Landesarbeitsgericht München Urteil, 01. Aug. 2017 - 7 Sa 948/16

bei uns veröffentlicht am01.08.2017
vorgehend
Arbeitsgericht München, 5 Ca 3510/16, 26.10.2016

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26.10.2016 - 5 Ca 3510/16 abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger sieben Arbeitstage Urlaub als Resturlaub aus dem Jahr 2015 zu gewähren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 14 Zeitstunden im Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsansprüche des Klägers und um eine Gutschrift auf sein Arbeitszeitkonto.

Der Kläger war seit dem 01.04.2001 bei der Beklagten mit einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt € 5.930,00 auf Grundlage eines schriftlichen Anstellungsvertrags (Bl. 237-240 d. A.) beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag stand u. a.:

X Vertragsdauer und Kündigung

5. Die Bank ist berechtigt, den Mitarbeiter nach erfolgter Kündigung bzw. bei besonderem Interesse bei Fortzahlung der Bezüge zu beurlauben. Eine solche Freistellung ist auf etwa noch zustehenden Urlaub anzurechnen.

XIII. Schlussbestimmungen

1. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.

Im Betrieb der Beklagten existiert eine „Betriebsvereinbarung Arbeitszeit“ mit Datum vom 31.01.2013 (Bl. 270-279 d. A.) in der u. a. steht:

„I. 4. Freizeitkonto:

4.1 Über die auf dem Freizeitkonto gutgeschriebenen Zeitguthaben kann der Mitarbeiter in Abstimmung mit dem Vorgesetzten und den Kollegen und unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange verfügen. Der Freizeitausgleich kann stundenweise, in vollen Arbeitstagen und auch in mehreren aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt werden (maximal in Höhe des Zeitguthabens). Bei einem Freizeitausgleich von weniger als einem Tag ist keine Abstimmung mit dem Vorgesetzten erforderlich. Dabei muss die Erreichbarkeit für die Kunden, die Betriebsbereitschaft in der jeweiligen Organisationseinheit stets, auch in Pausenzeiten, unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange in ausreichender Stärke gegeben sein.

4.2 Das erworbene Guthaben auf dem Freizeitkonto sollte jeweils nach zwei Jahren wieder abgebaut sein. Ist dies nicht möglich, kann auf Wunsch des Mitarbeiters eine Auszahlung vorgenommen werden.

4.3 Scheidet ein Mitarbeiter aus der M. aus, so kann in Abstimmung mit dem Vorgesetzten das Guthaben auf dem Freizeitkonto durch Minderarbeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses ausgeglichen oder ausbezahlt werden.

II. 4. Gleitrahmen und Ausgleichszeitraum:

4.1 Die effektive monatliche Arbeitszeit soll grundsätzlich die monatliche Sollstundenzahl erreichen. Die monatliche Sollstundenzahl errechnet sich aus der täglichen Sollarbeitszeit (vgl. hierzu: Ziffer I. 2.) bei Vollzeitbeschäftigten multipliziert mit der Anzahl der Arbeitstage des Monats.

4.2 Der Gleitrahmen beträgt grundsätzlich +50/-50 Stunden (d. h. Über- bzw. Unterschreitung der monatlichen Sollstundenzahl) am jeweiligen Monatsende.

4.3 Überschreitungen des Zeitsaldos von 50 Stunden am Monatsende sind innerhalb eines zwölfmonatigen Ausgleichzeitraums auszugleichen. Der zwölfmonatige Ausgleichszeitraum beginnt für den jeweiligen Mitarbeiter mit Überschreitung eines Zeitguthabens von 50 Stunden. Innerhalb des Ausgleichzeitraums kann das Gleitzeitguthaben flexibel steigen oder sinken.

Besteht bei Ablauf des Ausgleichszeitraums ein Gleitzeitguthaben von mehr als 50 Stunden, werden die Stunden über +50 als Mehrarbeit gemäß der Regelungen unter Ziffer II. 5 behandelt. In diesem Falle wird zugleich auch das Gleitzeitkonto des Mitarbeiters auf Null ausgeglichen; dazu einigt sich der Mitarbeiter mit seinem Vorgesetzten darüber, ob die verbleibenden 50 Stunden auf das Freizeitkonto des Mitarbeiters gebucht oder ausgezahlt werden sollen (jeweils zuschlagsfrei). Kommt eine Einigung zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem nicht zustande, kommt die Regelung der Ziffer IV. 4 zur Anwendung.

Bei erneuter Überschreitung des Zeitsaldos von 50 Stunden nach einem vorgenommenen Ausgleich beginnt ein neuer Ausgleichszeitraum.

4.4 Bei Überschreitung eines Gleitzeitguthabens von 120 Stunden wird vom Abteilungsleiter eine ausführliche Stellungnahme für die Abteilung VP und den Betriebsrat erwartet. Abteilungsleiter und Mitarbeiter sind angehalten, den Zeitausgleich zu planen und umzusetzen.

4.5 In Abweichung von vorstehender Ziffer 4.3 besteht für AT-Mitarbeiter bei Überschreitung des Zeitsaldos von +50 Stunden am Monatsende kein Ausgleichszeitraum. Der Saldo wird jeweils zum Monatsende auf +50 Stunden gekappt.

4.6 Die Einbringung von Gleitzeitguthaben in Freizeit unterliegt grundsätzlich keiner Beschränkung, muss jedoch entsprechend der Regelung in Ziffer I. 4. 1. in Abstimmung mit dem Vorgesetzten und unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange erfolgen und dient insbesondere der Vermeidung bzw. dem Abbau von Überstunden/Mehrarbeit im Sinne der Ziffer II. 5. Wird ein Gleitzeitguthaben von 100 Stunden überschritten, kann der Vorgesetzte bei Auslastungsschwankungen (Arbeitsrückgang) den Abbau von Gleitzeitguthaben auf einen Stand von 75 Stunden Gleitzeitguthaben festlegen.

4.7 Die Gleitzeitstände der Mitarbeiter werden dem zuständigen Abteilungsleiter am Monatsanfang zur Überprüfung und Genehmigung zugeleitet, um eine bedarfsgerechte Einsatzplanung zu ermöglichen. Der Betriebsrat erhält die monatlichen Gleitzeitstände zu Informationszwecken.

4.8 Scheidet ein Mitarbeiter aus der M. aus, so sind die Gleitzeitguthaben oder -defizite durch Minder- oder Mehrarbeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses auszugleichen. Bestätigt der Vorgesetze mit schriftlicher Begründung, dass dies aufgrund des bestehenden Arbeitsbedarfs nicht möglich ist, werden bestehende Guthaben zum Austrittszeitpunkt ausbezahlt.“

Mit einem Schreiben vom 14.08.2015 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat, dessen Ersatzmitglied der Kläger war, zu einer geplanten außerordentlichen Kündigung des Klägers an und leitete, nachdem der Betriebsrat hierauf nicht reagierte, vor dem Arbeitsgericht ein Zustimmungsersetzungsverfahren (Az. 30 BV 316/15) ein, das sie im Lauf des Verfahrens zurücknahm.

Weiter teilte die Beklagte dem Kläger mit einem Schreiben vom 28.08.2015 mit der Überschrift Freistellung (Bl. 14 d. A.) folgendes mit:

Hiermit stellen wir Sie ab dem 31.08.2015 von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung frei. Die Freistellung erfolgt zunächst von 31.08.2015 bis einschließlich 08.09.2015 unwiderruflich und unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubsanspruchs von 7 Arbeitstagen.

Im Anschluss daran, d. h. ab 09.09.2015, erfolgt die Freistellung widerruflich und unter Anrechnung etwaiger noch offener Ansprüche aus geleisteten Überstunden und Freizeitausgleich (derzeit: 12.31 min). In dieser Zeit findet § 615 Satz 2 BGB Anwendung.

Von dieser Freistellung werden die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen im Übrigen nicht berührt. Insbesondere bestehen die Verschwiegenheitspflicht und das Wettbewerbsverbot fort.

Der Kläger blieb im Freistellungszeitraum der Arbeit fern, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte nicht. Nach der Rücknahme des Antrags im Verfahren 30 BV 316/15 durch die Beklagte forderte der Kläger sie auf, ihm sieben Urlaubstage und 14 Stunden Zeitguthaben wieder gutzuschreiben, was diese ablehnte.

Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte hätte ihn im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht einseitig unter Anrechnung von Urlaub und Zeitguthaben freistellen können.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger in 2016 7 Arbeitstage Urlaub als Resturlaub aus dem Jahr 2015 zu gewähren.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 2 Arbeitstage (entspricht 14 Zeitstunden) dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, dass die Freistellung des Klägers aufgrund eines Verdachts des Arbeitszeitbetrugs durch den Kläger erfolgt sei. Der Kläger habe auch weder der Urlaubsgewährung noch dem Freizeitausgleich widersprochen, sondern sei ohne Einwände der Arbeit ferngeblieben. Er habe seine Arbeitsleistung nicht angeboten. Unabhängig davon sei ein etwaiger Urlaubsanspruch auch zum 31.03.2016 verfallen.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.10.2016 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Urlaubsanspruch des Klägers in Höhe von 7 Urlaubstagen durch Erfüllung erloschen sei, denn es sei eine Freistellung zum Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers, die als solche mit Zugang beim Arbeitnehmer nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam werde. Sofern der Arbeitnehmer nicht abweichende Urlaubswünsche äußere, was nicht der Fall gewesen sei, könne der Arbeitgeber die Freistellung erklären und dem Arbeitnehmer damit Erholungsurlaub gewähren. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Gutschrift von 2 Arbeitstagen auf sein Arbeitszeitkonto mehr gehabt, denn die Erfüllung eines sich aus einem Arbeitszeitkonto ergebenden Freizeitausgleichsanspruchs erfolge durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Pflicht, Arbeitsleistungen zu erbringen und auch eine widerrufliche Freistellung sei geeignet, zu bewirken, dass der Anspruch auf Freizeitausgleich durch Erfüllung erloschen sei und der Kläger habe sich auch nicht gegen die Erfüllung seines Anspruchs auf Freizeitausgleich gewehrt.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil des Arbeitsgerichts vom 26.10.2016, das ihm am 18.11.2016 zugestellt wurde, mit einem am 19.12.2016, einem Montag, beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 20.02. 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem zuvor die Frist zur Berufungsbegründung bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Der Kläger hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für unrichtig. Das Arbeitsgericht verkenne, dass durch die vorliegende unwiderrufliche Freistellung unter Anrechnung auf die Urlaubsansprüche des Klägers diesem nicht wirksam Urlaub gewährt werden konnte. Es entspreche zwar der gängigen Rechtsprechung, dass ein Arbeitgeber bei berechtigtem Interesse einen Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis und insbesondere nach Ausspruch einer Kündigung während der Kündigungsfrist unter Anrechnung von Urlaub und Freizeitguthaben freistellen könne, doch diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Die Beklagte sei bereits nicht berechtigt gewesen, den Kläger freizustellen. Das Bundesarbeitsgericht stelle strenge Anforderungen an eine einseitige Freistellungsanordnung und fordere eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Die entsprechenden Voraussetzungen für eine Freistellung seien im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn der Kläger habe sich keines Fehlverhaltens schuldig gemacht. Gegen die Wirksamkeit einer Urlaubsgewährung spreche auch, dass dem Kläger die ihm zustehende Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs nicht ausbezahlt wurde, noch ihm eine solche vorbehaltlos zugesagt worden sei. Allein der Umstand, dass der Kläger sein laufendes Gehalt erhalten habe, sei mit einer vorbehaltslosen Zusage der Urlaubsvergütung nicht gleichzusetzen. Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2015 sei auch nicht durch Zeitablauf nach § 7 Abs. 3 BurlG erloschen, da der Kläger bereits mit Mail vom 23.09.2015 die Gutschrift des streitgegenständlichen Urlaubs verlangt habe und mangels Urlaubsguthaben kein konkreter Urlaubsantrag gestellt werden konnte und der Ersatzurlaubsanspruch unterliege nur der dreijährigen Verjährungsfrist. Auch bezüglich des Zeitguthabens liege keine Berechtigung für eine Freistellung vor, denn die Betriebsvereinbarung zum Thema Arbeitszeit und Gleitzeit enthalte hierzu keine Regelungen, die die Beklagte berechtige, den Arbeitnehmer einseitig unter Anrechnung von Freizeitguthaben freizustellen.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26.10.2016 wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger sieben Arbeitstage Urlaub als Resturlaub aus dem Jahr 2015 zu gewähren.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zwei Arbeitstage (entspricht 14 Zeitstunden) dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.

  • 4.Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger sieben Tage bezahlte Freistellung als Ersatz für den Urlaub aus dem Jahr 2015 zu gewähren.

  • 5.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

  • 6.Der Streitwert wird festgesetzt.

Die Beklagte beantragt,

  • 1.Die Berufung wird verworfen. die Zurückweisung der Berufung.

  • 2.Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie hält die Berufung bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Sie beruft sich darauf, dass der Kläger im Lauf des Jahres 2015 durch eine wiederholte Nichterfassung von Pausenzeiten einen Arbeitszeitbetrug begangen habe. In Folge des dadurch eingetretenen unwiederbringlichen Vertrauensverlustes habe die Beklagte nach durchgeführter Interessenabwägung beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis des Klägers zu kündigen und habe den Betriebsrat hierzu mit Schreiben vom 14.08.2015 angehört. Der Kläger habe auch im Freistellungszeitraum weder der Urlaubsgewährung noch der anschließenden widerruflichen Freistellung unter Anrechnung des Zeitguthabens widersprochen und sei erst am 21.09.2015 wieder zur Arbeit erschienen. Bereits auf Grund der Regelung im Arbeitsvertrag unter X. Ziffer 5 bestünde die Berechtigung, den Kläger unter Fortzahlung der Bezüge zu beurlauben, da ein besonderes Interesse vorliege. In dem Freistellungschreiben sei auch klar zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Fortzahlung der Vergütung erfolge, wobei es unerheblich sei, zu erwähnen, dass diese für den Urlaub sei. Die Freistellung unter Anrechnung des Arbeitszeitkontos stehe auch in Einklang mit dem Weisungsrecht nach § 106 Satz 1 GewO und auch die Betriebsvereinbarung zum Thema Arbeitszeit und Gleitzeit verhindere eine solche Vorgehensweise nicht. Sie schränke jedenfalls das Weisungsrecht des Arbeitgebers in keiner Weise ein.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 17.02.2017 (Bl. 160-165 d. A.), 24.04. 2017 (Bl. 222-236 d. A.) und 03.07.2017 (Bl. 255-256 d. A.) samt ihren Anlagen verwiesen. Im Übrigen wird insbesondere zur Prozessgeschichte auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Sitzungsniederschriften vom 11.07.2017 (Bl. 257-258 d. A.) und vom 01.08. 2017 (Bl. 280-282 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Dass die Berufung sich in hinreichender Weise mit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts auseinandersetzt, zeigt allein schon der Umstand, dass das Rechtsmittel Erfolg hat.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte war nicht berechtigt mittels einseitiger Anordnung dem Kläger Urlaub zu gewähren und sie war auch nicht berechtigt, entgegen den klaren Regelungen der einschlägigen Betriebsvereinbarung Arbeitszeit, einseitig das Freizeitguthaben des Klägers durch eine Freistellung zu verändern. Dementsprechend war die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.

1. Gegen den vorliegend gestellten Antrag bestehen keine Bedenken. Er ist zulässig und insbesondere zu Ziffer 2 hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“ ist hinreichend bestimmt, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (BAG, 28.09.2016 - 7 AZR 248/14). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

2. Zwar kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst (BAG, 19.01.2016 - 2 AZR 449/15; 14.08. 2007 - 9 AZR 934/06). Eine wirksame Urlaubsgewährung liegt darin nach jüngerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt (BAG, 19.01.2016 - 2 AZR 449/15; 10.02.2015 - 9 AZR 455/13). Zudem hat sich die die Beklagte auch im Arbeitsvertrag die Möglichkeit vorbehalten, „nach erfolgter Kündigung bzw. bei besonderem Interesse unter Fortzahlung der Bezüge zu beurlauben“.

a) Da die Beklagte dem Kläger aber nicht gekündigt hat, ist die zitierte Rechtsprechung vorliegend nicht einschlägig und für eine analoge Anwendung besteht keine Veranlassung, zumal die Beklagte jederzeit die von ihr beabsichtigte außerordentliche Kündigung hätte aussprechen können. Dass sie stattdessen rechtsirrig ein Zustimmungsersetzungsverfahren zur Kündigung eines Nichtmitglieds eines Betriebsrats einleitet, ist ihre Sache, kann aber nicht zu Erleichterungen im Zusammenhang mit einer einseitigen Anordnung von Urlaubsnahme führen. Und die arbeitsvertraglich geregelte Möglichkeit, nach erfolgter Kündigung zu beurlauben, ist ebenfalls mangels „erfolgter Kündigung“ nicht eröffnet.

b) Urlaubsgewährung ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum (BAG, 17. 05. 2011 - 9 AZR 189/10; 11.07. 2006 - 9 AZR 535/05). Die Freistellung zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. BAG 14. 08. 2007 - 9 AZR 934/06), die als solche mit Zugang beim Arbeitnehmer nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam wird (vgl. BAG, 17. 05. 2011 - 9 AZR 189/10; 24. 03. 2009 - 9 AZR 983/07). Hiernach ist es zwar grundsätzlich einseitig möglich, zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub einseitig freizustellen, doch vorliegend war dies offensichtlich, verquickt mit dem beabsichtigten Ausspruch einer Kündigung. Ein weiter gehender Wille im Zusammenhang mit der erfolgten Freistellung ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Wenn aus welchen Gründen auch immer der Ausspruch einer Kündigung unterbleibt, ist es offensichtlich, dass die Absicht der Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten Zeitpunkt, den bis zur Kündigung, gegenstandlos geworden ist.

c) Die Beklagte hat sich aber auch durch die Vereinbarung in ihrem Arbeitsvertrag selbst dahingehend gebunden bzw. eingeschränkt, nur bei besonderem Interesse unter Fortzahlung der Bezüge zu beurlauben. Dieses vertraglich festgelegte besondere Interessesse ist aber vorliegend nicht ersichtlich.

Es ist nicht erkennbar welche besonderen Gefahren bei einer Nichtbeurlaubung des Klägers bis zu seiner Kündigung bestanden haben sollen oder welche besonders schützenswerten Interessen bei der Beklagten gefährdet gewesen sein sollen, wenn sie den Kläger nicht bereits vor dem Ausspruch einer Kündigung beurlauben konnte, zumal ihr deren Ausspruch, wie bereits ausgeführt, jederzeit möglich gewesen wäre. Allein die abstrakte Gefahr einer Vertragsverletzung durch ein Nichtausstempel vom Kläger, das er im Übrigen mit Vergesslichkeit begründet hat, ist noch kein Grund für eine Beurlaubung auf Grund eines besonderen Interesses.

3. Die Beklagte war auch nicht berechtigt, den Kläger mit Schreiben vom 28.08.2015 unter Anrechnung etwaiger noch offener Ansprüche aus geleisteten Überstunden und Freizeitausgleich widerruflich freizustellen.

a) Im Betrieb der Beklagten existiert eine Betriebsvereinbarung Arbeitszeit, die zwischen ihr und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat am 31.01.2013 vereinbart wurde. Diese Betriebsvereinbarung regelt u. a. die Bildung eines Freizeitkontos im Zusammenhang mit gutgeschriebenen Zeitguthaben.

Im gesamten Text der Betriebsvereinbarung findet sich nicht einmal ansatzweise eine Regelung, dass die Arbeitgeberin ein vom Arbeitnehmer angesammeltes Zeitguthaben durch einseitige Anordnung einer Freistellung abbauen kann. Ziffer 4.1 der Betriebsvereinbarung regelt vielmehr, dass über die auf dem Freizeitkonto gutgeschriebene Zeitguthaben der Mitarbeiter in Abstimmung mit den Vorgesetzten und den Kollegen und unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange verfügen kann. Somit ist es offensichtlich, dass das Initiativrecht zum Abbau von Zeitguthaben ausschließlich beim Mitarbeiter, hier dem Kläger, liegt und er bei dazu einer Abstimmung mit Vorgesetzten und Kollegen vorzunehmen hat. Dass hier kein einseitiges Initiativrecht auf Seiten des Arbeitnehmers vorliegt, zeigt auch Satz 3 in Ziffer 4.1, wonach bei einem Freizeitausgleich von weniger als einem Tag keine Abstimmung mit dem Vorgesetzten erforderlich ist. Schließlich zeigt auch Ziffer 4.2, wonach erworbenes Guthaben auf dem Freizeitkonto jeweils nach zwei Jahren wieder abgebaut sein sollte und falls dies nicht möglich ist, auf Wunsch des Mitarbeiters eine Auszahlung vorgenommen werden kann, deutlich, dass das Volumen Zeitguthaben ausschließlich in der Disposition des Arbeitnehmers steht. Die Möglichkeit das Zeitguthaben auszahlen zu lassen zeigt, dass in dieses die Arbeitgeberin gerade nicht hineinregieren kann, schon gar nicht durch eine einseitige Freistellung. Schließlich verdeutlicht auch Ziffer 4.3, dass die Vorgehensweise der Beklagten nicht in Einklang mit den Regelungen der Betriebsvereinbarung steht, denn hiernach ist bei einem Ausscheiden des Mitarbeiters vorgesehen, dass er in Abstimmung mit dem Vorgesetzten das Guthaben auf dem Freizeitkonto ausgleichen kann oder sich ausbezahlen lassen kann. Somit ist es offensichtlich, dass eine wie hier von der Beklagten erfolgte einseitige Freistellung mit gleichzeitigem Überstundenabbau nicht möglich ist, denn ansonsten wäre die Regelung, dass im Rahmen einer Abstimmung auch eine Auszahlung erfolgen kann, überflüssig.

b) Für die von Beklagten gewollte Interpretation der Betriebsvereinbarung zu Gunsten ihrer Vorgehensweise unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anordnung für Urlaub ist kein Raum, denn hierzu bestehen keine Anhaltspunkte.

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und diese wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (statt vieler BAG, 08.12.2015 - 3 AZR 267/14).

bb) Da im Wortlaut der einschlägigen Betriebsvereinbarung entsprechende Formulierungen im Sinne der Vorgehensweise der Beklagten nicht erkennbar sind, besteht auch keine Möglichkeit für eine Auslegung wie von der Beklagten gewollt. Ihre Hinweise auf die Formulierungen in Teil II der Betriebsvereinbarung sind vielmehr nicht geeignet, einen unbestimmten Wortsinn in den Formulierungen der Betriebsvereinbarung dahingehend zu begründen, dass der Arbeitgeber einseitig den Abbau des Freizeitkontos anordnen kann.

III.

Die Beklagte hat als Unterlegene des Rechtsstreits die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

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Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Februar 2014 - 7 Sa 57/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Einstellung von Stunden in das Überstundenkonto des Klägers.

2

Der Kläger ist seit dem 16. Dezember 1996 bei der Beklagten, einem dem Lufthansa-Konzern angehörenden Dienstleistungsunternehmen, beschäftigt. Er ist seit 2006 Mitglied des Betriebsrats. Seit dem 17. Mai 2010 ist er nach § 38 BetrVG vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt.

3

Nach § 5 Abs. 1 des kraft vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Manteltarifvertrags Nr. 14 für das Bodenpersonal in der Fassung vom 1. Januar 2007 (MTV) beträgt die durchschnittliche Gesamtarbeitszeit während eines Bezugszeitraums von 18 Monaten 37,5 Stunden/Woche. Nach § 5 Abs. 2 MTV kann durch Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass am Ende des Bezugszeitraums nicht ausgeglichene Stunden in den folgenden Bezugszeitraum übertragen werden können.

