damit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 nicht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

10

1. Nach § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L muss der Erholungsurlaub im Falle der Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L bis zum 31. Mai anzutreten. Da der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit den tariflichen Mehrurlaub aus dem Kalenderjahr 2007 weder in diesem Jahr noch bis zum Ablauf des zweiten Übertragungszeitraums am 31. Mai 2008 antreten konnte, ist dieser Urlaub verfallen.

11

2. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem Umstand, dass er auch über den 31. Mai 2008 hinaus arbeitsunfähig war, nichts anderes. Zwar hat der Senat nach der „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - Rn. 42 ff., Slg. 2009, I-179) aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben angenommen, der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch sei im Falle fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers entgegen der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG nicht bis zum 31. März des Folgejahres befristet (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; zur erforderlichen Mindestlänge des Übertragungszeitraums: vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7). Die unionsrechtlichen Vorgaben betreffen jedoch ausschließlich den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, Arbeitnehmern über diesen hinaus Urlaubsansprüche einzuräumen und die Bedingungen für die Inanspruchnahme und Gewährung des Mehrurlaubs nach nationalem Recht festzulegen (EuGH 3. Mai 2012 -  C-337/10  - [Neidel] Rn. 34 ff. mwN, NVwZ 2012, 688). Ebenso können Tarifvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln(vgl. EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] aaO mwN; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 21, EzA BUrlG § 7 Nr. 123; 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 196; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 19, 26 ff., BAGE 134, 1). Diese Befugnis schließt die Befristung des Mehrurlaubs ein. Einem von Tarifvertragsparteien angeordneten Verfall tariflichen Mehrurlaubs steht Unionsrecht damit nicht entgegen. Da nicht der durch die Arbeitszeitrichtlinie gewährleistete Mindestjahresurlaub von vier Wochen betroffen ist, besteht keine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV(vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 20 ff., aaO).

12

a) Die Tarifvertragsparteien haben in § 26 Abs. 2 TV-L hinsichtlich der Befristung und Übertragung und damit mittelbar auch zugleich bezüglich des Verfalls des Urlaubs von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende, eigenständige Regelungen getroffen.

13

aa) Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Fristenregime zu unterstellen, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 37 ff., BAGE 134, 1; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 84, BAGE 130, 119 ). Fehlen solche, ist von einem „Gleichlauf“ des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen. Ein „Gleichlauf“ ist nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien entweder bei der Befristung und Übertragung bzw. beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zur Befristung und Übertragung bzw. zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 22, EzA BUrlG § 7 Nr. 123 ).

14

bb) § 26 TV-L differenziert hinsichtlich der Befristung und der Übertragung des Urlaubs zwar nicht ausdrücklich zwischen gesetzlichem Mindest- und tariflichem Mehrurlaub. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben sich jedoch vom gesetzlichen Fristenregime gelöst, indem sie die Befristung und Übertragung und damit auch den Verfall des Urlaubsanspruchs abweichend vom Bundesurlaubsgesetz eigenständig geregelt haben.

15

(1) Während nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG der Urlaub im Fall der Übertragung in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden muss(vgl. BAG 7. Dezember 1993 - 9 AZR 683/92 - zu I 3 der Gründe, BAGE 75, 171; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 126), reicht es gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L aus, dass der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten wird. Die tarifliche Regelung, nach der der bloße Urlaubsantritt genügt, weicht damit erheblich von der gesetzlichen Regelung ab.

16

(2) Eine weitere wesentliche Abweichung vom gesetzlichen Fristenregime beinhaltet § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L. Nach dieser Vorschrift ist der Erholungsurlaub bis zum 31. Mai anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres angetreten werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben damit anders als der Gesetzgeber im Bundesurlaubsgesetz einen zweiten Übertragungszeitraum festgelegt und auf diese Weise ein eigenständiges, vom Bundesurlaubsgesetz abweichendes Fristenregime geschaffen.

17

(3) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist es für die Frage des Vorliegens einer eigenständigen tariflichen Regelung unerheblich, dass § 26 TV-L - anders als § 47 Abs. 7 BAT - bei Fristablauf nicht ausdrücklich den Verfall des Urlaubsanspruchs vorsieht. Auch das Bundesurlaubsgesetz ordnet die Rechtsfolge des Verfalls nicht ausdrücklich an ( vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 62, BAGE 130, 119). Einer solchen ausdrücklichen Anordnung des Untergangs des Anspruchs bedarf es nicht. Mit Fristende entfällt die Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs (vgl. BAG 28. November 1990 - 8 AZR 570/89 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 66, 288; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 78 Rn. 12; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 104 Rn. 103). Dies gilt auch für den tariflichen Mehrurlaub. Dementsprechend hat der Senat für den umgekehrten Fall, dass ein Tarifvertrag ausdrücklich den Verfall des Urlaubs anordnet, entschieden, dass dies allein nicht genügt, um einen eigenständigen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien anzunehmen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 33, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

18

b) Ohne Bedeutung ist, dass im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und des Senats zu § 7 Abs. 3 BUrlG ein Verfall des Mindesturlaubsanspruchs bei fortdauernder Erkrankung nach einem Übertragungszeitraum von nur fünf Monaten unionsrechtlich nicht zulässig ist. Entscheidend ist, dass für den vom Mindesturlaub abtrennbaren Teil der einheitlich geregelten Gesamturlaubsdauer, den tariflichen Mehrurlaub, die tarifliche Regelung wirksam bleibt (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 27, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

19

II. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht ihn verurteilt hat, den tariflichen Mehrurlaub des Klägers für die Jahre 2008 und 2009 iHv. insgesamt 13 Urlaubstagen mit 1.762,67 Euro brutto abzugelten.

20

1. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 26 Abs. 2 Einleitungssatz TV-L. Über die Anzahl der dem Kläger für das Jahr 2008 und die Monate Januar bis März 2009 zustehenden tariflichen Mehrurlaubstage und die Höhe des vom Kläger für jeden Urlaubstag beanspruchten Abgeltungsbetrags von 135,59 Euro brutto besteht kein Streit. Gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L ist der Urlaub bis zum 31. Mai des folgenden Kalenderjahres anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienst-lichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden konnte. Der tarifliche Mehrurlaub von zehn Arbeitstagen für das Jahr 2008 war damit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers noch nicht verfallen. Dies gilt auch für den anteiligen tariflichen Mehrurlaub von drei Tagen für die Monate Januar bis März 2009.

21

2. Der Anspruch des Klägers auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs für das Jahr 2008 und die Monate Januar bis März 2009 hängt nicht davon ab, ob und gegebenenfalls wann der Kläger nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt hat.

22

a) Allerdings sind Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs durch europarechtliche Vorgaben nicht gehindert, den Abgeltungsanspruch an die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs zu binden. Sie können regeln, dass der den Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigende tarifliche Mehrurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht oder nur dann abzugelten ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, und insofern die früher von der Rechtsprechung bei dauerhaft erkrankten Arbeitnehmern angewandte Surrogatstheorie (vgl. zur Entwicklung: BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 14 ff., BAGE 134, 196) für sich vereinnahmen (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 7 BUrlG Rn. 137; HWK/Schinz 5. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 120).

23

(1) Für die Annahme einer solchen tariflichen Regelung bedarf es freilich eindeutiger, über das Regelungsziel des § 7 Abs. 4 BUrlG hinausgehender Bestimmungen im Tarifvertrag(AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 138; vgl. zur Annahme einer voraussetzungslosen Abfindung unter der Geltung der Surrogatstheorie BAG 20. Januar 1998 - 9 AZR 601/96 - zu I 2 b der Gründe; 9. August 1994 - 9 AZR 346/92 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 77, 291 unter Aufgabe der vertretenen Auffassung im Urteil vom 22. Juni 1989 - 8 AZR 172/88 - AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 50 = EzA BUrlG § 7 Nr. 69). Auch bei Tarifverträgen, die vor der Verkündung der „Schultz-Hoff“-Entscheidung am 20. Januar 2009 geschlossen wurden, müssen für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, der zwischen Ansprüchen auf Abgeltung von Mindest- und Mehrurlaub unterscheidet, deutliche Anhaltspunkte bestehen (BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 47, BAGE 134, 1).

24

(2) Für die Beantwortung der Frage, ob Tarifvertragsparteien die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 7 Abs. 4 BUrlG geregelt haben, bedarf es einer eigenständigen Prüfung. Diese hat unabhängig von der Beurteilung zu erfolgen, ob die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Befristung, der Übertragung und des Verfalls des tariflichen Mehrurlaubs Sonderregelungen getroffen haben. Beinhaltet ein Tarifvertrag eigenständige Fristen für die Übertragung und den Verfall des Urlaubs, schließt dies nicht aus, dass die Tarifvertragsparteien die gesetzliche Urlaubsabgeltungsregelung für angemessen gehalten und deshalb insoweit auf eine Sonderreglung für den tariflichen Mehrurlaub verzichtet haben. Umgekehrt ist denkbar, dass Tarifvertragsparteien auch für den tariflichen Mehrurlaub am gesetzlichen Fristenregime festhalten wollten, allerdings bei der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs, zB im Falle andauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, von der Übernahme der gesetzlichen Regelung abgesehen und besondere Regelungen getroffen haben. Soweit der Senat zunächst ohne weitergehende Differenzierung geprüft hat, ob sich Tarifvertragsparteien in weiten Teilen vom gesetzlichen Urlaubsregime gelöst und eigene Regeln aufgestellt haben (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 50, BAGE 134, 1), hat er dies bereits in der Entscheidung vom 12. April 2011 ( 9 AZR 80/10 - Rn. 28 ff., EzA BUrlG § 7 Nr. 123) präzisiert und angenommen, dass ein dem Gleichlauf von Mindest- und Mehrurlaub bezüglich des Fristenregimes entgegenstehender Regelungswille der Tarifvertragsparteien nicht bereits dann vorliegt, wenn in einem Tarifvertrag - wie in § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L - von der Zwölftelungsregelung des § 5 BUrlG abgewichen wird. Vielmehr seien die einschlägigen tariflichen Bestimmungen zu den jeweiligen Regelungsgegenständen (Fristenregime, Abgeltungsanspruch) zu untersuchen. Im Hinblick auf das Bestehen eines Abgeltungsanspruchs bezüglich des tariflichen Mehrurlaubs im Falle der Arbeitsunfähigkeit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es mithin der Untersuchung der tariflichen Regelungen zur Urlaubsabgeltung.

25

b) Die Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers wäre für seinen Abgeltungsanspruch damit nur dann von Bedeutung, wenn die Tarifvertragsparteien des TV-L den Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs seiner Rechtsnatur nach als Surrogat des Urlaubsanspruchs im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor der „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 ausgestaltet und geregelt hätten, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch während der Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten nicht erfüllbar ist (vgl. BAG 7. September 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 12). Dies ist jedoch nicht der Fall. § 26 Abs. 2 Einleitungssatz TV-L ordnet ausdrücklich die Geltung des Bundesurlaubsgesetzes an, soweit der Tarifvertrag nicht andere Regelungen enthält. Die Urlaubsabgeltung ist im TV-L nicht geregelt. Damit richtet sich nicht nur die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern auch die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Vorschrift hat auch der arbeitsunfähige Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, BAGE 134, 196).

26

3. Die Zinsansprüche folgen aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Furche    

        

        

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.

(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 29. Juli 2010 - 3 Sa 280/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und der Tenor wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.762,67 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.677,81 Euro für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009, aus 1.909,04 Euro für die Zeit vom 31. Juli 2009 bis zum 26. November 2009 und aus 1.762,67 Euro seit dem 27. November 2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu 83 % und der Kläger zu 17 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Beklagte zu 57 % und der Kläger zu 43 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs.

2

Der Kläger war vom 1. Januar 1976 bis zum 31. März 2009 beim Beklagten an der Technischen Universität M beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags vom 23. Februar 1961 (BAT), den zur Ergänzung sowie Änderung abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen und der Sonderregelung zum BAT richtet. Seit dem 1. November 2006 wandten die Parteien den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis an. In diesem Tarifvertrag idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 1. März 2009 heißt es zum Erholungsurlaub ua.:

        

„§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                          

...     

                 
                          

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

        
                 

… Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; er kann auch in Teilen genommen werden.

                 

...     

        

(2)     

Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:

                 

a)    

Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.

                 

b)    

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1 zu; § 5 Bundesurlaubsgesetz bleibt unberührt.

                 

...“   

        
3

Der Kläger war vom 23. Oktober 2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit seiner dem Beklagten am 21. Juli 2009 zugestellten Klage hat er die Abgeltung von 59 Urlaubstagen verlangt. Der Beklagte hat ihm zur Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen am 31. Juli 2009 4.768,75 Euro brutto und am 27. November 2009 weitere 146,44 Euro brutto gezahlt. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt.

4

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe auch den tariflichen Mehrurlaub im Umfang von jeweils zehn Tagen für die Jahre 2007 und 2008 sowie im Umfang von drei Tagen für das Jahr 2009 abzugelten. Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit sei er gehindert gewesen, den tariflichen Mehrurlaub vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.118,52 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.033,71 Euro für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009, aus 3.264,94 Euro für die Zeit vom 31. Juli 2009 bis zum 26. November 2009 und aus 3.118,52 Euro seit dem 27. November 2009 zu zahlen.

6

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der tarifliche Mehrurlaub sei verfallen. § 26 TV-L regele den Erholungsurlaub eigenständig und in erheblicher Weise abweichend vom gesetzlichen Urlaubsregime.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten hat teilweise Erfolg.

9

I. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Beklagten zur Abgeltung von zehn Tagen tariflichen Mehrurlaubs aus dem Jahr 2007 verurteilt hat. Der tarifliche Mehrurlaubsanspruch des Klägers aus diesem Jahr ist gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L am 31. Mai 2008 verfallen und war damit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 nicht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

10

1. Nach § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L muss der Erholungsurlaub im Falle der Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L bis zum 31. Mai anzutreten. Da der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit den tariflichen Mehrurlaub aus dem Kalenderjahr 2007 weder in diesem Jahr noch bis zum Ablauf des zweiten Übertragungszeitraums am 31. Mai 2008 antreten konnte, ist dieser Urlaub verfallen.

11

2. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem Umstand, dass er auch über den 31. Mai 2008 hinaus arbeitsunfähig war, nichts anderes. Zwar hat der Senat nach der „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - Rn. 42 ff., Slg. 2009, I-179) aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben angenommen, der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch sei im Falle fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers entgegen der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG nicht bis zum 31. März des Folgejahres befristet (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; zur erforderlichen Mindestlänge des Übertragungszeitraums: vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7). Die unionsrechtlichen Vorgaben betreffen jedoch ausschließlich den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, Arbeitnehmern über diesen hinaus Urlaubsansprüche einzuräumen und die Bedingungen für die Inanspruchnahme und Gewährung des Mehrurlaubs nach nationalem Recht festzulegen (EuGH 3. Mai 2012 -  C-337/10  - [Neidel] Rn. 34 ff. mwN, NVwZ 2012, 688). Ebenso können Tarifvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln(vgl. EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] aaO mwN; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 21, EzA BUrlG § 7 Nr. 123; 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 196; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 19, 26 ff., BAGE 134, 1). Diese Befugnis schließt die Befristung des Mehrurlaubs ein. Einem von Tarifvertragsparteien angeordneten Verfall tariflichen Mehrurlaubs steht Unionsrecht damit nicht entgegen. Da nicht der durch die Arbeitszeitrichtlinie gewährleistete Mindestjahresurlaub von vier Wochen betroffen ist, besteht keine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV(vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 20 ff., aaO).

12

a) Die Tarifvertragsparteien haben in § 26 Abs. 2 TV-L hinsichtlich der Befristung und Übertragung und damit mittelbar auch zugleich bezüglich des Verfalls des Urlaubs von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende, eigenständige Regelungen getroffen.

13

aa) Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Fristenregime zu unterstellen, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 37 ff., BAGE 134, 1; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 84, BAGE 130, 119 ). Fehlen solche, ist von einem „Gleichlauf“ des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen. Ein „Gleichlauf“ ist nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien entweder bei der Befristung und Übertragung bzw. beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zur Befristung und Übertragung bzw. zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 22, EzA BUrlG § 7 Nr. 123 ).

14

bb) § 26 TV-L differenziert hinsichtlich der Befristung und der Übertragung des Urlaubs zwar nicht ausdrücklich zwischen gesetzlichem Mindest- und tariflichem Mehrurlaub. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben sich jedoch vom gesetzlichen Fristenregime gelöst, indem sie die Befristung und Übertragung und damit auch den Verfall des Urlaubsanspruchs abweichend vom Bundesurlaubsgesetz eigenständig geregelt haben.

15

(1) Während nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG der Urlaub im Fall der Übertragung in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden muss(vgl. BAG 7. Dezember 1993 - 9 AZR 683/92 - zu I 3 der Gründe, BAGE 75, 171; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 126), reicht es gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L aus, dass der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten wird. Die tarifliche Regelung, nach der der bloße Urlaubsantritt genügt, weicht damit erheblich von der gesetzlichen Regelung ab.

16

(2) Eine weitere wesentliche Abweichung vom gesetzlichen Fristenregime beinhaltet § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L. Nach dieser Vorschrift ist der Erholungsurlaub bis zum 31. Mai anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres angetreten werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben damit anders als der Gesetzgeber im Bundesurlaubsgesetz einen zweiten Übertragungszeitraum festgelegt und auf diese Weise ein eigenständiges, vom Bundesurlaubsgesetz abweichendes Fristenregime geschaffen.

