Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 19. Sept. 2017 - 2 TaBV 75/16

bei uns veröffentlicht am19.09.2017
vorgehend
Arbeitsgericht Nürnberg, 9 BV 157/15, 27.10.2016

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 27.10.2016 – Az. 9 BV 157/15 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beteiligte zu 2 wird verurteilt, an den Antragsteller einen Betrag von 4.248,30 € brutto zu zahlen.

2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um die Zahlung einer Kostennote des Antragstellers für seine Tätigkeit als Beisitzer einer Einigungsstelle sowie um sog. Rechtsdurchsetzungskosten.

Die Beteiligte zu 2 hat in N…ihren Sitz und steuert von hier aus mehrere bekannte Eismarken. Sie beschäftigt am Standort N… ca. 550 Mitarbeiter, darunter ca. 50 Arbeitnehmer als Staplerfahrer und Kommissionierer im Kühlhaus. Es ist ein elfköpfiger Betriebsrat gebildet, dessen Vorsitzender in den Jahren 2014 und 2015 Herr H… gewesen ist. Mittlerweile hat Herr L… den Vorsitz übernommen.

Im Jahre 2014 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Beteiligten zu 2 und dem Betriebsrat in Bezug auf die Umkleidezeiten erforderlicher Schutzkleidung und Sicherheitsschuhe im Kühlhaus sowie notwendiger Arbeitskleidung und Sicherheitsschuhe in anderen Bereichen. Deswegen forderte der Betriebsrat die Beteiligte zu 2 mit Schreiben vom 04.03.2014 auf, Gespräche über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema „vergütungspflichtige Umkleidezeiten“ aufzunehmen. In der Folgezeit machte der Betriebsrat seine Verhandlungswünsche unter anderem mit Schreiben vom 08.04.2014 und 24.04.2014 noch einmal gegenüber dem Arbeitgeber deutlich.

Das Ansinnen des Betriebsrats wurde unter anderem mit Schreiben der Beteiligten zu 2 vom 13.05.2014 und 06.08.2014 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 01.09.2014 nahm die Beteiligte zu 2 noch einmal ausführlich rechtlich gegenüber dem Betriebsrat Stellung. Dieser antwortete mit Schreiben vom 04.09.2014. Eine Erwiderung seitens der Beteiligten zu 2 erfolgte mit Schreiben vom 15.09.2014. Wegen der Einzelheiten der Korrespondenz zwischen dem Betriebsrat und der Beteiligten zu 2 in der Zeit vom 04.03.2014 bis 15.09.2014 wird auf Blatt 279 - 285 der Akten verwiesen.

Der Betriebsrat nahm am 11.09.2014 erstmals Kontakt mit der Rechtsanwaltskanzlei A… auf und beauftragte sie formell unter dem Datum 26.09.2014. Gründer der Kanzlei ist Rechtsanwalt S…. Der Antragsteller war in dem 2014 eröffneten Büro der Kanzlei in F… als Rechtsanwalt tätig.

Mit Schreiben vom 13.10.2014 (Blatt 286 der Akten) lehnte die Beteiligte zu 2 gegenüber dem Betriebsrat die Übernahme der Kosten für einen externen Sachverständigen zum Thema „vergütungspflichtige Umkleidezeiten“ ab.

Mit Beschluss vom 27.10.2014 erklärte der Betriebsrat das Scheitern der Verhandlungen.

Mit Schreiben vom 04.11.2014 (Blatt 287, 288 der Akten) forderte Rechtsanwalt S… im Namen des Betriebsrats die Beteiligte zu 2 auf, sich mit der Einsetzung einer Einigungsstelle einverstanden zu erklären und schlug unter anderem vor, dass jede Seite vier Beisitzer für die Einigungsstelle benennt.

Mit Schreiben vom 10.11.2014 (Blatt 289 der Akten) lehnte die Beteiligte zu 2 die Einsetzung einer Einigungsstelle ab.

Mit Schriftsatz vom 01.12.2014 leitete die Rechtsanwaltskanzlei A… im Namen des Betriebsrats ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Nürnberg (Aktenzeichen 12 BV 155/14) zur Einsetzung der Einigungsstelle ein und beantragte unter anderem die von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer auf vier festzusetzen. Der Regelungsgegenstand sei höchst komplex und es sei deshalb erforderlich und zielführend, umfassenden Sachverstand einzubinden (Blatt 269 - 278 der Akten).

Erfahrungen mit der Einsetzung und Durchführung von Einigungsstellen gab es bis dahin bei der Beteiligten zu 2 nicht. Die Beteiligte zu 2 schaltete daher die Konzernzentrale ein. Daraufhin erhielt Rechtsanwalt S… von Herrn K… (Mitarbeiter im Personalbereich auf Konzernebene) einen Anruf und teilte mit, dass doch eine Anzahl von je drei Beisitzern ausreichend sei. Damit war Rechtsanwalt S… auch im Namen des Betriebsrats einverstanden.

Die Geschäftsleitung der Beteiligten zu 2 ging davon aus, dass dann, wenn drei Beisitzer je Seite bestellt würden, von Seiten des Betriebsrats ein Vertreter der Gewerkschaft NGG, ein Rechtsanwalt und ein Mitglied des Betriebsrats in die Einigungsstelle entsandt würden. Dies hatte die Geschäftsleitung gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Herrn H… kommuniziert. Herr H… hatte dem nicht widersprochen.

Mit Beschluss vom 19.12.2014 (Blatt 30 f. der Akten) stellte das Arbeitsgericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO das Zu-Stande-Kommen eines gerichtlichen Vergleiches mit folgendem Inhalt fest:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit dem An- und Ausziehen der für die Tätigkeit im Kühlhaus erforderlichen Schutzbekleidung/Sicherheitsschuhe und der notwendigen Arbeitskleidung/Sicherheitsschuhe in anderen Bereichen inklusive der Festlegung der Lage der Umkleidezeiten (Beginn und Ende der Umkleidezeit als Arbeitszeit) und inklusive der pauschalierten Festlegung der notwendigen Dauer der Umkleidezeit und den durch das Umkleiden veranlassten innerbetrieblichen Wegezeiten sowie der Vergütung und/oder dem Ausgleich in Freizeit und den Einzelheiten der Inanspruchnahme von Freizeitausgleich eine Einigungsstelle gebildet wird.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass zum Vorsitzenden der nach Ziff. 1 zu bildenden Einigungsstelle Herr Richter am Arbeitsgericht a. D. Dr. Sch… bestellt wird.

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Anzahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer auf 3 festgesetzt wird.

Auf Anraten von Rechtsanwalt S… entsandte der Betriebsrat mit Beschluss vom 14.01.2015 (Blatt 200 der Akten) als Beisitzer in die Einigungsstelle ihn selbst, den Antragsteller sowie Frau Sc… von der Gewerkschaft NGG. Als Berichterstatter des Betriebsrats und Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vor der Einigungsstelle entsandte der Betriebsrat dessen Vorsitzenden Herrn H… Weiterhin wurden drei weitere Betriebsratsmitglieder im Rahmen der Betriebsparteiöffentlichkeit entsandt.

Zwischen den Beteiligten ist nach Vorlage der entsprechenden Unterlagen (Blatt 197-199 der Akten) unstreitig, dass dieser Beschluss formal ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist.

Die Beteiligte zu 2 bat daraufhin den Betriebsrat, die Entscheidung über die Benennung der Beisitzer zu überdenken. In einer außerordentlichen Betriebsratssitzung vom 26.01.2015 hörte der Betriebsrat den Geschäftsführer der Beteiligten zu 2 Herrn La… und Frau Ke… aus der Personalabteilung sowie Herrn Rechtsanwalt S… und Frau Sc… zu den Fragen der Besetzung der Einigungsstelle an. Im Anschluss beschloss der Betriebsrat, an der beschlossenen Besetzung der Einigungsstelle festzuhalten. Dies teilte der Betriebsratsvorsitzende der Beteiligten zu 2 mit E-Mail vom 27.01.2015 mit (Blatt 33 der Akten).

Im Einladungsschreiben vom 05.02.2015 (Blatt 35 der Akten) zur Einigungsstellensitzung hielt die Beteiligte fest, dass sie sich an die mündlich getroffene Vereinbarung halte, wonach von Seiten der Arbeitnehmervertretung ein Betriebsratsmitglied, eine Person der Gewerkschaft und ein Rechtsanwalt teilnehmen werden.

Mit Schreiben vom 23.02.2015 an Herrn La… wies RA S… darauf hin, dass es eine Vereinbarung über die Besetzung des dritten Beisitzers der Einigungsstelle nicht gegeben habe. Wegen der versuchten erheblichen Einflussnahme auf den Betriebsrat bzw. einzelne Mitglieder erscheine es sogar zwingend notwendig, dass der Betriebsrat als Beisitzer gerade keine Betriebsratsmitglieder benenne, um hier jede Einflussmöglichkeit durch den Arbeitgeber auf die in dieser Funktion weisungsunabhängigen Beisitzer auszuschließen.

Die Beteiligte zu 2 entsandte Frau Ke… und Herrn P… als innerbetriebliche Beisitzer sowie Herrn Rechtsanwalt Pl… in die Einigungsstelle und betriebsparteiöffentlich den Geschäftsführer der Beteiligten zu 2 Herrn La…

Die Einigungsstelle tagte am 25.03.2015 und 16.06.2015 und endete mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung (Blatt 38 der Akten).

Der Vorsitzende der Einigungsstelle stellte mit Schreiben vom 18.06.2015 ein Honorar für 17 Stunden Tätigkeit von 5.100,- € netto und Fahrtkosten für 808 km von 282,80 € netto nebst 19% MwSt in Rechnung, insgesamt also 6.405,53 € (Blatt 39 der Akten).

Mit Schreiben vom 06.07.2015 stellte Rechtsanwalt S… jeweils für sich und den Antragsteller 7/10 des Honorars des Einigungsstellenvorsitzenden von 5.382,80 € netto nebst 19% MwSt in Rechnung, also jeweils 3.767,96 netto bzw. 4.483,87 brutto (Blatt 40 – 42 der Akten) und bat um Ausgleich innerhalb der nächsten zehn Tage. Die Beklagte zahlte an Rechtsanwalt S… 3.570,- € netto + 19% MwSt, also 4.248,30 € brutto. Eine Zahlung an den Antragsteller erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 01.09.2015 wurde die Beteiligte zu 2 unter Fristsetzung zum 11.09.2015 zur Zahlung der Kostennote des Antragstellers aufgefordert (Blatt 43 der Akten).

Mit E-Mail vom 09.09.2015 bestätigte die Beteiligte zu 2 die mündliche Vereinbarung über die Zusammensetzung der Einigungsstelle und lehnte die Übernahme weiterer Kosten ab (Blatt 44 der Akten).

Mit Schriftsatz vom 06.10.2015 leitete der Antragsteller das vorliegende Beschlussverfahren ein und verlangte die Zahlung der Kostennote vom 06.07.2015 nebst 9 Prozentpunkten Zinsen sowie die Rechtsverfolgungskosten erster Instanz.

Wegen der genauen Antragstellung sowie des Vortrags der Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.10.2016 (Blatt 131 ff der Akten) verwiesen.

Das Arbeitsgericht gab den Anträgen bis auf eine doppelt veranschlagte Auslagenpauschale für die Rechtsverfolgungskosten statt und erkannte wie folgt:

„1. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, an den Antragsteller einen Betrag in Höhe von 4.483,87 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.09.2015 zu zahlen.

2. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, an den Antragsteller Honorardurchsetzungskosten in Höhe von 492,54 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.09.2015 zu zahlen.

3. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, an den Antragssteller weitere Honorardurchsetzungskosten in Höhe von 432,68 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 03.12.2015 zu zahlen.“

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Das geltend gemachte Honorar stehe dem Antragsteller zu. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beschlussfassung des Betriebsrats zur Bestellung des Antragstellers als Einigungsstellenbeisitzer seien nicht erkennbar. Da dieser die Bestellung angenommen habe, bestehe der Anspruch nach § 76a Abs. 3 BetrVG. Die Frage, ob es erforderlich gewesen sei, dass in der Einigungsstelle zwei Rechtsanwälte neben einer Gewerkschaftssekretärin als Beisitzer aufgetreten seien, dränge sich im vorliegenden Fall zwar auf, sei jedoch nicht entscheidungserheblich. Der Höhe nach sei das Beisitzerhonorar nicht zu beanstanden. Die Anwaltskosten für die gerichtliche Durchsetzung des Vergütungsanspruchs habe die Beteiligte zu 2 nach § 286 Abs. 1 BGB in Höhe der 1,3 Verfahrensgebühr und der 1,2 Terminsgebühr aus einem Streitwert von 4.483,87 € nebst einer einmaligen Pauschale von 20 € sowie der Umsatzsteuer entsprechend der Regelungen im RVG zu tragen.

Gegen diesen der Beteiligten zu 2 am 08.11.2016 zugestellten Beschluss legte diese mit Schriftsatz vom 24.11.2016, eingegangen am Landesarbeitsgericht am 28.11.2016 Beschwerde ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 02.01.2017, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am 03.01.2017.

Die Beteiligte zu 2 begründet die Beschwerde unter weiterer Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages wie folgt:

„Vor Einsetzung der Einigungsstelle hätten sich die Beteiligte zu 2 und der Betriebsrat mündlich darauf geeinigt, dass auf Arbeitnehmerseite ein Betriebsratsmitglied, ein Vertreter der Gewerkschaft NGG sowie ein Rechtsanwalt zu bestellen seien. Weiter habe Einigkeit bestanden, dass die Kosten für einen Dritten externen Beisitzer nicht übernommen würden. Entgegen dieser Absprache habe der Betriebsrat drei externe Beisitzer bestellt sowie den damaligen Vorsitzenden des Betriebsrats Herrn H… als Verfahrensbevollmächtigten. Die Bestellung mehrerer betriebsfremder Beisitzer sei nicht erforderlich gewesen, insbesondere nicht mit drei arbeitsrechtlich tätigen Beisitzern, davon zwei Rechtsanwälten aus derselben Kanzlei. Die der Einigungsstelle zu Grunde liegende Thematik sei sachlich wie rechtlich einfach gelagert gewesen. Auch bei der Bestellung von Beisitzern sei der allgemein im betriebsverfassungsrechtlichen Kostenrecht geltende Grundsatz der Erforderlichkeit zu beachten.“

Der Betriebsrat habe mit der Besetzung der Einigungsstelle auch gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und rechtsmissbräuchlich gehandelt. Die Beteiligte zu 2 habe zu keiner Zeit Druck auf den bei ihr eingerichteten Betriebsrat ausgeübt. Sie habe vielmehr lediglich eine abweichende Auffassung zur Regelungsbedürftigkeit von Umkleidezeiten sowie einer dahingehenden Vergütungspflicht vertreten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Betriebsrat auf Anraten der Sozietät des Antragstellers Druck auf die Beteiligte zu 2 durch die Entsendung ausschließlich externer und damit vergütungspflichtiger Beisitzer ausüben habe wollen. Sachliche Gründe, warum Herr H… als damaliger Betriebsratsvorsitzender zwar als Verfahrensbevollmächtigter des Betriebsrats vor der Einigungsstelle aber nicht als Beisitzer in der Einigungsstelle habe tätig werden können, existierten nicht. Es liege vielmehr nahe, dass durch die ausschließliche Besetzung der Einigungsstelle mit externen Beisitzern die Vergütung der Rechtsanwälte derselben Kanzlei unter gleichzeitiger Verfahrensteilnahme des Betriebsratsvorsitzenden habe sichergestellt werden sollen. Die für einen Rechtsmissbrauch sprechenden Argumente würden durch die behauptete einfachere interne Abstimmung zwischen dem Antragsteller und Rechtsanwalt S… nicht aufgewogen. Die Möglichkeit für eine inhaltliche Abstimmung zwischen den Beisitzern böten einerseits die Einigungsstellensitzungen, andererseits die Kommunikationsmittel wie Telefon oder E-Mail. Der Nachteil einer nicht dauerhaft gegebenen Präsenz aller Beisitzer an einem Ort sei vernachlässigbar. Indizien für ein rechtswidriges Vorgehen des Betriebsrats inklusive Mitwirkung der Sozietät des Antragstellers ergäben sich auch daraus, dass bei einer weiteren durchgeführten Einigungsstelle über die Berechtigung einer Beschwerde nach § 85 BetrVG der Betriebsrat ebenfalls zwei Rechtsanwälte der Sozietät des Antragstellers entsandt habe (Arbeitsgericht Nürnberg 14 BV 165/16).

Die Beteiligte zu 2 beantragt daher:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 27.10.2016, Aktenzeichen 9 BV 157/15, wird abgeändert.

2. Die Anträge werden zurückgewiesen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragssteller trägt unter weiterer Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags vor, dass es nie eine Vereinbarung über die Besetzung der Einigungsstelle gegeben habe – insbesondere nicht über die Besetzung mit zwei externen und einem internen Beisitzer auf Seiten des Betriebsrats. Die Frage der Erforderlichkeit spiele bei der Besetzung der Einigungsstelle keine Rolle. Entscheidend sei, ob der Beisitzer das Vertrauen des Betriebsrats besitze. Nur wenn der Betriebsrat als Verfahrensbevollmächtigten vor der Einigungsstelle einen weiteren Rechtsanwalt bestellt hätte, hätte sich die Frage der Erforderlichkeit gestellt. Unzulässig wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit sei nur die Benennung eines offensichtlich ungeeigneten Beisitzers.

Die Vorschläge der Rechtsanwaltskanzlei zur Besetzung der Einigungsstelle seien im Betriebsrat diskutiert worden. Der Betriebsrat sei einstimmig zum Ergebnis gelangt, dass es sinnvoll sei, drei externe Beisitzer zur benennen vor dem Hintergrund, dass dann eine Einflussnahme durch den Arbeitgeber in der Einigungsstelle ausgeschlossen werden könne. Der Betriebsrat habe vor der Beschlussfassung vom 14.01.2015 Rechtsanwalt S… danach befragt, wer als externe Beisitzer für die Einigungsstelle in Frage kommen könnten. Er habe zunächst sich empfohlen, da er selbst bereits mit der Sache befasst gewesen sei. Da auch tarifliche Regelungen eine Rolle gespielt hätten, habe er daneben einen Vertreter der Gewerkschaft NGG als Beisitzer empfohlen. Im Hinblick auf den dritten Beisitzer habe er den Antragsteller empfohlen, da sich dieser – wie Rechtsanwalt S… auch – intensiv mit Arbeitszeitregelungen und der Problematik Umkleidezeiten beschäftigt habe.

In der Betriebsratssitzung vom 26.01.2015 habe Rechtsanwalt S… noch einmal klar gestellt, dass ein Beisitzer kein imperatives Mandat habe und vom Betriebsrat weisungsunabhängig sei. Dies könne grundsätzlich dem Arbeitgeber mehr Druckmöglichkeiten eröffnen. Externe Beisitzer seien erfahrungsgemäß standfester. Der Berichterstatter des Betriebsrats hingegen sei nur diesem verpflichtet und könne insoweit in der Einigungsstelle unabhängiger die Positionen des Betriebsrats vertreten, ohne auf die formell unabhängige Beisitzerstellung achten zu müssen. Der Betriebsrat habe daher an der beschlossenen Besetzung der Einigungsstelle festgehalten, da dies angesichts des über lange Zeit hinweg ausgeübten Drucks des Arbeitgebers zielführend gewesen sei.

Kosteninteressen hätten beim Rat zur Besetzung der Einigungsstelle keine Rolle gespielt bei einem Stundensatz für den Beisitzer von 7/10 des Vorsitzendenhonorars, also von lediglich 210,- € netto pro Stunde. Denn im Regelfall sei der Aufwand der beiden anwaltlichen Vertreter – so auch hier – erheblich höher gewesen, als die vom Vorsitzenden angesetzten 17 Stunden.

Anhaltspunkte für Rechtsmissbrauch seien daher nicht nachvollziehbar. Die Bestellung sei aus anderen Gründen erfolgt, als der Beteiligten zu 2 Schaden zuzufügen Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze der Beteiligten zu 2 vom 02.01.2017 (Blatt 158 – 168 der Akten), vom 14.03.2017 (Blatt 206 – 210 der Akten) und vom 29.05.2017 (Blatt 310 – 316 der Akten) und des Antragsstellers vom 07.02.2017 (Blatt 186 – 200 der Akten) und vom 24.04.2017 (Blatt 263 – 302 der Akten) sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 15.03.2017 (Blatt 211 – 213 der Akten) und vom 13.09.2017 (Blatt 327 – 329 der Akten) verwiesen.

Das Gericht hat die Akten der Verfahren 12 BV 155/14 und 14 BV 165/16 des Arbeitsgerichts Nürnberg beigezogen.

Das Gericht hat in der Anhörung vom 13.09.2017 Frau Ke…, Herrn L… und Rechtsanwalt S… informatorisch befragt. Wegen der Aussagen wird auf den Inhalt des Protokolls vom 13.09.2017 Bezug genommen. Die Beteiligten teilten auf Befragen des Gerichts mit, dass der Sachverhalt nunmehr im Wesentlichen unstreitig sei. Einer förmlichen Einvernahme der Zeugen bedürfe es nicht.

B.

I. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 87 Abs. 2, 89, 66 ArbGG.

Die Beschwerde hat zum Teil Erfolg. Dem Antragsteller steht grundsätzlich ein Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle nach § 76a Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5 BetrVG zu. Dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt. Der Antrag zu 1 war jedoch insoweit abzuändern, als der Antragsteller zu Unrecht eine Vergütung für seine Tätigkeit als Beisitzer nicht nur in Höhe von 7/10 des Honorars des Vorsitzenden begehrt, sondern den Aufwendungsersatz des Vorsitzenden mit einbezogen hat. Mangels Verzugs besteht kein Anspruch auf Verzinsung. Deswegen waren auch die auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten gerichteten Anträge zu 2 und 3 zurückzuweisen.

1. Dem Antragssteller steht für seine Tätigkeit als Beisitzer der Einigungsstelle gem. § 76a Abs. 3 BetrVG grundsätzlich ein Vergütungsanspruch zu. Dieser hängt dem Grunde nach nur von einer wirksamen Bestellung des Antragsstellers zum Beisitzer der Einigungsstelle, der Annahme dieser Bestellung durch den Beisitzer und dessen Tätigwerden ab (st. Rspr. z.B. BAG 13.05.2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 37; 10.10.2007 – 7 ABR 51/06 – Rn. 11 mwN).

a. Der Bestellungsbeschluss des Betriebsrats vom 14.01.2015 ist verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen. Dies ergibt sich aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen (Blatt 196 – 200 der Akten). Dies ist zwischen den Beteiligten in der Anhörung vom 15.03.2017 nach Vorlage der Unterlagen auch übereinstimmend erklärt worden (Blatt 212 der Akten).

b. Der Antragssteller hat die Bestellung als Beisitzer angenommen. Er ist tatsächlich in beiden Sitzungen der Einigungsstelle tätig geworden.

c. Der Bestellungsbeschluss ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Bestellung des Antragsstellers als Beisitzer nicht erforderlich gewesen wäre. Denn die Frage der Erforderlichkeit stellt sich nach der Rechtsprechung des BAG nicht.

Allerdings war es aus Sicht des erkennenden Gerichts in der Tat nicht erforderlich, den Antragssteller neben Rechtsanwalt S… und der Gewerkschaftsvertreterin in die Einigungsstelle zu berufen und damit alle drei Beisitzerplätze mit externen Beisitzern zu besetzen. Zwar steht es den Betriebsparteien frei, externe – und damit vergütungspflichtige – Beisitzer zu benennen (BAG 28.05.2014 – 7 ABR 36/12 – Rn. 32). Damit ist auch Raum geschaffen, notwendige Spezialkenntnisse in die Einigungsstelle zu holen, und sichergestellt, dass in der Einigungsstelle das erforderliche Fachwissen vorhanden ist (vgl. BAG 20.08.2014 – 7 ABR 64/12 – Rn. 23). Es ist aber kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, neben dem beratenden Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht S… – dem Gründer der Rechtsanwaltskanzlei - einen weiteren Rechtsanwalt aus dessen Kanzlei in die Einigungsstelle zu entsenden, der unstreitig keine anderen oder tiefer gehenden Kenntnisse der zu verhandelnden Themen einbringen konnte. Denn das für erforderlich gehaltene Fachwissen wäre auf Betriebsratsseite auch durch die Bestellung eines der beiden Rechtsanwälte vorhanden gewesen. Wenn tatsächlich kein Betriebsratsmitglied bereit gewesen sein sollte, in die Einigungsstelle zu gehen, hätte es nahegelegen, die Zahl der Beisitzer einvernehmlich auf je zwei festzulegen, um die Kosten zu schonen. Dies gilt umso mehr, als der Vorsitzende des Betriebsrats als dessen Vertreter vor der Einigungsstelle bestellt wurde und damit – außer bei der Beschlussfassung – immer anwesend sein und mitdiskutieren konnte. Eine Reduzierung der Anzahl der Beisitzer hätte einvernehmlich jederzeit erfolgen können.

Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn bei der Bestellung der von ihm zu benennenden Beisitzer einer Einigungsstelle wird die Auswahlbefugnis des Betriebsrats nach ständiger Rechtsprechung des BAG – der das erkennende Gericht folgt - nicht durch das Merkmal der Erforderlichkeit beschränkt (BAG 24.04.1996 – 7 ABR 40/95 – Rn. 15 ff; 13.05.2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 34; Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 76a BetrVG Rn. 15; Düwell/Krasshöfer, BetrVG 4. Aufl., § 76a BetrVG, Rn. 8; Richardi, BetrVG, 15. Aufl. 2016, § 76a BetrVG, Rn. 18; aA GK-Kreutz/Jakobs, BetrVG, 10. Aufl., § 76a BetrVG, Rn. 30 ff; HWGNRH-Worzalla, BetrVG, 9. Aufl., § 76a BetrVG, Rn. 24; B/K/B/N-Vetter, 5. Aufl., § 43, Rn. 1370).

d. Die Auswahlbefugnis des Betriebsrats war nicht aufgrund einer vorherigen Vereinbarung mit der Beteiligten zu 2 eingeschränkt. Eine solche Vereinbarung wäre zwar grundsätzlich möglich, aber nur schriftlich im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 76 Abs. 4 BetrVG. Im gerichtlich protokollierten Vergleich ist eine Besetzungsregelung nicht enthalten. Daneben ist eine schriftliche Vereinbarung (vgl. § 77 Abs. 2 BetrVG) weder behauptet noch ersichtlich.

Darüber hinaus ist auch mündlich eine Besetzungsregelung nicht vereinbart worden, die möglicherweise über § 2 BetrVG hätte berücksichtigt werden können. Die Beteiligte zu 2 hat ihre Vorstellungen zwar gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden vor Abschluss des gerichtlich protokollierten Vergleichs kommuniziert. Nach Aussage von Frau Ke… hat der Betriebsratsvorsitzende H… dem nicht widersprochen. Im Schweigen des Betriebsratsvorsitzenden liegt aber gerade keine Zustimmung. Auch muss der Beteiligten zu 2 klar gewesen sein, dass eine Zustimmung durch den Betriebsratsvorsitzenden ohne entsprechenden Beschluss des Betriebsrats unwirksam gewesen wäre.

e. Schließlich lässt die Auswahlentscheidung des Betriebsrats den Vergütungsanspruch des Antragstellers auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) entfallen.

aa. Der Antragssteller ist als Rechtsanwalt hinsichtlich seiner Kenntnisse und Erfahrungen bezüglich der Regelungsmaterie nicht offensichtlich ungeeignet (vgl. hierzu etwa BAG 24.04.1996 – 7 ABR 40/95 – Rn. 22). Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Soweit der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2 in der Anhörung vom 13.09.2017 erklärt hat, er habe den Eindruck gehabt, der Antragssteller sei wohl zu Ausbildungszwecken in der Einigungsstelle gewesen, so stellt dies die Geeignetheit des Antragsstellers nicht in Frage.

bb. Ob der Beschluss unter dem Gesichtspunkt der Sachwidrigkeit gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) verstößt, kann dahingestellt bleiben. Ein solcher Verstoß würde nämlich nicht die Entstehung des Vergütungsanspruchs des Einigungsstellenmitglieds verhindern oder entfallen lassen.

(1) Das BAG hatte – soweit ersichtlich - bisher keinen Anlass, sich mit dieser Frage auseinander zu setzen. Es hat in seiner Entscheidung vom 24.04.1996 – 7 ABR 40/95 im Rahmen der Prüfung des Bestellungsbeschlusses eines externen Beisitzers in Rn. 22 allerdings ausgeführt, dass eine Auswahlentscheidung, die etwa dazu dienen sollte, die Kosten der Einigungsstelle zu erhöhen und damit einen Einigungsdruck auf den Arbeitgeber auszuüben, auf sachwidrigen Gründen beruhen könnte. Im konkreten Fall sah das BAG hierfür aber keinerlei Anhaltspunkte. Auch im vorliegenden Fall geht das erkennende Gericht nicht davon aus, dass es dem Betriebsrat bei der Bestellung des Antragstellers als Beisitzer gezielt darauf ankam, die Kosten des Arbeitsgebers zu erhöhen.

(2) Im vorliegenden Fall legt die Konstellation der Bestellungen der Beisitzer sachwidriges Verhalten des Betriebsrats und damit einen Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nahe.

(a) Der Betriebsrat hat ausschließlich außerbetriebliche Beisitzer mit eigenem Vergütungsanspruch bestellt. Zwei der drei Beisitzer sind als Rechtsanwälte gleich qualifiziert. Es ist nicht ersichtlich, wie mit der Bestellung des Antragstellers neben dem gerichtsbekannt äußerst erfahrenen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht S… zusätzliches Fachwissen in die Einigungsstelle hätte geholt werden können.

(b) Auch andere Gründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere entspricht es nicht dem Zweck der Einigungsstelle, nur deshalb externe Beisitzer zu bestellen, weil diese – so der Rat von Rechtsanwalt S… - „erfahrungsgemäß standfester“ (Blatt 266 der Akten) seien. Denn die von den jeweiligen Betriebsparteien bestellten Beisitzer sind weder deren Vertreter noch ihr verlängerter Arm. Sie wirken bei der Schlichtung des Regelungsstreits frei von Weisungen und mit einer gewissen inneren Unabhängigkeit mit. Dementsprechend können sie nicht mit Vertretern einer Betriebspartei gleichgesetzt werden, auch wenn ihre Nähe zu derjenigen Betriebspartei, die sie bestellt hat, nicht zu verkennen und vom Gesetz auch gewollt ist. Die Tätigkeit der Einigungsstelle ist auf eine Beseitigung von Konflikten vornehmlich auf dem Weg der Herbeiführung eines für beide Seiten akzeptablen Kompromisses ausgerichtet. Die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer vertreten dabei die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht mangels Loyalität gegenüber der Arbeitgeberseite, sondern aufgrund der ihnen vom Gesetz zugewiesenen Rolle. Sie sind nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG überdies verpflichtet, ihre Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung nicht nur der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch der betrieblichen Belange und nach billigem Ermessen zu treffen (BAG 13.05.2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 32 mwN).

Bei der Tätigkeit als Beisitzer geht es also um Lösungen und nicht um Standfestigkeit. Standfestigkeit als Argument für die externe Besetzung heranzuziehen widerspricht gerade der unabhängigen Stellung der Beisitzer und ist daher ein sachfremdes Argument jedenfalls solange, wie keine Indizien für eine unlautere Ausübung von Druck seitens des Arbeitgebers erkennbar sind. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar hat die Beteiligte zu 2 dezidiert ihre Rechtsauffassungen hinsichtlich der Mitbestimmungspflicht und der Besetzung der Einigungsstelle vertreten. Für unlauteren Druck auf den Betriebsrat oder deren Mitglieder sind Anhaltspunkte aber nicht erkennbar. Im Übrigen stünde es jedem Mitglied der Einigungsstelle frei, sein Amt jederzeit niederzulegen. Es könnte auch jederzeit durch Beschluss des Betriebsrats aus der Einigungsstelle abgezogen werden.

(c) Wenn aber mit der Bestellung externer Beisitzer nicht irgendein sachgerechter Zweck verfolgt wird, so entspräche es dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass der Betriebsrat entweder die Bestellung nicht extern vornimmt oder dem Arbeitgeber anbietet, die Zahl der Beisitzer zu verringern. Richtig ist allerdings, dass die Tätigkeit als Beisitzer nicht zu den gesetzlichen Aufgaben eines Betriebsratsmitglieds gehört und daher auch ein Betriebsratsmitglied nicht gegen seinen Willen das Amt des Beisitzers annehmen muss (BAG 20.08.2014 – 7 ABR 64/12 – Rn. 22 mwN). Auch sieht das BAG bereits in der Bestellung ausschließlich externer Beisitzer die Erklärung des Betriebsrats, dass betriebsintern keine Person zur Verfügung gestanden habe, die in der Lage und Willens gewesen sei, in der Einigungsstelle als Beisitzer auf Arbeitnehmerseite tätig zu werden (BAG 24.04.1996 - 7 ABR 40/95 - Rn. 20 mwN).

Im vorliegenden Fall hätte eine solche Person betriebsintern jedoch zur Verfügung gestanden. Denn der damalige Betriebsratsvorsitzende Herr H… ist als Vertreter des Betriebsrats vor der Einigungsstelle bestellt worden und war daher dazu berufen, in exponierter Stelle die Interessen des Betriebsrats zu vertreten. Diese Aufgabe hat er auch wahrgenommen und war daher die gesamte Dauer der Einigungsstelle zugegen. Lediglich bei der abschließenden Beratung und Abstimmung hätte er nicht teilnehmen dürfen. Es ist nicht ersichtlich, warum der Betriebsratsvorsitzende in dieser Konstellation die Interessen des Betriebsrats nicht auch als einer der jeweils drei Beisitzer in der Einigungsstelle hätte vertreten können, ohne sich insoweit auf einen ihm wohl noch nicht einmal bekannten Beisitzer – der Antragssteller war im F…er Büro der Kanzlei tätig – verlassen zu müssen. Im Ergebnis läuft die vorliegende Konstellation somit darauf hinaus, dass die Prüfung der Erforderlichkeit für die Tätigkeit eines zweiten Rechtsanwalts auf Seiten des Betriebsrats umgangen wurde (hierzu Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 40 BetrVG, Rn. 37 f). Hinzu kommt, dass sich der Betriebsrat nach Aussage des jetzigen Betriebsratsvorsitzenden und damaligen Stellvertreters in der Anhörung vom 13.09.2017 von Rechtsanwalt S… sehr gut beraten fühlte und seinem Rat zur Besetzung der Einigungsstelle gefolgt ist (Blatt 328 der Akten). Das erkennende Gericht ist daher überzeugt, dass der damalige Betriebsratsvorsitzende Herr H… als Beisitzer in die Einigungsstelle gegangen wäre, hätte Rechtsanwalt S… hierzu geraten bzw. nicht hiervon zu Gunsten eines Mitarbeiters der eigenen Kanzlei abgeraten.

(3) Andererseits ist der Arbeitgeber im Bestellungsverfahren nicht rechtlos gestellt.

(a) Das gesetzlich vorgesehene Korrektiv gegen eine übermäßige und damit kostenträchtige Heranziehung externer Beisitzer findet sich im Einigungsstellenbesetzungsverfahren nach § 100 ArbGG. Danach entscheidet das Arbeitsgericht über die Zahl der Einigungsstellenmitglieder. Dabei hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, durch entsprechenden Sachvortrag darauf hinzuwirken, bei einfach gelagerten Einigungsstellenverfahren die Anzahl der Beisitzer auf das gesetzlich vorgesehene Mindestmaß – nämlich ein Beisitzer für jede Seite - zu beschränken (BAG 24.04.1996 – 7 ABR 40/95 – Rn. 23). Will der Betriebsrat andererseits mehr als zwei Beisitzer je Seite durchsetzen, so wird er seinerseits entsprechenden Sachvortrag leisten müssen (z.B. zur Komplexität des zu regelnden Sachverhalts, zur Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, zur Schwierigkeit der Rechtsfragen oder der Zumutbarkeit der Kosten der Einigungsstelle s. Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 76 BetrVG, Rn. 20). Er wird deshalb auch darlegen müssen, warum und wieviele externe Beisitzer notwendig sind. Nimmt der Betriebsrat dann die Besetzung entgegen seinem eigenen Sachvortrag vor, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nahe.

(b) Einigt sich der Arbeitgeber, wie vorliegend, mit dem Betriebsrat auf eine bestimmte Zahl der Beisitzer, ohne vom Betriebsrat hinsichtlich der Besetzung nähere Angaben zu verlangen und ohne auf eine entsprechende Betriebsvereinbarung nach § 76 Abs. 4 BetrVG zu bestehen, kann er später nicht durch die Beschränkung der Auswahlbefugnisse der anderen Betriebspartei auf eine Kostenverringerung dringen. Das Ziel, die Kosten von Einigungsstellenverfahren zu verringern, verfolgt das BetrVG durch die Vergütungsregelungen des § 76 a Abs. 2 und Abs. 3. Dass es bisher entgegen § 76 a Abs. 4 Satz 1 BetrVG unterblieben ist, eine entsprechende Vergütungsregelung im Wege der Rechtsverordnung zu erlassen, kann nicht durch die Beschränkung der Auswahlbefugnisse einer Betriebspartei ausgeglichen werden (BAG 24.04.1996 – 7 ABR 40/95 – Rn. 23).

(4) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit durch die rechtsmissbräuchliche Besetzung der Einigungsstelle führt nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedoch nicht zum Entfallen des Vergütungsanspruchs des Mitglieds der Einigungsstelle.

(a) Die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat werden durch die Rechte und Pflichten bestimmt, die dem Betriebsverfassungsrecht zugrunde liegen, sowie durch die wechselseitigen Rücksichtspflichten, die sich aus § 2 Abs. 1 BetrVG ergeben. Aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit folgt deshalb, dass sich aus der Wertung der im Gesetz vorgesehenen Rechte auch Nebenpflichten ergeben. Der Grundsatz ist Maßstab dafür, wie die Betriebsparteien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und auszuüben haben. Sie müssen dabei auch auf die Interessen anderer Betriebsparteien Rücksicht nehmen. Jedoch kann aus § 2 Abs. 1 BetrVG nicht unabhängig vom Bestehen konkreter betriebsverfassungsrechtlicher Rechtsvorschriften das Entstehen von Rechten und Pflichten des Arbeitgebers oder des Betriebsrats hergeleitet werden. Die Bestimmung betrifft lediglich die Art der Ausübung bestehender Rechte. Es geht letztlich um die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auch in der Betriebsverfassung (BAG 28.05.2014 – 7 ABR 36/12 – Rn. 35 mwN).

