Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss, 11. März 2014 - 5 Ta 5/14
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 – 3 Ca 63/13 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
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1. Mit Urteil vom 15. November 2013 wurde die Schuldnerin u.a. verurteilt, „auf das Aktiendepot des Klägers … eine Stückzahl von 266.087 B. Aktien zu übertragen“.
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Das Urteil wurde am 21. November 2013 zugestellt, Vollstreckungsklausel am 22. November 2013 erteilt.
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Die Schuldnerin verfügt über die genannten Aktien nicht. Sie ist weder im Besitz dieser Papiere, noch hat sie Eigentum an sammelverwahrten Aktien. Mit dem angegriffenen Beschluss, dem Gläubiger zugestellt am 7. Februar 2014, hat das Arbeitsgericht den auf § 887 ZPO gestützten Antrag auf Ersatzvornahme durch Ankauf solcher Aktien durch ihn oder Dritte und entsprechender Kostenvorschusszahlung abgelehnt.
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Die sofortige Beschwerde ging am 13. Februar 2014 bei Gericht ein, mit Beschluss vom 20. Februar 2014 hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen.
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2. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, § 793 ZPO, und zulässig, da rechtzeitig eingelegt, §§ 567, 569 ZPO.
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Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Zwangsvollstreckung bei der Verurteilung zur Leistung einer bestimmten Menge von Wertpapieren – so wie Aktien – allein nach § 884 ZPO erfolgt (Schuschke-Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl. 2008 Nr. 2 zu § 884). Leistung bedeutet Herausgabe zum Zwecke der Besitz- oder Eigentumsübertragung (Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. 2004 Nr. 2 zu § 884). Auch mit der Verurteilung zur Übertragung von Aktien – wie vorliegend - ist die Verpflichtung der Schuldnerin zur Eigentumsverschaffung tenoriert (BGH – IX a ZB 24/04 – BGHZ 160, 121, Juris).
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§ 884 ZPO setzt allerdings voraus, dass der Schuldner solche Wertpapiere besitzt (oder jedenfalls ein Fall sammelverwahrter Wertpapiere vorliegt, vgl. BGH aaO.). Dies ist unstreitig nicht der Fall.
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In einem solchen Fall kann sich der Gläubiger wegen § 887 Abs. 3 ZPO nicht zur Anschaffung auf Kosten des Schuldners – wie vorliegend beantragt - ermächtigen lassen (Schuschke aaO; Stein/Jonas aaO.; Musielak ZPO 10.Aufl. 2013, Nr. 13 zu § 884; Prütting/Gehrlein ZPO 4. Aufl. 2012, Nr. 3 zu § 884).
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Diese nahezu einhellige Auffassung berücksichtigt, dass die Bestimmungen über die Handlungsvollstreckung bei Ansprüchen auf Leistung einer Sache oder Wertpapieren auch dann nicht anwendbar sind, wenn die Sachvollstreckung nicht zur Befriedigung des Gläubigers führt, weil der Schuldner die zu leistende Sache noch nicht oder nicht mehr besitzt. Der Weg der Ersatzvornahme nach § 887 ZPO bleibt verschlossen (OLG Köln 11.4.58 – 9 W 67/57 – JZ 59,63 unter Hinweis auf RGZ 58,160; Zöller ZPO 30. Aufl. 2014 Nr. 2 zu § 884).
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Vorliegender Titel enthält im Übrigen keine Verpflichtung der Schuldnerin, sich die Aktien zu beschaffen, worauf die beantragte Ersatzvornahme zielt. Bei der Annahme, der auszulegende Titel enthalte die selbständige Verurteilung zu Handlungen, welche Voraussetzung der Wegnahme sind, ist große Zurückhaltung geboten; das gilt insbesondere für Beschaffungspflichten, die ja in der Regel nicht klagbar sind (Stein/Jonas aaO. Nr. 4 zu § 883). Es lässt sich also nicht in vorliegenden Titel eine Verpflichtung der Schuldnerin zur Beschaffung dieser Aktien durch Ankauf hineinlesen. Eine solche Verpflichtung dürfte selbst nach materiellem Recht eher fraglich sein. Ob dies nicht darüber hinaus wenigstens die Rechtskraft des Titels voraussetzte, §§ 894, 897 ZPO, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden.
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Selbst bei Annahme eines Mischfalles aus Handlungs- und Sachvollstreckung bliebe die Ersatzvornahme vorliegend unzulässig, denn nach der Entstehungsgeschichte sollte § 887 Abs. 3 ZPO gerade die Fälle des § 884 ZPO gegenüber § 887 ZPO abgrenzen (Schilken in Münchner-Kommentar ZPO 1992, Nr. 10 zu § 883 mwN.). Bei einem Beschaffungstitel kommt eine Ersatzvornahme überhaupt nicht in Frage (Müko aaO.).
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Der Gläubiger ist in einem solchen Fall auf die Ersatzklage gemäß § 893 ZPO zu verweisen (OLG Köln aaO.; Stein/Jonas Nr. 3 zu § 884; Schuschke Nr. 2 zu § 884; Prütting/Gehrlein Nr. 3 zu § 884; Musielak Nr. 3 zu § 883).
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(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
Hat der Schuldner eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zu leisten, so gilt die Vorschrift des § 883 Abs. 1 entsprechend.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.
(1) Ist der Schuldner zur Übertragung des Eigentums oder zur Bestellung eines Rechts an einer beweglichen Sache verurteilt, so gilt die Übergabe der Sache als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher die Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt.
(2) Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zur Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder zur Abtretung oder Belastung einer Hypothekenforderung, Grundschuld oder Rentenschuld verurteilt ist, für die Übergabe des Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
Hat der Schuldner eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zu leisten, so gilt die Vorschrift des § 883 Abs. 1 entsprechend.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)