Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 21. Nov. 2018 - 4 Sa 81/18

bei uns veröffentlicht am21.11.2018
vorgehend
Amtsgericht Bayreuth, 1 Ca 452/17, 10.01.2018

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 10.01.2018, Az.: 1 Ca 452/17, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung, einer Anfechtung gem. § 119 II BGB sowie einer hilfsweisen fristlosen und ordentlichen Kündigung.

Die 1988 geborene Klägerin war bei dem Beklagten aufgrund des befristeten Arbeitsvertrags vom 07.10.2014 (Bl. 50 - 52 d.A.) zunächst im Zeitraum 16.10.2014 bis 30.09.2015 als Bewährungshelferin am Landgericht A-Stadt beschäftigt.

Während dieser Zeit wurde die Klägerin am 15.05.2015 Mutter einer Tochter; sie brachte nach Ablauf des Beschäftigungsverbotes im Zeitraum 21.07. bis 19.08.2015 Erholungsurlaub ein und ging danach bis zum Ende des befristeten Vertrages in Elternzeit.

Mit befristetem Vertrag vom 12.11.2015 (Bl. 53, 54 d.A.) wurde sie für die Zeit vom 01.12.2015 bis 21.12.2016 wieder als Bewährungshelferin beim Landgericht A-Stadt beschäftigt; im Arbeitsvertrag sind als Befristungsgründe für Dezember 2015 die Teilabordnung des Bewährungshelfers A. sowie für das Jahr 2016 die Vertretung für die Dauer der Elternzeit der Sozialinspektorin beim Landgericht A-Stadt B. benannt. Dieser befristete Vertrag wurde mit Vertrag vom 20.10.2016 (Bl. 55, 56 d.A.) bis 14.03.2017 verlängert; als Vertretungsgrund war wiederum die Elternzeit der Sozialinspektorin B. genannt. Mit Vertrag vom 13.12.2016 (Bl. 57, 58 d.A.) erfolgte eine erneute Verlängerung der Befristung bis 21.06.2017; in dem Vertrag wurde als Befristungsgrund die Vertretung der Sozialoberinspektorin B. für die Dauer der Beschäftigungsverbote gem. §§ 3 Absatz 2, 6 Absatz 1 MuSchG angegeben. Die beim Landgericht A-Stadt als Bewährungshelferin tätige Mitarbeiterin B. befand sich im Zeitraum vom 01.01.2016 bis März 2017 in Elternzeit und wurde während der Elternzeit ein zweites Mal schwanger; voraussichtlicher Entbindungstermin für das zweite Kind war laut ärztlicher Bescheinigung (Bl. 152 d.A.) der 26.04.2017, der Beginn der Schutzfristen nach dem MuSchG demnach der 15.03.2017.

Die Parteien schlossen am 10.05.2017 einen unbefristeten Arbeitsvertrag (Bl. 67, 68 d.A.) mit Wirkung zum 01.06.2017 über die Tätigkeit als Ganztagskraft im Bewährungshilfedienst ab.

Unter dem 15.05.2017 erging gegen die Klägerin ein Strafbefehl wegen Betruges (Bl. 73 -75 d.A.) in welchem eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 35 Tagessätzen á 65,- € verhängt wurde. Der Klägerin wurde vorgeworfen, in ihrem Antrag vom 27.07.2015 auf Gewährung von Elterngeld für den Zeitraum vom 15.08.2015 bis 14.01.2016 bewusst unrichtig angegeben zu habe, im Bezugszeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen und auch keinen Urlaub aus einer Erwerbstätigkeit zu nehmen, obwohl sie bis einschließlich 19.08.2015 Resturlaub eingebracht habe. Ferner habe sie dem Leistungsträger nicht mitgeteilt, dass sie seit dem 01.12.2015 wieder in ihre vorherige Tätigkeit zurückgekehrt sei. Auf ihren Einspruch hin wurde die Klägerin durch Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 12.06.2017 (Bl. 76 - 78 d.A.) wegen Betruges verwarnt. Aufgrund der Berufung der Staatsanwaltschaft wurde die Klägerin durch Urteil der 2. Kleinen Strafkammer des Landgerichts A-Stadt vom 10.10.2017 (Bl. 126 - 130 d.A.) zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 40,- € verurteilt.

Die Klägerin hat das zu Unrecht bezogene Elterngeld in Höhe von 1.297,47 € im November 2016 an den betroffenen Leistungsträger, das ZBFS, zurückgezahlt.

Mit Schreiben vom 16.05.2017 (Bl. 6, 7 d.A.) hat der Beklagte, vertreten durch den Präsidenten des Landgerichts A-Stadt, den Arbeitsvertrag vom 10.05.2017 gemäß § 119 II BGB wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Klägerin angefochten. Mit Schreiben vom 29.05.2017 (Bl. 8 d.A.) kündigte er hilfsweise das unbefristete Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund und hilfsweise ordentlich.

Mit ihrer zum Arbeitsgericht Bayreuth erhobenen Klage vom 16.06.2017 greift die Klägerin, die bis 21.06.2017 als Bewährungshelferin tatsächlich beschäftigt wurde, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 21.06.2017, die erklärte Anfechtung des Vertrages vom 10.05.2017 und die mit Schreiben vom 29.05.2017 erklärten Kündigungen an.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens in dem erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Bayreuth hat mit Endurteil vom 10.01.2018 die Klage abgewiesen.

Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe infolge wirksamer Befristung zum 21.06.2017 geendet; ein unbefristeter Arbeitsvertrag sei wegen der erfolgreichen Anfechtung des Beklagten nach § 119 II BGB nicht zustande gekommen.

Die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 21.06.2017 sei mit Sachgrund erfolgt und damit rechtswirksam gem. § 14 I Satz 1 i.V.m. Satz 2 Ziffer 3 TzBfG. Angesichts der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Dr. C. stehe fest, dass die Mitarbeiterin B. im Zeitraum vom 15.03. bis 21.06.2017 wegen der Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung ihres zweiten Kindes nicht beschäftigt werden durfte. Die Stelle der als Bewährungshelferin tätigen B. sei unstrittig seit 01.01.2016 durch diese nicht besetzt gewesen und auch im maßgeblichen Zeitraum vom 15.03. bis 21.06.2017 habe für sie infolge der Beschäftigungsverbote ein Vertretungsbedarf bestanden.

Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sei zwischen den Parteien nicht wirksam zustande gekommen, da der Vertrag vom 10.05.2017 infolge wirksamer Anfechtung mit Schreiben vom 16.05.2017 nach § 119 II BGB als nichtig anzusehen sei, § 142 I BGB.

Nach § 119 II BGB könne eine Anfechtung dann erfolgen, wenn der Anfechtende bei Abgabe einer Willenserklärung im Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person gewesen sei. Im Arbeitsrecht könne eine strafgerichtliche Verurteilung dann eine solche Anfechtung rechtfertigen, wenn das entsprechende Delikt einen Bezug zum Aufgabenbereich des Arbeitnehmers habe, so dass sich aus der strafgerichtlichen Verurteilung die fehlende persönliche Eignung gerade für die arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben ergebe. Vorliegend sei dies angesichts des Aufgabenbereichs der Klägerin der Fall: Sie habe als Bewährungshelferin für die ihr zugeteilten Probanden dafür zu sorgen, dass diese künftig ein straffreies Leben führten, und insoweit eine Vorbildfunktion auszufüllen. Eine eigene Straffälligkeit führe dazu, dass diese Vorbildfunktion gerade nicht mehr überzeugend dem Probanden gegenüber dargestellt und vorgelebt werden könne. Hierdurch habe sich die Klägerin in ihrer Funktion gegenüber ihren Probanden angreifbar gemacht.

Die Anfechtung sei auch unverzüglich i.S.d. § 121 BGB erfolgt und führe zur Unwirksamkeit der dem Abschuss des unbefristeten Vertrages zwischen den Parteien zugrundeliegenden Willenserklärung des Beklagten, § 142 I BGB.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.01.2018 zugestellte Urteil haben diese mit Telefax vom 22.02.2018 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 11.04.2018 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax von diesem Tag begründet.