4

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat die „Rahmenbetriebsvereinbarung Flexible Arbeitszeit für das Bodenpersonal der Lufthansa Technik AG in Deutschland“ (RBV). Darin heißt es auszugsweise:

        

Präambel

        

Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat stimmen darin überein, dass die flexible und effiziente Nutzung der Arbeitszeit entsprechend dem tatsächlichen betrieblichen Kapazitätsbedarf und den Anforderungen seitens des Kunden eine herausragende Bedeutung für die notwendige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa Technik und für die zukünftige Sicherung von Beschäftigung hat. …

        

…       

        

§ 1     

Geltungsbereich

        

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter der Lufthansa Technik AG in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie unter den Geltungsbereich der anwendbaren Tarifverträge insbesondere des Manteltarifvertrages für das Bodenpersonal (MTV) bzw. des Manteltarifvertrages Neue Bundesländer (MTV NBL) in ihrer jeweils gültigen Fassung fallen.

        

§ 2     

Bezugszeitraum

        

(1)     

Für alle Mitarbeiter gilt - dem Gedanken der ‚Jahresarbeitszeit‘ folgend - grundsätzlich ein erweiterter Bezugszeitraum von 18 Monaten (nach MTV bzw. MTV NBL § 5). Dieser Bezugszeitraum beginnt erstmals mit dem 1. Januar 2007 und endet am 30. Juni 2008, der daran anschließende Bezugszeitraum erstreckt sich vom 1. Juli 2008 bis zum 31.12.2009 und so fort.

        

…       

        
        

§ 3     

Zeiterfassung

        

(1)     

Jeder Mitarbeiter dokumentiert persönlich an dem für ihn vorgesehenen Zeiterfassungsgerät Beginn und Ende seiner Arbeitszeit.

        

(2)     

Die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit des Mitarbeiters wird durch eine Kommt-/Geht Stempelung über das Zeiterfassungssystem erfasst, der täglichen Sollarbeitszeit gegenübergestellt und den jeweils zutreffenden Zeitkonten des Mitarbeiters zugeschrieben bzw. abgezogen.

        

…       

        
        

§ 4     

Flexikonto und Zeitausgleich

        

(1)     

Jeder Mitarbeiter hat ein persönliches Zeitkonto in welchem nur die Plus- und Minuszeiten geführt werden, die aus dem flexiblen Arbeitszeitverhalten auf Basis dieser Betriebsvereinbarung entstehen (Flexikonto). Reisezeiten, Rufbereitschaftszeiten, Überstunden etc. werden auf den dafür eingerichteten weiteren Zeitkonten erfasst (siehe § 6).

                          
        

(2)     

Der Mitarbeiter kann - orientiert an der betrieblichen Einlastungssituation - im Einvernehmen mit seinem betrieblich Verantwortlichen unter Nutzung seines Flexikontos stundenweise, ganz- oder mehrtägig die Arbeit nicht aufnehmen oder die Verlegung der gesamten Arbeitszeit eines oder mehrerer Tage in Anspruch nehmen.

        

…       

        
        

§ 6     

Weitere Zeitkonten

        

(1)     

Für Zeitguthaben aus Überarbeit, Feiertags-/Vorfeiertagsarbeit sowie wg. schichtfreien Wochenfeiertagen (SWF), Rufbereitschaft und Reisezeit soll grundsätzlich und soweit betrieblich möglich während des Bezugszeitraumes, in dem diese Zeitguthaben entstanden sind, ein Freizeitausgleich gewährt werden.

        

…       

        
        

(3)     

Zusätzlich zu den Zeitkonten gem. Abs. (1-2) wird ein Differenzstundenkonto geführt, das insbesondere als Ausgleichskonto für das Verfahren nach § 7 genutzt wird. …

        

…       

        
        

§ 7     

Verfahren am Ende des Bezugszeitraumes

        

(1)     

Das Flexikonto kann am Ende des Bezugszeitraumes einen Saldo von bis zu +75 Stunden bzw. bis zu -75 Stunden aufweisen.

        

(2)     

Am Ende des Bezugszeitraumes erfolgt die Saldierung von Zeitguthaben der weiteren Zeitkonten (§ 6) gegen einen ggf. auf dem Flexikonto vorhandenen Minussaldo sowie nachrangig gegen einen ggf. auf dem Differenzstundenkonto bestehenden Minussaldo in folgender Reihenfolge: ...

        

(3)     

Am Ende des Bezugszeitraumes bestehende Plusstunden des Flexikontos oberhalb von +75 Stunden sind Überarbeit; sie werden faktoriert als Arbeitszeit dem Überstundenkonto gutgeschrieben und in den folgenden Bezugszeitraum vorgetragen. Zeitsalden zwischen 0 und +75 Stunden werden auf das Differenzstundenkonto übertragen.

        

…       

        
        

§ 8     

Flexible Arbeitszeit für Mitarbeiter ohne Dienst-/Schichtpläne

        

(1)     

Jeder Mitarbeiter kann grundsätzlich den Beginn und das Ende seiner täglichen Arbeitszeit innerhalb der Spanne von 06:00 bis 20:00 Uhr im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse und seiner persönlichen Belange selbst bestimmen.

        

…“    

        
5

Für die Höhe der „Faktorierung“ verweist § 7 Abs. 3 RBV mit einer Fußnote auf den in § 9 Abs. 2a MTV im ersten Satz genannten Wert. Dieser beträgt 1,25.

6

Die Beklagte behandelte das Arbeitszeitkonto des Klägers vor seiner Freistellung im Bezugszeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 nach § 7 Abs. 3 RBV. Im anschließenden Bezugszeitraum wurden im Rahmen der elektronischen Zeiterfassung des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum Beginn seiner Freistellung am 17. Mai 2010 53,76 Plusstunden aufgezeichnet. Zum Ende dieses Bezugszeitraums am 30. Juni 2011 buchte die Beklagte den gesamten Bestand des Flexikontos des Klägers von +296,54 Stunden in Blöcken von +75 Stunden und +221,54 Stunden dessen Differenzstundenkonto zu. Eine „Faktorierung“ der 221,54 Plusstunden und deren Buchung auf das Überstundenkonto erfolgte nicht.

7

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, sein auf dem Flexikonto bestehendes Guthaben von mehr als 75 Stunden am 30. Juni 2011 mit 1,25 zu „faktorieren“ und die so errechneten Stunden dem Überstundenkonto gutzuschreiben. Die RBV sei auch auf Betriebsratsmitglieder anzuwenden. Da er stets innerhalb des Gleitzeitrahmens von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr anwesend gewesen sei, habe er in der Zeit seiner Freistellung Betriebsratstätigkeit innerhalb der Arbeitszeit durchgeführt. Es sei keine „Betriebsratsmehrarbeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG angefallen. Er sei nicht wesentlich freier im Aufbau von Plusstunden als andere Mitarbeiter der Beklagten. Da die RBV weder Kontrollinstrumente oder Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers vorsehe noch die Mitarbeiter zum Abbau von Plusstunden verpflichte, diene ihre Anwendung auf ihn als freigestelltes Betriebsratsmitglied der Gleichbehandlung und nicht seiner Begünstigung. Das Verlangen der Beklagten nach einer Dokumentation der von ihm geleisteten Betriebsratstätigkeit sei treuwidrig. Er habe aufgrund des Verhaltens der Beklagten keinen Anlass gehabt, die von ihm geleistete Betriebsratsarbeit zu dokumentieren.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, auf dem für ihn geführten Mehrarbeitszeitkonto (MAZ-Konto) zum Stichtag 30. Juni 2011 276,93 Stunden einzustellen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch könne nicht auf § 7 Abs. 3 RBV gestützt werden. Seit der vollständigen Freistellung des Klägers finde diese Regelung auf ihn keine Anwendung, da die Betriebsratstätigkeit nicht mit der beruflichen Tätigkeit gleichzusetzen sei. Da der Kläger die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG nicht vorgetragen habe, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. Es sei nicht dargelegt, dass der Kläger Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb seiner Arbeitszeit habe durchführen müssen. Die Vergütung der aufgewendeten Zeit „wie Mehrarbeit“ erfordere gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG zudem eine auf betriebsbedingten Gründen beruhende Unmöglichkeit der Gewährung von Arbeitsbefreiung. Dem Kläger sei es möglich gewesen, die auf dem Flexikonto aufgelaufenen Plusstunden innerhalb des Bezugszeitraums auszugleichen. Nur wenn aus betrieblichen Gründen ein Ausgleich nicht möglich sei, habe ab der Grenze von +75 Stunden eine „Faktorierung“ mit dem Faktor 1,25 zu erfolgen. Bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern liege die Verantwortung für den Abbau von Plusstunden bei diesen selbst, da die Arbeitszeit nicht durch einen Vorgesetzten gesteuert werde. Für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 hätten sich die Betriebsparteien auf die gemeinsame Rechtsauffassung verständigt, dass von Betriebsratsmitgliedern für Betriebsratstätigkeiten erfasste Zeiten, die über ihre jeweilige Arbeitszeit hinausgehen, nicht gemäß § 7 Abs. 3 RBV zu „faktorieren“ seien. Der Kläger würde aufgrund seines Amtes unzulässig begünstigt, wenn er nach freiem Belieben Plusstunden aufbauen könnte, obwohl hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 259,55 Stunden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

12

I. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen. Sie setzt sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung hinreichend auseinander.

13

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. etwa BAG 28. September 2016 - 7 AZR 377/14 - Rn. 11; 9. Dezember 2014 - 1 AZR 146/13 - Rn. 15). Hierzu genügt weder die bloße Wiedergabe des bisherigen Vorbringens (BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20) noch eine bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10).

14

2. Diesen Erfordernissen wird die Revisionsbegründung gerecht.

15

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Anspruch auf die begehrte Gutschrift nach § 7 Abs. 3 RBV könne sich nur unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 37 Abs. 3 BetrVG ergeben. Es müssten zunächst die Voraussetzungen dieser zwingenden Vorschrift vorliegen. Das sei nicht der Fall. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich nicht bei jeglicher Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben innerhalb des Gleitzeitrahmens um Betriebsratstätigkeit innerhalb der Arbeitszeit. Ergebe sich am Ende des Bezugszeitraums ein Stundenguthaben, stehe vielmehr fest, dass der Kläger seine individuelle Arbeitszeit überschritten habe. Der Kläger habe weder vorgetragen, dass die Plusstunden für erforderliche Betriebsratstätigkeit aufgewendet wurden und außerhalb seiner Arbeitszeit aus betriebsbedingten Gründen angefallen seien, noch habe er dargetan, dass ein Abbau dieser Plusstunden bis zum Ende des Bezugszeitraums aus betrieblichen Gründen nicht möglich war. Dadurch werde der Kläger nicht unzulässig benachteiligt. Das Verlangen der Beklagten, die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG darzulegen, sei nicht treuwidrig.

16

b) Dagegen wendet sich der Kläger in seiner Revisionsbegründung im Wesentlichen mit dem Argument, das Landesarbeitsgericht habe die nach der Rechtsprechung und gemäß § 78 Satz 2, § 37 Abs. 3 BetrVG vorgegebene Prüfungsreihenfolge verkannt. Er rügt, die Beurteilung, ob er überhaupt Betriebsratstätigkeit außerhalb seiner Arbeitszeit iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht habe, sei nicht nur nach seiner individuell geschuldeten Arbeitszeit, sondern wegen § 78 Satz 2 BetrVG nach der für alle Arbeitnehmer geltenden RBV vorzunehmen. Er sei deshalb nicht verpflichtet, unabhängig von den Regelungen der RBV die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG darzulegen. Arbeitszeit, die er im Einklang mit den Vorgaben der RBV im Gleitzeitrahmen erfasst habe, liege nicht außerhalb der „Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG. Träfe diese Rüge zu, wäre sie geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen.

17

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den in der Berufung noch anhängigen Antrag des Klägers, die Beklagte zur Einstellung von 259,55 Stunden auf das Mehrarbeitszeitkonto zu verurteilen, zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

18

1. Die Klage ist zulässig.

19

a) Der Klageantrag ist angesichts dessen, dass die Beklagte das am 30. Juni 2011 bestehende Zeitguthaben des Klägers von mehr als 75 Plusstunden (221,54 Stunden) ohne „Faktorierung“ nach § 7 Abs. 3 RBV auf das Differenzstundenkonto gebucht hat und der Kläger die Zeitgutschrift - wie er in der Verhandlung gegenüber dem Senat bestätigt hat - nicht doppelt begehrt, dahin auszulegen, dass er die geltend gemachte Gutschrift auf dem Mehrarbeitszeitkonto unter Umbuchung der in das Differenzstundenkonto eingestellten Stunden verlangt. Hierbei handelt es sich - nach Abzug der vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesenen 13,9 Stunden - um 207,64 Stunden.

20

b) Der so verstandene Antrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

21

aa) Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“ bzw. in ein Arbeitszeitkonto Stunden „einzustellen“, ist hinreichend bestimmt, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (vgl. BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 14 mwN).

22

bb) Die Beklagte führt für den Kläger das Überstunden- bzw. Mehrarbeitszeitkonto, auf dem die begehrte Gutschrift noch erfolgen kann. Im Antrag kommt auch zum Ausdruck, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll, nämlich zum Stichtag 30. Juni 2011.

23

2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, auf dem für den Kläger geführten Mehrarbeitszeitkonto zum Stichtag 30. Juni 2011 unter Umbuchung von 207,64 auf dem Differenzstundenkonto befindlichen Stunden 259,55 Stunden einzustellen.

24

a) Der Kläger kann sein Verlangen nicht auf § 7 Abs. 3 RBV stützen.

25

aa) Die RBV findet nach ihrem § 1 zwar grundsätzlich auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Danach gilt die RBV für alle Mitarbeiter der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie unter den Geltungsbereich der anwendbaren Tarifverträge, insbesondere des Manteltarifvertrags für das Bodenpersonal, fallen. Das ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien beim Kläger der Fall.

26

bb) Das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren zur Gutschrift und „Faktorierung“ von auf dem Flexikonto zum Ende des Bezugszeitraums aufgelaufenen Plusstunden ist jedoch auf erfasste Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder nicht anwendbar. Das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren setzt ein Zeitguthaben voraus, dem die Erbringung von vergütungspflichtiger Arbeit zugrunde liegt. Freigestellte Betriebsratsmitglieder leisten keine vergütungspflichtige Arbeit, sondern üben ehrenamtliche Tätigkeit aus.

27

(1) § 7 Abs. 3 RBV sieht vor, dass „am Ende des Bezugszeitraums bestehende Plusstunden des Flexikontos oberhalb von +75 Stunden … Überarbeit“ sind und mit dem Faktor 1,25 faktoriert „als Arbeitszeit“ dem Überstundenkonto gutgeschrieben und in den folgenden Bezugszeitraum vorgetragen werden. Die Vorschrift regelt daher das Verfahren für Zeitguthaben, die sich aus der Erbringung vergütungspflichtiger Arbeit ergeben. Für dieses Verständnis spricht auch, dass die RBV in ihrer Präambel und an anderer Stelle mehrfach den Begriff der „Arbeit“ bzw. „Arbeitszeit“ erwähnt. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 RBV regelt die Dokumentation von Beginn und Ende der „Arbeitszeit“ bzw. der „täglich erbrachten Arbeit“, § 4 Abs. 2 RBV ermöglicht dem Mitarbeiter, unter Nutzung seines Flexikontos „die Arbeit nicht aufzunehmen“ oder die „Verlegung der gesamten Arbeitszeit“ eines oder mehrerer Tage in Anspruch zu nehmen. § 6 RBV regelt ua. weitere Zeitkonten für Zeitguthaben aus „Überarbeit“ und „Feiertags-/Vorfeiertagsarbeit“.

28

(2) Freigestellte Betriebsratsmitglieder erbringen im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Betriebsratstätigkeit keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung. Von diesen erfasste Anwesenheitszeiten betreffen ausschließlich Betriebsratstätigkeit. Anwesenheitszeiten freigestellter Betriebsratsmitglieder, die über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinausgehen, stellen daher weder „Überarbeit“ iSv. § 7 Abs. 3 RBV dar noch können sie „als Arbeitszeit“ gutgeschrieben werden. Deshalb ist das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren auf erfasste Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder nicht anzuwenden.

29

(a) Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt als Ehrenamt. Mitglieder des Betriebsrats sind nach § 37 Abs. 2 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 38 Abs. 1 BetrVG sind im dort genannten Umfang Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Die generelle Freistellung von der beruflichen Tätigkeit gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG hat denselben Zweck wie die zeitweilige Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG. Beide Freistellungen sollen ausschließlich die sachgerechte Wahrnehmung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben sicherstellen (BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 22/12 - Rn. 19; 19. Mai 1983 - 6 AZR 290/81 - zu 2 der Gründe, BAGE 42, 405).

30

(b) Für die Dauer der Freistellung besteht daher keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Das ist die gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung (BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 22/12 - Rn. 20 mwN). Soweit ein Betriebsratsmitglied nicht in diesem Sinne im Umfang seiner Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit erbringt, kann dies zu Abzügen vom Arbeitsentgelt führen, weil eine Freistellung nicht für Betriebsratstätigkeit genutzt wurde und deshalb der Anspruch auf Arbeitsentgelt ohne berufliche Arbeitsleistung entfällt (vgl. BAG 19. Mai 1983 - 6 AZR 290/81 - BAGE 42, 405). Daher haben auch freigestellte Betriebsratsmitglieder ein Interesse daran, ihre Anwesenheit im Betrieb zu dokumentieren, weshalb der Arbeitgeber verpflichtet ist, auch diesen die Teilnahme an dem in einer Betriebsvereinbarung geregelten Arbeitszeiterfassungssystem zu ermöglichen (BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 22/12 - Rn. 16). Der Anspruch auf Teilnahme an der Zeiterfassung hat jedoch nicht zur Folge, dass die Erbringung von Betriebsratstätigkeit eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung darstellt.

31

(3) Ein Verständnis von § 7 Abs. 3 RBV dahingehend, dass das darin geregelte Verfahren auch auf Zeitguthaben anwendbar ist, die sich aus der Erfassung der Anwesenheitszeiten freigestellter Betriebsratsmitglieder ergeben, wäre zudem nicht gesetzeskonform. Damit würden die zwingenden Vorgaben von § 37 Abs. 3 BetrVG umgangen.

32

(a) Nimmt ein freigestelltes Betriebsratsmitglied an der Erfassung seiner Anwesenheitszeit im Rahmen eines Gleitzeitsystems teil, kann es eine etwaige Überschreitung der persönlichen Arbeitszeit dann, wenn die Betriebsratstätigkeit innerhalb des Gleitzeitrahmens erbracht wird, grundsätzlich im Rahmen des vorgegebenen Zeitrahmens ausgleichen, ohne dass es einer besonderen Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs bedarf (Fitting 28. Aufl. § 37 Rn. 92a). Bei einem derartigen regelmäßigen Ausgleich von kurzfristiger Über- und Unterschreitung der persönlichen Arbeitszeit im Rahmen einer solchen der Arbeitszeitflexibilisierung dienenden Vereinbarung steht nämlich zunächst (für den dem Zeitausgleich zur Verfügung stehenden Zeitraum) nicht fest, ob die Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG lag. Ist der Zeitausgleich am Ende eines Ausgleichszeitraums nicht vollständig erfolgt und zu diesem Zeitpunkt ein positiver Stundensaldo aufgelaufen, steht aber fest, dass das Betriebsratsmitglied durch die Erbringung von Betriebsratstätigkeit seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit im Bezugszeitraum überschritten hat. Im Fall des vollständig von der Arbeitsleistung freigestellten Betriebsratsmitglieds kann ein dann bestehender positiver Saldo nämlich nur auf Betriebsratstätigkeit basieren. Dann ist die Betriebsratstätigkeit insoweit als „außerhalb der Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht anzusehen(vgl. Fitting 28. Aufl. § 37 Rn. 92a).

33

(b) Der Ausgleich für außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit ist in § 37 Abs. 3 BetrVG geregelt. Diese Vorschrift ist als wesentlicher Teil des gesetzlich geregelten Ehrenamtsprinzips und der Konzeption der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern in § 37 BetrVG zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden, Regelungen zur Durchführung der Vorschrift müssen sich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des § 37 BetrVG halten(vgl. zu § 37 Abs. 2 BetrVG BAG 13. Juli 1994 - 7 AZR 477/93 - zu 2 der Gründe, BAGE 77, 195; Fitting 28. Aufl. § 37 Rn. 4; ErfK/Koch 16. Aufl. § 37 BetrVG Rn. 1; Weber GK-BetrVG 10. Aufl. § 37 Rn. 8, 77). § 37 Abs. 3 BetrVG sieht einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts als Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, nur dann vor, wenn die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit erbracht wurde. Eine Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit setzt zudem nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG voraus, dass Arbeitsbefreiung aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich war.

34

(c) Diese Beschränkungen enthält § 7 Abs. 3 RBV nicht. Die Anwendung der Regelung auf Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder hätte vielmehr zur Folge, dass aus der Erbringung von Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit Freizeitausgleichsansprüche und mit der zusätzlichen „Faktorierung“ ggf. auch zusätzliche Vergütungsansprüche resultierten, ohne dass dies an die zwingenden weiteren Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG gebunden wäre.

35

cc) Danach kann der Kläger seinen Anspruch nicht auf § 7 Abs. 3 RBV stützen. Das am Ende des Bezugszeitraums am 30. Juni 2011 auf seinem Flexikonto bestehende Zeitguthaben von mehr als 75 Plusstunden, dessen „Faktorierung“ und Gutschrift der Kläger geltend macht, stammt ausschließlich aus der Erbringung von Betriebsratstätigkeit im Rahmen der Freistellung gemäß § 38 BetrVG, die am 17. Mai 2010 begann. Das vor der Freistellung im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 16. Mai 2010 aufgelaufene Stundenguthaben belief sich auf 53,76 Stunden und kann nach § 7 Abs. 3 RBV den geltend gemachten Anspruch schon deshalb nicht begründen, weil es 75 Plusstunden nicht übersteigt. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass das Stundenguthaben von mehr als 75 Plusstunden aus Betriebsratstätigkeit resultiert, die der Kläger „außerhalb seiner Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht hat. Die persönliche Arbeitszeit des Klägers beträgt nach § 5 Abs. 1 MTV im Durchschnitt 37,5 Stunden pro Woche. Da das Flexikonto des Klägers am Ende des Bezugszeitraums Plusstunden auswies, steht fest, dass er die geschuldete individuelle Arbeitszeit von durchschnittlich 37,5 Stunden im Bezugszeitraum überschritten hat. Damit liegt diesen Plusstunden Betriebsratstätigkeit zugrunde, die „außerhalb der Arbeitszeit“ erbracht wurde. Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Anwesenheitszeiten des Klägers insgesamt innerhalb des Gleitzeitrahmens von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr lagen. Soweit diese Zeiten seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit übersteigen, handelt es sich um Betriebsratstätigkeit „außerhalb der Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG. Der Kläger selbst verlangt gerade die Anerkennung dieser Plusstunden als zu „faktorierende“ „Überarbeit“ und deren Gutschrift auf dem „Überstundenkonto“ iSv. § 7 Abs. 3 RBV.

36

b) Der Kläger kann seinen Anspruch auf die begehrte Gutschrift auf dem Überstundenkonto nicht auf § 37 Abs. 3 BetrVG stützen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

37

aa) Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG ist die Arbeitsbefreiung vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten. Mitglieder des Betriebsrats erhalten danach weder eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung. Vielmehr gilt das Lohnausfallprinzip. Dieses wird durch § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht durchbrochen. Der dort geregelte Freizeitausgleich für die außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit betrifft lediglich die Folgen einer aus betriebsbedingten Gründen notwendigen Abweichung von dem Grundsatz, dass Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit stattzufinden hat (BAG 28. Mai 2014 - 7 AZR 404/12 - Rn. 20; 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 29 mwN, BAGE 134, 233). Es handelt sich im Ergebnis um ein zeitlich verschobenes Arbeitsentgelt für eine sonst in der persönlichen Arbeitszeit anfallende Betriebsratstätigkeit, die nur infolge eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands in die Freizeit verlagert worden ist. Soweit § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG ausnahmsweise eine Vergütung der aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit vorsieht, ist damit weder ein anderes gesetzliches Regelungskonzept noch die Aufgabe des Lohnausfallprinzips verbunden. Der in § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorgesehene Vergütungsanspruch ist lediglich eine Kompensation dafür, dass der in § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG vorgesehene, gerade nicht auf eine zusätzliche Vergütung gerichtete Freizeitausgleich aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, zeitnah nicht möglich ist. Ein von dem Grundsatz des unentgeltlichen Ehrenamts abweichender gesetzlicher Regelungsplan, dass Freizeitopfer durch die Zahlung einer angemessenen Vergütung auszugleichen wären, liegt darin nicht (BAG 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 29, aaO).