17

(3) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist es für die Frage des Vorliegens einer eigenständigen tariflichen Regelung unerheblich, dass § 26 TV-L - anders als § 47 Abs. 7 BAT - bei Fristablauf nicht ausdrücklich den Verfall des Urlaubsanspruchs vorsieht. Auch das Bundesurlaubsgesetz ordnet die Rechtsfolge des Verfalls nicht ausdrücklich an ( vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 62, BAGE 130, 119). Einer solchen ausdrücklichen Anordnung des Untergangs des Anspruchs bedarf es nicht. Mit Fristende entfällt die Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs (vgl. BAG 28. November 1990 - 8 AZR 570/89 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 66, 288; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 78 Rn. 12; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 104 Rn. 103). Dies gilt auch für den tariflichen Mehrurlaub. Dementsprechend hat der Senat für den umgekehrten Fall, dass ein Tarifvertrag ausdrücklich den Verfall des Urlaubs anordnet, entschieden, dass dies allein nicht genügt, um einen eigenständigen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien anzunehmen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 33, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

18

b) Ohne Bedeutung ist, dass im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und des Senats zu § 7 Abs. 3 BUrlG ein Verfall des Mindesturlaubsanspruchs bei fortdauernder Erkrankung nach einem Übertragungszeitraum von nur fünf Monaten unionsrechtlich nicht zulässig ist. Entscheidend ist, dass für den vom Mindesturlaub abtrennbaren Teil der einheitlich geregelten Gesamturlaubsdauer, den tariflichen Mehrurlaub, die tarifliche Regelung wirksam bleibt (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 27, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

19

II. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht ihn verurteilt hat, den tariflichen Mehrurlaub des Klägers für die Jahre 2008 und 2009 iHv. insgesamt 13 Urlaubstagen mit 1.762,67 Euro brutto abzugelten.

20

1. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 26 Abs. 2 Einleitungssatz TV-L. Über die Anzahl der dem Kläger für das Jahr 2008 und die Monate Januar bis März 2009 zustehenden tariflichen Mehrurlaubstage und die Höhe des vom Kläger für jeden Urlaubstag beanspruchten Abgeltungsbetrags von 135,59 Euro brutto besteht kein Streit. Gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L ist der Urlaub bis zum 31. Mai des folgenden Kalenderjahres anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienst-lichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden konnte. Der tarifliche Mehrurlaub von zehn Arbeitstagen für das Jahr 2008 war damit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers noch nicht verfallen. Dies gilt auch für den anteiligen tariflichen Mehrurlaub von drei Tagen für die Monate Januar bis März 2009.

21

2. Der Anspruch des Klägers auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs für das Jahr 2008 und die Monate Januar bis März 2009 hängt nicht davon ab, ob und gegebenenfalls wann der Kläger nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt hat.

22

a) Allerdings sind Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs durch europarechtliche Vorgaben nicht gehindert, den Abgeltungsanspruch an die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs zu binden. Sie können regeln, dass der den Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigende tarifliche Mehrurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht oder nur dann abzugelten ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, und insofern die früher von der Rechtsprechung bei dauerhaft erkrankten Arbeitnehmern angewandte Surrogatstheorie (vgl. zur Entwicklung: BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 14 ff., BAGE 134, 196) für sich vereinnahmen (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 7 BUrlG Rn. 137; HWK/Schinz 5. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 120).

23

(1) Für die Annahme einer solchen tariflichen Regelung bedarf es freilich eindeutiger, über das Regelungsziel des § 7 Abs. 4 BUrlG hinausgehender Bestimmungen im Tarifvertrag(AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 138; vgl. zur Annahme einer voraussetzungslosen Abfindung unter der Geltung der Surrogatstheorie BAG 20. Januar 1998 - 9 AZR 601/96 - zu I 2 b der Gründe; 9. August 1994 - 9 AZR 346/92 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 77, 291 unter Aufgabe der vertretenen Auffassung im Urteil vom 22. Juni 1989 - 8 AZR 172/88 - AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 50 = EzA BUrlG § 7 Nr. 69). Auch bei Tarifverträgen, die vor der Verkündung der „Schultz-Hoff“-Entscheidung am 20. Januar 2009 geschlossen wurden, müssen für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, der zwischen Ansprüchen auf Abgeltung von Mindest- und Mehrurlaub unterscheidet, deutliche Anhaltspunkte bestehen (BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 47, BAGE 134, 1).

24

(2) Für die Beantwortung der Frage, ob Tarifvertragsparteien die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 7 Abs. 4 BUrlG geregelt haben, bedarf es einer eigenständigen Prüfung. Diese hat unabhängig von der Beurteilung zu erfolgen, ob die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Befristung, der Übertragung und des Verfalls des tariflichen Mehrurlaubs Sonderregelungen getroffen haben. Beinhaltet ein Tarifvertrag eigenständige Fristen für die Übertragung und den Verfall des Urlaubs, schließt dies nicht aus, dass die Tarifvertragsparteien die gesetzliche Urlaubsabgeltungsregelung für angemessen gehalten und deshalb insoweit auf eine Sonderreglung für den tariflichen Mehrurlaub verzichtet haben. Umgekehrt ist denkbar, dass Tarifvertragsparteien auch für den tariflichen Mehrurlaub am gesetzlichen Fristenregime festhalten wollten, allerdings bei der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs, zB im Falle andauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, von der Übernahme der gesetzlichen Regelung abgesehen und besondere Regelungen getroffen haben. Soweit der Senat zunächst ohne weitergehende Differenzierung geprüft hat, ob sich Tarifvertragsparteien in weiten Teilen vom gesetzlichen Urlaubsregime gelöst und eigene Regeln aufgestellt haben (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 50, BAGE 134, 1), hat er dies bereits in der Entscheidung vom 12. April 2011 ( 9 AZR 80/10 - Rn. 28 ff., EzA BUrlG § 7 Nr. 123) präzisiert und angenommen, dass ein dem Gleichlauf von Mindest- und Mehrurlaub bezüglich des Fristenregimes entgegenstehender Regelungswille der Tarifvertragsparteien nicht bereits dann vorliegt, wenn in einem Tarifvertrag - wie in § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L - von der Zwölftelungsregelung des § 5 BUrlG abgewichen wird. Vielmehr seien die einschlägigen tariflichen Bestimmungen zu den jeweiligen Regelungsgegenständen (Fristenregime, Abgeltungsanspruch) zu untersuchen. Im Hinblick auf das Bestehen eines Abgeltungsanspruchs bezüglich des tariflichen Mehrurlaubs im Falle der Arbeitsunfähigkeit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es mithin der Untersuchung der tariflichen Regelungen zur Urlaubsabgeltung.

25

b) Die Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers wäre für seinen Abgeltungsanspruch damit nur dann von Bedeutung, wenn die Tarifvertragsparteien des TV-L den Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs seiner Rechtsnatur nach als Surrogat des Urlaubsanspruchs im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor der „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 ausgestaltet und geregelt hätten, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch während der Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten nicht erfüllbar ist (vgl. BAG 7. September 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 12). Dies ist jedoch nicht der Fall. § 26 Abs. 2 Einleitungssatz TV-L ordnet ausdrücklich die Geltung des Bundesurlaubsgesetzes an, soweit der Tarifvertrag nicht andere Regelungen enthält. Die Urlaubsabgeltung ist im TV-L nicht geregelt. Damit richtet sich nicht nur die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern auch die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Vorschrift hat auch der arbeitsunfähige Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, BAGE 134, 196).

26

3. Die Zinsansprüche folgen aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Furche    

        

        

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und
2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:

1.
der zu betreuende Personenkreis,
2.
die erforderliche sächliche Ausstattung,
3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
Soweit die Erbringung von Leistungen nach § 116 Absatz 2 zu vereinbaren ist, sind darüber hinaus die für die Leistungserbringung erforderlichen Strukturen zu berücksichtigen.

(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.

(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.

(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Für den Bereich der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft und für den Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost kann von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr (§ 1) in Tarifverträgen abgewichen werden.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Für den Bereich der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft und für den Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost kann von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr (§ 1) in Tarifverträgen abgewichen werden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2015 - 3 Sa 363/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anzahl der vom Beklagten abzugeltenden Urlaubstage.

2

Die als schwerbehindert anerkannte Klägerin war bis zum 31. Juli 2014 bei dem Beklagten als Lehrerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

3

§ 26 TV-L lautet auszugsweise:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage. … Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. …

                 

…       

        

(2)     

Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:

                 

…       

        
                 

b)    

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1 zu; § 5 Bundesurlaubsgesetz bleibt unberührt.

                 

…“    

        
4

Im Kalenderjahr 2014 gewährte der Beklagte der Klägerin 23 Urlaubstage. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses galt er zwei weitere Urlaubstage mit 359,96 Euro brutto ab.

5

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Abgeltung weiterer zehn Urlaubstage in Höhe von 1.799,80 Euro brutto geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe im Kalenderjahr 2014 den vollen tariflichen Urlaubsanspruch zuzüglich eines Schwerbehindertenzusatzurlaubs von fünf Tagen erworben. Eine anteilige Kürzung des Tarifurlaubs gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L sei unzulässig. Die Regelung in § 26 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 2 TV-L, dass § 5 BUrlG unberührt bleibe, ordne an, dass eine Zwölftelung des Urlaubsanspruchs unterbleiben müsse, wenn das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte ende. Eine abweichende Auslegung der Tarifnorm sei mit § 13 Abs. 1 BUrlG nicht vereinbar.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.799,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. August 2014 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der tarifliche Urlaubsanspruch sei gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L auch bei einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte zu quoteln. Der Hinweis auf § 5 BUrlG solle gewährleisten, dass die tarifliche Zwölftelung nicht zu einem Unterschreiten des gesetzlichen Mindesturlaubs führe. Danach habe die Klägerin für das Jahr 2014 einen Gesamturlaubsanspruch von 25 Tagen gehabt. Neben dem Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen von fünf Tagen habe der Klägerin der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Tagen zugestanden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

10

I. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung für weitere zehn Urlaubstage zu. Der Beklagte hat den gesetzlichen und tariflichen Urlaubsanspruch sowie den Schwerbehindertenzusatzurlaub der Klägerin in vollem Umfang durch die Gewährung von 23 Urlaubstagen und die Abgeltung von zwei weiteren Urlaubstagen erfüllt.

11

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehende Urlaubsanspruch abzugelten, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Abzugelten ist aber nur ein Urlaubsanspruch, der noch nicht erfüllt ist (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 763/08 - Rn. 12). Zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin mit dem 31. Juli 2014 bestand noch ein Anspruch auf zwei abzugeltende Urlaubstage.

12

2. Für das Kalenderjahr 2014 stand der Klägerin ein Gesamturlaubsanspruch von 25 Tagen zu. Dieser setzte sich zusammen aus 20 Tagen gesetzlichen und tariflichen Urlaubs und fünf Tagen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.

13

a) Gemäß § 26 Abs. 1 TV-L haben Beschäftigte im Rahmen einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Tage Erholungsurlaub. Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht den Beschäftigten gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 1 TV-L als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 TV-L zu. § 26 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 2 TV-L ordnet an, dass § 5 BUrlG unberührt bleibt.

14

b) Die Zwölftelung des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L findet auch bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres statt. Der Hinweis in § 26 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 2 TV-L, dass § 5 BUrlG unberührt bleibt, gewährleistet, dass die Zwölftelung nicht zu einer nach § 13 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 1 BUrlG unzulässigen Unterschreitung des gesetzlichen Mindesturlaubs führt. Dies ergibt die Auslegung des § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L.

15

aa) Bereits der Tarifwortlaut, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 14; 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 15), spricht für diese Rechtsauffassung. Unter Bezugnahme auf den in § 26 Abs. 1 TV-L geregelten Urlaubsanspruch bestimmt § 26 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 1 TV-L unabhängig vom Zeitpunkt des Ein- oder Austritts, dass sich der Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses auf ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs beläuft. Aus dem Hinweis auf § 5 BUrlG kann nicht auf eine ausschließliche Anwendung des Zwölftelungsprinzips (auch bezüglich des tariflichen Mehrurlaubs) auf die Fälle des Teilurlaubs iSv. § 5 Abs. 1 Buchst. a bis c BUrlG geschlossen werden. Einer derartigen Betrachtung steht der Einleitungssatz des § 26 Abs. 2 TV-L entgegen. Die Tarifvertragsparteien haben darin vereinbart, dass „im Übrigen“ - soweit also § 26 Abs. 1 TV-L keine Sonderregelungen enthält - grundsätzlich die Bestimmungen des BUrlG Anwendung finden sollen. In den Buchst. a bis d des § 26 Abs. 2 TV-L werden sodann „Maßgaben“ (abweichende Regeln) bei der Anwendung des BUrlG vereinbart(Effertz Taschenbuch öffentlicher Dienst TV-L Stand Mai 2016 § 26 S. 4). Nach dem klaren Wortlaut des Einleitungssatzes in § 26 Abs. 2 TV-L sollen also nicht die Regelungen des BUrlG uneingeschränkt zur Geltung kommen, sondern lediglich nach Maßgabe der folgenden, vom BUrlG abweichenden Regelungen. Hierzu zählt auch die tarifliche Zwölftelungsregelung des § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L. Hätten die Tarifvertragsparteien in § 26 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 2 TV-L auch für den tariflichen Mehrurlaub die Teilurlaubsregelung des § 5 Abs. 1 BUrlG übernehmen wollen, wäre § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L insgesamt überflüssig. Diese Rechtsfolge würde sich dann bereits unmittelbar aus dem Einleitungssatz in § 26 Abs. 2 TV-L ergeben.

16

bb) Mit der Anordnung, dass § 5 BUrlG unberührt bleibt, haben die Tarifvertragsparteien für die durch die tarifliche Zwölftelungsregelung bewirkte Abweichung von der Teilurlaubsregelung des § 5 Abs. 1 BUrlG klargestellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub - insbesondere bei einem Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte - durch die Tarifregelung nicht unterschritten werden darf(vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juli 2016 § 26 Rn. 131). Aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG hat die Rechtsprechung den Umkehrschluss hergeleitet, dass eine Zwölftelung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 BUrlG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte nach erfüllter Wartezeit unzulässig sei(BAG 18. Februar 2014 - 9 AZR 765/12 - Rn. 13; 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 21). Dementsprechend wäre es den Tarifvertragsparteien des TV-L gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verwehrt, den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem BUrlG bei einem Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte zu kürzen. Die Tatbestandsergänzung in § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L, wonach § 5 BUrlG unberührt bleibt, sofern das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres beginnt oder endet, berücksichtigt dies und garantiert den Beschäftigten den gesetzlichen Mindesturlaub.

17

cc) Bei dieser Interpretation des § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L steht dem (ggf. anteiligen) Erlöschen des tariflichen Mehrurlaubs bei einem unterjährigen Ausscheiden weder § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch Unionsrecht entgegen. Diesen Mehrurlaub können die Tarifvertragsparteien grundsätzlich frei regeln. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht(vgl. BAG 18. Februar 2014 - 9 AZR 765/12 - Rn. 16; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 19 mwN, BAGE 134, 1).

18

c) Nach diesen Grundsätzen beträgt sowohl der tarifliche als auch der gesetzliche Urlaubsanspruch für das Jahr 2014 20 Tage (30 Tage Tarifurlaub : 12 Monate x 7 Monate = 17,5 Tage, aufgerundet gemäß § 26 Abs. 1 Satz 5 TV-L = 18 Tage, die auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen aufzustocken sind). Hinzu kommt der der Klägerin für das Jahr 2014 unstreitig gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zustehende Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen von fünf Arbeitstagen.

19

3. Im Umfang von 23 Urlaubstagen ist dieser Urlaubsanspruch durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB im bestehenden Arbeitsverhältnis untergegangen. Die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehenden weiteren zwei Urlaubstage hat der Beklagte mit - der Höhe nach unstreitigen - 359,96 Euro brutto abgegolten.

20

II. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    M. Lücke    

        

    Ropertz    

                 

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

a)
für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b)
wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c)
wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Für den Bereich der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft und für den Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost kann von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr (§ 1) in Tarifverträgen abgewichen werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Juni 2012 - 5 Sa 7/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. Dezember 2011 - 19 Ca 300/11 - abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. September 2011 - 19 Ca 300/11 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die durch ihre Säumnis am 29. September 2011 veranlassten Kosten zu tragen, die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Revisionsbeklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Revisionsbeklagte begehrt als (Allein-)Erbin der am 7. Dezember 2012 verstorbenen T (Erblasserin) von der Beklagten die Abgeltung von 6 Urlaubstagen.

2

Die als schwerbehindert anerkannte Erblasserin war vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Juli 2011 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Ärztin in Vollzeit an fünf Tagen in der Woche beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme ua. nach dem Manteltarifvertrag für die Beschäftigten (Arbeitnehmer/innen und Auszubildende) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) vom 15. Oktober 1991 idF des 14. Änderungstarifvertrags vom 16. März 2010 (MDK-T).

3

Der MDK-T lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 28 

        

Urlaubsdauer

        

(1)     

Die Urlaubsdauer beträgt 30 Arbeitstage.