Die Klägerin meint, die erklärte Anfechtung sei nicht gerechtfertigt, denn sie sei nicht verpflichtet gewesen, das gegen sie laufende Ermittlungsverfahren mitzuteilen. Selbst eine Verurteilung hätte sie nicht mitteilen müssen, da in ein erweitertes Führungszeugnis erst Verurteilungen ab einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen aufgenommen würden. Sie habe sich deshalb erfolgreich bei dem Beklagten bewerben und sich hierbei als unbestraft bezeichnen dürfen. Zu Unrecht habe das Erstgericht entscheidend auf eine Vorbildfunktion der Bewährungshelfer abgestellt. Bewährungshelfer hätten die Aufgaben, den Verurteilten bei ihrer Lebensbewältigung helfend und betreuend zur Seite zu stehen und mit ihnen an der Verhinderung neuer Straftaten zu arbeiten. Die Erfüllung gerichtlicher Auflagen und Weisungen sei zu überwachen und über die Lebensführung der Verurteilten zu berichten. Diese ihr obliegenden Verpflichtungen könne sie trotz ihrer geringfügigen Straffälligkeit weiterhin erfüllen. Es fehle ihr nicht an der Eignung, weiterhin als Bewährungshelferin eingesetzt zu werden. Das einmalige außerdienstliche Vergehen führe nicht zum Wegfall ihrer jahrelang erworbenen Kompetenz. Das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch laufende Ermittlungsverfahren sei für den Dienstvorgesetzten nicht entscheidungserheblich gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe er nach dem Vorliegen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder Vorstrafen gefragt. Die erst danach erfolgte Verurteilung sei für den Vertragsschluss ebenfalls unerheblich. Ihr Vergehen habe keinen unmittelbaren Bezug zu ihrem Arbeitsverhältnis. Auf eine generelle Unzuverlässigkeit und Ungeeignetheit könne nicht geschlossen werden.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

  • 1.Das am 10.01.2018 verkündete und am 24.01.2018 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichtes A-Stadt, Az.: 1 Ca 452/17 wird aufgehoben.

  • 2.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht aufgrund wirksamer Befristungsabrede zum 21.06.2017 beendet worden ist.

  • 3.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 21.06.2017 zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

  • 1.Die Berufung der Klägerin vom 22.02.2018 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 10.01.2018, Aktenzeichen: 1 Ca 452/17, wird zurückgewiesen.

  • 2.Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Er behauptet, bei Abschluss des Vertrages vom 10.05.2017 habe beim Präsidenten des Landgerichts A-Stadt eine Fehlvorstellung hinsichtlich der persönlichen Eignung der Klägerin bestanden. Dieser habe keine Kenntnis von der durch die Klägerin begangenen Straftat des Sozialbetrugs gehabt. Beim Landgericht A-Stadt würden Bewährungshelfer nicht eingestellt, wenn sie Straftaten begangen haben. Auch das Bayerische Staatsministerium der Justiz verlange, dass sich Bewährungshelfer überhaupt nicht strafbar gemacht haben. Die Arbeit der Bewährungshelfer solle straffällig gewordenen Menschen ein straffreies Leben sowie eine nachhaltige und produktive Integration in die Gesellschaft ermöglichen. Die Begehung einer eigenen Straftat - zumal im regionalen Zuständigkeitsbereich der Dienststelle - mache einen Bewerber für diese Tätigkeit ungeeignet. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Strafrichtern vor Ort sei nach dem von der Klägerin begangenen Sozialleistungsbetrug nicht mehr gegeben. Dies gelte auch für eine unbelastete Zusammenarbeit mit den örtlichen Trägern der öffentlichen Leistungsverwaltung. Da die Begehung der Straftat wegen des Bezugs zu ihrer Tätigkeit die fehlende persönliche Eignung der Klägerin begründe, sei nicht darauf abzustellen, wann ihre rechtskräftige Verurteilung erfolgt sei. Ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes habe sich auch außerdienstlich so zu verhalten, dass das Ansehen des öffentlichen Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werde. Auf die unterlassene Mitteilung des laufenden Ermittlungsverfahrens und das Vorliegen einer arglistigen Täuschung werde die Anfechtung nicht gestützt.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, § 69 II ArbGG.

Gründe

I.

Die Berufung ist nur zum Teil zulässig.

Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

Ausreichend begründet worden ist die Berufung nur, soweit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 21.06.2017 hinaus geltend gemacht und dies auf die Unwirksamkeit der erklärten Anfechtung des Vertrages vom 10.05.2017 gestützt wird.

Soweit die Feststellung begehrt wird, dass das Arbeitsverhältnis nicht infolge wirksamer Befristungsabrede zum 21.06.2017 beendet worden ist, enthält die Berufungsbegründung keine Angriffe gegen die Feststellungen und rechtlichen Wertungen des Ersturteils im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung der Befristung des Vertrages vom 13.12.2016 gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG (vgl. BAG v. 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - NZA 2011, 62; v. 28.05.2009 - 2 AZR 223/08 - AP Nr. 2 zu § 520 ZPO; jeweils m.w.N.).

II.

Die Berufung ist sachlich nicht begründet.

Das Erstgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen, denn das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete aufgrund wirksamer Befristungsabrede im Vertrag vom 13.12.2016 zum 21.06.2017 und der auf die unbefristete Weiterbeschäftigung der Klägerin gerichtete Vertrag vom 10.05.2017 ist von dem Beklagten erfolgreich gem. § 119 Abs. 2 BGB angefochten worden.

1. Die Wirksamkeit der Befristungsabrede im Vertrag vom 13.12.2016 ist vom Berufungsgericht wegen der diesbezüglichen Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht zu überprüfen. Damit steht rechtskräftig fest, dass das mit Vertrag vom 13.12.2016 bis 21.06.2017 verlängerte Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt rechtlich geendet hat.

2. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt der letzten Befristung hinaus wurde von den Parteien zwar mit Vertrag vom 10.05.2017 vereinbart, dieser Vertrag ist jedoch mit Schreiben vom 16.05.2017 von dem Beklagten erfolgreich angefochten und damit rechtlich wieder beseitigt worden, §§ 119 Abs. 2, 121, 143 Abs. 1, 142 BGB.

Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen und von einer rein wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind nur folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:

a) Der Abschluss eines Arbeitsvertrages kann von dem Arbeitgeber gemäß § 119 Absatz 2 BGB angefochten werden, wenn er sich bei Abschluss des Vertrages über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Arbeitnehmers in einem Irrtum befunden hat.

Die Eigenschaft einer Person ist dann verkehrswesentlich, wenn sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung und die zu leistende Arbeit von Bedeutung und nicht nur vorübergehender Natur ist. Sie muss sich auf die Eignung der Person für die Arbeit auswirken (vgl. BAG vom 06.09.2012 - 2 AZR 270/11 - NZA 2013, 1087,1090).

Die Eigenschaft einer Person kann auch eine Vorstrafe betreffen, die die Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Geeignetheit für die berufliche Tätigkeit betrifft. Außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers können selbst dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine jederzeit integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit.

Außerdienstliches strafbares Verhalten vermag die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch wird das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert. Diese Besorgnis besteht dann umso mehr, wenn die Straftat im regionalen Zuständigkeitsbereich der Dienststelle begangen worden ist (vgl. BAG vom 10.04.2014 - 2 AZR 684/13 - NZA 2014, 1197, 1199; LAG Düsseldorf vom 08.03.2013 - 5 Sa 684/11 - in juris).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die von der Klägerin begangene Straftat des Betruges zum Nachteil eines staatlichen Leistungsträgers geeignet, ihre Eignung für die Tätigkeit einer Bewährungshelferin auszuschließen, denn diese Straftat betrifft unmittelbar den dienstlichen Verantwortungsbereich. Bewährungshelfer haben verurteilten Straftätern (Probanden) helfend und betreuend zur Seite zu stehen. Sie haben die Aufgabe, den Probanden Hilfestellung zur Lebensbewältigung zu geben und mit diesen an der Verhinderung neuer Straftaten zu arbeiten. Hierbei vernetzen sich die Bewährungshelfer auch mit anderen Einrichtungen und Stellen, die an der Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaften mitwirken. Im Einvernehmen mit dem Gericht überwachen die Bewährungshelfer die Erfüllung der Auflagen und Weisungen durch die Probanden. Sie berichten über die Lebensführung der Verurteilten in Zeitabständen, die das Gericht bestimmt. Gröbliche und beharrliche Verstöße gegen Bewährungsauflagen müssen sie dem Gericht unverzüglich mitteilen. Die Betreuung der Probanden und die Aufsicht über diese stehen gleichrangig gegenüber (so die Information des bayerischen Staatsministeriums der Justiz über das Berufsbild des Bewährungshelfers). Als Voraussetzung für die Einstellung als Bewährungshelfer verlangt das bayerische Staatsministerium der Justiz dessen charakterliche Eignung (keine Vorstrafen), nachgewiesen durch ein erweitertes Führungszeugnis (§ 30a BZRG).