(b) Diese Grundsätze gebieten es nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht, den Vergütungsanspruch des Beisitzers der Einigungsstelle dann zu verneinen, wenn dessen Bestellung durch den Betriebsrat sachwidrig unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BetrVG erfolgt ist.

(aa) Der Vergütungsanspruch des Mitglieds der Einigungsstelle entsteht im Gegensatz etwa zu den Kostentragungsansprüchen nach §§ 20, 40 und 76a Abs. 1 BetrVG unabhängig davon, ob er erforderlich oder verhältnismäßig ist. Maßstab sind allein die Regeln des § 76a BetrVG. Der Vergütungsanspruch ist nach der gesetzlichen Konzeption nicht auf die Freistellung von Kosten gerichtet, sondern begründet einen unmittelbaren Anspruch des Einigungsstellenmitglieds auf Vergütung. Er wird auch nicht etwa durch Vertrag mit dem Betriebsrat begründet, dessen handelnde Mitglieder dann gegebenenfalls – wenn die Voraussetzungen für eine Freistellung durch den Arbeitgeber nicht gegeben sind - selbst gegenüber dem Vertragspartner haften würden (vgl. hierzu BGH 25.10.2012 – III ZR 266/11).

(bb) Ob der Bestellungsbeschluss formal ordnungsgemäß erfolgt ist, lässt sich regelmäßig bereits im Verfahren vor der Einigungsstelle selbst leicht feststellen, insbesondere wenn die Formalien dokumentiert sind. Notfalls könnte der Betriebsrat einen erneuten Beschluss fassen. Dies ist bei den Gründen, die zur Verletzung der Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit führen können, regelmäßig nicht der Fall. So mag es im Einzelfall sachgerechte Gründe geben, die Einigungsstelle ausschließlich mit externen Beisitzern, darunter zwei gleichqualifizierten Rechtsanwälten derselben Kanzlei, zu besetzen. Jedenfalls wird dies kaum von der Einigungsstelle selbst geklärt werden können, wenn der Betriebsrat an seinem Bestellungsbeschluss festhält und der Arbeitgeber seine Einwände aufrechterhält. Auch wird dem externen Beisitzer nicht unbedingt bekannt sein, ob der Betriebsrat intern verpflichtet ist, die Besetzung in anderer Weise vorzunehmen, etwa um nicht unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BetrVG zu handeln. Es ist dem externen Beisitzer im Regelfall nicht zuzumuten, diese internen Vorgänge mit der notwendigen Rechtssicherheit zu klären. Auch wäre die Funktionsfähigkeit der Einigungsstelle stark beeinträchtigt, wenn sie die Entsendungsbeschlüsse auch daraufhin überprüfen müsste, ob sie nicht sachwidrig sind.

(cc) Nicht zuletzt spricht der klare und eindeutige Wortlaut des § 76a Abs. 3 Satz 1 BetrVG dafür, den Vergütungsanspruch des formal wirksam bestellten Beisitzers nicht davon abhängig zu machen, ob der Betriebsrat intern verpflichtet gewesen wäre, einen betriebsangehörigen Beisitzer zu bestellen (Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 76a BetrVG, Rn. 16 mwN). Dies gilt nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch, wenn der Bestellungsbeschluss unter Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zustande gekommen ist. Denn der Beisitzer ist in seiner Stellung unabhängig und gerade nicht eingebunden in die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten der Betriebsparteien.

(dd) Es erscheint auch angemessen, wenn das Risiko eines sachwidrigen Verhaltens bei der Besetzung der Einigungsstelle nicht grundsätzlich vom betriebsfremden Beisitzer zu tragen ist, sondern betriebsintern verteilt wird. Betriebsfremde Beisitzer könnten sich sonst veranlasst sehen, ihr Mandat gar nicht erst anzunehmen, wenn sie ihren Honoraranspruch bereits durch die vom Arbeitgeber geäußerte Ansicht, die Bestellung sei sachwidrig, gefährdet sehen müssten. Betriebsintern dürfte ein offensichtlicher ggf. rechtsmissbräuchlicher Verstoß gegen den Grundsatz, den Arbeitgeber nicht mit unnötigen Kosten zu belasten, zu einem Regressanspruch des Arbeitgebers ggf. nach § 826 BGB gegen die handelnden Betriebsratsmitglieder führen (Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 76a BetrVG, Rn. 16; Schwab/Weth, ArbGG, 4. Aufl. 2015, Einigungsstelle, Rn. 387). Diese wiederum könnten bei einer schuldhaften Falschberatung den vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalt in Haftung nehmen und diesen Anspruch an den Arbeitgeber abtreten. Zu denken wäre auch an eine entsprechende Abtretungsverpflichtung des Betriebsrats als Gremium, da ein möglicher Schaden immer beim Arbeitgeber eintritt. Andererseits wäre die Haftung des beratenden Anwalts wohl bereits dann ausgeschlossen, wenn er ausreichend auf das Risiko der Folgen einer sachwidrigen Besetzung der Einigungsstelle hinweist. Im Ergebnis würde das Risiko einer sachwidrigen Besetzung damit nicht den Beisitzer treffen, dem die Hintergründe seiner Bestellung möglicherweise nicht bekannt sind, ohne dass der Arbeitgeber aber rechtlos gestellt wäre.

2. Der Vergütungsanspruch des Antragstellers beträgt nicht 4.483,87 € brutto, sondern nur 4.248,30 € brutto.

a. Nach § 316 BGB hat das Einigungsstellenmitglied bei Fehlen einer vertraglichen Vergütungsvereinbarung den Umfang der Vergütung zu bestimmen. Diese Bestimmung ist gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen, wobei die Bemessungsgrundsätze des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG zu beachten sind. Eine gerichtliche Festsetzung der Vergütungshöhe nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommt erst dann in Betracht, wenn die vom Einigungsstellenmitglied bestimmte Höhe seiner Vergütung nicht der Billigkeit entspricht (BAG 28.08.1996 – 7 ABR 42/95 mwN). Kommt es nicht zu einer vertraglichen Vergütungsvereinbarung, so ist insbesondere bindend, dass die Vergütung der Beisitzer niedriger zu bemessen ist als die des Vorsitzenden (§ 76a Abs. 3 Satz 2 iVm Abs. 4 Satz 4 BetrVG). Hierbei entspricht ein Abschlag von 3/10 gegenüber der Vorsitzendenvergütung im Allgemeinen dem Unterschied in den Aufgaben und der Beanspruchung (BAG 12.02.1992 – 7 ABR 20/91 – Rn. 22 ff, juris; Richardi, BetrVG, 15. Aufl., 2016, § 76a BetrVG, Rn. 22).

b. Eine Vergütungsvereinbarung ist zwischen Antragsteller und der Beteiligten zu 2 nicht getroffen. Dies ist weder behauptet noch sonst ersichtlich.

c. Die Bestimmung der Vergütung durch den Antragsteller entsprach jedoch nicht der Billigkeit.

aa. Nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsteller bei seiner Bestimmung grundsätzlich 7/10 der Vergütung des Vorsitzenden zugrunde legt (s.o. unter a.).

bb. Die Bestimmung des Anspruchs entspricht jedoch nicht der Billigkeit, da der Antragsteller seiner Vergütungsforderung nicht nur die Vergütung des Vorsitzenden von 5.100,- € zuzüglich MwSt zugrunde gelegt hat, sondern auch die vom Vorsitzenden in Rechnung gestellten Aufwendungen (Reisekosten in Höhe von 282,80 € zuzüglich MwSt). Damit hat der Antragsteller 7/10 der Reisekosten des Vorsitzenden in seinen Vergütungsanspruch hineingerechnet und damit mehr als 7/10 der Vergütung des Vorsitzenden geltend gemacht. Einen Grund, warum ihm eine höhere Vergütung als 7/10 der Vergütung des Vorsitzenden zustehen sollte, hat der Antragssteller nicht angegeben und ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere könnte sich der Antragssteller nicht darauf berufen, dass er seinerseits einen Anspruch auf Erstattung von Reisekosten gehabt hätte. Denn hierbei handelt es sich gerade nicht um die Vergütung für die Tätigkeit als Beisitzer nach § 76a Abs. 3 BetrVG, sondern um Kosten der Einigungsstelle nach § 76a Abs. 1 BetrVG (BAG 14.02.1996 – 7 ABR 24/95 – Rn. 25, juris). Diese sind vom Arbeitgeber nur im Rahmen der Erforderlichkeit zu erstatten (Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 76a BetrVG, Rn. 5 mwN). Dazu sind die Auslagen, insbesondere die Reisekosten, gesondert auszuweisen. Die Prüfung der Erforderlichkeit darf dem Arbeitgeber nämlich nicht abgeschnitten werden. Mit der Einbeziehung der Reisekosten des Vorsitzenden, also des Aufwendungsersatzes, zur Bestimmung des eigenen Vergütungsanspruchs hat der Antragsteller somit seinen Gestaltungsspielraum überschritten. Die Bestimmung ist für die Beteiligte zu 2 daher nicht verbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB).

d. Der Vergütungsanspruch des Antragstellers war gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auf 4.248,- € brutto festzusetzen.

aa. Wird die Klage vom Gläubiger erhoben, braucht sich dieser nicht auf das Ziel zu beschränken, die Gestaltungswirkung herbeizuführen, sondern kann unmittelbar auf Leistung klagen. Die Gestaltung durch das Urteil erfolgt mit der Entscheidung über das Leistungsbegehren, auf der das Leistungsgebot beruht (vgl. BGH 24.11.1995 – V ZR 174/94 – Rn. 31; Palandt/Grüneberg BGB 76. Aufl., 2017, § 315 BGB Rn. 17).

bb. Bei der Berechnung der dem Antragsteller zustehenden Vergütung ist als Berechnungsgrundlage von der Vergütung des Vorsitzenden iHv 5.100,- € netto auszugehen. Mangels besonders zu berücksichtigender individueller Umstände sind hiervon 7/10 als angemessen und der Billigkeit entsprechend anzusehen. Hieraus ergibt sich ein Betrag iHv 3.570,- € netto. Als umsatzsteuerpflichtiges Mitglied der Einigungsstelle kann der Antragsteller auch die Erstattung der auf das Honorar entfallenden Umsatzsteuer iHv 19 v. H. verlangen, ohne dass es einer gesonderten Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bedarf (vgl. BAG 14.02.1996 – 7 ABR 24/95 – Rn. 23). Unter Hinzurechnung der Umsatzsteuer ergibt sich der dem Antragsteller zugesprochene Betrag von 4.248,30 € brutto.

e. Das Gericht war nicht gehalten, dem Antragssteller zu diesem in den Schriftsätzen nicht explizit thematisierten Komplex eine Schriftsatzfrist einzuräumen. Zum einen hatte die Beteiligte bereits schriftsätzlich darauf hingewiesen, dass sie dem Antragstellervertreter Rechtsanwalt S… für seine Tätigkeit als Beisitzer in derselben Einigungsstelle einen Betrag von 4.248,- € brutto gezahlt habe (Blatt 71 der Akten). Damit hat sie die von Rechtsanwalt S… gestellte Honorarforderung (Blatt 41 der Akten), die gleichlautend der des Antragstellers ist (Blatt 42 der Akten), entsprechend von sich aus gekürzt. Der Einwand der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung ist damit bereits nach dem Akteninhalt hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen. Zum anderen hat das Gericht auf diesen Gesichtspunkt sowohl mit Beschluss vom 07.09.2017 (Blatt 325 der Akten) als auch in der Anhörung vom 13.09.2017 hingewiesen, ohne dass ein Beteiligter eine Schriftsatzfrist beantragt hätte.

3. Ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen besteht nicht.

a. Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen, § 288 Abs. 1 BGB. Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug (§ 286 Abs. 1 BGB); bei einer Entgeltforderung spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung (§ 286 Abs. 3 BGB). Mit einer nicht fälligen Forderung kann der Schuldner somit nicht in Verzug kommen.

b. Der Vergütungsanspruch des Antragstellers ist noch nicht fällig.

Leistungen, die nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst auf Grund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig (BAG 15.04.2014 – 3 AZR 114/12 – Rn. 55; 18.03.2014 – 3 AZR 249/12 – Rn. 34; 28.06.2011 – 3 AZR 859/09 – Rn. 32; vgl. BGH 24.11.1995 – V ZR 174/94 – Rn. 29; ArbG Nürnberg 11.08.2017– 12 BV 164/16 für den Vergütungsanspruch eines Beisitzers der Einigungsstelle).

Mit der wirksamen Leistungsbestimmung wird der bis dahin „schwebende“ Anspruch auf die unbestimmte Leistung nämlich erstmals rechtsgestaltend konkretisiert und ist erst ab diesem Zeitpunkt durchsetzbar. Erst ab Zugang der billigem Ermessen entsprechenden und damit verbindlichen Bestimmungserklärung (vgl. § 315 Abs. 2 iVm Abs. 3 Satz 1 BGB) oder ab Rechtskraft des richterlichen Gestaltungsurteils (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB) ist der konkretisierte Anspruch durchsetzbar, also fällig. Fälligkeits-, Verzugs- und Prozesszinsen sind deshalb erst ab Zugang der wirksamen Leistungsbestimmung oder ab Rechtskraft der richterlichen Ersatzleistungsbestimmung geschuldet (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 403). Denn die Gestaltungswirkung des Urteils, die mit der Neubestimmung der Vergütung verbunden ist, tritt erst mit seiner Rechtskraft ein (ArbG Nürnberg 11.08.2017– 12 BV 164/16; BGH 04.04.2006 – X ZR 122/05 – Rn. 16 und 22).

Da im vorliegenden Fall die Leistungsbestimmung durch Urteil erfolgen muss, dieses jedoch nicht rechtskräftig ist, ist die Fälligkeit nicht eingetreten. Verzugszinsen sind daher nicht zu entrichten.

4. Die Anträge zu 2. und 3. sind ebenfalls unbegründet, da es an einem Verzugseintritt fehlt. Die Voraussetzungen des § 286 BGB liegen nicht vor, da die Honorarforderung nicht fällig war (s.o. unter 3.).

a. Streitigkeiten über Honorare und Auslagenersatz der Mitglieder der Einigungsstelle einschließlich der Honorardurchsetzungskosten sind im Beschlussverfahren auszutragen (BAG 27.07.1994 – 7 ABR 10/93). Grundsätzlich zählen Honorardurchsetzungskosten zwar nicht zu den vom Arbeitgeber nach § 76a Abs. 1 BetrVG zu tragenden Kosten der Einigungsstelle. Sie können aber ein nach § 286 Abs. 1 BetrVG zu ersetzender Verzugsschaden sein (BAG 27.07.1994 – 7 ABR 10/93; Fitting, BetrVG, 28. Aufl., 2016, § 76a BetrVG, Rn. 34). Hierzu gehören auch die im Beschlussverfahren entstehenden Anwaltskosten, weil § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nur im Urteilsverfahren gilt und deshalb den im Beschlussverfahren zu verfolgenden Anspruch auf Honorardurchsetzung insoweit nicht einschränkt (BAG 27.07.1994 – 7 ABR 10/93- Rn. 20; LAG Hamm 10.02.2012 – 10 TaBV 61/11 – Rn. 112).

b. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ersatz eines Verzugsschadens sind hier allerdings nicht erfüllt, weil es vor Rechtskraft der vorliegenden, die Leistungsbestimmung des Antragstellers ersetzenden Entscheidung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB an der Fälligkeit und damit an einer Voraussetzung des Verzugs fehlt (ArbG Nürnberg11.08.2017– 12 BV 164/16).

c. Eine andere Anspruchsgrundlage für die Honorardurchsetzungskosten ist nicht ersichtlich.

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#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Oktober 2009 - 5 Sa 535/09 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - teilweis

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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber.

(2) Die Beisitzer der Einigungsstelle, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung; § 37 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, so gilt Satz 1 für die einem Betrieb des Unternehmens oder eines Konzernunternehmens angehörenden Beisitzer entsprechend.

(3) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in Absatz 2 genannten Personen zählen, haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Grundsätzen des Absatzes 4 Satz 3 bis 5.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung die Vergütung nach Absatz 3 regeln. In der Vergütungsordnung sind Höchstsätze festzusetzen. Dabei sind insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Die Vergütung der Beisitzer ist niedriger zu bemessen als die des Vorsitzenden. Bei der Festsetzung der Höchstsätze ist den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.

(5) Von Absatz 3 und einer Vergütungsordnung nach Absatz 4 kann durch Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, wenn ein Tarifvertrag dies zulässt oder eine tarifliche Regelung nicht besteht, abgewichen werden.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.

(2) Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber.

(2) Die Beisitzer der Einigungsstelle, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung; § 37 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, so gilt Satz 1 für die einem Betrieb des Unternehmens oder eines Konzernunternehmens angehörenden Beisitzer entsprechend.

(3) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in Absatz 2 genannten Personen zählen, haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Grundsätzen des Absatzes 4 Satz 3 bis 5.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung die Vergütung nach Absatz 3 regeln. In der Vergütungsordnung sind Höchstsätze festzusetzen. Dabei sind insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Die Vergütung der Beisitzer ist niedriger zu bemessen als die des Vorsitzenden. Bei der Festsetzung der Höchstsätze ist den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.

(5) Von Absatz 3 und einer Vergütungsordnung nach Absatz 4 kann durch Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, wenn ein Tarifvertrag dies zulässt oder eine tarifliche Regelung nicht besteht, abgewichen werden.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. März 2014 - 2 TaBV 18/13 - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerden des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Juni 2013 - 2 BV 22/12 - abgeändert und der Antrag abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3.

2

Die Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in H. In Deutschland betreibt sie etwa 390 Filialen, darunter eine Filiale in T. Der Beteiligte zu 3. ist bei ihr seit September 1999 als Mitarbeiter im Verkauf auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags mit sog. Jahresarbeitszeitregelung beschäftigt. Die vereinbarte Jahresarbeitszeit betrug zuletzt 1.660 Stunden. Die Arbeitgeberin setzt Mitarbeiter mit Jahresarbeitszeitregelung entsprechend dem Arbeitsanfall variabel ein. In ihrer Filiale in T erfolgt die Personalplanung monatlich gemäß einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit aus dem Jahre 2008. Im Arbeitsvertrag zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin vom 10. September 2001 ist in § 4 Abs. 2 unter der Überschrift „Allgemeine Pflichten“ bestimmt, dass „Nebentätigkeiten […] nur mit dem Einverständnis des Arbeitgebers ausgeübt werden“ dürfen.

3

Der Beteiligte zu 3. ist Vorsitzender des für die Filiale in T gebildeten Betriebsrats. Er ist außerdem Mitglied im Gesamtbetriebsrat, im Wirtschaftsausschuss und im Europäischen Betriebsrat. Im Oktober 2012 teilte er der Arbeitgeberin unter dem Briefkopf „Komparative Betriebsratsberatung“ und unter Angabe seiner Steuernummer und Bankverbindung mit, dass er am 9. November 2012 als Beisitzer einer Einigungsstelle für den Betrieb der Arbeitgeberin in A tätig sein werde und hierfür vorsorglich um ihr Einverständnis bitte, obwohl er die arbeitsvertragliche Klausel zu Nebentätigkeiten für unwirksam halte. Zugleich zeigte er an, zukünftig „im Nebenerwerb als Betriebsratsberater (als Pendant zum Unternehmensberater)“ tätig zu sein, und bat auch dafür vorsorglich um das Einverständnis der Arbeitgeberin. Außerdem erinnerte er an ein Begehren um Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit. Durch die Ablehnung erschwere ihm die Arbeitgeberin seine Nebentätigkeit „in einer freiberuflichen Gründungsphase“. Unter demselben Briefkopf stellte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin ein Honorar für die Tätigkeit als Mitglied einer in der Filiale in S bis Januar 2012 geführten Einigungsstelle in Höhe von 9.163,00 Euro in Rechnung. Die Arbeitgeberin leistete darauf keine Zahlung.

4

Mit Schreiben vom 7. November 2012 verweigerte die Arbeitgeberin ihre Zustimmung zu den angezeigten Nebentätigkeiten. Der Beteiligte zu 3. müsse mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung“ seines Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn er sie dennoch ausübe.

5

Der Beteiligte zu 3. war von der Arbeitgeberin für den 9. November 2012 zur Arbeitsleistung vorgesehen. Der Betriebsrat stimmte dieser Einsatzplanung nicht zu. Durch Spruch der Einigungsstelle wurde der Personaleinsatz für November 2012 sodann in der Weise festgelegt, dass der Beteiligte zu 3. am 9. November 2012 nicht zur Arbeit eingeteilt war. Die Sitzung der Einigungsstelle in A am 9. November 2012 fand dennoch ohne ihn statt. Eine Sitzung am 18. Dezember 2012 nahm er wahr.

6

Der Beteiligte zu 3. wurde außerdem als Mitglied von Einigungsstellen in Filialen der Arbeitgeberin in W und He benannt. Die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats der Filiale W teilte der Arbeitgeberin in einem Schreiben vom 19. November 2012 mit, der Beteiligte zu 3., „(Komparative Betriebsratsberatung, T)“, werde als Beisitzer an der Einigungsstelle in W teilnehmen. Seine Bestellung für die Einigungsstelle in He zeigte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 an. Er verwandte dafür erneut den Briefkopf „Komparative Betriebsratsberatung“.

7

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3. Mit Beschluss vom 24. Dezember 2012 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Am 28. Dezember 2012 leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Verfahren zu deren Ersetzung ein.

8

Der Beteiligte zu 3. nahm im Februar 2013 an zwei Sitzungen der Einigungsstelle in A und an einer Sitzung der Einigungsstelle in W teil. Anfang März 2013 nannte er der Arbeitgeberin weitere Termine für Sitzungen der Einigungsstellen in A, He und W. Gleichzeitig teilte er mit, die Termine zwar wahrnehmen zu wollen, nicht jedoch im Rahmen seiner ursprünglich geplanten Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“. Anfang April 2013 tagte die Einigungsstelle in W erneut unter seiner Beteiligung. Mit Schreiben vom 15. April 2013 stellte ihn die Arbeitgeberin für die Zukunft von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.

9

Anfang Mai 2013 nannte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin weitere Sitzungstermine der Einigungsstellen in He und W. Er werde auch diese nicht in seiner Eigenschaft als „komparativer Betriebsratsberater“ wahrnehmen. Die Arbeitgeberin untersagte ihm die Teilnahme. Die Sitzung der Einigungsstelle in He wurde vertagt, die Sitzung in W fand mit ihm statt.

10

Anfang Juni 2013 übermittelte der Beteiligte zu 3. dem im Urlaub befindlichen „Store-Manager“ der Filiale in T eine E-Mail, in der er mitteilte, er werde am 7. Juni 2013 erneut an einer Sitzung der Einigungsstelle in W teilnehmen, wiederum aber nicht in seiner Eigenschaft als „komparativer Betriebsratsberater“.

11

Die Arbeitgeberin hat beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung auch im Hinblick auf die Beteiligung an den Sitzungen der Einigungsstellen seit Februar 2013 beantragt. Der Betriebsrat hielt an seiner Verweigerung fest oder hat nicht reagiert. Die Arbeitgeberin hat ihren Antrag auf Zustimmungsersetzung ergänzend auf diese Sachverhalte gestützt.

12

Der Beteiligte zu 3. war an keinem der Tage, an denen er an Einigungsstellensitzungen teilnahm, zur Arbeit verpflichtet. Im Zusammenhang mit seiner Bestellung zum Beisitzer der Einigungsstellen in A, W und He kam es über Fragen seines Personaleinsatzes zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den örtlichen Betriebsräten und der Arbeitgeberin, zum Teil unter seiner Beteiligung. Zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin sind außerdem eine Klage auf Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit sowie eine Klage auf Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als „Betriebsratsberater“ anhängig bzw. anhängig gewesen.

13

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 3. habe durch die Teilnahme an Einigungsstellen trotz ihrer ausdrücklichen Untersagung kontinuierlich und eklatant gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, insbesondere gegen seine ihr gegenüber bestehende Loyalitätspflicht verstoßen. In § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei zwar kein Nebentätigkeitsverbot, aber ein Erlaubnisvorbehalt vereinbart worden. Die Nebentätigkeit als Einigungsstellenbeisitzer sei nicht genehmigungsfähig. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung sei es dem Beteiligten zu 3. nicht gestattet, eine solche Tätigkeit auszuüben. Durch sie würden betriebliche Interessen verletzt. Zum einen beeinträchtige sie ihr durch den Arbeitsvertrag abgesichertes Interesse an der Möglichkeit eines flexiblen Einsatzes des Beteiligten zu 3. Dessen Verhalten habe zu einer Flut von kostenintensiven Verfahren geführt. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten habe sie den Beteiligten zu 3. an den angekündigten Terminen von Einigungsstellensitzungen nicht mehr zur Arbeit eingeteilt. Zum anderen sei insbesondere das geschäftsmäßige Betreiben der Nebentätigkeit nicht mit den Loyalitätspflichten eines Arbeitnehmers vereinbar. Der Beteiligte zu 3. werde auf Seiten des Betriebsrats und damit gegen ihre Interessen, jedoch auf ihre Kosten tätig. Um seine geschäftlichen Interessen zu vertreten, müsse er zwangsläufig ihren Belangen zuwider handeln. Ein Verhalten wie das des Beteiligten zu 3. könne zu einem „Einigungsstellentourismus“ führen, bei dem sich die Betriebsräte des Unternehmens wechselseitig zu Beisitzern von Einigungsstellen beriefen. Die entgeltliche Tätigkeit als betriebsfremder Einigungsstellenbeisitzer führe zu einer verbotenen mittelbaren Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds. Der Beteiligte zu 3. komme als Beisitzer für die Einigungsstellen anderer Betriebe nur aufgrund seiner als Betriebsratsmitglied gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse in Betracht. Er wolle die auf ihre Kosten erworbenen Kenntnisse persönlich gewinnbringend - und dies wiederum auf ihre Kosten - verwerten. Sie habe in der Vergangenheit eine solche Nebentätigkeit des Beteiligten zu 3. weder geduldet noch genehmigt. Sie sei bislang davon ausgegangen, dass er als Beisitzer nur im Rahmen seines Betriebsratsamts tätig geworden sei. Auf die Verbote des § 78 BetrVG könne er sich nicht berufen. Er habe die Ämter als Beisitzer von Einigungsstellen gar nicht erst annehmen dürfen.

14

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. zu ersetzen.

15

Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nicht vor. Die durch den Beteiligten zu 3. ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen seien zulässig. Er habe durch sie seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot und als überraschende Klausel unwirksam. Zumindest habe der Beteiligte zu 3. einen Anspruch auf Erlaubnis gehabt. Betriebliche Interessen der Arbeitgeberin seien durch seine Tätigkeiten nicht beeinträchtigt worden. Ihm sei es aufgrund seiner Teilzeitbeschäftigung möglich gewesen, sowohl seine Arbeitsverpflichtung zu erfüllen, als auch die Ämter als Einigungsstellenbeisitzer auszuüben. Er gerate durch die Teilnahme an Einigungsstellen anderer Betriebe des Unternehmens auch nicht in einen Loyalitätskonflikt. Als Beisitzer sei er ebenso wie als Betriebsratsmitglied an den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gebunden. Die Arbeitgeberin verstoße mit ihrer Kündigungsabsicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und das Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG. Zudem genüge ihr Antrag an den Betriebsrat nicht den gesetzlichen Anforderungen, da er nicht die notwendigen tatsächlichen Informationen enthalte. Insbesondere habe die Arbeitgeberin nicht dargelegt, welche betrieblichen Interessen durch die Nebentätigkeit des Beteiligten zu 3. beeinträchtigt worden seien.

16

Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. ihr Begehren weiter, den Antrag abzuweisen.

17

B. Die Rechtsbeschwerden sind begründet. Die Vorinstanzen haben die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Beteiligten zu 3. zu Unrecht ersetzt. Dessen Verhalten stellt keinen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses dar. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Zustimmung des Betriebsrats auch deshalb nicht zu ersetzen ist, weil die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt oder der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß entsprechend § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über die Kündigungsgründe unterrichtet worden ist.

18

I. Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG iVm. § 15 KSchG ist die verweigerte Zustimmung zu ersetzen, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB voraus. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 39 mwN; 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 17 mwN). Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar war oder nicht ( BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 265/14 - Rn. 14; 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13  - Rn. 39). Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 34; 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 39).

19

II. An einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB fehlt es. Mit der Annahme der Bestellungen als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe der Arbeitgeberin und der Teilnahme an den Sitzungen dieser Einigungsstellen hat der Beteiligte zu 3. weder gegen seine Pflichten aus § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verstoßen noch seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

20

1. Zugunsten der Arbeitgeberin kann unterstellt werden, dass die Klausel in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags als sog. Erlaubnisvorbehalt zu verstehen und mit diesem Inhalt wirksam ist. Der Beteiligte zu 3. hatte einen Anspruch darauf, ihm die Tätigkeiten als Beisitzer der fraglichen Einigungsstellen zu gestatten. Mit ihnen war keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin verbunden (zum wichtigen Grund bei fortgesetzter Ausübung einer offensichtlich nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit, vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 827/06 - Rn. 28; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 42; zur Eignung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als wichtiger Grund, wenn die vertraglich geschuldeten Leistungen beeinträchtigt werden, vgl. BAG 26. August 1976 - 2 AZR 377/75 - zu I 3 b der Gründe). Der Beteiligte zu 3. musste die von ihm ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer auch nicht zurückstellen, bis gerichtlich geklärt wäre, ob sie mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten vereinbar sind.

21

a) Ein Arbeitnehmer hat in Anbetracht seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Ausübung von Nebentätigkeiten, sofern diese die betrieblichen Interessen nicht beeinträchtigen(BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 205; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 70). Außerhalb der Arbeitszeit steht ihm die Verwendung seiner Arbeitskraft grundsätzlich frei. Soweit die Nebentätigkeit beruflicher Natur ist, kann er sich auf das Grundrecht der freien Berufswahl berufen (Art. 12 Abs. 1 GG). Nichtberufliche Tätigkeiten sind durch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützt. Der Arbeitnehmer hat jedoch jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die mit seiner Arbeitspflicht kollidiert. Das ist der Fall, wenn sie gleichzeitig mit der Haupttätigkeit ausgeübt werden soll oder bei nicht gleichzeitiger Ausübung dann, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung unter ihr leidet. Solche Nebentätigkeiten stellen eine Verletzung der Arbeitspflicht dar (BAG 18. Januar 1996 - 6 AZR 314/95 - zu I 2 b aa der Gründe). Zu unterlassen sind ferner Nebentätigkeiten, die gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 27 ff.; 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 14 ff.) oder sonst einen Interessenwiderstreit hervorrufen, der geeignet ist, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Loyalität und Integrität des Arbeitnehmers zu zerstören (BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 5 der Gründe, BAGE 105, 205; 28. Februar 2002 - 6 AZR 33/01 - zu 1 b bb der Gründe; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 626 BGB Rn. 118; Peter Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern S. 119 ff.).

22

b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die der Arbeitgeberin angezeigte Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“ oder eine gewerbsmäßige Teilnahme an Einigungsstellen, die über die gelegentliche Wahrnehmung von Bestellungen als Beisitzer hinausginge, die betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin beeinträchtigte. Die vom Beteiligten zu 3. tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen in anderen Betrieben der Arbeitgeberin rechtfertigen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Annahme, diese seien Teil eines auf Gewerbsmäßigkeit angelegten - wie auch immer näher zu bestimmenden - „Geschäftsmodells“ gewesen.

23

aa) Zwar hatte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin im Oktober 2012 angezeigt, im Nebenerwerb als „komparativer Betriebsratsberater“ tätig werden zu wollen. Er hatte an das Begehren um Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit erinnert und hatte der Arbeitgeberin vorgehalten, sie erschwere durch ihre Ablehnung seine „freiberufliche Gründungsphase“. Er hatte der Arbeitgeberin mit entsprechendem Briefkopf ein Honorar für die im Januar 2012 abgeschlossene Einigungsstelle in S in Rechnung gestellt und im Dezember 2012 unter demselben Briefkopf seine Bestellung zum Beisitzer der Einigungsstelle in He angezeigt. Auch der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in W war die Titulierung seiner Tätigkeit als „komparative Betriebsratsberatung“ offensichtlich bekannt, wie sich aus ihrem Schreiben vom 19. November 2012 ergibt.

24

bb) Die tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten als Beisitzer der Einigungsstellen in S, A und W - die Einigungsstelle in He ist nur noch ohne Beteiligung des Beteiligten zu 3. zusammengetreten - lassen jedoch eine über die gelegentliche Annahme solcher Bestellungen hinausgehende, einem bestimmten „Geschäftsmodell“ folgende und dauerhaft auf Gewinnerzielung angelegte gewerbsmäßige Betätigung des Beteiligten zu 3. nicht erkennen. Dagegen sprechen sowohl die geringe Zahl der Einigungsstellen als auch der Umstand, dass er - zumindest bislang - für seine Tätigkeiten in A und W kein Honorar in Rechnung gestellt und die Honorarforderung für die Einigungsstelle in S nicht weiterverfolgt hat. Der Beteiligte zu 3. hat der Arbeitgeberin seine Teilnahme an den Einigungsstellensitzungen außerdem seit März 2013 stets mit dem ausdrücklichen Hinweis angezeigt, die Termine nicht im Rahmen seiner ursprünglich geplanten Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“, sondern als einzelne Termine wahrnehmen zu wollen. Zudem ist weder konkret vorgetragen noch objektiv ersichtlich, dass der Beteiligte zu 3. etwa werbend für eine Tätigkeit als „Betriebsratsberater“ aufgetreten wäre. Selbst wenn er eine ursprünglich andere Absicht nur mit Blick auf das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren nicht weiterverfolgt haben sollte, hätte er sie jedenfalls bislang nicht verwirklicht. Sofern er weiterhin auf Erteilung der Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als „Betriebsratsberater“ klagen sollte, nähme er lediglich das Recht wahr, seinen - vermeintlichen - Anspruch gerichtlich klären zu lassen. Dies spräche allenfalls dafür, dass er ein „Geschäftsmodell“, das über die Wahrnehmung einzelner Ämter als Einigungsstellenbeisitzer hinausginge, für die Zukunft noch nicht aufgegeben hat. Nichts anderes gilt für die Klage auf Reduzierung und Festlegung der Lage seiner Arbeitszeit. Der Beteiligte zu 3. hatte sein Begehren zwar im Oktober 2012 noch in den Zusammenhang mit einer „freiberuflichen Gründungsphase“ gestellt. Auch dies spricht aber allenfalls dafür, dass er ursprünglich weitergehende Absichten gehabt und diese möglicherweise für die Zukunft noch nicht endgültig aufgegeben hat.

25

c) Soweit die Arbeitgeberin den Antrag auf die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe stützt, war damit weder eine Verletzung seiner Arbeitspflicht noch eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin wegen einer Einschränkung seiner flexiblen Einsetzbarkeit verbunden.

26

aa) Seine Arbeitspflicht hat der Beteiligte zu 3. durch die Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen nicht verletzt. Es liegen auch keine Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vor. Unabhängig davon, dass der Beteiligte zu 3. an den Sitzungen der Einigungsstellen nicht als Arbeitnehmer teilgenommen hat, sind selbst bei einer Zusammenrechnung der aufgewendeten Zeiten mit den Zeiten seiner Teilzeittätigkeit für die Arbeitgeberin nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ArbZG Überschreitungen der höchstzulässigen Arbeitszeit weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich.

27

bb) Die ausgeübten Tätigkeiten als Einigungsstellenbeisitzer haben betriebliche Belange der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Personaleinsatzplanung nicht beeinträchtigt. Dabei kann zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt werden, dass die mit dem Beteiligten zu 3. getroffene Vereinbarung zur Jahresarbeitszeit wirksam war.

28

(1) Die Regelungen zur Personaleinsatzplanung in der Filiale T ermöglichten es, Kollisionen zwischen der gelegentlichen Teilnahme des Beteiligten zu 3. an Einigungsstellensitzungen und seiner Arbeitspflicht zu vermeiden. Die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mit variabler Arbeitszeit können dort vor der Festlegung des monatlichen Dienstplans Zeiten benennen, an denen sie aus dringenden Gründen an einem Einsatz gehindert sind, denen die Filialleitung nach Möglichkeit Rechnung trägt (vgl. Ziff. III 2 der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 18. Dezember 2008).

29

(2) Die Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. haben die Möglichkeit der Arbeitgeberin, ihn flexibel einzusetzen, nicht in beachtlicher Weise eingeschränkt. Zwar hatte der Beteiligte zu 3. für den 9. November 2012 einen Freizeitwunsch geäußert und der Betriebsrat seine Einteilung für diesen Tag abgelehnt. Die Arbeitgeberin hat aber nicht behauptet, es hätten betriebliche Gründe vorgelegen, die den Einsatz des Beteiligten zu 3. am 9. November 2012 erforderlich gemacht hätten. Dagegen spricht auch, dass der Personaleinsatz von der Einigungsstelle für diesen Tag ohne den Beteiligten zu 3. festgelegt wurde. Ebenso wenig hat die Arbeitgeberin behauptet, dieser habe ihr - bis sie ihn von der Arbeitsleistung gänzlich freigestellt habe - seine Freizeitwünsche jeweils erst so spät angezeigt, dass deren Berücksichtigung zu betrieblichen Beeinträchtigungen geführt habe. Besondere Probleme bei der Einsatzplanung, die die Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. verursacht hätten, sind vielmehr durch Tatsachen nicht belegt. Es war der Arbeitgeberin durchweg möglich, diesen an den Tagen der von ihm angezeigten Einigungsstellensitzungen gar nicht erst zur Arbeit einzuteilen. Damit verbundene Schwierigkeiten hat sie nicht dargelegt. War ihr aber eine Berücksichtigung der Freizeitwünsche des Beteiligten zu 3. möglich, stellt der Umstand, dass dieser sie anmeldete, keine Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Belange dar. Es ist vielmehr Bestandteil der im Betrieb in T praktizierten Personaleinsatzplanung, dass private Freizeitwünsche der Arbeitnehmer und betriebliche Erfordernisse nach Möglichkeit in Einklang gebracht werden müssen.

30

(3) Das Vorbringen der Arbeitgeberin, sie sei dem Beteiligten zu 3. allein deshalb bei der Einsatzplanung entgegengekommen, weil sie weitere Auseinandersetzungen wegen seines Arbeitseinsatzes habe vermeiden wollen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es zu Streitigkeiten über die Personaleinsatzplanung deshalb gekommen ist, weil der Beteiligte zu 3. oder die beteiligten Betriebsräte nicht bereit gewesen wären, berechtigte betriebliche Erfordernisse der Arbeitgeberin anzuerkennen.

