Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 27. Feb. 2015 - 9 Sa 482/14
Gericht
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 06.03.2014 – 1 Ca 2227/13 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Überstundenausgleich für den Zeitraum bis 31.12.2011 im Umfang von 163 Stunden zusteht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 77% und der Beklagte zu 23%.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Freizeitausgleich.
3Der Beklagte ging 2007 aus der Verschmelzung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften mit dem Bundesverband der Unfallkassen hervor und ist der Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.
4Die Klägerin, geboren am . .1959, war zunächst als Dienstordnung-Angestellte bei der B -Berufsgenossenschaft tätig und trat mit Wirkung vom 01.03.1994 zum Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften über.
5Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist der Dienstvertrag vom 17.02.1994 (Bl. 147 und 148 der Akte). Gemäß § 3 des Dienstvertrages finden auf das Dienstverhältnis die jeweiligen Vorschriften des Bundesbeamtenrechts über die Rechte und Pflichten der Beamten, darunter auch über die Arbeitszeit, entsprechend Anwendung.
6Je zur Hälfte ist die Klägerin als Leiterin des Referats Regressrecht und als Dozentin bei der von dem Beklagten betriebenen D -Akademie tätig. Die D Akademie entstand aus der Zusammenführung der Berufsgenossenschaftlichen Akademie in H und des Bildungszentrums des Bundesverbandes der Unfallkassen in B mit den Bereichen Akademie und Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung.
7Die Dozentinnen und Dozenten der D -Akademie sind von den Standard-Regelungen der Betriebsvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit ausgenommen. Ihre tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden werden technisch nicht erfasst. Um die einzelnen Tätigkeiten der Dozentinnen und Dozenten zu erfassen, führten diese auf Veranlassung des Beklagten eine Excel-Tabelle, aufgrund derer der Beklagte Aufstellungen erstellte, die er für die Jahre bis einschließlich 2010 mit „Umfang der Arbeitstätigkeiten im Lehrbereich“ und danach als „Tätigkeitsübersicht“ und dem zusätzlichen Hinweis, dass sie vorläufig seien und „keine Arbeitszeiterfassung im arbeitsrechtlichen Sinn“ darstellten, versah. Dabei wurde pro Unterrichtsstunde von 45 Minuten wegen der dazugehörigen Vor- und Nachbereitung ein geschätzter Aufwand von 2,5 Zeitstunden in Ansatz gebracht, soweit andere Arbeiten auf das Lehrdeputat angerechnet wurden. Zudem wurden weitere Tätigkeiten wie etwa die Betreuung von Bachelor-Arbeiten, Klausuraussichten in ihrem Aufwand geschätzt und in Ansatz gebracht. Reisezeiten wurden pauschal bewertet.
8Ende 2007 entstand aus den Reihen der Dozentenschaft eine vierköpfige Projektgruppe, die Vorschläge für eine effiziente und effektive Aufbau- und Ablauforganisation, für eine angemessene Bewertung des Umfangs von Arbeitstätigkeiten, für praktikable Instrumente zur Vermeidung von Überlastung und mangelnder Auslastung sowie zu einer ausgewogenen Verteilung von Arbeitstätigkeiten entwickeln sollte.
9Gemäß der Ergebnisniederschrift über eine Besprechung mit den hauptamtlichen Dozentinnen und Dozenten vom 12.01.2011 (Bl. 115 der Akte) besteht zwischen den Parteien Einigkeit darüber, dass in Anlehnung an die Maßstäbe in Nordrhein-Westfalen ein volles Lehrdeputat 648 Stunden/Jahr beträgt.
10Mit E-Mail-Schreiben vom 29.06.2012, wegen dessen näheren Inhalts auf Bl. 6 und 7 der Akte Bezug genommen wird, teilte der Beklagte der Klägerin eine aktuelle Übersicht ihrer Überträge mit, die nach Abzug eines ihr gewährten Freizeitausgleichs mit 163 Unterrichtsstunden resultierte. Die E-Mail wurde von Frau F , der Sekretärin des Vorgesetzten der Klägerin, des Herrn B , versandt.