Von diesen Vorgaben des Ministeriums hat sich der Präsident des Landgerichts A-Stadt bei seiner Anfechtungserklärung vom 16.05.2017 leiten lassen, und zwar unabhängig von dem zu erwartenden und später verhängten Strafmaß. Er geht nämlich zutreffend davon aus, dass die Begehung einer Straftat dann, wenn diese unmittelbaren Bezug zu der geschuldeten Tätigkeit des Bewährungshelfers hat, dessen Eignung ausschließt. Er bietet dann nämlich nicht die Gewähr dafür, den verurteilten Straftätern zuverlässig und glaubwürdig die Unterstützung geben zu können, die erforderlich ist, um sie zu einem künftig straffreien Leben anzuhalten. Insofern sind die Glaubwürdigkeit des Bewährungshelfers und seine persönliche Integrität in Bezug auf die Abstinenz strafbaren Verhaltens berührt. Dies gilt auch für die Einschätzung der Zuverlässigkeit des Bewährungshelfers bei der Unterstützung der Probanden im Umgang mit staatlichen Leistungsträgern, da die Straftat der Klägerin gerade in diesem Bereich von ihr begangen worden ist.

Die fehlende Eignung ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere daraus, dass die Straftat im regionalen Zuständigkeitsbereich der Dienststelle der Klägerin begangen worden ist, durch das das durchgeführte Strafverfahren in Beziehung zu der örtlichen Strafgerichtsbarkeit ebenso empfindlich beeinträchtigt worden ist wie zu den lokalen Trägern staatlicher Leistungsverwaltung. Die Tätigkeit der Klägerin als Bewährungshelferin setzt sowohl ein ungestörtes Vertrauensverhältnis zu den örtlichen Strafrichtern voraus als auch den Sachbearbeitern der staatlichen Leistungsverwaltung, mit denen die Klägerin bei ihrer Dienstausübung unmittelbar zu tun hat.

Unter Berücksichtigung dieser konkreten Umstände kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, wegen der Höhe der verhängten Geldstrafe würde ihre Verurteilung nicht in ein erweitertes Führungszeugnis gemäß § 30a BZRG Eingang finde, wäre sie berechtigt gewesen, auf Nachfrage ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren oder eine bereits verhängte Vorstrafe zu verschweigen. Die Anfechtung wird demnach nicht auf eine arglistige Täuschung der Klägerin gemäß § 123 Absatz 1 BGB gestützt, sondern ausweislich des Inhalts der Anfechtungserklärung ausdrücklich auf einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft im Rahmen des § 119 Absatz 2 BGB. Insoweit kann eine begangene Straftat auch dann die fehlende Eignung eines Bewährungshelfers begründen, wenn eine geringere als die in § 32 Absatz 2 genannte Geldstrafe von 90 Tagessätzen verhängt worden ist.

Der Präsident des Landgerichts A-Stadt hat sich darauf berufen, bei Abschluss des Vertrages vom 10.05.2017 keine Kenntnis von der Straffälligkeit der Klägerin und dem laufenden Ermittlungsverfahren gehabt zu haben. Ihm sind von der Klägerin keine konkreten Gegentatsachen entgegengehalten worden, weshalb der Sachvortrag des § 138 Absatz 3 ZPO als zugestanden gilt.

Die Anfechtungserklärung vom 16.05.2017 wurde der Klägerin gegenüber innerhalb der Frist des § 121 BGB abgegeben und hat mit Zugang den Vertrag vom 10.05.2017 wieder rechtswirksam beseitigt, §§ 142, 143 Absatz 1 BGB.

III.

1. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, da der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird, ob eine begangene Straftat der Beschäftigung als Bewährungshelfer auch dann entgegensteht, wenn sie wegen der Höhe der verhängten Geldstrafe nicht in ein erweitertes Führungszeugnis aufzunehmen ist.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

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die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. März 2011 - 15 Sa 64/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie dieses die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts Stuttgart im Urteil vom 29. April 2010 - 4 Ca 4246/09 - zurückgewiesen hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. April 2009 nicht aufgelöst worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Anfechtung sowie einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte ist ein Automobilhersteller mit mehreren tausend Beschäftigten. Der Kläger bewarb sich bei ihr Ende 2006, Anfang 2007 von sich aus um eine Stelle. Er beschrieb sich dabei als Personenschützer mit langjähriger Erfahrung.

3

Anfang 2007 schrieb die Beklagte intern eine Stelle „Fahrer/in Fahrdienste Geschäftsleitung“ aus. In der Ausschreibung heißt es:

        

„Aufgaben:

-       

Durchführung von Fahrdiensten für die Geschäftsleitung

                 

-       

Übernahme von Aufgaben im Personen- und Begleitschutz

                 

-       

Durchführung von personenbezogenen Schutzmaßnahmen

                 

…“    

4

Aufgrund seiner schon vorliegenden Bewerbung fand am 23. Mai 2007 ein Bewerbungsgespräch zwischen dem Kläger sowie dem Leiter Konzernsicherheit und der Personalreferentin der Beklagten statt. Anschließend vermittelte die Beklagte den Kläger an ein Wach- und Sicherheitsunternehmen. Dieses schloss mit ihm einen Arbeitsvertrag als Sicherheitsfachkraft und setzte ihn bei der Beklagten ein.

5

Am 15. November 2007 schlossen die Parteien mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 einen Arbeitsvertrag. Nach Nr. 2 des Vertrags übernahm der Kläger „die Funktion Fahrer Geschäftsleitung im Bereich Unternehmenssicherheit-Fahrdienste Geschäftsleitung“.

6

Am 22. November 2007 unterschrieb der Kläger einen Personalbogen. In dem Feld „Bewerbung als“ war „Vorstandsfahrer“ und in dem Feld „Kurztext Tätigkeit“ war „Fahrer Geschäftsleitung“ eingetragen. Auf die Frage: „Sind Sie einschlägig (bezogen auf die angestrebte Tätigkeit) vorbestraft oder schwebt ein entspr. Verfahren?“ gab der Kläger „nein“ an. In Wirklichkeit war er nach einer Auseinandersetzung, die sich im Januar 2002 im Rahmen einer Tätigkeit als Türsteher ereignet hatte, durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 10. Februar 2003 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden.

7

Im Sommer/Herbst 2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, die für die Beantragung eines Waffenscheins nötigen Unterlagen beizubringen.

8

Ende Oktober 2008 geriet der Kläger außerdienstlich in einen Streit um einen freien Parkplatz. Am 10. Dezember 2008 wurde er aufgrund dieses Vorfalls wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt. Der betreffende Strafbefehl wurde am 3. März 2009 rechtskräftig.

9

Anlässlich einer Festveranstaltung der Beklagten am 28. Januar 2009, an welcher auch der Ministerpräsident des Landes teilnahm, überprüfte dessen Personenschutz-Kommission das eingesetzte Sicherheitspersonal. Danach wurde der Beklagten mitgeteilt, der Kläger dürfe sich nicht in der Nähe des Ministerpräsidenten aufhalten, da sich ein „positiver Befund“ ergeben habe. Daraufhin kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und drei Mitarbeitern der Beklagten um den Sachverhalt aufzuklären. Anschließend stellte die Beklagte den Kläger von seiner Arbeitsleistung frei.