        

…       

        
        

§ 29   

        

Urlaubsanspruch

        

(1)     

Der Urlaubsanspruch kann erstmalig 6 Monate, bei Auszubildenden 3 Monate, nach dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses geltend gemacht werden, es sei denn, dass die Beschäftigten vorher ausscheiden.

        

(2)     

Beginnt oder endet das Beschäftigungsverhältnis im Laufe des Urlaubsjahres, so beträgt der Urlaubsanspruch 1/12 des vollen Jahresurlaubs für jeden vollen Kalendermonat der Beschäftigung. Das gilt entsprechend, wenn das Beschäftigungsverhältnis ruht. Bruchteile von Urlaubstagen werden auf volle Tage, jedoch nur einmal im Urlaubsjahr, aufgerundet.

        

…       

        
        

§ 31   

        

Urlaubsabgeltung

        

Der Urlaubsanspruch kann nur abgegolten werden, wenn den Beschäftigten der noch zustehende Urlaub nicht mehr vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden kann. Es wird für jeden Urlaubstag 1/22 der letzten monatlichen Vergütung gezahlt.“

4

Die Beklagte gewährte der Erblasserin im Jahr 2011 insgesamt 25 Tage Urlaub. Eine weiter gehende Urlaubsgewährung lehnte sie ab.

5

Die Erblasserin hat gemeint, ihr hätten im Jahr 2011 insgesamt 31 Urlaubstage zugestanden, nämlich 20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub, 5 Tage Zusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 SGB IX und (aufgerundet) weitere 6 Tage gemäß § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 2 MDK-T (10 Tage tariflicher Mehrurlaub / 12 Monate x 7 Monate = 5,83 Tage). Die Zwölftelungsregelung des § 29 Abs. 2 Satz 1 MDK-T sei ausschließlich auf den tariflichen Mehrurlaub anzuwenden. Die Beklagte habe daher noch 6 Urlaubstage abzugelten.

6

Die Erblasserin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.633,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. August 2011 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Zwölftelungsregelung sei nicht lediglich auf den zusätzlichen tariflichen Mehrurlaub von 10 Tagen im Jahr zu beschränken. Die Tarifvertragsparteien hätten gerade nicht ausschließlich eine Regelung über einen zusätzlichen Urlaub getroffen, sondern einen einheitlichen tariflichen (Urlaubs-)Anspruch geregelt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 29. September 2011 stattgegeben. Nach form- und fristgerechtem Einspruch der Beklagten hat es mit Urteil vom 22. Dezember 2011 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Revisionsbeklagte hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Abgeltung weiteren Urlaubs für das Jahr 2011 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 1922 Abs. 1 BGB.

11

I. Die Erblasserin erwarb zu Beginn des Jahres 2011 einen Anspruch auf 30 Urlaubstage gemäß § 28 Abs. 1 MDK-T sowie auf 5 Tage gesetzlichen Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 125 SGB IX.

12

II. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Erblasserin und der Beklagten zum 31. Juli 2011 verringerte sich der Urlaubsanspruch für das Jahr 2011 gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 MDK-T auf insgesamt 25 Tage, bestehend aus 20 Tagen gesetzlicher Mindesturlaub und 5 Tagen Zusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Dieser Urlaubsanspruch war durch Gewährung im Jahr 2011 gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

13

1. Arbeitnehmern, die wie die Erblasserin im Laufe eines Kalenderjahres ausscheiden, steht nach § 29 Abs. 2 Satz 1 MDK-T nur 1/12 des Jahresurlaubs iHv. 30 Tagen je vollen Monat der Beschäftigung zu. Dies wären für die am 31. Juli 2011 ausgeschiedene Erblasserin rechnerisch 17,5 Tage und nach Aufrundung gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 MDK-T 18 Tage. Allerdings waren der gesetzliche Mindesturlaub iHv. 20 Tagen (§§ 1, 3 BUrlG) und der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte (§ 125 SGB IX) zugunsten der Erblasserin bereits zu Beginn des Jahres 2011 entstanden. Aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG hat die Rechtsprechung den Umkehrschluss hergeleitet, dass eine Zwölftelung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 BUrlG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte nach erfüllter Wartezeit unzulässig sei(BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 21). Dementsprechend wäre es den Tarifvertragsparteien des MDK-T gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verwehrt, den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem BUrlG nach erfüllter Wartezeit zu kürzen.

14

a) Entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten führt diese Rechtsprechung nicht dazu, dass bei der Berechnung des Urlaubs nach § 29 Abs. 2 MDK-T der gesetzliche Mindesturlaub nicht gekürzt wird und die tarifliche Kürzungsregelung nur den tariflichen Mehrurlaub betrifft. Dies würde vorliegend bedeuten, dass zu den ungekürzten 20 Tagen gesetzlicher Mindesturlaub gekürzte 6 Tage tariflicher Mehrurlaub hinzutreten würden (10 Tage x 7/12 = 5,8 Tage = aufgerundet 6 Tage).

15

b) Diese Auffassung verkennt, dass der gesetzliche Mindesturlaub und der tarifliche Mehrurlaub zusammen zu betrachten sind. Der tarifliche Urlaubsanspruch, wonach der Erholungsurlaub in jedem Kalenderjahr für alle Arbeitnehmer 30 Arbeitstage beträgt, ist gegenüber dem gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub kein eigenständiger Anspruch, soweit sich beide Ansprüche decken (BAG 7. August 2012 - 9 AZR 760/10 - Rn. 14, BAGE 143, 1). Der Senat hat insofern in ständiger Rechtsprechung die Auslegungsregel aufgestellt, für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen tariflichen Ansprüchen unterscheide, müssten deutliche Anhaltspunkte bestehen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 137, 328). Solche Anhaltspunkte sind im MDK-T nicht ersichtlich. Sämtliche Urlaubsregelungen differenzieren nicht zwischen gesetzlichem Urlaub und tariflichem Mehrurlaub. Insbesondere die §§ 28, 29 MDK-T enthalten keine Differenzierung, sondern gewähren einen einheitlichen Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen. Deshalb ist die Kürzung zunächst auf den Gesamturlaub anzuwenden.

16

c) Soweit dadurch der tarifliche Mehrurlaub von der Kürzung betroffen ist, steht dem Erlöschen des Mehrurlaubs bei einem unterjährigen Ausscheiden durch § 29 Abs. 2 Satz 1 MDK-T weder § 13 Abs. 1 BUrlG noch Unionsrecht entgegen. Diesen Mehrurlaub können die Tarifvertragsparteien grundsätzlich frei regeln. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht(vgl. BAG 12. März 2013 - 9 AZR 292/11 - Rn. 15; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 19 mwN, BAGE 134, 1).

17

d) Soweit § 29 Abs. 2 Satz 1 MDK-T wegen Verstoßes gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BUrlG iVm. § 134 BGB und wegen Eingriffs in den gesetzlich und unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub unwirksam sein kann, wäre die Regelung gemäß § 139 BGB insoweit aufrechtzuerhalten(vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 27, BAGE 137, 328), als sie bei einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte den gesetzlichen Mindesturlaub nicht kürzen würde. Die Tarifvertragsparteien wollten erkennbar bei einem unterjährigen Ausscheiden eine Kürzung des gesamten 30-tägigen Urlaubsanspruchs herbeiführen. Dies bedeutet, dass sich für die Erblasserin der Urlaubsanspruch für das Jahr 2011 nicht auf 18 Tage, sondern auf 20 Tage Urlaub reduziert hat.

18

2. Der der Erblasserin für das Jahr 2011 zustehende gesetzliche Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bleibt von der Kürzungsregelung des § 29 Abs. 2 MDK-T unberührt. Die Tarifvertragsparteien haben keine Regelung zum Zusatzurlaub für Schwerbehinderte getroffen.

19

B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 344 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    U. Leitner    

        

    Spiekermann    

                 

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. September 2010 - 4 Sa 483/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch aus der Sicherungsordnung des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

2

Der Beklagte beschäftigte die 1953 geborene Klägerin seit Mai 1991 als Rettungssanitäterin zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 2.131,00 Euro. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 18. Dezember 1991 galten für das Dienstverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Die zu den AVR erlassene, am 1. Juli 1990 in Kraft getretene Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen (SicherungsO) lautet auszugsweise:

        

„Vorbemerkung

        

Bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und anderen Einschränkungen - insbesondere der Aufgabe von Tätigkeitsfeldern - sind die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten möglichst zu vermeiden. Dabei sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Dienstgeberinnen und Dienstgeber zu beachten. Diesen Zielen dienen die nachstehenden Vorschriften.

        

§ 1 Geltungsbereich

        

(1)     

Diese Ordnung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter den Anwendungsbereich der AVR (§ 1a) fallen.

        

…       

        
        

§ 2 Begriffsbestimmungen

        

(1)     

Maßnahmen im Sinne dieser Ordnung sind:

                 

a)    

von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber veranlaßte erhebliche Änderungen von Arbeitstechniken oder wesentliche Änderungen der Arbeitsorganisation mit dem Ziel einer rationelleren Arbeitsweise oder

                 

b)    

Einschränkung oder Aufgabe von Tätigkeitsfeldern,

                 

wenn dies zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Dienstverhältnisses führt.

        

(2)     

Als Maßnahme kommen insbesondere in Betracht:

                 

a)    

Stilllegung oder Auflösung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

b)    

Verlegung oder Ausgliederung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

c)    

Zusammenlegung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

d)    

Verlagerung von Aufgaben zwischen Einrichtungen,

                 

e)    

Einführung anderer Arbeitsmethoden und Verfahren, auch soweit sie durch Nutzung technischer Veränderungen bedingt sind.

        

(3)     

Maßnahmen, deren Ziel der Abbau von Arbeitsbelastungen ist (durch die z. B. die Lage der Arbeitszeit geändert oder die Dienstplangestaltung oder äußere Umstände der Arbeit verbessert werden), sind keine Maßnahmen im Sinne des Abs. 1. Für das Vorliegen von Maßnahmen ist es jedoch unerheblich, wenn dadurch auch zugleich Arbeitsbelastungen abgebaut werden.

        

Anmerkungen zu Abs. 1:

        

1.    

Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere solche, die unmittelbar durch

                 

-       

voraussichtlich nicht nur kurzfristigen Rückgang der Inanspruchnahme,

                 

-       

eine von Dritten (insbesondere durch gesetzgeberische Maßnahmen) verursachte Aufgabeneinschränkung,

                 

-       

Wegfall zweckgebundener Drittmittel

                 

veranlaßt sind.

                 

Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind daher z. B.

                 

-       

Rationalisierungsmaßnahmen im Verwaltungsbereich durch den Einsatz neuer Technik,

                 

-       

Schließung einer Schule oder Teilen davon wegen Rückgangs der Schülerzahlen,

                 

-       

Gruppenschließung in einem Kindergarten wegen Rückgangs der Kinderzahlen,

                 

-       

Schließung von Beratungseinrichtungen wegen des Wegfalls von Mitteln,

                 

-       

Schließung einer Verlagseinrichtung wegen nicht nur kurzfristigen Nachfragerückgangs,

                 

-       

Schließung einer Einrichtung aufgrund (kirchen-)gesetzgeberischer Maßnahme.

        

…       

                 
        

§ 4 Arbeitsplatzsicherung

        

(1)     

Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber ist gegenüber der bzw. dem von einer Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 betroffenen Mitarbeiterin bzw. betroffenen Mitarbeiter nach den Abs. 2 bis 4 zur Arbeitsplatzsicherung verpflichtet.

                 

Die Sicherung setzt erforderlichenfalls eine Fortbildung oder Umschulung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters voraus (§ 5).

        

(2)     

Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber ist verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter einen mindestens gleichwertigen Arbeitsplatz zu sichern. Ein Arbeitsplatz ist gleichwertig, wenn sich durch die neue Tätigkeit die bisherige Eingruppierung nicht ändert und die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter in der neuen Tätigkeit vollbeschäftigt bzw. im bisherigen Umfang nicht vollbeschäftigt bleibt. Bei der Sicherung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes bei derselben Dienstgeberin bzw. demselben Dienstgeber gilt folgende Reihenfolge:

                 

a)    

Arbeitsplatz in derselben Einrichtung an demselben Ort,

                 

b)    

Arbeitsplatz in einer Einrichtung mit demselben Aufgabengebiet (z. B. Jugendhilfe) an einem anderen Ort oder in einer Einrichtung mit einem anderen Aufgabengebiet (z. B. anstatt bisher Jugendhilfe, nunmehr Behindertenhilfe) an demselben Ort,

                 

c)    

Arbeitsplatz in einer Einrichtung mit einem anderen Aufgabengebiet an einem anderen Ort.

                 

…       

        
                 

Steht ein gleichwertiger Arbeitsplatz nach Maßgabe des Unterabs. 1 nicht zur Verfügung, soll die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter entsprechend fortgebildet oder umgeschult werden, wenn ihr bzw. ihm dadurch ein gleichwertiger Arbeitsplatz bei derselben Dienstgeberin bzw. demselben Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden kann.

        

(3)     

Kann der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter kein gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne des Abs. 2 zur Verfügung gestellt werden, ist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter einen anderen Arbeitsplatz anzubieten.

                 

...     

        

§ 5 Fortbildung, Umschulung

        

(1)     

Ist nach § 4 eine Fortbildung oder Umschulung erforderlich, hat sie die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber rechtzeitig zu veranlassen oder selbst durchzuführen. …

        

§ 7 Vergütungssicherung

        

(1)     

Ergibt sich in den Fällen des § 4 Abs. 3 eine Minderung der Vergütung, ist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter die Vergütung auf der Grundlage des Sicherungsbetrages zu wahren. …

        

§ 8 Abfindung

        

(1)     

Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter, die bzw. der auf Veranlassung der Dienstgeberin bzw. des Dienstgebers im gegenseitigen Einvernehmen oder aufgrund einer Kündigung durch die Dienstgeberin bzw. den Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, erhält nach Maßgabe folgender Tabelle eine Abfindung:

                 

Beschäftigungszeit

nach vollendetem

        
                 

(§ 11a AVR)

… 55. 

        
                          

Lebensjahr

        
                          

Monatsbezüge

        
                 

…       

...     

        
                 

15 Jahre

… 13   

        
                 

Monatsbezug ist der Betrag, der der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter als Summe aus der Vergütung gemäß § 14 Abs. 1 AVR und der allgemeinen Zulage im letzten Kalendermonat vor dem Ausscheiden zugestanden hat oder zugestanden hätte.

        

(2)     

Der Anspruch auf Abfindung entsteht am Tag nach der Beendigung des Dienstverhältnisses. …

        

(3)     

Die Abfindung steht nicht zu, wenn

                 

a)    

die Kündigung aus einem von der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter zu vertretenden Grund (z. B. Ablehnung eines angebotenen Arbeitsplatzes entgegen § 4 Abs. 5, Ablehnung der Fortbildung bzw. Umschulung entgegen § 5) erfolgt ist oder

                 

...“   

        
4

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 aus krankheitsbedingten Gründen ordentlich zum 30. Juni 2009. Die Klägerin ging nicht gegen die Kündigung vor.

5

Die Klägerin verlangt mit der Klage eine Abfindung aus der SicherungsO iHv. 27.703,00 Euro brutto. Sie hat die Auffassung vertreten, auch eine krankheitsbedingte Kündigung erfülle die Voraussetzungen der SicherungsO. Das Regelwerk sei einer sog. AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB zu unterziehen. Auch die ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigung löse einen Abfindungsanspruch aus, weil ein betriebsbedingter Kündigungsgrund in §§ 8 und 9 SicherungsO nicht ausdrücklich genannt werde. Jedenfalls werde sie gegenüber betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmern unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB, wenn sie nicht in den Abfindungsanspruch aus der SicherungsO einbezogen werde. Die Ursache ihrer Erkrankung liege zudem nicht in ihrer Sphäre, sondern beruhe auf ihrer Tätigkeit als Rettungssanitäterin.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 27.703,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. Januar 2009 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, schon die Überschrift der SicherungsO bestimme deren Anwendungsbereich abschließend. § 8 SicherungsO erfasse nur betriebsbedingte Kündigungen. Die Ursache der Kündigung müsse stets im Bereich des Arbeitgebers liegen. Das sei auch sachgerecht, weil der Arbeitgeber nur Abfindungen für Kündigungsgründe leisten wolle, die aus seiner Sphäre stammten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

10

A. Die Revision ist zulässig. Sie setzt sich hinreichend mit den Gründen des Berufungsurteils auseinander.

11

I. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört die Angabe der Revisionsgründe zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Das erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionskläger das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel und die Rechtslage überprüft und durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (vgl. BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 13 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18). Ist die Berufungsentscheidung über einen Streitgegenstand auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung alle Erwägungen angreifen. Sie muss geeignet sein, die Entscheidung infrage zu stellen. Setzt sich die Revisionsbegründung nur mit einer der Begründungen auseinander, ist die Revision hinsichtlich dieses Streitgegenstands unzulässig (vgl. BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 19 mwN, NZA 2010, 1446).

12

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung entgegen der Ansicht des Beklagten gerecht.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin aufgrund der ausgesprochenen krankheitsbedingten Kündigung nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der SicherungsO unterfalle. Nur betriebsbedingte Kündigungen lösten den Abfindungsanspruch aus. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, eine Abfindung sei nach § 8 Abs. 3 Buchst. a SicherungsO ausgeschlossen, weil die negative Gesundheitsprognose nicht erwarten lasse, dass die Klägerin ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit in Zukunft noch werde ausüben können.