11Mit E-Mail Schreiben vom 03.12.2012 (Bl. 16 der Akte) wandte sich Herr B wie folgt an die Dozentinnen und Dozenten:
12„(…) wie Sie wissen, ist die von uns praktizierte informelle Regelung zur Erfassung von Arbeitstätigkeiten aus unterschiedlichen Gründen wiederholt Gegenstand von Diskussionen.
13(…)
14In Abstimmung mit der Geschäftsleitung habe ich daher nun Kontakt mit den örtlichen Betriebsräten B und H und dem Gesamtbetriebsrat sowie der Personalstelle aufgenommen mit dem möglichen Ziel des Abschlusses einer BV. Für die Zeit ab 01.12.2012 werden die Tätigkeiten daher zwar die bisher weiterhin im Einzelnen dokumentiert, jedoch nicht mehr konkret bewertet, sondern (wie in anderen Arbeitsbereichen) überschlägig auf etwaige Über-/Unterkapazitäten hin geprüft.“
15Mit E-Mail-Schreiben vom 14.01.2013 bat die Klägerin Herrn B , ihr für den 08.02.2013 Dienstbefreiung unter Anrechnung auf ihre Überstunden zu bewilligen. Herr B antworte mit E-Mail-Schreiben vom 15.01.2013 wie folgt:
16„Aus meiner Sicht besteht die Situation, dass mit der Aussetzung der bisherigen Regelung zum Umgang mit den Arbeitstätigkeiten von Dozenten (s. meine Mail v. 03.12.2012) sämtliche diese Regelung ergänzenden Verfahrensfragen (z.B. „Freizeitausgleich“) ebenfalls zunächst „auf Eis gelegt“ sind.
17Für die Zeit ab 01.01.2013 ist dies also zunächst nicht mehr der Fall, die Stunden bleiben aber dokumentiert. Wie mit den „Mehr- oder Fehlstunden“ künftig umgegangen wird, bleibt der zu findenden Neuregelung vorbehalten.“
18Mit ihrer am 14.08.2013 bei dem Arbeitsgericht Siegburg eingereichten und später erweiterten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung und Gewährung eines Überstundenausgleichsanspruchs für den Zeitraum bis 21.12.2012. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die bis zum 03.12.2012 geübte Handhabung, wonach Unterrichtsstunden mit einem Faktor von 2,5 in Arbeitsstunden umgerechnet und zum Ende eines jeden Jahres die Plus- und Minusstunden festgestellt worden seien, aufgrund einer betrieblichen Übung, einer arbeitgeberseitigen Gesamtzusage oder aufgrund konkludenter Änderungen der Arbeitsverträge rechtlich verbindlich sei. Daher sei sie berechtigt, bei der Berechnung ihrer Überstunden für die Umrechnung der Lehrstunden den Faktor 2,5 zu Grunde zu legen. Bei den Excel-Tabellen handele es sich um Arbeitszeitkonten. Der Faktor 2,5 sei eigentlich noch zu niedrig, da richtigerweise ein Faktor von 2,8 zu Grunde zu legen sei. Die für die Zeit bis einschließlich 2011 in der E-Mail vom 29.06.2012 angegeben Stunden seien unstreitig. Sie seien auch nicht verfallen, da sie als festgestellt festgehalten worden seien. Mit seiner E-Mail vom 15.01.2013 habe Herr B selbst bestätigt, dass eine verbindliche Absprache bestanden habe, wonach Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit gewährt worden sei.
19Jedenfalls sei ihr, der Klägerin, Vertrauensschutz zuzubilligen. Denn in all den Jahren vor 2012 sei Freizeitausgleich gewährt worden. Nur im Vertrauen auf diese Regelung habe sie die zu viel geleisteten Stunden erbracht.