10

Am 13. Februar 2009 wurde der Kläger von der Beklagten gefragt, ob ihm Hinderungsgründe für die Erteilung eines Waffenscheins bekannt seien. Der Kläger verneinte dies und versicherte, nicht einschlägig vorbestraft zu sein.

11

Mit Schreiben vom 13. März 2009 lehnte die Stadt Stuttgart die Erteilung eines Waffenscheins für den Kläger mangels „Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG“ ab. Zur Begründung wurde auf die Vorfälle, welche zur Verhängung einer Geldstrafe geführt hatten, und darauf verwiesen, dass weitere Strafverfahren wegen Körperverletzung eingestellt oder die Geschädigten auf den Privatklageweg verwiesen worden waren. Zudem sei der Kläger vom Polizeiposten seines ehemaligen Wohnorts als „gewalttätig“ eingestuft worden.

12

Eine vom Kläger beim zuständigen Landeskriminalamt eingeholte - und von ihm selbst der Beklagten bekannt gegebene - Auskunft vom 17. März 2009 enthielt den Hinweis auf folgende Ermittlungsverfahren:

        

„1.1   

Anzeige der Polizeidirektion … wegen Beleidigung und Körperverletzung am 25.10.2008.

        

1.2     

Anzeige des Polizeipräsidiums … wegen Körperverletzung am 01.01.2007.

        

1.3     

Anzeige des Polizeipräsidiums … wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung am 27.01.2002.

        

1.4     

Anzeige des Polizeipräsidiums … wegen Körperverletzung am 02.09.2000.“

13

Die beiden Schreiben wurden dem Kläger in einem Gespräch am 26. März 2009 im Beisein eines Betriebsratsmitglieds vorgehalten. Der Kläger erklärte, ihm seien die Vorgänge nicht bekannt.

14

Am 30. März 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Tat- und Verdachtskündigung an. Am 1. April 2009 teilte dieser mit, er nehme die Kündigungsabsicht zur Kenntnis. Mit Schreiben vom 2. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30. Juni 2009. Mit weiterem Schreiben vom selben Tag erklärte sie „die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung im Einstellungsgespräch am 23.05.2007“.

15

Der Kläger hat mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage die Auffassung vertreten, Kündigung und Anfechtung seien unwirksam. Er sei als Fahrer und nicht als Personenschützer eingestellt worden. Die Beklagte habe ihn sowohl im Mai 2007 als auch im Januar 2009 nur pauschal nach Vorstrafen gefragt. Diese Frage habe er berechtigterweise verneint, da er sich nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes als unbestraft habe bezeichnen dürfen und den seinen Verurteilungen zugrunde liegenden Sachverhalt nicht habe offenbaren müssen.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Anfechtung noch durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. April 2009 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fahrer Geschäftsleitung im Bereich Unternehmenssicherheit/Fahrdienste (MU.2) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe den Arbeitsvertrag sowohl wegen arglistiger Täuschung als auch wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft wirksam angefochten. Sie habe den Kläger im Einstellungsgespräch am 23. Mai 2007 ausdrücklich danach gefragt, ob er als Täter oder Teilnehmer in Straftaten verwickelt, dies jemals gewesen oder in letzter Zeit angezeigt worden sei. Das habe dieser bewusst wahrheitswidrig verneint. Für die Beschäftigung als Fahrer und Personenschützer im Bereich Unternehmenssicherheit sei Zuverlässigkeit das oberste Auswahlkriterium. Sie hätte den Kläger nicht eingestellt, wenn sie von den tatsächlichen Umständen gewusst hätte. Zudem ergebe sich aus den Verurteilungen und mehreren Anzeigen wegen Körperverletzung, dass der Kläger nicht in der Lage sei, in nervlich angespannten Situationen Ruhe zu bewahren, und zu Gewalttätigkeiten neige. Damit fehle ihm eine für den Bereich der Unternehmenssicherheit unverzichtbare Eigenschaft.

18

Der Umstand, dass sie den Kläger wegen seiner Vorstrafen für den Bereich der Unternehmenssicherheit nicht einsetzen könne, berechtige sie ferner zur außerordentlichen Kündigung. Ein wichtiger Grund liege zudem in den wahrheitswidrigen Angaben des Klägers. So habe er noch am 28. Januar 2009 berechtigte Fragen wahrheitswidrig verneint. In jedem Fall sei eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt.

19

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die ordentliche Kündigung nicht als unwirksam ansehen. Das angegriffene Urteil war insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

21

I. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts richtet, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die Anfechtung noch durch die außerordentliche Kündigung vom 2. April 2009 aufgelöst worden.

22

1. Die Anfechtung vom 2. April 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

23

a) Die Beklagte vermag die Anfechtung nicht auf § 123 Abs. 1 BGB zu stützen. Es liegt keine arglistige Täuschung im Sinne dieser Bestimmung vor.

24

aa) Die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung zulässigerweise gestellten Frage kann den Arbeitgeber nach § 123 Abs. 1 BGB dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, wenn die Täuschung für dessen Abschluss ursächlich war(BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 16, AP BGB § 123 Nr. 70 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 11). Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer bei der Einstellung nach Vorstrafen fragen, wenn und soweit die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies „erfordert“, dh. bei objektiver Betrachtung berechtigt erscheinen lässt (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 1 b bb der Gründe, BAGE 91, 349). Auch die Frage nach noch anhängigen Straf- oder Ermittlungsverfahren kann zulässig sein, wenn solche Verfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen können. Dem steht die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen. Diese bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat. Daraus ergibt sich nicht, dass aus einem anhängigen Ermittlungs- oder Strafverfahren für den Beschuldigten überhaupt keine Nachteile entstehen dürften (BAG 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 296; 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 1 b cc der Gründe, BAGE 91, 349). Eine Einschränkung des Fragerechts kann sich im Einzelfall aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bewerbers, dem Datenschutzrecht oder - in den Fällen abgeschlossener Straf- und Ermittlungsverfahren - den Wertentscheidungen des § 53 BZRG ergeben(vgl. zu letzterem BAG 21. Februar 1991 - 2 AZR 449/90 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 35 = EzA BGB § 123 Nr. 35; offengelassen in 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - zu I 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 115, 296; MüArbR/Buchner 3. Aufl. § 30 Rn. 346; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 26 Rn. 35; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 281).

25

bb) Das Verschweigen nicht nachgefragter Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Offenbarungspflicht besteht (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 41, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Eine solche Pflicht ist an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände entweder dem Bewerber die Erfüllung seiner vorgesehenen arbeitsvertraglichen Leistungspflicht von vornherein unmöglich machen oder doch für die Eignung für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAG 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe).

26

cc) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) Arbeitgeber entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Arbeitgeber. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 43, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).

27

dd) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Streitfall fehle es an einer arglistigen Täuschung im Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das gilt unabhängig davon, ob die Beklagte - wie sie behauptet - den Kläger danach gefragt hat, ob er als Täter oder Teilnehmer in Straftaten verwickelt, dies jemals gewesen oder in letzter Zeit angezeigt worden sei, oder ob sie ihn - wie dieser behauptet - nur allgemein nach Vorstrafen gefragt hat.

28

(1) Auf die von der Beklagten - gleich in welcher der beiden Formen - gestellte Frage nach Vorstrafen und Strafanzeigen musste der Kläger nicht wahrheitsgemäß antworten. Weder mit ihrem vom Kläger behaupteten noch mit dem von der Beklagten vorgetragenen Inhalt war die Frage auf objektiv einschlägige Straftaten - dh. auf solche, die für die Eignung für einen ins Auge gefassten künftigen Aufgabenbereich relevant wären - bzw. auf Vorstrafen und Anzeigen wegen objektiv einschlägiger - und dementsprechend von der Beklagten konkret benannter - Delikte oder Deliktsbereiche begrenzt. Die Beklagte fragte den Kläger vielmehr ohne eine gegenständliche Beschränkung nach möglichen Vorstrafen und Anzeigen jeder Art. Damit ging sie über ihr schutzwürdiges Informationsinteresse hinaus und war der Kläger zu einer der Wahrheit entsprechenden Antwort rechtlich nicht verpflichtet.

