Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 19. Juli 2016 - 7 Sa 1707/15

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2016:0719.7SA1707.15.00
bei uns veröffentlicht am19.07.2016

Tenor

  • 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 17.11.2015 – 2 Ca 949/15 – wird zurückgewiesen.

  • 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

  • 3. Die Revision wird nicht zugelassen.


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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 19. Juli 2016 - 7 Sa 1707/15 zitiert 13 §§.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 15 Unzulässigkeit der Kündigung


(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Gr

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 84 Hilfsmittel


(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 76 Einigungsstelle


(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet wer

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 25 Ersatzmitglieder


(1) Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats aus, so rückt ein Ersatzmitglied nach. Dies gilt entsprechend für die Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten Mitglieds des Betriebsrats. (2) Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 1

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Februar 2014 - 10 Sa 576/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 08. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12

bei uns veröffentlicht am 08.05.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. August 2012 - 13 Sa 1017/12 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. März 2014 - 2 AZR 565/12

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Mai 2012 - 3 Sa 1134/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2009 - 20 Sa 19/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Sept. 2010 - 2 AZR 937/08

bei uns veröffentlicht am 09.09.2010

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 18 Sa 1188/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

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(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2009 - 20 Sa 19/09 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Nach Maßgabe der erstinstanzlichen Entscheidung streiten die Parteien über eine auf Krankheitszeiten gestützte Kündigung. Das Landesarbeitsgericht hat von einer eigenen Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

2

Der im Oktober 1974 geborene Kläger war seit dem 3. August 1998 als Lager- und Logistikarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Sein durchschnittlicher Bruttomonatslohn betrug etwa 2.430,00 Euro.

3

Mit Schreiben vom 30. Mai 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. August 2008. Zur Begründung hat sie sich auf häufige Kurzerkrankungen des Klägers bezogen, die im Jahr 2005 insgesamt 46 Arbeitstage, im Jahr 2006 24 Arbeitstage, im Jahr 2007 70 Arbeitstage und im Jahr 2008 bis Ende Mai 47 Arbeitstage betragen hätten.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Eine negative Gesundheitsprognose sei nicht berechtigt. Im Übrigen habe die Beklagte ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX nicht durchgeführt.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2008 nicht aufgelöst worden ist.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, der Kläger sei auch künftig nicht in der Lage, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung ohne erhebliche Ausfallzeiten zu erbringen. Diese Prognose werde durch das vom Kläger selbst vorgelegte ärztliche Attest vom 12. Juni 2008 belegt. Diesem zufolge dürfe der Kläger nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ausführen. Auch ihr eigener Betriebsarzt halte eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf der bisherigen Arbeitsstelle für ausgeschlossen, nachdem er dieses Attest eingesehen habe. Sie habe in den Jahren 2005 bis 2008 insgesamt etwa 32.000,00 Euro an Lohnfortzahlungskosten aufwenden müssen. Sie habe häufiger versucht, ein betriebliches Eingliederungsmanagement mit dem Kläger durchzuführen. Anderweitige Einsatzmöglichkeiten habe dieser bisher nicht aufzeigen können.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet.

9

I. Das Berufungsurteil ist schon deswegen aufzuheben, weil es entgegen § 69 Abs. 3 ArbGG keinen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Tatbestand enthält.

10

1. Ein Berufungsurteil muss einen den Anforderungen des § 69 Abs. 3 ArbGG genügenden Tatbestand enthalten.

11

a) Nach § 69 Abs. 2 ArbGG kann unter den dort genannten Voraussetzungen von der Darstellung des Tatbestandes nur dann abgesehen werden, wenn das Berufungsurteil unzweifelhaft nicht der Revision unterliegt( § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO ). § 69 Abs. 3 ArbGG verlangt für Urteile, gegen die die Revision statthaft ist, eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien. Das ist erforderlich, um die Nachprüfung des angefochtenen Urteils durch das Revisionsgericht zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn die Revision vom Landesarbeitsgericht nicht zugelassen worden ist. Darin liegt kein Fall des § 69 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG ist ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil nicht „unzweifelhaft“ unzulässig(Senat 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, NZA 2011, 349). Ein völliges Absehen von der Darstellung des Tatbestandes gem. § 69 Abs. 2 ArbGG, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO kommt bei Berufungsurteilen nur dann in Betracht, wenn ein Rechtsmittelverzicht erklärt worden ist(BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5). Zumindest eine verkürzte Darstellung des zweitinstanzlichen Vorbringens ist erforderlich ( BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 16, aaO; Senat 15. August 2002 - 2 AZR 386/01 - AP ZPO 1977 § 543 Nr. 12 = EzA ZPO § 543 Nr. 12; BGH 13. August 2003 - XII ZR 303/02 - BGHZ 156, 97 ; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 69 Rn. 10, 11).