20Für die Zeit bis einschließlich 2011 stehe ihr somit ein Überstundenausgleich im Umfang von 497,5 Stunden zu. Denn zu den bereits von dem Beklagten anerkannten 163 Stunden kämen für 2011 weitere 36 Stunden für 2011 hinzu, die der Beklagte in der mit Datum vom 06.03.2013 erbrachten Tätigkeitsübersicht für 2011 (Bl. 11 bis 15 der Akte) selbst zusätzlich in Ansatz gebracht habe. Die 199 Stunden würden somit unter Zugrundelegung eines Faktors von 2,5 497,5 Stunden ergeben.
21Für das Jahr 2012 seien noch 193,38 Stunden auszugleichen.
22Wegen der Stundenaufstellungen wird auf Bl. 11 bis 15 der Akte, aufBl. 84 bis 106 der Akte sowie auf Bl. 119 bis 123 der Akte Bezug genommen.
23Die Klägerin hat beantragt,
24- 25
1. festzustellen, dass ihr ein Anspruch auf Überstundenausgleich für den Zeitraum bis 31.12.2011 im Umfang von 497,5 h entsprechend 60,67 Arbeitstagen zusteht;
- 27
2. festzustellen, dass ihr ein Anspruch auf Überstundenausgleich für den Zeitraum 01.01.2012 bis 21.12.2012 im Umfang von 193,38 h entsprechend 23,58 Arbeitstagen zusteht;
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3. den Beklagten zu verurteilen, den Überstundenausgleich ab dem 2. Quartal 2014 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Er hat darauf verwiesen, dass die Dozentinnen und Dozenten ihre Arbeitsleistung eigenverantwortlich zumeist in Heimarbeit erbringen würden, so dass der zeitliche Umfang ihrer Arbeitszeit seiner Kontrolle entzogen sei. Die von den Dozentinnen und Dozenten erstellten Tätigkeitsübersichten hätten vornehmlich dem Zweck gedient, die Arbeitsauslastung und die Verteilung der Aufgaben untereinander näher einschätzen zu können. Bei ihnen habe es sich hingegen nicht um Arbeitszeitkonten gehandelt.
33Im Laufe der Zeit habe sich im Zusammenhang mit der Anwendung der Tätigkeitsübersichten gezeigt, dass der Zeitaufwand für die verschiedenen Arbeitstätigkeiten der Dozentinnen und Dozenten viel zu hoch eingeschätzt worden sei. Für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer Lehrveranstaltungsstunde sei tatsächlich kein Zeitaufwand von 2,5 Stunden erforderlich.
34Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.03.2014 abgewiesen und dies damit begründet, dass eine Dienstbefreiung nach § 88 Bundesbeamtengesetz i.V.m. § 3 des Arbeitsvertrages nur dann erfolgen müsse, wenn eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit von mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus vorgelegen hätte. Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit sei ein Verwaltungsakt, der sich auf konkrete Mehrarbeitstatbestände beziehen und der von einem entsprechenden Willen oder Bewusstsein des Dienstherrn getragen sein müsse. Ein solcher Verwaltungsakt liege jedoch nicht vor. In der Zuweisung eines bestimmten Lehrdeputats könne hingegen eine Anordnung von Mehrarbeit im Sinne des § 88 Bundesbeamtengesetzes nicht gesehen werden. Zudem fehle es an konkreten Angaben über Beginn und Ende der jeweils geleisteten Arbeitszeit. Die Aufstellung der Klägerin würden keine Arbeitszeitkonten sondern lediglich Tätigkeitsübersichten darstellen.
35Das Urteil ist der Klägerin am 08.05.2014 zugestellt worden. Ihre dagegen gerichtete Berufung ist am 03.06.2014 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.08.2014 mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden.