31

d) Der Beteiligte zu 3. war mit Blick auf seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch nicht aus anderen Gründen gehindert, die Benennungen als Einigungsstellenbeisitzer anzunehmen.

32

aa) In der Mitwirkung an einer Einigungsstelle nach § 76 BetrVG liegt für sich genommen keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Die Einigungsstelle ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art mit dem Zweck, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der Gestaltung der betrieblichen Ordnung zu gewährleisten, indem sie ggf. durch Zwangsschlichtung Pattsituationen im Bereich der paritätischen Mitbestimmung auflöst. Es handelt sich um das gesetzlich vorgesehene Verfahren, um in betrieblichen Regelungsstreitigkeiten eine Einigung herbeizuführen. Die von den jeweiligen Betriebsparteien bestellten Beisitzer sind weder deren Vertreter noch ihr verlängerter Arm. Sie wirken bei der Schlichtung des Regelungsstreits frei von Weisungen und mit einer gewissen inneren Unabhängigkeit mit (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 22; 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 97, 379). Dementsprechend können sie nicht mit Vertretern einer Betriebspartei gleichgesetzt werden, auch wenn ihre Nähe zu derjenigen Betriebspartei, die sie bestellt hat, nicht zu verkennen und vom Gesetz auch gewollt ist (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 2 b cc der Gründe, BAGE 100, 239; 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 80, 222). Die Tätigkeit der Einigungsstelle ist auf eine Beseitigung von Konflikten vornehmlich auf dem Weg der Herbeiführung eines für beide Seiten akzeptablen Kompromisses ausgerichtet (vgl. BAG 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - aaO). Die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer vertreten dabei die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht mangels Loyalität gegenüber der Arbeitgeberseite, sondern aufgrund der ihnen vom Gesetz zugewiesenen Rolle. Sie sind nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG überdies verpflichtet, ihre Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung nicht nur der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch der betrieblichen Belange und nach billigem Ermessen zu treffen(BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - aaO; 18. Januar 1994 - 1 ABR 43/93 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 75, 261). Der Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ist damit vom Gesetz vorausgesetzt und soll durch die Verhandlungen in der Einigungsstelle - unter Mitwirkung eines unabhängigen Vorsitzenden - gerade überwunden werden.

33

bb) Die Benennung des Beteiligten zu 3. als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe der Arbeitgeberin war grundsätzlich zulässig.

34

(1) Der Betriebsrat bestellt seine Beisitzer durch Beschluss (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - Rn. 11, BAGE 124, 188; 19. August 1992 - 7 ABR 58/91 - zu B II 2 a der Gründe). Er darf sich dabei für Personen entscheiden, denen er dahingehend vertraut, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Dies und das Vertrauen, durch das Erarbeiten von Kompromissen eine für beide Betriebsparteien annehmbare Konfliktlösung zu erreichen, ist der Maßstab, an dem sich der Betriebsrat bei seiner personellen Auswahl auszurichten hat. Es steht ihm dabei frei, betriebsexterne Beisitzer zu benennen. Er darf dies nicht nur dann, wenn deren Benennung auch erforderlich ist (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - aaO; 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 der Gründe; für die Bestellung betriebsfremder, aber unternehmensangehöriger Beisitzer, vgl. BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 62, 129). Die Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kommt nicht in Betracht (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 23; 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 31 f., BAGE 148, 182). Dem Betriebsrat ist es allerdings verwehrt, Personen als Beisitzer von Einigungsstellen zu benennen, die offensichtlich ungeeignet sind, entsprechend der Funktion in der Einigungsstelle tätig zu werden (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - aaO; 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 36).

35

(2) Danach bestanden gegen die Bestellung des Beteiligten zu 3. zum Beisitzer der Einigungsstellen in den anderen Betrieben der Arbeitgeberin keine Bedenken. Die Arbeitgeberin hat nicht behauptet, der Beteiligte zu 3. sei zur Wahrnehmung der dort anfallenden Aufgaben offensichtlich nicht geeignet gewesen.

36

cc) Der Beteiligte zu 3. geriet durch die Annahme der Benennungen selbst dann nicht in einen Konflikt mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er für die Amtsausübung - anders als nach § 76a Abs. 2 BetrVG für die Teilnahme an einer Einigungsstelle im eigenen Betrieb - gemäß § 76a Abs. 3 BetrVG die Zahlung eines Honorars von der Arbeitgeberin beanspruchen könnte.

37

(1) Nach § 76a Abs. 3 BetrVG hat ein betriebsfremder Beisitzer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit im Einigungsstellenverfahren, dessen Höhe sich nach den Maßgaben des § 76a Abs. 4 Satz 3 bis Satz 5 BetrVG richtet. Anders als nach der früheren Rechtslage hängt das Entstehen des Honoraranspruchs nicht mehr davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar zugesagt hat (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - Rn. 11, BAGE 124, 188; 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 1 der Gründe). Der Honoraranspruch ist dem Grunde nach nur von der wirksamen Bestellung für eine im Betrieb des Arbeitgebers gebildete Einigungsstelle und der Annahme dieser Bestellung abhängig.

38

(2) Die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers durch Honoraransprüche externer Beisitzer ist damit dem Einigungsstellenverfahren immanent. Sie ist nicht nur - möglicherweise - Folge der Bestellung eines betriebsfremden, aber doch unternehmensangehörigen Arbeitnehmers, sondern entsteht von Gesetzes wegen bei jeder Bestellung eines betriebsfremden Beisitzers.

39

(3) Ein (etwaiger) gesetzlicher Honoraranspruch des betriebsfremden unternehmensangehörigen Beisitzers, der zugleich Mitglied des Betriebsrats eines unternehmenszugehörigen Betriebs ist, verstieße nicht gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die Mitglieder eines der in § 78 Satz 1 BetrVG bezeichneten betriebsverfassungsrechtlichen Organe gegenüber den Mitarbeitern desselben Arbeitsverbunds wegen ihrer Amtstätigkeit weder zu benachteiligen noch zu begünstigen. Stünde einem betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Einigungsstellenbeisitzer gemäß § 76a Abs. 3 BetrVG ein Honoraranspruch zu(dies ablehnend und für eine entsprechende Anwendung von § 76a Abs. 2 BetrVG HWGNRH-Worzalla 9. Aufl. § 76a Rn. 15), handelte es sich nicht um eine gesetzlich missbilligte Begünstigung, sondern - ähnlich wie beim Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder gemäß § 15 KSchG und § 103 BetrVG - um eine gesetzlich gerade vorgesehene Ungleichbehandlung. Dementsprechend stellte schon nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des § 76a BetrVG die Honorarzusage an einen betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Beisitzer keine Begünstigung iSd. § 78 Satz 2 BetrVG dar(BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 62, 129).

40

(4) Allein der Umstand, dass dem Beteiligten zu 3. gegen die Arbeitgeberin ein gesetzlicher Honoraranspruch aufgrund seiner Amtswahrnehmung zustehen könnte, rechtfertigt nicht die Annahme, er müsse in stärkerem Maße, als dies für die Vertretung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer in der Einigungsstelle erforderlich war, gegen ihre Interessen tätig geworden sein. Soweit sich die Arbeitgeberin darauf beruft, das „Geschäftsmodell“ des Beteiligten zu 3. habe nur funktionieren können, wenn er in den Einigungsstellen ausschließlich solche Interessen vertrat, welche den ihren zuwiderliefen, zielt sie auf ein dem Beteiligten zu 3. zugeschriebenes Bestreben, sich auf ihre Kosten eine weitere „Erwerbsquelle“ zu verschaffen. Wie ausgeführt, gibt es indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte zu 3. seine Tätigkeiten als Beisitzer auf dieses Ziel ausgerichtet hätte. Soweit die Arbeitgeberin geltend macht, zur Verwirklichung seines Konzepts müsse der Beteiligte zu 3. die Interessen des jeweiligen örtlichen Betriebsrats „bestmöglich“ vertreten, verkennt sie, dass die Beisitzer auf Betriebsratsseite nicht die Interessen des sie bestellenden Gremiums, sondern diejenigen der von der Regelungsstreitigkeit betroffenen Arbeitnehmer wahrnehmen. Dies wiederum ist ihre gesetzlich vorgesehene Aufgabe. Selbst die „bestmögliche“ Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in einer Einigungsstelle stellt deshalb keine Illoyalität gegenüber dem Arbeitgeber dar.

41

(5) Der Beteiligte zu 3. hat seine individualrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin auch dann nicht verletzt, wenn er - wie die Arbeitgeberin behauptet hat - als Beisitzer in den Einigungsstellen anderer Betriebe seine als Betriebsratsmitglied erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten genutzt hat und nur aufgrund ihrer überhaupt bestellt worden ist. Wäre dies als mittelbare Vergütung von Betriebsratstätigkeit anzusehen, läge darin allenfalls ein Grund, ihm einen Honoraranspruch für die Tätigkeit als externer Beisitzer zu versagen. Stünde dagegen das Prinzip des Ehrenamts in § 37 Abs. 1 BetrVG einem Honoraranspruch nach § 76a Abs. 3 BetrVG auch in einem solchen Fall nicht entgegen, wäre ebenso wenig eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin verletzt.

42

(6) Es kann dahinstehen, ob dem Beteiligten zu 3. eine solche Pflichtverletzung vorzuwerfen wäre, wenn seine Bestellungen zum Beisitzer in Einigungsstellen anderer Betriebe Teil eines „Ringtauschs“ gewesen wären, wenn also die Betriebsräte der Arbeitgeberin ihre Mitglieder wechselseitig zu Einigungsstellenbeisitzern bestellt hätten, um ihnen Honoraransprüche zu verschaffen, die andernfalls wegen § 76a Abs. 2 BetrVG nicht entstünden. Nach den vorgetragenen Umständen ist nichts dafür ersichtlich, dass ein solches Vorgehen auch nur geplant gewesen wäre.

43

dd) Der Beteiligte zu 3. musste die von ihm ausgeübten Tätigkeiten nicht bis zu einer gerichtlichen Klärung ihrer Vereinbarkeit mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten zurückstellen. Dies gilt auch dann, wenn die Regelungen in § 4 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags als - wirksame - Vereinbarung eines Erlaubnisvorbehalts zu verstehen wären. Sinn und Zweck eines solchen Vorbehalts ist es, den Arbeitgeber durch die Anzeige beabsichtigter Nebentätigkeiten in die Lage zu versetzen, vor deren Aufnahme zu prüfen, ob durch sie betriebliche Belange beeinträchtigt werden (vgl. dazu BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 205; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 70; 21. September 1999 - 9 AZR 759/98 - zu I 2 der Gründe). Das Interesse, den Arbeitnehmer auch dann von der Ausübung einer - angezeigten - Nebentätigkeit abzuhalten, wenn er bei objektiver Betrachtung einen Anspruch auf ihre Erlaubnis hat, ist dagegen nicht schutzwürdig. Ein Arbeitnehmer, der mit der Ausübung einer rechtmäßigen Nebentätigkeit nicht bis zu einer gerichtlichen Entscheidung abwartet, handelt unter Berücksichtigung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG nicht pflichtwidrig. Anders als im Fall des eigenmächtigen Urlaubsantritts (vgl. hierzu BAG 22. Januar 1998 - 2 ABR 19/97 - zu B II 3 der Gründe; 20. Januar 1994 - 2 AZR 521/93 - zu II 2 a der Gründe) geht es nicht um die einseitige Suspendierung der Hauptleistungspflicht. Die Ausübung einer Nebentätigkeit in der Freizeit betrifft den einer Regulierung durch den Arbeitgeber grundsätzlich entzogenen Bereich der privaten Lebensgestaltung. Dies unterscheidet sie auch von der Nichtbeachtung einer unbilligen Leistungsbestimmung des Arbeitgebers (zur vorläufigen Bindung des Arbeitnehmers an eine solche Weisung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34; dazu kritisch Fischer FA 2014, 38; Preis NZA 2015, 1, 6; Thüsing JM 2014, 20).

44

2. Dafür, dass der Beteiligte zu 3. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Einigungsstellenbeisitzer in sonstiger Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt hätte, gibt es keine Anhaltspunkte.

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Brossardt    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. November 2011 - 1 TaBV 5/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Arbeitgeberin und der Betriebsrat streiten darüber, ob der Betriebsrat berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb zu benennen und die Benennung aufrechtzuerhalten.

2

Die Arbeitgeberin betreibt eine Spezialklinik mit mehr als 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dem bei ihr gebildeten elfköpfigen Betriebsrat gehörte auch Herr B als stellvertretender Vorsitzender an. Er war zugleich Vorsitzender des Konzernbetriebsrats. Die Leitung der Arbeitgeberin besteht aus drei Personen: der Geschäftsführerin Frau Dr. O, dem ärztlichen Leiter Prof. Dr. R und der pflegerischen Zentrumsleitung Frau A. Zwischen den Beteiligten gab es wiederholt Auseinandersetzungen.

3

Im Januar 2009 kam es zu einem Konflikt über angebliche Arbeitszeitverstöße im Herzkatheterlabor. Das nahm Herr B, der seinerzeit noch Betriebsratsmitglied war, zum Anlass, tätig zu werden. In diesem Zusammenhang schickte Herr Dr. T, der bei der Arbeitgeberin als Oberarzt mit Personalverantwortung tätig ist, eine E-Mail an Frau Dr. O und an Prof. Dr. R. Darin äußerte er, Schuld an möglichen Verstößen sei Frau K, eine Schwester, die dort leitend tätig war. Dr. T führte weiter aus, Frau K sei eine krasse Fehlbesetzung, weil sie wegen einer inhaltlichen und zu vermutenden persönlichen Nähe zu Herrn B die Voraussetzungen für eine Führungsposition nicht erfülle. Der Inhalt dieser E-Mail wurde Herrn B bekannt. Daraufhin kam es zu Äußerungen seinerseits gegenüber Frau A. Die Arbeitgeberin geht davon aus, dass Herr B am 27. Januar 2009 Folgendes geäußert hat:

        

„Dr. T soll sich mal schön zurückhalten, denn Dr. T hat schon zehnmal den Schwanz von Prof. R gelutscht.“

4

Die Geschäftsführerin Frau Dr. O erfuhr von den Äußerungen am 3. März 2009. In der Folgezeit erhielten auch Prof. Dr. R und Herr Dr. T Kenntnis davon. Mit E-Mail vom 31. März und 27. April 2009 bedauerte Herr B gegenüber Herrn Prof. Dr. R, Frau Dr. O und Frau A seine Äußerungen und entschuldigte sich. Eine Entschuldigung gegenüber Herrn Dr. T erfolgte nicht.

5

Die Arbeitgeberin betrieb aufgrund der Äußerungen die außerordentliche Kündigung von Herrn B. Nachdem der Betriebsrat der Kündigung nicht zugestimmt hatte, leitete die Arbeitgeberin ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG beim Arbeitsgericht Hamburg ein. Dieses ersetzte nach Beweisaufnahme mit Beschluss vom 2. Dezember 2009 die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds B. Es sah als erwiesen an, dass die Äußerung über Herrn Dr. T gefallen war.

6

Gegen diesen Beschluss legte der Betriebsrat Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren vor dem Landesarbeitsgericht schlossen die Beteiligten und Herr B am 30. September 2010 einen Vergleich. Danach sollte Herr B sein Betriebsratsamt bis zum 31. Dezember 2010 zum Zwecke der Amtsübergabe weiterführen. Mit Ablauf dieses Tages sollte er aus dem Betriebsrat ausscheiden. Gleichzeitig war vereinbart, dass Herr B nach diesem Zeitpunkt unwiderruflich freigestellt werden und sein Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin mit Ablauf des 30. April 2011 enden sollte.

7

Während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens arbeitete Herr B weiter bei der Arbeitgeberin und leistete auch Überstunden. Zudem war er in Einigungsstellen tätig, so ua. in einer Einigungsstelle zum System S, einer Krankenhausinformationssoftware, die zB der Führung einer elektronischen Patientenakte dient. Die Einigungsstelle, die sich mit dem endgültigen Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu diesem System befasste, konstituierte sich am 4. Mai 2010.

8

Am 14. Oktober 2010, also nach Abschluss des Vergleichs im Zustimmungsersetzungsverfahren, bestätigte der Betriebsrat, dass Herr B weiter Beisitzer der noch laufenden Einigungsstelle zum System S bleiben sollte. Zudem begehrte er die Bildung einer Einigungsstelle „Dienstkleidung“ und benannte auch insoweit Herrn B als Beisitzer. Diese Einigungsstelle hat ihre Arbeit zwischenzeitlich abgeschlossen. Mit weiterem Beschluss vom 11. November 2010 begehrte der Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Gefährdungsanalyse bei Anwendung des Systems S und benannte auch für diese Einigungsstelle Herrn B als Beisitzer. Die Teilnahme von Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen wurde von der Arbeitgeberin erstmals am 8. oder 9. Dezember 2010 problematisiert.

9

Herr B weigerte sich zunächst, zum 31. Dezember 2010 sein Mandat niederzulegen. Er vertrat die Auffassung, die im Vergleich getroffene Regelung über die Mandatsniederlegung zum Jahresende 2010 sei eine bloße Absichtserklärung. Seine Schlüssel und den Mitarbeiterausweis gab er am 30. Dezember 2010 ua. mit der Begründung nicht heraus, er sei Beisitzer in mehreren Einigungsstellen. Am 4. Januar 2011 übergab Herr B die Schlüssel zum Betriebsratsbüro der Geschäftsleitung und hielt sich anschließend ebenso wie am 5. Januar 2011 im Betriebsratsbüro auf. Am 6. Januar 2011 nahm er an einem arbeitsgerichtlichen Termin zum Thema „Auswahlrichtlinien“ teil. Nachdem die Beklagte am 5. Januar 2011 ein Zwangsvollstreckungsverfahren aus dem vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleich einleitete und am 7. Januar 2011 ein Schreiben zu einer Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung von Herrn B dem Betriebsrat überreichte, legte Herr B sein Betriebsratsamt nieder.

10

Der Betriebsrat kündigte mit Schreiben vom 21. Dezember 2010, 4. Januar 2011, 7. Januar 2011 und 10. Januar 2011 der Arbeitgeberin weitere Einigungsstellenverfahren an. Die Versuche der Arbeitgeberin, durch einen Antrag in den bereits bestehenden Einigungsstellen das Verfahren auszusetzen, bis gerichtlich über die Beteiligung von Herrn B als Beisitzer entschieden ist, lehnten die Einigungsstellenvorsitzenden im März 2011 ab. Unter dem 18. März 2011 bekräftigte der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin, er wolle aus in dem Schreiben im Einzelnen genannten „sachlichen“ Gründen an der Beschlussfassung festhalten, Herrn B als Beisitzer zu benennen.

11

Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, der Betriebsrat sei nicht berechtigt, Herrn B als Beisitzer für Einigungsstellen zu benennen. Sie hat behauptet, sie habe mit dem im Vergleich vereinbarten Ende der Betriebsratstätigkeit von Herrn B erst mit Ende des Jahres 2010 dem Betriebsrat die Möglichkeit geben wollen, dass Herr B einen Funktionsnachfolger einarbeite. Die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats habe nach Abschluss des Vergleichs der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin im Hinblick auf diesen Vergleich eine deutliche Verschlechterung des Betriebsklimas prophezeit. Der Betriebsrat habe ausweislich eines Protokolls einer Klausurtagung vom 20. bis 21. Dezember 2010 Herrn B noch für Betriebsratsarbeit vorgesehen. Herr B sei am 26. Mai 2011 im Betriebsratsbüro anwesend gewesen und habe während eines Telefonats zwischen der Assistentin der Geschäftsführung und einem Mitglied des Betriebsrats im Hintergrund geäußert: „Was sollen sie machen? Noch mal kündigen geht nicht.“ Der Betriebsrat habe offensichtlich einen Plan gefasst, den Inhalt des Vergleichs zu umgehen und durch eine Steigerung der Zahl von Anrufungen der Einigungsstelle Herrn B weiterhin Einnahmen zu verschaffen. Dies müsse sie - die Arbeitgeberin - nicht hinnehmen. Im Hinblick auf die Äußerungen, die Herr B über Herrn Dr. T bezogen auf Prof. Dr. R getan habe, sei es ihr unzumutbar, mit Herrn B in einer Einigungsstelle zusammenzuarbeiten. Der Betriebsrat sei nicht berechtigt, Einigungsstellenbeisitzer zu benennen, die dem Arbeitgeber unzumutbar seien. Die Arbeitgeberin habe deshalb einen Anspruch auf eine entsprechende Unterlassung des Betriebsrats. Jedenfalls könne sie die Feststellung der Unzulässigkeit eines derartigen Vorgehens erwirken.

12

Die Arbeitgeberin hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - zuletzt beantragt

        

1.    

dem Betriebsrat aufzugeben, es zu unterlassen, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb der Arbeitgeberin zu benennen,

        

2.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb der Arbeitgeberin zu bestellen,

        

hilfsweise

        

3.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb der Arbeitgeberin zu bestellen, solange Herr Prof. Dr. R und/oder Frau Dr. O im Betrieb der Arbeitgeberin tätig sind,

        

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung dieser Anträge

        

4.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B weiterhin als Beisitzer der Einigungsstelle „S“ (Einigungsstelle wegen der Regelung der Einführung, des Betriebs, der Weiterentwicklung und der Sicherung der Betriebsbereitschaft des klinischen Arbeitsplatzsystems S) zu bestellen,

        

5.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer der Einigungsstelle „Gefährdungsanalyse“ (Einigungsstelle wegen der Regelung der Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung und der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen an Arbeitsplätzen, die von der Einführung von S betroffen sind) zu bestellen.

13

Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

14

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, es gebe keine Rechtsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch der Arbeitgeberin gegen Handlungen des Betriebsrats. Er sei auch nicht verpflichtet, die Benennung von Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen zu unterlassen. Das sei auch nicht Gegenstand des Vergleichs vom 30. September 2010 gewesen.

15

Das Arbeitsgericht hat entsprechend den hilfsweise gestellten Anträgen zu 4. und 5. erkannt. Im Übrigen hat es die Anträge der Arbeitgeberin abgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und auf die Beschwerde des Betriebsrats die Anträge insgesamt abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihre Anträge weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

16

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter teilweiser Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses die Anträge insgesamt abgewiesen. Der Hauptantrag zu 1. ist schon deshalb unbegründet, weil Arbeitgebern keine gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsansprüche gegen den Betriebsrat zustehen. Mit dem weiteren als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag dringt die Arbeitgeberin nicht durch, da der Betriebsrat nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen zu benennen. Eine derartige Verpflichtung besteht auch nicht hinsichtlich der in den hilfsweise gestellten Anträgen zu 4. und 5. genannten Einigungsstellen.

17

I. Der Hauptantrag zu 1. ist schon deshalb unbegründet, weil Arbeitgeber gegen den Betriebsrat keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung von betriebsverfassungswidrigem Verhalten haben.

18

1. Der Senat hat dies im Beschluss vom 17. März 2010 (- 7 ABR 95/08 - Rn. 24 ff., BAGE 133, 342) zum in § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG normierten Verbot parteipolitischer Betätigung im Betrieb entschieden. Er hat dabei zum einen auf das Grundkonzept von § 23 BetrVG abgestellt. Diese gesetzliche Regelung sieht in ihrem Absatz 3 bei groben Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber vor, nicht jedoch einen solchen des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat. Dafür weist sie dem Arbeitgeber nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Befugnis zu, unter den genannten Voraussetzungen die Auflösung des Betriebsrats zu beantragen. Der Senat hat aus dieser gesetzlichen Konzeption geschlossen, ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers könne auch nicht aus anderen betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen hergeleitet werden. Zudem hat er angenommen, wegen der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats sei ein Unterlassungstitel ohnehin nicht vollstreckbar. Es reiche für den Rechtsschutz des Arbeitgebers aus, wenn diesem die Möglichkeit offenstehe, entsprechende Feststellungsanträge zu verfolgen.

19

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich im Beschluss vom 15. Oktober 2013 (- 1 ABR 31/12 - Rn. 26) diesen Argumenten auch für die Regelung in § 74 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG angeschlossen, wonach Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unzulässig sind.

20

2. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Konzeption gilt auch für andere in Betracht kommende betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften und greift auch ein, wenn sich Verpflichtungen des Betriebsrats aus Abreden zwischen ihm und dem Arbeitgeber ergeben. Die von der Arbeitgeberin dagegen angebrachten Argumente überzeugen nicht.

21

a) Ohne Erfolg weist die Arbeitgeberin darauf hin, § 85 Abs. 2 ArbGG sehe die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes auch für den Arbeitgeber vor. Daraus folgt nicht notwendig, dass dem Arbeitgeber auch gerichtlich durchsetzbare Unterlassungsansprüche zur Seite stehen müssen. Wegen des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebots effektiven Rechtsschutzes kann der Arbeitgeber allerdings im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren unter den Voraussetzungen von § 940 ZPO eine Feststellungsverfügung zur vorläufigen Regelung eines Sachverhalts erwirken, wenn Verstöße des Betriebsrats gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen in Rede stehen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit allgemein eine derartige Feststellungsverfügung zulässig ist (verneinend zB LAG München 1. Dezember 2004 - 5 Sa 913/04 -; einschränkend auch zB OLG Frankfurt 15. November 1996 - 24 W 37/96 -). Feststellungsverfahren des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat haben, entsprechend der Grundkonzeption von § 23 BetrVG, den Zweck, als Vorstufe einer möglichen Amtsenthebung des Betriebsrats zwischen den Betriebsparteien die Rechtslage zu klären. Der Arbeitgeber kann auf diese Weise ein dieser Rechtslage entsprechendes Verhalten des Betriebsrats herbeiführen. Soweit es gesetzliche Gründe dafür gibt, dass die Rechtslage zugunsten des Arbeitgebers nicht erst im Hauptsacheverfahren, sondern vorher geklärt wird, besteht gerade im Hinblick auf die Gründe, die einen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat ausschließen, die Notwendigkeit und Möglichkeit auch von Feststellungsverfügungen. Die Besonderheit einer Feststellungsverfügung korrespondiert damit mit der Unmöglichkeit für den Arbeitgeber, ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Betriebsrats im Wege einer Unterlassungsverfügung zu unterbinden.

22

b) Zu Unrecht beruft sich die Arbeitgeberin auch darauf, Titel gegen den Betriebsrat könnten im Wege der Zwangsvollstreckung gegen seine Mitglieder durchgesetzt werden. Der Betriebsrat ist als Organ der Betriebsverfassung im Rahmen seines betriebsverfassungsrechtlichen Wirkungskreises rechtsfähig (vgl. BGH 25. Oktober 2012 - III ZR 266/11 - BGHZ 195, 174 mit umfassenden Nachweisen) und damit rechtlich von seinen Einzelmitgliedern zu unterscheiden. Dementsprechend kann er auch Beteiligter im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren sein (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Die gegen ihn ergehenden gerichtlichen Entscheidungen richten sich nicht gegen seine Mitglieder. Diese sind - anders als etwa Organmitglieder juristischer Personen - auch nicht in der Lage, die Handlungen des Betriebsrats so zu steuern, dass sie zwangsvollstreckungsrechtlich für die Erfüllung von titulierten Verpflichtungen gegen den Betriebsrat in Anspruch genommen werden könnten.

23

3. Damit steht der Arbeitgeberin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch von vornherein nicht zu, auch nicht, soweit sie sich mit ihrem Anspruch darauf beruft, der Betriebsrat verstoße zumindest gegen den Geist des vor dem Landesarbeitsgericht im Zustimmungsersetzungsverfahren geschlossenen Vergleichs.

24

II. Die Arbeitgeberin dringt auch mit ihrem als Hauptantrag zu 2. gestellten Feststellungsantrag nicht durch. Dieser ist zwar zulässig, aber unbegründet.

25

1. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen keine Bedenken. Insbesondere sind die Voraussetzungen des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt. Der Antrag bezieht sich auf die Feststellung eines vom Betriebsrat bestrittenen Rechtsverhältnisses, nämlich der Verpflichtung zur Unterlassung der Benennung von Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen. Das Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung ergibt sich daraus, dass der Betriebsrat seine Verpflichtung weiter leugnet.

26

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat ist nicht verpflichtet, es zu unterlassen, Herrn B als Beisitzer für Einigungsstellen bei der Arbeitgeberin zu benennen.

27

a) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist der Feststellungsantrag nicht etwa deshalb bereits unbegründet, weil er auf die Feststellung zur Verpflichtung einer Unterlassung gerichtet ist. Der Umstand, dass der Arbeitgeber ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Betriebsrats nicht im Wege eines Unterlassungsantrags gerichtlich unterbinden kann, bedeutet nicht, dass dem Betriebsrat ein solches Verhalten erlaubt wäre. Die Unmöglichkeit des Unterlassungsantrags gebietet, wie ausgeführt, gerade die Möglichkeit eines entsprechenden Feststellungsantrags.

28

b) Es fehlt jedoch an einer Rechtsgrundlage für die von der Arbeitgeberin geltend gemachte Pflicht des Betriebsrats, Herrn B nicht mehr als Beisitzer für Einigungsstellen zu benennen.

29

aa) Eine derartige Pflicht folgt zunächst nicht aus dem zwischen den Beteiligten im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG am 30. September 2010 geschlossenen Vergleich. Das Beschwerdegericht hat diesen Vergleich nicht ausgelegt. Obwohl es sich um eine nichttypische Vereinbarung handelt (zu diesem Rechtscharakter auch bei gerichtlichem Vergleich: BAG 24. August 2006 - 8 AZR 574/05 - Rn. 17), kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht den Vergleich auslegen, da es weiterer Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht nicht bedarf (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - Rn. 33, BAGE 116, 254 für die vergleichbare Situation im Revisionsverfahren). Auch auf der Basis des Vortrags der Arbeitgeberin, die Tätigkeit von Herrn B in der Einigungsstelle sei bei Vergleichsschluss angesprochen worden, ergibt sich nicht, dass diese weitere Tätigkeit mit dem Ausscheiden von Herrn B aus dem Betriebsrat beendet sein sollte. Die Einigungsstelle ist ein besonders zu bildendes Organ der Betriebsverfassung. Die Benennung und Tätigkeit als Beisitzer einer Einigungsstelle hängt von der Mitgliedschaft im Betriebsrat nicht ab. Gerade wenn über die Tätigkeit von Herrn B in der Einigungsstelle gesprochen, jedoch keine Regelung über eine Tätigkeit in Einigungsstellen getroffen wurde, spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien eine derartige Regelung auch nicht treffen wollten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Betriebsrat sich so weitgehend rechtlich überhaupt hätte binden können.

30

bb) Ein Anspruch folgt auch nicht etwa aus einer entsprechenden Anwendung der Regelungen der ZPO über die Befangenheit von Schiedsrichtern (§§ 1036 f. ZPO).

31

Diese Regeln gelten entsprechend für den Vorsitzenden einer Einigungsstelle (vgl. BAG 11. September 2001 - 1 ABR 5/01 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 99, 42; vgl. auch BAG 17. November 2010 - 7 ABR 100/09 - Rn. 16 ff., BAGE 136, 207). Das ist jedoch auf die Beisitzer einer Einigungsstelle nicht zu übertragen. Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kommt hier nicht in Betracht (vgl. Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 76 Rn. 49 mit umfassenden Nachweisen). Das Erfordernis der Unparteilichkeit des Vorsitzenden einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erstreckt sich nicht auf die Beisitzer. Das Gesetz sieht die Bestellung von Beisitzern durch die Betriebsparteien vor. Nur hinsichtlich der Person des Vorsitzenden und der Zahl der Beisitzer, nicht dagegen hinsichtlich deren Person entscheidet gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrVG, § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG das Arbeitsgericht, soweit sich die Betriebsparteien nicht einigen können.

32

Die Betriebsparteien dürfen sich dabei für Personen entscheiden, denen sie dahingehend vertrauen, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Dies und das Vertrauen, durch das Erarbeiten von Kompromissen eine für beide Betriebsparteien annehmbare Konfliktlösung zu erreichen, ist der Maßstab, an dem sich die Betriebsparteien bei ihrer Benennungsentscheidung auszurichten haben. Ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt ist, entzieht sich dabei jedoch der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 c der Gründe). Es steht den Betriebsparteien dabei auch frei, externe Beisitzer zu benennen (vgl. BAG 31. Juli 1986 - 6 ABR 79/83 -). Ihre Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt (BAG 14. Januar 1983 - 6 ABR 67/79 - zu II 2 der Gründe).

33

Entgegen der Ansicht des Betriebsrats kann er deshalb im vorliegenden Fall auch nicht seinerseits etwas aus den in § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO geregelten Fristen herleiten.

34

cc) Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin folgt eine Verpflichtung des Betriebsrats, Herrn B nicht mehr als Einigungsstellenbeisitzer zu benennen, auch nicht aus § 2 Abs. 1 BetrVG.

35

(1) Die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat werden durch die Rechte und Pflichten bestimmt, die dem Betriebsverfassungsrecht zugrunde liegen, sowie durch die wechselseitigen Rücksichtspflichten, die sich aus § 2 Abs. 1 BetrVG ergeben. Aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit folgt deshalb, dass sich aus der Wertung der im Gesetz vorgesehenen Rechte auch Nebenpflichten ergeben können (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 23, BAGE 134, 249). Der Grundsatz ist Maßstab dafür, wie die Betriebsparteien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und auszuüben haben. Sie müssen dabei auch auf die Interessen anderer Betriebsparteien Rücksicht nehmen (vgl. BAG 14. März 1989 - 1 ABR 80/87 - zu B II 3 b cc der Gründe, BAGE 61, 189). Jedoch kann aus § 2 Abs. 1 BetrVG nicht unabhängig vom Bestehen konkreter betriebsverfassungsrechtlicher Rechtsvorschriften das Entstehen von Rechten und Pflichten des Arbeitgebers oder des Betriebsrats hergeleitet werden. Die Bestimmung betrifft lediglich die Art der Ausübung bestehender Rechte (BAG 23. August 1984 - 6 AZR 520/82 - zu I 4 der Gründe, BAGE 46, 282). Es geht letztlich um die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auch in der Betriebsverfassung (vgl. BAG 14. Januar 1993 - 2 AZR 387/92 - zu C II 4 c der Gründe).

36

(2) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist es den Betriebsparteien verwehrt, Personen als Beisitzer von Einigungsstellen zu benennen, die von ihrer Person her offensichtlich ungeeignet sind, entsprechend der Funktion der Einigungsstelle tätig zu werden. Das gilt dann, wenn sie hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Erfahrungen offensichtlich ungeeignet sind, über die der Einigungsstelle zugrunde liegende Regelungsmaterie zu entscheiden (für diese Fallgestaltung: BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 d der Gründe). Es gilt aber auch, wenn der benannten Person die mangelnde Eignung in sonstiger Weise anhaftet und sich daraus ergibt, dass sie in der Einigungsstelle ihre Funktion nicht ordnungsgemäß ausüben kann. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen; insbesondere geht es nicht darum, einzelne Verhaltensweisen der Person in der Vergangenheit zu sanktionieren. Maßstab ist auch nicht, ob Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder den Ausschluss aus dem Betriebsrat vorliegen. Eine Person scheidet als Beisitzer der Einigungsstelle vielmehr nur aus, wenn unter ihrer Mitwirkung eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Einigungsstelle nicht zu erwarten ist.

37

(3) Danach kann die Arbeitgeberin wegen der Äußerung des Herrn B über Dr. T vom Betriebsrat nicht verlangen, dass er Herrn B nicht als Einigungsstellenbeisitzer benennt. Der in Rede stehende Vorfall, so wie er von der Arbeitgeberin zugrunde gelegt wird, stellt zwar eine grobe und schwerwiegende Entgleisung von Herrn B dar. Trotzdem lässt diese einmalige Entgleisung nicht den Schluss auf eine offensichtlich mangelnde persönliche Eignung zur Wahrnehmung des Amtes des Einigungsstellenbeisitzers zu. Das gilt umso mehr, als Herr B während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens an Einigungsstellensitzungen teilgenommen hat und die Arbeitgeberin keine Vorkommnisse vorgetragen hat, die auf einen grundsätzlichen Mangel an persönlicher Eignung schließen lassen.

38

(4) Auch unter sonstigen Gesichtspunkten verstößt der Betriebsrat durch die Benennung von Herrn B als Einigungsstellenbeisitzer nicht gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit.

39

Zugunsten der Arbeitgeberin kann nichts aus der Vielzahl von Einigungsstellen, deren Bildung der Betriebsrat ins Auge gefasst hat, geschlossen werden. Es steht jeder Betriebspartei zu, eine Entscheidung darüber zu treffen, auf welchem im Gesetz vorgesehenen Wege sie eine Regelung im Rahmen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes herbeiführt. Dies unterliegt nicht gerichtlicher Kontrolle.

40

Auch aus dem Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im Zustimmungsersetzungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Dieser Vergleich kann unter dem Gesichtspunkt der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht in seiner Wirkung über seinen tatsächlichen Inhalt hinaus ausgedehnt werden. Aus dem Inhalt des Vergleichs ergibt sich gerade nicht, dass der Betriebsrat verpflichtet ist, Herrn B nicht mehr als Einigungsstellenbeisitzer zu benennen.

41

dd) Gegenteiliges folgt entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin auch nicht aus § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Die personelle Zusammensetzung einer Einigungsstelle hat mit dem Betriebsfrieden nichts zu tun.

42

III. Aus den unter II. genannten Gründen kann die Arbeitgeberin auch mit ihrem Hilfsantrag zu 3. nicht durchdringen.

43

IV. Ebenso wenig sind die Hilfsanträge zu 4. und 5. begründet. Die Arbeitgeberin hat nicht geltend gemacht, dass es Hinweise auf die offensichtlich mangelnde Eignung von Herrn B gibt, gerade als Beisitzer in den im Antrag genannten Einigungsstellen tätig zu sein. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, das Verhalten des Herrn B in diesen Einigungsstellen habe deren ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung in irgendeiner Weise konkret beeinträchtigt.

        

    Linsenmaier    

        

    Rachor    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Schiller    

        

    Kley    

                 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. März 2014 - 2 TaBV 18/13 - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerden des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Juni 2013 - 2 BV 22/12 - abgeändert und der Antrag abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3.