14

2. Die Klägerin setzt sich hinreichend mit diesen Erwägungen auseinander.

15

a) Die Revision rügt hinsichtlich der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Ausnahme krankheitsbedingter Kündigungen vom Geltungsbereich des Abfindungsanspruchs, das Berufungsgericht habe die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB und die Inhaltskontrollnorm des § 307 Abs. 1 BGB verletzt. Damit wiederholt die Klägerin zwar in zusammengefasster Form die bereits in den Vorinstanzen geäußerten Rechtsauffassungen. Sie ordnet ihre Argumente aber den konkreten Begründungslinien des Landesarbeitsgerichts zu. Mit Blick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, war eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils nicht erforderlich (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - Rn. 10 mwN, BAGE 129, 170).

16

b) Die Revision wendet sich auch hinreichend gegen die Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe die Kündigung aus einem von der Klägerin zu vertretenden Grund erklärt. Die Klägerin beanstandet mit einer Sachrüge, das Landesarbeitsgericht habe die tatsächlichen Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht ausreichend beachtet, weil sie den krankheitsbedingten Grund für die Kündigung nicht zu vertreten habe. Mit einem Verfahrensangriff macht die Revision geltend, das Landesarbeitsgericht habe nicht aufgeklärt, dass Ursache der Erkrankung die langjährige Tätigkeit der Klägerin als Rettungssanitäterin gewesen sei.

17

B. Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Abfindungsanspruch. Die Voraussetzungen der SicherungsO sind im Fall einer aus Krankheitsgründen erklärten Kündigung nicht erfüllt.

18

I. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung unterfällt nicht dem sachlichen Geltungsbereich der SicherungsO. Die Auslegung von § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO und den mit dieser Bestimmung in Zusammenhang stehenden Regelungen der SicherungsO ergibt, dass eine Abfindung nur bei Rationalisierungsmaßnahmen oder bei der Einschränkung von Tätigkeitsfeldern verlangt werden kann, nicht aber im Fall einer Kündigung, die auf Gründe in der Person des Arbeitnehmers gestützt wird.

19

1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO erhält der Mitarbeiter, der aufgrund einer Kündigung durch den Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, nach Maßgabe einer vorgegebenen Formel eine Abfindung. § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO regelt damit selbst nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen des Abfindungsanspruchs. Die weiteren Voraussetzungen sind in den vorangehenden Vorschriften enthalten. In § 8 SicherungsO ist vor allem nicht geregelt, bei welchen Kündigungsgründen ein Abfindungsanspruch besteht. Aus der Bezeichnung des gesamten Regelwerks und seiner Vorbemerkung ergibt sich jedoch, dass nur sog. betriebsbedingte Gründe den Abfindungsanspruch auslösen. So ist die SicherungsO mit „Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen“ überschrieben. Im ersten Satz der Vorbemerkung ist festgehalten, dass „bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und anderen Einschränkungen - insbesondere der Aufgabe von Tätigkeitsfeldern -“ „die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten möglichst zu vermeiden“ sind. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der SicherungsO um ein in sich geschlossenes Regelwerk.

20

2. An Satz 1 der Vorbemerkung der SicherungsO wird deren Sinn und Zweck deutlich. Danach sind die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten zu vermeiden, soweit der Dienstgeber Rationalisierungsmaßnahmen oder Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen vornimmt. Das entspricht den Maßnahmenbegriffen in § 2 Abs. 1 Buchst. a und Buchst. b SicherungsO, die in den nicht abschließenden Beispielen des § 2 Abs. 2 SicherungsO weiter ausdifferenziert werden. Die SicherungsO dient dazu, solche Maßnahmen aus der Arbeitgebersphäre sozialverträglich abzufedern ( vgl. BAG 22. Oktober 2009 - 6 AZR 595/08 - Rn. 15, AP TV SozSich § 4 Nr. 3 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 16; 23. September 2004 - 6 AZR 430/03  - zu 2 der Gründe, AP AVR Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4). Die Abfindung aus der SicherungsO hat dieselbe Funktion wie eine Abfindung aus einem Sozialplan nach §§ 112 ff. BetrVG (vgl. BAG 23. September 2004 - 6 AZR 430/03 - zu 5 der Gründe, aaO).

21

3. Diese Auslegung entspricht dem gesamten Regelungszusammenhang der SicherungsO. Ihre Bestimmungen bauen inhaltlich aufeinander auf. Sie bringen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei sog. betriebsbedingten Kündigungen, deren Gründe aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen, zum Ausdruck. Erst dann, wenn eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen unvermeidbar wird, weil der Arbeitnehmer nicht auf einem gleichwertigen oder zumutbaren Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, sind Abfindungsleistungen vorgesehen (vgl. Scheffer/Mayer AVR-Kommentar 5. Aufl. Stand Juni 2008 SicherungsO Erl. 1). In § 4 SicherungsO ist geregelt, dass der Arbeitgeber verschiedene Maßnahmen mit dem Ziel des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zu ergreifen hat. Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob ein gleichwertiger Arbeitsplatz in derselben Einrichtung am selben Ort angeboten werden kann (§ 4 Abs. 2 SicherungsO), ggf. nach Umschulung oder Fortbildung (§ 4 Abs. 2 Unterabs. 3, § 5 SicherungsO). Soweit diese Prüfungen erfolglos verlaufen, ist der Arbeitgeber im zweiten Schritt verpflichtet zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, der nicht gleichwertig ist (§ 4 Abs. 3 SicherungsO). Für diesen Fall sieht § 7 SicherungsO eine Vergütungssicherung vor. Erst dann, wenn die Bemühungen des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz zu sichern, erfolglos geblieben sind, steht dem aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer eine Abfindung zu, die in § 8 SicherungsO geregelt ist(vgl. Scheffer/Mayer aaO SicherungsO Erl. 2 bis 9). Alle Regelungen der SicherungsO zeigen, dass der Arbeitsplatzverlust nur bei Kündigungen aufgrund betrieblicher Gründe durch eine Abfindung abgesichert werden soll.

22

II. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, § 8 SicherungsO sei intransparent oder benachteilige sie unangemessen. Die Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB beschränkt sich bei arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Richtlinien zu Arbeitsverträgen (AVR) wie bei Tarifverträgen auf eine Rechtskontrolle. Daher ist § 307 BGB nicht anzuwenden.

23

1. Bei den AVR und der hierzu erlassenen SicherungsO handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei den Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommission festgelegt werden (vgl. BAG 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 23, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; 23. September 2004 - 6 AZR 430/03 - zu 1 der Gründe, AP AVR Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4). Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entfalten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein (vgl. nur BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18).

24

2. Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beschränkt sich bei kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen auf eine Rechtskontrolle, wenn die AVR - wie hier - auf dem Dritten Weg nach den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 32, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 62, BB 2011, 186). Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Dabei handelt es sich um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die durch eine bloße Rechtskontrolle angemessen zu berücksichtigen ist. Maßstab der Rechtskontrolle ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31, aaO; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 61, aaO, jeweils mwN).

25

3. Die Abfindungsregelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

26

a) § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO verletzt das Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht.

27

aa) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit verlangt grundsätzlich, dass der Normgeber die von ihm erlassenen Regelungen so bestimmt fasst, dass die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. zu dem für gesetzliche Grundrechtsbeschränkungen entwickelten Klarheits- und Bestimmtheitsgebot die st. Rspr., zB BVerfG 24. Januar 2012 - 1 BvR 1299/05 - Rn. 123, 168 f., WM 2012, 562; 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - Rn. 25, DVBl. 2012, 230; 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 2 BvR 1857/10 - Rn. 143, 165, NJW 2012, 907; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - Rn. 27, 38 f., DSB 2012 Nr. 3, 66). Das gilt grundsätzlich auch für tarifvertragliche Regelungen. Tarifvertragliche Rechtsnormen sind Bestandteil der staatlichen Rechtsordnung ( vgl. BAG 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - zu 5 bis 7 der Gründe mwN, BAGE 51, 59; vgl. auch 4. Dezember 1997 - 2 AZR 809/96 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 87, 210; Wiedemann/Thüsing 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 230 mwN). Die Tarifvertragsparteien haben bei der technischen Umsetzung der von ihnen verfolgten Zwecke regelmäßig einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie können insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden. Gerichte dürfen tarifliche Regelungen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wegen mangelnder Bestimmtheit und des darauf beruhenden Verstoßes gegen rechtsstaatliche Grundsätze für unwirksam erachten. Der Normgeber muss die von ihm erlassenen Regelungen jedoch so bestimmt fassen, dass die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 36 mwN, NZA-RR 2012, 186). Die für Tarifverträge entwickelten Grundsätze gelten wegen der paritätischen Besetzung und der Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission auch für die Rechtskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem sog. Dritten Weg erarbeitet wurden.

28

bb) § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO verstößt nicht gegen das Gebot der Normenklarheit. Die Bestimmung regelt in verständlicher und unzweideutiger Weise die Höhe der Abfindungssumme durch Angabe einer Berechnungsformel als Rechtsfolge einer Kündigung aufgrund der in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SicherungsO beschriebenen Maßnahmen. Schon an der Bezeichnung der SicherungsO als „Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen“ wird deutlich, dass eine Abfindung nur als Folge einer Kündigung aus betrieblichen, der Sphäre des Arbeitgebers entstammenden Gründen geschuldet ist. An Satz 1 der Vorbemerkung der SicherungsO zeigt sich derselbe Regelungsgehalt. Dort ist ausgeführt, dass die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten zu vermeiden sind, soweit der Dienstgeber Rationalisierungsmaßnahmen oder Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen vornimmt. Das klare Auslegungsergebnis der aus der Sphäre des Arbeitgebers stammenden Kündigungsgründe wird durch die verschiedenen Sicherungsschritte, die einem durch Abfindung abgemilderten Arbeitsplatzverlust nach §§ 4, 5 und 7 SicherungsO vorangehen, gestützt.

29

b) Der Senat kann offenlassen, ob sich die SicherungsO am AGG messen lassen muss. Soweit ihr Anwendungsbereich Kündigungen aus Krankheitsgründen nicht erfasst, liegt darin keine Benachteiligung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Die Klägerin hat sich selbst nicht darauf berufen, behindert iSv. § 1 AGG zu sein. Krankheit als solche ist kein Grund, der eine Benachteiligung aufgrund der sog. Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 und ihrer nationalen Umsetzung im AGG verbietet (vgl. für die Richtlinie EuGH 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 42 bis 47, Slg. 2006, I-6467; für das AGG BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 29, AP AGG § 15 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 4).

30

c) Die Arbeitsrechtliche Kommission hat die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten, indem sie den Abfindungsanspruch aus der SicherungsO auf Kündigungsgründe aus der Arbeitgebersphäre beschränkt hat.

31

aa) Der Arbeitsrechtlichen Kommission kommt - wie Tarifvertragsparteien - eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 684/09 - Rn. 32, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 40; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 67, BB 2011, 186). Es ist nicht Sache der Gerichte zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde (vgl. BAG 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 25, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7).

32

bb) Die Arbeitsrechtliche Kommission hat ihre Einschätzungsprärogative hier nicht überschritten. Die SicherungsO, die ausschließlich Kündigungen aus Gründen der Rationalisierung oder der Einschränkung von Tätigkeitsbereichen erfasst, hält sich innerhalb dieses Gestaltungsspielraums. Die Folgen von Kündigungen, die aus unterschiedlichen Gründen erklärt werden, können auch aus Sicht des Gesetzgebers verschieden behandelt werden. Die SicherungsO lehnt sich an die Sozialplanregelungen in §§ 112 ff. BetrVG an. Auch Sozialpläne sollen nur wirtschaftliche Nachteile ausgleichen oder mildern, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

33

III. Auf die erhobene Verfahrensrüge kommt es nicht an. Mit ihr beanstandet die Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe die Ursache für ihr krankheitsbedingtes Ausscheiden zu Unrecht nicht aufgeklärt. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn die Tätigkeit als Rettungssanitäterin ursächlich für die Erkrankung der Klägerin gewesen sein sollte, handelte es sich nicht um eine aus der betrieblichen Sphäre des Beklagten stammende Maßnahme iSv. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SicherungsO.

34

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Fischermeier    

                 

(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Für den Bereich der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft und für den Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost kann von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr (§ 1) in Tarifverträgen abgewichen werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2013 - 6 Sa 1894/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von dem Beklagten zuletzt, 29 Urlaubstage aus dem Jahr 2010 abzugelten.

2

Der Beklagte beschäftigte den Kläger, der im Laufe des Jahres 2010 zuvor in einem anderen Arbeitsverhältnis stand, vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 in seinem Lebensmittelgeschäft als Aushilfe in Teilzeit. Unter dem 31. Mai 2010 vereinbarten die Parteien, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2010 als Vollzeitarbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Wochenstunden fortzuführen. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers, der seine Arbeitsleistung fortan in einer Sechstagewoche erbrachte, betrug 1.930,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Mai 2010 (im Folgenden: ArbV) sieht ua. vor:

        

§ 10 

        

Urlaub

        

Der Urlaubsanspruch beträgt 30 Werktage im Kalenderjahr. Bei Eintritt oder Ausscheiden während eines Kalenderjahres wird der Urlaub anteilig gewährt.

        

…       

        

§ 21   

        

Verwirkung von Ansprüchen

        

Gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Ausschlussfrist von mindestens drei Monaten seit Fälligkeit des Anspruches schriftlich geltend zu machen.

        

…“    

4

Der Beklagte gewährte dem Kläger am 28. September 2010 einen Tag Erholungsurlaub. Der Kläger war vom 15. November 2010 bis zum 10. April 2011 arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Mai 2011. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 28. Oktober 2011 ua. auf, den Jahresurlaub für das Jahr 2010 abzurechnen und als Urlaubsabgeltung an ihn auszuzahlen.

5

Der Kläger hat behauptet, sein früherer Arbeitgeber habe ihm weder Urlaub für das Jahr 2010 gewährt noch solchen abgegolten.

6

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.152,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Oktober 2011 zu zahlen.

7

Der Beklagte, der die Abweisung der Klage beantragt hat, ist der Ansicht gewesen, der Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2010 sei einerseits wegen der anfänglichen Teilzeit, andererseits gemäß § 10 ArbV zu kürzen. Zudem hat er behauptet, dem Kläger am 27. September 2010 und vom 29. September bis zum 9. Oktober 2010 Urlaub gewährt zu haben. Im Übrigen sei der von dem Kläger erhobene Anspruch gemäß § 21 ArbV verfallen. Schließlich könne er die Abgeltung des Urlaubs gemäß § 6 BUrlG verweigern, da der Kläger eine Urlaubsbescheinigung seines vorherigen Arbeitgebers nicht vorgelegt habe.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Abgeltung von 29 Urlaubstagen aus dem Jahr 2010 stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Abgeltungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der Begründung, der Kläger habe den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht binnen der arbeitsvertraglichen „Ausschlussfrist“ geltend gemacht, durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Aufgrund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Beklagte Urlaub des Klägers aus dem Jahr 2010 abzugelten hat.

10

I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die „Ausschlussfrist“ in § 21 ArbV stehe der Zahlungsverpflichtung des Beklagten entgegen. Der Kläger hat den Anspruch auf Abgeltung seiner Urlaubsansprüche rechtzeitig gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. § 21 ArbV enthält keine Obliegenheit, Ansprüche spätestens drei Monate nach Fälligkeit geltend zu machen. Das rügt die Revision zu Recht.

11

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber den Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten.

12

2. Der Kläger erwarb im Jahr 2010 einen Urlaubsanspruch im Umfang von 30 Arbeitstagen, § 10 Satz 1 ArbV.

13

a) Die gesetzlichen Vorschriften über den Teilurlaub sind auf den Streitfall nicht anzuwenden. Insbesondere die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Teilurlaubs nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG liegen nicht vor. Danach hat ein Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlausanspruch erwirbt. Der Kläger trat am 12. April 2010 in die Dienste des Beklagten. Die sechsmonatige Wartezeit (§ 4 BUrlG) endete am 11. Oktober 2010 (§§ 186, 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB) und damit vor Ablauf des ersten Kalenderjahres des Beschäftigungsverhältnisses. Der Umstand, dass der Kläger im Zeitraum vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 lediglich in Teilzeit arbeitete, ist nicht erheblich. Für die Berechnung der Wartezeit ist allein der rechtliche Bestand eines Arbeitsverhältnisses maßgeblich (so bereits BAG 6. Juni 1968 - 5 AZR 410/67 - zu 1 der Gründe).

14

b) Der volle Urlaubsanspruch entstand ungeachtet der arbeitsvertraglichen Regelung des § 10 Satz 2 ArbV, der zufolge der Urlaub „bei Eintritt oder Ausscheiden während eines Kalenderjahres anteilig gewährt“ wird. Die Regelung, deren Einbeziehung in den Vertrag der Senat zugunsten des Beklagten unterstellen kann, ist unwirksam, da sie zuungunsten des Arbeitnehmers von den gesetzlichen Regelungen der §§ 4 und 5 BUrlG abweicht(§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).

15

aa) Während die Arbeitsvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9) gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln können, ist der Anspruch auf den Mindesturlaub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen(§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG). § 3 Abs. 1 BUrlG sieht für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung in einer Sechstagewoche erbringen, nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit(§ 4 BUrlG)einen Mindesturlaub von jährlich 24 Tagen vor. Eine anteilige Entstehung des Urlaubsanspruchs im Eintrittsjahr ist nur in den Fällen vorgesehen, in denen der Arbeitnehmer die Wartezeit nicht erfüllt (§ 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG). Demgegenüber regelt § 10 Satz 2 ArbV im Eintrittsjahr eine Kürzung auch in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis - wie im Streitfall - in der ersten Hälfte des Jahres begründet wird.