38

bb) Das bedeutet im Streitfall, dass der Anspruch des Klägers auf Gutschrift des am Ende des Bezugszeitraums bestehenden Stundenguthabens von mehr als 75 Stunden, der aus außerhalb der Arbeitszeit erbrachter Betriebsratstätigkeit resultiert, neben der Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit voraussetzt, dass diese aus betriebsbedingten Gründen nicht in der zur Verfügung stehenden individuellen Arbeitszeit erbracht werden konnte. Soweit der Kläger zudem die „Faktorierung“ dieses Stundenguthabens mit dem in § 7 Abs. 3 RBV geregelten Faktor 1,25 begehrt, macht er die vergütungsmäßige Behandlung der aufgewendeten Zeit „wie Mehrarbeit“ iSv. § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG geltend. Bei der Bemessung der Höhe der zu vergütenden Mehrarbeit ist zwar gemäß § 78 Satz 2 BetrVG die Regelung des § 7 Abs. 3 RBV zu berücksichtigen. Allerdings kommt eine solche Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit für die Erledigung erforderlicher Betriebsratstätigkeit nur in Betracht, soweit die Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs aus betriebsbedingten Gründen unmöglich ist.

39

cc) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG erfüllt sind. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Kläger habe weder dargetan, dass die Plusstunden für erforderliche Betriebsratstätigkeit aufgewandt wurden und aus betriebsbedingten Gründen angefallen sind, noch dass ein Abbau des Stundenguthabens bis zum Ende des Bezugszeitraums aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich gewesen ist. Der Kläger, der mit seiner Revision nur geltend macht, die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG müssten für den Erfolg seiner Klage nicht erfüllt sein, hat diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts mit seiner Revision nicht angegriffen.

40

c) Die Beklagte verhält sich nicht treuwidrig iSv. § 242 BGB, indem sie die Gewährung der begehrten Gutschrift von der Darlegung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG durch den Kläger abhängig macht.

41

aa) Eine Rechtsausübung kann gemäß § 242 BGB unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen(BAG 9. Juni 2016 - 6 AZR 396/15 - Rn. 37 mwN).

42

bb) Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger damit rechnen musste, Einzelheiten seiner Betriebsratstätigkeit und deren Erforderlichkeit darlegen zu müssen. Der Kläger hat jedenfalls nicht behauptet, dass die Beklagte ihm in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben habe, auf Darlegungen dazu verzichten zu wollen, dass die Betriebsratstätigkeiten aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit geleistet wurden und dass die Inanspruchnahme von Freizeitausgleich aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich war. Die Beklagte fordert nur die Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch. Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, dass die Beklagte sein Arbeitszeitkonto vor seiner Freistellung im Bezugszeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 nach § 7 Abs. 3 RBV behandelt hat, folgt daraus nichts anderes. In diesem Zeitraum war der Kläger nicht freigestellt, weshalb den erfassten Zeiten nicht ausschließlich Betriebsratstätigkeit zugrunde lag. Aufgrund der „Faktorierung“ der in diesem Zeitraum aufgelaufenen Plusstunden konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte auf die Darlegung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG auch im Rahmen seiner Freistellung verzichten werde.

43

d) Die Nichtgewährung der begehrten Stundengutschrift verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.

44

aa) Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Diese Regelung ergänzt § 37 Abs. 1 BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt führen. Das Ehrenamtsprinzip wahrt die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 7 AZR 401/14 - Rn. 21 mwN). Eine Benachteiligung iSv. § 78 Satz 2 BetrVG ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 68/08 - Rn. 11 mwN).

45

bb) Die Beklagte hat den Kläger nicht unzulässig gegenüber Arbeitnehmern ohne Betriebsratsmandat benachteiligt. Zwar hat sie dem Kläger als freigestelltem Betriebsratsmitglied anders als diesen die begehrte „faktorierte“ Gutschrift auf dem Überstundenkonto nicht gewährt. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch dadurch bedingt, dass dem über 75 Plusstunden hinausgehenden Stundenguthaben des Klägers keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung, sondern die Erbringung ehrenamtlicher Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit zugrunde lag. Diese Ungleichbehandlung war durch die zwingenden Vorgaben des § 37 Abs. 3 BetrVG geboten. Ungleichbehandlungen, die von der Rechtsordnung gedeckt sind, untersagt § 78 Satz 2 BetrVG nicht(vgl. Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 78 Rn. 48, 60).

46

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt     

        

    Waskow     

        

        

        

    R. Gmoser    

        

    Willms     

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2015 - 1 Sa 35/12 - im Kostenausspruch, in Ziff. 2 und Ziff. 4 des Tenors jeweils insgesamt und in Ziff. 1 des Tenors insoweit aufgehoben, wie es das Versäumnisurteil vom 7. Februar 2013 (- 1 Sa 35/12 -) teilweise aufgehoben, das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2012 (- 3 Ca 143/12 -) teilweise abgeändert und festgestellt hat, dass dem Kläger 32 Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung als Ersatz für den Urlaub aus dem Jahr 2008 zustehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung, über Ersatzurlaubsansprüche für verfallenen Urlaub bzw. Entschädigung in Geld und - im Wege der Widerklage - über einen Rückzahlungsanspruch wegen Gehaltsüberzahlung.

2

Der Kläger ist Fachwirt der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Seit dem 1. August 2000 war er bei der Beklagten, einer Ersatzkasse, in deren Hauptverwaltung als Sachgebietsleiter beschäftigt. Zuletzt wurde er im Bereich kaufmännisches Immobilienmanagement eingesetzt. In der Hauptverwaltung, für die ein Personalrat gewählt ist, beschäftigte die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die von der Beklagten abgeschlossenen Haustarifverträge, ua. der Manteltarifvertrag der Techniker Krankenkasse (TKT), in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Beklagte vergütete den Kläger zuletzt nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 11 TKT.

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien vor den streitgegenständlichen Kündigungen - beginnend ab Juni 2006 - mehrere Male, zuletzt am 14. Juli 2010 fristlos. Infolge dieser Kündigungen, gegen die er jeweils Kündigungsschutzklage erhob, erbrachte der Kläger letztmalig am 19. November 2007 Arbeitsleistungen für die Beklagte. Diese stellte den Kläger durch mehrere Schreiben unter Anrechnung auf tariflichen Jahresurlaub - ua. der Jahre 2008, 2009 und 2010 - von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Im April 2013 entschied das Landesarbeitsgericht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 nicht aufgelöst worden ist. Das Urteil wurde am 15. Juli 2013 rechtskräftig.

5

In einem parallel geführten Rechtsstreit hat sich der Kläger gegen eine zum 26. April 2006 erfolgte Änderung seines Tätigkeitsbereichs gewandt. Am 31. Januar 2008 hat das Landesarbeitsgericht - unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils - die Beklagte verurteilt, den Kläger als Sachgebietsleiter BW.3 (Kaufmännisches Immobilienmanagement) neben den Tätigkeiten der Dokumentation des Verwaltungshandelns und der Erstellung und Prüfung von Betriebskostenabrechnungen mit Tätigkeiten der Anmietung von Dienststellenflächen, der Vermietung von eigenen Immobilien der Beklagten, der Durchführung von Mietzahlungen, der Überwachung der zufließenden Mieteinnahmen sowie der Durchführung des in Bezug auf die Betriebskostenabrechnungen und Mietzahlungen aus den Mietverhältnissen der Beklagten des außergerichtlichen Mahnwesens zu beschäftigen. Der Rechtsstreit ist - nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten - in die Revision gelangt. Das Verfahren ist ausgesetzt.

6

Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 forderte die Beklagte den Kläger auf, sich am 24. Juli 2013, 10:00 Uhr, in der Hauptverwaltung zum Arbeitsantritt einzufinden und sich zunächst am Empfang zu melden.

7

Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 bat der Kläger, die Beklagte möge ausstehende Annahmeverzugsvergütung abrechnen und die sich hieraus ergebenden Nettobeträge an ihn auszahlen. Er erklärte, er mache bis zur Erledigung von seinem Zurückbehaltungsrecht „an seiner Arbeitskraft“ Gebrauch. Außerdem verwies er auf einen früheren Antrag, ihm für die Zeit vom 18. Juli bis 4. September 2013 Urlaub zu gewähren.

8

Die Beklagte kündigte baldige Zahlung an. Hinsichtlich des Urlaubs teilte sie mit, der Anspruch für das laufende Jahr sei durch eine vorsorgliche Freistellung in der Zeit vom 21. Januar 2013 bis einschließlich 8. März 2013 erfüllt. Auf ihre Anweisung wurde dem Konto des Klägers am 26. Juli 2013 ein Betrag in Höhe von 95.029,80 Euro netto gutgeschrieben.

9

Unter dem 29. Juli 2013 beanstandete der Kläger die Zahlung als zu gering. Schon auf der Basis der bisherigen Eingruppierung habe eine Nachzahlung von rund 120.000,00 Euro netto erfolgen müssen und bestehe noch eine Differenz von „ca. EUR 25.000,00 netto“. Im Übrigen stünden Verzugszinsen offen, sei eine nachvollziehbare Abrechnung nicht erfolgt und habe er seit dem 1. Juli 2010 Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 Stufe 11 TKT. Unabhängig davon sei er in der Vergangenheit erheblichen Anfeindungen und Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts ausgesetzt gewesen. Mit Blick hierauf erwarte er eine betriebsöffentliche, ihn rehabilitierende Stellungnahme des Vorstands der Beklagten und seines bisherigen unmittelbaren Vorgesetzten. Außerdem sehe er einem Angebot zur Durchführung eines betriebsinternen Supervisions- oder Mediationsverfahrens unter Teilnahme mehrerer Personen, ua. eines Vertreters des Personalrats, entgegen. Dies sei erforderlich, um künftig eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit - auch mit ihm unterstellten Mitarbeitern - zu ermöglichen. Bis zur Bestätigung der Abgabe oder Durchführung der geforderten Erklärungen bzw. Maßnahmen mache er „zusätzlich zu dem Zurückbehaltungsrecht aufgrund der nicht erfüllten Gegenforderungen“ von einem Zurückbehaltungsrecht „an der Arbeitskraft“ Gebrauch.

10

Mit Schreiben vom 31. Juli 2013 erläuterte die Beklagte anhand beigefügter monatlicher Entgeltabrechnungen, sie habe für die Zeit vom 29. Juni 2010 bis 31. Juli 2013 unter Berücksichtigung etwaiger Sonderzahlungen Bruttovergütung iHv. insgesamt 243.119,00 Euro berechnet. Bei der erfolgten Gutschrift handele es sich um den daraus ermittelten Nettobetrag. Außerdem gab sie Erklärungen zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und der Beträge zur Arbeitslosenversicherung ab. Weiter gehende Forderungen wies sie - bis auf Zinsforderungen - zurück. Am 1. August 2013 überwies sie dem Kläger zu deren Ausgleich einen Betrag von 18.623,33 Euro netto.

11

Der mit den vorgenannten Schreiben jeweils wiederholten Aufforderung der Beklagten, sich in der Hauptverwaltung einzufinden, leistete der Kläger keine Folge. Weitere Erklärungen gab er nicht ab. Mit Schreiben vom 7. und 27. August 2013 sowie vom 9. September 2013 mahnte die Beklagte ihn jeweils wegen „Nichterscheinens am Arbeitsplatz“ ab. Zugleich erneuerte sie jeweils - erfolglos - die Ladung zum Arbeitsantritt.

12

Mit Schreiben vom 27. September 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Personalrats - außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2014.

13

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, ein Kündigungsgrund liege nicht vor. Er sei zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet gewesen. Die Beklagte sei nicht bereit gewesen, ihn vertragsgemäß zu beschäftigen. Im Übrigen habe er rechtmäßig von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Grundlage hierfür seien - neben offenen Gehaltsforderungen - erhebliche Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts gewesen, denen er seit dem Jahr 2006 ausgesetzt gewesen sei. So sei er einem regelrechten „Mobbing-Programm“ unterzogen worden, das im mittleren Management der Beklagten praktiziert worden sei. Zur Wiedergutmachung und zum Ausschluss künftiger Störungen habe er Anspruch auf die mit Schreiben vom 29. Juli 2013 verlangte betriebsöffentliche Stellungnahme gehabt. Um eine reibungslose und sachdienliche Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Beklagten zu ermöglichen, habe es zudem einer Supervision oder - nach Wahl der Beklagten - einer Mediation bedurft.

14

Daneben hat der Kläger - im Rahmen ursprünglich getrennt geführter Klagen und soweit noch von Interesse - Ansprüche wegen nicht erfüllter Urlaubsansprüche geltend gemacht. Mit Klage vom 29. Dezember 2011 hat er zunächst - im Hinblick auf die Kündigung vom 14. Juli 2010 - „Abgeltung“ für 34 Tage Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 verlangt. Im Berufungsrechtszug hat er sein Begehren um eine Feststellungsklage erweitert, mit der er „hilfsweise“ für den Fall des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses Ersatzurlaub im Umfang von zwei Tagen für das Jahr 2007 und von 32 Tagen für das Jahr 2008 geltend gemacht hat. Mit weiterer Klage vom 23. Dezember 2013 hat er die Feststellung von Ersatzurlaubsansprüchen für Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 im Umfang von je 32 Tagen begehrt; „hilfsweise“ für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 27. September 2013 hat er deren „Abgeltung“ verlangt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit den vorsorglichen Freistellungen im Rahmen der früheren Kündigungsschutzprozesse seine Urlaubsansprüche - mangels vorbehaltloser Zusage der Urlaubsvergütung - nicht erfüllt. Angesichts deren zwischenzeitlichen Verfalls sei sie verpflichtet, Schadensersatz zu leisten.

15

Der Kläger hat zuletzt, soweit von Interesse, beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. September 2013 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.909,36 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2010 zu zahlen,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, festzustellen, dass ihm 34 Tage restlicher Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 zustehen;

        

3.    

festzustellen, dass ihm aus den Jahren 2009 und 2010 noch ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung iHv. 64 Arbeitstagen zusteht,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 27. September 2013 endete, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.793,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. September 2013 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, sowie widerklagend,

        

den Kläger zu verurteilen, an sie 6.653,87 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat die Kündigungen als wirksam verteidigt. Der Kläger habe spätestens seit dem 1. August 2013 die Arbeitsleistung grundlos und beharrlich verweigert. Bei pflichtgemäßer Meldung in der Hauptverwaltung wäre ihm die Leitung des Sachgebiets BW.3 im Wesentlichen „in dem Bestand“ aus dem Jahr 2006 übertragen worden. Ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung habe er schon nicht wirksam ausgeübt. Den tariflichen Jahresurlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 habe sie bis zum Ablauf des jeweiligen Übertragungszeitraums vollständig erteilt. Im Übrigen habe der Kläger jeweils die Urlaubsgewährung verlangt. Es sei widersprüchlich, ihn nicht als erfüllt zu betrachten. Etwaige Ansprüche seien zudem verfallen, mindestens aber verjährt. Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch beruhe auf einer Überzahlung. Der Kläger habe die an ihn - unstreitig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Gehaltszahlungen für die Monate August und September 2013 ohne Rechtsgrund erlangt.

18

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

19

Das Arbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil, das es nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Klägers aufrechterhalten hat, die Kündigungsschutzklage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die weiter gehenden Klageanträge hat es - soweit noch von Bedeutung - ebenfalls abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil vom 7. Februar 2013 die Berufung des Klägers im Umfang der geltend gemachten „Urlaubsabgeltung“ für Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 und der für diese Jahre „hilfsweise“ beantragten Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf 34 Tage Ersatzurlaub zurückgewiesen. Nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Klägers und Verbindung der Rechtsstreitigkeiten der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht, soweit noch von Interesse, (zu Nr. 4 des Tenors) der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Außerdem hat es (zu Nr. 1 und Nr. 2 des Tenors) - unter teilweiser Aufhebung seines Versäumnisurteils vom 7. Februar 2013 und dessen Aufrechterhaltung im Übrigen - festgestellt, dass dem Kläger je 32 Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung als Ersatz für Urlaub aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 zustehen.

20

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte hinsichtlich des Ersatzurlaubs für das Jahr 2008 die Wiederherstellung des zweitinstanzlichen Versäumnisurteils, im Übrigen die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

22

A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - neben dem Kündigungsschutzantrag, den Anträgen auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf je 32 Tage Ersatzurlaub für Urlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 und dem Widerklageantrag - der Antrag auf Entschädigung für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 (16.793,12 Euro brutto nebst Zinsen). Über den zuletzt genannten Antrag hat das Landesarbeitsgericht, ausgehend von dem zutreffenden Verständnis, es handele sich um einen „echten“, vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Hilfsantrag, nicht entschieden (zur Entbehrlichkeit eines Anschlussrechtsmittels in einem solchen Fall vgl. BAG 16. März 2010 - 3 AZR 594/09 - Rn. 75, BAGE 133, 289). Anders verhält es sich mit dem Antrag auf „Abgeltung“ von Urlaubsansprüchen für die Jahre 2007 und 2008 und dem Feststellungsantrag, soweit er sich auf zwei Ersatzurlaubstage für Urlaub aus dem Jahr 2007 bezieht. In diesem Umfang hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers unter Aufrechterhaltung seines Versäumnisurteils vom 7. Februar 2013 zurückgewiesen. Da der Kläger insoweit Anschlussrevision nicht eingelegt hat, fällt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über diese Streitgegenstände dem Senat nicht zur Überprüfung an. Ob ihr ein zutreffendes Antragsverständnis zugrunde liegt, kann dahinstehen.

23

B. Die Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß begründet worden.

24

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Begründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die genaue Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 15; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11). Bei mehreren Streitgegenständen muss grundsätzlich für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Einer eigenständigen Begründung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt. Mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand ist dann zugleich dargelegt, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 11; 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 146, 353).

25

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Zwar setzt sie sich nicht gesondert mit der Begründung der Entscheidung über die Widerklage auseinander, obwohl diese lediglich Zahlungen für die Zeit nach Zugang der Kündigung vom 27. September 2013 betrifft und damit unmittelbar vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängt. Das ist aber unschädlich. Das Landesarbeitsgericht hat die Widerklage mit der - knappen - Erwägung abgewiesen, im entscheidungserheblichen Zeitraum habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden, in dem die Beklagte zur Zahlung von Entgelt verpflichtet gewesen sei. Für den Rechtsgrund der Zahlung bezieht es sich erkennbar stillschweigend auf seine Entscheidung über die Kündigungsschutzklage. Dieser hat es mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe den Kläger nicht in beachtlicher, ihren Annahmeverzug beendender Weise zur Arbeit aufgefordert mit der Folge, dass er nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte legt im Einzelnen dar, warum diese Rechtsauffassung fehlerhaft sei. Die Sachrügen sind, ihre Berechtigung unterstellt, geeignet, außer der Entscheidung über die Kündigungsschutzklage auch die Entscheidung über die Widerklage zu Fall zu bringen. Entsprechendes gilt für die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub. Über sie ist - bei sachgerechtem Verständnis - nur im Fall des vollständigen Obsiegens des Klägers mit dem Kündigungsschutzantrag zu entscheiden.

26

C. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag nicht stattgeben (I.). Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 27. September 2013 aufgelöst worden ist, steht nicht fest und kann vom Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst entschieden werden (II.). Über die ordentliche Kündigung und über die Ersatzurlaubsansprüche bzw. Ansprüche auf Geldentschädigung ist in Abhängigkeit vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits zu entscheiden. Auch hinsichtlich der Widerklage ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif (III.).

27

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben.

28

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 20; 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 27, 28).

29

2. Die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist ein in diesem Sinne „an sich“ die außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigender Grund (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 22; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19 mwN). Als ein solcher kommt aber auch die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten in Betracht (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 517/14 - Rn. 23; 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 19). Das betrifft sowohl auf die Hauptleistungspflicht bezogene Nebenleistungspflichten, die der Vorbereitung, der ordnungsgemäßen Durchführung und der Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen (vgl. BGH 13. November 2012 - XI ZR 145/12 - Rn. 28), als auch sonstige, aus dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) erwachsende Nebenpflichten (zum Inhalt möglicher Nebenleistungspflichten vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 12). Ob eine Verletzung arbeitsvertraglicher (Neben-)Pflichten vorliegt, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Handelt der Arbeitnehmer in der Annahme, sein Verhalten sei rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - aaO; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 32).

30

3. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um bloße Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (st. Rspr., BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 22; 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 45, BAGE 146, 161).

31

4. Dieser Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe den Arbeitsaufforderungen der Beklagten mangels genügender Spezifizierung der Art der künftig von ihm zu leistenden Tätigkeit keine Folge leisten müssen, ist nicht berechtigt. Hiervon ausgehend ist es zu dem rechtsfehlerhaften Ergebnis gelangt, eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung liege nicht vor. Es hat übersehen, dass ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zumindest unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten in Betracht kommt.

32

a) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, die Beklagte habe den Kläger nach ihrer früheren Kündigung vom 14. Juli 2010 zur Arbeit auffordern müssen, um dessen Arbeitspflicht zu begründen. Die Würdigung ist - auch soweit sie auf der nicht näher begründeten Annahme beruht, die Beklagte habe sich vor der Ladung vom 22. Juli 2013 mit der Annahme der Dienste des Klägers im Verzug befunden - nachvollziehbar.

33

aa) In den früheren Kündigungen - zuletzt der rechtskräftig für unwirksam erklärten fristlosen Kündigung vom 14. Juli 2010 - lag zugleich die Erklärung der Beklagten, sie werde die Arbeitsleistung des Klägers nicht mehr annehmen. Sie geriet damit grundsätzlich in Annahmeverzug, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Klägers bedurfte, §§ 295, 296 BGB(vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 12, BAGE 141, 340; 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 216; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe mwN, BAGE 108, 27). Davon geht die Beklagte, die für die Zeit vom 29. Juni 2010 bis einschließlich Juli 2013 vorbehaltlos Annahmeverzugsvergütung an den Kläger ausgekehrt hat, erkennbar selbst aus. Sie meint lediglich, aufgrund der Nichtbefolgung ihrer Ladungen zum Arbeitsantritt habe ihr Gläubigerverzug spätestens Anfang August 2013 geendet.

34

bb) Die Beendigung des Annahmeverzugs ist gesetzlich nicht besonders geregelt. Er endet in dem Zeitpunkt, in dem seine Voraussetzungen entfallen (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 22; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 3 der Gründe, BAGE 90, 329). Ist der Arbeitgeber nach einer unwirksamen Kündigungserklärung in Annahmeverzug geraten, muss er, um den Annahmeverzug zu beenden, den Arbeitnehmer zur Arbeit auffordern. Die Erledigung des Kündigungsrechtsstreits ändert daran nichts. Auch in diesem Fall ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Arbeitskraft von sich aus anzubieten. Da der Arbeitgeber mit der unwirksamen Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer den entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht hat, kann der Arbeitnehmer regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - aaO; 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 14 mwN, BAGE 141, 340; grundlegend 9. August 1984 - 2 AZR 374/83 - zu B II 5 b der Gründe, BAGE 46, 234). Einer solchen Aufforderung bedarf es in jedem Fall, wenn für den Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres erkennbar ist, wann und wo er die Arbeit wieder aufnehmen soll (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - aaO; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - aaO). Nimmt der Arbeitnehmer die Arbeit trotz entsprechender Aufforderung nicht wieder auf, endet der Annahmeverzug des Arbeitgebers, weil dann regelmäßig vom Fehlen des Leistungswillens des Arbeitnehmers auszugehen ist. Der Anwendungsbereich des § 297 BGB ist nicht auf den Fall beschränkt, in dem der Arbeitnehmer schon vor einer Kündigung nicht zu vertragsgemäßer Arbeitsleistung bereit war(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 16 mwN; APS/Biebl 4. Aufl. § 11 KSchG Rn. 13).