2

Die Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in H. In Deutschland betreibt sie etwa 390 Filialen, darunter eine Filiale in T. Der Beteiligte zu 3. ist bei ihr seit September 1999 als Mitarbeiter im Verkauf auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags mit sog. Jahresarbeitszeitregelung beschäftigt. Die vereinbarte Jahresarbeitszeit betrug zuletzt 1.660 Stunden. Die Arbeitgeberin setzt Mitarbeiter mit Jahresarbeitszeitregelung entsprechend dem Arbeitsanfall variabel ein. In ihrer Filiale in T erfolgt die Personalplanung monatlich gemäß einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit aus dem Jahre 2008. Im Arbeitsvertrag zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin vom 10. September 2001 ist in § 4 Abs. 2 unter der Überschrift „Allgemeine Pflichten“ bestimmt, dass „Nebentätigkeiten […] nur mit dem Einverständnis des Arbeitgebers ausgeübt werden“ dürfen.

3

Der Beteiligte zu 3. ist Vorsitzender des für die Filiale in T gebildeten Betriebsrats. Er ist außerdem Mitglied im Gesamtbetriebsrat, im Wirtschaftsausschuss und im Europäischen Betriebsrat. Im Oktober 2012 teilte er der Arbeitgeberin unter dem Briefkopf „Komparative Betriebsratsberatung“ und unter Angabe seiner Steuernummer und Bankverbindung mit, dass er am 9. November 2012 als Beisitzer einer Einigungsstelle für den Betrieb der Arbeitgeberin in A tätig sein werde und hierfür vorsorglich um ihr Einverständnis bitte, obwohl er die arbeitsvertragliche Klausel zu Nebentätigkeiten für unwirksam halte. Zugleich zeigte er an, zukünftig „im Nebenerwerb als Betriebsratsberater (als Pendant zum Unternehmensberater)“ tätig zu sein, und bat auch dafür vorsorglich um das Einverständnis der Arbeitgeberin. Außerdem erinnerte er an ein Begehren um Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit. Durch die Ablehnung erschwere ihm die Arbeitgeberin seine Nebentätigkeit „in einer freiberuflichen Gründungsphase“. Unter demselben Briefkopf stellte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin ein Honorar für die Tätigkeit als Mitglied einer in der Filiale in S bis Januar 2012 geführten Einigungsstelle in Höhe von 9.163,00 Euro in Rechnung. Die Arbeitgeberin leistete darauf keine Zahlung.

4

Mit Schreiben vom 7. November 2012 verweigerte die Arbeitgeberin ihre Zustimmung zu den angezeigten Nebentätigkeiten. Der Beteiligte zu 3. müsse mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung“ seines Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn er sie dennoch ausübe.

5

Der Beteiligte zu 3. war von der Arbeitgeberin für den 9. November 2012 zur Arbeitsleistung vorgesehen. Der Betriebsrat stimmte dieser Einsatzplanung nicht zu. Durch Spruch der Einigungsstelle wurde der Personaleinsatz für November 2012 sodann in der Weise festgelegt, dass der Beteiligte zu 3. am 9. November 2012 nicht zur Arbeit eingeteilt war. Die Sitzung der Einigungsstelle in A am 9. November 2012 fand dennoch ohne ihn statt. Eine Sitzung am 18. Dezember 2012 nahm er wahr.

6

Der Beteiligte zu 3. wurde außerdem als Mitglied von Einigungsstellen in Filialen der Arbeitgeberin in W und He benannt. Die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats der Filiale W teilte der Arbeitgeberin in einem Schreiben vom 19. November 2012 mit, der Beteiligte zu 3., „(Komparative Betriebsratsberatung, T)“, werde als Beisitzer an der Einigungsstelle in W teilnehmen. Seine Bestellung für die Einigungsstelle in He zeigte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 an. Er verwandte dafür erneut den Briefkopf „Komparative Betriebsratsberatung“.

7

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3. Mit Beschluss vom 24. Dezember 2012 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Am 28. Dezember 2012 leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Verfahren zu deren Ersetzung ein.

8

Der Beteiligte zu 3. nahm im Februar 2013 an zwei Sitzungen der Einigungsstelle in A und an einer Sitzung der Einigungsstelle in W teil. Anfang März 2013 nannte er der Arbeitgeberin weitere Termine für Sitzungen der Einigungsstellen in A, He und W. Gleichzeitig teilte er mit, die Termine zwar wahrnehmen zu wollen, nicht jedoch im Rahmen seiner ursprünglich geplanten Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“. Anfang April 2013 tagte die Einigungsstelle in W erneut unter seiner Beteiligung. Mit Schreiben vom 15. April 2013 stellte ihn die Arbeitgeberin für die Zukunft von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.

9

Anfang Mai 2013 nannte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin weitere Sitzungstermine der Einigungsstellen in He und W. Er werde auch diese nicht in seiner Eigenschaft als „komparativer Betriebsratsberater“ wahrnehmen. Die Arbeitgeberin untersagte ihm die Teilnahme. Die Sitzung der Einigungsstelle in He wurde vertagt, die Sitzung in W fand mit ihm statt.

10

Anfang Juni 2013 übermittelte der Beteiligte zu 3. dem im Urlaub befindlichen „Store-Manager“ der Filiale in T eine E-Mail, in der er mitteilte, er werde am 7. Juni 2013 erneut an einer Sitzung der Einigungsstelle in W teilnehmen, wiederum aber nicht in seiner Eigenschaft als „komparativer Betriebsratsberater“.

11

Die Arbeitgeberin hat beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung auch im Hinblick auf die Beteiligung an den Sitzungen der Einigungsstellen seit Februar 2013 beantragt. Der Betriebsrat hielt an seiner Verweigerung fest oder hat nicht reagiert. Die Arbeitgeberin hat ihren Antrag auf Zustimmungsersetzung ergänzend auf diese Sachverhalte gestützt.

12

Der Beteiligte zu 3. war an keinem der Tage, an denen er an Einigungsstellensitzungen teilnahm, zur Arbeit verpflichtet. Im Zusammenhang mit seiner Bestellung zum Beisitzer der Einigungsstellen in A, W und He kam es über Fragen seines Personaleinsatzes zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den örtlichen Betriebsräten und der Arbeitgeberin, zum Teil unter seiner Beteiligung. Zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin sind außerdem eine Klage auf Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit sowie eine Klage auf Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als „Betriebsratsberater“ anhängig bzw. anhängig gewesen.

13

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 3. habe durch die Teilnahme an Einigungsstellen trotz ihrer ausdrücklichen Untersagung kontinuierlich und eklatant gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, insbesondere gegen seine ihr gegenüber bestehende Loyalitätspflicht verstoßen. In § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei zwar kein Nebentätigkeitsverbot, aber ein Erlaubnisvorbehalt vereinbart worden. Die Nebentätigkeit als Einigungsstellenbeisitzer sei nicht genehmigungsfähig. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung sei es dem Beteiligten zu 3. nicht gestattet, eine solche Tätigkeit auszuüben. Durch sie würden betriebliche Interessen verletzt. Zum einen beeinträchtige sie ihr durch den Arbeitsvertrag abgesichertes Interesse an der Möglichkeit eines flexiblen Einsatzes des Beteiligten zu 3. Dessen Verhalten habe zu einer Flut von kostenintensiven Verfahren geführt. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten habe sie den Beteiligten zu 3. an den angekündigten Terminen von Einigungsstellensitzungen nicht mehr zur Arbeit eingeteilt. Zum anderen sei insbesondere das geschäftsmäßige Betreiben der Nebentätigkeit nicht mit den Loyalitätspflichten eines Arbeitnehmers vereinbar. Der Beteiligte zu 3. werde auf Seiten des Betriebsrats und damit gegen ihre Interessen, jedoch auf ihre Kosten tätig. Um seine geschäftlichen Interessen zu vertreten, müsse er zwangsläufig ihren Belangen zuwider handeln. Ein Verhalten wie das des Beteiligten zu 3. könne zu einem „Einigungsstellentourismus“ führen, bei dem sich die Betriebsräte des Unternehmens wechselseitig zu Beisitzern von Einigungsstellen beriefen. Die entgeltliche Tätigkeit als betriebsfremder Einigungsstellenbeisitzer führe zu einer verbotenen mittelbaren Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds. Der Beteiligte zu 3. komme als Beisitzer für die Einigungsstellen anderer Betriebe nur aufgrund seiner als Betriebsratsmitglied gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse in Betracht. Er wolle die auf ihre Kosten erworbenen Kenntnisse persönlich gewinnbringend - und dies wiederum auf ihre Kosten - verwerten. Sie habe in der Vergangenheit eine solche Nebentätigkeit des Beteiligten zu 3. weder geduldet noch genehmigt. Sie sei bislang davon ausgegangen, dass er als Beisitzer nur im Rahmen seines Betriebsratsamts tätig geworden sei. Auf die Verbote des § 78 BetrVG könne er sich nicht berufen. Er habe die Ämter als Beisitzer von Einigungsstellen gar nicht erst annehmen dürfen.

14

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. zu ersetzen.

15

Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nicht vor. Die durch den Beteiligten zu 3. ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen seien zulässig. Er habe durch sie seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot und als überraschende Klausel unwirksam. Zumindest habe der Beteiligte zu 3. einen Anspruch auf Erlaubnis gehabt. Betriebliche Interessen der Arbeitgeberin seien durch seine Tätigkeiten nicht beeinträchtigt worden. Ihm sei es aufgrund seiner Teilzeitbeschäftigung möglich gewesen, sowohl seine Arbeitsverpflichtung zu erfüllen, als auch die Ämter als Einigungsstellenbeisitzer auszuüben. Er gerate durch die Teilnahme an Einigungsstellen anderer Betriebe des Unternehmens auch nicht in einen Loyalitätskonflikt. Als Beisitzer sei er ebenso wie als Betriebsratsmitglied an den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gebunden. Die Arbeitgeberin verstoße mit ihrer Kündigungsabsicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und das Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG. Zudem genüge ihr Antrag an den Betriebsrat nicht den gesetzlichen Anforderungen, da er nicht die notwendigen tatsächlichen Informationen enthalte. Insbesondere habe die Arbeitgeberin nicht dargelegt, welche betrieblichen Interessen durch die Nebentätigkeit des Beteiligten zu 3. beeinträchtigt worden seien.

16

Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. ihr Begehren weiter, den Antrag abzuweisen.

17

B. Die Rechtsbeschwerden sind begründet. Die Vorinstanzen haben die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Beteiligten zu 3. zu Unrecht ersetzt. Dessen Verhalten stellt keinen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses dar. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Zustimmung des Betriebsrats auch deshalb nicht zu ersetzen ist, weil die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt oder der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß entsprechend § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über die Kündigungsgründe unterrichtet worden ist.

18

I. Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG iVm. § 15 KSchG ist die verweigerte Zustimmung zu ersetzen, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB voraus. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 39 mwN; 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 17 mwN). Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar war oder nicht ( BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 265/14 - Rn. 14; 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13  - Rn. 39). Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 34; 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 39).

19

II. An einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB fehlt es. Mit der Annahme der Bestellungen als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe der Arbeitgeberin und der Teilnahme an den Sitzungen dieser Einigungsstellen hat der Beteiligte zu 3. weder gegen seine Pflichten aus § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verstoßen noch seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

20

1. Zugunsten der Arbeitgeberin kann unterstellt werden, dass die Klausel in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags als sog. Erlaubnisvorbehalt zu verstehen und mit diesem Inhalt wirksam ist. Der Beteiligte zu 3. hatte einen Anspruch darauf, ihm die Tätigkeiten als Beisitzer der fraglichen Einigungsstellen zu gestatten. Mit ihnen war keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin verbunden (zum wichtigen Grund bei fortgesetzter Ausübung einer offensichtlich nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit, vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 827/06 - Rn. 28; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 42; zur Eignung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als wichtiger Grund, wenn die vertraglich geschuldeten Leistungen beeinträchtigt werden, vgl. BAG 26. August 1976 - 2 AZR 377/75 - zu I 3 b der Gründe). Der Beteiligte zu 3. musste die von ihm ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer auch nicht zurückstellen, bis gerichtlich geklärt wäre, ob sie mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten vereinbar sind.

21

a) Ein Arbeitnehmer hat in Anbetracht seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Ausübung von Nebentätigkeiten, sofern diese die betrieblichen Interessen nicht beeinträchtigen(BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 205; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 70). Außerhalb der Arbeitszeit steht ihm die Verwendung seiner Arbeitskraft grundsätzlich frei. Soweit die Nebentätigkeit beruflicher Natur ist, kann er sich auf das Grundrecht der freien Berufswahl berufen (Art. 12 Abs. 1 GG). Nichtberufliche Tätigkeiten sind durch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützt. Der Arbeitnehmer hat jedoch jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die mit seiner Arbeitspflicht kollidiert. Das ist der Fall, wenn sie gleichzeitig mit der Haupttätigkeit ausgeübt werden soll oder bei nicht gleichzeitiger Ausübung dann, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung unter ihr leidet. Solche Nebentätigkeiten stellen eine Verletzung der Arbeitspflicht dar (BAG 18. Januar 1996 - 6 AZR 314/95 - zu I 2 b aa der Gründe). Zu unterlassen sind ferner Nebentätigkeiten, die gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 27 ff.; 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 14 ff.) oder sonst einen Interessenwiderstreit hervorrufen, der geeignet ist, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Loyalität und Integrität des Arbeitnehmers zu zerstören (BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 5 der Gründe, BAGE 105, 205; 28. Februar 2002 - 6 AZR 33/01 - zu 1 b bb der Gründe; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 626 BGB Rn. 118; Peter Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern S. 119 ff.).

22

b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die der Arbeitgeberin angezeigte Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“ oder eine gewerbsmäßige Teilnahme an Einigungsstellen, die über die gelegentliche Wahrnehmung von Bestellungen als Beisitzer hinausginge, die betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin beeinträchtigte. Die vom Beteiligten zu 3. tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen in anderen Betrieben der Arbeitgeberin rechtfertigen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Annahme, diese seien Teil eines auf Gewerbsmäßigkeit angelegten - wie auch immer näher zu bestimmenden - „Geschäftsmodells“ gewesen.

23

aa) Zwar hatte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin im Oktober 2012 angezeigt, im Nebenerwerb als „komparativer Betriebsratsberater“ tätig werden zu wollen. Er hatte an das Begehren um Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit erinnert und hatte der Arbeitgeberin vorgehalten, sie erschwere durch ihre Ablehnung seine „freiberufliche Gründungsphase“. Er hatte der Arbeitgeberin mit entsprechendem Briefkopf ein Honorar für die im Januar 2012 abgeschlossene Einigungsstelle in S in Rechnung gestellt und im Dezember 2012 unter demselben Briefkopf seine Bestellung zum Beisitzer der Einigungsstelle in He angezeigt. Auch der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in W war die Titulierung seiner Tätigkeit als „komparative Betriebsratsberatung“ offensichtlich bekannt, wie sich aus ihrem Schreiben vom 19. November 2012 ergibt.

24

bb) Die tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten als Beisitzer der Einigungsstellen in S, A und W - die Einigungsstelle in He ist nur noch ohne Beteiligung des Beteiligten zu 3. zusammengetreten - lassen jedoch eine über die gelegentliche Annahme solcher Bestellungen hinausgehende, einem bestimmten „Geschäftsmodell“ folgende und dauerhaft auf Gewinnerzielung angelegte gewerbsmäßige Betätigung des Beteiligten zu 3. nicht erkennen. Dagegen sprechen sowohl die geringe Zahl der Einigungsstellen als auch der Umstand, dass er - zumindest bislang - für seine Tätigkeiten in A und W kein Honorar in Rechnung gestellt und die Honorarforderung für die Einigungsstelle in S nicht weiterverfolgt hat. Der Beteiligte zu 3. hat der Arbeitgeberin seine Teilnahme an den Einigungsstellensitzungen außerdem seit März 2013 stets mit dem ausdrücklichen Hinweis angezeigt, die Termine nicht im Rahmen seiner ursprünglich geplanten Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“, sondern als einzelne Termine wahrnehmen zu wollen. Zudem ist weder konkret vorgetragen noch objektiv ersichtlich, dass der Beteiligte zu 3. etwa werbend für eine Tätigkeit als „Betriebsratsberater“ aufgetreten wäre. Selbst wenn er eine ursprünglich andere Absicht nur mit Blick auf das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren nicht weiterverfolgt haben sollte, hätte er sie jedenfalls bislang nicht verwirklicht. Sofern er weiterhin auf Erteilung der Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als „Betriebsratsberater“ klagen sollte, nähme er lediglich das Recht wahr, seinen - vermeintlichen - Anspruch gerichtlich klären zu lassen. Dies spräche allenfalls dafür, dass er ein „Geschäftsmodell“, das über die Wahrnehmung einzelner Ämter als Einigungsstellenbeisitzer hinausginge, für die Zukunft noch nicht aufgegeben hat. Nichts anderes gilt für die Klage auf Reduzierung und Festlegung der Lage seiner Arbeitszeit. Der Beteiligte zu 3. hatte sein Begehren zwar im Oktober 2012 noch in den Zusammenhang mit einer „freiberuflichen Gründungsphase“ gestellt. Auch dies spricht aber allenfalls dafür, dass er ursprünglich weitergehende Absichten gehabt und diese möglicherweise für die Zukunft noch nicht endgültig aufgegeben hat.

25

c) Soweit die Arbeitgeberin den Antrag auf die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe stützt, war damit weder eine Verletzung seiner Arbeitspflicht noch eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin wegen einer Einschränkung seiner flexiblen Einsetzbarkeit verbunden.

26

aa) Seine Arbeitspflicht hat der Beteiligte zu 3. durch die Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen nicht verletzt. Es liegen auch keine Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vor. Unabhängig davon, dass der Beteiligte zu 3. an den Sitzungen der Einigungsstellen nicht als Arbeitnehmer teilgenommen hat, sind selbst bei einer Zusammenrechnung der aufgewendeten Zeiten mit den Zeiten seiner Teilzeittätigkeit für die Arbeitgeberin nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ArbZG Überschreitungen der höchstzulässigen Arbeitszeit weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich.

27

bb) Die ausgeübten Tätigkeiten als Einigungsstellenbeisitzer haben betriebliche Belange der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Personaleinsatzplanung nicht beeinträchtigt. Dabei kann zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt werden, dass die mit dem Beteiligten zu 3. getroffene Vereinbarung zur Jahresarbeitszeit wirksam war.

28

(1) Die Regelungen zur Personaleinsatzplanung in der Filiale T ermöglichten es, Kollisionen zwischen der gelegentlichen Teilnahme des Beteiligten zu 3. an Einigungsstellensitzungen und seiner Arbeitspflicht zu vermeiden. Die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mit variabler Arbeitszeit können dort vor der Festlegung des monatlichen Dienstplans Zeiten benennen, an denen sie aus dringenden Gründen an einem Einsatz gehindert sind, denen die Filialleitung nach Möglichkeit Rechnung trägt (vgl. Ziff. III 2 der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 18. Dezember 2008).

29

(2) Die Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. haben die Möglichkeit der Arbeitgeberin, ihn flexibel einzusetzen, nicht in beachtlicher Weise eingeschränkt. Zwar hatte der Beteiligte zu 3. für den 9. November 2012 einen Freizeitwunsch geäußert und der Betriebsrat seine Einteilung für diesen Tag abgelehnt. Die Arbeitgeberin hat aber nicht behauptet, es hätten betriebliche Gründe vorgelegen, die den Einsatz des Beteiligten zu 3. am 9. November 2012 erforderlich gemacht hätten. Dagegen spricht auch, dass der Personaleinsatz von der Einigungsstelle für diesen Tag ohne den Beteiligten zu 3. festgelegt wurde. Ebenso wenig hat die Arbeitgeberin behauptet, dieser habe ihr - bis sie ihn von der Arbeitsleistung gänzlich freigestellt habe - seine Freizeitwünsche jeweils erst so spät angezeigt, dass deren Berücksichtigung zu betrieblichen Beeinträchtigungen geführt habe. Besondere Probleme bei der Einsatzplanung, die die Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. verursacht hätten, sind vielmehr durch Tatsachen nicht belegt. Es war der Arbeitgeberin durchweg möglich, diesen an den Tagen der von ihm angezeigten Einigungsstellensitzungen gar nicht erst zur Arbeit einzuteilen. Damit verbundene Schwierigkeiten hat sie nicht dargelegt. War ihr aber eine Berücksichtigung der Freizeitwünsche des Beteiligten zu 3. möglich, stellt der Umstand, dass dieser sie anmeldete, keine Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Belange dar. Es ist vielmehr Bestandteil der im Betrieb in T praktizierten Personaleinsatzplanung, dass private Freizeitwünsche der Arbeitnehmer und betriebliche Erfordernisse nach Möglichkeit in Einklang gebracht werden müssen.

30

(3) Das Vorbringen der Arbeitgeberin, sie sei dem Beteiligten zu 3. allein deshalb bei der Einsatzplanung entgegengekommen, weil sie weitere Auseinandersetzungen wegen seines Arbeitseinsatzes habe vermeiden wollen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es zu Streitigkeiten über die Personaleinsatzplanung deshalb gekommen ist, weil der Beteiligte zu 3. oder die beteiligten Betriebsräte nicht bereit gewesen wären, berechtigte betriebliche Erfordernisse der Arbeitgeberin anzuerkennen.

31

d) Der Beteiligte zu 3. war mit Blick auf seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch nicht aus anderen Gründen gehindert, die Benennungen als Einigungsstellenbeisitzer anzunehmen.

32

aa) In der Mitwirkung an einer Einigungsstelle nach § 76 BetrVG liegt für sich genommen keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Die Einigungsstelle ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art mit dem Zweck, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der Gestaltung der betrieblichen Ordnung zu gewährleisten, indem sie ggf. durch Zwangsschlichtung Pattsituationen im Bereich der paritätischen Mitbestimmung auflöst. Es handelt sich um das gesetzlich vorgesehene Verfahren, um in betrieblichen Regelungsstreitigkeiten eine Einigung herbeizuführen. Die von den jeweiligen Betriebsparteien bestellten Beisitzer sind weder deren Vertreter noch ihr verlängerter Arm. Sie wirken bei der Schlichtung des Regelungsstreits frei von Weisungen und mit einer gewissen inneren Unabhängigkeit mit (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 22; 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 97, 379). Dementsprechend können sie nicht mit Vertretern einer Betriebspartei gleichgesetzt werden, auch wenn ihre Nähe zu derjenigen Betriebspartei, die sie bestellt hat, nicht zu verkennen und vom Gesetz auch gewollt ist (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 2 b cc der Gründe, BAGE 100, 239; 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 80, 222). Die Tätigkeit der Einigungsstelle ist auf eine Beseitigung von Konflikten vornehmlich auf dem Weg der Herbeiführung eines für beide Seiten akzeptablen Kompromisses ausgerichtet (vgl. BAG 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - aaO). Die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer vertreten dabei die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht mangels Loyalität gegenüber der Arbeitgeberseite, sondern aufgrund der ihnen vom Gesetz zugewiesenen Rolle. Sie sind nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG überdies verpflichtet, ihre Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung nicht nur der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch der betrieblichen Belange und nach billigem Ermessen zu treffen(BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - aaO; 18. Januar 1994 - 1 ABR 43/93 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 75, 261). Der Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ist damit vom Gesetz vorausgesetzt und soll durch die Verhandlungen in der Einigungsstelle - unter Mitwirkung eines unabhängigen Vorsitzenden - gerade überwunden werden.

33

bb) Die Benennung des Beteiligten zu 3. als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe der Arbeitgeberin war grundsätzlich zulässig.

34

(1) Der Betriebsrat bestellt seine Beisitzer durch Beschluss (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - Rn. 11, BAGE 124, 188; 19. August 1992 - 7 ABR 58/91 - zu B II 2 a der Gründe). Er darf sich dabei für Personen entscheiden, denen er dahingehend vertraut, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Dies und das Vertrauen, durch das Erarbeiten von Kompromissen eine für beide Betriebsparteien annehmbare Konfliktlösung zu erreichen, ist der Maßstab, an dem sich der Betriebsrat bei seiner personellen Auswahl auszurichten hat. Es steht ihm dabei frei, betriebsexterne Beisitzer zu benennen. Er darf dies nicht nur dann, wenn deren Benennung auch erforderlich ist (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - aaO; 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 der Gründe; für die Bestellung betriebsfremder, aber unternehmensangehöriger Beisitzer, vgl. BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 62, 129). Die Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kommt nicht in Betracht (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 23; 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 31 f., BAGE 148, 182). Dem Betriebsrat ist es allerdings verwehrt, Personen als Beisitzer von Einigungsstellen zu benennen, die offensichtlich ungeeignet sind, entsprechend der Funktion in der Einigungsstelle tätig zu werden (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - aaO; 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 36).

35

(2) Danach bestanden gegen die Bestellung des Beteiligten zu 3. zum Beisitzer der Einigungsstellen in den anderen Betrieben der Arbeitgeberin keine Bedenken. Die Arbeitgeberin hat nicht behauptet, der Beteiligte zu 3. sei zur Wahrnehmung der dort anfallenden Aufgaben offensichtlich nicht geeignet gewesen.

36

cc) Der Beteiligte zu 3. geriet durch die Annahme der Benennungen selbst dann nicht in einen Konflikt mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er für die Amtsausübung - anders als nach § 76a Abs. 2 BetrVG für die Teilnahme an einer Einigungsstelle im eigenen Betrieb - gemäß § 76a Abs. 3 BetrVG die Zahlung eines Honorars von der Arbeitgeberin beanspruchen könnte.

37

(1) Nach § 76a Abs. 3 BetrVG hat ein betriebsfremder Beisitzer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit im Einigungsstellenverfahren, dessen Höhe sich nach den Maßgaben des § 76a Abs. 4 Satz 3 bis Satz 5 BetrVG richtet. Anders als nach der früheren Rechtslage hängt das Entstehen des Honoraranspruchs nicht mehr davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar zugesagt hat (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - Rn. 11, BAGE 124, 188; 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 1 der Gründe). Der Honoraranspruch ist dem Grunde nach nur von der wirksamen Bestellung für eine im Betrieb des Arbeitgebers gebildete Einigungsstelle und der Annahme dieser Bestellung abhängig.

38

(2) Die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers durch Honoraransprüche externer Beisitzer ist damit dem Einigungsstellenverfahren immanent. Sie ist nicht nur - möglicherweise - Folge der Bestellung eines betriebsfremden, aber doch unternehmensangehörigen Arbeitnehmers, sondern entsteht von Gesetzes wegen bei jeder Bestellung eines betriebsfremden Beisitzers.

39

(3) Ein (etwaiger) gesetzlicher Honoraranspruch des betriebsfremden unternehmensangehörigen Beisitzers, der zugleich Mitglied des Betriebsrats eines unternehmenszugehörigen Betriebs ist, verstieße nicht gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die Mitglieder eines der in § 78 Satz 1 BetrVG bezeichneten betriebsverfassungsrechtlichen Organe gegenüber den Mitarbeitern desselben Arbeitsverbunds wegen ihrer Amtstätigkeit weder zu benachteiligen noch zu begünstigen. Stünde einem betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Einigungsstellenbeisitzer gemäß § 76a Abs. 3 BetrVG ein Honoraranspruch zu(dies ablehnend und für eine entsprechende Anwendung von § 76a Abs. 2 BetrVG HWGNRH-Worzalla 9. Aufl. § 76a Rn. 15), handelte es sich nicht um eine gesetzlich missbilligte Begünstigung, sondern - ähnlich wie beim Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder gemäß § 15 KSchG und § 103 BetrVG - um eine gesetzlich gerade vorgesehene Ungleichbehandlung. Dementsprechend stellte schon nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des § 76a BetrVG die Honorarzusage an einen betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Beisitzer keine Begünstigung iSd. § 78 Satz 2 BetrVG dar(BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 62, 129).

40

(4) Allein der Umstand, dass dem Beteiligten zu 3. gegen die Arbeitgeberin ein gesetzlicher Honoraranspruch aufgrund seiner Amtswahrnehmung zustehen könnte, rechtfertigt nicht die Annahme, er müsse in stärkerem Maße, als dies für die Vertretung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer in der Einigungsstelle erforderlich war, gegen ihre Interessen tätig geworden sein. Soweit sich die Arbeitgeberin darauf beruft, das „Geschäftsmodell“ des Beteiligten zu 3. habe nur funktionieren können, wenn er in den Einigungsstellen ausschließlich solche Interessen vertrat, welche den ihren zuwiderliefen, zielt sie auf ein dem Beteiligten zu 3. zugeschriebenes Bestreben, sich auf ihre Kosten eine weitere „Erwerbsquelle“ zu verschaffen. Wie ausgeführt, gibt es indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte zu 3. seine Tätigkeiten als Beisitzer auf dieses Ziel ausgerichtet hätte. Soweit die Arbeitgeberin geltend macht, zur Verwirklichung seines Konzepts müsse der Beteiligte zu 3. die Interessen des jeweiligen örtlichen Betriebsrats „bestmöglich“ vertreten, verkennt sie, dass die Beisitzer auf Betriebsratsseite nicht die Interessen des sie bestellenden Gremiums, sondern diejenigen der von der Regelungsstreitigkeit betroffenen Arbeitnehmer wahrnehmen. Dies wiederum ist ihre gesetzlich vorgesehene Aufgabe. Selbst die „bestmögliche“ Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in einer Einigungsstelle stellt deshalb keine Illoyalität gegenüber dem Arbeitgeber dar.

41

(5) Der Beteiligte zu 3. hat seine individualrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin auch dann nicht verletzt, wenn er - wie die Arbeitgeberin behauptet hat - als Beisitzer in den Einigungsstellen anderer Betriebe seine als Betriebsratsmitglied erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten genutzt hat und nur aufgrund ihrer überhaupt bestellt worden ist. Wäre dies als mittelbare Vergütung von Betriebsratstätigkeit anzusehen, läge darin allenfalls ein Grund, ihm einen Honoraranspruch für die Tätigkeit als externer Beisitzer zu versagen. Stünde dagegen das Prinzip des Ehrenamts in § 37 Abs. 1 BetrVG einem Honoraranspruch nach § 76a Abs. 3 BetrVG auch in einem solchen Fall nicht entgegen, wäre ebenso wenig eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin verletzt.

42

(6) Es kann dahinstehen, ob dem Beteiligten zu 3. eine solche Pflichtverletzung vorzuwerfen wäre, wenn seine Bestellungen zum Beisitzer in Einigungsstellen anderer Betriebe Teil eines „Ringtauschs“ gewesen wären, wenn also die Betriebsräte der Arbeitgeberin ihre Mitglieder wechselseitig zu Einigungsstellenbeisitzern bestellt hätten, um ihnen Honoraransprüche zu verschaffen, die andernfalls wegen § 76a Abs. 2 BetrVG nicht entstünden. Nach den vorgetragenen Umständen ist nichts dafür ersichtlich, dass ein solches Vorgehen auch nur geplant gewesen wäre.

43

dd) Der Beteiligte zu 3. musste die von ihm ausgeübten Tätigkeiten nicht bis zu einer gerichtlichen Klärung ihrer Vereinbarkeit mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten zurückstellen. Dies gilt auch dann, wenn die Regelungen in § 4 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags als - wirksame - Vereinbarung eines Erlaubnisvorbehalts zu verstehen wären. Sinn und Zweck eines solchen Vorbehalts ist es, den Arbeitgeber durch die Anzeige beabsichtigter Nebentätigkeiten in die Lage zu versetzen, vor deren Aufnahme zu prüfen, ob durch sie betriebliche Belange beeinträchtigt werden (vgl. dazu BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 205; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 70; 21. September 1999 - 9 AZR 759/98 - zu I 2 der Gründe). Das Interesse, den Arbeitnehmer auch dann von der Ausübung einer - angezeigten - Nebentätigkeit abzuhalten, wenn er bei objektiver Betrachtung einen Anspruch auf ihre Erlaubnis hat, ist dagegen nicht schutzwürdig. Ein Arbeitnehmer, der mit der Ausübung einer rechtmäßigen Nebentätigkeit nicht bis zu einer gerichtlichen Entscheidung abwartet, handelt unter Berücksichtigung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG nicht pflichtwidrig. Anders als im Fall des eigenmächtigen Urlaubsantritts (vgl. hierzu BAG 22. Januar 1998 - 2 ABR 19/97 - zu B II 3 der Gründe; 20. Januar 1994 - 2 AZR 521/93 - zu II 2 a der Gründe) geht es nicht um die einseitige Suspendierung der Hauptleistungspflicht. Die Ausübung einer Nebentätigkeit in der Freizeit betrifft den einer Regulierung durch den Arbeitgeber grundsätzlich entzogenen Bereich der privaten Lebensgestaltung. Dies unterscheidet sie auch von der Nichtbeachtung einer unbilligen Leistungsbestimmung des Arbeitgebers (zur vorläufigen Bindung des Arbeitnehmers an eine solche Weisung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34; dazu kritisch Fischer FA 2014, 38; Preis NZA 2015, 1, 6; Thüsing JM 2014, 20).

44

2. Dafür, dass der Beteiligte zu 3. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Einigungsstellenbeisitzer in sonstiger Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt hätte, gibt es keine Anhaltspunkte.

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Brossardt    

                 

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. März 2014 - 2 TaBV 18/13 - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerden des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Juni 2013 - 2 BV 22/12 - abgeändert und der Antrag abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3.

2

Die Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in H. In Deutschland betreibt sie etwa 390 Filialen, darunter eine Filiale in T. Der Beteiligte zu 3. ist bei ihr seit September 1999 als Mitarbeiter im Verkauf auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags mit sog. Jahresarbeitszeitregelung beschäftigt. Die vereinbarte Jahresarbeitszeit betrug zuletzt 1.660 Stunden. Die Arbeitgeberin setzt Mitarbeiter mit Jahresarbeitszeitregelung entsprechend dem Arbeitsanfall variabel ein. In ihrer Filiale in T erfolgt die Personalplanung monatlich gemäß einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit aus dem Jahre 2008. Im Arbeitsvertrag zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin vom 10. September 2001 ist in § 4 Abs. 2 unter der Überschrift „Allgemeine Pflichten“ bestimmt, dass „Nebentätigkeiten […] nur mit dem Einverständnis des Arbeitgebers ausgeübt werden“ dürfen.

3

Der Beteiligte zu 3. ist Vorsitzender des für die Filiale in T gebildeten Betriebsrats. Er ist außerdem Mitglied im Gesamtbetriebsrat, im Wirtschaftsausschuss und im Europäischen Betriebsrat. Im Oktober 2012 teilte er der Arbeitgeberin unter dem Briefkopf „Komparative Betriebsratsberatung“ und unter Angabe seiner Steuernummer und Bankverbindung mit, dass er am 9. November 2012 als Beisitzer einer Einigungsstelle für den Betrieb der Arbeitgeberin in A tätig sein werde und hierfür vorsorglich um ihr Einverständnis bitte, obwohl er die arbeitsvertragliche Klausel zu Nebentätigkeiten für unwirksam halte. Zugleich zeigte er an, zukünftig „im Nebenerwerb als Betriebsratsberater (als Pendant zum Unternehmensberater)“ tätig zu sein, und bat auch dafür vorsorglich um das Einverständnis der Arbeitgeberin. Außerdem erinnerte er an ein Begehren um Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit. Durch die Ablehnung erschwere ihm die Arbeitgeberin seine Nebentätigkeit „in einer freiberuflichen Gründungsphase“. Unter demselben Briefkopf stellte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin ein Honorar für die Tätigkeit als Mitglied einer in der Filiale in S bis Januar 2012 geführten Einigungsstelle in Höhe von 9.163,00 Euro in Rechnung. Die Arbeitgeberin leistete darauf keine Zahlung.

4

Mit Schreiben vom 7. November 2012 verweigerte die Arbeitgeberin ihre Zustimmung zu den angezeigten Nebentätigkeiten. Der Beteiligte zu 3. müsse mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung“ seines Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn er sie dennoch ausübe.

5

Der Beteiligte zu 3. war von der Arbeitgeberin für den 9. November 2012 zur Arbeitsleistung vorgesehen. Der Betriebsrat stimmte dieser Einsatzplanung nicht zu. Durch Spruch der Einigungsstelle wurde der Personaleinsatz für November 2012 sodann in der Weise festgelegt, dass der Beteiligte zu 3. am 9. November 2012 nicht zur Arbeit eingeteilt war. Die Sitzung der Einigungsstelle in A am 9. November 2012 fand dennoch ohne ihn statt. Eine Sitzung am 18. Dezember 2012 nahm er wahr.

6

Der Beteiligte zu 3. wurde außerdem als Mitglied von Einigungsstellen in Filialen der Arbeitgeberin in W und He benannt. Die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats der Filiale W teilte der Arbeitgeberin in einem Schreiben vom 19. November 2012 mit, der Beteiligte zu 3., „(Komparative Betriebsratsberatung, T)“, werde als Beisitzer an der Einigungsstelle in W teilnehmen. Seine Bestellung für die Einigungsstelle in He zeigte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 an. Er verwandte dafür erneut den Briefkopf „Komparative Betriebsratsberatung“.

7

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3. Mit Beschluss vom 24. Dezember 2012 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Am 28. Dezember 2012 leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Verfahren zu deren Ersetzung ein.

8

Der Beteiligte zu 3. nahm im Februar 2013 an zwei Sitzungen der Einigungsstelle in A und an einer Sitzung der Einigungsstelle in W teil. Anfang März 2013 nannte er der Arbeitgeberin weitere Termine für Sitzungen der Einigungsstellen in A, He und W. Gleichzeitig teilte er mit, die Termine zwar wahrnehmen zu wollen, nicht jedoch im Rahmen seiner ursprünglich geplanten Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“. Anfang April 2013 tagte die Einigungsstelle in W erneut unter seiner Beteiligung. Mit Schreiben vom 15. April 2013 stellte ihn die Arbeitgeberin für die Zukunft von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.

9

Anfang Mai 2013 nannte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin weitere Sitzungstermine der Einigungsstellen in He und W. Er werde auch diese nicht in seiner Eigenschaft als „komparativer Betriebsratsberater“ wahrnehmen. Die Arbeitgeberin untersagte ihm die Teilnahme. Die Sitzung der Einigungsstelle in He wurde vertagt, die Sitzung in W fand mit ihm statt.

10

Anfang Juni 2013 übermittelte der Beteiligte zu 3. dem im Urlaub befindlichen „Store-Manager“ der Filiale in T eine E-Mail, in der er mitteilte, er werde am 7. Juni 2013 erneut an einer Sitzung der Einigungsstelle in W teilnehmen, wiederum aber nicht in seiner Eigenschaft als „komparativer Betriebsratsberater“.