16

bb) Die Unwirksamkeit der vertraglichen Kürzungsregelung betrifft auch den Anspruch auf vertraglichen Mehrurlaub. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel auf den Mehrurlaub scheidet ebenso aus wie eine ergänzende Vertragsauslegung.

17

(1) § 10 Satz 2 ArbV ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Arbeitsvertrag, den die Parteien unter dem 31. Mai 2010 schlossen, ist ein von dem Beklagten vorformulierter Vertrag, den er nach dem äußeren Erscheinungsbild mehrfach verwendete. Der Vertrag enthält über die persönlichen Daten des Klägers hinaus keine individuellen Besonderheiten (vgl. BAG 18. August 2009 - 9 AZR 482/08 - Rn. 18).

18

(2) Die in § 10 Satz 2 ArbV vorgesehene Kürzungsregelung erfasst nicht nur den disponiblen Mehrurlaub, sondern auch den mit zwingender Wirkung für die Arbeitsvertragsparteien gesetzlich geregelten Mindesturlaub. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung.

19

(a) Für einen Regelungswillen, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Kürzungsregime zu unterstellen, fehlt jeder Anhaltspunkt. § 10 Satz 2 ArbV unterscheidet seinem Wortlaut nach nicht zwischen dem Mindesturlaub und dem Mehrurlaub. Auch der systematische Zusammenhang, in den die Vertragsbestimmung eingebunden ist, weist in diese Richtung. § 10 Satz 2 ArbV nimmt mit dem Begriff „Urlaub“ auf § 10 Satz 1 ArbV Bezug. Dabei regelt § 10 Satz 1 ArbV den Grundsatz, § 10 Satz 2 ArbV die Ausnahme. § 10 Satz 1 ArbV sieht für einen Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung an sechs Wochentagen erbringt, in jedem - vollen - Kalenderjahr 30 Werktage Urlaub, dh. über den 24 Werktage umfassenden Mindesturlaub hinaus sechs Werktage Mehrurlaub vor. § 10 Satz 2 ArbV regelt abweichend hiervon eine Kürzung im Eintritts- sowie im Austrittsjahr. Das Objekt der Kürzung ist der gesamte in § 10 Satz 1 ArbV vorgesehene Urlaubsanspruch. Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Vertragsbestimmung für eine sowohl den Mindesturlaub als auch den Mehrurlaub erfassende Kürzungsregelung. Mit dieser wollte der Beklagte als Klauselverwender den gesamten in § 10 Satz 1 ArbV beschriebenen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers im Eintritts- und Austrittsjahr ratierlich kürzen und so einen „Gleichlauf“ beider Urlaubsansprüche erreichen.

20

(b) Die Klausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass lediglich der Mehrurlaub zu kürzen ist. Im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine geltungserhaltende Reduktion von Vertragsbestimmungen nicht vorgesehen (BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 48). Unwirksame Klauseln sind deshalb grundsätzlich nicht auf einen mit dem Gesetz zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen, denn eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre nicht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar (BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33). Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 32, BAGE 124, 259). Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 30, BAGE 118, 36).

21

(c) Auch eine ergänzende Vertragsauslegung, die auf eine Kürzung des Mehrurlaubs unter Fortgeltung des Mindesturlaubs in vollem Umfang hinausläuft, kommt nicht in Betracht. Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Vertrag infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies verlangt zumindest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 30. September 2014 - 3 AZR 930/12 - Rn. 39). Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Kürzungsklausel mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine Kürzungsregelung zu formulieren, die lediglich den Mehrurlaub, nicht aber darüber hinaus den Mindesturlaub zum Gegenstand hat.

22

(d) Der Senat braucht im Streitfall nicht der Frage nachzugehen, wie die Kürzung zu berechnen ist. Nicht erheblich ist deshalb, ob die Kürzung taggenau, monatsweise oder kalendermonatsweise zu berechnen ist. Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (BAG 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21).

23

c) Soweit der Beklagte geltend macht, der Urlaubsanspruch sei im Hinblick auf die Teilzeittätigkeit des Klägers vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 zu kürzen, übersieht er, dass der Kläger im Eintrittsjahr mehr als sechs Monate in Vollzeit beschäftigt war.

24

3. Da der Beklagte dem Kläger am 28. September 2010 einen Tag Erholungsurlaub gewährte, erlosch der Urlaubsanspruch insoweit infolge Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB).

25

4. Der Urlaubsanspruch wurde im Umfang der verbleibenden 29 Werktage in das Jahr 2011 übertragen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG). Der Kläger war infolge seiner vom 15. November 2010 bis zum 10. April 2011 währenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht in der Lage, den Urlaub vor Ablauf des Urlaubsjahres in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu BAG 5. August 2014 - 9 AZR 77/13 - Rn. 17). Der Urlaubsanspruch bestand über den 31. März 2011 hinaus bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Mai 2011 fort. § 7 Abs. 3 BUrlG ist unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig ist und seit dem Ende des Urlaubsjahres, aus dem der Urlaubsanspruch stammt, nicht mehr als 15 Monate vergangen sind(vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 646/12 - Rn. 11).

26

5. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht die arbeitsvertragliche „Ausschlussfrist“ des § 21 ArbV dem Klageanspruch nicht entgegen. Danach sind „gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von mindestens drei Monaten seit Fälligkeit des Anspruches“ schriftlich geltend zu machen. Der Kläger hat mit Zugang des Schreibens vom 14. Oktober 2011 bei dem Beklagten die „Ausschlussfrist“ gewahrt.

27

a) Die „Ausschussfrist“ des § 21 ArbV ist entgegen der Ansicht des Klägers auf den Abgeltungsanspruch anzuwenden.

28

aa) Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen. Dies hat der Senat sowohl für tarifvertragliche Ausschlussfristen (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 14 ff., BAGE 139, 1) als auch für eine Ausschlussfrist in den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland entschieden (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 32 ff.). Für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen gilt nichts anderes (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 36, BAGE 144, 306).

29

bb) § 21 ArbV erfasst „gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis“. Zu diesen gehört ua. der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Finden sich keine sachlichen Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133).

30

b) Der Kläger hat mit Zugang des Schreibens vom 14. Oktober 2011, spätestens aber mit der Zustellung der Klageschrift am 7. Dezember 2011 seinen Anspruch gegenüber dem Beklagten form- und fristgerecht geltend gemacht. § 21 ArbV verlangt von den Arbeitsvertragsparteien entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht, dass sie ihre Ansprüche binnen einer Frist von drei Monaten dem Vertragspartner gegenüber geltend machen.

31

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Formularverträgen hat das Revisionsgericht selbstständig und uneingeschränkt nach den Grundsätzen von Normen entsprechend ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 35).

32

bb) Die Regelung in § 21 ArbV verlangt von den Arbeitsvertragsparteien, ihre Ansprüche binnen einer Frist von „mindestens drei Monaten seit Fälligkeit“ dem anderen Teil gegenüber geltend zu machen. Die Klausel setzt den Parteien des Arbeitsvertrags ihrem eindeutigen Wortlaut nach eine Mindestfrist, nicht aber eine Höchstfrist. Das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsgericht gelangt, trägt dem Wortlaut der von dem Beklagten gestellten Vertragsbestimmung nicht hinreichend Rechnung. Das Landesarbeitsgericht macht aus dem „mindestens“ ein „höchstens“ und verkehrt damit die Frist in ihr Gegenteil. Damit werden die schutzwürdigen Belange des Vertragspartners außer Acht gelassen. Der Beklagte hatte es als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Hand, eine klare Ausschlussfrist zu formulieren. Wollte er die Geltungsmachungsfrist als Höchstfrist verstanden wissen, hätte es ihm oblegen, eine solche zu formulieren. Wenn er stattdessen die Geltendmachung an eine Mindestfrist knüpft, muss er sich daran festhalten lassen.

33

cc) Der Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Klausel dahin gehend verstanden hat, dass er Ansprüche binnen einer Höchstfrist von drei Monaten geltend machen müsse, ist für die Auslegung des § 21 ArbV ohne Belang. Der Maßstab, an dem Allgemeine Geschäftsbedingungen zu messen sind, bestimmt sich nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise (vgl. BAG 18. März 2008 - 9 AZR 186/07 - Rn. 19, BAGE 126, 187). Zugrunde zu legen sind damit nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13, BAGE 124, 259).

34

II. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es steht weder fest, ob der Beklagte berechtigt war, die Urlaubsabgeltung zu verweigern, weil der Kläger es trotz Aufforderung unterlassen hat, ihm eine Urlaubsbescheinigung vorzulegen, noch, ob der Beklagte dem Kläger an elf weiteren Tagen Urlaub gewährte. Das Landesarbeitsgericht wird die entsprechenden Feststellungen zu treffen haben.

35

1. Der Senat kann nicht beurteilen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Urlaubsanspruch des Klägers beim Eintritt in das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG gemindert war oder zu einem späteren Zeitpunkt gemindert wurde.

36

a) Nach § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Der frühere Arbeitgeber ist gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.

37

b) § 6 Abs. 1 BUrlG regelt den Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres den Arbeitgeber wechselt. Bei aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen wird durch § 6 Abs. 1 BUrlG der Anspruch im neuen Arbeitsverhältnis ganz oder teilweise ausgeschlossen, wenn Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers bereits im früheren Arbeitsverhältnis erfüllt worden sind und auch im neuen Arbeitsverhältnis kein Anspruch auf eine höhere Anzahl von Urlaubstagen als im früheren Arbeitsverhältnis entsteht(BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - Rn. 16, BAGE 141, 27). Es genügt allerdings nicht, dass dem Arbeitnehmer gegen den früheren Arbeitgeber nur ein Anspruch auf Urlaub zustand (vgl. BAG 17. Februar 1966 - 5 AZR 447/65 - zu 1 a der Gründe, BAGE 18, 153).

38

c) In § 6 Abs. 1 BUrlG formuliert das Gesetz eine negative Anspruchsvoraussetzung. Dem Arbeitnehmer als Gläubiger des Urlaubsanspruchs obliegt es, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung bereits gewährten Urlaubs vorsieht, nicht vorliegen.

39

aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung und der überwiegenden Ansicht in der urlaubsrechtlichen Literatur handelt es sich bei § 6 Abs. 1 BUrlG um eine rechtshindernde Einwendung, die der Arbeitgeber dem Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers entgegensetzen kann(vgl. BAG 9. Oktober 1969 - 5 AZR 501/68 - zu 2 der Gründe; Arnold/Tillmanns/Tillmanns BUrlG 3. Aufl. § 6 Rn. 33; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 19; Friese Urlaubsrecht Rn. 567; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 31; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 936; Küttner/Röller Personalbuch 2014 Urlaubsanspruch Rn. 30; HWK/Schinz 6. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 2; HzA/Schütz Gruppe 4 Rn. 581). In der Konsequenz dieser dogmatischen Einordnung liegt es, dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzubürden, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des ihn begünstigenden Anrechnungstatbestands vorliegen (vgl. Arnold/Tillmanns/Tillmanns aaO; MüArbR/Düwell aaO; ErfK/Gallner 15. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 6; Leinemann/Linck aaO; HWK/Schinz aaO; HzA/Schütz aaO; Zerbe in Tschöpe AHB-Arbeitsrecht Teil 2 C Rn. 135). Eine Mindermeinung im urlaubsrechtlichen Schrifttum versteht die Vorschrift richtigerweise als negative Anspruchsvoraussetzung (vgl. Bachmann in GK-BUrlG 5. Aufl. § 6 Rn. 19; Natzel Bundesurlaubsrecht 4. Aufl. § 6 Rn. 31; in diese Richtung auch Dütz Anm. SAE 1970, 155, 157 f.). Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzeshistorie geben verlässliche Hinweise auf den Rechtscharakter des § 6 Abs. 1 BUrlG. Die Entwurfsbegründungen sind ebenso unergiebig wie der Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 30. November 1962 (BT-Drs. IV/785). Allerdings spricht der Gesichtspunkt der Beweisnähe dafür, § 6 Abs. 1 BUrlG als negative Anspruchsvoraussetzung aufzufassen. Das Entstehen von Urlaubsansprüchen, deren Umfang, die Gewährung von Urlaub und dessen Abgeltung sind sämtlich Tatsachen, die im Rechtsverhältnis zwischen dem früheren Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer wurzeln. Sie liegen außerhalb der Sphäre des neuen Arbeitgebers. Erachtete man § 6 Abs. 1 BUrlG als rechtshindernde Einwendung, belastete man den neuen Arbeitgeber mit der Obliegenheit, Umstände, von denen er in aller Regel keine Kenntnis hat, vorzutragen und im Streitfalle unter Beweis zu stellen. Ein faktischer Zwang zu Behauptungen „ins Blaue“ ist dem Zivilprozessrecht fremd. Der im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt vielmehr einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien. Für einen solchen genügt es nicht, wenn eine Partei lediglich Mutmaßungen aufstellt, ohne dass sie tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Behauptung darlegt (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 36). Ein Auslegungsergebnis, das diesem Aspekt Rechnung trägt, harmoniert im Übrigen mit § 6 Abs. 2 BUrlG. Danach ist der frühere Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub zu erteilen. Das BUrlG gibt dem Arbeitnehmer damit ein geeignetes Mittel an die Hand, dem neuen Arbeitgeber gegenüber nachzuweisen, dass der frühere Arbeitgeber im laufenden Kalenderjahr keinen oder weniger anrechenbaren Urlaub gewährt oder abgegolten hat, als dem Arbeitnehmer zusteht. Nur auf diese Weise lässt sich der Interessenkonflikt in dem Dreiecksverhältnis von früherem Arbeitgeber, Arbeitnehmer und neuem Arbeitgeber unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 BUrlG, die Gewährung des Mindesturlaubs sicherzustellen, ohne den sein Arbeitsverhältnis wechselnden Arbeitnehmer gegenüber anderen zu bevorteilen, sachgerecht lösen.

40

bb) Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Es obliegt zunächst dem Arbeitnehmer vorzutragen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen vorsieht, nicht vorliegen. Bestreitet der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers - gegebenenfalls mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) -, hat der Arbeitnehmer seine Darlegungen zu substanziieren. Stellt der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers in Abrede, hat der Arbeitnehmer für seine Angaben Beweis anzubieten. Neben anderen Beweismitteln kommt hierbei insbesondere die Urlaubsbescheinigung gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG in Betracht. Legt der Arbeitnehmer eine solche vor, obliegt es dem Arbeitgeber, den besonderen Beweiswert dieser Bescheinigung, der in § 6 Abs. 2 BUrlG zum Ausdruck kommt, durch konkreten Sachvortrag zu erschüttern.

41

2. Das Landesarbeitsgericht hat das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts allein mit der Begründung abgeändert, die „Ausschussfrist“ in § 21 ArbV habe zum Untergang des Abgeltungsanspruchs geführt. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der frühere Arbeitgeber dem Kläger Urlaub aus dem Jahr 2010 gewährt oder diesen abgegolten hat. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert es im Streitfall, den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ihren diesbezüglichen Sachvortrag zu ergänzen und für ihr Vorbringen Beweis anzubieten.

42

3. Sollte das Landesarbeitsgericht bei der vorzunehmenden Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 BUrlG vorliegen, zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Kläger noch Urlaubsansprüche für das Jahr 2010 zustanden, wird es der Behauptung des Beklagten nachzugehen haben, er habe dem Kläger am 27. September 2010 und vom 29. September bis zum 9. Oktober 2010 Urlaub gewährt.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Spiekermann    

        

    Starke    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Mai 2010 - 7 Sa 1571/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten, Erholungsurlaub aus den Jahren 2002 bis 2007 abzugelten.

2

Die Parteien verband im Zeitraum vom 21. April 1989 bis zum 31. März 2007 ein Arbeitsverhältnis. Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verein in kirchlicher Trägerschaft, beschäftigte den Kläger als Altenpfleger in Teilzeit. Der jährliche Urlaubsanspruch des Klägers betrug 34 Arbeitstage.

3

Gemäß § 2 des die Parteien verbindenden Formulararbeitsvertrags fanden auf das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland(AVR) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Diese sehen auszugsweise ua. folgende Bestimmungen vor:

        

„§ 35 

Beendigung des Dienstverhältnisses wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

        

(1) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter hat … den Dienstgeber unverzüglich von der Zustellung des Rentenbescheides zu unterrichten.

        

Das Dienstverhältnis endet, wenn der Rentenbescheid eines Rentenversicherungsträgers die volle Erwerbsminderung feststellt.

        

Setzt der Rentenbescheid eine befristete Rente fest, ruht das Dienstverhältnis solange wie ... der Mitarbeiter die befristete Rente bezieht, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Dienstverhältnis endet.

        

...     

        

§ 45   

Ausschlussfristen

        

(1) ... die allmonatlich entstehenden Ansprüche auf Entgelt (§§ 14 bis 19a) müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden.

        

(2) Andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts anderes bestimmen.

        

(3) Für den gleichen Tatbestand reicht die einmalige Geltendmachung der Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.“

4

Ab dem 20. Juni 2003 bezog der Kläger eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung.