12

b) Einem Urteil ohne Tatbestand kann in der Regel nicht entnommen werden, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Damit ist dem Revisionsgericht eine abschließende Überprüfung verwehrt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Zweck des Revisionsverfahrens, dem Revisionsgericht die Nachprüfung des Berufungsurteils und seiner Rechtsanwendung auf den festgestellten Sachverhalt zu ermöglichen, deshalb erreicht werden kann, weil der Sach- und Streitstand sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage ausreichenden Umfang ergibt ( Senat 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, NZA 2011, 349; BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5; Senat 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - zu I 1 der Gründe, AP ZPO 1977 § 543 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 4).

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2. Danach enthält das angefochtene Urteil keinen ausreichenden Tatbestand.

14

a) Das Landesarbeitsgericht hat wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Im Übrigen hat es „gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen“, weil sein Urteil nicht der Revision unterfalle. Hierbei hat es außer Acht gelassen, dass auf eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die Revision zugelassen werden konnte. Die Parteien hatten keinen Rechtsmittelverzicht erklärt.

15

b) Die in den Entscheidungsgründen erwähnten Sachverhaltselemente stellen keine ausreichende tatsächliche Grundlage für eine abschließende Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen dar. Sie erlauben dem Senat keine Entscheidung darüber, ob die Kündigung deswegen unverhältnismäßig ist, weil die Beklagte mangels Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger trifft.

16

II. Die Sache ist an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Für die neue Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits wird das Landesarbeitsgericht die folgenden Hinweise zu beachten haben.

17

1. Das Landesarbeitsgericht hat vor einer Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG Feststellungen zur Anzahl der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer zu treffen.

18

2. Falls danach der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes im Streitfall Anwendung findet, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Beklagte gem. § 84 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement(BEM) durchzuführen hatte. Ist dies zu bejahen, trifft sie eine erweiterte Darlegungslast. Sie hätte dann von sich aus zum Fehlen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten vorzutragen.

19

a) Das Erfordernis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX besteht für alle Arbeitnehmer, nicht nur für behinderte Menschen(Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BAGE 123, 234). Nach den vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Krankheitszeiten des Klägers wäre die Beklagte grundsätzlich verpflichtet gewesen, ein BEM durchzuführen. Danach war der Kläger iSv. § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank. Dafür genügt es, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten insgesamt, gegebenenfalls in mehreren Abschnitten, mehr als sechs Wochen betragen haben (Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 34, aaO; Gagel/Schian br 2006, 46; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 84 Rn. 11). Nicht erforderlich ist, dass es eine einzelne Krankheitsperiode von durchgängig mehr als sechs Wochen gab.

20

b) Die Verpflichtung zur Durchführung eines BEM stellt eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Das BEM ist zwar selbst kein milderes Mittel gegenüber einer Kündigung. Mit seiner Hilfe können aber solche milderen Mittel, zB die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen - ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden“ - Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden (vgl. Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56; 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 55; 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 41, BAGE 123, 234).

21

aa) Wurde entgegen § 84 Abs. 2 SGB IX ein BEM nicht durchgeführt, darf sich der Arbeitgeber nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die dieser trotz seiner Erkrankung ausfüllen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer (außergerichtlich) bereits genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen als auch die Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz ausscheiden (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56). Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich selbst eine leidensgerechte Beschäftigung vorstellt.

22

bb) Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 84 Abs. 2 SGB IX ein Verfahren durchgeführt hat, das nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen an ein BEM genügt(Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56).

