Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 29. Juni 2016 - 1 Ta 114/16
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 05.04.2016(6 Ca 8003/15) wird zurückgewiesen
1
G r ü n d e :
2I.
3Die vom Kläger persönlich auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts Köln eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 127 Abs. 2 S. 2 u. 3 ZPO, 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, 78 S. 1 ArbGG, 11 a) Abs. 1 ArbGG zulässig, in der Sache indes nicht begründet.
4Das Arbeitsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts zutreffend abgelehnt.
51. Prozesskostenhilfe kann gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 a) Abs. 1 ArbGG nur für einebeabsichtigte Rechtsverfolgung bewilligt werden. Die Begrenzung rechtfertigt sich daraus, dass einer mittellosen Partei Prozesshandlungen ermöglicht werden sollen. Die Bewilligung setzt daher voraus, dass zum Zeitpunkt der Erledigung des Hauptsacheverfahrens der Antrag entscheidungsreif war (BVerfG 14.04.2010 – 1 BvR 362/10). Hierfür ist erforderlich, dass der Antragsteller durch einen formgerechten Antrag von seiner Seite aus alles für die Bewilligung Erforderliche oder Zumutbare getan hat (BAG 16.02.2012 – 3 AZB 34/11 – NJW 2012, 2828; LAG Köln 01.03.2016– 1 Ta 12/16). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Bei Beendigung des Verfahrens durch den Vergleich am 02.02.2016 lag zwar ein Prozesskostenhilfe-Antrag vom gleichen Tage vor. Die gemäß § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO mit dem Antrag vorzulegende Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war indes nicht beigefügt.
62. Soweit in der Rechtsprechung ausnahmsweise eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch nach Abschluss der Instanz für möglich gehalten wird, setzt dies voraus, dass das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat und diese Frist eingehalten worden ist (BAG 03.12.2003 – 2 AZB 19/03 MDR 2004, 415). Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung materiell erfüllt (BGH 10.10.2012 – 4 ZB 16/12 – NJW 2013, 68). Insbesondere dann, wenn es um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Instanzende geht, führt eine mangelhafte Mitwirkung und ein daraus resultierendes Fristversäumnis zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung (BAG 03.12.2003 a. a. O.). Diese Rechtsfolge ist vorliegend eingetreten.
7a) Mit Verfügung vom 26.02.2016 hatte das Arbeitsgericht dem Kläger aufgegeben, die ausgefüllte und unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse binnen zwei Wochen ab Zugang des Schreibens dem Gericht vorzulegen. Die Fristverfügung wurde der Prozessbevollmächtigten – unter Beachtung der Vorschrift des § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO – am 14.03.2016 zugestellt. Innerhalb der gesetzten Frist erfolgte keine Reaktion seitens des Klägers.
8b) Der Kläger hat auch nicht hinreichend dargelegt, dass er nicht in der Lage gewesen sei, seine Einkommensverhältnisse rechtzeitig gegenüber dem Gericht geltend zu machen, das Fristversäumnis mithin schuldlos erfolgt sei (dazu LAG Schleswig-Holstein 14.03.2013 – 1 Ta 40/13). Hierzu wäre jedenfalls erforderlich gewesen, dass der Kläger konkret dargelegt hätte, wann er welche Unterlagen bei seiner Prozessbevollmächtigten vorgelegt hat. Hierzu fehlen konkrete Angaben des Klägers. Überdies ist der Vortrag auch widersprüchlich, da seine Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 04.05.2016 angibt, der Kläger selbst habe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse direkt an das Arbeitsgericht übermittelt. Wann und in welcher Form dies geschehen sein soll, wird ebenfalls nicht mitgeteilt.
9Unabhängig von diesen Widersprüchen beim Klägervortrag sind entsprechende Unterlagen jedenfalls nicht innerhalb der Frist, sondern erst mit der sofortigen Beschwerde am 4.5.2016 bei Gericht eingegangen.
10c) Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen können mit Rücksicht auf das Fristversäumnis nicht berücksichtigt werden. Hinsichtlich dieses Fristversäumnisses kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, da – worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat – die gemäß § 233 ZPO hierfür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Gesetzliche Folge ist der Verlust des Anspruchs auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Dies hat das Arbeitsgericht Köln in dem angefochtenen Beschluss zutreffend zum Ausdruck gebracht.
11d) Selbst wenn man - entgegen den vorstehenden Erwägungen - die Unterlagen berücksichtigt würden, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Denn eine Rückwirkung der Prozesskostenhilfe dürfte nicht auf einen Zeitpunkt vor vollständiger Antragstellung angeordnet werden (BAG 08.11.2004 – 3 AZB 54/03 – BAG-Report 2005, 379, Rn 13). Vorliegend wäre eine rückwirkende Bewilligung nur bezogen auf den 4.5.2016 denkbar, als dem Arbeitsgericht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen zusammen mit der sofortigen Beschwerde vorgelegt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Prozess in der Hauptsache abgeschlossen, eine Rechtsverfolgung, für die Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewährt werden könnte, nicht mehr beabsichtigt.
12II.
13Gegen diesen Beschluss ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78S. 2 ArbGG i. V. m. §§ 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.
(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.
(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.
(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.