5

In einem im Jahr 2004 vor dem Arbeitsgericht Wuppertal geführten Rechtsstreit (- 2 Ca 1828/04 -) schlossen die Parteien unter dem 16. September 2004 einen Vergleich. Ziffer 1 dieses Vergleichs lautet wie folgt:

        

„Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass dem Kläger zum 01.06.2005 noch 43 Urlaubstage aus dem Jahr 2002 und anteilig aus dem Jahr 2003 zustehen.“

6

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sie nicht das Datum „01.06.2005“, sondern den 1. Juni 2004 meinten.

7

Mit Bescheid vom 22. März 2007, der dem Kläger im Laufe desselben Monats zugestellt wurde, erkannte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland dem Kläger eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung zu.

8

Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 begehrte der Kläger ohne Erfolg von dem Beklagten, seinen Urlaub abzugelten.

9

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, der Beklagte sei zur Urlaubsabgeltung verpflichtet. Er hat behauptet, während des Zeitraums, in dem er eine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen habe, sei er durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen. Die Ausschlussfrist des § 45 AVR stehe dem erhobenen Anspruch nicht entgegen, da die AVR nicht die Qualität eines Tarifvertrags hätten. Durch die einmalige Geltendmachung von Urlaubsansprüchen in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Wuppertal (- 2 Ca 1828/04 -) habe er den Anforderungen des § 45 Abs. 3 AVR genügt.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.015,82 Euro brutto nebst fünf „Prozent“ Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9. März 2009 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, der Kläger habe während des Zeitraums, in dem das Arbeitsverhältnis geruht habe, keinen Urlaubsanspruch erworben. Der vom 16. September 2004 datierende Vergleich gewähre dem Kläger lediglich Rechte in Bezug auf Urlaub, nicht jedoch Ansprüche auf die Abgeltung von Urlaub. Die in § 45 AVR geregelten Ausschlussfristen seien auf die von dem Kläger erhobenen Urlaubsansprüche anzuwenden, da kirchenrechtliche Regelungen Tarifverträgen gleichständen. Spätestens seit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. August 2006 habe es dem Kläger oblegen, Urlaubsansprüche zur Wahrung der Ausschlussfrist geltend zu machen.

12

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

I. Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger einen Bruttobetrag iHv. 11.015,82 Euro nebst Zinsen seit dem 9. März 2009 zu zahlen. Der von dem Kläger erhobene Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist verfallen. Dem Kläger steht deshalb auch kein Zinsanspruch zu.

14

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber Urlaub abzugelten, wenn dieser wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

15

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. März 2007, da die Deutsche Rentenversicherung Rheinland dem Kläger mit Bescheid vom 22. März 2007, der dem Kläger im Monat März 2007 zugestellt wurde, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährte (§ 35 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 AVR). § 35 Abs. 1 Unterabs. 2 AVR enthält eine den Arbeitsvertrag beendende auflösende Bedingung. Der Kläger hat etwaige Unwirksamkeitsgründe nicht binnen der in §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG bestimmten Frist geltend gemacht.

16

3. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Kläger zum Beendigungszeitpunkt Urlaubsansprüche zustanden. Insbesondere kann dahinstehen, ob der Kläger für den Zeitraum zwischen dem 20. Juni 2003 und dem 31. März 2007, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien wegen der seitens des Klägers bezogenen befristeten Rente wegen Erwerbsminderung ruhte (§ 35 Abs. 1 Unterabs. 3 AVR), Urlaubsansprüche erworben hat. Denn selbst wenn der Senat zugunsten des Klägers unterstellt, dass er zum Zeitpunkt der Beendigung Inhaber von Urlaubsansprüchen war, ist der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs gemäß § 45 Abs. 2 AVR verfallen.

17

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Regelungen der AVR Anwendung (§ 2 des Arbeitsvertrags).

18

aa) Die Vertragsklausel des § 2 des Arbeitsvertrags, die auf die AVR in der jeweils gültigen Fassung Bezug nimmt, ist Bestandteil der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

19

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil ( § 305c Abs. 1 BGB ).

20

(2) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 305c Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragrafen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung eines Diakonischen Werks schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will, zumal er kirchenrechtlich dazu verpflichtet ist (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 42, BAGE 129, 1 ).

21

bb) Die Verweisungsklausel, die mit den AVR ein anderes Regelwerk in seiner jeweils gültigen Fassung in Bezug nimmt, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

(1) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 96, BAGE 130, 119). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 77, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21). Umstände, die auf eine solche Gefahr hindeuten, hat der Kläger nicht vorgetragen; im Übrigen sind sie nicht ersichtlich.

23

(2) Der Umstand, dass § 2 des Arbeitsvertrags die AVR nicht statisch, sondern in ihrer jeweils gültigen Fassung in Bezug nimmt, begegnet unter dem Gesichtspunkt der Transparenz keinen durchgreifenden Bedenken. Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf andere Regelwerke entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik. Die Dynamisierung dient wegen des Zukunftsbezugs des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis den Interessen beider Seiten. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen sind hinreichend bestimmbar (vgl. zu einer dynamischen Verweisung auf die Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau: BAG 10. Dezember 2008 4 AZR 801/07  - Rn. 48 ff., BAGE 129, 1).

24

cc) Bezugnahmeklauseln wie in § 2 des Arbeitsvertrags verstoßen schließlich nicht gegen das Klauselverbot des § 308 Nr. 4 BGB(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 20, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15).

25

b) Die Ausschlussbestimmung des § 45 Abs. 2 AVR ist rechtswirksam.

26

aa) Nimmt ein Arbeitsvertrag auf kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsrichtlinien Bezug, sind auch diese am Maßstab des § 305 ff. BGB zu messen (vgl. BAG 22. Juli 2010 -  6 AZR 847/07  - Rn. 24, aaO).

27

bb) Die Regelung in § 45 Abs. 2 AVR benachteiligt Arbeitnehmer nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

28

(1) Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts geht davon aus, für kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien gelte ein gegenüber üblichen AGB eingeschränkter Prüfungsmaßstab (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31, aaO). Regelungen, die auf dem Dritten Weg entstünden, hätten die Gerichte für Arbeitssachen lediglich daraufhin zu prüfen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstießen. Der Senat kann die Frage des Prüfungsmaßstabs offenlassen, da § 45 Abs. 2 AVR auch einer uneingeschränkten Überprüfung am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB standhält.

29

(2) § 307 Abs. 1 BGB steht der Klausel nicht entgegen. Die Frist ist ausreichend lang bemessen; der Inhalt der Bestimmung ist hinreichend klar und verständlich.

30

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine einzelvertragliche Verfallfrist, die wie § 45 Abs. 2 AVR eine Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von mehr als drei Monaten verlangt, begegnet in AGB-rechtlicher Hinsicht keinen durchgreifenden Bedenken(vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 5 der Gründe, BAGE 116, 66).

31

(b) Die Klausel ist auch nicht intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwar heißt es nicht ausdrücklich, dass Ansprüche verfallen, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht werden. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Die Überschrift von § 45 AVR „Ausschlussfristen“ lässt hinreichend deutlich erkennen, dass der Arbeitnehmer mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen ist, wenn er diese nicht binnen der in der Klausel bezeichneten Frist geltend macht(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 4 der Gründe, BAGE 115, 19).

32

c) Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterfallen als „Ansprüche aus dem Dienstverhältnis“ der Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 AVR. Der dort angeordnete Verfall ist unabhängig davon wirksam, ob der Anspruch auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs oder auf die Abgeltung des übergesetzlichen Urlaubs gerichtet ist. Dem steht weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene und für den Senat nach Art. 267 AEUV verbindliche Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (sog. Arbeitszeitrichtlinie; ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9) entgegen.

33

aa) Nach der früheren Senatsrechtsprechung ließen tarifliche Ausschlussfristen den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs unberührt. Dies galt selbst in den Fällen, in denen die Tarifvorschrift alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis befristete (vgl. zuletzt BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 21; 20. Mai 2008 - 9 AZR 219/07 - Rn. 48, BAGE 126, 352; vgl. für die st. Rspr. auch BAG 23. April 1996 - 9 AZR 165/95 - zu II 4 der Gründe, BAGE 83, 29; 24. November 1992 - 9 AZR 549/91 - zu 3 der Gründe, AP BUrlG § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102 ).

34

bb) Das mit der Surrogation begründete Merkmal der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs im fiktiv fortbestehenden Arbeitsverhältnis (sog. Surrogatstheorie; vgl. BAG 5. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - BAGE 81, 339) hat der Senat in Umsetzung der Vorabentscheidung des EuGH in der Rechtssache Schultz-Hoff aufgegeben (vgl. BAG 24. März 2009 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119; fortgeführt von BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16 ). Danach ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nach der reformierten Rechtsprechung nur noch ein reiner Geldanspruch. Deshalb unterfällt er auch allen Bedingungen, die nach den AVR für die Geltendmachung von Geldansprüchen vorgeschrieben sind. Dies gilt auch insoweit, als ein Arbeitnehmer den in § 1 Abs. 1 BUrlG verbürgten Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub abgegolten verlangt. Wie der Senat in der Leitentscheidung vom 9. August 2011 (- 9 AZR 365/10 - Rn. 22 ff.) zu tariflichen Ausschlussfristen ausführlich begründet hat, verstößt die Anwendung von Ausschlussfristen weder gegen den in § 13 Abs. 1 BUrlG geregelten Grundsatz der Unabdingbarkeit gesetzlichen Mindesturlaubs noch gegen Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und die hierzu vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze.

35

cc) Die Erwägungen, die der Senat in der Entscheidung vom 9. August 2011 (- 9 AZR 365/10 -) für tarifliche Ausschlussfristen näher dargelegt hat, gelten für Ausschlussfristen in kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien gleichermaßen. Denn die Rechtsnatur der Ausschlussregelung ist für ihre Anwendbarkeit auf Urlaubsabgeltungsansprüche unerheblich. Entscheidend ist allein, dass der Abgeltungsanspruch einen reinen Geldanspruch darstellt, der nach seiner Entstehung, dh. nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, denselben Regelungen unterfällt und daher auch in derselben Weise wie andere Zahlungsansprüche befristet ist. Sofern es sich nicht um Entgeltansprüche handelt, fallen Zahlungsansprüche als „andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis“ unter § 45 Abs. 2 AVR.

36

d) Der Kläger hat den Anspruch nicht binnen der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 AVR geltend gemacht. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2007 fällig. Der Kläger hätte den Anspruch deshalb spätestens bis zum 30. September 2007 schriftlich gegenüber dem Beklagten geltend machen müssen. Diese Frist hat er mit dem Geltendmachungsschreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5. Februar 2009 nicht gewahrt.

37

aa) Der Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub abzugelten, ist mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125). Die Fälligkeit des Anspruchs ist nicht erst mit Verkündung der Leitentscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179) eingetreten. Für den Verfall eines Anspruchs kommt es regelmäßig nicht auf die Kenntnis des Gläubigers von dem Anspruch an (vgl. BAG 13. Dezember 2007 -  6 AZR 222/07  - Rn. 19, BAGE 125, 216; 26. April 1978 - 5 AZR 62/77 - zu II der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 64 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 35). Ein Auseinanderfallen von Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt kann nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Solche liegen beispielsweise vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist etwa der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (vgl. BAG 16. November 1989 - 6 AZR 114/88 - zu II 3 b und c der Gründe, BAGE 63, 246). Solche besonderen Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen; im Übrigen sind sie nicht ersichtlich. Dem Kläger war es unabhängig von der Entscheidung des EuGH möglich, den nunmehr erhobenen Anspruch fristgerecht gegenüber dem Beklagten schriftlich geltend zu machen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs besteht, waren dem Kläger zum Fälligkeitszeitpunkt, der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bekannt.

38

bb) Der Umstand, dass die Parteien im Jahr 2004 einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Wuppertal führten, befreite den Kläger nicht von der Obliegenheit, den im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Abgeltungsanspruch unter Beachtung der in § 45 Abs. 2 AVR aufgeführten Frist geltend zu machen.

39

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger sich nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 45 Abs. 3 AVR berufen kann.

40

(a) Nach dieser Vorschrift reicht für den gleichen Tatbestand die einmalige Geltendmachung der Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für die später fällig werdenden Ansprüche unwirksam zu machen.

41

(b) Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 AVR liegen nicht vor.

42

(aa) Die Parteien erzielten im Wege des gerichtlichen Vergleichs Einigkeit darüber, dass dem Kläger zum 1. Juni 2004 43 Urlaubstage aus dem Jahr 2002 und anteilig aus dem Jahr 2003 zustanden.

43

(bb) Der von dem Kläger in dem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Wuppertal erhobene Urlaubsanspruch beruht nicht auf dem gleichen Tatbestand wie der hier streitgegenständliche Urlaubsabgeltungsanspruch. Das Merkmal des „gleichen Tatbestands“ setzt voraus, dass bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage Ansprüche aus einem bestimmten Tatbestand herzuleiten sind (vgl. BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168). Daran fehlt es im Streitfall. Der Urlaubsanspruch einerseits und der Urlaubsabgeltungsanspruch andererseits hängen von verschiedenen rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen ab. Der Entstehungstatbestand ist damit nicht, wie von § 45 Abs. 3 AVR gefordert, der gleiche. Während es für den Urlaubsanspruch genügt, dass der Arbeitnehmer am 1. Januar eines Urlaubsjahres in einem Arbeitsverhältnis steht, setzt der Urlaubsabgeltungsanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal voraus. Dieses lag zu dem Zeitpunkt, zu dem die Parteien den Vergleich vor dem Arbeitsgericht schlossen, nicht vor.

44

(2) Mit Abschluss des Vergleichs vom 16. September 2004 hat der Beklagte nicht auf die Geltung von Ausschlussfristen verzichtet. Dies ergibt eine Auslegung des Vergleichs.

45

(a) Die Vorinstanzen haben den Vergleich nicht ausgelegt. Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Der Senat kann aber die gebotene Auslegung selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (BAG 15. Juni 2004 - 9 AZR 513/03 - zu II 2 b dd 1 der Gründe, NZA 2005, 295).

46

(b) Ausweislich ihres Wortlauts hat die vergleichsweise Einigung einen zeitlichen Bezugspunkt, nämlich - wie später klargestellt - den 1. Juni 2004. Als die Parteien den Vergleich am 16. September 2004 schlossen, lag dieser Zeitpunkt in der Vergangenheit. Der Vergangenheitsbezug belegt, dass die Parteien die Urlaubsansprüche des Klägers zu einem bestimmten Zeitpunkt saldieren wollten. Dies lässt indes nicht den Schluss zu, die saldierten Ansprüche sollten in der Zukunft dem Regime der AVR entzogen sein. Es ist nicht so, dass der Kläger den Urlaub, der Gegenstand der Einigung war, ohne Rücksicht auf Übertragungsgründe oder Übertragungszeiträume hätte ansparen dürfen. Insbesondere enthält die Vereinbarung schon ihrem Wortlaut nach keinen Verzicht des Beklagten auf die in § 45 Abs. 2 AVR geregelte Ausschlussfrist.

47

e) Der Kläger nimmt ohne Erfolg Vertrauensschutz für sich in Anspruch.

48

Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob seine langjährige Rechtsprechung, der zufolge Ausschlussfristen den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht berührten, geeignet war, ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer zu begründen. Spätestens nach Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Sache Schultz-Hoff vom 2. August 2006 (- 12 Sa 486/06 - LAGE BUrlG § 7 Nr. 43) konnten Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgehen, dass die Senatsrechtsprechung zu den Grundsätzen der Unabdingbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs im Fall lang andauernder Arbeitsunfähigkeit unverändert fortgeführt würde (so auch LAG Düsseldorf 23. April 2010 - 10 Sa 203/10 - Rn. 47, LAGE BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 27a; zum Wegfall des Vertrauensschutzes für Arbeitgeber zu diesen Zeitpunkt: vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 76, BAGE 130, 119). Durch das Vorabentscheidungsersuchen wurde nicht nur ein einzelner Aspekt, wie das Erlöschen von Urlaubsabgeltungsansprüchen bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit, sondern die Rechtsprechung zur Erfüllbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach der Surrogatstheorie infrage gestellt. Davon waren auch die Grundsätze betroffen, die der Senat unter dem Regime der Surrogatstheorie zum Nichteingreifen von tariflichen Ausschlussfristen entwickelt hatte.

49

f) Höhere Gewalt stand einer fristgerechten Geltendmachung des erhobenen Anspruchs nicht entgegen. Der in § 206 BGB normierte Rechtsgedanke hindert nicht den Verfall des von dem Kläger geltend gemachten Anspruchs.

50

Nach § 206 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Diese Vorschrift wird als allgemeingültiges Rechtsprinzip auch auf Ausschlussfristen angewandt (vgl. BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob § 206 BGB über seinen Wortlaut hinaus auf die Fälle einer sog. „gefestigten anspruchsfeindlichen Rechtsprechung“ anzuwenden ist (vgl. hierzu BAG 7. November 2002 -  2 AZR 297/01  - zu B I 4 b dd der Gründe, BAGE 103, 290). Denn die Vorschrift des § 45 Abs. 2 AVR verlangte von dem Kläger nicht die Erhebung einer Klage vor dem Arbeitsgericht, sondern lediglich die fristgerechte schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Beklagten. Dies war ihm unabhängig von der damaligen Rechtsprechung möglich und zumutbar. Im Übrigen hätte eine Hemmung der Ausschlussfrist spätestens mit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Sache Schultz-Hoff vom 2. August 2006 (- 12 Sa 486/06 - LAGE BUrlG § 7 Nr. 43) geendet. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass der Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Surrogatstheorie fortführen werde (siehe hierzu unter I 3 e).