11

Die Arbeitgeberin hat beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung auch im Hinblick auf die Beteiligung an den Sitzungen der Einigungsstellen seit Februar 2013 beantragt. Der Betriebsrat hielt an seiner Verweigerung fest oder hat nicht reagiert. Die Arbeitgeberin hat ihren Antrag auf Zustimmungsersetzung ergänzend auf diese Sachverhalte gestützt.

12

Der Beteiligte zu 3. war an keinem der Tage, an denen er an Einigungsstellensitzungen teilnahm, zur Arbeit verpflichtet. Im Zusammenhang mit seiner Bestellung zum Beisitzer der Einigungsstellen in A, W und He kam es über Fragen seines Personaleinsatzes zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den örtlichen Betriebsräten und der Arbeitgeberin, zum Teil unter seiner Beteiligung. Zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin sind außerdem eine Klage auf Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit sowie eine Klage auf Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als „Betriebsratsberater“ anhängig bzw. anhängig gewesen.

13

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 3. habe durch die Teilnahme an Einigungsstellen trotz ihrer ausdrücklichen Untersagung kontinuierlich und eklatant gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, insbesondere gegen seine ihr gegenüber bestehende Loyalitätspflicht verstoßen. In § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei zwar kein Nebentätigkeitsverbot, aber ein Erlaubnisvorbehalt vereinbart worden. Die Nebentätigkeit als Einigungsstellenbeisitzer sei nicht genehmigungsfähig. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung sei es dem Beteiligten zu 3. nicht gestattet, eine solche Tätigkeit auszuüben. Durch sie würden betriebliche Interessen verletzt. Zum einen beeinträchtige sie ihr durch den Arbeitsvertrag abgesichertes Interesse an der Möglichkeit eines flexiblen Einsatzes des Beteiligten zu 3. Dessen Verhalten habe zu einer Flut von kostenintensiven Verfahren geführt. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten habe sie den Beteiligten zu 3. an den angekündigten Terminen von Einigungsstellensitzungen nicht mehr zur Arbeit eingeteilt. Zum anderen sei insbesondere das geschäftsmäßige Betreiben der Nebentätigkeit nicht mit den Loyalitätspflichten eines Arbeitnehmers vereinbar. Der Beteiligte zu 3. werde auf Seiten des Betriebsrats und damit gegen ihre Interessen, jedoch auf ihre Kosten tätig. Um seine geschäftlichen Interessen zu vertreten, müsse er zwangsläufig ihren Belangen zuwider handeln. Ein Verhalten wie das des Beteiligten zu 3. könne zu einem „Einigungsstellentourismus“ führen, bei dem sich die Betriebsräte des Unternehmens wechselseitig zu Beisitzern von Einigungsstellen beriefen. Die entgeltliche Tätigkeit als betriebsfremder Einigungsstellenbeisitzer führe zu einer verbotenen mittelbaren Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds. Der Beteiligte zu 3. komme als Beisitzer für die Einigungsstellen anderer Betriebe nur aufgrund seiner als Betriebsratsmitglied gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse in Betracht. Er wolle die auf ihre Kosten erworbenen Kenntnisse persönlich gewinnbringend - und dies wiederum auf ihre Kosten - verwerten. Sie habe in der Vergangenheit eine solche Nebentätigkeit des Beteiligten zu 3. weder geduldet noch genehmigt. Sie sei bislang davon ausgegangen, dass er als Beisitzer nur im Rahmen seines Betriebsratsamts tätig geworden sei. Auf die Verbote des § 78 BetrVG könne er sich nicht berufen. Er habe die Ämter als Beisitzer von Einigungsstellen gar nicht erst annehmen dürfen.

14

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. zu ersetzen.

15

Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nicht vor. Die durch den Beteiligten zu 3. ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen seien zulässig. Er habe durch sie seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot und als überraschende Klausel unwirksam. Zumindest habe der Beteiligte zu 3. einen Anspruch auf Erlaubnis gehabt. Betriebliche Interessen der Arbeitgeberin seien durch seine Tätigkeiten nicht beeinträchtigt worden. Ihm sei es aufgrund seiner Teilzeitbeschäftigung möglich gewesen, sowohl seine Arbeitsverpflichtung zu erfüllen, als auch die Ämter als Einigungsstellenbeisitzer auszuüben. Er gerate durch die Teilnahme an Einigungsstellen anderer Betriebe des Unternehmens auch nicht in einen Loyalitätskonflikt. Als Beisitzer sei er ebenso wie als Betriebsratsmitglied an den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gebunden. Die Arbeitgeberin verstoße mit ihrer Kündigungsabsicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und das Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG. Zudem genüge ihr Antrag an den Betriebsrat nicht den gesetzlichen Anforderungen, da er nicht die notwendigen tatsächlichen Informationen enthalte. Insbesondere habe die Arbeitgeberin nicht dargelegt, welche betrieblichen Interessen durch die Nebentätigkeit des Beteiligten zu 3. beeinträchtigt worden seien.

16

Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. ihr Begehren weiter, den Antrag abzuweisen.

17

B. Die Rechtsbeschwerden sind begründet. Die Vorinstanzen haben die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Beteiligten zu 3. zu Unrecht ersetzt. Dessen Verhalten stellt keinen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses dar. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Zustimmung des Betriebsrats auch deshalb nicht zu ersetzen ist, weil die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt oder der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß entsprechend § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über die Kündigungsgründe unterrichtet worden ist.

18

I. Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG iVm. § 15 KSchG ist die verweigerte Zustimmung zu ersetzen, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB voraus. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 39 mwN; 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 17 mwN). Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar war oder nicht ( BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 265/14 - Rn. 14; 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13  - Rn. 39). Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 34; 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 39).

19

II. An einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB fehlt es. Mit der Annahme der Bestellungen als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe der Arbeitgeberin und der Teilnahme an den Sitzungen dieser Einigungsstellen hat der Beteiligte zu 3. weder gegen seine Pflichten aus § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verstoßen noch seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

20

1. Zugunsten der Arbeitgeberin kann unterstellt werden, dass die Klausel in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags als sog. Erlaubnisvorbehalt zu verstehen und mit diesem Inhalt wirksam ist. Der Beteiligte zu 3. hatte einen Anspruch darauf, ihm die Tätigkeiten als Beisitzer der fraglichen Einigungsstellen zu gestatten. Mit ihnen war keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin verbunden (zum wichtigen Grund bei fortgesetzter Ausübung einer offensichtlich nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit, vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 827/06 - Rn. 28; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 42; zur Eignung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als wichtiger Grund, wenn die vertraglich geschuldeten Leistungen beeinträchtigt werden, vgl. BAG 26. August 1976 - 2 AZR 377/75 - zu I 3 b der Gründe). Der Beteiligte zu 3. musste die von ihm ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer auch nicht zurückstellen, bis gerichtlich geklärt wäre, ob sie mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten vereinbar sind.

21

a) Ein Arbeitnehmer hat in Anbetracht seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Ausübung von Nebentätigkeiten, sofern diese die betrieblichen Interessen nicht beeinträchtigen(BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 205; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 70). Außerhalb der Arbeitszeit steht ihm die Verwendung seiner Arbeitskraft grundsätzlich frei. Soweit die Nebentätigkeit beruflicher Natur ist, kann er sich auf das Grundrecht der freien Berufswahl berufen (Art. 12 Abs. 1 GG). Nichtberufliche Tätigkeiten sind durch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützt. Der Arbeitnehmer hat jedoch jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die mit seiner Arbeitspflicht kollidiert. Das ist der Fall, wenn sie gleichzeitig mit der Haupttätigkeit ausgeübt werden soll oder bei nicht gleichzeitiger Ausübung dann, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung unter ihr leidet. Solche Nebentätigkeiten stellen eine Verletzung der Arbeitspflicht dar (BAG 18. Januar 1996 - 6 AZR 314/95 - zu I 2 b aa der Gründe). Zu unterlassen sind ferner Nebentätigkeiten, die gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 27 ff.; 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 14 ff.) oder sonst einen Interessenwiderstreit hervorrufen, der geeignet ist, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Loyalität und Integrität des Arbeitnehmers zu zerstören (BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 5 der Gründe, BAGE 105, 205; 28. Februar 2002 - 6 AZR 33/01 - zu 1 b bb der Gründe; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 626 BGB Rn. 118; Peter Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern S. 119 ff.).

22

b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die der Arbeitgeberin angezeigte Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“ oder eine gewerbsmäßige Teilnahme an Einigungsstellen, die über die gelegentliche Wahrnehmung von Bestellungen als Beisitzer hinausginge, die betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin beeinträchtigte. Die vom Beteiligten zu 3. tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen in anderen Betrieben der Arbeitgeberin rechtfertigen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Annahme, diese seien Teil eines auf Gewerbsmäßigkeit angelegten - wie auch immer näher zu bestimmenden - „Geschäftsmodells“ gewesen.

23

aa) Zwar hatte der Beteiligte zu 3. der Arbeitgeberin im Oktober 2012 angezeigt, im Nebenerwerb als „komparativer Betriebsratsberater“ tätig werden zu wollen. Er hatte an das Begehren um Reduzierung und Verteilung seiner Arbeitszeit erinnert und hatte der Arbeitgeberin vorgehalten, sie erschwere durch ihre Ablehnung seine „freiberufliche Gründungsphase“. Er hatte der Arbeitgeberin mit entsprechendem Briefkopf ein Honorar für die im Januar 2012 abgeschlossene Einigungsstelle in S in Rechnung gestellt und im Dezember 2012 unter demselben Briefkopf seine Bestellung zum Beisitzer der Einigungsstelle in He angezeigt. Auch der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in W war die Titulierung seiner Tätigkeit als „komparative Betriebsratsberatung“ offensichtlich bekannt, wie sich aus ihrem Schreiben vom 19. November 2012 ergibt.

24

bb) Die tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten als Beisitzer der Einigungsstellen in S, A und W - die Einigungsstelle in He ist nur noch ohne Beteiligung des Beteiligten zu 3. zusammengetreten - lassen jedoch eine über die gelegentliche Annahme solcher Bestellungen hinausgehende, einem bestimmten „Geschäftsmodell“ folgende und dauerhaft auf Gewinnerzielung angelegte gewerbsmäßige Betätigung des Beteiligten zu 3. nicht erkennen. Dagegen sprechen sowohl die geringe Zahl der Einigungsstellen als auch der Umstand, dass er - zumindest bislang - für seine Tätigkeiten in A und W kein Honorar in Rechnung gestellt und die Honorarforderung für die Einigungsstelle in S nicht weiterverfolgt hat. Der Beteiligte zu 3. hat der Arbeitgeberin seine Teilnahme an den Einigungsstellensitzungen außerdem seit März 2013 stets mit dem ausdrücklichen Hinweis angezeigt, die Termine nicht im Rahmen seiner ursprünglich geplanten Nebentätigkeit als „komparativer Betriebsratsberater“, sondern als einzelne Termine wahrnehmen zu wollen. Zudem ist weder konkret vorgetragen noch objektiv ersichtlich, dass der Beteiligte zu 3. etwa werbend für eine Tätigkeit als „Betriebsratsberater“ aufgetreten wäre. Selbst wenn er eine ursprünglich andere Absicht nur mit Blick auf das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren nicht weiterverfolgt haben sollte, hätte er sie jedenfalls bislang nicht verwirklicht. Sofern er weiterhin auf Erteilung der Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als „Betriebsratsberater“ klagen sollte, nähme er lediglich das Recht wahr, seinen - vermeintlichen - Anspruch gerichtlich klären zu lassen. Dies spräche allenfalls dafür, dass er ein „Geschäftsmodell“, das über die Wahrnehmung einzelner Ämter als Einigungsstellenbeisitzer hinausginge, für die Zukunft noch nicht aufgegeben hat. Nichts anderes gilt für die Klage auf Reduzierung und Festlegung der Lage seiner Arbeitszeit. Der Beteiligte zu 3. hatte sein Begehren zwar im Oktober 2012 noch in den Zusammenhang mit einer „freiberuflichen Gründungsphase“ gestellt. Auch dies spricht aber allenfalls dafür, dass er ursprünglich weitergehende Absichten gehabt und diese möglicherweise für die Zukunft noch nicht endgültig aufgegeben hat.

25

c) Soweit die Arbeitgeberin den Antrag auf die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe stützt, war damit weder eine Verletzung seiner Arbeitspflicht noch eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Arbeitgeberin wegen einer Einschränkung seiner flexiblen Einsetzbarkeit verbunden.

26

aa) Seine Arbeitspflicht hat der Beteiligte zu 3. durch die Tätigkeiten als Beisitzer von Einigungsstellen nicht verletzt. Es liegen auch keine Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vor. Unabhängig davon, dass der Beteiligte zu 3. an den Sitzungen der Einigungsstellen nicht als Arbeitnehmer teilgenommen hat, sind selbst bei einer Zusammenrechnung der aufgewendeten Zeiten mit den Zeiten seiner Teilzeittätigkeit für die Arbeitgeberin nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ArbZG Überschreitungen der höchstzulässigen Arbeitszeit weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich.

27

bb) Die ausgeübten Tätigkeiten als Einigungsstellenbeisitzer haben betriebliche Belange der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Personaleinsatzplanung nicht beeinträchtigt. Dabei kann zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt werden, dass die mit dem Beteiligten zu 3. getroffene Vereinbarung zur Jahresarbeitszeit wirksam war.

28

(1) Die Regelungen zur Personaleinsatzplanung in der Filiale T ermöglichten es, Kollisionen zwischen der gelegentlichen Teilnahme des Beteiligten zu 3. an Einigungsstellensitzungen und seiner Arbeitspflicht zu vermeiden. Die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mit variabler Arbeitszeit können dort vor der Festlegung des monatlichen Dienstplans Zeiten benennen, an denen sie aus dringenden Gründen an einem Einsatz gehindert sind, denen die Filialleitung nach Möglichkeit Rechnung trägt (vgl. Ziff. III 2 der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 18. Dezember 2008).

29

(2) Die Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. haben die Möglichkeit der Arbeitgeberin, ihn flexibel einzusetzen, nicht in beachtlicher Weise eingeschränkt. Zwar hatte der Beteiligte zu 3. für den 9. November 2012 einen Freizeitwunsch geäußert und der Betriebsrat seine Einteilung für diesen Tag abgelehnt. Die Arbeitgeberin hat aber nicht behauptet, es hätten betriebliche Gründe vorgelegen, die den Einsatz des Beteiligten zu 3. am 9. November 2012 erforderlich gemacht hätten. Dagegen spricht auch, dass der Personaleinsatz von der Einigungsstelle für diesen Tag ohne den Beteiligten zu 3. festgelegt wurde. Ebenso wenig hat die Arbeitgeberin behauptet, dieser habe ihr - bis sie ihn von der Arbeitsleistung gänzlich freigestellt habe - seine Freizeitwünsche jeweils erst so spät angezeigt, dass deren Berücksichtigung zu betrieblichen Beeinträchtigungen geführt habe. Besondere Probleme bei der Einsatzplanung, die die Tätigkeiten des Beteiligten zu 3. verursacht hätten, sind vielmehr durch Tatsachen nicht belegt. Es war der Arbeitgeberin durchweg möglich, diesen an den Tagen der von ihm angezeigten Einigungsstellensitzungen gar nicht erst zur Arbeit einzuteilen. Damit verbundene Schwierigkeiten hat sie nicht dargelegt. War ihr aber eine Berücksichtigung der Freizeitwünsche des Beteiligten zu 3. möglich, stellt der Umstand, dass dieser sie anmeldete, keine Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Belange dar. Es ist vielmehr Bestandteil der im Betrieb in T praktizierten Personaleinsatzplanung, dass private Freizeitwünsche der Arbeitnehmer und betriebliche Erfordernisse nach Möglichkeit in Einklang gebracht werden müssen.

30

(3) Das Vorbringen der Arbeitgeberin, sie sei dem Beteiligten zu 3. allein deshalb bei der Einsatzplanung entgegengekommen, weil sie weitere Auseinandersetzungen wegen seines Arbeitseinsatzes habe vermeiden wollen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es zu Streitigkeiten über die Personaleinsatzplanung deshalb gekommen ist, weil der Beteiligte zu 3. oder die beteiligten Betriebsräte nicht bereit gewesen wären, berechtigte betriebliche Erfordernisse der Arbeitgeberin anzuerkennen.

31

d) Der Beteiligte zu 3. war mit Blick auf seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch nicht aus anderen Gründen gehindert, die Benennungen als Einigungsstellenbeisitzer anzunehmen.

32

aa) In der Mitwirkung an einer Einigungsstelle nach § 76 BetrVG liegt für sich genommen keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Die Einigungsstelle ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art mit dem Zweck, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der Gestaltung der betrieblichen Ordnung zu gewährleisten, indem sie ggf. durch Zwangsschlichtung Pattsituationen im Bereich der paritätischen Mitbestimmung auflöst. Es handelt sich um das gesetzlich vorgesehene Verfahren, um in betrieblichen Regelungsstreitigkeiten eine Einigung herbeizuführen. Die von den jeweiligen Betriebsparteien bestellten Beisitzer sind weder deren Vertreter noch ihr verlängerter Arm. Sie wirken bei der Schlichtung des Regelungsstreits frei von Weisungen und mit einer gewissen inneren Unabhängigkeit mit (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 22; 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 97, 379). Dementsprechend können sie nicht mit Vertretern einer Betriebspartei gleichgesetzt werden, auch wenn ihre Nähe zu derjenigen Betriebspartei, die sie bestellt hat, nicht zu verkennen und vom Gesetz auch gewollt ist (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 2 b cc der Gründe, BAGE 100, 239; 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 80, 222). Die Tätigkeit der Einigungsstelle ist auf eine Beseitigung von Konflikten vornehmlich auf dem Weg der Herbeiführung eines für beide Seiten akzeptablen Kompromisses ausgerichtet (vgl. BAG 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - aaO). Die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer vertreten dabei die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht mangels Loyalität gegenüber der Arbeitgeberseite, sondern aufgrund der ihnen vom Gesetz zugewiesenen Rolle. Sie sind nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG überdies verpflichtet, ihre Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung nicht nur der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch der betrieblichen Belange und nach billigem Ermessen zu treffen(BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - aaO; 18. Januar 1994 - 1 ABR 43/93 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 75, 261). Der Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ist damit vom Gesetz vorausgesetzt und soll durch die Verhandlungen in der Einigungsstelle - unter Mitwirkung eines unabhängigen Vorsitzenden - gerade überwunden werden.

33

bb) Die Benennung des Beteiligten zu 3. als Beisitzer von Einigungsstellen anderer Betriebe der Arbeitgeberin war grundsätzlich zulässig.

34

(1) Der Betriebsrat bestellt seine Beisitzer durch Beschluss (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - Rn. 11, BAGE 124, 188; 19. August 1992 - 7 ABR 58/91 - zu B II 2 a der Gründe). Er darf sich dabei für Personen entscheiden, denen er dahingehend vertraut, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Dies und das Vertrauen, durch das Erarbeiten von Kompromissen eine für beide Betriebsparteien annehmbare Konfliktlösung zu erreichen, ist der Maßstab, an dem sich der Betriebsrat bei seiner personellen Auswahl auszurichten hat. Es steht ihm dabei frei, betriebsexterne Beisitzer zu benennen. Er darf dies nicht nur dann, wenn deren Benennung auch erforderlich ist (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - aaO; 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 der Gründe; für die Bestellung betriebsfremder, aber unternehmensangehöriger Beisitzer, vgl. BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 62, 129). Die Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kommt nicht in Betracht (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 23; 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 31 f., BAGE 148, 182). Dem Betriebsrat ist es allerdings verwehrt, Personen als Beisitzer von Einigungsstellen zu benennen, die offensichtlich ungeeignet sind, entsprechend der Funktion in der Einigungsstelle tätig zu werden (BAG 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - aaO; 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 36).

35

(2) Danach bestanden gegen die Bestellung des Beteiligten zu 3. zum Beisitzer der Einigungsstellen in den anderen Betrieben der Arbeitgeberin keine Bedenken. Die Arbeitgeberin hat nicht behauptet, der Beteiligte zu 3. sei zur Wahrnehmung der dort anfallenden Aufgaben offensichtlich nicht geeignet gewesen.

36

cc) Der Beteiligte zu 3. geriet durch die Annahme der Benennungen selbst dann nicht in einen Konflikt mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er für die Amtsausübung - anders als nach § 76a Abs. 2 BetrVG für die Teilnahme an einer Einigungsstelle im eigenen Betrieb - gemäß § 76a Abs. 3 BetrVG die Zahlung eines Honorars von der Arbeitgeberin beanspruchen könnte.

37

(1) Nach § 76a Abs. 3 BetrVG hat ein betriebsfremder Beisitzer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit im Einigungsstellenverfahren, dessen Höhe sich nach den Maßgaben des § 76a Abs. 4 Satz 3 bis Satz 5 BetrVG richtet. Anders als nach der früheren Rechtslage hängt das Entstehen des Honoraranspruchs nicht mehr davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar zugesagt hat (BAG 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 - Rn. 11, BAGE 124, 188; 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 1 der Gründe). Der Honoraranspruch ist dem Grunde nach nur von der wirksamen Bestellung für eine im Betrieb des Arbeitgebers gebildete Einigungsstelle und der Annahme dieser Bestellung abhängig.

38

(2) Die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers durch Honoraransprüche externer Beisitzer ist damit dem Einigungsstellenverfahren immanent. Sie ist nicht nur - möglicherweise - Folge der Bestellung eines betriebsfremden, aber doch unternehmensangehörigen Arbeitnehmers, sondern entsteht von Gesetzes wegen bei jeder Bestellung eines betriebsfremden Beisitzers.

39

(3) Ein (etwaiger) gesetzlicher Honoraranspruch des betriebsfremden unternehmensangehörigen Beisitzers, der zugleich Mitglied des Betriebsrats eines unternehmenszugehörigen Betriebs ist, verstieße nicht gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die Mitglieder eines der in § 78 Satz 1 BetrVG bezeichneten betriebsverfassungsrechtlichen Organe gegenüber den Mitarbeitern desselben Arbeitsverbunds wegen ihrer Amtstätigkeit weder zu benachteiligen noch zu begünstigen. Stünde einem betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Einigungsstellenbeisitzer gemäß § 76a Abs. 3 BetrVG ein Honoraranspruch zu(dies ablehnend und für eine entsprechende Anwendung von § 76a Abs. 2 BetrVG HWGNRH-Worzalla 9. Aufl. § 76a Rn. 15), handelte es sich nicht um eine gesetzlich missbilligte Begünstigung, sondern - ähnlich wie beim Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder gemäß § 15 KSchG und § 103 BetrVG - um eine gesetzlich gerade vorgesehene Ungleichbehandlung. Dementsprechend stellte schon nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des § 76a BetrVG die Honorarzusage an einen betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Beisitzer keine Begünstigung iSd. § 78 Satz 2 BetrVG dar(BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 62, 129).

40

(4) Allein der Umstand, dass dem Beteiligten zu 3. gegen die Arbeitgeberin ein gesetzlicher Honoraranspruch aufgrund seiner Amtswahrnehmung zustehen könnte, rechtfertigt nicht die Annahme, er müsse in stärkerem Maße, als dies für die Vertretung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer in der Einigungsstelle erforderlich war, gegen ihre Interessen tätig geworden sein. Soweit sich die Arbeitgeberin darauf beruft, das „Geschäftsmodell“ des Beteiligten zu 3. habe nur funktionieren können, wenn er in den Einigungsstellen ausschließlich solche Interessen vertrat, welche den ihren zuwiderliefen, zielt sie auf ein dem Beteiligten zu 3. zugeschriebenes Bestreben, sich auf ihre Kosten eine weitere „Erwerbsquelle“ zu verschaffen. Wie ausgeführt, gibt es indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte zu 3. seine Tätigkeiten als Beisitzer auf dieses Ziel ausgerichtet hätte. Soweit die Arbeitgeberin geltend macht, zur Verwirklichung seines Konzepts müsse der Beteiligte zu 3. die Interessen des jeweiligen örtlichen Betriebsrats „bestmöglich“ vertreten, verkennt sie, dass die Beisitzer auf Betriebsratsseite nicht die Interessen des sie bestellenden Gremiums, sondern diejenigen der von der Regelungsstreitigkeit betroffenen Arbeitnehmer wahrnehmen. Dies wiederum ist ihre gesetzlich vorgesehene Aufgabe. Selbst die „bestmögliche“ Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in einer Einigungsstelle stellt deshalb keine Illoyalität gegenüber dem Arbeitgeber dar.

41

(5) Der Beteiligte zu 3. hat seine individualrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin auch dann nicht verletzt, wenn er - wie die Arbeitgeberin behauptet hat - als Beisitzer in den Einigungsstellen anderer Betriebe seine als Betriebsratsmitglied erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten genutzt hat und nur aufgrund ihrer überhaupt bestellt worden ist. Wäre dies als mittelbare Vergütung von Betriebsratstätigkeit anzusehen, läge darin allenfalls ein Grund, ihm einen Honoraranspruch für die Tätigkeit als externer Beisitzer zu versagen. Stünde dagegen das Prinzip des Ehrenamts in § 37 Abs. 1 BetrVG einem Honoraranspruch nach § 76a Abs. 3 BetrVG auch in einem solchen Fall nicht entgegen, wäre ebenso wenig eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin verletzt.

42

(6) Es kann dahinstehen, ob dem Beteiligten zu 3. eine solche Pflichtverletzung vorzuwerfen wäre, wenn seine Bestellungen zum Beisitzer in Einigungsstellen anderer Betriebe Teil eines „Ringtauschs“ gewesen wären, wenn also die Betriebsräte der Arbeitgeberin ihre Mitglieder wechselseitig zu Einigungsstellenbeisitzern bestellt hätten, um ihnen Honoraransprüche zu verschaffen, die andernfalls wegen § 76a Abs. 2 BetrVG nicht entstünden. Nach den vorgetragenen Umständen ist nichts dafür ersichtlich, dass ein solches Vorgehen auch nur geplant gewesen wäre.

43

dd) Der Beteiligte zu 3. musste die von ihm ausgeübten Tätigkeiten nicht bis zu einer gerichtlichen Klärung ihrer Vereinbarkeit mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten zurückstellen. Dies gilt auch dann, wenn die Regelungen in § 4 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags als - wirksame - Vereinbarung eines Erlaubnisvorbehalts zu verstehen wären. Sinn und Zweck eines solchen Vorbehalts ist es, den Arbeitgeber durch die Anzeige beabsichtigter Nebentätigkeiten in die Lage zu versetzen, vor deren Aufnahme zu prüfen, ob durch sie betriebliche Belange beeinträchtigt werden (vgl. dazu BAG 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 205; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 70; 21. September 1999 - 9 AZR 759/98 - zu I 2 der Gründe). Das Interesse, den Arbeitnehmer auch dann von der Ausübung einer - angezeigten - Nebentätigkeit abzuhalten, wenn er bei objektiver Betrachtung einen Anspruch auf ihre Erlaubnis hat, ist dagegen nicht schutzwürdig. Ein Arbeitnehmer, der mit der Ausübung einer rechtmäßigen Nebentätigkeit nicht bis zu einer gerichtlichen Entscheidung abwartet, handelt unter Berücksichtigung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG nicht pflichtwidrig. Anders als im Fall des eigenmächtigen Urlaubsantritts (vgl. hierzu BAG 22. Januar 1998 - 2 ABR 19/97 - zu B II 3 der Gründe; 20. Januar 1994 - 2 AZR 521/93 - zu II 2 a der Gründe) geht es nicht um die einseitige Suspendierung der Hauptleistungspflicht. Die Ausübung einer Nebentätigkeit in der Freizeit betrifft den einer Regulierung durch den Arbeitgeber grundsätzlich entzogenen Bereich der privaten Lebensgestaltung. Dies unterscheidet sie auch von der Nichtbeachtung einer unbilligen Leistungsbestimmung des Arbeitgebers (zur vorläufigen Bindung des Arbeitnehmers an eine solche Weisung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34; dazu kritisch Fischer FA 2014, 38; Preis NZA 2015, 1, 6; Thüsing JM 2014, 20).

44

2. Dafür, dass der Beteiligte zu 3. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Einigungsstellenbeisitzer in sonstiger Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt hätte, gibt es keine Anhaltspunkte.

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Brossardt    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Juli 2012 - 5 TaBV 2/12 - aufgehoben.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. Dezember 2011 - 15 BV 18/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, den Betriebsrat von Schulungskosten freizustellen.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Sie unterhält 38 Betriebe, in denen die Beschäftigten im Wesentlichen Bildschirmarbeit leisten. Der zu 1. beteiligte Betriebsrat ist der am Standort H gebildete Betriebsrat, der aus sieben Mitgliedern besteht.

3

Seit April 2009 war im Betrieb H eine Einigungsstelle mit drei Beisitzern je Seite zum Thema „Gefährdungsbeurteilung“ gebildet, die sich mit der Vereinbarung der Methoden für die anstehenden Gefährdungsbeurteilungen befasste. Der Betriebsrat entsandte in die Einigungsstelle das Betriebsratsmitglied S, die langjährig Mitglied des Arbeitsschutzausschusses und Mitglied einer Arbeitsgruppe war, die sich mit den verschiedenen Verfahren der Gefährdungsbeurteilung befasste. Als externe Beisitzer entsandte der Betriebsrat Frau M und Rechtsanwalt G in die Einigungsstelle.

4

Auf seiner Sitzung vom 31. August 2010 fasste der Betriebsrat den Beschluss über die Teilnahme von Frau S an dem Aufbauseminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ in H, das vom Veranstalter F in der Zeit vom 18. bis 20. Oktober 2010 durchgeführt wurde. Gemäß Einladungsschreiben sollten in dem Seminar Verfahren zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen anhand einer Checkliste beurteilt und die Stärken und Schwächen im Hinblick auf die Durchführbarkeit und Praktikabilität herausgearbeitet werden. Referenten dieser Schulung waren Frau M, die Inhaberin der F ist, und Rechtsanwalt G.

5

Für die Seminarteilnahme von S stellte die F dem Betriebsrat am 20. Oktober 2010 den Betrag von 1.654,10 Euro in Rechnung. Die Arbeitgeberin lehnte die vom Betriebsrat begehrte Kostenübernahme mit Schreiben vom 1. November 2010 - wie dem Betriebsrat bereits zuvor mit E-Mail vom 13. September 2010 und 1. Oktober 2010 mitgeteilt - ab.

6

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Teilnahme an der Schulung erforderlich gewesen sei, um Frau S in die Lage zu versetzen, im Rahmen der Einigungsstelle Verfahren und Methoden der Gefährdungsbeurteilung unabhängig zu beurteilen. Außerdem könne der Betriebsrat aufgrund der erworbenen Kenntnisse die in der Einigungsstelle vorgestellten Verfahren und etwaige Einigungsvorschläge in eigener Kompetenz beurteilen. Die Kenntnisse seien auch für die Arbeitsgruppe von Bedeutung. Schließlich seien die Kenntnisse für die Durchführung der abzuschließenden Betriebsvereinbarung und bei einer künftigen Änderung der Arbeitsabläufe erforderlich.

7

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn von Schulungskosten in Höhe von 1.654,10 Euro gemäß Rechnung des Anbieters F vom 20. Oktober 2010 freizustellen.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat gemeint, dass die Schulungsteilnahme für die Tätigkeit der Frau S in der Einigungsstelle nicht erforderlich gewesen sei, da der Bedarf an Fachwissen in der Einigungsstelle durch die vom Betriebsrat benannten externen Beisitzer gedeckt sei. Für die Arbeit im Betriebsrat seien die vermittelten Kenntnisse nicht erforderlich, weil dem Betriebsrat mit Einsetzung der Einigungsstelle der Regelungsgegenstand entzogen sei. Die Schulung ermögliche aufgrund der Personenidentität zwischen externen Beisitzern und Schulungsreferenten keine kritische Auseinandersetzung mit den Leistungen der Einigungsstelle.

9

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat Erfolg. Der zulässige Antrag des Betriebsrats ist unbegründet. Dem Betriebsrat steht gegenüber der Arbeitgeberin kein Anspruch auf Freistellung von den Kosten zu, die durch die Teilnahme der Frau S an dem Seminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ des Veranstalters F entstanden sind.

11

I. An dem Verfahren sind neben den beiden Beteiligten keine weiteren Personen oder Stellen beteiligt.

12

II. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig. Der Streitgegenstand ist hinreichend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Er macht ein eigenes Recht aus § 40 Abs. 1 BetrVG geltend.

13

III. Der Antrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unbegründet. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, den Betriebsrat von der Verpflichtung zur Zahlung der Schulungskosten freizustellen, die durch die Teilnahme von Frau S an dem Seminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ entstanden sind. Er durfte diese Schulungsteilnahme nicht für erforderlich halten.

14

1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist.

15

a) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu muss ein aktueller oder absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Der Senat unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. für die st. Rspr. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 25, BAGE 140, 277; 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 19 mwN). Der Schulungsanspruch aus § 37 Abs. 6 BetrVG ist kein individueller Anspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds, sondern ein kollektiver Anspruch des Betriebsrats darauf, dass einem bestimmten Betriebsratsmitglied Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit des Gremiums erforderlich sind(vgl. BAG 12. Januar 2011- 7 ABR 94/09 - Rn. 19 mwN).

16

b) Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Das entbindet ihn jedoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse braucht, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 27, BAGE 140, 277). Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe).

17

c) Bei dem Begriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Würdigung des Beschwerdegerichts, ob der Betriebsrat die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für erforderlich halten durfte, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt wurde und ob die Besonderheiten des Einzelfalls vollständig und frei von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze abgewogen wurden(st. Rspr. vgl. BAG 19. März 2008 - 7 ABR 2/07 - Rn. 17 mwN).

18

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat die Umstände des Falls bei seiner Würdigung nicht vollständig berücksichtigt.

19

a) Die Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses für die Schulungsteilnahme war nicht entbehrlich. Bei dem in der Zeit vom 18. bis 20. Oktober 2010 durchgeführten Seminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ wurden Kenntnisse über verschiedene Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung vermittelt. Diese Kenntnisse gehören nicht zum unverzichtbaren Grundwissen im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung.

20

b) Der Betriebsrat durfte den Erwerb dieser Spezialkenntnisse durch Frau S unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat nicht für erforderlich halten.

21

aa) Die Erforderlichkeit der Schulung kann nicht mit der Tätigkeit der Frau S in der Einigungsstelle begründet werden, denn die Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und seiner Mitglieder.

22

Die Einigungsstelle ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art mit dem Zweck, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der Gestaltung der betrieblichen Ordnung zu gewährleisten, indem sie durch Zwangsschlichtung Pattsituationen im Bereich der paritätischen Mitbestimmung auflöst (BAG 18. Januar 1994 - 1 ABR 43/93 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 75, 261). Die vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat bestellten Beisitzer sind weder deren Vertreter noch deren verlängerter Arm, sondern wirken bei der Schlichtung des Regelungsstreits frei von Weisungen und mit einer gewissen inneren Unabhängigkeit mit (BAG 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 80, 222). Es gehört auch nicht zu den Amtspflichten der Betriebsratsmitglieder, als Beisitzer in einer Einigungsstelle tätig zu werden (BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 b der Gründe). § 76a Abs. 2 BetrVG verweist auf § 37 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG; einen Verweis auf § 37 Abs. 6 BetrVG enthält die Regelung zur Einigungsstelle in §§ 76, 76a BetrVG hingegen nicht.

23

Für eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 6 BetrVG im Rahmen des § 76a Abs. 2 BetrVG besteht kein Raum. Die Vorschrift ist nicht planwidrig unvollständig (vgl. zu dieser Voraussetzung: zB BAG 24. Mai 2012 - 6 AZR 679/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 142, 1). Vielmehr ergibt sich aus den Regelungen der §§ 76, 76a BetrVG ein abschließendes normatives Konzept. Gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG werden Einigungsstellenbeisitzer je zur Hälfte durch den Betriebsrat und den Arbeitgeber bestellt. Für die Auswahlentscheidung ist das Vertrauen maßgebend, dass diese Personen als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren und durch das Erarbeiten von Kompromissen eine für beide Betriebsparteien annehmbare Konfliktlösung erarbeiten (BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 c der Gründe). Damit ist es den Betriebsparteien verwehrt, Personen als Beisitzer von Einigungsstellen zu benennen, die hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Erfahrungen offensichtlich ungeeignet sind, über die der Einigungsstelle zugrunde liegende Regelungsmaterie zu entscheiden. Die Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt (BAG 14. Januar 1983 - 6 ABR 67/79 - zu II 2 der Gründe). Es steht den Betriebsparteien frei, externe Beisitzer zu benennen (vgl. BAG 31. Juli 1986 - 6 ABR 79/83 -). Über diese externen Beisitzer können auch notwendige Spezialkenntnisse in die Einigungsstelle geholt werden (Fitting 27. Aufl. § 76 Rn. 15). Damit ist sichergestellt, dass in der Einigungsstelle das erforderliche Fachwissen vorhanden ist.

24

bb) Die Erforderlichkeit der Schulung kann im vorliegenden Fall nicht damit begründet werden, der Betriebsrat müsse sich mit den Vorschlägen der Einigungsstelle in eigener Kompetenz auseinandersetzen können. Zwar ist ein solches Anliegen des Betriebsrats grundsätzlich berechtigt. Die Schulung eines in die Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds gerade bei dem vom Betriebsrat ebenfalls in die Einigungsstelle entsandten externen Einigungsstellenbeisitzer ist hierzu aber ungeeignet.

25

(1) Dem Betriebsrat steht bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu(BAG 8. Juni 2004 - 1 ABR 13/03 - BAGE 111, 36; 11. Februar 2014 - 1 ABR 72/12 - Rn. 14). Dieses Mitbestimmungsrecht umfasst die Festlegung der Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin ist die Ausübung der Mitbestimmung den Betriebsparteien nicht durch die Einsetzung der Einigungsstelle insgesamt entzogen. So können die Betriebsparteien auf einen Einigungsvorschlag der Einigungsstelle hin eine einvernehmliche Regelung treffen. Damit gehört es zu den Aufgaben des Betriebsrats, die Verhandlungen in der Einigungsstelle zu begleiten und sich mit Vorschlägen der Einigungsstelle kritisch auseinanderzusetzen. Diese Aufgabe muss der Betriebsrat aus eigener Kompetenz wahrnehmen können. Hierzu kann auch die Schulung eines - in die Einigungsstelle entsandten - Betriebsratsmitglieds erforderlich sein. Der Betriebsrat muss sich nicht auf die Sachkenntnis der von ihm in die Einigungsstelle entsandten externen Beisitzer verweisen lassen. Das folgt schon aus der Unabhängigkeit der Einigungsstelle. Die externen Einigungsstellenbeisitzer sind nicht verpflichtet, „Bindeglied“ zwischen Einigungsstelle und Betriebspartei zu sein. Es gehört nicht zu ihren Aufgaben als Einigungsstellenbeisitzer, den Betriebsparteien die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln und diese zu beraten.