35

cc) Hinsichtlich der Aufforderung, die Arbeit aufzunehmen, braucht der Arbeitgeber keine „Ankündigungsfrist“ einzuhalten. Zwar ist der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung gehalten, seine Arbeitskraft anderweitig zu verwerten, § 615 Satz 2 BGB. Deshalb räumt ihm § 12 KSchG ein Wahlrecht ein: Besteht nach einer Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort und ist der Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft die Fortsetzung des (früheren) Arbeitsverhältnisses verweigern. Mit der Erklärung endet das (frühere) Arbeitsverhältnis und es ist ihm nach § 12 Satz 4 KSchG entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. Lässt der Arbeitnehmer die Wochenfrist aber verstreichen, besteht das frühere Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten fort. Der Arbeitnehmer kann und muss deshalb jederzeit damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 18, BAGE 141, 340).

36

b) Diesen Vorgaben werden die Erklärungen der Beklagten grundsätzlich gerecht. Sie hat den Kläger nach Erledigung der vorausgegangenen Kündigungsschutzprozesse mehrmals schriftlich aufgefordert, sich in ihrer Hauptverwaltung „zum Arbeitsantritt“ einzufinden und sich zunächst am Empfang zu melden. Im Zeitpunkt ihres Schreibens vom 22. Juli 2013 war die Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG verstrichen, ohne dass der Kläger sich auf die Eingehung eines anderen Arbeitsverhältnisses berufen hätte. Die Ladungen enthielten eindeutige Vorgaben zu Ort und Zeitpunkt (24. Juli 2013, 10:00 Uhr bzw. nachfolgend: „unverzüglich“) des erwarteten Dienstantritts.

37

c) Es kann unterstellt werden, dass es zur Bewirkung der vom Kläger geschuldeten Hauptleistung einer Konkretisierung der Art der zu verrichtenden Tätigkeit bedurfte. Eine ggf. erforderliche Spezifizierung brauchte die Beklagte jedenfalls nicht schon bei der Arbeitsaufforderung vorzunehmen. Sie durfte vielmehr das Erscheinen des Klägers im Betrieb abwarten. Die bisherigen Feststellungen berechtigen nicht zu der Annahme, dem Kläger sei schon die bloße Meldung in der Hauptverwaltung unzumutbar gewesen.

38

aa) Die dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung obliegende Mitwirkungshandlung iSd. §§ 295, 296 BGB besteht darin, dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung zu ermöglichen(BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 90, 329; 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - zu II 2 d der Gründe). Daraus folgt aber keine Obliegenheit des Arbeitgebers, neben der grundsätzlich gebotenen Festlegung von Zeit und Ort der Arbeitsaufnahme auch den Inhalt der vom Arbeitnehmer konkret zu leistenden Arbeit bereits bei der Arbeitsaufforderung festzulegen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer ohne eine solche Konkretisierung außerstande ist, seine Hauptleistungspflicht zu erfüllen.

39

(1) Die Arbeitsaufforderung hat den Zweck, dem Arbeitnehmer Gewissheit darüber zu verschaffen, dass der Arbeitgeber ihm die Arbeitsaufnahme nicht länger verwehrt und den Arbeitsplatz - freilich im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen - überhaupt zur Verfügung stellt. Dafür kommt es regelmäßig nicht darauf an, ob und ggf. welcher konkreten Arbeitsanweisungen es zusätzlich bedarf, um den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seiner Hauptleistungspflicht nachzukommen (BAG 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - zu II 2 d der Gründe). Ausreichend ist vielmehr die Bereitschaft des Arbeitgebers, ggf. erforderliche Konkretisierungshandlungen nach Erscheinen des Arbeitnehmers im Betrieb vorzunehmen (Konzen Anm. AP BGB § 615 Nr. 35). Steht der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses fest, genügt als Anzeige dieser Bereitschaft grundsätzlich auch eine nicht näher spezifizierte Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers.

40

(2) Für diese Sichtweise spricht auch die Obliegenheit, bei der laufenden Planung des Arbeitseinsatzes billiges Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO) walten zu lassen. Dies kann es erforderlich machen, auf einen vorab abzuklärenden Einarbeitungsbedarf des Arbeitnehmers Bedacht zu nehmen, was umso mehr gilt, wenn die unwirksame Kündigung des Arbeitgebers zu einer längeren Arbeitsunterbrechung geführt hat. Im Übrigen bleibt es dem Arbeitgeber grundsätzlich unbenommen, von einer vor Arbeitsantritt vorgenommenen oder avisierten Leistungsbestimmung im Zeitpunkt des Erscheinens des Arbeitnehmers im Betrieb wieder Abstand zu nehmen und den Inhalt der Arbeitsleistung in den Grenzen des § 106 GewO neu festzulegen.

41

(3) Gegenstand des dem Arbeitgeber zukommenden Direktionsrechts ist im Übrigen nicht allein die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers. Ihm unterliegen gleichfalls solche Verhaltenspflichten, die darauf zielen, den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 23, BAGE 143, 62; 23. Juni 2009 - 2 AZR 606/08 - Rn. 17; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 45 Rn. 14). Auch dies spricht dafür, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer für unwirksam erklärten Kündigung - sofern er ihm nur einen Arbeitsplatz überhaupt zur Verfügung stellt - zur „Arbeit“ schlicht in der Weise auffordern kann, dass er ihn mit der Maßgabe in den Betrieb einbestellt, sich an einem vorgegebenen Ort zur Entgegennahme weiterer Weisungen bereit zu halten.

42

bb) Kommt der Arbeitnehmer einer ihm insoweit auferlegten Vorbereitungshandlung bewusst nicht nach, kann dies zum einen indizieren, dass ihm die Bereitschaft, Arbeit überhaupt zu leisten, fehlt (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 19, BAGE 141, 340). Zum anderen liegt in dem Verhalten eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten, die bei intensiver Weigerung „an sich“ auch eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen vermag.

43

cc) Der Streitfall weist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Besonderheiten auf, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Die Beklagte musste die Art der vom Kläger künftig zu leistenden Tätigkeit nicht deshalb vor dem erwarteten Dienstantritt konkretisieren, weil sie womöglich im Zusammenhang mit einer früheren Änderung des Arbeitsbereichs des Klägers in unwirksamer Weise von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hatte und infolgedessen über den Inhalt der Arbeitspflicht des Klägers Streit bestand.

44

(1) Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Begründung seines nicht rechtskräftigen Urteils vom 31. Januar 2008 gemeint, die Beklagte habe ihr Direktionsrecht bei der fraglichen Änderung des Sachgebiets BW.3 in maßregelnder Weise und damit unter Verstoß gegen § 612a BGB ausgeübt. Eine andere, vertragsgemäße Tätigkeit habe sie dem Kläger im Anschluss nicht mehr übertragen. Die Würdigung ist in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Ihr ist nicht zu entnehmen, ob sich das Landesarbeitsgericht, das sich hier auf ein Begründungselement aus der herangezogenen Entscheidung bezieht, die dortigen Feststellungen konkludent zu eigen gemacht und sie einer eigenen tatrichterlichen Würdigung unterzogen hat, oder ob es - was unzureichend wäre - die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung ungeprüft übernommen hat.

45

(2) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die mit der Änderung des Tätigkeitsbereichs zusammenhängende Leistungsbestimmung nicht lediglich unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB), sondern wegen Verstoßes gegen § 612a BGB aus anderen Gründen unwirksam war. Daraus folgte grundsätzlich aber nur, dass es bis zu einer rechtswirksamen Neuausübung des die Hauptleistungspflicht betreffenden Direktionsrechts durch die Beklagte bei der dem Kläger zuvor zugewiesenen Arbeitsaufgabe verblieb und er nicht verpflichtet war, die Leitung des Sachgebiets BW.3 in der Ausgestaltung, den dieses seit dem 26. April 2006 hatte, auch nur vorläufig zu übernehmen (vgl. dazu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 239). Auch ein dem Kläger ggf. im Hinblick auf die Änderung seines Tätigkeitsbereichs zukommendes Leistungsverweigerungsrecht (§ 275 Abs. 3 BGB) berechtigte ihn - jenseits der Frage, ob er von dem Recht bereits Gebrauch gemacht hatte - grundsätzlich nicht, Handlungen zu unterlassen, die lediglich der Vorbereitung einer späteren Arbeitsaufnahme dienten und die es der Beklagten ermöglicht hätten, von ihrem Direktionsrecht ggf. erneut und nunmehr rechtswirksam Gebrauch zu machen. Dementsprechend lassen sich aus der bloßen Unwirksamkeit einer vor der Kündigung in Bezug auf die Hauptleistung erteilten Weisung auch keine besonderen Anforderungen an den Inhalt einer dem Arbeitgeber obliegenden Arbeitsaufforderung ableiten. Nichts anderes gilt für die Verurteilung vom 31. Januar 2008. Auch mit ihr war keine Entscheidung darüber getroffen, ob und ggf. in welchem Umfang die Beklagte zukünftig von ihrem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen konnte (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - aaO; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 10).

46

dd) Zwar läge keine genügende Arbeitsaufforderung vor, wenn der Beklagten grundsätzlich die Bereitschaft gefehlt hätte, den Kläger vertragsgemäß einzusetzen. Auch käme ggf. ein Weigerungsrecht des Klägers unmittelbar aus oder analog § 275 Abs. 3 BGB in Betracht, wenn er aufgrund äußerer Umstände berechtigten Anlass gehabt hätte, eine generelle Annahmeunwilligkeit der Beklagten zu vermuten. Für beides fehlt es auf der Basis der bisherigen Feststellungen aber an Anhaltspunkten.

47

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in diese Richtung ausgeführt, dem Vorbringen der Beklagten „aus Gerichtsverfahren“ sei zu entnehmen, dass sie den Kläger nach Arbeitsantritt erneut nur als Leiter des Sachgebiets BW.3 in der Ausgestaltung habe beschäftigen wollen, den dieses nach der Änderung des Tätigkeitsbereichs seit dem 26. April 2006 gehabt habe. Die Würdigung verletzt, wie die Beklagte mit Recht rügt, § 286 ZPO. Sie lässt nicht erkennen, auf welchen tatsächlichen Grundlagen sie beruht. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, ob das Landesarbeitsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlungen gewürdigt hat, insbesondere ob es sich mit dem Vortrag der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 28. April 2015 auseinandergesetzt hat, die Tätigkeit, die sie dem Kläger nach seinem Erscheinen in der Hauptverwaltung habe zuweisen wollen, habe der ihr durch das Urteil vom 31. Januar 2008 auferlegten Beschäftigungspflicht entsprochen. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die Beklagte habe dem Sachgebiet BW.3 das Vergaberecht entzogen bzw. es bei dem Entzug belassen wollen, widerspricht dies nicht deren Rechtsauffassung. Das Gebiet zählt nicht zu den im Tenor des Urteils vom 31. Januar 2008 einzeln aufgeführten Arbeitsaufgaben.

48

(2) Aber auch wenn die von der Beklagten in den Blick genommene Beschäftigung nicht den Vorgaben der Verurteilung vom 31. Januar 2008 entsprochen hätte, folgte daraus nicht, dass ihr grundsätzlich die Bereitschaft gefehlt hätte, auf etwaige Einwände des Klägers einzugehen und ihm erforderlichenfalls andere Aufgaben zuzuweisen.

49

II. Der Kündigungsschutzantrag ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist. Die Entscheidung darüber stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO).

50

1. Die bisherigen Feststellungen bieten - wie gezeigt - keinen genügenden Anhaltspunkt für die Annahme, die Beklagte sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, den Kläger vertragsgemäß einzusetzen. Das Vorbringen der Parteien aus den Vorinstanzen liefert dafür keine zusätzlichen Anhaltspunkte. Der Kläger hat lediglich gemeint, die Beklagte habe schon bei früherer Arbeitsaufforderung vom 26. Januar 2010 nicht klargestellt, auf welcher Grundlage sie ihn beschäftigen werde. Dies reicht ebenso wenig aus wie sein Hinweis, die Beklagte habe bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs für das Jahr 2013 seine Urlaubswünsche nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat dies mit dem „Verbrauch“ des Urlaubs durch eine im Lauf der Vorprozesse erfolgte vorsorgliche Urlaubsgewährung begründet. Damit hat sie lediglich in einer umstrittenen Rechtsfrage einen für sie günstigen Standpunkt eingenommen. Da der Kläger auf die mehrfachen Ladungen zum Arbeitsantritt trotz Abmahnung nicht reagiert hat, ist - vorbehaltlich eines ihm aus anderen Gründen zustehenden Rechts, seine Arbeitskraft zurückzuhalten - zumindest von einer beharrlichen, die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten auszugehen.

51

2. Nach dem bisher festgestellten Streitverhältnis spricht wenig dafür, die Weigerung des Klägers in Ausübung des von ihm ausgeübten Zurückbehaltungsrechts (§ 273 Abs. 1 BGB) als gerechtfertigt anzusehen (zum Ausschluss einer Arbeitsverweigerung bei berechtigter Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 37; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 39 ff. mwN).

52

a) Nach dieser Vorschrift darf der Schuldner, der aus dem gleichen Rechtsverhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat - sofern sich aus dem Schuldverhältnis nichts anderes ergibt -, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. Dem Arbeitnehmer kann ein Recht zustehen, die Arbeitsleistung zurückzuhalten, wenn der Arbeitgeber seine aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt. So liegt es beispielsweise, wenn der Arbeitgeber oder einer seiner Repräsentanten (§ 278 BGB) die Gesundheit des Arbeitnehmers oder dessen Persönlichkeitsrecht in erheblicher Weise verletzt und mit weiteren Verletzungen zu rechnen ist. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dementsprechend muss der Arbeitnehmer unter Angabe des Grundes dem Arbeitgeber klar und eindeutig mitteilen, er werde dieses Recht mit Blick auf eine ganz bestimmte, konkrete Gegenforderung wahrnehmen. Nur so wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, den möglichen Anspruch des Arbeitnehmers zu prüfen und ggf. zu erfüllen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 37; 3. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 39 ff.).

53

b) Danach ist, soweit der Kläger geltend gemacht hat, ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm wegen behaupteter Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts zu, schon fraglich, ob er die Beeinträchtigungen durch die pauschale Bezugnahme auf Ausführungen in einem früheren Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hinreichend spezifiziert hatte (zu diesem Erfordernis vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51). Im Ergebnis dürfte es hierauf nicht ankommen. Soweit der Kläger in Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts die Abgabe einer „betriebsöffentlichen“ Stellungnahme des Vorstands der Beklagten und seines unmittelbaren Vorgesetzten verlangt hat, „… da[ss] [er] sich gegenüber der [Beklagten] auch sonst kein kündigungsrelevantes Verhalten ha[be] zu schulden kommen lassen“, ist nicht erkennbar, worauf sich das Verlangen stützt, insbesondere soweit es neben die Erklärung treten sollte, dass alle gegenüber dem Kläger erhobenen Kündigungsvorwürfe unbegründet gewesen seien. Im Übrigen liegt nicht in jeder unberechtigten Kritik, überzogenen Abmahnung und/oder unwirksamen Kündigung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - aaO). Es hätte deshalb einer näheren, auf die einzelnen Vorwürfe bezogenen Darstellung bedurft, warum die maßgebende Schwelle im Streitfall überschritten sein soll. Die Unterbreitung eines Angebots auf Durchführung eines innerbetrieblichen Mediations- oder Supervisionsverfahrens konnte der Kläger schon deshalb nicht in Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durchsetzen, weil die Beklagte Mitglieder des Personalrats in ihrer Funktion als Amtsträger grundsätzlich nicht zur Teilnahme an solchen Verfahren verpflichten kann. Dass die von ihm erbetenen Offerten auf Freiwilligkeit ausgelegt sein sollten, ist dem Schreiben vom 29. Juli 2013 nicht ohne Weiteres zu entnehmen.

54

c) Ein Arbeitnehmer kann das Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung zwar auch dann ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und der Arbeitgeber diesen nicht erfüllt (vgl. BAG 25. Oktober 1984 - 2 AZR 417/83 - zu II 3 der Gründe). Der Kläger hat aber nicht aufgezeigt, dass ihm nach der Anfang August 2013 bewirkten Zahlung von Verzugszinsen noch eine fällige Gehaltsforderung einschließlich etwaiger Nebenforderungen zugestanden habe. Soweit er sich im Schreiben vom 29. Juli 2013 darauf bezogen hat, ihm zugeflossene Nettobeträge seien zu gering, fehlt es an einer nachvollziehbaren Berechnung des Anspruchs. Ansprüche des Klägers auf Höhergruppierung haben die Vorinstanzen - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Damit steht - soweit ersichtlich - fest, dass dem Kläger auch aus einem solchen Grund keine weiter gehenden Zahlungsansprüche zugestanden haben.

55

3. Auch wenn es auf der Basis der bisherigen Feststellungen eher fernliegen dürfte anzunehmen, der Kläger habe wirksam von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht, muss die abschließende Beurteilung, die auch auf tatsächlichem Gebiet liegt, dem Landesarbeitsgericht vorbehalten bleiben.

56

4. Abgesehen davon hat das Landesarbeitsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt ausgehend konsequent - keine umfassende Interessenabwägung vorgenommen und damit die Prüfung unterlassen, ob das Beendigungsinteresse der Beklagten das Bestandsschutzinteresse des Klägers überwiegt (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 35, BAGE 150, 109; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 28). Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Dabei wird insbesondere auf einen möglichen Rechtsirrtum des Klägers über ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht Bedacht zu nehmen sein. Ein solcher Irrtum wäre, auch wenn er für den Kläger auflösbar und vermeidbar gewesen sein mag, für die Interessenabwägung nicht von vornherein bedeutungslos (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 40; 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 44). Im Streitfall könnte er sich jedenfalls dann zugunsten des Klägers auswirken, wenn rechtswidrige Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht objektiv vorgelegen haben sollten, was nach seinem - bestrittenen - Vorbringen nicht ausgeschlossen erscheint. Auch dann bliebe es zwar bei der unwirksamen Ausübung des Rechts und hätte der Kläger aufgrund der nachdrücklichen Abmahnungen der Beklagten hinreichenden Anlass gehabt, seine Rechtsausübung auf Angemessenheit zu überprüfen. Gleichwohl erschiene die Pflichtverletzung in einem milderen Licht, was bei der Interessenabwägung zugunsten des Klägers zu berücksichtigen wäre.

57

5. Die fristlose Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Erklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt wäre. Die Beklagte hat die Kündigung damit begründet, der Kläger sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, ihren Ladungen zu folgen und seine Arbeitsleistung zu erbringen. Damit hat sie einen Dauertatbestand geltend gemacht, der sich bis zum Kündigungszeitpunkt fortlaufend neu verwirklichte (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 45).

58

6. Auf andere Unwirksamkeitsgründe hat sich der Kläger nicht berufen.

59

III. Der Zurückverweisung unterliegen auch die weiteren, in die Revision gelangten Streitgegenstände.

60

1. Über die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung ist nur zu entscheiden, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Sollte der Antrag dem Landesarbeitsgericht erneut zur Entscheidung anfallen, wird es zunächst weiterhin davon ausgehen können, dass sich der Kündigungsschutzantrag trotz verkürzter Formulierung auf beide am 27. September 2013 erklärte Kündigungen bezieht. Darüber hinaus wird es zu berücksichtigen haben, dass seine Würdigung, die Kündigung sei mangels kündigungsrelevanter Pflichtverletzung sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 KSchG, auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht tragfähig ist.

61

2. Die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub sind - jedenfalls seit ihrer Verbindung mit dem Kündigungsschutzantrag - als uneigentliche Hilfsanträge zu diesem zu verstehen. Die Entscheidung über sie hängt davon ab, dass sich keine der beiden Kündigungen als wirksam erweist. Im Alternativverhältnis dazu steht - was den Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 betrifft - der „echte“ Hilfsantrag auf Entschädigung in Geld, der erkennbar für den Fall gestellt ist, dass auch nur eine der beiden Kündigungen Bestand hat und damit die Gewährung des Ersatzurlaubs wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Betracht kommt.

62

3. Sollten ihm die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub erneut zur Entscheidung anfallen, wird das Landesarbeitsgericht - auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen und des unstreitigen Parteivorbringens - im Ergebnis weiter davon ausgehen können, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von je 32 Arbeitstagen Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 hat. Sollte es auf den Entschädigungsanspruch ankommen, wird es ergänzende Feststellungen insbesondere zur Anspruchshöhe zu treffen haben. Von dahin gehenden Hinweisen sieht der Senat ab.

63

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Feststellungsanträge mit Recht für zulässig erachtet. Ein Vorrang der Leistungsklage besteht nicht (BAG 15. Dezember 2015 - 9 AZR 747/14 - Rn. 9).

64

b) Anspruchsgrundlage sind § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (BAG 19. Januar 2016 - 9 AZR 507/14 - Rn. 21; 3. Juni 2014 - 9 AZR 944/12 - Rn. 10 mwN).

65

c) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zunächst zutreffend angenommen, der Urlaubsanspruch des Klägers sei in den Jahren 2008 bis 2010 im Umfang von je 32 (Arbeits-)Tagen entstanden und nicht durch Erfüllung erloschen.

66

aa) Zwischen den Parteien bestand im fraglichen Zeitraum und darüber hinaus bis jedenfalls zum 27. September 2013 ein Arbeitsverhältnis. Gemäß § 21 TKT (idF des ÄnderungsTV vom 12. September 2006) hatte der Kläger Anspruch auf 32 Arbeitstage Urlaub jährlich. Der Anspruch wird durch eine mit Wirkung zum 1. Januar 2012 erfolgte Neufassung der Vorschrift nicht berührt. Der tarifliche Jahresurlaub schließt den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) ein.

67

bb) Nach den bisherigen Feststellungen stellte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. November 2008 unwiderruflich unter Anrechnung auf den tariflichen Erholungsurlaub für das Jahr 2008 von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 18. August 2009 gab sie für das Jahr 2009 und mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 sowie 23. Februar 2010 für das Jahr 2010 entsprechende Erklärungen ab. Mit diesen Freistellungen, die jeweils im Verlauf schwebender Kündigungsschutzverfahren erfolgten, hat sie die betreffenden Urlaubsansprüche des Klägers nicht erfüllt.

68

(1) Zwar kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst (BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 14 f. mwN). Eine wirksame Urlaubsgewährung liegt darin nach jüngerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt (BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 18, BAGE 150, 355).

69

(2) Die Beklagte behauptet selbst nicht, sie habe entsprechende Zahlungen oder Zusagen vorgenommen. Sie meint nur, der Rechtssatz aus der Entscheidung vom 10. Februar 2015 sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Das trifft nicht zu.

70

(a) Wie der Neunte Senat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt hat, ist der Urlaubsanspruch nicht allein auf die Freistellung von der Arbeitsleistung gerichtet. Nach § 1 BUrlG hat vielmehr jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die Vorschrift entspricht der Regelung in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Dazu genügt es nicht, wenn ihm zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Anspruch auf Urlaubsvergütung zuerkannt wird. Der Arbeitnehmer ist in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsgestaltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht weiß, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt wird (im Einzelnen dazu BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 21 bis 23, BAGE 150, 355).

71

(b) Die Ausführungen beziehen sich nicht nur auf den der Entscheidung vom 10. Februar 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt einer nach fristloser Kündigung des Arbeitgebers erfolgten Freistellung des Arbeitnehmers für die Dauer der Kündigungsfrist einer zugleich erklärten ordentlichen Kündigung. Sie beanspruchen darüber hinaus Geltung.

72

(c) Soweit die Beklagte auf ihre objektive Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts verweist, übersieht sie, dass es hierauf nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Arbeitnehmer losgelöst vom Streit über die Wirksamkeit der Kündigung seiner Urlaubsvergütung sicher sein kann. Das Argument der Beklagten, die Höhe des Bruttomonatseinkommens des Klägers stehe den angestellten Zumutbarkeitserwägungen entgegen, verfängt ebenso wenig. Es versteht sich von selbst, dass sich ein Arbeitnehmer bei der Urlaubsgestaltung an der Höhe seiner Urlaubsvergütung orientiert und orientieren darf.