23

cc) Hat der Arbeitgeber ein BEM deshalb nicht durchgeführt, weil der Arbeitnehmer nicht eingewilligt hat, kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber den Betroffenen zuvor auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hingewiesen hatte (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX; Düwell in Dau/Düwell/Joussen SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 56). Die Belehrung nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehört zu einem regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des Arbeitnehmers zur Durchführung eines BEM(vgl. Fabricius in Schlegel/Voelzke SGB IX § 84 Rn. 22). Sie soll dem Arbeitnehmer die Entscheidung ermöglichen, ob er ihm zustimmt oder nicht (Trenk-Hinterberger in Lachwitz/Schellhorn/Welti HK-SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 54). Die Initiativlast für die Durchführung eines BEM trägt der Arbeitgeber (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 18, AP SGB IX § 84 Nr. 3 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 57).

24

dd) Stimmt der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zu, ist das Unterlassen eines BEM „kündigungsneutral“ (vgl. Düwell in Dau/Düwell/Joussen SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 56). Zwingende Voraussetzung für die Durchführung eines BEM ist das Einverständnis des Betroffenen (vgl. Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 51, BAGE 123, 234; Fabricius in Schlegel/Voelzke SGB IX § 84 Rn. 22; Trenk-Hinterberger in Lachwitz/Schellhorn/Welti HK-SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 53). Ohne die ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen darf keine Stelle unterrichtet oder eingeschaltet werden (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 84 Rn. 9).

25

ee) Möglich ist, dass auch ein BEM kein positives Ergebnis hätte erbringen können. Sofern dies der Fall ist, kann dem Arbeitgeber aus dem Unterlassen eines BEM kein Nachteil entstehen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein BEM deshalb entbehrlich war, weil es wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hätte bringen können, trägt der Arbeitgeber. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, warum weder der weitere Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung und Veränderung möglich war und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können, warum also ein BEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, erneuten Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vorzubeugen und ihm den Arbeitsplatz zu erhalten (Senat 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 36, NZA 2011, 39).

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Mai 2012 - 3 Sa 1134/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Entsorgungsunternehmen, das mit sog. Abbruchschrott aus Metall handelt. In ihrem Betrieb beschäftigt sie regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer, darunter sechs bis sieben Hofarbeiter und mehrere LKW-Fahrer sowie Verwaltungskräfte. Den Hofarbeitern obliegt es, angelieferten Schrott zu sortieren, zu reinigen und zu entsorgen. Dabei kommen verschiedene Fahrzeuge zum Einsatz wie Gabelstapler, Lader und Bagger mit einem Gewicht von bis zu 35 Tonnen und einer Ausgreifweite von bis zu 20 Metern.

3

Der 1956 geborene, verheiratete Kläger war seit März 1999 bei der Beklagten als Hofarbeiter tätig. Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 2.666,00 Euro.

4

Im Jahr 2009 führte die Beklagte ein striktes Alkoholverbot ein, über das sie den Kläger - wie ihre anderen Mitarbeiter auch - schriftlich unterrichtete. Außerdem gab sie auf ihrem gesamten Firmengelände die Geltung der StVO vor. Von ihren Hofarbeitern verlangte sie fortan, im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis (ehemalige Führerscheinklasse „drei“) zu sein. Zugleich stellte sie ihre bis dahin geübte Praxis ein, Mitarbeitern in den Sozialräumen auch alkoholische Getränke zur Verfügung zu stellen. Im Herbst 2010 weitete sie ihr Betriebsgelände zu einem etwa 800 Meter vom Hauptgelände entfernten Containerplatz aus. Seither müssen Hofarbeiter bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit zeitweise öffentlichen Straßenraum befahren.

5

Am 14. Januar 2010 wurde der Kläger stark alkoholisiert am Arbeitsplatz angetroffen und anschließend nach Hause geschickt. Wegen weiterer Vorkommnisse kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien im Januar und Februar 2010 jeweils aus Gründen im Verhalten des Klägers. Im nachfolgenden Kündigungsschutzprozess machte dieser geltend, er sei alkoholkrank. Die Beklagte nahm die Kündigungen zurück. Zugleich mahnte sie den Kläger wegen Verstoßes gegen das betriebliche Alkoholverbot ab. Der Kläger nahm das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an. Im Mai 2010 begann er eine Entziehungskur, die er Anfang Juli 2010 abbrach.