51

II. Der Kläger hat als Revisionsführer die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    G. Müller    

        

    W. Schmid    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. Juli 2014 - 13 Sa 18/14 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

3. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. November 2013 - 8 Ca 575/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.075,24 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 27. Juni 2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 81 % und die Beklagte zu 19 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Höhe einer tariflichen Einkommenssicherungszulage.

2

Der Kläger ist 1967 geboren und unter Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten seit dem 1. Juli 1988 bei der beklagten Bundesrepublik beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung. Seit dem 1. September 2006 erfolgte eine Einkommenssicherung nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001. Der Kläger erhielt monatlich eine persönliche Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw in Höhe von zunächst 330,54 Euro brutto.

3

In der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 bestimmte § 6 Abs. 3 TV UmBw zur Dynamisierung der persönlichen Zulage Folgendes:

        

1Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. 2Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Abs. 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Abs. 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die

        

a)    

eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,

        

b)    

noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel

        

des Erhöhungsbetrages. … 4Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte

        

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,

        

b)    

eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder

        

c)    

zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag, nach dem Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung oder einem der Tarifverträge über den Rationalisierungsschutz vom 9. Januar 1987 eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat.

        

…“    

        
4

Eine inhaltlich gleichlautende Regelung enthält § 6 Abs. 3 TV UmBw idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom 10. Dezember 2010.

5

Aufgrund der seit dem 1. Januar 2008 erfolgten Entgelterhöhungen kürzte die Beklagte die persönliche Zulage nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw auf zuletzt 240,27 Euro brutto. Sie nahm dabei jeweils eine Kürzung um ein Drittel des auf das laufende Entgelt entfallenden Erhöhungsbetrags vor.

6

Der Kläger hat zunächst die Auffassung vertreten, die Zulage dürfe nur bezüglich des Erhöhungsbetrags gekürzt werden, der auf die persönliche Zulage selbst entfalle. Diesen Anspruch machte er erstmals mit Schreiben vom 25. September 2008 schriftlich geltend und hat mit seiner 2011 eingereichten Klage zunächst die sich aus dieser Rechtsauffassung ergebende Entgeltdifferenz für die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Dezember 2011 begehrt. Nachdem das Verfahren bis zur höchstrichterlichen Klärung dieser Frage geruht hatte, beruft sich der Kläger seit Aufnahme des Verfahrens mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013, der der Beklagten am 21. Mai 2013 zugestellt worden ist, darauf, dass § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw unmittelbar altersdiskriminierend sei, soweit danach die Zulage gekürzt werde, wenn der Arbeitnehmer wie der Kläger eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren aufweise, aber noch nicht mindestens 55 Jahre alt sei. Insoweit stützt sich der Kläger auf das obiter dictum des Senats in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -). Die Zulage habe daher überhaupt nicht gekürzt werden dürfen. Ihm müsse deshalb die Differenz nachgezahlt werden, die sich für die Zeit von Januar 2008 bis Juni 2013 zu den tatsächlich gezahlten Beträgen ergebe.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe für den gesamten Streitzeitraum die tarifliche Ausschlussfrist bereits mit der Geltendmachung vom 25. September 2008 gewahrt. Jedenfalls handele die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich auf die Ausschlussfrist berufe. Aufgrund ihres Prozessverhaltens habe er darauf vertrauen dürfen, dass während des Ruhens des Verfahrens keine Fristversäumnis eintrete.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.516,78 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, der Kläger habe die tarifliche Ausschlussfrist versäumt. Sie handele auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf den Ablauf der Ausschlussfrist berufe.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 4.071,08 Euro brutto stattgegeben. Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei für den ursprünglichen Klagezeitraum nur in Höhe der zunächst erhobenen Klageforderung gewahrt. Darüber hinausgehende Differenzbeträge seien verfallen.

11

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien im Umfang ihres wechselseitigen Unterliegens Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Berufungen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision greifen diese im Umfang ihres wechselseitigen Unterliegens die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts an.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw ist zwar altersdiskriminierend. Darum hatte der Kläger für den streitbefangenen Zeitraum grundsätzlich Anspruch auf eine uneingeschränkte Dynamisierung der persönlichen Zulage. Die vor November 2012 fällig gewordenen Ansprüche des Klägers auf Entgeltnachzahlung sind jedoch verfallen. Insoweit ist die Klage unbegründet. Die Revision des Klägers ist dagegen unbegründet. Ihm steht die begehrte höhere Entgeltnachzahlung von 1.445,70 Euro brutto nicht zu, sondern nur eine Nachzahlung von 1.075,24 Euro brutto für die Zeit von November 2012 bis Juni 2013.

13

I. Die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer Beschäftigter, die wie der Kläger eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, soweit sie innerhalb dieses Personenkreises Beschäftigte wegen der Vollendung des 55. Lebensjahres begünstigt. Das hat für die hier allein streitbefangene Vergangenheit im Ergebnis eine „Anpassung nach oben“ zur Folge, so dass der Kläger für den streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf Zahlung einer uneingeschränkt gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw dynamisierten persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw erworben hatte. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 18. Februar 2016 (- 6 AZR 700/14 - Rn. 16 ff.) Bezug und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen darauf.

14

II. Die vor November 2012 fällig gewordenen Entgeltnachzahlungsansprüche sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen. Auch das Gebot von Treu und Glauben führt zu keinem anderen Ergebnis. Schließlich ist die Beklagte mit dem Einwand des § 37 TVöD-AT auch nicht präkludiert.

15

1. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Ausschlussfrist nicht erst mit Kenntnis der Entscheidungsgründe des Urteils des Senats vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -), sondern jeweils mit der gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 TVöD-AT am Monatsende eingetretenen Fälligkeit des Anspruchs auf die persönliche Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw angelaufen. Dem Kläger wäre es bereits vor Kenntnis der Entscheidung des Senats vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -) ohne Weiteres tatsächlich möglich gewesen, die nunmehr verfolgten Ansprüche auf Zahlung der uneingeschränkt dynamisierten persönlichen Zulage zu beziffern und geltend zu machen. Sämtliche dafür erforderlichen Berechnungsgrundlagen waren ihm bekannt.

16

a) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können (BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 18, BAGE 125, 216). Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 3. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44; vgl. bereits RG 27. Februar 1940 - RAG 162/39 -).

17

b) Ausgehend von diesem Zweck ist die Fälligkeit im Sinne der Ausschlussfrist nach einem allgemeinen und objektiven Maßstab zu bestimmen (BAG 23. August 1990 - 6 AZR 554/88 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 66, 29). Die Unkenntnis der Rechtslage hat deshalb grundsätzlich ebenso wenig wie eine rechtliche Fehleinschätzung Einfluss auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und damit den Beginn der Ausschlussfrist (für einen aus einer richtlinienkonform fortgebildeten Norm resultierenden Anspruch BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 22 f.; für die Verkennung der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung einer Bestimmung: BAG 19. Mai 2011 - 6 AZR 806/09 - Rn. 18; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 19 f., BAGE 125, 216). Dem Anspruchsteller sind in dieser Konstellation die Tatsachen, die seinen Anspruch begründen, uneingeschränkt bekannt. Er erkennt lediglich die sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen nicht und macht darum den Anspruch nicht geltend. Diese Untätigkeit fällt allein in seine Risikosphäre. Darin liegt der Unterschied zu den vom Kläger herangezogenen Fällen (vgl. BAG 19. Februar 2004 - 6 AZR 664/02 - zu I 4 b bb der Gründe), in denen es - etwa im Falle einer Gehaltsüberzahlung - dem Anspruchsteller praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit Fälligkeit geltend zu machen, weil die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Anspruchsgegners liegen.

18

c) Aus der ebenfalls vom Kläger angeführten Rechtsprechung, ein Anspruch werde erst fällig im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist, wenn ihn der Anspruchsteller annähernd beziffern könne (vgl. nur BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 759/12 - Rn. 31 sowie die vom Kläger genannte Entscheidung BAG 1. März 2006 - 5 AZR 511/05 - Rn. 14, BAGE 117, 165), folgt nichts anderes. Sie bezieht sich allein auf die zur Bezifferung erforderlichen Tatsachengrundlagen des Anspruchs, nicht aber auf die Kenntnis der rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs (vgl. BAG 16. Mai 1984 - 7 AZR 143/81 - zu II 1 der Gründe).

19

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Geltendmachung vom 25. September 2008 die Ausschlussfrist auch für den nunmehr streitbefangenen Anspruch auf Zahlung einer diskriminierungsfreien und darum uneingeschränkt dynamisierten persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw wahrte. Dies rügt die Revision der Beklagten mit Erfolg. Eine Geltendmachung dieses Anspruchs iSv. § 37 Abs. 1 TVöD-AT ist erst mit dem Wiederaufnahmeschriftsatz vom 6. Mai 2013 erfolgt.

20

a) Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT ist erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - zu II 2 e aa der Gründe). Der Anspruchsgegner muss ausgehend von seinem Empfängerhorizont erkennen können, um welche Forderung es sich handelt (vgl. BAG 18. März 1999 - 6 AZR 523/97 - zu B II 3 a der Gründe). Das setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt wird, müssen erkennbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich (vgl. BAG 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24). Nur bei einer Geltendmachung, die diesen Anforderungen genügt, wird der Zweck tariflicher Ausschlussfristen, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen, gewahrt.

21

b) Die Geltendmachung vom 25. September 2008 wahrte zwar hinsichtlich der ursprünglich zwischen den Parteien streitigen Berechnung des Abschmelzungsbetrags der persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw die tarifliche Ausschlussfrist. Anders als der Kläger behauptet, hat er nicht (nur) verlangt, dass § 6 TV UmBw „richtig angewandt“ wird - was zur Geltendmachung nicht genügt hätte -, sondern konkret deutlich gemacht, dass, warum und inwieweit er die Berechnung der Zulage durch die Beklagte für unzutreffend hält. Er hat als Grund für den Widerspruch gegen die Neufestsetzung der persönlichen Zulage angegeben: „Die Verringerung um 1/3, bzw. 2/3 der persönlichen Zulage gemäß § 6 TV UmBw bezieht sich nur auf den Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage und nicht wie in meiner Neufestsetzung berechnet wurde, auf die Erhöhung des laufenden Entgeltes“.

22

c) Der nunmehr streitbefangene Anspruch auf Beseitigung der altersdiskriminierenden Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a und Satz 4 Buchst. a TV UmBw wird von der Geltendmachung vom 25. September 2008 dagegen nicht erfasst. Es handelt sich dabei um einen eigenständigen Anspruch, der auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht, und damit um einen anderen Streitgegenstand (zum Streitgegenstandsbegriff vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 454/12 - Rn. 17, BAGE 146, 123). Dies steht der Wahrung der Ausschlussfrist entgegen (vgl. für die Geltendmachung der Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe, die zur Wahrung der Ausschlussfrist für den Anspruch auf Vergütung aus der niedrigeren Vergütungsgruppe grundsätzlich nicht ausreicht, BAG 3. August 2005 - 10 AZR 559/04 - zu II 1 c aa der Gründe). Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, für eine Geltendmachung genüge es, wenn deutlich werde, dass der Arbeitnehmer die Kürzungen nicht akzeptiere und die Zahlung einer höheren persönlichen Zulage verlange, berücksichtigt nicht, dass die Entscheidung des Anspruchsgegners, ob er die geltend gemachte Forderung erfüllen will, gerade von der für die Forderung angeführten (rechtlichen) Begründung abhängt und je nach dem angegebenen Anspruchsgrund völlig unterschiedlich ausfallen kann (vgl. für eine Forderungsmehrheit: BAG 30. Mai 1972 - 1 AZR 427/71 - zu II 1 der Gründe; Dütz Anm. AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 50 unter II). Die Geltendmachung vom 25. September 2008 zielte ausschließlich darauf, dass der Abschmelzungsbetrag sich allein aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage errechne. Dies gab der Beklagten keine Veranlassung zu prüfen, ob sie dem Verlangen des Klägers aus einem ganz anderen rechtlichen Gesichtspunkt, nämlich der altersdiskriminierenden Bevorzugung eines bestimmten Personenkreises, nachkommen wollte. Sie konnte und musste sich darum auch nicht darauf einstellen, unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt Nachzahlungen leisten zu müssen und dafür haushaltsrechtliche Rückstellungen zu bilden.

23

d) Entgegen der Ansicht des Klägers ist auch nicht nur die Differenz zwischen der ursprünglichen und der aktuellen Klageforderung verfallen. Folgte man der Auffassung des Klägers, wäre die Angabe des Anspruchsgrundes zur Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist entbehrlich, es käme allein darauf an, einen bestimmten Betrag zu fordern. Das macht folgendes Beispiel deutlich: Fordert der Arbeitnehmer eine Nachzahlung von 1.000,00 Euro, weil Überstunden, die er in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März geleistet habe, nicht vergütet seien, wäre unter Zugrundelegung der Auffassung des Klägers eine erneute Geltendmachung für eine Forderung entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer später eine Nachzahlung von ebenfalls 1.000,00 Euro für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März fordert, weil er insoweit das geschuldete Grundentgelt nicht erhalten habe. Gerade die Angabe des Anspruchsgrundes ermöglicht aber, wie ausgeführt, dem Anspruchsgegner erst die Prüfung, ob er der Geltendmachung nachkommen will.

24

3. Die Geltendmachung der Nachzahlung der persönlichen Zulage für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis einschließlich Oktober 2012 ist entgegen der Annahme des Klägers auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zuzulassen.

25

a) Allerdings kann der Anspruchsteller dem Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen, wenn der Anspruchsgegner die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen verhindert, ihn von der rechtzeitigen Geltendmachung abhält, weil er in ihm das Vertrauen weckt, er werde auch ohne Geltendmachung den Anspruch erfüllen, oder es pflichtwidrig unterlässt, ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Frist veranlasst hätten (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 397/10 - Rn. 17, BAGE 140, 99; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 28 ff., BAGE 125, 216). Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Die Beklagte hat, anders als der Kläger annimmt, bei diesem durch ihre Zustimmung zur Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Klärung der ursprünglich streitigen Rechtsfrage nicht das Vertrauen geweckt, er werde während des Ruhens keine Fristen versäumen. Der Kläger hat nicht wegen des Ruhens des Rechtsstreits die Ausschlussfrist versäumt, sondern allein deshalb, weil er die altersdiskriminierende Wirkung des § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw nicht erkannt hatte und den Anspruch auf eine diskriminierungsfreie persönliche Zulage nicht geltend gemacht hatte.

26

b) Auch der vom Kläger angestellte Vergleich mit der Rechtsprechung in Überzahlungsfällen geht fehl. Zwar steht der Ausschlussfrist in der Regel der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen, wenn der Arbeitnehmer eine erhebliche Überzahlung nicht anzeigt, obwohl er erkennt, dass dem Arbeitgeber bei der Berechnung der Vergütung ein Irrtum unterlaufen ist (vgl. nur BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, BAGE 136, 54). Der Kläger übersieht jedoch, dass die vorliegende Konstellation damit nicht vergleichbar ist und darum entgegen seiner Ansicht die „wechselseitigen Mitteilungspflichten“ auch keinen unterschiedlichen Maßstäben unterliegen. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs beruht in den Überzahlungsfällen darauf, dass der Arbeitnehmer die Überzahlung und damit den Irrtum des Arbeitgebers erkennt, diesem aber gleichwohl die Informationen vorenthält, die dieser zur Entdeckung des Irrtums benötigt und die ihm die Einhaltung der Ausschlussfrist ermöglichen würden (vgl. BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - aaO). Vorliegend haben die Parteien aber bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des Senats vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -) übereinstimmend die Rechtslage unzutreffend beurteilt. Die Beklagte hat sich nicht einseitig einen Irrtum des Klägers zunutze gemacht, sondern unterlag demselben Irrtum.

27

4. Schließlich ist die Beklagte entgegen der Ansicht des Klägers mit dem Einwand des Ablaufs der Ausschlussfrist auch nicht präkludiert. Der Schriftsatz vom 21. August 2013, in dem die Beklagte erstmals die Versäumung der Ausschlussfrist gerügt hat, ist am letzten Tag der vom Arbeitsgericht gesetzten Frist per Telefax bei Gericht eingegangen. Unabhängig davon wäre der Senat auch an eine zu Unrecht erfolgte Zulassung von Vorbringen gebunden, weil eine etwaige, vom Landesarbeitsgericht akzeptierte Verzögerung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 845/11 - Rn. 37).

28

III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, auf die kürzeren Ausschlussfristen nach dem AGG komme es nicht an, weil der Kläger keine Entschädigung oder Schadenersatz nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG begehre, sondern die Erfüllung der Hauptleistungspflicht der Beklagten durch Zahlung einer höheren und diskriminierungsfreien Vergütung anstrebe. Das greift die Revision der Beklagten nicht an.

29

IV. Der Kläger hat bereits mit dem der Beklagten am 21. Mai 2013 zugestellten Wiederaufnahmeschriftsatz vom 6. Mai 2013 und nicht erst mit der bezifferten Klageerweiterung vom 19. Juni 2013 die Ausschlussfrist für die Ansprüche auf Zahlung einer ungekürzten persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw für die Zeit seit November 2012 gewahrt. Das führt zu einem Nachzahlungsanspruch von 1.075,24 Euro brutto.