26

(2) Ungeeignet für eine kritische Begleitung der Tätigkeit der Einigungsstelle und daher auch nicht erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist aber die Schulung eines in die Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds durch eben die in die Einigungsstelle entsandten externen Beisitzer. Hierdurch kann der Zweck, eine kritische und unabhängige Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Einigungsstelle zu ermöglichen, nicht erreicht werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht übersehen. Es hat nicht berücksichtigt, dass es sich bei den vom Betriebsrat entsandten externen Einigungsstellenbeisitzern zugleich um die Referenten der Schulung handelte, zu der das Betriebsratsmitglied S geschickt worden war.

27

Eine abweichende Beurteilung ist auch dann nicht geboten, wenn der Betriebsrat die Aufgabe, die Einigungsstelle zu begleiten und sich mit Vorschlägen der Einigungsstelle auseinanderzusetzen, nicht selbst wahrnimmt, sondern diese Aufgabe einer Arbeitsgruppe nach § 28a BetrVG übertragen hat.

28

cc) Der Betriebsrat hat nicht dargelegt, dass in der Schulung Kenntnisse vermittelt worden seien, die er nach Abschluss des Einigungsstellenverfahrens bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung braucht. Das ist angesichts des Schulungsinhalts auch nicht ersichtlich. Die vermittelten Kenntnisse über die Stärken und Schwächen verschiedener Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung sind für die Auswahl eines Verfahrens von Bedeutung. Das ist Gegenstand der Einigungsstelle. Dass diese Kenntnisse bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gebraucht werden, ist nicht erkennbar.

29

dd) Die Erforderlichkeit kann nicht auf die Notwendigkeit künftiger Ausgestaltungen der Gefährdungsbeurteilung bei der Änderung von Arbeitsmitteln gestützt werden. Insoweit fehlt es an der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses. Der Betriebsrat hat nicht vorgetragen, dass in naher Zukunft mit einer Änderung der Arbeitsmittel zu rechnen ist.

30

ee) Schließlich ist die Erforderlichkeit der Teilnahme nicht deshalb anzunehmen, weil Frau S Mitglied im Arbeitsschutzausschuss ist. Der Betriebsrat hat nicht vorgetragen, dass Frau S die in der Schulung vermittelten Kenntnisse braucht, um gegenwärtige oder in naher Zukunft anstehende Aufgaben im Arbeitsschutzausschuss sach- und fachgerecht erfüllen zu können.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Willms    

        

    Olaf Deinert    

                 

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. November 2011 - 1 TaBV 5/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Arbeitgeberin und der Betriebsrat streiten darüber, ob der Betriebsrat berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb zu benennen und die Benennung aufrechtzuerhalten.

2

Die Arbeitgeberin betreibt eine Spezialklinik mit mehr als 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dem bei ihr gebildeten elfköpfigen Betriebsrat gehörte auch Herr B als stellvertretender Vorsitzender an. Er war zugleich Vorsitzender des Konzernbetriebsrats. Die Leitung der Arbeitgeberin besteht aus drei Personen: der Geschäftsführerin Frau Dr. O, dem ärztlichen Leiter Prof. Dr. R und der pflegerischen Zentrumsleitung Frau A. Zwischen den Beteiligten gab es wiederholt Auseinandersetzungen.

3

Im Januar 2009 kam es zu einem Konflikt über angebliche Arbeitszeitverstöße im Herzkatheterlabor. Das nahm Herr B, der seinerzeit noch Betriebsratsmitglied war, zum Anlass, tätig zu werden. In diesem Zusammenhang schickte Herr Dr. T, der bei der Arbeitgeberin als Oberarzt mit Personalverantwortung tätig ist, eine E-Mail an Frau Dr. O und an Prof. Dr. R. Darin äußerte er, Schuld an möglichen Verstößen sei Frau K, eine Schwester, die dort leitend tätig war. Dr. T führte weiter aus, Frau K sei eine krasse Fehlbesetzung, weil sie wegen einer inhaltlichen und zu vermutenden persönlichen Nähe zu Herrn B die Voraussetzungen für eine Führungsposition nicht erfülle. Der Inhalt dieser E-Mail wurde Herrn B bekannt. Daraufhin kam es zu Äußerungen seinerseits gegenüber Frau A. Die Arbeitgeberin geht davon aus, dass Herr B am 27. Januar 2009 Folgendes geäußert hat:

        

„Dr. T soll sich mal schön zurückhalten, denn Dr. T hat schon zehnmal den Schwanz von Prof. R gelutscht.“

4

Die Geschäftsführerin Frau Dr. O erfuhr von den Äußerungen am 3. März 2009. In der Folgezeit erhielten auch Prof. Dr. R und Herr Dr. T Kenntnis davon. Mit E-Mail vom 31. März und 27. April 2009 bedauerte Herr B gegenüber Herrn Prof. Dr. R, Frau Dr. O und Frau A seine Äußerungen und entschuldigte sich. Eine Entschuldigung gegenüber Herrn Dr. T erfolgte nicht.

5

Die Arbeitgeberin betrieb aufgrund der Äußerungen die außerordentliche Kündigung von Herrn B. Nachdem der Betriebsrat der Kündigung nicht zugestimmt hatte, leitete die Arbeitgeberin ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG beim Arbeitsgericht Hamburg ein. Dieses ersetzte nach Beweisaufnahme mit Beschluss vom 2. Dezember 2009 die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds B. Es sah als erwiesen an, dass die Äußerung über Herrn Dr. T gefallen war.

6

Gegen diesen Beschluss legte der Betriebsrat Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren vor dem Landesarbeitsgericht schlossen die Beteiligten und Herr B am 30. September 2010 einen Vergleich. Danach sollte Herr B sein Betriebsratsamt bis zum 31. Dezember 2010 zum Zwecke der Amtsübergabe weiterführen. Mit Ablauf dieses Tages sollte er aus dem Betriebsrat ausscheiden. Gleichzeitig war vereinbart, dass Herr B nach diesem Zeitpunkt unwiderruflich freigestellt werden und sein Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin mit Ablauf des 30. April 2011 enden sollte.

7

Während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens arbeitete Herr B weiter bei der Arbeitgeberin und leistete auch Überstunden. Zudem war er in Einigungsstellen tätig, so ua. in einer Einigungsstelle zum System S, einer Krankenhausinformationssoftware, die zB der Führung einer elektronischen Patientenakte dient. Die Einigungsstelle, die sich mit dem endgültigen Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu diesem System befasste, konstituierte sich am 4. Mai 2010.

8

Am 14. Oktober 2010, also nach Abschluss des Vergleichs im Zustimmungsersetzungsverfahren, bestätigte der Betriebsrat, dass Herr B weiter Beisitzer der noch laufenden Einigungsstelle zum System S bleiben sollte. Zudem begehrte er die Bildung einer Einigungsstelle „Dienstkleidung“ und benannte auch insoweit Herrn B als Beisitzer. Diese Einigungsstelle hat ihre Arbeit zwischenzeitlich abgeschlossen. Mit weiterem Beschluss vom 11. November 2010 begehrte der Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Gefährdungsanalyse bei Anwendung des Systems S und benannte auch für diese Einigungsstelle Herrn B als Beisitzer. Die Teilnahme von Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen wurde von der Arbeitgeberin erstmals am 8. oder 9. Dezember 2010 problematisiert.

9

Herr B weigerte sich zunächst, zum 31. Dezember 2010 sein Mandat niederzulegen. Er vertrat die Auffassung, die im Vergleich getroffene Regelung über die Mandatsniederlegung zum Jahresende 2010 sei eine bloße Absichtserklärung. Seine Schlüssel und den Mitarbeiterausweis gab er am 30. Dezember 2010 ua. mit der Begründung nicht heraus, er sei Beisitzer in mehreren Einigungsstellen. Am 4. Januar 2011 übergab Herr B die Schlüssel zum Betriebsratsbüro der Geschäftsleitung und hielt sich anschließend ebenso wie am 5. Januar 2011 im Betriebsratsbüro auf. Am 6. Januar 2011 nahm er an einem arbeitsgerichtlichen Termin zum Thema „Auswahlrichtlinien“ teil. Nachdem die Beklagte am 5. Januar 2011 ein Zwangsvollstreckungsverfahren aus dem vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleich einleitete und am 7. Januar 2011 ein Schreiben zu einer Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung von Herrn B dem Betriebsrat überreichte, legte Herr B sein Betriebsratsamt nieder.

10

Der Betriebsrat kündigte mit Schreiben vom 21. Dezember 2010, 4. Januar 2011, 7. Januar 2011 und 10. Januar 2011 der Arbeitgeberin weitere Einigungsstellenverfahren an. Die Versuche der Arbeitgeberin, durch einen Antrag in den bereits bestehenden Einigungsstellen das Verfahren auszusetzen, bis gerichtlich über die Beteiligung von Herrn B als Beisitzer entschieden ist, lehnten die Einigungsstellenvorsitzenden im März 2011 ab. Unter dem 18. März 2011 bekräftigte der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin, er wolle aus in dem Schreiben im Einzelnen genannten „sachlichen“ Gründen an der Beschlussfassung festhalten, Herrn B als Beisitzer zu benennen.

11

Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, der Betriebsrat sei nicht berechtigt, Herrn B als Beisitzer für Einigungsstellen zu benennen. Sie hat behauptet, sie habe mit dem im Vergleich vereinbarten Ende der Betriebsratstätigkeit von Herrn B erst mit Ende des Jahres 2010 dem Betriebsrat die Möglichkeit geben wollen, dass Herr B einen Funktionsnachfolger einarbeite. Die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats habe nach Abschluss des Vergleichs der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin im Hinblick auf diesen Vergleich eine deutliche Verschlechterung des Betriebsklimas prophezeit. Der Betriebsrat habe ausweislich eines Protokolls einer Klausurtagung vom 20. bis 21. Dezember 2010 Herrn B noch für Betriebsratsarbeit vorgesehen. Herr B sei am 26. Mai 2011 im Betriebsratsbüro anwesend gewesen und habe während eines Telefonats zwischen der Assistentin der Geschäftsführung und einem Mitglied des Betriebsrats im Hintergrund geäußert: „Was sollen sie machen? Noch mal kündigen geht nicht.“ Der Betriebsrat habe offensichtlich einen Plan gefasst, den Inhalt des Vergleichs zu umgehen und durch eine Steigerung der Zahl von Anrufungen der Einigungsstelle Herrn B weiterhin Einnahmen zu verschaffen. Dies müsse sie - die Arbeitgeberin - nicht hinnehmen. Im Hinblick auf die Äußerungen, die Herr B über Herrn Dr. T bezogen auf Prof. Dr. R getan habe, sei es ihr unzumutbar, mit Herrn B in einer Einigungsstelle zusammenzuarbeiten. Der Betriebsrat sei nicht berechtigt, Einigungsstellenbeisitzer zu benennen, die dem Arbeitgeber unzumutbar seien. Die Arbeitgeberin habe deshalb einen Anspruch auf eine entsprechende Unterlassung des Betriebsrats. Jedenfalls könne sie die Feststellung der Unzulässigkeit eines derartigen Vorgehens erwirken.

12

Die Arbeitgeberin hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - zuletzt beantragt

        

1.    

dem Betriebsrat aufzugeben, es zu unterlassen, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb der Arbeitgeberin zu benennen,

        

2.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb der Arbeitgeberin zu bestellen,

        

hilfsweise

        

3.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen im Betrieb der Arbeitgeberin zu bestellen, solange Herr Prof. Dr. R und/oder Frau Dr. O im Betrieb der Arbeitgeberin tätig sind,

        

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung dieser Anträge

        

4.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B weiterhin als Beisitzer der Einigungsstelle „S“ (Einigungsstelle wegen der Regelung der Einführung, des Betriebs, der Weiterentwicklung und der Sicherung der Betriebsbereitschaft des klinischen Arbeitsplatzsystems S) zu bestellen,

        

5.    

festzustellen, dass der Betriebsrat nicht berechtigt ist, Herrn B als Beisitzer der Einigungsstelle „Gefährdungsanalyse“ (Einigungsstelle wegen der Regelung der Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung und der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen an Arbeitsplätzen, die von der Einführung von S betroffen sind) zu bestellen.

13

Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

14

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, es gebe keine Rechtsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch der Arbeitgeberin gegen Handlungen des Betriebsrats. Er sei auch nicht verpflichtet, die Benennung von Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen zu unterlassen. Das sei auch nicht Gegenstand des Vergleichs vom 30. September 2010 gewesen.

15

Das Arbeitsgericht hat entsprechend den hilfsweise gestellten Anträgen zu 4. und 5. erkannt. Im Übrigen hat es die Anträge der Arbeitgeberin abgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und auf die Beschwerde des Betriebsrats die Anträge insgesamt abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihre Anträge weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

16

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter teilweiser Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses die Anträge insgesamt abgewiesen. Der Hauptantrag zu 1. ist schon deshalb unbegründet, weil Arbeitgebern keine gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsansprüche gegen den Betriebsrat zustehen. Mit dem weiteren als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag dringt die Arbeitgeberin nicht durch, da der Betriebsrat nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen, Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen zu benennen. Eine derartige Verpflichtung besteht auch nicht hinsichtlich der in den hilfsweise gestellten Anträgen zu 4. und 5. genannten Einigungsstellen.

17

I. Der Hauptantrag zu 1. ist schon deshalb unbegründet, weil Arbeitgeber gegen den Betriebsrat keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung von betriebsverfassungswidrigem Verhalten haben.

18

1. Der Senat hat dies im Beschluss vom 17. März 2010 (- 7 ABR 95/08 - Rn. 24 ff., BAGE 133, 342) zum in § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG normierten Verbot parteipolitischer Betätigung im Betrieb entschieden. Er hat dabei zum einen auf das Grundkonzept von § 23 BetrVG abgestellt. Diese gesetzliche Regelung sieht in ihrem Absatz 3 bei groben Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber vor, nicht jedoch einen solchen des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat. Dafür weist sie dem Arbeitgeber nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Befugnis zu, unter den genannten Voraussetzungen die Auflösung des Betriebsrats zu beantragen. Der Senat hat aus dieser gesetzlichen Konzeption geschlossen, ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers könne auch nicht aus anderen betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen hergeleitet werden. Zudem hat er angenommen, wegen der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats sei ein Unterlassungstitel ohnehin nicht vollstreckbar. Es reiche für den Rechtsschutz des Arbeitgebers aus, wenn diesem die Möglichkeit offenstehe, entsprechende Feststellungsanträge zu verfolgen.

19

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich im Beschluss vom 15. Oktober 2013 (- 1 ABR 31/12 - Rn. 26) diesen Argumenten auch für die Regelung in § 74 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG angeschlossen, wonach Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unzulässig sind.

20

2. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Konzeption gilt auch für andere in Betracht kommende betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften und greift auch ein, wenn sich Verpflichtungen des Betriebsrats aus Abreden zwischen ihm und dem Arbeitgeber ergeben. Die von der Arbeitgeberin dagegen angebrachten Argumente überzeugen nicht.

21

a) Ohne Erfolg weist die Arbeitgeberin darauf hin, § 85 Abs. 2 ArbGG sehe die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes auch für den Arbeitgeber vor. Daraus folgt nicht notwendig, dass dem Arbeitgeber auch gerichtlich durchsetzbare Unterlassungsansprüche zur Seite stehen müssen. Wegen des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebots effektiven Rechtsschutzes kann der Arbeitgeber allerdings im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren unter den Voraussetzungen von § 940 ZPO eine Feststellungsverfügung zur vorläufigen Regelung eines Sachverhalts erwirken, wenn Verstöße des Betriebsrats gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen in Rede stehen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit allgemein eine derartige Feststellungsverfügung zulässig ist (verneinend zB LAG München 1. Dezember 2004 - 5 Sa 913/04 -; einschränkend auch zB OLG Frankfurt 15. November 1996 - 24 W 37/96 -). Feststellungsverfahren des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat haben, entsprechend der Grundkonzeption von § 23 BetrVG, den Zweck, als Vorstufe einer möglichen Amtsenthebung des Betriebsrats zwischen den Betriebsparteien die Rechtslage zu klären. Der Arbeitgeber kann auf diese Weise ein dieser Rechtslage entsprechendes Verhalten des Betriebsrats herbeiführen. Soweit es gesetzliche Gründe dafür gibt, dass die Rechtslage zugunsten des Arbeitgebers nicht erst im Hauptsacheverfahren, sondern vorher geklärt wird, besteht gerade im Hinblick auf die Gründe, die einen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat ausschließen, die Notwendigkeit und Möglichkeit auch von Feststellungsverfügungen. Die Besonderheit einer Feststellungsverfügung korrespondiert damit mit der Unmöglichkeit für den Arbeitgeber, ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Betriebsrats im Wege einer Unterlassungsverfügung zu unterbinden.

22

b) Zu Unrecht beruft sich die Arbeitgeberin auch darauf, Titel gegen den Betriebsrat könnten im Wege der Zwangsvollstreckung gegen seine Mitglieder durchgesetzt werden. Der Betriebsrat ist als Organ der Betriebsverfassung im Rahmen seines betriebsverfassungsrechtlichen Wirkungskreises rechtsfähig (vgl. BGH 25. Oktober 2012 - III ZR 266/11 - BGHZ 195, 174 mit umfassenden Nachweisen) und damit rechtlich von seinen Einzelmitgliedern zu unterscheiden. Dementsprechend kann er auch Beteiligter im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren sein (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Die gegen ihn ergehenden gerichtlichen Entscheidungen richten sich nicht gegen seine Mitglieder. Diese sind - anders als etwa Organmitglieder juristischer Personen - auch nicht in der Lage, die Handlungen des Betriebsrats so zu steuern, dass sie zwangsvollstreckungsrechtlich für die Erfüllung von titulierten Verpflichtungen gegen den Betriebsrat in Anspruch genommen werden könnten.

23

3. Damit steht der Arbeitgeberin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch von vornherein nicht zu, auch nicht, soweit sie sich mit ihrem Anspruch darauf beruft, der Betriebsrat verstoße zumindest gegen den Geist des vor dem Landesarbeitsgericht im Zustimmungsersetzungsverfahren geschlossenen Vergleichs.

24

II. Die Arbeitgeberin dringt auch mit ihrem als Hauptantrag zu 2. gestellten Feststellungsantrag nicht durch. Dieser ist zwar zulässig, aber unbegründet.

25

1. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen keine Bedenken. Insbesondere sind die Voraussetzungen des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt. Der Antrag bezieht sich auf die Feststellung eines vom Betriebsrat bestrittenen Rechtsverhältnisses, nämlich der Verpflichtung zur Unterlassung der Benennung von Herrn B als Beisitzer in Einigungsstellen. Das Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung ergibt sich daraus, dass der Betriebsrat seine Verpflichtung weiter leugnet.

26

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat ist nicht verpflichtet, es zu unterlassen, Herrn B als Beisitzer für Einigungsstellen bei der Arbeitgeberin zu benennen.

27

a) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist der Feststellungsantrag nicht etwa deshalb bereits unbegründet, weil er auf die Feststellung zur Verpflichtung einer Unterlassung gerichtet ist. Der Umstand, dass der Arbeitgeber ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Betriebsrats nicht im Wege eines Unterlassungsantrags gerichtlich unterbinden kann, bedeutet nicht, dass dem Betriebsrat ein solches Verhalten erlaubt wäre. Die Unmöglichkeit des Unterlassungsantrags gebietet, wie ausgeführt, gerade die Möglichkeit eines entsprechenden Feststellungsantrags.

28

b) Es fehlt jedoch an einer Rechtsgrundlage für die von der Arbeitgeberin geltend gemachte Pflicht des Betriebsrats, Herrn B nicht mehr als Beisitzer für Einigungsstellen zu benennen.

29

aa) Eine derartige Pflicht folgt zunächst nicht aus dem zwischen den Beteiligten im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG am 30. September 2010 geschlossenen Vergleich. Das Beschwerdegericht hat diesen Vergleich nicht ausgelegt. Obwohl es sich um eine nichttypische Vereinbarung handelt (zu diesem Rechtscharakter auch bei gerichtlichem Vergleich: BAG 24. August 2006 - 8 AZR 574/05 - Rn. 17), kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht den Vergleich auslegen, da es weiterer Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht nicht bedarf (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - Rn. 33, BAGE 116, 254 für die vergleichbare Situation im Revisionsverfahren). Auch auf der Basis des Vortrags der Arbeitgeberin, die Tätigkeit von Herrn B in der Einigungsstelle sei bei Vergleichsschluss angesprochen worden, ergibt sich nicht, dass diese weitere Tätigkeit mit dem Ausscheiden von Herrn B aus dem Betriebsrat beendet sein sollte. Die Einigungsstelle ist ein besonders zu bildendes Organ der Betriebsverfassung. Die Benennung und Tätigkeit als Beisitzer einer Einigungsstelle hängt von der Mitgliedschaft im Betriebsrat nicht ab. Gerade wenn über die Tätigkeit von Herrn B in der Einigungsstelle gesprochen, jedoch keine Regelung über eine Tätigkeit in Einigungsstellen getroffen wurde, spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien eine derartige Regelung auch nicht treffen wollten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Betriebsrat sich so weitgehend rechtlich überhaupt hätte binden können.

30

bb) Ein Anspruch folgt auch nicht etwa aus einer entsprechenden Anwendung der Regelungen der ZPO über die Befangenheit von Schiedsrichtern (§§ 1036 f. ZPO).

31

Diese Regeln gelten entsprechend für den Vorsitzenden einer Einigungsstelle (vgl. BAG 11. September 2001 - 1 ABR 5/01 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 99, 42; vgl. auch BAG 17. November 2010 - 7 ABR 100/09 - Rn. 16 ff., BAGE 136, 207). Das ist jedoch auf die Beisitzer einer Einigungsstelle nicht zu übertragen. Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kommt hier nicht in Betracht (vgl. Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 76 Rn. 49 mit umfassenden Nachweisen). Das Erfordernis der Unparteilichkeit des Vorsitzenden einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erstreckt sich nicht auf die Beisitzer. Das Gesetz sieht die Bestellung von Beisitzern durch die Betriebsparteien vor. Nur hinsichtlich der Person des Vorsitzenden und der Zahl der Beisitzer, nicht dagegen hinsichtlich deren Person entscheidet gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrVG, § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG das Arbeitsgericht, soweit sich die Betriebsparteien nicht einigen können.

32

Die Betriebsparteien dürfen sich dabei für Personen entscheiden, denen sie dahingehend vertrauen, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Dies und das Vertrauen, durch das Erarbeiten von Kompromissen eine für beide Betriebsparteien annehmbare Konfliktlösung zu erreichen, ist der Maßstab, an dem sich die Betriebsparteien bei ihrer Benennungsentscheidung auszurichten haben. Ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt ist, entzieht sich dabei jedoch der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 c der Gründe). Es steht den Betriebsparteien dabei auch frei, externe Beisitzer zu benennen (vgl. BAG 31. Juli 1986 - 6 ABR 79/83 -). Ihre Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt (BAG 14. Januar 1983 - 6 ABR 67/79 - zu II 2 der Gründe).

33

Entgegen der Ansicht des Betriebsrats kann er deshalb im vorliegenden Fall auch nicht seinerseits etwas aus den in § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO geregelten Fristen herleiten.

34

cc) Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin folgt eine Verpflichtung des Betriebsrats, Herrn B nicht mehr als Einigungsstellenbeisitzer zu benennen, auch nicht aus § 2 Abs. 1 BetrVG.

35

(1) Die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat werden durch die Rechte und Pflichten bestimmt, die dem Betriebsverfassungsrecht zugrunde liegen, sowie durch die wechselseitigen Rücksichtspflichten, die sich aus § 2 Abs. 1 BetrVG ergeben. Aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit folgt deshalb, dass sich aus der Wertung der im Gesetz vorgesehenen Rechte auch Nebenpflichten ergeben können (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 23, BAGE 134, 249). Der Grundsatz ist Maßstab dafür, wie die Betriebsparteien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und auszuüben haben. Sie müssen dabei auch auf die Interessen anderer Betriebsparteien Rücksicht nehmen (vgl. BAG 14. März 1989 - 1 ABR 80/87 - zu B II 3 b cc der Gründe, BAGE 61, 189). Jedoch kann aus § 2 Abs. 1 BetrVG nicht unabhängig vom Bestehen konkreter betriebsverfassungsrechtlicher Rechtsvorschriften das Entstehen von Rechten und Pflichten des Arbeitgebers oder des Betriebsrats hergeleitet werden. Die Bestimmung betrifft lediglich die Art der Ausübung bestehender Rechte (BAG 23. August 1984 - 6 AZR 520/82 - zu I 4 der Gründe, BAGE 46, 282). Es geht letztlich um die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auch in der Betriebsverfassung (vgl. BAG 14. Januar 1993 - 2 AZR 387/92 - zu C II 4 c der Gründe).

36

(2) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist es den Betriebsparteien verwehrt, Personen als Beisitzer von Einigungsstellen zu benennen, die von ihrer Person her offensichtlich ungeeignet sind, entsprechend der Funktion der Einigungsstelle tätig zu werden. Das gilt dann, wenn sie hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Erfahrungen offensichtlich ungeeignet sind, über die der Einigungsstelle zugrunde liegende Regelungsmaterie zu entscheiden (für diese Fallgestaltung: BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - zu B 3 d der Gründe). Es gilt aber auch, wenn der benannten Person die mangelnde Eignung in sonstiger Weise anhaftet und sich daraus ergibt, dass sie in der Einigungsstelle ihre Funktion nicht ordnungsgemäß ausüben kann. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen; insbesondere geht es nicht darum, einzelne Verhaltensweisen der Person in der Vergangenheit zu sanktionieren. Maßstab ist auch nicht, ob Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder den Ausschluss aus dem Betriebsrat vorliegen. Eine Person scheidet als Beisitzer der Einigungsstelle vielmehr nur aus, wenn unter ihrer Mitwirkung eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Einigungsstelle nicht zu erwarten ist.

37

(3) Danach kann die Arbeitgeberin wegen der Äußerung des Herrn B über Dr. T vom Betriebsrat nicht verlangen, dass er Herrn B nicht als Einigungsstellenbeisitzer benennt. Der in Rede stehende Vorfall, so wie er von der Arbeitgeberin zugrunde gelegt wird, stellt zwar eine grobe und schwerwiegende Entgleisung von Herrn B dar. Trotzdem lässt diese einmalige Entgleisung nicht den Schluss auf eine offensichtlich mangelnde persönliche Eignung zur Wahrnehmung des Amtes des Einigungsstellenbeisitzers zu. Das gilt umso mehr, als Herr B während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens an Einigungsstellensitzungen teilgenommen hat und die Arbeitgeberin keine Vorkommnisse vorgetragen hat, die auf einen grundsätzlichen Mangel an persönlicher Eignung schließen lassen.

38

(4) Auch unter sonstigen Gesichtspunkten verstößt der Betriebsrat durch die Benennung von Herrn B als Einigungsstellenbeisitzer nicht gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit.

39

Zugunsten der Arbeitgeberin kann nichts aus der Vielzahl von Einigungsstellen, deren Bildung der Betriebsrat ins Auge gefasst hat, geschlossen werden. Es steht jeder Betriebspartei zu, eine Entscheidung darüber zu treffen, auf welchem im Gesetz vorgesehenen Wege sie eine Regelung im Rahmen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes herbeiführt. Dies unterliegt nicht gerichtlicher Kontrolle.

40

Auch aus dem Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im Zustimmungsersetzungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Dieser Vergleich kann unter dem Gesichtspunkt der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht in seiner Wirkung über seinen tatsächlichen Inhalt hinaus ausgedehnt werden. Aus dem Inhalt des Vergleichs ergibt sich gerade nicht, dass der Betriebsrat verpflichtet ist, Herrn B nicht mehr als Einigungsstellenbeisitzer zu benennen.

41

dd) Gegenteiliges folgt entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin auch nicht aus § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Die personelle Zusammensetzung einer Einigungsstelle hat mit dem Betriebsfrieden nichts zu tun.

42

III. Aus den unter II. genannten Gründen kann die Arbeitgeberin auch mit ihrem Hilfsantrag zu 3. nicht durchdringen.

43

IV. Ebenso wenig sind die Hilfsanträge zu 4. und 5. begründet. Die Arbeitgeberin hat nicht geltend gemacht, dass es Hinweise auf die offensichtlich mangelnde Eignung von Herrn B gibt, gerade als Beisitzer in den im Antrag genannten Einigungsstellen tätig zu sein. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, das Verhalten des Herrn B in diesen Einigungsstellen habe deren ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung in irgendeiner Weise konkret beeinträchtigt.

        

    Linsenmaier    

        

    Rachor    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Schiller    

        

    Kley    

                 

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

(1) Niemand darf die Wahl des Betriebsrats behindern. Insbesondere darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden.

(2) Niemand darf die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen.

(3) Die Kosten der Wahl trägt der Arbeitgeber. Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Ausübung des Wahlrechts, zur Betätigung im Wahlvorstand oder zur Tätigkeit als Vermittler (§ 18a) erforderlich ist, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts.

(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

(1) Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber.

(2) Die Beisitzer der Einigungsstelle, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung; § 37 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, so gilt Satz 1 für die einem Betrieb des Unternehmens oder eines Konzernunternehmens angehörenden Beisitzer entsprechend.

(3) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in Absatz 2 genannten Personen zählen, haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Grundsätzen des Absatzes 4 Satz 3 bis 5.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung die Vergütung nach Absatz 3 regeln. In der Vergütungsordnung sind Höchstsätze festzusetzen. Dabei sind insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Die Vergütung der Beisitzer ist niedriger zu bemessen als die des Vorsitzenden. Bei der Festsetzung der Höchstsätze ist den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.

(5) Von Absatz 3 und einer Vergütungsordnung nach Absatz 4 kann durch Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, wenn ein Tarifvertrag dies zulässt oder eine tarifliche Regelung nicht besteht, abgewichen werden.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

(1) Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber.

(2) Die Beisitzer der Einigungsstelle, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung; § 37 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, so gilt Satz 1 für die einem Betrieb des Unternehmens oder eines Konzernunternehmens angehörenden Beisitzer entsprechend.

(3) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in Absatz 2 genannten Personen zählen, haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Grundsätzen des Absatzes 4 Satz 3 bis 5.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung die Vergütung nach Absatz 3 regeln. In der Vergütungsordnung sind Höchstsätze festzusetzen. Dabei sind insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Die Vergütung der Beisitzer ist niedriger zu bemessen als die des Vorsitzenden. Bei der Festsetzung der Höchstsätze ist den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.

(5) Von Absatz 3 und einer Vergütungsordnung nach Absatz 4 kann durch Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, wenn ein Tarifvertrag dies zulässt oder eine tarifliche Regelung nicht besteht, abgewichen werden.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber.

(2) Die Beisitzer der Einigungsstelle, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung; § 37 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, so gilt Satz 1 für die einem Betrieb des Unternehmens oder eines Konzernunternehmens angehörenden Beisitzer entsprechend.

(3) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in Absatz 2 genannten Personen zählen, haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Grundsätzen des Absatzes 4 Satz 3 bis 5.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung die Vergütung nach Absatz 3 regeln. In der Vergütungsordnung sind Höchstsätze festzusetzen. Dabei sind insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Die Vergütung der Beisitzer ist niedriger zu bemessen als die des Vorsitzenden. Bei der Festsetzung der Höchstsätze ist den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.

(5) Von Absatz 3 und einer Vergütungsordnung nach Absatz 4 kann durch Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, wenn ein Tarifvertrag dies zulässt oder eine tarifliche Regelung nicht besteht, abgewichen werden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. November 2011 - 11 Sa 68/11 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 25. Mai 2011 - 4 Ca 517/10 - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. August 2011 iHv. 34.901,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 34.344,00 Euro seit dem 2. Mai 2010, sowie aus weiteren 557,12 Euro seit dem 16. April 2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 1. September 2011 über die monatlich gezahlte Betriebsrente iHv. 963,54 Euro brutto hinaus monatlich weitere 30,05 Euro brutto zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten I. Instanz haben der Kläger zu 14 % und die Beklagte zu 86 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 6 % und die Beklagte zu 94 % zu tragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 3 % und die Beklagte zu 97 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres seit dem 1. Mai 2007 eine vorgezogene Betriebsrente zu zahlen und ob die Betriebsrente des Klägers zum 1. Mai 2010 gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG an den Kaufkraftverlust anzupassen ist.

2

Der am 1. Mai 1947 geborene Kläger war vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 bei der Beklagten als Mitglied der Geschäftsführung tätig. Er war nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt.

3

Im „Dienstvertrag“ aus März 1994 hatten die Beklagte und der Kläger ua. folgende Vereinbarung getroffen:

        

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Altersversorgung

        

1.    

Herrn B wurde gemäß Dienstvertrag vom 15./25.3.94 eine Alters-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung in entsprechender Anwendung der Versorgungsordnung der VAW AG vom 13.7.1989 zugesagt.

        

2.    

Diese hat folgende Besonderheiten:

                 

a)    

Die Wartezeit entfällt.

                 

b)    

Abweichend von § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung behält Herr B seine Versorgungsanwartschaft auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet und noch keine 10 Jahre bestanden hat.

                 

c)    

Für die Berechnung der Versorgungsbezüge und der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft werden Herrn B 10 Vordienstjahre in der Weise angerechnet, daß jedes volle Jahr der ersten 10 Dienstjahre doppelt zählt.“

4

In der Versorgungsordnung der Vereinigte Aluminium-Werke AG (im Folgenden: Versorgungsordnung VAW AG), einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, vom 13. Juli 1989 heißt es ua.:

        

„Die Gewährung der Versorgungsleistung für Mitarbeiter der VAW aluminium AG ist in der folgenden ‚Versorgungsordnung‘ festgelegt, die zwischen Vorstand und Gesamtbetriebsrat vereinbart wurde.

        

1.        

Versorgungsleistungen und Versorgungsberechtigung            

        

1.1       

Geltungsbereich            

        

Diese Versorgungsordnung gilt für Mitarbeiter der VAW aluminium AG, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen.

        

Außertariflich beschäftigten Mitarbeitern wird auf Grundlage dieser Versorgungsordnung eine Altersversorgungszusage durch Einzelzusage erteilt.

        

…       

        

1.2       

Versorgungsarten            

        

Mitarbeiter und deren Hinterbliebene erhalten folgende Versorgungsleistungen:

        

●       

Ruhestandsrenten

        

●       

Dienstunfähigkeitsrenten

        

●       

Hinterbliebenenrenten

                          
        

2.        

Ruhestandsrente            

        

2.1       

Voraussetzungen            

        

Mitarbeiter, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und in den Ruhestand treten, erhalten eine Ruhestandsrente.

        

Ruhestandsrenten erhalten auch die Mitarbeiter, die nach Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand treten und vorzeitiges Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen oder beziehen würden, wenn sie Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung wären und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt hätten.

        

Ein Anspruch auf Ruhestandsrente entsteht erst nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren (Wartezeit).

        

2.2       

Höhe         

        

2.2.1           

Grundrente            

        

Die Ruhestandsrente beträgt für jedes Dienstjahr 0,3 Prozent des pensionsfähigen Diensteinkommens.

        

2.2.2           

Zusatzrente            

        

Für den Teil des pensionsfähigen Diensteinkommens, der über die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung hinausgeht, wird für jedes Dienstjahr - höchstens jedoch für 25 Dienstjahre - eine Zusatzrente von 1,5 Prozent gewährt.

                 
        

Maßgebend ist die entsprechend dem Diensteinkommen gemittelte Beitragsbemessungsgrenze.

        

2.2.3           

Versicherungsmathematischer Abschlag            

        

Die Ruhestandsrente wird bei Bezug vor Vollendung des 65. Lebensjahres für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme um 0,5 Prozent gekürzt, höchstens jedoch um 12 Prozent.

        

...     

        

6.        

Unverfallbare Anwartschaften            

        

Die Gewährung von Versorgungsleistungen in Fällen, in denen Mitarbeiter vor Eintritt des Versorgungsfalles mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus den Diensten der Gesellschaft ausgeschieden sind, richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.“

5

Am 24. November 1999 schlossen die VAW aluminium AG und der Gesamtbetriebsrat die folgende Vereinbarung:

        

Ergänzungsvereinbarung

        

Zwischen der VAW aluminium AG - vertreten durch den Vorstand - und dem Gesamtbetriebsrat - vertreten durch den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden - wird in Ergänzung der Gesamtbetriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung vom 4. Mai 1988/10. Dezember 1991 sowie in Abänderung der Versorgungsordnung der Vereinigte Aluminium-Werke AG Berlin/Bonn vom 13. Juli 1989 nachfolgende Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen.

        

1. Anpassung der gezahlten Rente            

        

Ab Rentenbeginn wird gemäß § 16 BetrAVG alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Renten geprüft und unter Berücksichtigung der Belange des Versorgungsempfängers und der wirtschaftlichen Lage der Firma nach billigem Ermessen entschieden.

        

Ab 1. Januar 2000 werden die Renten, unabhängig davon, ob eine Erhöhung nach § 16 BetrAVG durchzuführen ist, mindestens um 1 % pro Jahr erhöht, das sind im Dreijahres-Überprüfungszeitraum 3,03 %.

        

…“    

6

Die fiktive, auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechnete Versorgungsleistung des Klägers beträgt 6.929,64 DM; die während des Dienstverhältnisses erworbene unverfallbare Anwartschaft beläuft sich auf 30,56 % hiervon, dh. auf 1.082,92 Euro.

7

Der Kläger bezieht seit dem 1. Mai 2010 von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine gesetzliche Altersrente für langjährig Versicherte iHv. 747,23 Euro und von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente iHv. 954,00 Euro. Diesen Betrag errechnete die Beklagte, indem sie die Anwartschaft des Klägers iHv. 1.082,92 Euro wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente um den nach der Versorgungsordnung VAW AG höchstmöglichen versicherungsmathematischen Abschlag von 12 % kürzte. Ab Januar 2011 hob sie die monatliche Betriebsrente des Klägers um 1 % auf 963,54 Euro an.