36Die Klägerin rügt, dass das Arbeitsgericht die eigentliche Problematik des Rechtsstreites nicht erkannt habe. Dabei habe es unzulässig das Lehrdeputat mit der Problematik darüber hinausgehender Mehrarbeit, um die es allein gehe, vermischt. Aufgrund dieser Betrachtungsweise sei das Arbeitsgericht zu einer nicht haltbaren Anwendung des § 88 Bundesbeamtengesetz gekommen und habe fehlerhaft die Anordnung bzw. Genehmigung von Überstunden durch einen Verwaltungsakt gefordert. Der Beklagte sei als eingetragener Verein zum Erlass eines Verwaltungsaktes überhaupt nicht befugt. Entscheidend sei allein, ob sie, die Klägerin, über das Deputat hinaus gearbeitet habe. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Tätigkeitsübersichten keine Arbeitszeitkonten darstellen würden, greife zu kurz. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Angabe der Unterrichtsnummer mit der sich daraus ergebenden terminlichen zeitlichen Festlegung im Seminarverzeichnis und die aufgeführte Zahl der Unterrichtsstunden letztlich die Arbeitszeit wiedergäben. Die Excel-Tabelle habe der Erfassung der Arbeitszeiten gedient, weil sie wederdurch eine Stempeluhr noch durch eine elektronische Anwesenheitserfassung hätte dokumentiert werden können.
37Die Klägerin beantragt,
38das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg Az. 1 Ca 2227/13 vom 06.03.2014 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu entscheiden.
39Der Beklagte beantragt,
40die Berufung zurückzuweisen.
41Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Tätigkeitsübersichten keine Arbeitszeitkonten darstellen würden. Abgesehen von der fehlenden dienstlichen Anordnung von der Mehrarbeit bestreite er die geltend gemachten Stunden. Die Klägerin habe in den Jahren 2009 bis 2011 nicht einmal so viel Unterricht geleistet, wie es durch die Übertragung eines Lehrdeputats habe erwartet werden können. Sie habe auch nicht mehr als 324 Unterrichtsstunden erbracht. Im Jahr 2009 habe sie insgesamt 220 Unterrichtsstunden geleistet, im Jahr 2010 seien es insgesamt 165 Stunden und im Jahr 2011 insgesamt 228 Stunden gewesen.
42Wegen der näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte Bezug genommen.
43E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
44Die form- und fristgerecht eingelegte und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache selbst nur teilweise Erfolg.
451.) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Überstundenausgleich in der von ihr geltend gemachten Höhe. Denn sie hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus für den Beklagten tätig geworden ist.
46a) Verlangt ein Arbeitnehmer einen Ausgleich für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, wenn er schriftsätzlich vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat (BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 –, juris; BAG, Urteil vom 16. Mai 2012 – 5 AZR 347/11 –, BAGE 141, 330-339).
47b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, an welchen Tagen sie von wann bis wann Arbeit geleistet hat. Sie beruft sich stattdessen auf das ihr zugewiesene Lehrdeputat, das sie wegen Vor- und Nacharbeiten mit dem Faktor 2,5 multipliziert. Im vorliegenden Fall genügt diese schematische zeitliche Bewertung der Lehrtätigkeit nicht den Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag zur Mehrarbeit. Denn nach Auffassung der Kammer kann diese Vorgehensweise den tatsächlichen Arbeitsaufwand der Klägerin nicht verlässlich widerspiegeln, da sich die Vorbereitung und Nacharbeitung der Lehrstunden je nach Unterrichtsgegenstand und Erfahrung der Lehrkraft ganz unterschiedlich gestalten kann. So hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung allein nichts über die tatsächliche Dauer der Arbeitszeit sagt. Vielmehr muss ein Arbeitnehmer im Einzelnen darlegen, wieviel Zeit er tatsächlich für die Vorbereitung und Nachbereitung des Unterrichts sowie für sonstige Aufgaben benötigt. Eine solche Arbeitszeitberechnung kann demgemäß auch nicht durch den Verweis auf eine Stellenbeschreibung ersetzt werden, weil sich daraus der tatsächliche Zeitaufwand nicht ersehen lässt (BAG, Urteil vom 13. Januar 1988 – 5 AZR 293/86 –, juris). Für die Festlegung eines Lehrdeputats gilt im vorliegenden Fall nichts anderes. Denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten (BAG, Urteil vom 19. März 2014 – 5 AZR 954/12 –, juris). Dafür, dass ein Ansatz von 2,5 Stunden im Fall der Klägerin oder anderer Dozentinnen und Dozenten des Beklagten unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Erfahrung realistisch ist, bestehen für die Kammer keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Einschätzung der Dozentenschaft bietet hierfür ebenso wenig eine tragfähige Grundlage wie der Vergleich mit dem Lehrdeputat in Nordrhein-Westfalen.