6

In den Monaten Juli bis September 2010 führte die Beklagte beim Kläger mit dessen Einverständnis regelmäßig Tests auf Alkohol im Atem durch. Eine entsprechende Kontrolle vom 31. August 2010 ergab einen Wert von 1,81 Promille. Die Beklagte forderte den Kläger auf, das Betriebsgelände zu verlassen. Außerdem mahnte sie ihn wegen „alkoholisierten Erscheinens am Arbeitsplatz“ ab. Bei weiteren Tests vom 13., 15. und 20. September 2010 wurde beim Kläger eine Alkoholkonzentration von 0,6, 0,16 bzw. 0,52 Promille festgestellt. Am 7. Dezember 2010 verursachte er mit einem Firmenfahrzeug außerhalb des Betriebsgeländes einen Unfall. Es entstand Sachschaden. Am 12. Januar 2011 verweigerte er die Teilnahme an einem Alkoholtest. Die Umstände, die zu der Weigerung führten, sind zwischen den Parteien streitig.

7

Am 1. März 2011 kontrollierte die Beklagte ihre gewerblichen Arbeitnehmer auf den Besitz eines gültigen Führerscheins. Der Kläger legte eine in Tschechien ausgestellte Fahrerlaubnis vor. Mit Schreiben vom 7. März 2011 teilte sein behandelnder Arzt mit, nach Abbruch der stationären Therapie im Jahr 2010 seien beim Kläger keine weiteren Maßnahmen zur Alkoholentwöhnung durchgeführt worden. Mitte März 2011 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis Ende des Monats verbindliche Unterlagen „bezüglich Art und Zeitraum einer Entziehungskur in nächster Zukunft“ sowie über die Gültigkeit seines „tschechischen Führerscheins“ vorzulegen. Der Kläger brachte keine Unterlagen über eine weitere Behandlung bei. Die zuständige Behörde teilte mit, dass die Fahrerlaubnis in Deutschland keine Gültigkeit habe.

8

Mit Schreiben vom 4. April 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. August 2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Vom 15. bis zum 26. April 2011 begab sich der Kläger für eine stationäre Behandlung ins Krankenhaus. Er wurde als „arbeitsfähig“ entlassen.

9

Gegen die Kündigung hat der Kläger fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Er sei nicht alkoholabhängig. Erhebliche Betriebsablaufstörungen seien aufgrund seiner gelegentlichen Alkoholisierung nicht eingetreten. Die im Frühjahr 2010 begonnene Entziehungskur habe er abgebrochen, weil er mit dem bezogenen Krankengeld seinen Lebensunterhalt nicht habe bestreiten können. Der Verkehrsunfall vom Dezember 2010 sei auf einen Defekt an dem von ihm gesteuerten Ladefahrzeug zurückzuführen. Im Januar 2011 habe er einen Alkoholtest nicht endgültig verweigert; er habe lediglich darum gebeten, die Kontrolle in Abwesenheit der LKW-Fahrer durchzuführen, wozu die Beklagte nicht bereit gewesen sei. Jedenfalls sei es dieser zumutbar gewesen, ihn ausschließlich auf ihrem Betriebsgelände einzusetzen. Zur Erledigung der dort anfallenden Arbeiten sei eine Fahrerlaubnis nicht zwingend erforderlich. Außerdem habe die Möglichkeit bestanden, ihn als Platzwart oder Hofarbeiter auf dem neuen Containerplatz weiter zu beschäftigen.

10

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 4. April 2011 nicht aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei durch Gründe im Verhalten und in der Person des Klägers bedingt. Dieser habe mehrfach gegen das betriebliche Alkoholverbot verstoßen. Er sei im Kündigungszeitpunkt alkoholabhängig gewesen. Auch habe ihm der ernstliche Wille gefehlt, eine Therapie durchzuführen. Unter diesen Umständen sei ihr eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Hofarbeiter aus Sicherheitsgründen nicht länger zuzumuten gewesen. Andere geeignete Arbeitsplätze hätten nicht zur Verfügung gestanden.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kündigung vom 4. April 2011 ist wirksam.