8

Mit Schreiben vom 31. März 2010 hatte der Kläger die Beklagte unter Berufung auf § 30a BetrAVG mit Fristsetzung zum Ende des Monats April 2010 aufgefordert, an ihn bereits ab dem 1. Mai 2007 eine Betriebsrente zu zahlen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm nach § 30a BetrAVG auch für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2010 die Zahlung einer Betriebsrente. § 30a BetrAVG finde gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG auch auf ihn als Fremdgeschäftsführer einer GmbH Anwendung. Es sei unbeachtlich, dass § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG die Vorschrift des § 30a BetrAVG nicht ausdrücklich in Bezug nehme. Seine Betriebsrente sei demzufolge zum 1. Mai 2010 gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG an den Kaufkraftverlust anzupassen. Der Kaufkraftverlust in der Zeit vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag betrage 4,91 %.

10

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2010 iHv. insgesamt 36.558,02 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 35.338,10 Euro seit dem 1. April 2010, aus weiteren 1.009,66 Euro seit dem 1. Mai 2010, aus weiteren 105,13 Euro seit dem 1. Juni 2010 sowie aus weiteren 105,13 Euro seit dem 1. Juli 2010 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab Juli 2010 eine monatliche Betriebsrente iHv. 1.059,13 Euro zu zahlen, zahlbar jeweils zum Monatsletzten,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte zum Schadensersatz dem Grunde nach verpflichtet ist, soweit er für die Nachzahlung iHv. 36.558,02 Euro höhere Steuern schuldet als bei der pflichtgemäßen Auszahlung nach der Aufforderung durch ihn und der zusätzlichen laufenden Leistungen iHv. 105,13 Euro ab dem 1. Juli 2010, in beiden Fällen zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne erst seit dem 1. Mai 2010 eine monatliche Betriebsrente beanspruchen. Aus § 30a BetrAVG könne der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Bei dieser Bestimmung handele es sich nicht um eine Anspruchsgrundlage. Zudem finde § 30a BetrAVG auf den Kläger als Organmitglied einer juristischen Person keine Anwendung. Damit komme eine Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG erst zum Anpassungsstichtag 1. Mai 2013 in Betracht.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger die Zahlungsanträge in geringerer Höhe weiterverfolgt; außerdem hat er seine Klage um den Antrag festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Betriebsrente statt nach § 16 Abs. 1 iVm. Abs. 3 BetrAVG nach § 16 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Ziff. 1 BetrAVG anzupassen, erweitert. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, hat der Kläger zuletzt sinngemäß beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. August 2011 iHv. insgesamt 35.017,12 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 33.390,00 Euro seit dem 1. April 2010, aus weiteren 954,00 Euro seit dem 1. Mai 2010, aus jeweils weiteren 46,84 Euro seit dem jeweiligen Ersten eines jeden Monats, beginnend mit dem 1. Juni 2010 und endend mit dem 1. Januar 2011, sowie aus jeweils weiteren 37,30 Euro seit dem jeweiligen Ersten eines jeden Monats, beginnend mit dem 1. Februar 2011 und endend mit dem 1. September 2011, zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 1. September 2011 eine monatliche Betriebsrente iHv. 1.000,84 Euro brutto zu zahlen, fällig jeweils zum Monatsletzten,

        

3.    

hilfsweise für den Fall einer - ganz oder teilweise - stattgebenden Entscheidung des Gerichts über den Klageantrag zu 1. festzustellen, dass die Beklagte zum Schadensersatz dem Grunde nach verpflichtet ist, soweit der Kläger wegen der Nachzahlung rückständiger Betriebsrenten höhere Steuern schuldet als bei der Auszahlung der monatlichen Betriebsrente nach Aufforderung durch ihn jeweils im Fälligkeitszeitpunkt; der Schadensersatzanspruch erstreckt sich auch auf die erforderlichen Steuerberatungskosten zur Ermittlung der Schadenshöhe.

13

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zurückgewiesen und dem Kläger die Kosten der Berufung insgesamt, dh. auch hinsichtlich des von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärten Teils, auferlegt. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Hauptanträge weiter. Seinen Hilfsantrag hat er mit Zustimmung der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers hat überwiegend Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht vollständig abgewiesen. Die Klage ist - soweit sie in der Revision noch anhängig ist - im Wesentlichen begründet. Der Kläger kann von der Beklagten bereits seit dem 1. Mai 2007 eine vorgezogene Altersrente iHv. monatlich 954,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte ist auch verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Mai 2010 an den seit dem 1. Mai 2007 eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen. Allerdings ist der Anpassungsbetrag geringer als vom Kläger gefordert. In diesem Umfang ist die Revision unbegründet, ebenso hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Zinsen.

15

I. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten seit dem 1. Mai 2007 Anspruch auf Zahlung einer vorgezogenen Altersrente iHv. monatlich 954,00 Euro. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, an den Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2010 rückständige Betriebsrente iHv. insgesamt 34.344,00 Euro brutto zu zahlen. Zinsen auf diesen Betrag stehen dem Kläger allerdings erst seit dem 2. Mai 2010 zu.

16

1. Der Anspruch des Klägers auf die vorgezogene Altersrente folgt zwar nicht aus dem Dienstvertrag von März 1994 iVm. der Versorgungsordnung VAW AG. Zwar bestimmt Ziff. 2.1 Abs. 2 der Versorgungsordnung VAW AG, dass Ruhestandsrenten auch Mitarbeiter erhalten, die nach der Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand treten. Dies setzt jedoch voraus, dass der Mitarbeiter zeitgleich vorzeitiges Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Die Deutsche Rentenversicherung Bund zahlt dem Kläger erst seit dem 1. Mai 2010 eine gesetzliche Altersrente für langjährig Versicherte.

17

2. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf den Dienstvertrag von März 1994 iVm. der Versorgungsordnung VAW AG und § 17 Abs. 1 Satz 2, § 6 BetrAVG stützen. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 6 BetrAVG für eine vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente ab dem 1. Mai 2007. Der Anspruch auf eine vorgezogene Betriebsrente nach § 6 BetrAVG setzt - ebenso wie nach Ziff. 2.1 Abs. 2 der Versorgungsordnung VAW AG - voraus, dass der Berechtigte zeitgleich die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt. Dies ist beim Kläger erst seit dem 1. Mai 2010 der Fall.

18

3. Der Anspruch des Klägers folgt jedoch aus dem Dienstvertrag von März 1994 iVm. der Versorgungordnung VAW AG und § 17 Abs. 1 Satz 2, § 30a Abs. 1 BetrAVG.

19

a) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten handelt es sich bei § 30a Abs. 1 BetrAVG um eine Anspruchsgrundlage.

20

aa) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung. Nach § 30a Abs. 1 BetrAVG sind männlichen Arbeitnehmern auf deren Verlangen nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen der Versorgungsregelung für nach dem 17. Mai 1990 zurückgelegte Beschäftigungszeiten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet haben, nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als 10 Jahre Pflichtbeiträge für eine in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch haben, die Wartezeit von 15 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt haben und ihr Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI nicht überschreitet. Mit dieser in § 30a Abs. 1 BetrAVG bestimmten Verpflichtung des Versorgungsschuldners korrespondiert - ebenso wie mit der in § 6 BetrAVG begründeten Verpflichtung - ein entsprechender Anspruch des Berechtigten.

21

bb) Dies findet seine Bestätigung in der Entstehungsgeschichte der Bestimmung.

22

§ 30a BetrAVG wurde durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung(Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999 -) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998, 3025) in das BetrAVG eingefügt. Die Bestimmung, die am 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist, geht zurück auf das sog. „Barber“-Urteil des EuGH vom 17. Mai 1990 (- C-262/88 - Slg. 1990, I-1889), mit dem der EuGH entschieden hat, dass Art. 119 EWG-Vertrag(später: Art. 141 EG, nunmehr: Art. 157 AEUV) jede das Entgelt betreffende Ungleichbehandlung von Männern und Frauen ohne Rücksicht darauf verbietet, woraus sich diese Ungleichbehandlung ergibt. Daher verstößt nach der „Barber“-Entscheidung des EuGH die Festsetzung eines je nach dem Geschlecht unterschiedlichen Rentenalters als Voraussetzung für die Eröffnung eines Rentenanspruchs im Rahmen eines betrieblichen Systems gegen Art. 119 EWG-Vertrag, selbst wenn dieser Unterschied im Rentenalter von Männern und Frauen der insoweit für das nationale gesetzliche System geltenden Regel entspricht.

23

Diese Entscheidung hatte die Änderung der Richtlinie 86/378/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (im Folgenden: RL 86/378/EWG) durch die Richtlinie 96/97/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Änderung der Richtlinie 86/378/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (im Folgenden: RL 96/97/EG) zur Folge. Art. 6 der RL 86/378/EWG wurde dahin gefasst, dass Bestimmungen, die die Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand vorsehen, dem Grundsatz der Gleichbehandlung entgegenstehen. Den Mitgliedstaaten wurde aufgegeben, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie bis zum 1. Juli 1997 nachzukommen. Der deutsche Gesetzgeber verhandelte daraufhin über einen Gesetzesentwurf, der vorsah, nach § 6 BetrAVG, dem die Qualität einer Anspruchsgrundlage zukommt, einen mit dem späteren § 30a BetrAVG im Wesentlichen inhaltsgleichen § 6a mit der Überschrift „Anwendungsregel zu § 6“ in das BetrAVG einzufügen(vgl. BT-Drucks. 13/8011 S. 34). Später wurde die heute gültige Fassung von § 30a BetrAVG beschlossen. In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung heißt es, § 30a (neu) übernehme die bisher in § 6a vorgesehene Regelung, mit der die neue Richtlinie 96/97/EG in nationales Recht umgesetzt werde und präzisiere die bisherige Regelung insbesondere insoweit, als die Voraussetzungen für eine Frauenaltersrente in voller Höhe erfüllt sein müssten; hiermit werde im Ergebnis erreicht, dass ein Anspruch nur bei Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bestehe (vgl. BT-Drucks. 13/8671 S. 121). Der Gesetzgeber wollte daher unzweifelhaft auch mit § 30a Abs. 1 BetrAVG eine Anspruchsgrundlage schaffen.

24

b) § 30a Abs. 1 BetrAVG findet auf den Kläger als ehemaligen sog. Fremdgeschäftsführer der Beklagten Anwendung. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gelten die §§ 1 bis 16 BetrAVG entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind. Dies ist beim Kläger der Fall. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nimmt zwar die Regelung in § 30a BetrAVG nicht ausdrücklich in Bezug. Die Vorschrift wird jedoch von der Verweisung auf § 6 BetrAVG erfasst.

25

aa) Der Kläger gehört zu dem in § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG genannten Personenkreis.

26

(1) § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG trägt dem Umstand Rechnung, dass vielfach auch Mitglieder von Gesellschaftsorganen und Selbständige aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen betriebliche Versorgungszusagen erhalten, auf deren inhaltliche Ausgestaltung sie wie Arbeitnehmer wegen der regelmäßig stärkeren Position ihres Vertragspartners keinen oder nur geringen Einfluss nehmen können. Dieser Personenkreis, der zur Wahrung seines bisherigen Lebensstandards meist in besonderem Maße auf die betriebliche Versorgung angewiesen ist, soll in gleichem Maße durch die Vorschriften der §§ 1 bis 16 BetrAVG geschützt werden wie Arbeitnehmer(vgl. BT-Drucks. 7/1281 S. 30). Allerdings ordnet § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG dem Geltungsbereich des Gesetzes nur Personen zu, die nicht selbst Unternehmer sind, sondern die für ein fremdes Unternehmen tätig werden(vgl. auch BAG 16. April 1997 - 3 AZR 869/95 - zu I 2 b der Gründe; 21. August 1990 - 3 AZR 429/89 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 66, 1). Die Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung müssen den Personen iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG aus Anlass ihrer Tätigkeit „für“ ein Unternehmen und damit für ein fremdes Unternehmen zugesagt sein(vgl. BGH 28. April 1980 - II ZR 254/78 - zu III 5 der Gründe, BGHZ 77, 94).

27

(2) Dies ist beim Kläger der Fall. Zu den Personen, die „für ein Unternehmen“ tätig sind, zählen grundsätzlich auch die Organmitglieder einer juristischen Person. Das sind bei der GmbH die Geschäftsführer (vgl. BGH 29. Mai 2000 - II ZR 380/98 - zu 2 der Gründe). Da der Kläger Fremdgeschäftsführer der Beklagten war, konnte er auf die unternehmerische Willensbildung keinen Einfluss nehmen und ist daher nicht als „Unternehmer“ vom Schutz des BetrAVG ausgeschlossen, sondern vielmehr einem Arbeitnehmer vergleichbar vom Schutzbereich des Gesetzes erfasst (vgl. etwa BAG 21. August 1990 - 3 AZR 429/89 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 66, 1).

28

bb) Die Vorschrift des § 30a BetrAVG wird von der Verweisung in § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG erfasst.

29

(1) Zwar nimmt § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nur die §§ 1 bis 16 BetrAVG in Bezug und ordnet nicht ausdrücklich die Anwendbarkeit von § 30a BetrAVG an. § 30a BetrAVG wird jedoch von der in § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG enthaltenen Verweisung auf § 6 BetrAVG erfasst. Eine entsprechende Klarstellung hat der Gesetzgeber nicht für erforderlich erachtet.

30

(a) Ursprünglich war vorgesehen, die nunmehr in § 30a BetrAVG enthaltene Regelung als „Anwendungsregel zu § 6“ mit einem § 6a in das BetrAVG einzufügen. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es für Männer - anders als für Frauen - nicht die Möglichkeit gab, gesetzliche Altersrente bereits ab dem 60. Lebensjahr zu beziehen und damit nach § 6 BetrAVG auch die Betriebsrente schon ab diesem Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen. Dies stand im Widerspruch zu der RL 96/97/EG. In der Begründung zum Entwurf des Rentenreformgesetzes 1999 heißt es hierzu: „Mit dem neuen § 6a wird der Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie 96/97/EG, in der das in Artikel 119 EG-Vertrag verankerte Gebot des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen konkretisiert wird, in Bezug auf § 6 BetrAVG nachgekommen. ... Mit Einfügung dieser Vorschrift wird keine Rechtsänderung herbeigeführt, da dieser Anspruch bereits jetzt aufgrund höherrangigen Gemeinschaftsrecht durchgesetzt werden könnte“ (vgl. BT-Drucks. 13/8011 S. 71).

31

An der Zielsetzung des Gesetzes, auch Männern die Möglichkeit einzuräumen, bereits ab dem 60. Lebensjahr vorgezogene Betriebsrente in Anspruch zu nehmen, hat sich durch die Einordnung von § 30a in die „Übergangs- und Schlussvorschriften“ des BetrAVG nichts geändert. Diese Einordnung hat ihren Grund allein darin, dass im Zuge der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Rentenreformgesetz 1999 die Bestimmung in § 237a in das SGB VI eingefügt wurde, mit dem die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der besonderen Altersrente für Frauen schrittweise angehoben wurde. Damit stand fest, dass der ursprünglich vorgesehene § 6a BetrAVG nur noch übergangsweise von Bedeutung sein würde. Deshalb wurde der bisherige Regelungsgehalt von § 6a BetrAVG ebenfalls in eine Übergangsvorschrift(§ 30a BetrAVG) aufgenommen (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 13/8671 S. 120).

32

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber eine klarstellende Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG dahin, dass auch § 30a BetrAVG von der Verweisung auf die §§ 1 bis 16 BetrAVG erfasst wird, erkennbar nicht für erforderlich gehalten.

33

(b) Dass § 30a BetrAVG von der in § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG enthaltenen Verweisung auf § 6 BetrAVG erfasst wird und dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Klarstellung insoweit für überflüssig erachtet hat, wird auch durch die in § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG getroffene Regelung bestätigt. Es besteht kein Zweifel, dass § 30a BetrAVG auf Arbeitnehmer iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG Anwendung findet. Dennoch hat es der Gesetzgeber auch nach Schaffung des § 30a BetrAVG dabei belassen, in § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG den Arbeitnehmerbegriff nur im Hinblick auf die §§ 1 bis 16 BetrAVG zu definieren.

34

(2) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen und der Beklagten scheitert die Anwendung von § 30a BetrAVG auf den Kläger auch nicht daran, dass dieser als ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten auf seine Beschäftigungs- und Versorgungsbedingungen möglicherweise größeren Einfluss nehmen konnte als ein Arbeitnehmer und er deshalb uU weniger schutzbedürftig war. Auf die konkrete Schutzbedürftigkeit im Einzelfall stellt § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nicht ab.

35

Zwar ergibt sich aus § 17 Abs. 1 BetrAVG, dass die §§ 1 bis 16 BetrAVG in erster Linie Arbeitnehmern zugutekommen(§ 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG) und erst in zweiter Linie auch sonstige Empfänger vom Schutzbereich des Betriebsrentengesetzes erfasst werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG). Danach soll die Geltung der Schutzvorschriften des BetrAVG erkennbar auf Personen begrenzt bleiben, deren Lage im Fall einer Pensionsvereinbarung mit der eines Arbeitnehmers annähernd vergleichbar ist (vgl. BGH 28. April 1980 - II ZR 254/78 - zu III 2 der Gründe, BGHZ 77, 94). Auch lässt die Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 7/1281 S. 30) erkennen, dass die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG wesentlich auf das Leitbild eines wirtschaftlich abhängigen und deshalb besonders schutzwürdigen Beschäftigten ausgerichtet ist(vgl. BGH 28. April 1980 - II ZR 254/78 - zu III 2 der Gründe, aaO). Der soziale Schutzcharakter des BetrAVG führt aber nicht dazu, dass die Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG vom konkreten Schutzbedürfnis des Versorgungsberechtigten im Einzelfall abhängt(vgl. BGH 28. April 1980 - II ZR 254/78 - zu III 3 der Gründe, aaO). Der Gesetzgeber hat sich bei der Fassung von § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG auf eine generelle Regelung beschränkt, die bestimmte typische Sachverhalte erfasst und damit einen weiten Anwendungsbereich eröffnet. Einschränkende Voraussetzung ist lediglich, dass die von § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG erfassten Personen für ein „fremdes“ Unternehmen und damit nicht selbst als Unternehmer tätig sind. Auf den Grad der Schutzbedürftigkeit im Einzelfall soll es demnach nicht ankommen.

36

c) Der Kläger erfüllt seit dem 1. Mai 2007 die Voraussetzungen von § 30a Abs. 1 BetrAVG.

37

aa) Er wurde am 1. Mai 1947 und damit vor dem 1. Januar 1952 geboren. Er hatte am 1. Mai 2007 zudem das 60. Lebensjahr vollendet.

38

bb) Ausweislich des vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 24. März 2010 hatte er nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als 10 Jahre Pflichtbeiträge geleistet und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt. Hierüber besteht unter den Parteien auch kein Streit.

39

cc) Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzung von § 30a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BetrAVG, wonach männliche Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen beziehen dürfen, das die Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI überschreitet. Das Landesarbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Kläger am 1. Mai 2007 endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war und seitdem bis zur Bewilligung der vorgezogenen gesetzlichen Altersrente keine berücksichtigungsfähigen Einkünfte mehr bezogen hat. Diese Feststellung ist für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO), da die Beklagte diese Feststellung nicht erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen hat.

40

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zwar -  ebenso wie das Arbeitsgericht - festgestellt, dass der Kläger mit dem „1. Juli 2007“ aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist. Das vom Landesarbeitsgericht festgestellte Datum beruht jedoch erkennbar auf einem Versehen. Der Kläger hatte stets geltend gemacht, er erziele bereits seit dem 1. Mai 2007 kein Arbeitseinkommen mehr; er habe auch keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern versorge sich seitdem aus gespartem Kapitalvermögen, er sei aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Für eine Anknüpfung an das Datum „1. Juli 2007“ ergibt sich kein Anhaltspunkt.

41

(2) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger jedenfalls seit dem 1. Mai 2007 kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen mehr erzielt hat, ist für den Senat bindend. Nach § 559 Abs. 2 ZPO ist das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gebunden, soweit nicht eine zulässige und begründete Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhoben wurde. Die Beklagte hat insoweit keine durchgreifende Verfahrensrüge erhoben.

42

(a) Die Beklagte hat in ihrer Revisionserwiderung geltend gemacht, es sei nicht unstreitig, dass der Kläger die weiteren Voraussetzungen des § 30a BetrAVG erfülle. Sie habe sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz bestritten, dass der Kläger insbesondere ab dem 60. Lebensjahr über keinerlei Einkünfte mehr verfügt habe. Den entsprechenden Nachweis sei der Kläger bisher schuldig geblieben.

43

(b) Soweit die Beklagte damit zum Ausdruck bringen will, das Landesarbeitsgericht habe ihr Bestreiten übergangen, hat die Rüge keinen Erfolg, da der Kläger den von der Beklagten vermissten Nachweis erbracht hatte. Der Kläger hatte im Verlaufe des Rechtsstreits die Steuerbescheide für die Jahre 2007, 2008 und 2009 vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass er in diesen Jahren keinerlei Einkommen aus unselbständiger oder selbständiger Arbeit erzielt hatte.

44

dd) Der Kläger hatte am 1. Mai 2007 ferner die Wartezeit und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen der Versorgungsordnung VAW AG erfüllt. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten gehört zu den „sonstigen Leistungsvoraussetzungen der Versorgungsregelung“ nach § 30a Abs. 1 BetrAVG nicht die unter Ziff. 2.1 Abs. 2 der Versorgungsordnung VAW AG bestimmte Voraussetzung des gleichzeitigen Bezuges von vorzeitigem Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck von § 30a BetrAVG. Die Bestimmung dient dazu, es auch Männern zu ermöglichen, ebenso wie Frauen die Betriebsrente schon ab dem 60. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen, obwohl Männer - anders als Frauen - zu diesem Zeitpunkt noch keine gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen können und sie deshalb die Voraussetzungen des § 6 BetrAVG nicht erfüllen. Bei einem anderen Verständnis der Bestimmung verbliebe für § 30a BetrAVG kein Anwendungsbereich.

45

ee) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten setzt der Anspruch nach § 30a Abs. 1 BetrAVG nicht voraus, dass es in dem Unternehmen vergleichbare Mitarbeiterinnen gibt, gegenüber denen eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Entgelts bestehen könnte. Diese Anforderung lässt sich § 30a BetrAVG nicht entnehmen. Sie wäre auch mit den Vorgaben von Art. 141 EG(zuvor: Art. 119 EWG-Vertrag, nunmehr: Art. 157 AEUV) unvereinbar. Gemäß Art. 141 Abs. 1 EG hat jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 141 Abs. 1 EG dahin auszulegen, dass die Anwendbarkeit von Art. 141 Abs. 1 EG auf ein Unternehmen nicht von der Voraussetzung abhängt, dass der betroffene Arbeitnehmer mit einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts verglichen werden kann, der bei demselben Arbeitgeber beschäftigt ist oder war und der für die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit ein höheres Entgelt erhalten hat(EuGH 13. Januar 2004 - C-256/01 - [Allonby], Slg. 2004, I-873).

46

ff) Der Kläger hat die Zahlung der vorgezogenen Betriebsrente ab dem 1. Mai 2007 mit Schreiben vom 31. März 2010 von der Beklagten verlangt.

47

4. Der Kläger kann Zinsen auf die rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2010 iHv. insgesamt 34.344,00 Euro brutto nach § 286 Abs. 1 und Abs. 2, § 288 BGB erst seit dem 2. Mai 2010 beanspruchen. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Zinsforderung ist die Klage unbegründet.

48

Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 31. März 2010, das dieser am selben Tage per Telefax zugegangen ist, unter Berufung auf § 30a BetrAVG sowie unter Fristsetzung zum Ende des Monats April 2010 aufgefordert, an ihn nachträglich für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. März 2010 rückständige Betriebsrente zu zahlen. Zudem hat er für die Zeit ab April 2010 die Zahlung einer laufenden monatlichen Betriebsrente verlangt. Damit befand sich die Beklagte hinsichtlich der Rückstände aufgrund der Mahnung des Klägers ab Ende April 2010 in Verzug. Hinsichtlich der Betriebsrente für April 2010 bedurfte es nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB keiner Mahnung, da nach Ziff. 5.2 der Versorgungsordnung VAW AG die Betriebsrente monatlich nachträglich gezahlt wird und der Kläger am 31. März 2010 die Zahlung der Betriebsrente ab dem 1. Mai 2007 verlangt hat.

49

II. Die Beklagte ist nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers ab dem 1. Mai 2010 um 4,15 %, dh. um 39,59 Euro, auf 993,59 Euro monatlich anzupassen.

50

1. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat er insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Die Belange des Versorgungsempfängers werden durch den Anpassungsbedarf und die sog. reallohnbezogene Obergrenze bestimmt. Der Anpassungsbedarf richtet sich nach dem seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust. Dieser ist nach dem am Anpassungsstichtag vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Verbraucherpreisindex zu ermitteln.

51

2. Da sich die Beklagte weder auf die reallohnbezogene Obergrenze berufen hat noch darauf, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage zur Anpassung der Betriebsrente des Klägers nicht imstande gewesen zu sein, ist die Beklagte verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Mai 2010 an den seit dem Rentenbeginn am 1. Mai 2007 eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen. Dieser beläuft sich auf 4,15 %.

52

Der am 1. Mai 2010 veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland (Basis 2005) betrug in dem Monat vor Rentenbeginn, mithin im April 2007, 103,6, und in dem Monat vor dem Anpassungsstichtag, mithin im April 2010, 107,9. Hieraus errechnet sich zum Anpassungsstichtag 1. Mai 2010 eine Steigerung von 4,15 % ([107,9 : 103,6 - 1] x 100).

53

Die monatliche Betriebsrente des Klägers war daher um 39,59 Euro auf 993,59 Euro anzupassen. Da die Beklagte dem Kläger in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2010 eine monatliche Betriebsrente iHv. 954,00 Euro gezahlt hat, beläuft sich der Rückstand für diesen Zeitraum auf 316,72 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 hat die Beklagte an den Kläger eine monatliche Betriebsrente iHv. 963,54 Euro erbracht. Für die Zeit ab Januar 2011 beträgt die monatliche Differenz demnach 30,05 Euro. Deshalb kann der Kläger von der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. August 2011 rückständige Betriebsrente iHv. insgesamt 240,40 Euro verlangen. Ab September 2011 steht dem Kläger eine um 30,05 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente zu.

54

3. Zinsen auf die rückständigen Anpassungsforderungen iHv. insgesamt 557,12 Euro kann der Kläger erst ab dem 16. April 2014 beanspruchen. Dem Kläger stehen Zinsen auf die für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis zum 31. August 2011 geltend gemachten monatlichen Erhöhungsbeträge nicht bereits seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats zu, sondern erst ab dem Folgetag des Tages, an dem das Urteil hinsichtlich der Anpassungsverpflichtung rechtskräftig wird. Das ist der 16. April 2014. Für die davor liegenden Zeiträume fehlt es an der für den Zinsanspruch notwendigen Fälligkeit der Forderungen.

55

a) Der Anspruch auf Verzugszinsen entsteht - da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann - frühestens ab der Fälligkeit der Forderung. Die Fälligkeit der Anpassungsforderungen des Klägers tritt nicht vor der Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils ein (vgl. Palandt/Grüneberg 73. Aufl. § 286 Rn. 13). Leistungen, die nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig. Dazu gehören auch die aufgrund einer Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zu gewährenden Leistungen(vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 49, BAGE 142, 116; 28. Juni 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, BAGE 138, 213).

56

b) Es kann offenbleiben, ob Prozesszinsen nach § 291 BGB im Falle der Bestimmung der Leistung durch Gestaltungsurteil überhaupt zugesprochen werden können(dagegen BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 23, BGHZ 167, 139; 4. April 2006 - X ZR 80/05 - Rn. 24). Dem könnte entgegenstehen, dass Prozesszinsen keinen Schuldnerverzug voraussetzen, der Schuldner vielmehr durch § 291 BGB schon deshalb einer Zinspflicht unterworfen wird, weil er es zum Prozess hat kommen lassen und für das damit verbundene Risiko einstehen soll; dieses Risiko kann sich nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht mehr verwirklichen. Jedenfalls könnte auch der Anspruch auf Prozesszinsen frühestens ab der Fälligkeit der Forderung (§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB) entstehen (vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 50, BAGE 142, 116).

57

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1, § 91a Abs. 1 und § 269 Abs. 3 ZPO.

58

Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf den in zweiter Instanz gestellten Antrag des Klägers festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Betriebsrente statt nach § 16 Abs. 1 iVm. Abs. 3 BetrAVG nach § 16 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Ziff. 1 BetrAVG anzupassen, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 24. November 2011 übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, hat das Landesarbeitsgericht dem Kläger im Ergebnis zu Recht nach § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten auferlegt. Der Feststellungsantrag des Klägers war wegen fehlenden Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO)von vornherein unzulässig. Die Versorgungsordnung VAW AG bedingt weder die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG ausdrücklich ab noch ersetzt sie diese, sondern sieht eine zusätzliche Garantieanpassung um 1 % pro Jahr vor. Soweit der Kläger in der Revisionsinstanz seinen Hilfsantrag mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat, hat er nach § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten zu tragen. Im Übrigen ergibt sich die Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    C. Reiter    

        

    Schepers    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Februar 2012 - 4 Sa 1001/11 B - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Gesamtbetrag der von der Beklagten ab dem 1. Juni 2011 an den Kläger zu zahlenden monatlichen Betriebsrente 2.042,79 Euro beträgt. Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 2008.

2

Der Kläger war Arbeitnehmer der Beklagten. Seit dem 1. Juli 2005 zahlt die Beklagte an ihn eine Betriebsrente. Diese belief sich zunächst auf monatlich 1.905,59 Euro brutto. Die Beklagte passte die Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 2008 um 1,57 % auf 1.935,59 Euro brutto an. Dieser Anpassung lag die Entwicklung des durchschnittlichen Nettojahreseinkommens der in einem Großteil der Unternehmen des I-Konzerns in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter - mit Ausnahme der sog. „Executives“ - in den Kalenderjahren 2004 bis 2007 zugrunde.

3

Mit seiner der Beklagten am 16. März 2011 zugestellten Klage hat der Kläger eine Erhöhung seiner Betriebsrente um den seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust von 7,2 % sowie die Nachzahlung des jeweiligen monatlichen Differenzbetrags zur gezahlten Betriebsrente iHv. 107,20 Euro brutto nebst Zinsen begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, einen Anspruch auf Anpassung seiner Ausgangsrente entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland im Zeitraum von Juni 2005 bis Juni 2008 zu haben. Die Anpassungsentscheidung der Beklagten sei bereits deshalb zu beanstanden, weil diese für die Ermittlung der sog. reallohnbezogenen Obergrenze von einem unzutreffenden Prüfungszeitraum ausgegangen sei. Auch bei der Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze sei auf den Zeitraum vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag abzustellen. Die Beklagte habe zudem eine ermessensfehlerhafte Vergleichsgruppenbildung vorgenommen. Daher schulde sie ihm die Zahlung der rückständigen an den Kaufkraftverlust angepassten Betriebsrente sowie von Zinsen auf die jeweiligen Differenzbeträge ab Fälligkeit der monatlichen Betriebsrentenansprüche.

4

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. Mai 2011 (35 Monate) in Höhe von 3.752,00 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 107,20 Euro seit dem 1. August 2008 und aus jeweils weiteren 107,20 Euro seit dem jeweils Ersten der Folgemonate,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab 1. Juni 2011 eine gegenüber dem von der Beklagten angenommenen Zahlbetrag von 1.935,59 Euro um 107,20 Euro höhere monatliche Betriebsrente von monatlich insgesamt 2.042,79 Euro zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, mit der Anhebung der Betriebsrente des Klägers um 1,57 % ab dem 1. Juli 2008 ihrer Anpassungsverpflichtung ausreichend nachgekommen zu sein. Sie sei berechtigt, die Anpassung entsprechend der Entwicklung des durchschnittlichen Nettojahreseinkommens der in einem Großteil der Unternehmen des I-Konzerns in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme der sog. „Executives“ in den Kalenderjahren 2004 bis 2007 vorzunehmen. Es sei auf die Nettolohnentwicklung der Arbeitnehmer in denjenigen Konzernunternehmen abgestellt worden, in denen die für den Kläger maßgebliche Versorgungsordnung gelte. Selbst wenn man für die Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze auf den Zeitraum vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag abstelle, entspreche eine unter dem vollen Kaufkraftausgleich liegende Anpassung billigem Ermessen. Die Einkommen in den jeweils letzten zwölf Monaten vor dem Rentenbeginn des Klägers und vor dem Anpassungsstichtag seien - bezogen auf die in einem Großteil der Unternehmen des I-Konzerns in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme der sog. „Executives“ - im Durchschnitt nur um 1,53 % und - bezogen auf die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme der sog. „Executives“ - nur um 1,66 % gestiegen. Im Übrigen könne bei der Nettolohnentwicklung auch berücksichtigt werden, dass die Arbeitnehmer durch die Beiträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung Anwartschaften auf Versorgungsleistungen erwerben und dadurch einen Vermögenszuwachs erhielten. Dieser Vermögenswert - das sog. bAV-Lohnäquivalent - sei als Versorgungslohn dem Barlohn hinzuzurechnen. Dementsprechend sei die Nettogesamtvergütung einschließlich des bAV-Lohnäquivalents der in einem Großteil der Konzernunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer in den letzten zwölf Monaten vor dem Rentenbeginn des Klägers und den letzten zwölf Monaten vor dem Anpassungsstichtag durchschnittlich um 3,49 % gestiegen.

6

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen; die Berufung hatte lediglich insoweit Erfolg, als das Arbeitsgericht dem Kläger Zinsen für die Zeit vor der Rechtskraft der Entscheidung zugesprochen hatte; insoweit hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision. Mit seiner Anschlussrevision begehrt er die vollständige Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Anschlussrevision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger ab dem 1. Juli 2008 eine um 107,20 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente schuldet und daher verpflichtet ist, an den Kläger rückständige Betriebsrente iHv. 3.752,00 Euro brutto zu zahlen. Zinsen hat es dem Kläger zu Recht erst ab dem Folgetag des Tages, an dem das Urteil rechtskräftig wird, zugesprochen.

8

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 2.

9

Bei dem Antrag zu 2. handelt es sich um eine Klage auf wiederkehrende Leistungen iSd. § 258 ZPO. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde(vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 10 mwN, BAGE 142, 116).

10

II. Die Klage ist überwiegend begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger ab dem 1. Juli 2008 eine um 107,20 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente zu zahlen. Daher schuldet sie dem Kläger für die Zeit von Juli 2008 bis Mai 2011 rückständige Betriebsrente iHv. 3.752,00 Euro brutto. Zinsen auf die monatlichen Erhöhungsbeträge stehen dem Kläger jedoch erst ab dem Folgetag des Tages zu, an dem das Urteil rechtskräftig wird, mithin erst ab dem 19. März 2014. Hinsichtlich der weitergehenden Zinsen ist die Klage - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - unbegründet.

11

1. Die Beklagte ist nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 2008 anzupassen und an ihn eine um 107,20 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente zu zahlen. Der Anpassungsbedarf des Klägers besteht in dem vom Rentenbeginn am 1. Juli 2005 bis zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2008 eingetretenen Kaufkraftverlust von 7,2 %. Die reallohnbezogene Obergrenze rechtfertigt keine die Teuerungsrate unterschreitende Anpassung. Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass ihre wirtschaftliche Lage der Anpassung entgegensteht.

12

a) Nach § 16 Abs. 1 Halbs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat er insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Die Belange des Versorgungsempfängers bestehen in erster Linie in der Erhaltung des wirtschaftlichen Wertes der ihm zugesagten Versorgungsleistungen. Nach § 16 Abs. 2 BetrAVG gilt die Verpflichtung nach Abs. 1 als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland(Nr. 1) oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens (Nr. 2) im Prüfungszeitraum. Der Prüfungszeitraum ist die Zeit vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag. Dies gilt sowohl für den Anstieg des Kaufkraftverlustes als auch der Nettolöhne. Der Prüfungszeitraum steht nicht zur Disposition des Arbeitgebers.

13

b) Danach entspricht die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 2008 nicht an den Kaufkraftverlust, sondern entsprechend der Entwicklung des durchschnittlichen Nettojahreseinkommens der in einem Großteil der Unternehmen des I-Konzerns in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer - mit Ausnahme der sog. „Executives“ - in den Kalenderjahren 2004 bis 2007 um 1,57 % anzupassen, nicht billigem Ermessen. Die Beklagte kann sich - unabhängig von der Frage, ob sie damit eine sachgerechte Vergleichsgruppenbildung vorgenommen hat - auf eine Begrenzung des dem Kaufkraftverlust entsprechenden Anpassungsbedarfs des Klägers bereits deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie lediglich auf die Nettolohnentwicklung in den Kalenderjahren 2004 bis 2007 abgestellt hat. Damit hat sie entgegen § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG bei der Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze nicht den zutreffenden Prüfungszeitraum vom individuellen Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag zugrunde gelegt.

14

aa) Die Beklagte war nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet, zum 1. Juli 2008 zu prüfen, ob eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zu erfolgen hatte.

15

Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das bedeutet, dass er in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Leistungsbeginn die Anpassungsprüfung vorzunehmen hat. Dies war - ausgehend vom Rentenbeginn des Klägers am 1. Juli 2005 - der 1. Juli 2008.

16

bb) Die Beklagte, deren wirtschaftliche Lage der Anpassung nicht entgegensteht, hat bei ihrer Anpassungsentscheidung die Belange des Klägers als Versorgungsempfänger nicht ausreichend berücksichtigt.

17

(1) Die Belange des Versorgungsempfängers werden durch den Anpassungsbedarf und die sog. reallohnbezogene Obergrenze bestimmt. Ausgangspunkt der Anpassungsentscheidung ist der Anpassungsbedarf des Versorgungsempfängers. Er richtet sich nach dem zwischenzeitlich eingetretenen Kaufkraftverlust. Dies hat der Gesetzgeber in § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG nunmehr ausdrücklich klargestellt. Nach dieser Bestimmung, die durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) mit dem 1. Januar 1999 in § 16 BetrAVG eingefügt und durch das Gesetz zur Änderung von Fristen und Bezeichnungen im Neunten Buch Sozialgesetzbuch und zur Änderung anderer Gesetze mit Wirkung vom 1. Januar 2003 neu gefasst wurde, gilt die Verpflichtung nach Abs. 1 als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland im Prüfungszeitraum. Der so ermittelte Anpassungsbedarf der Versorgungsempfänger wird durch die Nettoverdienstentwicklung bei den aktiven Arbeitnehmern begrenzt. Dies wird durch die in § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG getroffene Regelung bestätigt, wonach die Verpflichtung nach Abs. 1 auch dann als erfüllt gilt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum. Der Billigkeit widerspricht es nicht, wenn der Arbeitgeber die Betriebsrente nur bis zur durchschnittlichen Steigerung der Nettoverdienste der aktiven Arbeitnehmer anpasst. Soweit die Entwicklung der Nettoverdienste der aktiven Arbeitnehmer hinter dem Kaufkraftverlust zurückbleibt, müssen sich auch die Betriebsrentner mit einer entsprechend geringeren Rentenerhöhung begnügen. Damit wird das Versorgungsniveau in demselben Umfang aufrechterhalten wie das Einkommensniveau der Aktiven (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 21 mwN, BAGE 142, 116).