48c) Nicht entscheidend ist, dass der Beklagte in der Vergangenheit Freizeitausgleich gewährt hat. Aus diesem Umstand ergibt sich weder eine Gesamtzusage noch eine betriebliche Übung dahingehend, dass bei der Bewertung einer Unterrichtsstunde ein Aufwand von 2,5 Zeitstunden anzusetzen ist. Auch kann sich die Klägerin diesbezüglich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
49aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung zu gewähren. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Sie sind als „typisierte Willenserklärungen“ nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien auszulegen. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers (BAG, Urteil vom 15. Mai 2012 – 3 AZR 610/11 –, BAGE 141, 222-258, Rn. 51). Der Umstand, dass die Dozentinnen und Dozenten nach dem Vortrag der Klägerin in der Vergangenheit auf der Grundlage ihrer Tätigkeitsübersichten und unter Zugrundelegung eines Faktors von 2,5 für Unterrichtsstunden Freizeitausgleich erhalten haben, lässt zwar den Schluss zu dass der Beklagte Mehrarbeit durch Freizeit ausgleichen wollte. Eine verbindliche Erklärung, dass dies immer im Umfang von 2,5 Stunden pro Unterrichtsstunde erfolgen werde, lässt sich diesem Verhalten jedoch nicht entnehmen. Denn der Beklagte hat nur zu erkennen gegeben, dass er die Mehrarbeit, die er tatsächlich als geleistet angesehen hat, ausgleichen wollte und dabei aus Vereinfachungsgründen einen Faktor von 2,5 für Unterrichtsstunden zu Grunde gelegt hat.
50bb) Insoweit ist auch keine bindende betriebliche Übung entstanden. Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäߧ 151 BGB angenommen werden kann. So wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften (BAG, Urteil vom 15. Mai 2012 – 3 AZR 610/11 –, BAGE 141, 222-258, Rn. 59). Dies ist bezüglich der Berechnung von Arbeitszeitguthaben nicht der Fall. Die Frage der zutreffenden Bewertung der Unterrichtsstunden war zwischen dem Beklagten und der Dozentenschaft seit längerer Zeit im Streit. Nicht umsonst ist Ende 2007 aus den Reihen der Dozentenschaft eine Projektgruppe entstanden, die u.a. Vorschläge für eine angemessene Bewertung des Umfangs von Arbeitstätigkeiten erstellt hat, und deren Ergebnisse, wie die Klägerin selbst vorgetragen hat, nicht vollständig von dem Beklagten übernommen worden sind. Zudem ist es jedenfalls im Fall der Klägerin nicht dazu gekommen, dass der Beklagte die in den Tätigkeitsübersichten ermittelten Zeiten vollständig ausgeglichen hätte. Unabhängig davon hätte die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass sich der Beklagte dergestalt hätte binden wollen, dass er unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit Freizeitausgleich auf der Grundlage einer abstrakten Berechnung gewähren will. Hinzu kommt Folgendes: Für Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienst gelten die Grundsätze der betrieblichen Übung nicht uneingeschränkt. Die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplans gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, diese Vorgaben zu beachten. Im Zweifel gilt Normvollzug. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Ohne besondere Anhaltspunkte darf der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst deshalb auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen überschreiten, nicht darauf vertrauen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unbefristet weitergewährt. Der Arbeitnehmer muss damit rechnen, dass eine fehlerhafte Rechtsanwendung korrigiert wird (BAG, Urteil vom 11. Oktober 1995 – 5 AZR 802/94 –, Rn. 31, juris). Unabhängig von der Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Beklagten als Spitzenverband dem öffentlichen Dienst zuzurechnen ist, haben es die Parteien jedoch weitgehend so ausgestaltet. Dies zeigt sich insbesondere bei der Frage der Arbeitszeit, bei der im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf die Regelungen des Bundesbeamtenrechts verwiesen wird. Schon deshalb durfte die Klägerin nicht damit rechnen, dass der Beklagte sich bindend verpflichten wollte, Arbeitszeiten unabhängig von ihrem tatsächlichen Umfang aufgrund einer schematischen Berechnung anzuerkennen.
51cc) Aus demselben Grund kann die Klägerin bezüglich der Erfassung ihrer Arbeitszeit auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.
522.) Allerdings hatte der Beklagte im Fall der Klägerin mit Stand vom 29.06.2012 einen Stundenübertrag der Klägerin für die Zeit bis einschließlich 2011 von 173 Stunden dokumentiert und auf der Basis dieses Übertrags Freizeitausgleich im Umfang von zehn Stunden in Anrechnung gebracht, so dass ein Saldo von 163 Stunden verblieb.
53a) Bezüglich dieses Mehrarbeitskontingents kann sich der Beklagte nach Auffassung der Kammer - anders als bei den Tätigkeitsübersichten - nicht darauf berufen, dass es sich nur um eine Aufzeichnung zum Zwecke einer näheren Einschätzung der Arbeitsauslastung und der Verteilung der Aufgaben unter den Dozenten gehandelt habe. Zwar wird man in der E-Mail vom 29.06.2012 kein abstraktes, schuldbegründendes Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB sehen können, da nichts dafür spricht, dass der Beklagte einen vom Grundverhältnis gelösten neuen Schuldgrund habe schaffen wollen (zum abstrakten Schuldanerkenntnis BAG, Urteil vom 13. März 2002 – 5 AZR 43/01 –, Rn. 14, juris). Es liegt jedoch ein deklaratorisches (kausales) Schuldanerkenntnis bezüglich des Arbeitszeitguthabens der Klägerin aus den Jahren 2008 bis 2011 vor. Zweck eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist es, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen (BAG, Urteil vom 13. März 2002 – 5 AZR 43/01 –, Rn. 14, juris). Nicht anders kann die E-Mail vom 29.06.2012 verstanden werden. Denn in der vorausgegangenen E-Mail vom 06.02.2012 hatte die Sekretärin F Berechnungen zu den Überträgen angestellt und zum Ausdruck gebracht, dass sie Zweifel an der Berechnung ihres Vorgesetzten Becker hatte. In der E-Mail vom 29.06.2012 hat sie dann ausdrücklich erklärt, dass nach Rücksprache mit Herrn Becker seine Berechnungsweise korrekt sei und sich somit der mitgeteilte Übertrag von 163 Stunden ergebe. Insoweit kann sich die Klägerin, wie sie es bereits in der Klageschrift getan hat, auf die Aufstellung berufen.