29

(2) Der Kläger war auch nicht von sich aus zur Offenlegung seiner Vorstrafe aus dem Jahr 2003 verpflichtet.

30

(a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, für die Beurteilung des Umfangs einer Offenbarungspflicht sei die für den Kläger vorgesehene Tätigkeit als „Fahrer Geschäftsleitung“ maßgebend gewesen. Dass mit ihr Aufgaben des Personenschutzes verbunden sein würden, sei vor Vertragsschluss nicht, jedenfalls nicht hinreichend deutlich erkennbar geworden. Diese Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

31

(aa) Laut Arbeitsvertrag vom 15. November 2007 wurde der Kläger als „Fahrer Geschäftsleitung im Bereich Unternehmenssicherheit-Fahrdienste Geschäftsleitung“ eingestellt. Dies entspricht inhaltlich der Angabe in dem eine Woche nach Abschluss des Arbeitsvertrags ausgefüllten Personalbogen. Dass mit der Tätigkeit als Fahrer auch Personenschutzaufgaben verbunden wären, ist beiden Schriftstücken nicht zu entnehmen. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Tätigkeit im Organisationsbereich „Unternehmenssicherheit - Fahrdienste Geschäftsleitung“ angesiedelt war. Die Angabe des Bereichs sagt nichts über das Tätigkeitsprofil des einzelnen dort beschäftigten Arbeitnehmers aus.

32

(bb) Aus der Ausschreibung vom 7. Mai 2007 - deren Kenntnis der Kläger ohnehin bestritten hat - sowie dem von der Beklagten behaupteten Inhalt des Vorstellungsgesprächs am 23. Mai 2007 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Dieses hat nicht zu einer Einstellung bei der Beklagten, sondern bei einem anderen Arbeitgeber geführt. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe einen hinreichenden Bezug zwischen dem Vorstellungsgespräch und dem ein halbes Jahr später zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag nicht dargelegt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn Gegenstand des Gesprächs auch eine Tätigkeit als Personenschützer gewesen sein sollte, musste der Kläger angesichts der Tätigkeitsbezeichnung im Arbeitsvertrag ein halbes Jahr später nicht notwendig erkennen, dass ihm zum 1. Januar 2008 eine solche Aufgabe übertragen werden sollte.

33

(b) Unter diesen Umständen verhielt sich der Kläger nicht arglistig iSv. § 123 Abs. 1 BGB, weil er seine Vorstrafe verschwieg. Selbst wenn die Auslegung der getroffenen Vertragsabsprachen gemäß §§ 133, 157 BGB ergeben sollte, dass die Parteien aus objektiver Sicht auch die Wahrnehmung von Personenschutzaufgaben durch den Kläger vereinbart haben, muss dieser das bei Vertragsschluss nicht positiv gewusst haben. Bei dem im Arbeitsvertrag angegebenen Aufgabenbereich als „Fahrer Geschäftsleitung …“ konnten nur Vorstrafen und Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der Straßenverkehrsdelikte von maßgebender Bedeutung für dessen Abschluss sein. Eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung war hingegen nicht „einschlägig“. Sie vermochte Zweifel an der Eignung des Klägers als Fahrer aus seiner Sicht nicht zu begründen. Den Kläger traf deshalb keine Offenbarungspflicht. Ob dies auch aus gesetzlichen Vorschriften, insbesondere den Wertentscheidungen des Bundeszentralregistergesetzes folgt, kann offenbleiben.

34

(3) Die Erklärungen des Klägers auf dem „Fragebogen“ sind für den Abschluss des Arbeitsvertrags bereits deshalb unerheblich, weil sie erst nach Vertragsschluss erfolgten und damit für die Willensbildung der Beklagten nicht kausal sein konnten.

35

b) Die Beklagte war zur Anfechtung nicht wegen des Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Klägers nach § 119 Abs. 2 Alt. 1 iVm. Abs. 1 BGB berechtigt.

36

aa) Die Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte die Anfechtung in ihrem Schreiben vom 2. April 2009 ausdrücklich auf § 123 Abs. 1 BGB gestützt hat.

37

(1) Das Nachschieben von Gründen für eine bereits aus anderen Gründen erklärte Anfechtung kann unzulässig sein. Der Anfechtungsgegner geht regelmäßig davon aus, dass die Wirksamkeit der Erklärung nur aus den angegebenen oder erkennbaren Gründen in Zweifel gezogen wird. Er richtet sich in seinem weiteren Verhalten darauf ein. Er braucht grundsätzlich nicht damit zu rechnen, dass im Prozess zu einem späteren Zeitpunkt und außerhalb von Anfechtungsfristen noch andere Gründe nachgeschoben werden (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 21, BAGE 124, 345).

38

(2) Kann aber eine wegen arglistiger Täuschung erklärte Anfechtung inhaltlich zugleich als eine solche wegen Irrtums über eine Eigenschaft verstanden werden, kann sich der Erklärende noch nachträglich auf diesen Anfechtungsgrund berufen. Eine auf arglistige Täuschung gestützte Anfechtung kann die Irrtumsanfechtung in sich schließen. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG 21. Februar 1991 - 2 AZR 449/90 - zu II 4 d der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 35 = EzA BGB § 123 Nr. 35; BGH 26. Oktober 1978 - VII ZR 202/76 - zu I 1 der Gründe, BGHZ 72, 252 ).

39

(3) Im Anfechtungsschreiben hat die Beklagte die Anfechtung zwar ausdrücklich „gemäß § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung im Einstellungsgespräch am 23.05.2007“ erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat diese Erklärung aber rechtsfehlerfrei dahingehend ausgelegt, dass sie zugleich die Behauptung eines Irrtums über das Vorliegen einer verkehrswesentlichen Eigenschaft beinhaltet. Der Kläger konnte ihr hinreichend deutlich entnehmen, dass die Beklagte ihre Vertragserklärung nicht nur wegen arglistiger Täuschung, sondern auch wegen Irrtums über seine zu Ermittlungsverfahren und einer Vorstrafe führenden persönlichen Eigenschaften anfechten wollte.

40

bb) Die Beklagte hat sich jedoch nicht über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Klägers geirrt.

41

(1) Die Eigenschaft einer Person ist dann verkehrswesentlich, wenn sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung und die zu leistende Arbeit von Bedeutung und nicht nur vorübergehender Natur ist. Sie muss sich auf die Eignung der Person für die Arbeit auswirken (APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen K. Rn. 31).

42

(2) Im Streitfall kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine - überdies nicht näher spezifizierte - „Unzuverlässigkeit“ und eine „Neigung zu Gewalttätigkeit“ (verkehrswesentliche) Eigenschaften einer Person sein können. Jedenfalls sind diese Zuschreibungen nicht von maßgebender Bedeutung für die vereinbarte Tätigkeit des Klägers als „Fahrer Geschäftsleitung“. Insoweit gilt das Gleiche wie für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.

43

2. Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 2. April 2009 aufgelöst worden.

44

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

45

b) Danach fehlt es an einem wichtigen Grund im Sinne der Bestimmung.

46

aa) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist nicht durch die Möglichkeit zur Anfechtung ausgeschlossen. Beide Gestaltungsrechte bestehen nebeneinander (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 20, AP BGB § 123 Nr. 70 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 11). Die Anfechtung setzt zwar einen Grund voraus, der schon bei Abschluss des Arbeitsvertrags vorgelegen hat, während die Kündigung dazu dient, ein durch nachträgliche Umstände belastetes oder sinnlos gewordenes Arbeitsverhältnis zu beenden (BAG 28. März 1974 - 2 AZR 92/73 - zu 1 der Gründe, AP BGB § 119 Nr. 3 = EzA BGB § 119 Nr. 5). Denkbar ist aber, dass ein Anfechtungsgrund im zustande gekommenen Arbeitsverhältnis so stark nachwirkt, dass dem Arbeitgeber nach seinem Bekanntwerden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist (BAG 28. März 1974 - 2 AZR 92/73 - aaO; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 45; APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen K. Rn. 23).