73

(3) Dem Kläger ist es nicht unter dem Gesichtspunkt missbräuchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Urlaubsgewährungen zu berufen (zu den Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 53, BAGE 141, 1; BGH 15. November 2012 - IX ZR 103/11 - Rn. 12). Zwar kann bspw. der Arbeitnehmer, wenn er mit der zeitlichen Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber nicht einverstanden ist, gehalten sein, dem Arbeitgeber die Annahmeverweigerung unverzüglich mitzuteilen, und das Unterlassen einer solchen Mitteilung kann rechtsmissbräuchlich sein (vgl. BAG 6. September 2006 - 5 AZR 703/05 - Rn. 19, BAGE 119, 232). Dies bedeutet aber nicht, dass Rechtsmissbrauch auch dann in Betracht käme, wenn die Freistellungserklärung - wie hier - von vornherein nicht geeignet war, den Anspruch zu erfüllen.

74

cc) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob der Kläger den Urlaub rechtzeitig verlangt hat. Es hat gemeint, eines solchen Verlangens habe es nicht bedurft, weil die Beklagte die Ansprüche als solche mit den Freistellungen bestätigt habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hatte Urlaub zum Zwecke der Erfüllung des Anspruchs vorsorglich erteilt. Daraus konnte der Kläger grundsätzlich nicht schließen, sie stelle die Ansprüche unabhängig von der Eignung ihrer Erklärung streitlos, der angestrebten Kumulation von Urlaubsansprüchen vorzubeugen, oder sie verzichte für den Fall, dass der Kläger die Ansprüche nicht als erfüllt ansehe, auf deren Geltendmachung. Im Ergebnis dürfte es hierauf aber nicht ankommen.

75

(1) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hatte der Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 um Gewährung des ihm für das Jahr 2008 zustehenden Urlaubs gebeten. Betreffend den Urlaub für die beiden Folgejahre hat er - soweit ersichtlich unbestritten - vorgetragen, er habe die Beklagte mit Einschreiben vom 25. November 2009 und vom 22. November 2010 jeweils zur Urlaubsgewährung aufgefordert.

76

(2) Die Verlangen waren rechtzeitig. Die in den Jahren 2008, 2009 und 2010 entstandenen Urlaubsansprüche, die auch während der laufenden Kündigungsschutzprozesse grundsätzlich erfüllt werden konnten, waren nicht am 31. Dezember des jeweiligen Jahres untergegangen, sondern konnten gemäß § 23 Abs. 1 TKT ohne Bindung an weitere Voraussetzungen noch bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres gewährt und genommen werden. Nach dieser Bestimmung „verfällt“ Urlaub, „der nicht spätestens drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres genommen wird, ohne Anspruch auf Geldentschädigung; es sei denn, dass er erfolglos schriftlich geltend gemacht worden ist“. Die Regelung erweitert - unter Berücksichtigung der Festlegung in § 20 Abs. 1 Satz 2 TKT, nach der Urlaubsjahr das Kalenderjahr ist - gegenüber § 7 Abs. 3 BUrlG den Zeitraum, in dem der Urlaub aus einem bestimmten Kalenderjahr gewährt und genommen werden kann, auf das erste Quartal des auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres. Sie bestimmt die Voraussetzungen des Verfalls des Urlaubs, auch soweit er den gesetzlichen Mindesturlaub einschließt, erkennbar abschließend.

77

dd) Einer Mahnung bedurfte es, ausgehend von den Behauptungen zur Geltendmachung der Urlaubsansprüche, nicht. Die Beklagte hatte dem Kläger lediglich „vorsorglich“ Urlaub erteilt, ohne vorab das Entgelt zu zahlen oder vorbehaltlos zuzusagen. Auf dessen - soweit ersichtlich - zeitlich nachfolgende Urlaubsverlangen hat sie nicht mehr reagiert. Unter diesen Umständen durfte der Kläger annehmen, die Beklagte gehe davon aus, alles zur Erfüllung der Ansprüche Erforderliche getan zu haben, und musste sich eine Mahnung als bloße Förmelei erweisen (BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11 - Rn. 14).

78

ee) Der daraus erwachsene Schadensersatzanspruch unterliegt keiner gesetzlichen Befristung. Der Ersatzurlaub brauchte deshalb nicht erneut geltend gemacht zu werden. Ob der Ersatzurlaub der einstufigen tariflichen Ausschlussfrist des § 40 Abs. 1 TKT unterliegt, bedarf keiner Entscheidung. Sie wäre jedenfalls durch die Aufforderungen des Klägers zur Urlaubsgewährung auch hinsichtlich des Ersatzurlaubs gewahrt (vgl. BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 12; 15. November 2005 - 9 AZR 633/04 - Rn. 41).

79

ff) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Der Ersatzurlaubsanspruch unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 37). Seinen frühestens am 31. März 2009 entstandenen Schadensersatzanspruch auf Ersatzurlaubsgewährung für Urlaub aus dem Jahr 2008 hat der Kläger durch Klageerweiterung im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 gerichtlich geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Schluss des Jahres 2009 begonnene Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 BGB)noch nicht abgelaufen. Der Eintritt der Verjährung der frühestens am 31. März 2010 bzw. 31. März 2011 entstandenen Schadensersatzansprüche auf Gewährung von Ersatzurlaub für Urlaub aus den Jahren 2009 bzw. 2010 wurde durch Feststellungsklage vom 23. Dezember 2013, die der Beklagten am 8. Januar 2014 „demnächst“ (§ 167 ZPO) zugestellt worden ist, gehemmt.

80

4. Die Sache ist auch hinsichtlich der Widerklage nicht zur Endentscheidung reif.

81

a) Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob der Kläger verpflichtet war, den Ladungen der Beklagten zum Arbeitsantritt zu folgen. Bejahendenfalls wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob und ggf. ab wann der Kläger leistungsunwillig war und sich selbst außerstande gesetzt hat, die Arbeitsleistung zu bewirken mit der Folge, dass ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung für die Zukunft entfiel.

82

b) Für die Tage nach Zugang der fristlosen Kündigung beim Kläger hängt die Entscheidung über die Widerklage unmittelbar vom Ausgang des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung ab.

83

5. Soweit sich die Aufhebung und Zurückverweisung auf den Ausspruch in Ziff. 1 des Tenors des Urteils des Landesarbeitsgerichts bezieht, war zur Klarstellung das Datum des (teilweise) abgeänderten Urteils des Arbeitsgerichts (- 3 Ca 143/12 -) auf den 13. Juni 2012 zu berichtigen (vgl. dazu auch auf Seite 8, 3. Absatz des Berufungsurteils).

84

D. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Beckerle    

        

    A. Claes    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. März 2013 - 16 Sa 763/12 - aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2011 zu zahlen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 29. März 2012 - 6 Ca 4596/11 - wird im Umfang der Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger zu 80 % zu tragen, die Beklagte zu 20 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1987 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt gegen eine monatliche Vergütung iHv. 3.639,41 Euro brutto. Der nicht unterzeichnete Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1987 regelt unter Ziff. 6 „Weitere Kündigungsregelungen“ Folgendes:

        

„Der Arbeitgeber ist berechtigt, den/die Angestellten jederzeit unter Fortzahlung des letzten monatlichen Gehaltes von der Arbeit freizustellen.“

3

Unter Ziff. 14 „Anwendung einschlägiger Tarifverträge“ heißt es:

        

„Im Übrigen finden auf das Arbeitsverhältnis die einschlägigen Tarifverträge für Angestellte Anwendung, die von dem für den Betrieb räumlich zuständigen Innungsverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks für den Geltungsbereich des Betriebes abgeschlossen sind oder abgeschlossen werden. Dies gilt beispielsweise für Urlaub, vermögenswirksame Leistungen und Kündigungsfrist.“

4

Die Beklagte wendet die Tarifverträge für den „Auftragsbezogenen Ladenbau“ in Nordrhein-Westfalen an.

5

Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2011. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

hiermit kündigen wir das mit Ihnen am 01.10.1987 begonnene Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB, hilfsweise fristgemäß zum 31.12.2011.

        

Der Betriebsrat wurde vor Ausspruch dieser Kündigung angehört.

        

Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“

6

Gegen die Wirksamkeit der Kündigung wandte sich der Kläger in einem beim Arbeitsgericht Dortmund geführten Kündigungsrechtsstreit. Im Gütetermin vom 17. Juni 2011 schlossen die Parteien einen Vergleich. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

„1.     

Die Parteien sind sich dahingehend einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger, ordentlicher Kündigung vom 19.05.2011 mit Wirkung zum 30.06.2011 aus betrieblichen Gründen beendet werden wird.

        

…       

        
        

5.    

Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zum 30.06.2011 ordnungsgemäß ab. Die Parteien sind sich insofern auch dahingehend einig, dass der Kläger bis zum Beendigungstermin von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt bleibt.

        

6.    

Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt.

        

7.    

Damit ist der Rechtsstreit 7 Ca 227/11 erledigt.“

7

In einer am 8. Juni 2011 erstellten Verdienstabrechnung für Mai 2011 wies die Beklagte Urlaubsabgeltung für 88,23 Stunden bei einem Stundensatz von 20,55 Euro brutto iHv. insgesamt 1.813,13 Euro brutto aus. Nach einer unter dem 4. August 2011 erstellten weiteren Verdienstabrechnung erhielt der Kläger ein Urlaubstagegeld iHv. 1.296,40 Euro brutto. Der sich aus der Abrechnung ergebende Nettobetrag wurde an den Kläger ausgezahlt.

8

Mit Schreiben vom 1. August 2011 verlangte der Kläger ua. die ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt gemäß Ziff. 5 des geschlossenen Vergleichs, insbesondere im Hinblick auf die Abgeltung noch ausstehender Urlaubsansprüche. Letztere lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 9. August 2011 ab.

9

Mit seiner am 4. November 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger ua. Urlaubsabgeltung iHv. 2.357,09 Euro brutto geltend gemacht. Hierzu hat der Kläger behauptet, bei einer Beendigung am 30. Juni 2011 habe ihm ein Urlaubsanspruch von 15,5 Tagen zugestanden. Dies entspreche 114,7 Stunden, die mit jeweils 20,55 Euro abzugelten seien. Die Beklagte habe weder durch die Erklärung im Kündigungsschreiben noch durch die Vereinbarung im Vergleich wirksam Erholungsurlaub gewährt.

10

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Urlaub sei dem Kläger durch die Freistellung tatsächlich gewährt worden.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit sie Gegenstand der Revision ist - abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2011 verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Unrecht eine Urlaubsabgeltung iHv. 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2011 zugesprochen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Anspruch des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub bereits erfüllt.

14

I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen, dass der Urlaubsanspruch des Klägers jedenfalls nicht vollständig durch die im Kündigungsschreiben enthaltene Erklärung der Beklagten erfüllt wurde. Die in Verbindung mit der fristlosen und der hilfsweise fristgemäßen Kündigung erteilte bezahlte Freistellung im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung „unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche“ hat den Urlaubsanspruch des Klägers allenfalls teilweise erfüllt.

15

1. Es ist umstritten, ob der kündigende Arbeitgeber Urlaub unter der Bedingung erteilen kann, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

16

a) Der Senat hat bisher angenommen, der Arbeitgeber könne den Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher werde durch eine Kündigung nicht berührt (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 14 f. mwN). Mit der Kündigung mache der Arbeitgeber lediglich geltend, er gehe davon aus, das Arbeitsverhältnis werde zu dem von ihm bestimmten Zeitpunkt enden. Er „behaupte“ eine Beendigung (vgl. BAG 23. Januar 2001 - 9 AZR 26/00 - zu I 2 c bb der Gründe, BAGE 97, 18). Dem entspreche, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der während eines Kündigungsschutzrechtsstreits Urlaub verlangt, Urlaub zu gewähren habe (vgl. BAG 9. November 1999 - 9 AZR 915/98 - zu II 2 b aa der Gründe; 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 92, 299). Die vorsorgliche Urlaubsgewährung liege im wohlverstandenen Eigeninteresse des Arbeitgebers, um die Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern (BAG 9. November 1999 - 9 AZR 915/98 - zu II 2 b bb der Gründe; 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - zu I 2 c der Gründe, aaO). Dem stehe nicht entgegen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzrechtsstreit offen sei, ob der Arbeitgeber Urlaubsentgelt oder Urlaubsabgeltung schulde (vgl. 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 79, 92). Der Urlaubsanspruch sei kein sog. Einheitsanspruch. Er richte sich auf die Befreiung von der Arbeitspflicht. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt werde dadurch nicht berührt. Ist das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung beendet, sei der Urlaub abzugelten.

17

b) Diese Auffassung ist auf Kritik gestoßen (LAG Berlin 7. März 2002 - 7 Sa 1648/01 - zu II 2 c der Gründe; Arnold/Tillmanns/Arnold BUrlG 3. Aufl. § 7 Rn. 69; Bachmann in GK-BUrlG 5. Aufl. § 7 Rn. 38; ErfK/Gallner 15. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 6; AR/Gutzeit 7. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 10). Zum einen sei bei einer bedingten Urlaubserteilung für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung für den Arbeitnehmer nicht hinreichend klar, ob er Erholungsurlaub habe oder nicht (vgl. ErfK/Gallner aaO; AR/Gutzeit aaO). Zum anderen gebiete das Unionsrecht eine Rückkehr zur dogmatischen Einordnung des Urlaubsanspruchs als Einheitsanspruch (vgl. Arnold/Tillmanns/Arnold aaO; AR/Gutzeit aaO). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verkenne zudem, dass der Arbeitgeber durch seine unwirksame Kündigung das Risiko der Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen selbst geschaffen habe (LAG Berlin 7. März 2002 - 7 Sa 1648/01 - zu II 2 c der Gründe).

18

2. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf die Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie) durch den Gerichtshof der Europäischen Union der Modifikation bedarf. Ein Arbeitgeber gewährt durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

19

a) Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers (st. Rspr., zB BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 16, BAGE 131, 30; vgl. auch BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24). Diese ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen muss, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will (st. Rspr., vgl. BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24). Andernfalls ist nicht feststellbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs eine Erfüllungshandlung bewirken (§ 362 Abs. 1 BGB), den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zB zur besseren Wahrung von Geschäftsgeheimnissen ausschließen oder aus sonstigen Gründen als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme mit den in § 615 BGB bezeichneten Folgen verzichten will(st. Rspr., vgl. BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24; 9. Juni 1998 - 9 AZR 43/97 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 89, 91; Arnold/Tillmanns/Arnold aaO Rn. 25). Das kann auch dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellt (BAG 14. März 2006 - 9 AZR 11/05 - Rn. 11). Notwendig ist allerdings stets die endgültige Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht (BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 17, aaO). Die unter dem Vorbehalt des Widerrufs stehende Befreiung erfüllt daher den Urlaubsanspruch nicht. Andererseits ist die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nur möglich, wenn überhaupt eine Arbeitspflicht im fraglichen Zeitraum besteht (BAG 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - und - 9 AZR 9 AZR 877/13 - jeweils Rn. 16).

20

b) Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung für die Dauer der Kündigungsfrist der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung frei und erhebt der Arbeitnehmer Klage nach § 4 KSchG, so steht in dem Zeitraum, in dem der Urlaub erfüllt werden soll, regelmäßig nicht rechtskräftig fest, ob die außerordentliche Kündigung wirksam ist. Dies gilt auch noch nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts. Nach § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG ist in Rechtsstreitigkeiten über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Berufung immer statthaft. Da nur im Falle der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eine Arbeitspflicht besteht, von der der Arbeitnehmer befreit werden kann, ist mit Zugang der bedingten Freistellungserklärung des Arbeitgebers bei dem Arbeitnehmer nicht klar, ob eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung besteht, von der eine Befreiung möglich ist.

21

c) Darüber hinaus ist der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht allein auf die Freistellung von der Arbeitsleistung gerichtet. Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Zur Erfüllung dieses Anspruchs genügt es daher nicht, dass der Arbeitnehmer in der Zeit des Urlaubs nicht arbeiten muss. Das Gesetz verlangt, dass die Zeit der Freistellung von der Arbeit „bezahlt“ sein muss. § 1 BUrlG entspricht insoweit der Regelung in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und ist damit einer unionsrechtskonformen Auslegung zugänglich(vgl. BAG 5. August 2014 - 9 AZR 77/13 - Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des EuGH bedeutet der in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie enthaltene Begriff des „bezahlten“ Jahresurlaubs, dass das Arbeitsentgelt für die Dauer des Jahresurlaubs im Sinne der Richtlinie weiterzugewähren ist. Der Arbeitnehmer muss für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 16; 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 19; 16. März 2006 - C-131/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 50, Slg. 2006, I-2531). Die Richtlinie behandelt den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als die zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung dieses Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 17 mwN). Daher ist der Zeitpunkt, zu dem das Entgelt für den Jahresurlaub zu zahlen ist, unbeschadet günstigerer Bestimmungen iSv. Art. 15 der Arbeitszeitrichtlinie so festzulegen, dass der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in Bezug auf das Entgelt in eine Lage versetzt wird, die mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist(EuGH 16. März 2006 - C-131/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 59, aaO).

22

Es kann vorliegend dahinstehen, ob dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen ist, dass die Rechtsprechung des EuGH eine Rückkehr zur Einordnung des Urlaubsanspruchs als sog. Einheitsanspruchs mit allen in der Vergangenheit daraus gezogenen Schlussfolgerungen erfordert (zum Streit vgl. Hohmeister BB 1995, 2110). Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gebietet nicht, dass das Urlaubsentgelt schon vor dem Urlaubsbeginn ausgezahlt werden muss(vgl. zur alten Rspr. BAG 9. Januar 1979 - 6 AZR 647/77 -). Der EuGH hat festgestellt, dass keine Bestimmung der Arbeitszeitrichtlinie ausdrücklich den Zeitpunkt festlegt, zu dem das Entgelt für den Jahresurlaub zu zahlen ist. Diese Festlegung obliegt vielmehr den Mitgliedstaaten (EuGH 16. März 2006 - C-131/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 54 und 56, aaO).

23

Aus dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub folgt jedoch, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Dazu genügt es nicht, wenn ihm zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Anspruch auf Urlaubsvergütung zuerkannt wird. Der Arbeitnehmer ist in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsgestaltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht weiß, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt wird. Mit dem unionsrechtlichen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wird bezweckt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (vgl. EuGH 10. September 2009 - C-277/08 - [Vicente Pereda] Rn. 21 mwN, Slg. 2009, I-8405). Dieser Zweck kann typischerweise nur dann erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer während des Zeitraums weiß, dass er in Bezug auf das Entgelt in eine Lage versetzt ist, die mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist.

24

d) Dies berücksichtigend hat die Beklagte durch die Erklärung im Kündigungsschreiben den Urlaubsanspruch des Klägers nicht vollständig erfüllt. Sie hat dem Kläger weder vor Antritt des Urlaubs Urlaubsvergütung gezahlt noch vorbehaltlos zugesagt.

25

aa) Dies gilt jedenfalls für den Anteil des Jahresurlaubs, der dem Kläger zugestanden hätte, wenn das Arbeitsverhältnis nicht bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung, sondern erst mit Ablauf der Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung beendet worden wäre. Im Falle der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung hätte der Kläger zwar einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG, der abzugeltende Urlaubsanspruch wäre aber nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG auf vier Zwölftel zu kürzen. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2011 hätte dem Kläger dagegen der Urlaubsanspruch ungekürzt zugestanden. In Bezug auf den Anteil von acht Zwölftel des Urlaubsanspruchs des Jahres 2011 wusste der Kläger bis zum Abschluss des gerichtlichen Vergleichs am 17. Juni 2011 nicht, ob ihm ein Vergütungsanspruch zustehen würde. Es ist weder festgestellt noch sonst erkennbar, dass die Beklagte ihm insofern unabhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im fraglichen Zeitraum die Zahlung eines Urlaubsentgelts vorbehaltslos zugesagt hat.

26

bb) Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, der Kläger habe jedenfalls aufgrund der Verdienstabrechnung für Mai 2011 sicher sein können, für 88,23 Stunden eine Urlaubsabgeltung iHv. 1.813,13 Euro brutto zu erhalten, stand diese Abrechnung einer vorbehaltslosen Zusage der Urlaubsvergütung nicht gleich. Der Senat hat die sog. Surrogatstheorie mit Urteil vom 19. Juni 2012 (- 9 AZR 652/10 - BAGE 142, 64) vollständig aufgegeben. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung folgt nicht mehr den Regeln des Urlaubsanspruchs. Dementsprechend muss der Gläubiger nicht stets davon ausgehen, dass die Leistung zur Erfüllung des Urlaubsabgeltungsanspruchs zugleich auch der Erfüllung eines Anspruchs auf Urlaubsentgelt dienen soll. Vielmehr bedarf es regelmäßig einer (hilfsweisen) Tilgungsbestimmung entsprechend § 366 Abs. 1 BGB. Ob die Beklagte eine solche zumindest konkludent abgegeben hat, bedarf keiner weiteren Klärung, weil der Anspruch des Klägers schon aus anderen Gründen nicht gegeben ist.

27

II. Über die Gewährung und Inanspruchnahme von Erholungsurlaub in der Zeit bis zum 30. Juni 2011 haben sich die Parteien unter Ziff. 5 des gerichtlichen Vergleichs vom 17. Juni 2011 geeinigt. Danach wurde der Urlaubsanspruch des Klägers vollständig durch bezahlte Freistellung in diesem Zeitraum erfüllt. Nach § 779 BGB ist der Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Die insoweit insbesondere im Hinblick auf die Auslegung des Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestehende Ungewissheit über die Wirksamkeit der Urlaubsgewährung im Kündigungsschreiben wurde durch die Einigung beseitigt.

28

1. Die Auslegung eines Prozessvergleichs richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB(BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; Thomas/Putzo/Seiler 36. Aufl. § 794 Rn. 18). In welchem Umfang die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, ist umstritten (vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 20 ff.). Teilweise wird angenommen, weil es sich um eine Prozesshandlung handele, sei die Auslegung gerichtlicher Vergleiche in der Revision vollständig überprüfbar, selbst wenn ihr Inhalt ausschließlich individuell bestimmt sei (BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 558/01 - zu II 2 b aa der Gründe; vgl. auch BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I 2 der Gründe; GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 22; Düwell/Lipke/Düwell 3. Aufl. § 73 Rn. 22; ErfK/Koch 15. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 8). Andererseits wird die Auffassung vertreten, bei Prozessvergleichen sei ebenso wie bei sonstigen vertraglichen Vereinbarungen darauf abzustellen, ob es sich um eine typische Erklärung handele oder um eine atypische. Handele es sich um einen nichttypischen Vertrag könne die Auslegung des Prozessvergleichs vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das angefochtene Urteil auf einem Verstoß gegen allgemeine Auslegungsregeln, Erfahrungssätze oder Denkgesetze beruht und nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind (BAG 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 31 ff., BAGE 117, 218; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - aaO, mit dem Hinweis, dass Klauseln in Prozessvergleichen in der Regel nichttypische Erklärungen seien; vgl. auch BAG 27. August 2014 - 4 AZR 999/12 - Rn. 18; HWK/Bepler 6. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 15; Schwab/Weth/Ulrich ArbGG 4. Aufl. § 73 Rn. 28; GK-ArbGG/Mikosch Stand Dezember 2014 § 73 Rn. 43 mit der Annahme, es handele sich in der Regel um typische Vereinbarungen).

29

2. Es bedarf keiner abschließenden Klärung, in welchem Umfang die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht zu überprüfen ist. Diese hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat sich rechtsfehlerhaft auf die Auslegung des Satzes 2 der Ziff. 5 des Vergleichs beschränkt, ohne die übrigen Regelungen des Prozessvergleichs in die Auslegung einzubeziehen.