54b) Anders verhält es sich wiederum mit den in der Tätigkeitsübersicht für 2011 festgestellten Stunden. Bereits aus der Überschrift ergibt sich, dass sie „keine Arbeitszeiterfassung im arbeitsrechtlichen Sinn“ darstellen sollte. Sie diente damit nicht dem Zweck, den Streit der Parteien über Stundenüberträge endgültig beizulegen und kann nicht als deklaratorisches Anerkenntnis angesehen werden. Die E-Mail des Herrn Becker vom 15.01.2013 stellt ebenfalls kein Anerkenntnis dar, da in ihr nur von einer Dokumentation der Stunden die Rede ist.
55c) Dass der anerkannte Übertrag von 163 Stunden zwischenzeitlich (teilweise) abgebaut worden wäre, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dabei ist unerheblich, welche Arbeitszeiten die Klägerin in der Folgezeit tatsächlich erbracht hat. Denn ein Ausgleich mit etwaigen Minusstunden findet nicht automatisch statt, zumal der Beklagte die Existenz eines Arbeitszeitkontos bestreitet. Vielmehr hätte es im vorliegenden Fall einer besonderen Weisung des Beklagten zur Verteilung der Arbeitszeit i.S.d. § 106 Satz 1 GewO bedurft. Denn grundsätzlich legt der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit durch Weisung kraft seines Direktionsrechts aus § 106 Satz 1 GewO fest (BAG, Urteil vom 16. April 2014 – 5 AZR 483/12 –, Rn. 18, juris). Mit der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung wird zugleich auch die Zeit bestimmt, während derer ein Arbeitnehmer keine Arbeit zu leisten hat. Beide Festlegungen unterliegen dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO. Das ermöglicht es dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort nach billigem Ermessen i.S.d. § 315 Abs. 3 BGB zu bestimmen (BAG, Urteil vom 19. Mai 2009 – 9 AZR 433/08 –, BAGE 131, 30-35, Rn. 28; ebenso BAG, Urteil vom 15. Februar 2012 – 7 AZR 774/10 –, Rn. 25, juris zum Freizeitanspruch nach § 37 Abs. 3 S. 1 BetrVG).
563.) Die Klage ist, soweit die Klägerin eine Gewährung von Überstundenausgleich ab dem 2. Quartal 2014 begehrt, unbegründet, da der Zeitpunkt und die Form des Ausgleichs zwischen den Parteien nicht dergestalt vereinbart ist, dass er beginnend mit dem 2. Quartal 2014 zu gewähren war und ist.
57a) Abgesehen davon, dass ein rückwirkender Ausgleich ab dem 2. Quartal 2014 kaum mehr durchführbar sein dürfte, obliegt es grundsätzlich dem Weisungsrecht des Beklagten als Arbeitgeber, wann und wie ein Überstundenausgleich durchzuführen ist. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte als Arbeitgeber die von der Klägerin geäußerten Wünsche zum Abbau berücksichtigen muss. Dies ist aber nur ein Aspekt der nach billigem Ermessen i.S.d. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB festzulegenden zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung zur Erfüllung des Anspruchs. Vor allem sind der Zweck der zu gewährenden Leistung und die Folgen, die für die Vertragsparteien durch die in Betracht kommenden Leistungsbestimmungen voraussichtlich eintreten, angemessen zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 15. Februar 2012 – 7 AZR 774/10 –, Rn. 31, juris). Hinzu kommt, dass die Parteien in ihrem Arbeitsvertrag bezüglich der Arbeitszeit auf die Bestimmungen des Bundesbeamtenrechts verwiesen haben, so dass der Beklagte insoweit die Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes und der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes mit berücksichtigen muss.
58b) Danach ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte zum Ausgleich des Überstundenausgleichs in der von der Klägerin gewünschten Art und Weise verpflichtet ist. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass jede andere Entscheidung als die Gewährung von Freizeit ab dem 2. Quartal 2014 bzw. als eine sofortige Freizeitgewährung unbillig wäre.
59Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO.
60Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da sie keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gesehen und aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls entschieden hat.
61R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
62Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
63Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf§ 72a ArbGG verwiesen.
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Annotations
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.
(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.
(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.
(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.