47

bb) Ein wichtiger Grund im Verhalten des Klägers liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darin, dass dieser Vorstrafen und Ermittlungsverfahren mehrfach pflichtwidrig geleugnet und dadurch ihr Vertrauen in seine Loyalität zerstört hätte.

48

(1) Soweit die Beklagte die außerordentliche Kündigung auf die unzutreffende Beantwortung der im Bewerbungsgespräch und im Fragebogen gestellten Fragen stützt, fehlt es an einer Pflichtverletzung. Der Kläger war aus den dargelegten Gründen nicht zur Offenlegung verpflichtet.

49

(2) Ob der Kläger auf die in den Gesprächen am 28. Januar und 26. März 2009 gestellten - hinsichtlich ihres Inhalts streitigen - Fragen der Beklagten hin die ihm bekannten Tatsachen deshalb hat offenbaren müssen, weil in Wirklichkeit und mittlerweile für ihn erkennbar auch der Personenschutz zu seinen Aufgaben gehörte, kann dahinstehen. Ebenso kann offenbleiben, ob eine Pflicht bestand, seine Verurteilung wegen der im Jahr 2008 auf einem Parkplatz begangenen Beleidigung zu offenbaren. Selbst wenn dies bejaht werden müsste, war es der Beklagten nicht unzumutbar, den Kläger zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen. Die Falschbeantwortung der Fragen als solche wäre dann zwar ein Pflichtenverstoß. Dieser vermöchte aber eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen.

50

(3) Daran ändert sich nichts unter dem Gesichtspunkt einer Verdachtskündigung, auf den die Beklagte in der Revisionsinstanz zusätzlich abhebt. Es erschließt sich nicht, welchen über die feststehenden Tatsachen hinausgehenden „Verdacht“ die Beklagte geltendmachen will. Ein Verhalten des Arbeitnehmers wiederum, das schon als erwiesenes eine außerordentliche Kündigung nicht zu stützen vermag, kann eine Kündigung wegen des bloßen Verdachts auf sein Vorliegen - erst recht - nicht begründen.

51

cc) Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt ebenso wenig in der Person des Klägers. Dessen in der nicht wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen zu Tage getretene mögliche „Unzuverlässigkeit“ und die ihm von der Polizeibehörde seines früheren Heimatorts zugeschriebene „Gewalttätigkeit“ machen der Beklagten die Fortsetzung des im Kündigungszeitpunkt über ein Jahr lang beanstandungsfrei durchgeführten Arbeitsverhältnisses jedenfalls nicht schon bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar.

52

II. Die Revision ist begründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts richtet, das Arbeitsverhältnis sei auch durch eine ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden. Ob eine ordentliche Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest.

53

1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

54

a) Die Kündigung ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 14, NZA 2012, 1025; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37).

55

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insoweit gilt nichts anderes als für die Beurteilung möglicher Pflichtverletzungen im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB.

56

2. Ob die Kündigung durch Gründe in der Person des Klägers bedingt ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

57

a) Als Gründe in der Person des Arbeitnehmers kommen Umstände in Betracht, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle“ für das Arbeitsverhältnis beruhen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 33 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 27; 5. Juni 2008 - 2 AZR 984/06 - Rn. 27 mwN, AP BGB § 626 Nr. 212 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 22). Sie stehen einer Weiterbeschäftigung entgegen, wenn sie die Eignung des Arbeitnehmers für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit entfallen lassen und eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen nicht in Betracht kommt.

58

b) Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts angenommen, dass sich ein Eignungsmangel des Klägers weder aus den Straftaten, die zu seiner Verurteilung geführt haben, noch aus den im Schreiben des Landeskriminalamts aufgeführten Ermittlungsverfahren ergebe. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die im Jahr 2002 begangene Straftat vermag bereits aufgrund des Ablaufs von im Kündigungszeitpunkt mehr als sieben Jahren nicht die Annahme zu begründen, der Kläger sei generell „gewalttätig“ und deshalb für die arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeiten ungeeignet. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vorgang des Jahres 2008, welcher zu einer Verurteilung wegen Beleidigung geführt hat. Soweit sich die Beklagte auf die vom Landeskriminalamt aufgeführten Ermittlungsverfahren beruft, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen, welche tatsächlichen Vorgänge diesen Verfahren zugrunde gelegen haben. Nur anhand dessen könnte beurteilt werden, ob ihre Annahme, der Kläger sei „gewalttätig“, eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen könnte. Allein der Umstand, dass es entsprechende Anzeigen gegen den Kläger gegeben und ein Polizeiposten ihn als „gewalttätig“ eingestuft hat, genügen dafür nicht.

59

c) Das Landesarbeitsgericht hat indes nicht geprüft, ob nicht durch die Versagung eines Waffenscheins die Eignung des Klägers für die im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung geschuldete Arbeitsleistung entfallen ist. Der Umstand, dass im Einvernehmen beider Parteien ein Waffenschein für den Kläger beantragt worden war, legt die Annahme nahe, dass dieser künftig für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich ist. Das Landesarbeitsgericht wird daher zu klären haben, ob die bei Ausspruch der Kündigung arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit das Führen einer Waffe erforderte. Ebenso wenig hat das Landesarbeitsgericht geprüft, ob der Kläger unabhängig von der Versagung eines Waffenscheins deshalb seine vertraglich geschuldeten Aufgaben nicht mehr erfüllen konnte, weil er von den für die Sicherheit gefährdeter Personen - etwa des Ministerpräsidenten - verantwortlichen Stellen als unzuverlässig eingestuft wird und damit als Fahrer der Geschäftsleitung der Beklagten möglicherweise nicht mehr problemlos eingesetzt werden kann. Zu beiden Gesichtspunkten wird das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit zu näherem Vortrag geben müssen. Sollte sich herausstellen, dass zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Klägers der Besitz eines Waffenscheins unerlässlich ist oder dieser in seinem bisherigen Aufgabenbereich wegen der von dritter Seite angenommenen Unzuverlässigkeit nicht mehr ohne unzumutbare Probleme eingesetzt werden kann, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob eine zumutbare andere Beschäftigungsmöglichkeit in Betracht kommt.

60

3. Die gebotene Zurückverweisung erfasst auch den geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrag.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Wolf    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 20. Juni 2013 - 11 Sa 159/12 - werden - unter Aufhebung bzw. Abänderung der gerichtlichen Kostenaussprüche - zurückgewiesen.

2. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war seit 2005 bei der beklagten Bundesagentur als Sachbearbeiter „Leistungsgewährung im Bereich SGB II“ beschäftigt. Im Jahr 2001 war er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Beihilfe hierzu verurteilt worden. Die Vollstreckung war zur Bewährung ausgesetzt und im Jahr 2003 erlassen worden.

3

Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten unter Beifügung der Anklageschrift mit, der Kläger werde gemeinsam mit einer anderen Person beschuldigt, unerlaubten Handel mit Kokain betrieben zu haben.

4

Am 15. August 2011 kam es zu einem Gespräch der Parteien. Der Kläger bestritt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt und behauptete, weder mit Betäubungsmitteln gehandelt noch solche konsumiert zu haben. Aus der früheren Verurteilung habe er seine Lehren gezogen und alle Kontakte zum bisherigen Freundeskreis abgebrochen.

5

Aufgrund eines weitgehenden Geständnisses wurde der Kläger am 26. Januar 2012 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Kläger die Beklagte am selben Tag in Kenntnis.

6

Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Personalrats fristlos, mit Schreiben vom 28. Februar 2012 - nach weiterer Anhörung des Personalrats - ordentlich zum 30. Juni 2012.

7

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigungen gewandt. Er hat gemeint, Straftaten aus dem privaten Bereich seien nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Weder liege ein dienstlicher Bezug vor, noch schädigten die Taten das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit. Die Behauptung der Beklagten, er habe sich am 13. Juli 2010 an seinem Arbeitsplatz mit seinem Zwischenhändler getroffen, um dort Betäubungsmittelgeschäften nachzugehen, sei unrichtig. Aus den Straftaten ergebe sich auch kein Eignungsmangel. Überdies sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Beklagte habe ihm die zur Begründung der Kündigungen herangezogenen Auszüge aus den Ermittlungsakten nicht vorgelegt.