30

a) Im Kündigungsschreiben vom 19. Mai 2011 hat die Beklagte erklärt, im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werde der Kläger mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt. Mit Ziff. 1 des Vergleichs vom 17. Juni 2011 haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass diese Bedingung erfüllt war, indem sie vereinbarten, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger, ordentlicher Kündigung vom 19. Mai 2011 mit Wirkung zum 30. Juni 2011 beendet werden wird. Da die Parteien die Beendigung bereits zum 30. Juni 2011 und nicht - wie in der Kündigungserklärung vom 19. Mai 2011 vorgesehen - zum 31. Dezember 2011 vereinbarten, hätte es nahe gelegen, als Beendigungsgrund den gerichtlichen Vergleich selbst und nicht das Kündigungsschreiben der Beklagten anzunehmen. Das Anknüpfen an die Kündigungserklärung vom 19. Mai 2011 stellt vor diesem Hintergrund ein Indiz dafür dar, dass gerade auch die Urlaubsgewährung ab jenem Zeitpunkt von dem Willen der Parteien umfasst war. Vor diesem Hintergrund bedurfte es - entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts - nicht zwingend der ausdrücklichen Vereinbarung im Prozessvergleich, dass die bezahlte Freistellung der Erfüllung des Urlaubsanspruchs dienen sollte.

31

b) Das Landesarbeitsgericht ist im Rahmen seiner Auslegung auch nicht auf Ziff. 6 des Prozessvergleichs eingegangen. Danach sollten mit der Erfüllung dieses Vergleichs alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt sein. Bei dem Urlaubsanspruch handelt es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Damit folgt auch aus Ziff. 6 des Vergleichs, dass durch die bezahlte Freistellung des Klägers im Zeitraum vom Zugang der Kündigung vom 19. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2011 auch der Urlaubsanspruch erfüllt sein sollte. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass dieser Zeitraum nicht ausgereicht habe, um sämtliche Urlaubsansprüche und Überstundenguthaben zu erfüllen.

32

Der Wortlaut von Ziff. 6 des Vergleichs unterscheidet sich auch erheblich von dem Wortlaut der Erledigungsklausel, die Gegenstand des Urteils des Senats vom 9. Juni 1998 war (- 9 AZR 43/97 - BAGE 89, 91 [„Mit Zahlung des Gehalts Juni und Aushändigung der Papiere sowie einem qualifizierten Zeugnis sind alle gegenseitigen Forderungen erledigt.“]). Durch die Formulierung „mit der Erfüllung dieses Vergleichs“ haben die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zum Ausdruck gebracht, dass die vergütete Freistellung von der Arbeit und nicht erst die Erledigungsklausel selbst zum Untergang des Urlaubsanspruchs führen sollte. Insofern ähnelt die Klausel zwar der Klausel, über die sich die Entscheidung des Achten Senats vom 31. Mai 1990 verhält (- 8 AZR 132/89 - BAGE 65, 171 [„Mit Erledigung der Ziffern 2. bis 4. sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt.“]). In jenem (außergerichtlichen) Vergleich einigten sich die Parteien in Ziff. 2 jedoch nur auf eine Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist, ohne die Vergütungspflicht ausdrücklich zu regeln. Im Übrigen ist im Vergleich der Parteien vom 17. Juni 2011 auch die in der Formulierung, „dass der Kläger … freigestellt bleibt“, liegende Bezugnahme auf das Schreiben vom 19. Mai 2011 zu berücksichtigen, in dem die Anrechnung der bezahlten Freistellung auf sämtliche Urlaubsansprüche ausdrücklich genannt ist.

33

c) Nach Ziff. 3 des Vergleichs vom 17. Juni 2011 zahlt die Beklagte an den Kläger wegen des Verlusts seines sozialen Besitzstands eine Abfindung entsprechend §§ 9, 10 KSchG iHv. 15.000,00 Euro brutto. Es ist - gerade unter Berücksichtigung der Erledigungsklausel in Ziff. 6 des Vergleichs - nicht erkennbar, dass die Beklagte durch den Vergleich neben dem Abfindungsanspruch noch einen zusätzlichen Anspruch begründen wollte. Dies wäre aber nach der Auslegung des Landesarbeitsgerichts der Fall. Der Kläger hätte neben dem Anspruch auf Abgeltung des vollen Urlaubs einen Anspruch auf bezahlte Freistellung im Zeitraum vom Zugang der Erklärung vom 19. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2011. Ein Anlass, warum die Beklagte sich neben der Pflicht zur Urlaubsgewährung bzw. zur Urlaubsabgeltung zu einer weiteren bezahlten Freistellung von der Arbeitsleistung verpflichten sollte, ist weder festgestellt noch dargelegt.

34

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Matth. Dipper    

        

    Anthonisen    

                 

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2009 - 11/18 Sa 1114/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juni 2008 - 7 Ca 9518/07 - abgeändert. Es wird festgestellt, dass dem Kläger für das Jahr 2007 weitere fünf Tage Urlaub zustanden.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Resturlaub aus dem Jahr 2007.

2

Die Beklagte, ein Bankunternehmen, beschäftigte den Kläger als Angestellten zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt iHv. zuletzt 4.957,52 Euro. Der arbeitsvertragliche Urlaubsanspruch umfasste jährlich 30 Arbeitstage.

3

Mit Schreiben vom 13. November 2006 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. In dem Schreiben heißt es ua. wie folgt:

        

„Sie werden ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge freigestellt.“

4

Im Zeitraum vom 14. November 2006 bis zum 31. Mai 2007 erbrachte der Kläger für die Beklagte keine Arbeitsleistung.

5

Mit rechtskräftigem Urteil vom 2. Mai 2007 (- 7 Ca 7989/06 -) stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main fest, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 13. November 2006 nicht aufgelöst worden.

6

Am 1. Juni 2007 nahm der Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf.

7

Auf den Antrag des Klägers vom 12. Juni 2007 gewährte der Vorgesetzte der Beklagten dem Kläger für den Zeitraum vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 17,5 Arbeitstage Erholungsurlaub und 2,5 Tage Freizeitausgleich für Mehrarbeit, die der Kläger zuvor am Wochenende geleistet hatte.

8

Den Antrag des Klägers, ihm im Zeitraum vom 19. bis zum 28. Dezember 2007 Erholungsurlaub zu gewähren, lehnte die Beklagte ab.

9

Mit Schreiben vom 8. Februar 2010 erklärte die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2010. Der Kläger erhob vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main (-  7 Ca 1040/10  -) Kündigungsschutzklage.

10

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, ihm stünden für das Jahr 2007 fünf Arbeitstage Resturlaub zu. Die Beklagte habe durch die vom 13. November 2006 datierende Freistellungserklärung nicht seinen Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2007, der erst am 1. Januar 2007 entstanden sei, erfüllen können. Zudem habe er als Erklärungsempfänger der Erklärung nicht entnehmen können, ob die Beklagte sämtliche Urlaubsansprüche für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch von 7,5 Arbeitstagen habe erfüllen wollen.

11

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2007, der der Beklagten am 20. Dezember 2007 zugestellt worden ist, Klage vor dem Arbeitsgericht mit dem sinngemäßen Antrag erhoben, ihm 4,5 Tage Erholungsurlaub zu gewähren. Der Kläger hat die Klage in der ersten Instanz um den hilfsweise gestellten Antrag erweitert, die Beklagte zu verurteilen, Resturlaub im Umfang von fünf Arbeitstagen durch Zahlung eines Bruttobetrags iHv. 1.144,05 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzugelten. Mit dem Berufungsschriftsatz hat der Kläger die Klage erneut erweitert und vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm fünf Tage Ersatzurlaub zu gewähren,

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Bruttobetrag iHv. 1.144,05 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagte, die der Klageerweiterung widersprochen hat, hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, sie habe die Urlaubsansprüche des Klägers erfüllt.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis im Jahre 2010 erneut von der Beklagten gekündigt worden und dessen Fortbestand oder Beendigung wegen eines noch laufenden Verfahrens ungewiss ist, hat er in der Revisionsinstanz beantragt festzustellen, dass ihm für das Jahr 2007 fünf weitere Arbeitstage Urlaub zustanden.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), Abänderung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts und Stattgabe der Klage.

15

I. Das Landesarbeitsgericht hat das ursprüngliche Klagebegehren als zulässig, aber nicht begründet erachtet. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Urlaubsansprüche für das Jahr 2007 durch die Freistellung des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 erfüllt. Die Beklagte sei nicht gehindert gewesen, dem Kläger während der Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Die auf die Freistellung des Klägers zielende Erklärung der Beklagten vom 13. November 2006 habe der Kläger dahingehend verstehen müssen, dass die Beklagte ua. den gesamten am 1. Januar 2007 entstehenden Anspruch auf Jahresurlaub habe erfüllen wollen.

16

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Es hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der von dem Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht ist fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe den aus dem Jahr 2007 resultierenden Urlaubsanspruch des Klägers durch die Freistellung ab 1. Januar 2007 vollständig erfüllt.

17

1. Zutreffend ist zunächst der rechtliche Ausgangspunkt, den das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung - ohne dies eigens zu thematisieren - zugrunde gelegt hat: Am 1. Januar 2007 erwarb nach § 4 BUrlG der länger als sechs Monate beschäftigte Kläger den Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Dessen Dauer ist arbeitsvertraglich auf 30 Arbeitstage bestimmt.

18

2. Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte rechtlich nicht gehindert, dem Kläger mit der vom 13. November 2006 datierenden Erklärung Erholungsurlaub im Vorgriff auf das Urlaubsjahr 2007 zu erteilen. Der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs kann die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung, die Festlegung des Urlaubszeitraums, im Regelfall vor der Entstehung des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Urlaubsjahres vornehmen. Der Erfüllungserfolg tritt in einem solchen Falle erst ein, indem der Arbeitnehmer den Urlaub im Folgejahr tatsächlich antritt.

19

a) Urlaubsgewährung ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum(BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 20, AuA 2007, 52). Die Freistellung zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 10, AP BUrlG § 7 Nr. 38 = EzA BUrlG § 7 Nr. 119), die als solche mit Zugang beim Arbeitnehmer nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam wird(vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 23, BAGE 130, 119 ).

20

b) Sofern der Arbeitnehmer nicht abweichende Urlaubswünsche äußert, kann der Arbeitgeber die Freistellung im Vorgriff auf das kommende Urlaubsjahr erklären und dem Arbeitnehmer damit jahresübergreifend Erholungsurlaub gewähren. Diesen Rechtssatz hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehreren Entscheidungen zugrunde gelegt, ohne ihn ausdrücklich zu formulieren (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 8 und 34, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116; 23. Januar 1996 - 9 AZR 554/93 - zu II 1 a der Gründe, AP BUrlG § 5 Nr. 10 = EzA BUrlG § 5 Nr. 16; 18. Dezember 1986 - 8 AZR 481/84 - zu 2 b der Gründe, BAGE 54, 59).

21

aa) Wünscht der Arbeitnehmer einen jahresübergreifenden Urlaub, ist er berechtigt, im laufenden Urlaubsjahr neben dem aus diesem Jahr resultierenden Urlaub auch den Urlaub aus dem Folgejahr zu beantragen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 46, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Um den zeitlichen Gleichlauf zwischen Antrag und Bewilligung zu gewährleisten, ist es sachgerecht, dem Arbeitgeber die Befugnis einzuräumen, den Urlaub zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang zu gewähren. Insoweit korrespondiert der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung vornimmt, mit dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer den erst im Folgejahr entstehenden Urlaubsanspruch geltend zu machen befugt ist. Wäre die Rechtsauffassung der Revision zutreffend, sähe sich der Arbeitgeber gezwungen, einen jahresübergreifenden Urlaub, der Urlaub aus dem Folgejahr umfasst, durch zwei getrennte Erklärungen zu erteilen: Den ersten Teil, der den Urlaub bis zum Jahresende umfasste, durch eine Erklärung im ablaufenden Jahr; den zweiten Teil, der den Zeitraum ab dem 1. Januar des Folgejahres umfasste, durch eine weitere Erklärung zu Beginn des Jahres. Dies entspräche weder den Interessen des Arbeitgebers noch denen des Arbeitnehmers. Denn der Arbeitnehmer bliebe vor dem Antritt seines Urlaubs im Ungewissen über die Dauer seines Urlaubs.

22

bb) Erklärt der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer solle mit Beginn des Folgejahres den am 1. Januar entstehenden Urlaub nehmen, ist mit dieser Erklärung - soviel ist der Revision zuzugestehen - der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt. Die Freistellungserklärung des Arbeitgebers, der Schuldner des Urlaubsanspruchs ist, ist lediglich die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung. Der Erfolg, auf den der Arbeitgeber mit der Abgabe der Freistellungserklärung zielt, die Erfüllung des Urlaubsanspruchs, tritt erst ein, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub im festgelegten Zeitraum tatsächlich nimmt, also insbesondere kein Erfüllungshindernis wie etwa eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Freistellung entgegensteht (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 34, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

23

3. Hingegen beruht die tragende Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe dem Kläger im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 den Vollurlaub für das Jahr 2007 gewährt, auf revisiblen Rechtsfehlern. Der in dem Kündigungsschreiben vom 13. November 2006 enthaltenen Erklärung der Beklagten, sie kündige zum 31. März 2007 und stelle den Kläger ab sofort unter Anrechnung seiner Urlaubstage von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge frei, lässt sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass die Beklagte auch den vollen und nicht nur den anteiligen Urlaubanspruch des Klägers für das Jahr 2007 erfüllen wollte.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Freistellungserklärung der Beklagten sei ihrem Wortlaut nach unbegrenzt. Der Kläger als Empfänger der Erklärung habe daher nicht davon ausgehen dürfen, die Beklagte habe ihm Urlaub in eingeschränktem Umfang gewähren wollen. Diese Auslegung entspreche dem für den Kläger erkennbaren Interesse der Beklagten, die Kumulation von Annahmeverzugslohn- und Urlaubsansprüchen zu verhindern.

25

b) Das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis hält einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

26

aa) Die Erklärung der Beklagten ist eine nichttypische Willenserklärung. Die Auslegung solcher Erklärungen ist in erster Linie Sache der Tatsachengerichte und deshalb durch das Revisionsgericht nur beschränkt revisibel. Der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt allein die Frage, ob das Tatsachengericht die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet hat (vgl. BAG 14. März 2006 - 9 AZR 11/05 - Rn. 13, AP BUrlG § 7 Nr. 32 = EzA BUrlG § 7 Nr. 117).

27

bb) Die Erklärung des Arbeitgebers, er stelle den Arbeitnehmer zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub frei, ist als empfangsbedürftige Erklärung nach § 133 BGB aus der objektivierten Sicht des Arbeitnehmers auszulegen(vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 19, BAGE 131, 30). Die Erklärung muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaub gewährt wird. Anderenfalls kann nicht festgestellt werden, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirken will (§ 362 Abs. 1 BGB), als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme verzichtet (§ 615 Satz 1 BGB) oder er dem Arbeitnehmer nach § 397 Abs. 1 BGB anbietet, die Arbeitspflicht vertraglich zu erlassen(vgl. BAG 14. März 2006 - 9 AZR 11/05 - Rn. 11, AP BUrlG § 7 Nr. 32 = EzA BUrlG § 7 Nr. 117 ). Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während des Laufs der Kündigungsfrist zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freistellen, muss der Arbeitnehmer als Adressat der Erklärung hinreichend deutlich erkennen können, in welchem Umfang der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Erklärt sich der Arbeitgeber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, geht dies zu seinen Lasten. Denn als Erklärender hat er es in der Hand, die Freistellungserklärung sprachlich so zu fassen, dass der Arbeitnehmer über ihren Inhalt nicht im Zweifel ist.

28

cc) Auch unter Beachtung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht hat die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB nicht richtig angewandt und den Tatsachenstoff nicht vollständig verwertet. Das rügt die Revision zu Recht.

29

Der Erklärung der Beklagten, sie stelle den Kläger „ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge frei“ lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, ob die Beklagte dem Kläger neben dem Resturlaub für das Jahr 2006 den gesamten Jahresurlaub für 2007, den er am 1. Januar 2007 erwarb, oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaub gewähren wollte. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass die Freistellungserklärung in dem Schreiben der Beklagten vom 13. November 2006 enthalten ist. Dies ist ein Umstand, der für die Auslegung der Erklärung maßgebende Bedeutung hat. Mit diesem Schreiben erklärte die Beklagte auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. Sie brachte für den Kläger erkennbar zum Ausdruck, sie gehe davon aus, der Kläger werde mit Wirkung zum 31. März 2007 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und infolgedessen für das Jahr 2007 lediglich einen Teilurlaubsanspruch erwerben. Denn nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG hat ein Arbeitnehmer, der nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, lediglich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Auf der Grundlage eines arbeitsvertraglichen Gesamturlaubsanspruchs im Umfang von 30 Arbeitstagen sind dies unter Außerachtlassung der Rundungsvorschrift des § 5 Abs. 2 BUrlG 7,5 Arbeitstage(3 Monate x 1/12 von 30 Arbeitstagen). Unter diesen Umständen war für den Kläger nicht zweifelsfrei zu erkennen, ob die Beklagte über den in jedem Fall geschuldeten Teilurlaubsanspruch hinaus den ihrer Rechtsauffassung nach nicht geschuldeten Urlaub, der sich aus der Differenz zwischen dem Teilurlaub und dem gesamten Jahresurlaub ergibt, gewähren wollte. Dieser Zweifel geht zulasten der Beklagten. Ihr oblag es, durch eine eindeutige Erklärung gegenüber dem Kläger klarzustellen, dass sie unabhängig von der mit der Kündigung zum Ausdruck gebrachten Ansicht, der Kläger habe nur Anspruch auf den gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG gekürzten Vollurlaub, vorsorglich dennoch den Anspruch des Klägers auf den vollen Jahresurlaub erfüllen wolle. Im Übrigen hatte die Beklagte selbst Zweifel über den Inhalt ihrer Freistellungserklärung. Wäre sie davon ausgegangen, sie habe den Urlaubsanspruch durch die Freistellung in der Kündigungsfrist vollständig erfüllt, hätte sie dem Kläger auf dessen Antrag vom 12. Juni 2007 nicht ab dem 8. Oktober 2007 erneut Urlaub gewährt. Vielmehr ist anzunehmen, dass sie den Kläger darauf hingewiesen hätte, dass sie ihrer Ansicht nach den gesamten Urlaub bereits in der Kündigungsfrist gewährt habe.

30

III. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da sich die die Berufung zurückweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO) und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

31

1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat die im Berufungsverfahren erweiterten Leistungsanträge in der Revisionsinstanz umgestellt und schließlich beantragt festzustellen, dass ihm für das Jahr 2007 fünf weitere Arbeitstage Urlaub zustanden. Dies begegnet schon im Hinblick darauf, dass der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ungewiss ist, keinen durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken.

32

a) Die in der Klageerweiterung liegende Klageänderung in der Berufungsinstanz hat der Senat nicht auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

33

aa) Der Kläger hat den ursprünglich vor dem Arbeitsgericht gestellten Leistungsantrag, ihm 4,5 Tage Urlaub zu gewähren, in der Berufungsinstanz geändert und fünf Tage Urlaub verlangt. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, diesen zuletzt gestellten Sachantrag zu bescheiden, unterliegt nicht der Überprüfung durch den Senat. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Dies sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen.

34

bb) Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen, ist in der Revisionsinstanz nicht zu überprüfen, wenn das Berufungsgericht - wie hier das Landesarbeitsgericht - in der Sache über den erweiterten Streitgegenstand entschieden hat(vgl. BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9, NJW-RR 2008, 262). Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 268 ZPO, dem zufolge eine Anfechtung der Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, nicht stattfindet. Nach dem Zweck des Berufungsrechts dient die Berufungsinstanz in erster Linie der Fehlerkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. § 533 ZPO verhindert deshalb, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen neuer Streitgegenstände mit neuem Streitstoff befassen und hierzu eine Sachentscheidung treffen muss. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht über die Klageänderung sachlich entschieden hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zu einer Sachentscheidung gelangt ist, weil es die Voraussetzungen des § 533 ZPO bejaht oder dessen Anwendbarkeit im Einzelfall verneint hat.

35

b) Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Antragsänderungen sind zulässig. Soweit der in der Revisionsverhandlung gestellte Feststellungsantrag hinter den in der Berufungsverhandlung gestellten Leistungsanträgen zurückbleibt, handelt es sich um eine Beschränkung des Leistungsbegehrens, die als solche nicht als Klageänderung anzusehen ist (§ 264 Nr. 2 ZPO).

36

In der Berufungsverhandlung hat der Kläger von der Beklagten im Wege der Leistungsklage verlangt, ihm Ersatzurlaub zu gewähren, hilfsweise, seine Urlaubsansprüche abzugelten. In der Revisionsinstanz hat er sein Klagebegehren auf die Feststellung beschränkt, dass ihm im Jahr 2007 weitere fünf Arbeitstage Urlaub zustanden. Dies ist zulässig. Unzulässig sind in der Revisionsinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO nur Klageänderungen, mit denen neue Ansprüche in dem Rechtsstreit eingeführt werden sollen(vgl. BAG 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - Rn. 52, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18). Denn der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch für den durch den Antrag und den Klagegrund bestimmten Streitgegenstand die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 99/09 - Rn. 11, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 119 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 16). Die Beschränkung des Antrags, durch die der Kläger ohne Änderung des Klagegrundes vom Leistungs- zum Feststellungsantrag übergeht, verändert nicht den Streitgegenstand. Insoweit liegt nur eine Beschränkung des Klageantrags vor, die nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung gilt(vgl. BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 11, BAGE 116, 267) und deshalb weder einer Einwilligung der beklagten Partei noch einer Feststellung der Sachdienlichkeit bedarf. Eine - wie hier - erklärte bloße Antragsbeschränkung ist somit auch in der Revisionsinstanz unbedenklich zulässig (im Ergebnis ebenso: BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 187/05 - Rn. 15, BAGE 117, 44).

37

c) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihm für das Jahr 2007 über den von der Beklagten gewährten Urlaub hinaus fünf Arbeitstage Urlaub zustanden (§ 256 Abs. 1 ZPO).

38

aa) Es steht der Annahme eines Feststellungsinteresses nicht entgegen, dass der Zeitraum, auf den sich die begehrte Feststellung erstreckt, in der Vergangenheit liegt. Der erforderliche Gegenwartsbezug (vgl. BAG 26. September 2002 - 6 AZR 523/00 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 73 = EzA ZPO § 256 Nr. 67) ergibt sich im Streitfall daraus, dass der Kläger die Beklagte abhängig vom Ausgang des zwischen den Parteien anhängigen Kündigungsschutzverfahrens entweder auf die Gewährung von Urlaub oder die Abgeltung seiner Urlaubsansprüche in Anspruch nehmen will. Damit verfolgt er die Erfüllung konkreter Leistungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und erstrebt damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 9, AP TVöD § 5 Nr. 2).

39

bb) Der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Vorrang der Leistungsklage dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BAGE 114, 80). Danach ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

40

Diese Voraussetzungen liegen vor. Für den Kläger ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht absehbar gewesen, ob sein Anspruch auf die Gewährung von Ersatzurlaub nach § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB oder auf die Abgeltung dieses Urlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG gerichtet ist. Der Inhalt des Anspruchs hängt vom Ausgang des zwischen den Parteien noch anhängigen Kündigungsschutzprozesses ab. Sollte der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage Erfolg haben, wäre die Beklagte - einen Urlaubsanspruch des Klägers unterstellt - zur Gewährung von Urlaub verpflichtet. Sollte sich die Kündigung der Beklagten vom 8. Februar 2010 hingegen als rechtswirksam erweisen, hätte der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung des wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährten Urlaubs. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist zudem geeignet, den rechtlichen Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über den Umfang des dem Kläger zustehenden Urlaubs, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflichten der Beklagten.

41

2. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht für das Jahr 2007 Resturlaub zu. Anspruchsgrundlage ist der die Parteien verbindende Arbeitsvertrag. Den 30 Arbeitstage umfassenden Anspruch auf Jahresurlaub hat die Beklagte durch die Freistellung des Klägers in den Zeiträumen vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2007 und vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 nicht vollständig, sondern nur teilweise erfüllt. Es verbleibt ein Resturlaubsanspruch im Umfang von fünf Arbeitstagen.

42

a) Der Kläger erwarb zu Beginn des Jahres 2007 einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf 30 Arbeitstage Erholungsurlaub, § 4 BUrlG.