30

1. Bereits mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013 hat der Kläger unter Bezug auf das obiter dictum des Senats in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -) geltend gemacht, hinsichtlich des Personenkreises, dem der Kläger angehöre, liege eine unzulässige Altersdiskriminierung vor. Er hat die Beklagte aufgefordert, die Bezüge dementsprechend neu zu berechnen und die daraus folgende Nachzahlung vorzunehmen. Damit hat er bereits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, welcher Forderung er sich berühmt und dass er auf der Erfüllung dieser Forderung besteht. Die Beklagte konnte nach ihrem Empfängerhorizont ohne Weiteres erkennen, um welche Forderung es sich handelte. Auch wenn der Kläger seinen Anspruch in dem Schriftsatz noch nicht beziffert hat, war für die Beklagte, die über das erforderliche Rechenwerk verfügte, die Höhe des Anspruchs mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennbar. Auch konnte sie die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt werden sollte, ebenso erkennen wie den Umstand, dass der Kläger den nunmehr geltend gemachten Anspruch - soweit im Rahmen der Ausschlussfrist möglich - auch rückwirkend geltend machen wollte. Der Vergangenheitsbezug ergab sich aus dem Verlangen, die Bezüge neu zu berechnen und die „Nachzahlung“ vorzunehmen.

31

2. Der Anspruch auf die persönliche Zulage für November 2012 wurde gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT am 30. November 2012, einem Freitag, fällig. Aus den Berechnungen des Klägers, deren rechnerische Richtigkeit die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat, ergibt sich für die Zeit seit November 2012 bis Juni 2013 eine Nachforderung von 1.075,24 Euro brutto. Soweit der Kläger dabei für November und Dezember 2012 statt der zunächst angegebenen Differenz von jeweils 121,52 Euro brutto in der Berufungsbegründung einen Betrag von 129,86 Euro brutto errechnet hat, steht § 37 Abs. 1 TVöD-AT dieser korrigierten Forderungshöhe nicht entgegen. Es handelt sich um einen schlichten Rechenfehler, den der Kläger korrigiert hat. Was der Kläger als Klageziel anstrebt und wie er die Forderung errechnet, konnte die Beklagte ohne Weiteres anhand der Berechnung in der Klageerweiterung erkennen, die Berechtigung dieser Forderung rechtlich und rechnerisch prüfen und sich auf die Erfüllung dieser Forderung einstellen.

32

V. Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

33

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

   Fischermeier   

        

    Spelge    

        

   Krumbiegel     

        

        

        

   Steinbrück   

        

    Lauth     

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2010 - 6 Sa 25/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Unternehmen und kraft Verbandsmitgliedschaft an die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie gebunden. Der Kläger, Mitglied der Industriegewerkschaft Metall, ist seit Jahren bei der Beklagten beschäftigt.

3

In einem zwischen den Landesverbänden der Metall- und Elektroindustrie und den IG-Metall-Bezirksleitungen für alle Standorte der Beklagten abgeschlossenen Ergänzungstarifvertrag vom 11. Juni 2003 ist ua. geregelt:

        

„Die Erhöhung der tariflichen Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen zum 1. Juni 2003 findet nicht statt. Auch die für September 2003 vorgesehene Auszahlung der Strukturkomponente entfällt.“

4

Dieselben Tarifvertragsparteien vereinbarten am 30. September 2003 einen zweiten Ergänzungstarifvertrag (im Folgenden: ErgTV).

5

In diesem ist geregelt:

        

„Präambel

        

…       

        

In den letzten Jahren haben Marktentwicklungen und Strukturveränderungen im elektrotechnischen Anlagenbau in Deutschland zu einer gravierenden Verschiebung auf der Wettbewerberseite, vor allem im mittelständischen Bereich, geführt, die gleichzeitig einen starken Verdrängungseffekt und einen hohen Kostendruck bewirkt hat. Mit den aus seiner Vergangenheit herrührenden Kostenstrukturen kann das Unternehmen diesen Entwicklungen nicht länger begegnen.

        

… Die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektro-Industrie vereinbaren deshalb die nachfolgenden Änderungen und Abweichungen zu den für das Unternehmen geltenden Tarifverträgen.

        

…       

        

§ 2

        

Geltung der hessischen Tarifverträge

        

Ab 1. Januar 2004 gelten für alle Standorte der Firma C innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hessen. …

        

§ 3

        

(1)     

Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen

                 

Bis zum 31. Dezember 2003 gelten die jeweiligen regionalen Tariftabellen mit Stand vom 1. Juni 2002.

                 

Ab 1. Januar 2004 gilt der Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen in der gem. Abs. 1 geltenden Fassung mit den Tabellensätzen vom 1. Juni 2002.

        

(2)     

Zu erwartende Tariferhöhungen

                 

Eine nach Auslaufen des derzeit gültigen Tarifvertrages über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen zu erwartende Tariferhöhung wird erst zum 1. Juli 2004 umgesetzt.

                 

Alle weiteren bis 31. Dezember 2006 zu erwartenden Tariferhöhungen werden jeweils sechs Monate später umgesetzt.

        

…“    

        
6

Die Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV lautet:

        

„Bei Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages werden die Tarifvertragsparteien für C eine Entgeltlinie für die neuen Entgeltgruppen E 1 - E 11 vereinbaren, die den dann geltenden C-Tabellen (Lohn, Gehalt) entsprechen.“

7

Am 30. September 2004 wurde eine Änderung zum Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen. Diese sieht in Ziff. 1 Folgendes vor:

        

„…    

        

(2)     

Das Unternehmen ist bestrebt, die sich aus § 3 Ziff. (1) und (2) ergebenden jeweiligen C-Tabellen über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen schrittweise wieder an die jeweils gültigen Tabellen über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für das Land Hessen heranzuführen. Dazu wird folgende Vereinbarung getroffen:

                 

-       

Ab 1. Januar 2007 erhalten die Mitarbeiter eine Erhöhung ihres tariflichen Grundentgelts um ein Drittel der Differenz, die sich aus den dann für das Land Hessen geltenden Lohn-, Gehalts- und Ausbildungsvergütungen und den dann für das Unternehmen geltenden Tabellen ergibt.

                 

-       

Im 3. Quartal 2007 werden die Tarifvertragsparteien zusammen mit den Betriebsparteien darüber beraten, ob und in welcher Weise eine weitere Heranführung an die für das Land Hessen geltenden Tabellen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und der zukünftigen ERA-Einführung erfolgen kann.

                 

…“    

        
8

Ziff. 3 der Änderung zum Ergänzungstarifvertrag vom 30. September 2004 lautet:

        

„Die übrigen Bestimmungen des Ergänzungstarifvertrages vom 30. September 2003 bleiben unverändert bestehen.“

9

Die Beklagte erhöhte die Tabellenentgelte ab dem 1. Januar 2007 entsprechend. Die Entgeltlinie lag dabei ca. 1,65 % unter der des hessischen Flächentarifvertrags. Ende 2007 verhandelten die Tarifvertragsparteien erfolglos über eine weitere Heranführung an die für das Land Hessen geltenden Entgelttabellen der Fläche. Die Beklagte wandte deshalb weiter die jeweils abgesenkte Entgeltlinie an. Hierzu errechnete der Arbeitgeberverband Hessen-Metall eine Entgeltlinie und übersandte diese an die Beklagte und die IG-Metall.

10

2008 fanden über die Gestaltung der Entgelttabellen nach der Einführung von ERA wiederum ergebnislos Tarifverhandlungen statt.

11

Die Beklagte führte das Entgeltrahmenabkommen (ERA) gemäß einer Vereinbarung der Tarifvertragsparteien vom 6. Oktober 2008 zum 1. April 2009 ein. Daraufhin wurde die Entgeltlinie wie in den Vorjahren vom Arbeitgeberverband errechnet und die Beklagte zahlte lediglich eine im Verhältnis zum Flächentarifvertrag abgesenkte Vergütung.

12

Mit Schreiben vom 8. Juli 2009 machte der Kläger eine Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach dem ERA geltend, was die Beklagte mit Schreiben vom 21. August 2009 ablehnte. Mit der Klage und späteren Klageerweiterungen verfolgt er Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von April 2009 bis Mai 2010.

13

Er hat die Auffassung vertreten, die abgesenkten Entgeltlinien hätten nur bis zur ERA-Einführung gelten sollen. Für die Zeit danach fehle es an einer - die Flächenentgelte verdrängenden - Vereinbarung der Tarifvertragsparteien. Eine einseitige Festsetzung der Entgelte, wie sie die Beklagte vornehme, sei nicht möglich. Deshalb stehe ihm monatlich die Differenzvergütung zum Entgelt des Flächenentgelttarifvertrags zu.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 445,50 Euro brutto nebst monatlichen Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils seit dem Ersten des Folgemonats zu zahlen.

15

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV finde die flächentarifvertragliche ERA-Entgelttabelle nach wie vor keine Anwendung. Die Entgelte seien vielmehr „entsprechend“ den früheren bei der Beklagten gültigen Tabellen zu zahlen.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung nach dem Tabellenentgelt der hessischen Entgelttarifverträge. Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO. Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen zur Höhe und zu einem möglichen Verfall der Ansprüche getroffen hat.

18

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hessen Anwendung, somit auch die Entgelttarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie in Hessen, soweit sich aus dem Ergänzungstarifvertrag als unternehmensbezogenen Verbandstarifvertrag nichts anderes ergibt (vgl. BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 143/10 - Rn. 13).

19

II. Für die Zeit ab Einführung des ERA enthalten die firmenbezogenen Ergänzungstarifverträge keine spezielleren Inhaltsnormen, die die Entgelttabelle des Flächentarifvertrags verdrängen. Dass die Ergänzungstarifverträge im Klagezeitraum gültig waren, ist entgegen der Auffassung der Beklagten für ihre Auslegung und die Frage, ob sie verdrängende Inhaltsnormen enthalten, unerheblich.

20

1. Der Ergänzungstarifvertrag vom 11. Juni 2003 regelt die Erhöhung der tariflichen Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen, die zum 1. Juni 2003 stattfand, § 3 Abs. 2 ErgTV vom 30. September 2003 die Tariferhöhungen bis zum 31. Dezember 2006.

21

Die Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV, wonach die Tarifvertragsparteien bei Einführung des Entgeltrahmentarifvertrags für die Beklagte eine Entgeltlinie für die neuen Entgeltgruppen E 1 - E 11 vereinbaren, die den dann bei der Beklagten geltenden Lohn- und Gehaltstabellen entspricht, enthält keine Rechtsnorm iSd. § 1 Abs. 1 TVG, die den Inhalt der Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer hinsichtlich des Entgelts nach der Einführung von ERA selbst regelt(zur Abgrenzung von Inhaltsnormen und schuldrechtlichen Regelungen, vgl. BAG 24. August 2011 - 4 AZR 566/09 - ZTR 2012, 92; 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).

22

Bereits der Wortlaut steht einer Auslegung, die Tarifvertragsparteien wollten bereits mit der Protokollnotiz eine Inhaltsnorm, dh. einen unmittelbaren Anspruch der normunterworfenen Arbeitnehmer nach den dort festgelegten Bedingungen und damit zugleich eine den Flächenentgelttarifvertrag verdrängende Rechtsnorm schaffen, entgegen. Die Protokollnotiz richtet sich vielmehr an die Tarifvertragsparteien, die eine vom Flächentarifvertrag abweichende Entgeltlinie „vereinbaren“ sollen.

23

Gegen die Auslegung der Protokollnotiz als Inhaltsnorm spricht auch die Mehrdeutigkeit des Begriffs „entsprechen“. Zwar haben die Tarifvertragsparteien bereits 2003 einen Rahmen für ihre Vereinbarungen gesteckt, dieser Rahmen war jedoch ausfüllungsbedürftig und sollte nur Eckpunkte für weitere Tarifverhandlungen setzen. Die Entgelttabellen sollten denen der Beklagten bei der ERA-Einführung „entsprechen“. Das Auffinden einer „entsprechenden“ Regelung bedeutet - wie der Streitfall zeigt - mehr als die Durchführung einer reinen Rechenoperation. Es bestehen verschiedene Berechnungsmöglichkeiten, zumal die früheren in verschiedenen Tarifverträgen enthaltenen Lohn- und Gehaltsgruppen auch nicht ohne Weiteres mit den jetzigen ERA-Entgeltgruppen gleichgesetzt werden können. Der Fall des Klägers zeigt jedenfalls, dass bei ihm die Absenkung nicht genau 1,65 % betrug. Die Beklagte hat die Flächenentgelte nur durchschnittlich um „ca. 1,65 Prozent“ gesenkt. Bei der Berechnung ist der Arbeitgeberverband - wie sich aus der E-Mail an die Beklagte vom 16. Mai 2008 ergibt - „von der üblichen Schlüsselmethode, also ausgehend vom Ecklohn und von den Eckgehältern“ ausgegangen. Im Weiteren hat der Arbeitgeberverband die Belegschaftsanteile und das Entgeltvolumen pro Beschäftigtengruppe, wie die Beklagte in der Revisionserwiderung erläutert hat, gewichtet. Bei der Ausfüllung des Begriffs „entsprechen“ wären aber auch andere Abstände als die früheren zwischen den Entgeltgruppen und andere Gewichtungen möglich. Die Festlegung der Beklagten führt, worauf die Revision zutreffend hinweist, zu unterschiedlichen Werten für die einzelnen Gruppen und stellt keine schematische Anpassung dar.

24

Aus dem Sinn und Zweck der Ergänzungstarifverträge folgt nichts anderes. Zwar sind die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des ErgTV davon ausgegangen, dass Abweichungen zum Flächentarifvertrag und den dazu gehörenden Entgelttarifverträgen im Unternehmen der Beklagten geboten sind (vgl. für den Zeitraum vor der ERA-Einführung, BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 143/10 -). Mögliche Abweichungen vom Flächentarifvertrag waren, wie sich aus der Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV ergibt, auch für die Zeit nach der ERA-Einführung geplant. Diese Verdrängung sollte aber auf einer gesonderten Vereinbarung, auf einem Tarifvertrag, beruhen. 2003 konnte die wirtschaftliche Lage der Beklagten bei der Einführung von ERA, die schließlich am 1. April 2009 stattfand, nicht sicher beurteilt werden. Weder die tarifgebundenen Arbeitnehmer noch die Beklagte konnten annehmen, dass die IG Metall ohne weitere Tarifverhandlungen auf Dauer Absenkungen zu den Entgelten des Flächenentgelttarifvertrags entsprechend der ausfüllungsbedürftigen Eckdaten der Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV zulassen wollte und dass die Verfahrensweise einer einseitigen Festlegung der Entgelte durch den Arbeitgeberverband und der bloßen Mitteilung an die IG Metall auch für die Zeit nach der Einführung von ERA dauerhaft Bestand haben sollte, falls es zu keiner „Vereinbarung“ im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV kommen sollte.

25

2. Die Änderung zum Ergänzungstarifvertrag vom 30. September 2004 verdrängt die Flächenentgelttarifverträge ebenfalls nicht. Mit Rechtsnormcharakter regelt sie nur die Entgelterhöhungen des Jahres 2007. Zwar vereinbarten die Tarifvertragsparteien in § 4 Abs. 2 der Änderung zum Ergänzungstarifvertrag vom 30. September 2004, dass sie im dritten Quartal über eine weitere Heranführung an die für das Land Hessen geltenden Tabellen unter Berücksichtigung der zukünftigen ERA-Einführung beraten würden. Diese Regelung hat aber ebenso wie die Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV nur schuldrechtliche Wirkung.

26

3. Zum Abschluss eines Tarifvertrags ist es für den Klagezeitraum nicht gekommen, Verhandlungen vor und anlässlich der ERA-Einführung sind gescheitert. Die Tarifvertragsparteien haben auch nicht im Nachhinein mit Rückwirkung entsprechende Rechtsnormen auf der Grundlage der Protokollnotiz Nr. 1 zum ErgTV geschaffen.

27

III. Der Kläger hat damit Anspruch auf das monatliche Entgelt nach dem Entgelttarifvertrag für das Tarifgebiet Hessen. Das Landesarbeitsgericht hat zur Höhe der geforderten monatlichen Differenzvergütung, auch im Hinblick auf die Leistungszulage, noch Feststellungen zu treffen. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus festzustellen haben, ob und inwieweit die monatlichen Ansprüche nach § 29 MTV für die Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 20. Juli 2005, gültig ab 1. Januar 2006, rechtzeitig geltend gemacht worden sind. Bei der Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist handelt es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung, die vom Schuldner darzulegen ist (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 490/10 - Rn. 25, EzA AEntG § 1a Nr. 8). Wenn die Anwendbarkeit - wie im Streitfall - unstreitig ist, hat der Gläubiger die Voraussetzungen der Anspruchserhaltung als anspruchsbegründende Tatsache (wie zB schriftliche Geltendmachung) darzulegen. Unterbleibt dies, ist die Klage unschlüssig. Die Nichteinhaltung der Fristen ist - anders als die Verjährung einer Forderung - eine Einwendung, die „von Amts wegen“ zu beachten ist und auf die sich der Schuldner nicht berufen muss ( BAG 25. Januar 2006 - 4 AZR 622/04 - Rn. 51 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 22 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 55; 25. Januar 2012 - 4 AZR 15/10 - Rn. 46 ).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Dittrich    

        

    Busch    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.