8

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 6. Februar 2012 noch durch die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn als Sachbearbeiter Leistungsgewährung im Bereich SGB II gegen eine Vergütung nach der Tarifgruppe TE IV, Tarifstufe 2 weiter zu beschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die neuerlichen Straftaten stellten einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Jedenfalls vermöchten sie eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen. Der Kläger habe sich schwerwiegender Pflichtverletzungen schuldig gemacht, die einen dienstlichen Bezug hätten. Er habe am 8. Juni 2010 mittels elektronischer Kurznachricht (SMS) die Übergabe von Geld für Rauschgiftgeschäfte vereinbart. Diese sei am folgenden Tag verabredungsgemäß an seinem Arbeitsplatz erfolgt. Überdies habe er jemandem Betäubungsmittel verkauft, der im gleichen Zeitraum Leistungen von ihrer Seite bezogen habe. Am 13. Juli 2010 sei er von seinem Zwischenhändler am Arbeitsplatz aufgesucht worden und dort illegalen Geschäften nachgegangen. Durch die Straftaten sei ihr Ansehen in der Öffentlichkeit beschädigt worden. Aus der Verurteilung und den ihr zugrundeliegenden Taten folge überdies, dass der Kläger für eine weitere Tätigkeit bei ihr nicht geeignet sei.

10

Die Vorinstanzen haben die außerordentliche Kündigung für unwirksam, die ordentliche für sozial gerechtfertigt gehalten. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Mit ihrer Anschlussrevision erstrebt die Beklagte die umfassende Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

11

A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Kündigung vom 28. Februar 2012 ist iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Zwar ist sie nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt (I.). Sie ist jedoch aus Gründen in seiner Person berechtigt (II.).

12

I. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers berechtigt.

13

1. Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers „bedingt“, wenn dieser seine Vertragspflichten erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat und eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die - fristgemäße - Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere Versetzung und Abmahnung in Betracht. Ein kündigungsrelevantes Verhalten liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Eine Nebenpflicht kann auch durch eine außerdienstliche Straftat verletzt werden (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 24; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12).

14

2. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei eines Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Er ist danach auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Dies gilt auch für eine außerdienstlich begangene Straftat. Der Arbeitnehmer verstößt mit einer solchen Tat gegen seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn sie einen Bezug zu seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder zu seiner Tätigkeit hat und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 15). Diese Grundsätze gelten nach der Ablösung des BAT durch den TVöD bzw. den TV-L auch im öffentlichen Dienst (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 26).

15

3. Danach durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Kläger habe durch die begangenen Straftaten seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

16

a) Die Straftaten, wegen derer der Kläger am 26. Januar 2012 verurteilt worden ist, hat er sämtlich nach dem 15. Juli 2010 begangen. Ihnen fehlt es an einem Bezug zum Arbeitsverhältnis der Parteien. Dass der Kläger die Taten im zeitlichen oder räumlichen Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis begangen hätte, ist weder festgestellt noch ersichtlich.

17

b) Allein der Umstand, dass der Kläger - möglicherweise - gewusst hat, dass einer der Rauschgiftkunden seines Mittäters Leistungen von Seiten der Beklagten bezogen hat, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zur Begründung des erforderlichen Bezugs nicht ausreichend. Der Kläger kannte diesen „Kunden“ bereits seit längerer Zeit. Die Bekanntschaft war - soweit ersichtlich - nicht durch einen dienstlichen Kontakt vermittelt worden. Der „Kunde“ bezog überdies Leistungen nach dem SGB III, während der Kläger im Bereich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II tätig war. Auch hat der Kläger diesen Umstand nicht genutzt, um die Beziehung zu pflegen oder gar zu intensivieren. Das Verhältnis zwischen ihm und dem „Kunden“ hat keine Berührungspunkte mit seiner dienstlichen Tätigkeit.

18

c) Ein hinreichender Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis wäre gegeben, wenn der Kläger - wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat - das Dienstgebäude und/oder seine Arbeitszeit zur Abwicklung von Rauschmittelgeschäften genutzt oder dort bzw. während ihrer entsprechende Verabredungen getroffen hätte. Ob es sich tatsächlich so verhielt, kann dahinstehen. Die Beklagte ist mit ihrem entsprechenden Vortrag materiell-rechtlich ausgeschlossen. Insoweit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Personalrats.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe seinem Kokainlieferanten per SMS vom 8. Juni 2010 angeboten, Geld für den Handel in den Räumlichkeiten der Beklagten zu übergeben. Dieses Verhalten begründe einen Bezug zum Arbeitsverhältnis. Auf die Frage, ob sich der Kläger auch am 13. Juli 2010 mit seinem Lieferanten am Arbeitsplatz getroffen habe, komme es nicht mehr an.

20

bb) Diese Vorwürfe - ihre Berechtigung unterstellt - können bei der rechtlichen Würdigung keine Berücksichtigung finden. Die Beklagte hat den Personalrat zu ihnen nicht angehört.

21

(1) Nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ist der Personalrat vor der ordentlichen Kündigung eines Angestellten anzuhören. Die Dienststelle hat die beabsichtigte Maßnahme nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ihm gegenüber zu begründen. Gemäß § 79 Abs. 4 BPersVG ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.

22

(2) Die Unterrichtung des Personalrats soll diesem die Möglichkeit eröffnen, sachgerecht zur Kündigungsabsicht Stellung zu nehmen. Dazu ist es notwendig, dass der Dienstherr dem Personalrat die für ihn - den Dienstherrn - maßgeblichen Kündigungsgründe mitteilt. Der Personalrat ist ordnungsgemäß unterrichtet, wenn der Dienstherr ihm die aus seiner subjektiven Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46; zu § 102 BetrVG: BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13 mwN). Darauf, ob diese Umstände auch objektiv geeignet und ausreichend sind, die Kündigung zu stützen, kommt es für die Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung nicht an (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO). Fehlerhaft ist die Unterrichtung, wenn der Dienstherr dem Personalrat bewusst unrichtige oder unvollständige Sachverhalte unterbreitet oder einen für dessen Entschließung wesentlichen, insbesondere einen den Arbeitnehmer entlastenden Umstand verschweigt.

23

(3) Waren dem Arbeitgeber bei Zugang der Kündigung bestimmte Tatsachen nicht bekannt, darf er diese im Rechtsstreit zur Begründung der Kündigung zwar nachschieben, muss aber vorher den Personalrat zu ihnen - erneut - angehört haben. Einer weiteren Anhörung bedarf es nicht, wenn die neuen Tatsachen lediglich der Erläuterung und Konkretisierung der bisherigen, dem Personalrat bereits mitgeteilten Kündigungsgründe dienen (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 11; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, BAGE 131, 155). Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn die neuen Tatsachen dem mitgeteilten Kündigungssachverhalt erstmals das Gewicht eines Kündigungsgrundes geben oder weitere, selbständig zu würdigende Kündigungssachverhalte betreffen. Das gilt auch dann, wenn der Personalrat der Kündigung zugestimmt hat (vgl. BAG 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 1 a, b der Gründe).

24

(4) Danach durfte das Landesarbeitsgericht den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe sich mit seinem Zwischenhändler zwecks Geldübergabe am Arbeitsplatz getroffen, nicht zur Begründung der Kündigung heranziehen. Über diesen Sachverhalt hatte die Beklagte den Personalrat nicht informiert. Sie hatte ihm mitgeteilt, sie sehe das Vertrauensverhältnis zum Kläger als zerrüttet an, weil dieser vor seiner Verurteilung seine Unschuld beteuert habe. Damit war der Personalrat zwar über die Straftaten unterrichtet, welche Gegenstand der Verurteilung vom 26. Januar 2012 waren. Bei ihnen handelte es sich jedoch sämtlich um Delikte, die zwischen dem 15. Juli und dem 28. August 2010 begangen worden waren. Die im vorliegenden Zusammenhang erhobenen Vorwürfe betreffen demgegenüber den Zeitraum davor und damit Sachverhalte, die von der Verurteilung nicht erfasst sind. Ihre Einführung durch die Beklagte diente auch nicht nur der Konkretisierung der dem Personalrat schon mitgeteilten Kündigungsgründe. Vielmehr vermöchten erst diese dem Verhalten des Klägers das Gewicht eines Kündigungsgrundes zu verleihen, da allenfalls sie geeignet sind, den notwendigen Bezug zum Arbeitsverhältnis herzustellen. Eine gesonderte Anhörung zu diesen Vorwürfen war deshalb nicht entbehrlich.