18

(2) Da die reallohnbezogene Obergrenze den auf der Grundlage des zwischenzeitlich eingetretenen Kaufkraftverlustes ermittelten Anpassungsbedarf begrenzt und damit die Belange der Versorgungsempfänger ebenso betrifft wie der Kaufkraftverlust, gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats für beide derselbe Prüfungszeitraum. Dieser reicht vom individuellen Rentenbeginn bis zum jeweiligen Anpassungsstichtag (vgl. ausführlich dazu BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 22 ff. mwN, BAGE 142, 116).

19

(3) Demnach entspricht die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers an die Entwicklung des durchschnittlichen Nettojahreseinkommens der in einem Großteil der Unternehmen des I-Konzerns in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter - mit Ausnahme der sog. „Executives“ - in den Kalenderjahren 2004 bis 2007 anzupassen, nicht billigem Ermessen, da die Beklagte nicht die Nettolohnentwicklung vom Rentenbeginn des Klägers am 1. Juli 2005 bis zum 1. Juli 2008 zugrunde gelegt hat (vgl. bereits BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 44, BAGE 142, 116).

20

c) Die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 2008 um 1,57 % anzuheben, entspricht auch nicht deshalb billigem Ermessen, weil die Nettoeinkommen der von der Beklagten in den Vergleich einbezogenen Mitarbeiter in den jeweils letzten zwölf Monaten vor dem Rentenbeginn des Klägers (1. Juli 2005) und vor dem Anpassungsstichtag (1. Juli 2008) durchschnittlich nur um 1,53 % gestiegen sind.

21

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte zwar nicht gehindert, sich zur Begründung ihrer Anpassungsentscheidung auch auf weitere Berechnungen zur Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze zu stützen; entscheidend ist, dass ihre Leistungsbestimmung - trotz etwaiger, zunächst unterlaufener Fehler bei der Ermittlung einer reallohnbezogenen Obergrenze - im Ergebnis der Billigkeit entspricht (vgl. dazu BAG 30. August 2005 - 3 AZR 395/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 353; 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - zu II 8 der Gründe; 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - zu 2 b der Gründe). Die Anpassungsentscheidung der Beklagten entspricht jedoch auch bei Zugrundelegung der geänderten Berechnung nicht billigem Ermessen, da auch hierbei die Belange des Klägers als Versorgungsempfänger nicht ausreichend berücksichtigt werden.

22

aa) Der Prüfungszeitraum für den die Belange des Versorgungsempfängers bestimmenden Anpassungsbedarf und dessen Begrenzung durch die reallohnbezogene Obergrenze reicht vom individuellen Rentenbeginn bis zum jeweiligen Anpassungsstichtag. Zur Ermittlung des für den Anpassungsbedarf maßgeblichen Kaufkraftverlustes ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland für die dem Rentenbeginn und dem jeweiligen Anpassungsstichtag unmittelbar vorausgehenden Monate abzustellen (vgl. etwa BAG 20. August 2013 - 3 AZR 750/11 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 125/11 - Rn. 29; 27. März 2012 - 3 AZR 218/10 - Rn. 21; 11. Oktober 2011 - 3 AZR 527/09 - Rn. 25, BAGE 139, 252). Nur auf diesem Weg ist der gebotene volle Kaufkraftausgleich sichergestellt (ausführlich dazu BAG 30. August 2005 - 3 AZR 395/04 - zu II 1 c bb der Gründe, BAGE 115, 353). Der nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG erforderliche Gleichlauf der Prüfungszeiträume für den Kaufkraftverlust und die reallohnbezogene Obergrenze gebietet es, entgegen der Ansicht der Beklagten, auch bei der Ermittlung der Nettoeinkommen auf die Verhältnisse in den jeweiligen Monaten vor dem Rentenbeginn und dem Anpassungsprüfungszeitpunkt abzustellen(vgl. BAG 12. Februar 2013 - 3 AZN 2341/12 - Rn. 5; 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - zu II 6 c aa der Gründe). Etwaige jahresbezogene Einmalzahlungen können anteilig berücksichtigt werden. Soweit es sich um variable jahresbezogene Vergütungsbestandteile handelt, deren Höhe zum Zeitpunkt der Anpassungsprüfung noch nicht feststeht, spricht nichts dagegen, die jeweils zuletzt vor Rentenbeginn und Anpassungsprüfungsstichtag erfolgten Zahlungen anteilig mit in die Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze einzubeziehen, da dadurch die Realeinkommen der aktiven Arbeitnehmer vor Rentenbeginn und vor dem jeweiligen Anpassungsstichtag beeinflusst werden. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, bei den monatlich festen Vergütungsbestandteilen eine Jahresvergütung zugrunde zu legen.

23

bb) Danach kann die Beklagte ihre Anpassungsentscheidung auch nicht erfolgreich darauf stützen, dass die Nettoeinkommen der von der Beklagten in den Vergleich einbezogenen Mitarbeiter in den jeweils letzten zwölf Monaten vor dem Rentenbeginn des Klägers (1. Juli 2005) und vor dem Anpassungsstichtag (1. Juli 2008) durchschnittlich nur um 1,53 % gestiegen sind. Die Beklagte hat entgegen den Vorgaben des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG nicht auf die Realeinkommen der Arbeitnehmer im Monat vor dem Rentenbeginn des Klägers und dem Anpassungsprüfungsstichtag, sondern auf die Einkommen in den jeweils zwölf Monaten vor diesen Zeitpunkten abgestellt.

24

d) Die Beklagte ist daher verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers an den in der Zeit vom Rentenbeginn (1. Juli 2005) bis zum Anpassungsstichtag (1. Juli 2008) eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen. Der Kaufkraftverlust in diesem Zeitraum beträgt 7,2 %. Eine Begrenzung des dem Kaufkraftverlust entsprechenden Anpassungsbedarfs des Klägers durch die weiteren von der Beklagten ermittelten reallohnbezogenen Obergrenzen auf 1,66 % oder 3,49 % im Rahmen der nach § 315 Abs. 3 BGB durch Urteil zu treffenden Leistungsbestimmung kommt nicht in Betracht. Eine solche Begrenzung würde die Belange des Klägers als Versorgungsempfänger nicht ausreichend berücksichtigen und damit nicht billigem Ermessen entsprechen. Daher steht dem Kläger der volle Teuerungsausgleich zu. Dementsprechend war die Ausgangsrente des Klägers iHv. 1.905,59 Euro zum 1. Juli 2008 um 137,20 Euro auf 2.042,79 Euro zu erhöhen.

25

aa) Der Kaufkraftverlust in der Zeit vom Rentenbeginn des Klägers (1. Juli 2005) bis zum Anpassungsstichtag (1. Juli 2008) beläuft sich auf 7,2 %.

26

(1) Zur Ermittlung des Kaufkraftverlustes ist auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland Basis: 2005 abzustellen. Da die Anpassung jeweils zu einem bestimmten Stichtag zu prüfen und ggf. vorzunehmen ist, kommt es aus Gründen der Rechtssicherheit auf die aktuelle statistische Grundlage an, die zum maßgeblichen Anpassungszeitpunkt vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht war (BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 45, BAGE 142, 116; 28. Juni 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 28 und 29, BAGE 138, 213). Dies ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland Basis: 2005. Dieser wurde am 29. Februar 2008 veröffentlicht. Für die Ermittlung des Anpassungsbedarfs sind die Indexwerte der Monate maßgeblich, die dem Rentenbeginn und dem aktuellen Anpassungsstichtag unmittelbar vorausgehen.

27

(2) Danach beläuft sich die Teuerungsrate vom Rentenbeginn (1. Juli 2005) bis zum aktuellen Anpassungsstichtag (1. Juli 2008) auf 7,2 %. Der Verbraucherpreisindex für Deutschland Basis: 2005 betrug im Juni 2005 99,8 und im Juni 2008 107. Daraus errechnet sich eine Preissteigerung von 7,2 % [(107 ./. 99,8 - 1) x 100].

28

bb) Der Anpassungsbedarf des Klägers wird nicht durch die weiteren von der Beklagten ermittelten reallohnbezogenen Obergrenzen auf 1,66 % oder 3,49 % begrenzt.

29

(1) Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte bei der Ermittlung der beiden reallohnbezogenen Obergrenzen entgegen den Vorgaben des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG nicht auf das erzielte Einkommen der in den jeweiligen Vergleich einbezogenen Mitarbeiter im Monat vor dem Rentenbeginn des Klägers und dem Anpassungsprüfungszeitpunkt abgestellt hat, sondern auf das in den jeweils letzten zwölf Monaten vor den genannten Zeitpunkten erzielte durchschnittliche Einkommen. Damit ist der gebotene Gleichlauf des Prüfungszeitraums für die Ermittlung des Kaufkraftverlustes und der reallohnbezogenen Obergrenze nicht gewahrt.

30

(2) Darüber hinaus widerspricht die von der Beklagten vorgenommene Ermittlung einer reallohnbezogenen Obergrenze von 3,49 % unter Einbeziehung eines sog. bAV-Lohnäquivalents § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG.

31

(a) Sinn und Zweck der reallohnbezogenen Obergrenze ist es, das Versorgungsniveau der Versorgungsempfänger in demselben Umfang aufrechtzuerhalten wie das Einkommensniveau der Aktiven. Deshalb sind grundsätzlich sämtliche Vergütungsbestandteile der maßgeblichen Beschäftigten zu berücksichtigen. Die reallohnbezogene Obergrenze stellt allerdings nur auf den Teil des Arbeitsverdienstes ab, der den aktiven Beschäftigten nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben üblicherweise verbleibt. Damit geht es um die Aufrechterhaltung eines bestimmten Lebensstandards. Dieser hängt vom verfügbaren Einkommen ab (BAG 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - zu II 6 a der Gründe; 10. September 2002 - 3 AZR 593/01 - zu III 2 a cc (1) der Gründe; 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - zu 2 d bb der Gründe). Betriebsrentenanwartschaften, die auf einer vom Arbeitgeber finanzierten betrieblichen Altersversorgung beruhen und deren Wertentwicklung die Beklagte mit dem sog. bAV-Lohnäquivalent berücksichtigen möchte, gehören indes nicht zu dem verfügbaren Arbeitseinkommen der aktiv Beschäftigten (vgl. bereits BAG 18. September 2012 - 3 AZN 952/12 - Rn. 9). Damit unterscheiden sie sich entgegen der Ansicht der Revision auch von einem vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen; dieser Sachbezug steht dem Arbeitnehmer bereits während seiner aktiven Dienstzeit zur Verfügung. Durch den Erwerb von Betriebsrentenanwartschaften wird das verfügbare Nettoeinkommen der aktiven Beschäftigten auch nicht deshalb erhöht, weil sie Aufwendungen für eine private Altersvorsorge einsparen. Es obliegt der Disposition der aktiven Beschäftigten, wie sie ihr Einkommen verwenden und ob und ggf. in welchem Umfang sie dieses zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge nutzen.

32

(b) Die Beklagte kann das sog. bAV-Lohnäquivalent auch nicht als sonstigen Aspekt im Rahmen der nach § 16 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmenden Ermessensentscheidung berücksichtigen. Die Anpassungsentscheidung widerspricht nicht billigem Ermessen im Sinne des § 16 Abs. 1 BetrAVG, wenn der Arbeitgeber eine die reallohnbezogene Obergrenze überschreitende Anpassung ablehnt. Dies galt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats schon vor der Einfügung von § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung(Rentenreformgesetz 1999-RRG 1999) zum 1. Januar 1999 (vgl. etwa BAG 14. Februar 1989 - 3 AZR 313/87 - zu II 2 der Gründe, BAGE 61, 102; 11. August 1981 - 3 AZR 395/80 - zu III 3 der Gründe, BAGE 36, 39). Der Gesetzgeber hat dies mit der Regelung in § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG nunmehr ausdrücklich anerkannt. Dies schließt es aus, den Wert einer für die Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze unmaßgeblichen Betriebsrentenanwartschaft als sonstigen Aspekt im Rahmen von § 16 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen.

33

2. Die Beklagte schuldet dem Kläger daher für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Mai 2011 rückständige Betriebsrente iHv. 3.752,00 Euro brutto. Zinsen auf den Nachzahlungsbetrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz stehen dem Kläger allerdings erst ab dem Folgetag des Tages, an dem das Urteil rechtskräftig wird, mithin ab dem 19. März 2014 zu. Für die davorliegende Zeit fehlt es jedenfalls an der notwendigen Fälligkeit der Anpassungsforderung. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

34

a) Der Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB entsteht - da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann - frühestens ab der Fälligkeit der Forderung. Die Fälligkeit der Anpassungsforderungen des Klägers tritt nicht vor der Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils ein. Leistungen, die nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig. Dazu gehören auch die aufgrund einer Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zu gewährenden Leistungen(vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 595/12 - Rn. 9; 20. August 2013 - 3 AZR 750/11 - Rn. 57; 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 49, BAGE 142, 116; 28. Juni 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, BAGE 138, 213). Entgegen der Ansicht des Klägers bietet § 315 Abs. 3 BGB keine rechtliche Grundlage dafür, ermessensfehlerhaftes Verhalten des Arbeitgebers mit Hilfe der Zuerkennung von Zinsen bereits ab Fälligkeit der monatlichen Leistungen zu „sanktionieren“. Das Gericht hat bei einer unbilligen Leistungsbestimmung durch den Versorgungsschuldner nach § 315 Abs. 3 BGB vielmehr eine eigene, der Billigkeit entsprechende Sachentscheidung zu treffen(vgl. BAG 3. Dezember 2002 - 9 AZR 457/01 - zu A II 2 a dd (1) der Gründe, BAGE 104, 55; MüKoBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 BGB Rn. 51). Diese bezieht sich nur auf die vom Versorgungsschuldner nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zu treffende Anpassungsentscheidung, nicht jedoch auf eine Verzinsung.

35

b) Ob Prozesszinsen nach § 291 BGB im Fall der Bestimmung der Leistung durch Gestaltungsurteil überhaupt zugesprochen werden können(dagegen BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 23, BGHZ 167, 139; 4. April 2006 - X ZR 80/05 - Rn. 24; vgl. BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 50, BAGE 142, 116), kann offenbleiben. Denn jedenfalls könnte auch der Anspruch auf Prozesszinsen frühestens ab der Fälligkeit der Forderung (§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB) entstehen.

36

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Wischnath    

        

    Brunke    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Oktober 2009 - 5 Sa 535/09 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 24. April 2009 - 5 Ca 652/08 - teilweise abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von Zinsen ab 1. April 2009 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Zahlungsanträge verurteilt wurde. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers.

2

Der Kläger ist 1930 geboren. Er war vom 1. Juli 1960 bis zum 31. Dezember 1995 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der R E AG, tätig. Seit dem 1. Januar 1996 bezieht er eine betriebliche Altersrente. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete zuletzt ein Anstellungsvertrag vom 20. Oktober 1975, der in Ziff. 6 wie folgt lautet:

        

„Sie erhalten eine Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung des R.

        

Als Beginn des Ruhegelddienstalters gilt der 1.7.1960.“

3

Die damit in Bezug genommenen, als Betriebsvereinbarung abgeschlossenen Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft vom 9. Februar 1989 (künftig: Ruhegeldrichtlinien 1989) lauten auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

§ 5 Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens

        

…       

        

(5)     

Die R-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pensionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepaßt, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter liegt. Übersteigt die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung dieser Nettovergütungen.

                 

Sollte die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten gesetzlich von der bruttolohnbezogenen auf die nettolohnbezogene Rentendynamisierung umgestellt werden, tritt im Rahmen der beschriebenen Anpassung an die Stelle der Erhöhung der Nettovergütungen die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten.

        

(6)     

Die Inflationsrate wird nach der Veränderung des durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem Einkommen berechnet. Die Nettovergütung wird auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrages (auf der Basis des Manteltarifvertrages vom 21.07.1977/28.09.1982) unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/0 abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) ermittelt.

        

(7)     

Die Anpassung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt auf der Basis des bisherigen Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes, ohne daß die Erstberechnung des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes nachvollzogen wird.

        

(8)     

Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.

        

(9)     

§ 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen der Betriebsrenten zu berücksichtigen.

        

…“    

        
4

Im Jahr 2006 schlossen nahezu alle konzernverbundenen Unternehmen des R-Konzerns, auch die Beklagte, inhaltsgleich formulierte Betriebsvereinbarungen, mit denen die Anpassungsregelungen für die Betriebsrenten neu gefasst wurden. Für den Kläger maßgeblich ist die zwischen der Beklagten und deren Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Vereinbarung (künftig: BV 2006). Sie lautet ua. wie folgt:

        

„…    

        

Präambel:

        

Die Betriebsparteien stimmen darin überein, dass eine Harmonisierung der Regelwerke zur betrieblichen Altersversorgung des R-Konzerns im Hinblick auf die jeweiligen Ruhegeldanpassungsregelungen unumgänglich geworden ist. Insoweit sollen die Regelungen zur Anpassung der laufenden betrieblichen Altersversorgungsleistungen vereinheitlicht werden.

        

Zu diesem Zweck wird die in § 5 Absätze 5 bis 9 der ‚Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft’ vom 09. Februar 1989 (RL 02/89) vorgesehene Bestimmung zur Anpassung der Betriebsrenten mit nachstehender Betriebsvereinbarung ab dem Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens geändert.

        

…       

        

§ 2     

        

Neufassung des § 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89

        

§ 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89 wird in allen bis zum Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen durch folgende Regelung ersetzt:

        

Das Unternehmen verpflichtet sich, jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1 % anzupassen. Steigen die Verbraucherpreise in einem Jahr um 4,75 % oder mehr oder in drei aufeinander folgenden Jahren um 11,5 % oder mehr, verpflichten sich die Betriebsparteien, über eine einmalige Neuregelung der Anpassung zu verhandeln mit dem Ziel, eine Entwertung der Renten zu verhindern.

        

Im Übrigen bleiben die Regelungen der RL 02/89 unberührt.

        

§ 3     

        

Teilunwirksamkeit

        

Die Unwirksamkeit einzelner Bestandteile berührt die Wirksamkeit der übrigen Regelungen dieser Betriebsvereinbarung nicht.

        

Die Betriebsparteien verpflichten sich, in diesem Fall anstelle der unwirksamen Regelung eine solche zu vereinbaren, die wirksam ist und dem Inhalt der unwirksamen Regelung unter Beachtung des von den Betriebsparteien Gewollten möglichst nahe kommt.

        

§ 4     

        

Inkrafttreten

        

Die vorliegende Betriebsvereinbarung tritt mit Wirkung zum 01.07.2007 in Kraft.

        

…“    

5

Die Beklagte passte das Ruhegeld des Klägers zum 1. Juli 2007 lediglich entsprechend der BV 2006 um 1 % an. Dagegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Klage gewandt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Ruhegeld sei nicht nach der BV 2006 anzupassen. Die in der BV 2006 getroffene Anpassungsregelung verstoße gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG und lasse die gesetzliche Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG nicht entfallen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, seine Betriebsrente zum 1. Januar 2008 um die Teuerungsrate anzupassen. Maßgeblich für die Zeit ab Januar 2003 sei der Verbraucherpreisindex für Deutschland auf der Basis des Jahres 2000 (künftig: VPI 2000), der am Anpassungsstichtag 1. Januar 2008 veröffentlicht war. Diese Berechnungsmethode ergebe - was rechnerisch unstreitig ist - eine Teuerungsrate von 21,09 %. Nach dem im Februar 2008 vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Verbraucherpreisindex mit dem Basisjahr 2005 (künftig: VPI 2005) betrage die Preissteigerung in dem maßgeblichen Zeitraum zwar lediglich 20,69 %. Dieser Verbraucherpreisindex könne der Berechnung jedoch nicht zugrunde gelegt werden, da der VPI 2005 erst nach dem Anpassungsstichtag veröffentlicht worden sei.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

        

1.    

für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2008 1.282,02 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009,

        

2.    

für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. März 2009 1.923,03 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009,

        

3.    

ab dem 1. April 2009 bis auf Weiteres über den Betrag von 3.908,84 Euro brutto hinaus monatlich weitere 213,67 Euro brutto, jeweils am Monatsende,

        

zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Sie hat die Ansicht vertreten, die Betriebsparteien seien zur Änderung der Anpassungsregelung mit Wirkung für den Kläger berechtigt gewesen. Für die Änderung bestünden ausreichende Gründe. Die BV 2006 verstoße nicht gegen die Übergangsregelung des § 30c Abs. 1 BetrAVG. Der Kläger habe deshalb keinen Anspruch auf eine Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG. Diese Anpassungspflicht entfalle vielmehr nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG.

10

Im Übrigen habe der Kläger seiner Berechnung zu Unrecht den VPI 2000 zugrunde gelegt. Maßgeblich für die Anpassung der Betriebsrente zum 1. Januar 2008 sei für die Zeit ab 1. Januar 2003 der VPI 2005 und damit die Preissteigerungsrate von 20,69 %. Zinsen könne der Kläger allenfalls ab Rechtskraft des Urteils verlangen. Da die Anpassung nach billigem Ermessen zu erfolgen habe, sei die Hauptforderung vorher nicht fällig.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage, mit der der Kläger höhere Beträge gefordert hatte, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, soweit sie die zuletzt geltend gemachten Forderungen betrifft, zurückgewiesen und die Klage im Übrigen auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist hinsichtlich eines Teils der zuerkannten Zinsen begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich der Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2008 entsprechend der Teuerungsrate unter Zugrundelegung des VPI 2000 für die Zeit nach dem 1. Januar 2003 stattgegeben hat. Darauf hat der Kläger einen Anspruch nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG, den er auch der Höhe nach richtig berechnet hat. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht jedoch die geltend gemachten Zinsen in vollem Umfang zuerkannt. Zinsen stehen dem Kläger erst ab Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Verfahren zu.

13

I. Die Beklagte ist verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2008 nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG anzupassen. Diese Verpflichtung entfällt nicht nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, weil sich die Beklagte in der BV 2006 verpflichtet hat, die Betriebsrente jährlich um 1 % anzupassen. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG ist nach § 30c Abs. 1 BetrAVG nicht anwendbar, da dem Kläger die Versorgungszusage nicht nach dem 31. Dezember 1998 erteilt wurde.

14

1. Nach § 30c Abs. 1 BetrAVG gilt § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, nach dem die in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG vorgesehene Anpassungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen, nur für laufende Leistungen, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 31. Dezember 1998 erteilt wurden. Maßgebend ist dabei das Datum der Versorgungszusage. Es kommt nicht darauf an, ob die Anpassung um eins vom Hundert nach dem 31. Dezember 1998 vereinbart wurde oder der Versorgungsberechtigte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 30c Abs. 1 BetrAVG am 1. Januar 1999 (Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2998, Art. 8 Nr. 17 und Nr. 21, Art. 33 Abs. 1) bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezog. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift.

15

a) Mit dem Begriff der Zusage in § 30c Abs. 1 BetrAVG ist entsprechend dem allgemeinen betriebsrentenrechtlichen Sprachgebrauch die Versorgungszusage und nicht die Vereinbarung der Anpassung der Betriebsrente um eins vom Hundert pro Jahr gemeint. Auch eine Einschränkung dahingehend, dass es sich um laufende Leistungen handeln muss, die bei Inkrafttreten der Übergangsregelung des § 30c Abs. 1 BetrAVG bereits bezogen wurden, findet sich im Gesetz nicht.

16

aa) § 30c Abs. 1 BetrAVG ist eine Übergangsregelung zu § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG. Diese Regelung legt nicht fest, dass der Arbeitgeber eine Anpassung in Höhe von mindestens eins vom Hundert „zusagt“, sondern dass er sich zu einer solchen Anpassung „verpflichtet“. Es hätte in § 30c Abs. 1 BetrAVG also der Begriff der Verpflichtung verwendet werden müssen, wäre auf die Vereinbarung der Anpassung um eins vom Hundert und nicht auf die Versorgungszusage abzustellen.

17

bb) Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf Leistungen, die bei Inkrafttreten der Übergangsregelung bereits bezogen wurden, folgt nicht daraus, dass § 30c Abs. 1 BetrAVG die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG auf „laufende Leistungen“ beschränkt, die auf nach dem 31. Dezember 1998 erteilten Zusagen beruhen. Der Begriff der laufenden Leistungen findet sich in § 16 BetrAVG. § 30c Abs. 1 BetrAVG nimmt daher den Begriff der laufenden Leistungen, wie er in § 16 BetrAVG gebraucht wird, auf. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der „laufenden Leistungen“ der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Diese Verpflichtung gilt nach Abs. 2 der Vorschrift als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum. Die Verpflichtung entfällt nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, die „laufenden Leistungen“ jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen. Mit „laufenden Leistungen“ sind daher die periodisch fällig werdenden Rentenzahlungen unabhängig von ihrem Beginn gemeint.

18

b) Diese Auslegung entspricht dem Sprachgebrauch der weiteren im BetrAVG enthaltenen Übergangsregelungen, insbesondere derjenigen in § 30g BetrAVG. Dort ist in Abs. 1 Satz 1 von Anwartschaften die Rede, „die auf Zusagen beruhen“, die nach dem dort genannten Stichtag erteilt worden sind. Mit dem Begriff „Zusage“ ist in dieser Bestimmung unzweifelhaft die Versorgungszusage gemeint. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit derselben Redewendung in § 30c Abs. 1 BetrAVG etwas anderes gemeint hat. Soweit es für die Anwendung einer Regelung auf den Zeitpunkt der Zahlung „laufender Leistungen“ ankommen soll, wird dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt. So wird in § 30g Abs. 2 BetrAVG auf „laufende Leistungen“, die vor dem dort genannten Stichtag „erstmals gezahlt worden sind“, abgestellt. Eine derartige Formulierung findet sich in § 30c Abs. 1 BetrAVG nicht.

19

c) Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes stützt dieses Ergebnis.

20

Im Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1999 (BT-Drucks. 13/8011) war der spätere § 30c Abs. 1 BetrAVG noch als § 30b Abs. 1 enthalten(Art. 8 Nr. 21 der Entwurfsfassung). In der Begründung zu dieser Bestimmung heißt es, dass § 16 Abs. 3 Nr. 1, wie er später Gesetz geworden ist, „nur für ab Inkrafttreten erteilte Zusagen gilt“(BT-Drucks. 13/8011 S. 74). Auch die Begründung der Neuregelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 verweist darauf, die Neuregelung solle nur gelten, „wenn der Arbeitgeber bei Neuzusagen eine jährliche Dynamisierung der Betriebsrenten zusagt, die nicht geringer als eins vom Hundert der laufenden Leistungen sein darf“(BT-Drucks. 13/8011 S. 73, ähnlich die allgemeine Begründung S. 52, wonach die Verpflichtung zur Anpassung künftig als erfüllt gelten soll, „wenn der Arbeitgeber sich bei Neuzusagen verpflichtet, die Betriebsrenten jährlich um ein Prozent anzupassen“).

21

d) Schließlich spricht auch eine am Zweck orientierte Auslegung der Übergangsregelung in § 30c Abs. 1 BetrAVG für dieses Ergebnis.

22

Die Übergangsregelung dient fiskalischen Zwecken. Es soll verhindert werden, dass durch die mit der Anpassung um ein Prozent mögliche Bildung steuerlicher Rückstellungen Einnahmeausfälle der öffentlichen Hand entstehen (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto Betriebsrentengesetz 5. Aufl. § 30c Rn. 1). Das wäre aber der Fall, wenn entsprechende Anpassungsvereinbarungen für bereits vor dem 1. Januar 1999 erteilte Versorgungszusagen möglich wären. Aus diesem Grund und wegen verfassungsrechtlicher Bedenken hat es die Bundesregierung später abgelehnt, eine Gesetzesinitiative zur Ausdehnung der „Ein-Prozent-Anpassung“ auf sog. Altfälle, dh. auf vor dem 1. Januar 1999 erteilte Versorgungszusagen, zu ergreifen (BT-Drucks. 16/3273 S. 4).

23

e) Bei einer Auslegung des Begriffs der Zusage in § 30c Abs. 1 BetrAVG dahingehend, dass damit die Vereinbarung der Anpassung um eins vom Hundert gemeint ist, hätte § 30c BetrAVG wohl keinen Anwendungsbereich. Vor der Einführung der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG gab es keinen Anlass, entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Dies konnte daher frühestens seit der Veröffentlichung des Rentenreformgesetzes 1999 im Dezember 1997 in Betracht gezogen werden. Gründe dafür, dass gerade Vereinbarungen, die im Zeitraum von Dezember 1997 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1999 von § 30c Abs. 1 BetrAVG erfasst sein sollten, sind nicht ersichtlich.

24

2. Da § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG für die Betriebsrentenansprüche des Klägers nicht gilt, ist die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2008 zumindest nach der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG anzupassen. Etwas anderes kann sich nicht aus den Ruhegeldrichtlinien 1989 oder der BV 2006 ergeben, da auch durch Betriebsvereinbarung nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers von § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG abgewichen werden darf(§ 17 Abs. 3 BetrAVG). Der Kläger hat danach Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrente entsprechend dem Kaufkraftverlust zum 1. Januar 2008. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass für die Ermittlung des Kaufkraftverlustes für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 der VPI 2000 maßgeblich ist.

25

a) Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Belange des Versorgungsempfängers bestehen - wie sich aus § 16 Abs. 2 BetrAVG ergibt - im Ausgleich des Kaufkraftverlustes seit Rentenbeginn, also in der Wiederherstellung des ursprünglich vorausgesetzten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Dementsprechend ist der volle Anpassungsbedarf zu ermitteln, der in der seit Rentenbeginn eingetretenen Teuerung besteht, soweit er nicht durch vorhergehende Anpassungen ausgeglichen wurde (vgl. BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 810/05 - Rn. 13, BAGE 123, 319). Der Anpassungsbedarf wird jedoch durch die Verdienstentwicklung bei den aktiven Arbeitnehmern begrenzt (reallohnbezogene Obergrenze). Es widerspricht nicht der Billigkeit, wenn der Arbeitgeber die Betriebsrente nur bis zur durchschnittlichen Steigerung der Reallöhne der aktiven Arbeitnehmer anpasst (BAG 30. August 2005 - 3 AZR 395/04 - zu III 2 der Gründe, BAGE 115, 353).

26

b) Danach ist die Betriebsrente des Klägers entsprechend dem Kaufkraftverlust zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2008 zu erhöhen. Die Beklagte hat nicht eingewandt, der anhand der Kaufkraftentwicklung zu ermittelnde Anpassungsbedarf sei hier wegen der reallohnbezogenen Obergrenze zu beschränken oder die wirtschaftliche Lage der Beklagten lasse eine Anpassung der Betriebsrente nicht zu.

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat den Anpassungsbetrag zutreffend errechnet. Es hat den Kaufkraftverlust für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 zu Recht unter Zugrundelegung des VPI 2000 und nicht des VPI 2005 ermittelt.

28

aa) Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG ist für die Ermittlung des Kaufkraftverlustes auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland abzustellen. Für Zeiträume vor dem 1. Januar 2003 ist nach § 30c Abs. 4 BetrAVG der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen maßgebend. In beiden Vorschriften benutzt das Gesetz zur Bezeichnung der Bemessungsgrundlage den bestimmten Artikel „des“ bzw. „der“. Es setzt demnach voraus, dass es nur eine richtige statistische Grundlage für die Berechnung des Kaufkraftverlustes gibt und dem Arbeitgeber insoweit kein Ermessen zusteht. Da die Anpassung jeweils zu einem bestimmten Stichtag zu prüfen und ggf. vorzunehmen ist, kommt es auf die aktuelle statistische Grundlage an, die im gesetzlich vorgesehenen Anpassungszeitpunkt vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht ist (aA Cisch/Hufer BetrAV 2009, 13). Der Arbeitgeber kann bei seiner gesetzlich geforderten Anpassungsentscheidung keine Umstände berücksichtigen, von denen er noch keine Kenntnis haben kann. Statistische Grundlagen, die erst nach dem Anpassungsstichtag veröffentlicht werden, sind daher für die Anpassung nicht von Bedeutung.

29

Das entspricht auch Erfordernissen der Rechtssicherheit. Der Versorgungsschuldner, der die Betriebsrente zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt anpasst und den ihm zu diesem Zeitpunkt bekannten Verbraucherpreisindex verwendet, kann davon ausgehen, dass er damit seine Verbindlichkeit erfüllt. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass ein späterer Verbraucherpreisindex die Preissteigerungen höher berechnet als ein früherer. Das liegt daran, dass zu dem späteren Zeitpunkt genauere Daten vorliegen. Regelmäßig greift aufgrund der Anpassung des Konsumverhaltens an höhere Preise der der Untersuchung zugrunde liegende Personenkreis zu billigeren Konsumgütern. Dadurch wird die finanzielle Belastung und damit die statistische Preissteigerungsrate nach unten beeinflusst (sog. Laspeyres-Effekt, vgl. Elbel/Egner Wirtschaft und Statistik 2008, 339, 341). Ausgeschlossen ist eine andere Entwicklung aber nicht. Könnte ein nach dem Anpassungsstichtag veröffentlichter Verbraucherpreisindex herangezogen werden, wäre ein Arbeitgeber daher uU Forderungen von Arbeitnehmern auf eine weitere Erhöhung ihrer Betriebsrente ausgesetzt, obwohl er an dem im Gesetz vorgesehenen Anpassungszeitpunkt getan hat, was ihm zu diesem Zeitpunkt möglich war. Umgekehrt müsste ein Betriebsrentner, der gegen den Arbeitgeber, der die Anpassung verzögert, auf der Basis des veröffentlichten Verbraucherpreisindexes Klage erhebt, bei einer späteren Veröffentlichung anderer statistischer Grundlagen zumindest mit einer teilweisen Klageabweisung rechnen, die ggf. auch Kosten verursacht. Der Umfang der Anpassungspflicht hinge in einem solchen Fall von der Zufälligkeit ab, ob während des Rechtsstreits ein neuer Verbraucherpreisindex veröffentlicht wird. Das ist mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar. Zwar können für die Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG auch in der Zukunft liegende Umstände Bedeutung haben, da die zu prognostizierende wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgebers bei der Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen ist(vgl. nur BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 727/07 - Rn. 21 ff., BAGE 129, 292). Bei der Feststellung des Verbraucherpreisindexes handelt es sich indes nicht um eine Prognose des Arbeitgebers, sondern um eine vom Statistischen Bundesamt vorgenommene Analyse der Preisentwicklung in der Vergangenheit.

30

bb) Grundlage der Anpassungsverpflichtung der Beklagten für Zeiträume ab dem 1. Januar 2003 ist deshalb der VPI 2000, nicht der VPI 2005. Nur der VPI 2000 war zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2008 bereits veröffentlicht. Dass der Kläger auf dieser Grundlage seine Anpassungsansprüche richtig berechnet hat, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

31

II. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit diese zur Zahlung von Zinsen für Zeiträume vor Rechtskraft der Entscheidung verurteilt wurde. Dem Kläger stehen sowohl Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB als auch Verzugszinsen nach § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB erst ab Rechtskraft der Entscheidung zu. Für Zeiträume vorher fehlt es an der notwendigen Fälligkeit der Forderung.

32

Der Anspruch auf Prozesszinsen entsteht frühestens ab der Fälligkeit der Forderung (§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB). Gleiches gilt für Verzugszinsen, da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann (vgl. Palandt/Grüneberg 70. Aufl. § 286 BGB Rn. 13). Die Fälligkeit der Anpassungsforderung des Klägers tritt nicht vor der Rechtskraft des Urteils im vorliegenden Verfahren ein. Leistungen, die nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig(vgl. BGH 24. November 1995 - V ZR 174/94 - zu II 3 b der Gründe, NJW 1996, 1054). Dazu gehören auch die aufgrund einer Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zu gewährenden Leistungen(BAG 30. August 2005 - 3 AZR 395/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 353).

33

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Heuser    

        

    Bialojahn    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

16
1. Die Prüfung der Frage, ob die Preisbestimmung billigem Ermessen entspricht, zielt nicht darauf ab, einen "gerechten Preis" von Amts wegen zu ermitteln. Vielmehr geht es darum, ob die getroffene Bestimmung sich noch in den Grenzen der Billigkeit hält (BGH, Urt. v. 1.7.1971 - KZR 16/70, BB 1971, 1175, 1176; Urt. v. 24.11.1977 - III ZR 27/76, WM 1978, 1097, 1099). Erst wenn der Berechtigte die ihm durch die Billigkeit gesetzten Grenzen bei der Preisbemessung überschritten hat, ist die Bestimmung durch die Entscheidung des Gerichts zu ersetzen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB), nicht aber bereits dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für besser hält (BGH, Urt. v. 24.6.1991 - II ZR 268/90, NJW-RR 1991, 1248 f.; vgl. auch Staudinger/Rieble, BGB Bearb. 2004, § 315 BGB Rdn. 128; Münch.Komm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 BGB Rdn. 29 f.).

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber.

(2) Die Beisitzer der Einigungsstelle, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung; § 37 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, so gilt Satz 1 für die einem Betrieb des Unternehmens oder eines Konzernunternehmens angehörenden Beisitzer entsprechend.

(3) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in Absatz 2 genannten Personen zählen, haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Grundsätzen des Absatzes 4 Satz 3 bis 5.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung die Vergütung nach Absatz 3 regeln. In der Vergütungsordnung sind Höchstsätze festzusetzen. Dabei sind insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Die Vergütung der Beisitzer ist niedriger zu bemessen als die des Vorsitzenden. Bei der Festsetzung der Höchstsätze ist den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.

(5) Von Absatz 3 und einer Vergütungsordnung nach Absatz 4 kann durch Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, wenn ein Tarifvertrag dies zulässt oder eine tarifliche Regelung nicht besteht, abgewichen werden.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.