43

b) Die Beklagte gewährte dem Kläger höchstens 25 Arbeitstage Urlaub. Lediglich insoweit konnte der Urlaubsanspruch des Klägers durch Erfüllung untergehen, § 362 Abs. 1 BGB. Der von dem Kläger mit dem Feststellungsantrag geltend gemachte Restumfang des vollen Urlaubsanspruchs, dessen Berechnung die Beklagte nicht entgegengetreten ist, beträgt fünf Arbeitstage.

44

aa) Hätte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. März 2007 geendet, wäre gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG der Anspruch auf 3/12 des Vollurlaubs gekürzt worden (siehe II 3 b cc). Nur insoweit stellte die Beklagte den Kläger innerhalb der Kündigungsfrist frei.

45

bb) Im Zeitraum vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger für die Monate Juni bis Dezember anteilig 17,5 Arbeitstage Urlaub und berechnete für die Zeit von Januar bis März 2007 je 2,5 Urlaubstage, das sind insgesamt 7,5 Urlaubstage, an. Der restliche Anspruch beträgt damit fünf Tage.

46

IV. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Kranzusch    

                 

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2009 - 11/18 Sa 1114/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juni 2008 - 7 Ca 9518/07 - abgeändert. Es wird festgestellt, dass dem Kläger für das Jahr 2007 weitere fünf Tage Urlaub zustanden.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Resturlaub aus dem Jahr 2007.

2

Die Beklagte, ein Bankunternehmen, beschäftigte den Kläger als Angestellten zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt iHv. zuletzt 4.957,52 Euro. Der arbeitsvertragliche Urlaubsanspruch umfasste jährlich 30 Arbeitstage.

3

Mit Schreiben vom 13. November 2006 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. In dem Schreiben heißt es ua. wie folgt:

        

„Sie werden ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge freigestellt.“

4

Im Zeitraum vom 14. November 2006 bis zum 31. Mai 2007 erbrachte der Kläger für die Beklagte keine Arbeitsleistung.

5

Mit rechtskräftigem Urteil vom 2. Mai 2007 (- 7 Ca 7989/06 -) stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main fest, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 13. November 2006 nicht aufgelöst worden.

6

Am 1. Juni 2007 nahm der Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf.

7

Auf den Antrag des Klägers vom 12. Juni 2007 gewährte der Vorgesetzte der Beklagten dem Kläger für den Zeitraum vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 17,5 Arbeitstage Erholungsurlaub und 2,5 Tage Freizeitausgleich für Mehrarbeit, die der Kläger zuvor am Wochenende geleistet hatte.

8

Den Antrag des Klägers, ihm im Zeitraum vom 19. bis zum 28. Dezember 2007 Erholungsurlaub zu gewähren, lehnte die Beklagte ab.

9

Mit Schreiben vom 8. Februar 2010 erklärte die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2010. Der Kläger erhob vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main (-  7 Ca 1040/10  -) Kündigungsschutzklage.

10

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, ihm stünden für das Jahr 2007 fünf Arbeitstage Resturlaub zu. Die Beklagte habe durch die vom 13. November 2006 datierende Freistellungserklärung nicht seinen Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2007, der erst am 1. Januar 2007 entstanden sei, erfüllen können. Zudem habe er als Erklärungsempfänger der Erklärung nicht entnehmen können, ob die Beklagte sämtliche Urlaubsansprüche für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch von 7,5 Arbeitstagen habe erfüllen wollen.

11

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2007, der der Beklagten am 20. Dezember 2007 zugestellt worden ist, Klage vor dem Arbeitsgericht mit dem sinngemäßen Antrag erhoben, ihm 4,5 Tage Erholungsurlaub zu gewähren. Der Kläger hat die Klage in der ersten Instanz um den hilfsweise gestellten Antrag erweitert, die Beklagte zu verurteilen, Resturlaub im Umfang von fünf Arbeitstagen durch Zahlung eines Bruttobetrags iHv. 1.144,05 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzugelten. Mit dem Berufungsschriftsatz hat der Kläger die Klage erneut erweitert und vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm fünf Tage Ersatzurlaub zu gewähren,

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Bruttobetrag iHv. 1.144,05 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagte, die der Klageerweiterung widersprochen hat, hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, sie habe die Urlaubsansprüche des Klägers erfüllt.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis im Jahre 2010 erneut von der Beklagten gekündigt worden und dessen Fortbestand oder Beendigung wegen eines noch laufenden Verfahrens ungewiss ist, hat er in der Revisionsinstanz beantragt festzustellen, dass ihm für das Jahr 2007 fünf weitere Arbeitstage Urlaub zustanden.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), Abänderung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts und Stattgabe der Klage.

15

I. Das Landesarbeitsgericht hat das ursprüngliche Klagebegehren als zulässig, aber nicht begründet erachtet. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Urlaubsansprüche für das Jahr 2007 durch die Freistellung des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 erfüllt. Die Beklagte sei nicht gehindert gewesen, dem Kläger während der Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Die auf die Freistellung des Klägers zielende Erklärung der Beklagten vom 13. November 2006 habe der Kläger dahingehend verstehen müssen, dass die Beklagte ua. den gesamten am 1. Januar 2007 entstehenden Anspruch auf Jahresurlaub habe erfüllen wollen.

16

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Es hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der von dem Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht ist fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe den aus dem Jahr 2007 resultierenden Urlaubsanspruch des Klägers durch die Freistellung ab 1. Januar 2007 vollständig erfüllt.

17

1. Zutreffend ist zunächst der rechtliche Ausgangspunkt, den das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung - ohne dies eigens zu thematisieren - zugrunde gelegt hat: Am 1. Januar 2007 erwarb nach § 4 BUrlG der länger als sechs Monate beschäftigte Kläger den Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Dessen Dauer ist arbeitsvertraglich auf 30 Arbeitstage bestimmt.

18

2. Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte rechtlich nicht gehindert, dem Kläger mit der vom 13. November 2006 datierenden Erklärung Erholungsurlaub im Vorgriff auf das Urlaubsjahr 2007 zu erteilen. Der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs kann die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung, die Festlegung des Urlaubszeitraums, im Regelfall vor der Entstehung des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Urlaubsjahres vornehmen. Der Erfüllungserfolg tritt in einem solchen Falle erst ein, indem der Arbeitnehmer den Urlaub im Folgejahr tatsächlich antritt.

19

a) Urlaubsgewährung ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum(BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 20, AuA 2007, 52). Die Freistellung zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 10, AP BUrlG § 7 Nr. 38 = EzA BUrlG § 7 Nr. 119), die als solche mit Zugang beim Arbeitnehmer nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam wird(vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 23, BAGE 130, 119 ).

20

b) Sofern der Arbeitnehmer nicht abweichende Urlaubswünsche äußert, kann der Arbeitgeber die Freistellung im Vorgriff auf das kommende Urlaubsjahr erklären und dem Arbeitnehmer damit jahresübergreifend Erholungsurlaub gewähren. Diesen Rechtssatz hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehreren Entscheidungen zugrunde gelegt, ohne ihn ausdrücklich zu formulieren (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 8 und 34, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116; 23. Januar 1996 - 9 AZR 554/93 - zu II 1 a der Gründe, AP BUrlG § 5 Nr. 10 = EzA BUrlG § 5 Nr. 16; 18. Dezember 1986 - 8 AZR 481/84 - zu 2 b der Gründe, BAGE 54, 59).

21

aa) Wünscht der Arbeitnehmer einen jahresübergreifenden Urlaub, ist er berechtigt, im laufenden Urlaubsjahr neben dem aus diesem Jahr resultierenden Urlaub auch den Urlaub aus dem Folgejahr zu beantragen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 46, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Um den zeitlichen Gleichlauf zwischen Antrag und Bewilligung zu gewährleisten, ist es sachgerecht, dem Arbeitgeber die Befugnis einzuräumen, den Urlaub zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang zu gewähren. Insoweit korrespondiert der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung vornimmt, mit dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer den erst im Folgejahr entstehenden Urlaubsanspruch geltend zu machen befugt ist. Wäre die Rechtsauffassung der Revision zutreffend, sähe sich der Arbeitgeber gezwungen, einen jahresübergreifenden Urlaub, der Urlaub aus dem Folgejahr umfasst, durch zwei getrennte Erklärungen zu erteilen: Den ersten Teil, der den Urlaub bis zum Jahresende umfasste, durch eine Erklärung im ablaufenden Jahr; den zweiten Teil, der den Zeitraum ab dem 1. Januar des Folgejahres umfasste, durch eine weitere Erklärung zu Beginn des Jahres. Dies entspräche weder den Interessen des Arbeitgebers noch denen des Arbeitnehmers. Denn der Arbeitnehmer bliebe vor dem Antritt seines Urlaubs im Ungewissen über die Dauer seines Urlaubs.

22

bb) Erklärt der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer solle mit Beginn des Folgejahres den am 1. Januar entstehenden Urlaub nehmen, ist mit dieser Erklärung - soviel ist der Revision zuzugestehen - der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt. Die Freistellungserklärung des Arbeitgebers, der Schuldner des Urlaubsanspruchs ist, ist lediglich die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung. Der Erfolg, auf den der Arbeitgeber mit der Abgabe der Freistellungserklärung zielt, die Erfüllung des Urlaubsanspruchs, tritt erst ein, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub im festgelegten Zeitraum tatsächlich nimmt, also insbesondere kein Erfüllungshindernis wie etwa eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Freistellung entgegensteht (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 34, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

23

3. Hingegen beruht die tragende Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe dem Kläger im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 den Vollurlaub für das Jahr 2007 gewährt, auf revisiblen Rechtsfehlern. Der in dem Kündigungsschreiben vom 13. November 2006 enthaltenen Erklärung der Beklagten, sie kündige zum 31. März 2007 und stelle den Kläger ab sofort unter Anrechnung seiner Urlaubstage von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge frei, lässt sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass die Beklagte auch den vollen und nicht nur den anteiligen Urlaubanspruch des Klägers für das Jahr 2007 erfüllen wollte.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Freistellungserklärung der Beklagten sei ihrem Wortlaut nach unbegrenzt. Der Kläger als Empfänger der Erklärung habe daher nicht davon ausgehen dürfen, die Beklagte habe ihm Urlaub in eingeschränktem Umfang gewähren wollen. Diese Auslegung entspreche dem für den Kläger erkennbaren Interesse der Beklagten, die Kumulation von Annahmeverzugslohn- und Urlaubsansprüchen zu verhindern.

25

b) Das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis hält einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

26

aa) Die Erklärung der Beklagten ist eine nichttypische Willenserklärung. Die Auslegung solcher Erklärungen ist in erster Linie Sache der Tatsachengerichte und deshalb durch das Revisionsgericht nur beschränkt revisibel. Der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt allein die Frage, ob das Tatsachengericht die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet hat (vgl. BAG 14. März 2006 - 9 AZR 11/05 - Rn. 13, AP BUrlG § 7 Nr. 32 = EzA BUrlG § 7 Nr. 117).

27

bb) Die Erklärung des Arbeitgebers, er stelle den Arbeitnehmer zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub frei, ist als empfangsbedürftige Erklärung nach § 133 BGB aus der objektivierten Sicht des Arbeitnehmers auszulegen(vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 19, BAGE 131, 30). Die Erklärung muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaub gewährt wird. Anderenfalls kann nicht festgestellt werden, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirken will (§ 362 Abs. 1 BGB), als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme verzichtet (§ 615 Satz 1 BGB) oder er dem Arbeitnehmer nach § 397 Abs. 1 BGB anbietet, die Arbeitspflicht vertraglich zu erlassen(vgl. BAG 14. März 2006 - 9 AZR 11/05 - Rn. 11, AP BUrlG § 7 Nr. 32 = EzA BUrlG § 7 Nr. 117 ). Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während des Laufs der Kündigungsfrist zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freistellen, muss der Arbeitnehmer als Adressat der Erklärung hinreichend deutlich erkennen können, in welchem Umfang der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Erklärt sich der Arbeitgeber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, geht dies zu seinen Lasten. Denn als Erklärender hat er es in der Hand, die Freistellungserklärung sprachlich so zu fassen, dass der Arbeitnehmer über ihren Inhalt nicht im Zweifel ist.

28

cc) Auch unter Beachtung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht hat die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB nicht richtig angewandt und den Tatsachenstoff nicht vollständig verwertet. Das rügt die Revision zu Recht.

29

Der Erklärung der Beklagten, sie stelle den Kläger „ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge frei“ lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, ob die Beklagte dem Kläger neben dem Resturlaub für das Jahr 2006 den gesamten Jahresurlaub für 2007, den er am 1. Januar 2007 erwarb, oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaub gewähren wollte. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass die Freistellungserklärung in dem Schreiben der Beklagten vom 13. November 2006 enthalten ist. Dies ist ein Umstand, der für die Auslegung der Erklärung maßgebende Bedeutung hat. Mit diesem Schreiben erklärte die Beklagte auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. Sie brachte für den Kläger erkennbar zum Ausdruck, sie gehe davon aus, der Kläger werde mit Wirkung zum 31. März 2007 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und infolgedessen für das Jahr 2007 lediglich einen Teilurlaubsanspruch erwerben. Denn nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG hat ein Arbeitnehmer, der nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, lediglich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Auf der Grundlage eines arbeitsvertraglichen Gesamturlaubsanspruchs im Umfang von 30 Arbeitstagen sind dies unter Außerachtlassung der Rundungsvorschrift des § 5 Abs. 2 BUrlG 7,5 Arbeitstage(3 Monate x 1/12 von 30 Arbeitstagen). Unter diesen Umständen war für den Kläger nicht zweifelsfrei zu erkennen, ob die Beklagte über den in jedem Fall geschuldeten Teilurlaubsanspruch hinaus den ihrer Rechtsauffassung nach nicht geschuldeten Urlaub, der sich aus der Differenz zwischen dem Teilurlaub und dem gesamten Jahresurlaub ergibt, gewähren wollte. Dieser Zweifel geht zulasten der Beklagten. Ihr oblag es, durch eine eindeutige Erklärung gegenüber dem Kläger klarzustellen, dass sie unabhängig von der mit der Kündigung zum Ausdruck gebrachten Ansicht, der Kläger habe nur Anspruch auf den gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG gekürzten Vollurlaub, vorsorglich dennoch den Anspruch des Klägers auf den vollen Jahresurlaub erfüllen wolle. Im Übrigen hatte die Beklagte selbst Zweifel über den Inhalt ihrer Freistellungserklärung. Wäre sie davon ausgegangen, sie habe den Urlaubsanspruch durch die Freistellung in der Kündigungsfrist vollständig erfüllt, hätte sie dem Kläger auf dessen Antrag vom 12. Juni 2007 nicht ab dem 8. Oktober 2007 erneut Urlaub gewährt. Vielmehr ist anzunehmen, dass sie den Kläger darauf hingewiesen hätte, dass sie ihrer Ansicht nach den gesamten Urlaub bereits in der Kündigungsfrist gewährt habe.

30

III. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da sich die die Berufung zurückweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO) und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

31

1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat die im Berufungsverfahren erweiterten Leistungsanträge in der Revisionsinstanz umgestellt und schließlich beantragt festzustellen, dass ihm für das Jahr 2007 fünf weitere Arbeitstage Urlaub zustanden. Dies begegnet schon im Hinblick darauf, dass der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ungewiss ist, keinen durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken.

32

a) Die in der Klageerweiterung liegende Klageänderung in der Berufungsinstanz hat der Senat nicht auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

33

aa) Der Kläger hat den ursprünglich vor dem Arbeitsgericht gestellten Leistungsantrag, ihm 4,5 Tage Urlaub zu gewähren, in der Berufungsinstanz geändert und fünf Tage Urlaub verlangt. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, diesen zuletzt gestellten Sachantrag zu bescheiden, unterliegt nicht der Überprüfung durch den Senat. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Dies sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen.

34

bb) Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen, ist in der Revisionsinstanz nicht zu überprüfen, wenn das Berufungsgericht - wie hier das Landesarbeitsgericht - in der Sache über den erweiterten Streitgegenstand entschieden hat(vgl. BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9, NJW-RR 2008, 262). Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 268 ZPO, dem zufolge eine Anfechtung der Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, nicht stattfindet. Nach dem Zweck des Berufungsrechts dient die Berufungsinstanz in erster Linie der Fehlerkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. § 533 ZPO verhindert deshalb, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen neuer Streitgegenstände mit neuem Streitstoff befassen und hierzu eine Sachentscheidung treffen muss. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht über die Klageänderung sachlich entschieden hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zu einer Sachentscheidung gelangt ist, weil es die Voraussetzungen des § 533 ZPO bejaht oder dessen Anwendbarkeit im Einzelfall verneint hat.

35

b) Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Antragsänderungen sind zulässig. Soweit der in der Revisionsverhandlung gestellte Feststellungsantrag hinter den in der Berufungsverhandlung gestellten Leistungsanträgen zurückbleibt, handelt es sich um eine Beschränkung des Leistungsbegehrens, die als solche nicht als Klageänderung anzusehen ist (§ 264 Nr. 2 ZPO).

36

In der Berufungsverhandlung hat der Kläger von der Beklagten im Wege der Leistungsklage verlangt, ihm Ersatzurlaub zu gewähren, hilfsweise, seine Urlaubsansprüche abzugelten. In der Revisionsinstanz hat er sein Klagebegehren auf die Feststellung beschränkt, dass ihm im Jahr 2007 weitere fünf Arbeitstage Urlaub zustanden. Dies ist zulässig. Unzulässig sind in der Revisionsinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO nur Klageänderungen, mit denen neue Ansprüche in dem Rechtsstreit eingeführt werden sollen(vgl. BAG 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - Rn. 52, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18). Denn der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch für den durch den Antrag und den Klagegrund bestimmten Streitgegenstand die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 99/09 - Rn. 11, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 119 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 16). Die Beschränkung des Antrags, durch die der Kläger ohne Änderung des Klagegrundes vom Leistungs- zum Feststellungsantrag übergeht, verändert nicht den Streitgegenstand. Insoweit liegt nur eine Beschränkung des Klageantrags vor, die nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung gilt(vgl. BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 11, BAGE 116, 267) und deshalb weder einer Einwilligung der beklagten Partei noch einer Feststellung der Sachdienlichkeit bedarf. Eine - wie hier - erklärte bloße Antragsbeschränkung ist somit auch in der Revisionsinstanz unbedenklich zulässig (im Ergebnis ebenso: BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 187/05 - Rn. 15, BAGE 117, 44).

37

c) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihm für das Jahr 2007 über den von der Beklagten gewährten Urlaub hinaus fünf Arbeitstage Urlaub zustanden (§ 256 Abs. 1 ZPO).

38

aa) Es steht der Annahme eines Feststellungsinteresses nicht entgegen, dass der Zeitraum, auf den sich die begehrte Feststellung erstreckt, in der Vergangenheit liegt. Der erforderliche Gegenwartsbezug (vgl. BAG 26. September 2002 - 6 AZR 523/00 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 73 = EzA ZPO § 256 Nr. 67) ergibt sich im Streitfall daraus, dass der Kläger die Beklagte abhängig vom Ausgang des zwischen den Parteien anhängigen Kündigungsschutzverfahrens entweder auf die Gewährung von Urlaub oder die Abgeltung seiner Urlaubsansprüche in Anspruch nehmen will. Damit verfolgt er die Erfüllung konkreter Leistungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und erstrebt damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 9, AP TVöD § 5 Nr. 2).

39

bb) Der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Vorrang der Leistungsklage dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BAGE 114, 80). Danach ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

40

Diese Voraussetzungen liegen vor. Für den Kläger ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht absehbar gewesen, ob sein Anspruch auf die Gewährung von Ersatzurlaub nach § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB oder auf die Abgeltung dieses Urlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG gerichtet ist. Der Inhalt des Anspruchs hängt vom Ausgang des zwischen den Parteien noch anhängigen Kündigungsschutzprozesses ab. Sollte der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage Erfolg haben, wäre die Beklagte - einen Urlaubsanspruch des Klägers unterstellt - zur Gewährung von Urlaub verpflichtet. Sollte sich die Kündigung der Beklagten vom 8. Februar 2010 hingegen als rechtswirksam erweisen, hätte der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung des wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährten Urlaubs. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist zudem geeignet, den rechtlichen Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über den Umfang des dem Kläger zustehenden Urlaubs, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflichten der Beklagten.

41

2. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht für das Jahr 2007 Resturlaub zu. Anspruchsgrundlage ist der die Parteien verbindende Arbeitsvertrag. Den 30 Arbeitstage umfassenden Anspruch auf Jahresurlaub hat die Beklagte durch die Freistellung des Klägers in den Zeiträumen vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2007 und vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 nicht vollständig, sondern nur teilweise erfüllt. Es verbleibt ein Resturlaubsanspruch im Umfang von fünf Arbeitstagen.

42

a) Der Kläger erwarb zu Beginn des Jahres 2007 einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf 30 Arbeitstage Erholungsurlaub, § 4 BUrlG.

43

b) Die Beklagte gewährte dem Kläger höchstens 25 Arbeitstage Urlaub. Lediglich insoweit konnte der Urlaubsanspruch des Klägers durch Erfüllung untergehen, § 362 Abs. 1 BGB. Der von dem Kläger mit dem Feststellungsantrag geltend gemachte Restumfang des vollen Urlaubsanspruchs, dessen Berechnung die Beklagte nicht entgegengetreten ist, beträgt fünf Arbeitstage.

44

aa) Hätte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. März 2007 geendet, wäre gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG der Anspruch auf 3/12 des Vollurlaubs gekürzt worden (siehe II 3 b cc). Nur insoweit stellte die Beklagte den Kläger innerhalb der Kündigungsfrist frei.

45

bb) Im Zeitraum vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger für die Monate Juni bis Dezember anteilig 17,5 Arbeitstage Urlaub und berechnete für die Zeit von Januar bis März 2007 je 2,5 Urlaubstage, das sind insgesamt 7,5 Urlaubstage, an. Der restliche Anspruch beträgt damit fünf Tage.

46

IV. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Kranzusch    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 12. März 2014 - 5 Sa 48/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine Versorgungszusage fortzuführen.

2

Die im Mai 1958 geborene Klägerin war seit dem 1. Juli 1991 bei der Tr Versicherungs-AG (im Folgenden Tr) beschäftigt. Diese sagte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Januar 1992 eine Versorgung nach der bei ihr geltenden Pensionsordnung aus Januar 1985 zu.

3

Die Tr, die später - nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - als A Lebensversicherung AG (im Folgenden A) firmierte, war eine Gesellschaft des T-Konzerns. Im T-Konzern gilt die Konzernbetriebsvereinbarung 01 zur Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung vom 23./24. März 2006 (im Folgenden KBV 01). Diese bestimmt ua.:

        

„Präambel

        
        

… Die T AG möchte einen Beitrag zur individuellen Zukunftssicherung der im T Konzern beschäftigten Arbeitnehmer leisten. Sie hat ein besonderes Interesse an der konzernweit einheitlichen Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung über den H Unterstützungskasse e.V. Demgemäß wird mit dieser Konzernbetriebsvereinbarung die für die wesentlichen Gesellschaften des T-Konzerns bereits auf der Grundlage von Gesamtbetriebsvereinbarungen geltende betriebliche Altersversorgung auf Konzernebene vereinheitlicht. … Weiter soll mit dieser Vereinbarung die Möglichkeit eröffnet werden, auch später eingetretenen Arbeitnehmern auf dieser vereinheitlichten Basis eine betriebliche Altersversorgung zu gewähren.

        
        

§ 1     

        
        

Geltungsbereich

        
        

1.    

Diese Konzernbetriebsvereinbarung gilt für alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zum T Konzern gehörenden Gesellschaften und deren Arbeitnehmer, auch wenn das Arbeitsverhältnis erst nach Inkrafttreten dieser Konzernbetriebsvereinbarung beginnt, soweit nicht nachfolgend etwas anderes geregelt ist.

        
        

2.    

Sie gilt nicht für Arbeitnehmer des T Konzerns, für die Zusagen auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung außerhalb von Zusagen über den H Unterstützungskasse e.V. (nachfolgend ‚Unterstützungskasse‘) auf Grund einer im übrigen für Neueintritte bereits geschlossenen Versorgungsordnung einer Gesellschaft des T Konzerns fortbestehen. Für diese Arbeitnehmer gelten ausschließlich die für sie bisher anwendbaren Versorgungsordnungen fort.