25

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2012 ist durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Dem Kläger fehlt die notwendige Eignung zur Ausübung seiner Tätigkeit.

26

1. Durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erbringen. Auch strafbares außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten begründen. Sie können dazu führen, dass es ihm - abhängig von seiner Funktion - an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben mangelt. Ob daraus ein in der Person liegender Kündigungsgrund folgt, hängt von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. So können außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Generelle Wertungen lassen sich nicht treffen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 14; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 24, BAGE 132, 72).

27

2. Der Kläger war im Bereich der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und damit in hoheitlicher Funktion mit Publikumsverkehr tätig. Der private - illegale - Vertrieb von Rauschmitteln ist mit dieser Aufgabe nicht vereinbar.

28

a) Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine jederzeit integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit. Außerdienstliches strafbares Verhalten vermag die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch wird das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert.

29

b) Diese Besorgnis bestand im Streitfall umso mehr, als der Kläger die Straftaten im regionalen Zuständigkeitsbereich seiner Dienststelle begangen hat. Dadurch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Personenkreis, mit dem er dienstlich Kontakt hat, und der, mit dem er strafrechtlich relevante Beziehungen pflegt, überschneiden. Jedenfalls in der Person seines Mittäters hatte sich diese Gefahr bereits realisiert. Aus Sicht der Beklagten bestand deshalb die berechtigte Befürchtung, der Kläger könne in Konflikt zwischen seinen hoheitlichen Verpflichtungen und eigenen finanziellen Interessen geraten. Bewilligt er etwa einem Rauschgiftkunden korrekterweise bestimmte Leistungen nicht, läuft er möglicherweise Gefahr, sich eine Einkommensquelle abzuschneiden. Seine Betäubungsmittelgeschäfte bergen überdies das Risiko, dass er bei der Ausübung seiner beruflichen Verpflichtungen erpressbar ist. Beide Gesichtspunkte können dazu führen, dass der Kläger seinen dienstlichen Pflichten nicht gewissenhaft nachkommt. Es ist der Beklagten nicht zumutbar, einen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, der sich - schuldhaft - in derartige Interessenkonflikte verstrickt hat.

30

3. Die Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen der Belange der Beklagten. Zwar ist zu Gunsten des Klägers dessen fast siebenjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Gleichwohl geht das Beendigungsinteresse der Beklagten vor. Zu Lasten des Klägers ist in Rechnung zu stellen, dass der Eignungsmangel aus einem von ihm selbst verschuldeten Verhalten resultiert (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 30; 23. Mai 2013 - 2 AZR 120/12 - Rn. 39). Überdies handelt es sich dabei nicht um ein erstmaliges Fehlverhalten. Der Kläger war bereits im Jahr 2001 wegen eines Betäubungsmitteldelikts strafrechtlich belangt worden. Trotz anderslautender Beteuerungen hat er sich dies nicht zur Lehre gereichen lassen und ist in vergleichbarer Weise erneut straffällig geworden. Erhebliche, ihn entlastende Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen.

31

III. Die ordentliche Kündigung ist nicht mangels Vertretungsmacht gemäß § 180 Satz 1 BGB unwirksam.

32

1. Bei einer Kündigung als einseitigem Rechtsgeschäft ist nach § 180 Satz 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13). Hat aber derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet, finden gemäß § 180 Satz 2 BGB die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das bedeutet ua., dass das Rechtsgeschäft nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigt werden kann.

33

2. Bezogen auf die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 hat der Kläger nicht behauptet, er habe das Fehlen der Vertretungsmacht der Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts beanstandet. Die Kündigungserklärung war damit nach § 180 Satz 2, § 177 Abs. 1 BGB allenfalls schwebend unwirksam und genehmigungsfähig. Eine solche Genehmigung hat die Beklagte zumindest konkludent dadurch erteilt, dass sie im Rahmen des Rechtsstreits die Kündigungsbefugnis der Vorsitzenden der örtlichen Geschäftsführung ausdrücklich behauptet und die Rechtmäßigkeit der Kündigung verteidigt hat (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13).

34

IV. Die Kündigung ist nicht nach § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam.

35

1. Die Beklagte hat den Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet. Sie hat ihm die Personalien des Klägers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitgeteilt. Sie hat deutlich gemacht, dass der Grund für die beabsichtigte Kündigung in der Verurteilung des Klägers wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und dem durch sein Bestreiten eingetretenen Vertrauensverlust lag.

36

2. Der Würdigung der Kündigung unter personenbedingten Gesichtspunkten steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte gegenüber dem Personalrat nicht ausdrücklich auf solche Aspekte berufen hat. Das Begründungserfordernis des § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG umfasst nicht eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die kündigungsrelevanten Tatsachen einem der Kündigungsgründe des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG förmlich zuzuordnen. Tut er dies dennoch, bindet ihn dies im späteren Kündigungsschutzprozess grundsätzlich nicht. Er kann sich im Rahmen des dem Personalrat unterbreiteten tatsächlichen Kündigungssachverhalts auch auf andere rechtliche Gesichtspunkte berufen, sofern die mitgeteilten Tatsachen diese neuen Aspekte tragen (zu § 102 BetrVG: BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 44, BAGE 137, 164).

37

V. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist auf eine Beschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtet. Dieser ist rechtskräftig abgeschlossen.

38

B. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben.

39

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13).

40

II. Der offenbar gewordene Mangel in der charakterlichen Eignung des Klägers war „an sich“ als wichtiger Grund zur Kündigung geeignet. Er schloss einen weiteren Einsatz des Klägers im hoheitlichen Bereich der Leistungsgewährung grundsätzlich ohne weiteren Aufschub aus. Im Streitfall war der Beklagten jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten. Zwar ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass dieser seinen Eignungsmangel - anders als etwa in Fällen einer Erkrankung - selbst zu vertreten hat. In der Vergangenheit hat sich dieser jedoch im Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich ausgewirkt. Der Kläger hat seine dienstlichen Aufgaben als solche ordnungsgemäß verrichtet. Die Beklagte hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass in naher Zukunft insoweit mit konkreten Beeinträchtigungen zu rechnen gewesen wäre. Der berechtigten Besorgnis, der Kläger könne erpressbar sein oder es werde das Vertrauen in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch eine Weiterbeschäftigung des Klägers erschüttert, wird schon mit einer ordentlichen Kündigung Rechnung getragen.

41

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Beckerle    

                 

(1) Einer Person wird auf Antrag ein erweitertes Führungszeugnis erteilt,

1.
wenn die Erteilung in gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf diese Vorschrift vorgesehen ist oder
2.
wenn dieses Führungszeugnis benötigt wird für
a)
eine berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder
b)
eine Tätigkeit, die in einer Buchstabe a vergleichbaren Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen.

(2) Wer einen Antrag auf Erteilung eines erweiterten Führungszeugnisses stellt, hat eine schriftliche Aufforderung vorzulegen, in der die Person, die das erweiterte Führungszeugnis von der antragstellenden Person verlangt, bestätigt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen. Im Übrigen gilt § 30 entsprechend.

(3) Die Daten aus einem erweiterten Führungszeugnis dürfen von der entgegennehmenden Stelle nur verarbeitet werden, soweit dies zur Prüfung der Eignung der Person für eine Tätigkeit, die Anlass zu der Vorlage des Führungszeugnisses gewesen ist, erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person die Tätigkeit, die Anlass zu der Vorlage des Führungszeugnisses gewesen ist, nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung der Tätigkeit zu löschen.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.

(2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.

(3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäft, das einem anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.

(4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.