        
        

3.    

Sie gilt ebenfalls nicht für solche Arbeitnehmer des T Konzerns, für die ausschließlich individuelle Zusagen auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung einer Gesellschaft des T Konzerns außerhalb von Zusagen über die Unterstützungskasse bestehen. Für diese Arbeitnehmer gelten ausschließlich die für sie bisher anwendbaren individuellen Zusagen fort. Individuelle Zusagen in diesem Sinne sind alle arbeitsvertraglichen Zusagen, die nicht durch arbeitsvertragliche Einheitsregelung, Gesamtzusage oder betriebliche Übung begründet sind, und unabhängig davon generell solche, die mit einer für Neueintritte bereits geschlossenen Versorgungsordnung einer Gesellschaft des T-Konzerns inhaltlich identisch sind.

        
        

4.    

Diese Konzernbetriebsvereinbarung gilt auch für Gesellschaften, die nach dem Inkrafttreten dieser Konzernbetriebsvereinbarung in den T Konzern eintreten, sowie für deren Arbeitnehmer, ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Gesellschaft, soweit im Einzelfall nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist. Insoweit steht der Eintritt der neuen Gesellschaft in den T Konzern dem Inkrafttreten dieser Konzernbetriebsvereinbarung gleich.

        
        

…       

                 
        

§ 2     

        
        

Gegenstand der betrieblichen Altersversorgung

        
        

1.      

Die Versorgungsbegünstigten haben Anspruch auf Versorgungsleistungen nach den dieser Konzernbetriebsvereinbarung als Anlage 2 beigefügten Leistungsrichtlinien der Unterstützungskasse (im Folgenden ‚LR U-Kasse‘) …

        
        

…       

                 
        

§ 3     

        
        

Schließung und Ablösung früherer Versorgungszusagen

        

1.    

Diese Konzernbetriebsvereinbarung ersetzt in ihrem Geltungsbereich mit Wirkung zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorbehaltlich § 3 Ziff. 4 alle bislang bestehenden Versorgungszusagen der Versorgungsbegünstigten.

        
        

2.    

Versorgungsbegünstigte, deren Arbeitsverhältnis mit oder nach Inkrafttreten dieser Konzernbetriebsvereinbarung beginnt, können Ansprüche und Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung ausschließlich nach § 2 dieser Konzernbetriebsvereinbarung erwerben.

        
        

3.    

Sämtliche bis zum Inkrafttreten dieser Konzernbetriebsvereinbarung von Versorgungsbegünstigten erworbenen und entsprechend § 2 Abs. 1 des Betriebsrentengesetzes (‚BetrAVG‘) berechneten Besitzstände auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung einschließlich der erworbenen dienstzeitunabhängigen Dynamik bleiben in vollem Umfang aufrechterhalten …“

        
4

In der Anlage 1 zur KBV 01 sind die Gesellschaften des T-Konzerns aufgeführt, für die die KBV 01 abgeschlossen wurde. Dort sind sowohl die A als auch die Beklagte genannt.

5

Im Zusammenhang mit der Eingliederung der G Beteiligungs-GmbH und ihrer Tochtergesellschaften in den T-Konzern erfolgte eine Neustrukturierung des T-Konzerns, von der auch der Arbeitsplatz der Klägerin bei der A in Hamburg betroffen war. Die A verlagerte ihren Sitz von Hamburg nach Köln; der Standort Hamburg wurde geschlossen. Die Arbeitsplätze sollten nach Köln verlagert und die Arbeitsaufgaben dort bei einer anderen Gesellschaft des T-Konzerns, der H Betriebsservice GmbH, künftig fortgeführt werden. Mit Schreiben vom 24. April 2007 wurde die Klägerin über den ihr Arbeitsverhältnis betreffenden Betriebsteilübergang von der A auf die H Betriebsservice GmbH zum 1. Juli 2007 informiert.

6

Am 5. Juni 2007 sprach die A gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung zum 31. Dezember 2007 aus. Danach sollte das zum 1. Juli 2007 infolge des Betriebsteilübergangs von der A auf die H Betriebsservice GmbH übergehende Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2008 in Köln fortgesetzt werden. Im Übrigen sollte es bei den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses verbleiben. Dieses Änderungsangebot nahm die Klägerin nicht an.

7

Die T AG schloss zwischen dem 24. Juli 2007 und dem 2. August 2007 mit dem bei ihr gebildeten Konzernbetriebsrat eine Konzernbetriebsvereinbarung über das Stellenbesetzungsverfahren (im Folgenden KBV-Stellenbesetzung) ab. Nr. 6 KBV-Stellenbesetzung lautet:

        

6.    

Sicherung sozialer Besitzstände

        

Sofern der Arbeitsplatzwechsel mit dem Wechsel zu einem neuen Vertragsarbeitgeber innerhalb des T Konzerns verbunden ist, werden die vom Mitarbeiter im T Konzern ununterbrochen zurückgelegte Beschäftigungszeit sowie die im Rahmen solcher Beschäftigungszeiten anerkannten Vorbeschäftigungszeiten gem. der Regelung des § 2 Ziffer 15 der Eckpunktevereinbarung vom 21.03.2007 in vollem Umfang anerkannt. Die mit seinem bisherigen Arbeitsverhältnis verbundenen kündigungsrechtlichen Besitzstände bleiben erhalten.“

8

Unter dem 12./28. November 2007 - nach einer vorausgegangenen Bewerbung der Klägerin vom 29. Mai 2007 - schlossen die Klägerin und die Beklagte mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 einen Arbeitsvertrag, der in § 8 bestimmt:

        

§ 8 Altersversorgung

        

Ansprüche auf die betriebliche Altersversorgung richten sich dem Grunde und der Höhe nach nach der Konzernbetriebsvereinbarung 01 zur Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung im T Konzern vom 24.03.2006. Zulagen und erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile sind nicht ruhegehaltsfähig.“

9

Mit Schreiben vom 14. November 2007 - noch bevor die Klägerin den Arbeitsvertrag unterschrieben hatte - wandte sie sich an die Personalabteilung der Beklagten und bat um Mitteilung, wie die betriebliche Altersversorgung geregelt werde und ob die erworbenen unverfallbaren Versorgungsanwartschaften bei der Beklagten aufgrund der Besitzstandswahrung unverfallbar weitergeführt würden.

10

Unter dem 28. November 2007 schrieb die Klägerin erneut an den Mitarbeiter der Personalabteilung L:

        

„…      

        

In vorgenannter Angelegenheit komme ich zurück auf unser Telefonat vom 26.11.2007, in dem Sie mir bestätigt haben, dass die N, gemäß der Konzernbetriebsvereinbarung 01 (§ 1 Abs. 2), meine bisher anwendbare Versorgungsordnung, Pensionszusage, fortführt. …“

11

Im Oktober 2008 lehnte die Beklagte eine Fortführung der von der Tr erteilten Versorgungszusage ab. Demgegenüber führte sie die Versorgungszusage dreier ebenfalls zu ihr gewechselter Arbeitnehmer, deren Versorgungszusage sich nach der KBV 01 richtete, fort.

12

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Fortführung ihrer von der Tr erteilten Versorgungszusage vom 2. Januar 1992 erstrebt und die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch auf Fortführung dieser Zusage aus den bei der Beklagten geltenden (Konzern-)Betriebsvereinbarungen. Durch die KBV 01 habe zwar eine Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung auf Konzernebene erreicht werden sollen; nach § 1 Nr. 2 KBV 01 jedoch nicht zulasten bereits bestehender Versorgungszusagen. Die KBV 01 gelte nicht für Arbeitnehmer des T-Konzerns, die - wie sie - bereits Versorgungsansprüche aus einer Versorgungsordnung erarbeitet hätten, die für Neueintritte bereits geschlossen und nicht über den H Unterstützungskasse e.V. abgewickelt werden.

13

Ein Anspruch auf Fortführung der von der Tr erteilten Versorgungszusage ergebe sich auch aus der KBV-Stellenbesetzung. Nach Nr. 6 KBV-Stellenbesetzung sei die ununterbrochen im Konzern zurückgelegte Beschäftigungszeit im Rahmen des neuen Beschäftigungsverhältnisses anzuerkennen. Dies gelte auch für die betriebliche Altersversorgung; folglich gelte auch ihre bisherige Versorgungszusage fort.

14

Die Verpflichtung zur Fortführung ihrer Versorgungszusage folge zudem aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Durch § 8 des Arbeitsvertrags sei die KBV 01 in Bezug genommen. Bei der Auslegung dieser arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel gelte die Unklarheitenregel des § 305c BGB mit der Folge, dass bestehende Unklarheiten bei der Auslegung der in Bezug genommenen KBV 01 zulasten der Beklagten gingen. Auch habe ihr der Personalreferent L in einem Telefonat am 26. November 2007 die Fortführung ihrer Pensionszusage bestätigt. Diese Zusage habe er anlässlich der Übergabe des unterzeichneten Arbeitsvertrags am 28. November 2007 wiederholt.

15

Ein Anspruch auf Fortführung ihrer Versorgungszusage ergebe sich schließlich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Beklagte die Versorgungszusagen der drei Mitarbeiter, die ebenfalls von der A zur Beklagten gewechselt seien, fortführe.

16

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihre Versorgungszusage gemäß Schreiben der Tr Lebensversicherungs-AG vom 2. Januar 1992 im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses unterbrechungsfrei fortzuführen.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, es gebe keinen Rechtsgrund für die Fortführung der alten Versorgungszusage.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage im noch rechtshängigen Umfang abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen; sie ist unbegründet. Für das Begehren der Klägerin besteht keine Anspruchsgrundlage. Die Beklagte ist weder nach § 613a BGB noch aufgrund der im T-Konzern geltenden (Konzern-)Betriebsvereinbarungen, arbeitsvertraglicher Vereinbarungen oder aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, die von der Tr erteilte Versorgungszusage vom 2. Januar 1992 fortzuführen.

20

I. Eine Verpflichtung zur Fortführung der Versorgungszusage folgt nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nicht im Wege eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen.

21

II. Die Klägerin kann ihren Klageanspruch ebenfalls nicht mit Erfolg auf die KBV 01 stützen. Nach § 2 Nr. 1 KBV 01 haben die vom Geltungsbereich der KBV 01 erfassten Arbeitnehmer nur Anspruch auf Versorgungsleistungen nach den Leistungsrichtlinien des H Unterstützungskasse e.V. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Beklagten fällt in den Geltungsbereich der KBV 01. Aus § 1 Nr. 2 KBV 01 ergibt sich nichts anderes. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin begründet diese Bestimmung keine Verpflichtung, die dort genannten Versorgungszusagen auch bei einem Wechsel des Arbeitgebers innerhalb des Konzerns aufrechtzuerhalten. Dies ergibt die Auslegung der KBV 01.

22

1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und diese wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (statt vieler BAG 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21).

23

2. Danach unterfällt das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten der KBV 01, weshalb sich ihre Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ab dem 1. Januar 2008 nach § 2 Nr. 1 KBV 01 richten. Eine eigenständige Verpflichtung der Beklagten, die Versorgungszusage der Tr vom 2. Januar 1992 fortzuführen, enthält die KBV 01 nicht.

24

a) Nach § 1 Nr. 1 gilt die KBV 01 für alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zum T-Konzern gehörenden Gesellschaften und deren Arbeitnehmer, auch wenn das Arbeitsverhältnis erst nach Inkrafttreten der KBV 01 beginnt, soweit nicht nachfolgend etwas anderes geregelt ist. Die erstgenannten Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Die Beklagte ist eine Gesellschaft des T-Konzerns; sie ist in der Anlage 1 zur KBV 01 namentlich aufgeführt. Die Klägerin steht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, das nach dem Inkrafttreten der KBV 01 im März 2006 begonnen hat, nämlich am 1. Januar 2008.

25

b) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wird auch nicht von der Ausnahmeregelung in § 1 Nr. 2 KBV 01 erfasst. Danach gilt die KBV 01 nicht für Arbeitnehmer des T-Konzerns, für die Zusagen auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung außerhalb von Zusagen über den H Unterstützungskasse e.V. aufgrund einer im Übrigen für Neueintritte bereits geschlossenen Versorgungsordnung einer Gesellschaft des T-Konzerns fortbestehen. Für diese Arbeitnehmer gelten ausschließlich die für sie bisher anwendbaren Versorgungsordnungen fort. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Nr. 2 Satz 1 KBV 01 erfüllt die Klägerin nicht. Zwar handelt es sich bei der Pensionsordnung der Tr aus Januar 1985 um eine für Neueintritte geschlossene Versorgungsordnung, mit der zudem eine Versorgung außerhalb des H Unterstützungskasse e.V. gewährt wurde. Die der Klägerin von der Tr erteilte Versorgungszusage besteht jedoch bei der Beklagten nicht fort. Hierzu bedürfte es einer gesonderten Rechtsgrundlage, die die Fortgeltung der bisherigen Versorgungszusage zum Gegenstand hat. Aus § 1 Nr. 2 Satz 2 KBV 01 folgt nichts anderes. Die Regelung ordnet entgegen dem Verständnis der Klägerin den Fortbestand der genannten Zusagen bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb des Konzerns nicht an, sondern setzt diesen voraus. Nur wenn die Versorgungszusage nach anderweitiger rechtlicher Grundlage auch bei einem neuen Arbeitgeber fortbesteht, fallen die Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich der KBV 01 heraus mit der Folge, dass sich ihre betriebliche Altersversorgung nicht nach § 2 KBV 01, sondern gemäß § 1 Nr. 2 Satz 2 KBV 01 nach den bisher anwendbaren Versorgungsordnungen richtet.

26

aa) Bereits nach dem Wortlaut von § 1 Nr. 2 KBV 01 reicht es nicht aus, dass eine Versorgungszusage in einem früheren Arbeitsverhältnis erteilt wurde; vielmehr muss sie nach § 1 Nr. 2 Satz 1 KBV 01 „fortbestehen“, damit sie entsprechend § 1 Nr. 2 Satz 2 KBV 01 „fortgilt“. Es geht folglich um die Weitergeltung und damit um eine Aufrechterhaltung eines bestehenden Zustands und nicht um die konstitutive Neubegründung einer Rechtslage. Das wäre aber erforderlich, wenn eine Versorgungszusage bei einem Arbeitgeber gelten soll, der diese nicht erteilt hat.

27

bb) Die Systematik der KBV 01 spricht ebenfalls für dieses vom Wortlaut vorgegebene Verständnis von § 1 Nr. 2 KBV 01. Die Regelung befindet sich bei den in § 1 KBV 01 enthaltenen Bestimmungen zum Geltungsbereich. Dieser umfasst nach § 1 Nr. 1 KBV 01 zunächst alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der KBV 01 zum T-Konzern gehörenden Gesellschaften und deren Arbeitnehmer, auch wenn deren Arbeitsverhältnis erst nach dem Inkrafttreten der KBV 01 beginnt. § 1 Nr. 2 KBV 01 nimmt anschließend die Arbeitnehmer aus, für die Zusagen auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung außerhalb von Zusagen des H Unterstützungskasse e.V. aufgrund einer für Neueintritte geschlossenen Versorgungsordnung einer Gesellschaft des T-Konzerns fortbesteht. Ebenso ausgenommen sind nach § 1 Nr. 3 KBV 01 Arbeitnehmer des T-Konzerns, für die ausschließlich individuelle Zusagen außerhalb des H Unterstützungskasse e.V. bestehen und schließlich ordnet § 1 Nr. 4 KBV 01 die Geltung auch für solche Gesellschaften an, die nach dem Inkrafttreten der KBV 01 erst in den T-Konzern eintreten. Inhaltliche Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung werden erst daran anschließend in den §§ 2 und 3 KBV 01 getroffen. Die Bestimmung in § 1 Nr. 1 KBV 01 zeigt, dass die Betriebsparteien grundsätzlich alle Arbeitsverhältnisse im T-Konzern der durch sie getroffenen Neuregelung unterstellen wollten. Ausnahmen werden durch einen Ausschluss vom Geltungsbereich geregelt. Das spricht dafür, dass § 1 Nr. 2 KBV 01 keine eigenständige Fortgeltungsanordnung für die dort genannten Versorgungsordnungen enthält, sondern lediglich die Reichweite der KBV 01 eingeschränkt werden soll.

28

cc) Der sich aus der Präambel ergebende Sinn und Zweck der KBV 01 bestätigt diese Auslegung. Die KBV 01 will ausweislich ihrer Präambel die betriebliche Altersversorgung im Konzern einheitlich über die Unterstützungskasse gewähren und damit deren möglichst weitreichende Vereinheitlichung herbeiführen. Das Ziel einer Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung im T-Konzern wäre deutlich schwieriger zu erreichen, wenn bereits das Bestehen einer früheren Versorgungszusage zu einem Fortbestand derselben auch bei einem Arbeitgeberwechsel im Konzern führen würde. Nach den erkennbaren Vorstellungen der Betriebsparteien sollen künftig möglichst alle Versorgungszusagen einheitlich über den H Unterstützungskasse e.V. abgewickelt werden.

29

III. Ein Anspruch der Klägerin auf Fortführung der Versorgungszusage der Tr ergibt sich auch nicht aus der KBV-Stellenbesetzung. Es kann dahinstehen, ob der zeitliche und sachliche Geltungsbereich der KBV-Stellenbesetzung eröffnet ist, denn Nr. 6 KBV-Stellenbesetzung gibt keinen solchen Anspruch.

30

Nach Nr. 6 Satz 2 KBV-Stellenbesetzung bleiben die kündigungsrechtlichen Besitzstände erhalten. Unter diese Regelung fallen Ansprüche auf Fortführung der betrieblichen Altersversorgung schon nach dem Wortlaut nicht. Die Fortführung einer Versorgungszusage ist nicht Gegenstand eines „kündigungsrechtlichen Besitzstandes“. Vielmehr sollen damit Regelungen zum Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses insgesamt erfasst werden. Dem Wort „kündigungsrechtlich“ kommt eigenständige Bedeutung zu. Im Falle einer Kündigung soll der Arbeitnehmer nicht schlechter stehen als im vorherigen Arbeitsverhältnis. Auch Nr. 6 Satz 1 KBV-Stellenbesetzung enthält keine ausdrückliche Regelung zur betrieblichen Altersversorgung. Vielmehr sind „Beschäftigungszeiten“ anzuerkennen. Damit ist die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten aus einem früheren Arbeitsverhältnis im neuen Arbeitsverhältnis angesprochen, nicht jedoch, dass zwei Arbeitsverhältnisse als eines zu behandeln sind. Selbst wenn frühere Beschäftigungszeiten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung anzuerkennen sind, bedeutet das nicht, dass dies die Fortgeltung einer früheren Versorgungszusage auch beim Wechsel des Arbeitgebers zur Folge hat.

31

IV. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Versorgungszusage fortzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen.

32

1. Es kann dahinstehen, ob § 8 des Arbeitsvertrags vom 12./28. November 2007 eine konstitutive Bezugnahme auf die KBV 01 enthält. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde diese Bestimmung nur dazu führen, dass sich die Ansprüche der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung - dem Grunde und der Höhe nach - nach der KBV 01 vom 23./24. März 2006 richten. Das gilt auch, wenn man die Grundsätze des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde legt.

33

a) Die Bezugnahmeklausel in § 8 des Arbeitsvertrags verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine Verweisung auf die Vorschriften eines anderen Regelungswerks ist grundsätzlich zulässig und führt für sich genommen nicht zur Intransparenz. Bezugnahmeklauseln, auch dynamische, sind im Arbeitsrecht - insbesondere im Betriebsrentenrecht - weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Es ist ausreichend, wenn die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind (BAG 17. Juli 2012 - 1 AZR 476/11 - Rn. 22 ff., BAGE 142, 294; 16. Februar 2010 - 3 AZR 181/08 - Rn. 43, BAGE 133, 181). Dies ist hier der Fall. Die Klausel in § 8 des Arbeitsvertrags verweist eindeutig auf die KBV 01 als Bezugsobjekt.

34

Selbst wenn man - etwa unter Rückgriff auf § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB - aus den von der Klägerin behaupteten Umständen bei Vertragsschluss eine mangelnde Klarheit und Verständlichkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit eine Unwirksamkeit der Verweisungsklausel herleiten wollte, wäre die Rechtsfolge daraus nur die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen(§ 306 Abs. 2 BGB). Das würde dazu führen, dass die KBV 01 als Rechtsnorm und damit Gesetz im Sinne des BGB (Art. 2 EGBGB) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung käme.

35

b) Die Verweisung in § 8 des Arbeitsvertrags auf die KBV 01 enthält auch keine Unklarheiten, die gemäß § 305c Abs. 2 BGB bei ihrer Auslegung zulasten der Beklagten als Verwenderin der vertraglichen Bezugnahmeklausel gehen könnten. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehen wollte, dass die KBV 01 ihrerseits auslegungsbedürftig wäre und letztlich bei deren Auslegung Unklarheiten verbleiben würden, führte dies nicht dazu, dass die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag ihrerseits unklar wäre und deshalb Zweifel bei ihrer Auslegung nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten der Beklagten gingen. Eine eventuelle Unklarheit des in Bezug genommenen Regelwerks wirkt sich nicht auf die Bezugnahmeklausel selbst aus. Im Übrigen ist die KBV 01 - wie sich nach dem unter Rn. 21 ff. Ausgeführten ergibt - der Auslegung zugänglich, ohne dass Unklarheiten verbleiben. Auch die von der Klägerin behaupteten Umstände bei Abschluss des Arbeitsvertrags vermögen eine Unklarheit von § 8 des Arbeitsvertrags nicht zu begründen. Etwaige, den Vertragsschluss begleitende Umstände bleiben bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 305c Abs. 2 BGB gegeben sind, außer Betracht. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, der sich auf solche Umstände bezieht, ordnet ihre Berücksichtigung nur für die Wirksamkeitskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, nicht aber für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB an. Auf den Vortrag der Klägerin zu diesen Umständen kommt es daher nicht an.

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2. Eine von § 8 des Arbeitsvertrags abweichende gesonderte Vereinbarung ist von der Klägerin nicht schlüssig behauptet worden.

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Der Vortrag der Klägerin lässt nicht erkennen, dass der Mitarbeiter der Personalabteilung L eine rechtsverbindliche Erklärung abgegeben hat, nach der die Beklagte unabhängig von der sich aus dem Arbeitsvertrag und den Konzernbetriebsvereinbarungen ergebenden Rechtslage die Versorgungszusage der Tr fortführen wird. Selbst wenn der Mitarbeiter der Personalabteilung vor Abschluss des Arbeitsvertrags mitgeteilt haben sollte, dass er von einer Fortgeltung der Versorgungszusage ausgehe, konnte die Klägerin hieraus nicht entnehmen, dass die Beklagte ihr die Fortgeltung der ursprünglichen Versorgungszusage ohne Rücksicht auf die Vereinbarungen der Parteien und der im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen KBV 01 zusichern wollte. Folglich kommt es auf die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht an. Mit dieser rügt die Klägerin lediglich, es sei eine Beweisaufnahme zu Aussagen unterblieben, die sich ausschließlich auf die Auslegung von § 8 des Arbeitsvertrags und § 1 Nr. 2 KBV 01 beziehen.

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V. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die von der Klägerin benannten drei Mitarbeiter verfügten über Zusagen betrieblicher Altersversorgung, die über den H Unterstützungskasse e.V. durchgeführt werden. Es handelt sich demnach nicht um vergleichbare Sachverhalte, denn die Altersversorgung dieser Arbeitnehmer richtet sich bereits nach der Leistungsordnung des H Unterstützungskasse e.V., die für die Zusage der Klägerin ab ihrem Eintritt bei der Beklagten Anwendung finden soll. Die Klägerin hat nicht behauptet, diese Arbeitnehmer verfügten über eine außerhalb des H Unterstützungskasse e.V. durchgeführte und trotz des Wechsels zur Beklagten fortbestehende Versorgungszusage.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Blömeke     

        

    H. Trunsch