14

I. Die ordentliche Kündigung vom 4. April 2011 ist aufgrund der Alkoholerkrankung des Klägers durch Gründe in seiner Person bedingt und deshalb iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.

15

1. Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel - etwa eine Versetzung - nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 22; zu den Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361). Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur bzw. Therapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - zu B III 3 der Gründe). Ebenso kann eine negative Prognose dann berechtigt sein, wenn der Arbeitnehmer nach abgeschlossener Therapie rückfällig geworden ist (BAG 16. September 1999 - 2 AZR 123/99 - zu II 2 b bb der Gründe).

16

2. Im Streitfall war im Zeitpunkt der Kündigung die Annahme gerechtfertigt, der Kläger biete aufgrund von Alkoholsucht nicht mehr die Gewähr, seine Tätigkeit als Hofarbeiter dauerhaft ordnungsgemäß erbringen zu können.

17

a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Kläger sei nach der Einnahme von Alkohol für die von ihm zu erbringende Tätigkeit als Hofarbeiter nicht einsetzbar. Er ist im Rahmen seiner Tätigkeit verantwortlich für das Führen verschiedener großer Fahrzeuge. Die mit dem Alkoholkonsum einhergehenden Minderungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit führen zu erheblichen Gefahren für Menschen und Material auf dem Hofgelände, denen die Beklagte als Betriebsinhaberin so weit wie möglich begegnen muss.

18

b) Die Beklagte musste aufgrund der Vorfälle in der Vergangenheit auch künftig mit Alkoholauffälligkeiten des Klägers während der Arbeitszeit rechnen.

19

aa) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag beim Kläger im Kündigungszeitpunkt eine Alkoholerkrankung vor. Daran ist der Senat gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Der Kläger behauptet zwar weiterhin das Gegenteil. Das reicht als Revisionsangriff aber nicht aus (zu den Anforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145).

20

bb) Der Kläger war seit Anfang des Jahres 2010 mehrfach alkoholisiert an seinem Arbeitsplatz angetroffen worden. Nach einer stationären Entwöhnungsbehandlung, die er aus wirtschaftlichen Erwägungen abbrach, wurde er wiederholt alkoholauffällig. Daraus durfte das Landesarbeitsgericht auf die Wiederholung entsprechender Ausfälle in der Zukunft schließen. Der Kläger hat im Rahmen der ihn nach § 138 Abs. 2 ZPO treffenden abgestuften Darlegungslast(vgl. dazu BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 92, 96) keine Umstände aufgezeigt, die geeignet gewesen wären, die Indizwirkung seiner alkoholbedingten Ausfälle zu entkräften.

21

(1) Der Kläger hat nicht behauptet, vor dem Ausspruch der Kündigung eine neuerliche Alkoholtherapie begonnen zu haben. Die Beklagte durfte den Umständen nach von einer Therapieunwilligkeit ausgehen. Sie hatte ihn mit Schreiben vom 16. März 2011 aufgefordert, einen Nachweis über eine Entziehungskur beizubringen. Dies konnte der Kläger angesichts der zuvor erteilten Auskunft seines behandelnden Arztes nur so verstehen, dass es ihr um die zukünftige Teilnahme an einer Kur und damit die Abklärung seiner ernsthaften Bereitschaft ging, eine Entwöhnungsbehandlung durchzuführen. Der Kläger hat das Schreiben im fraglichen Punkt unbeantwortet gelassen. Soweit er geltend gemacht hat, er habe sich noch im März 2011 um eine „weitere ärztliche Behandlung bemüht“, war seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass er eine Alkoholtherapie anstrebte. Im ärztlichen Bericht vom 26. April 2011 heißt es zu einer nach Zugang der Kündigung erfolgten Krankenhausbehandlung nur, der Kläger sei „arbeitsfähig“ entlassen worden. Zur Art der Behandlung, insbesondere ob es sich dabei um - erfolgreiche - Maßnahmen zur Alkoholentwöhnung handelte, verhält sich der Bericht nicht. Darauf, ob eine vom Kläger erst nach Zugang der Kündigung begonnene Alkoholtherapie im Rahmen der anzustellenden Zukunftsprognose überhaupt hätte Berücksichtigung finden können (zur Problematik vgl. BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 92, 96), kommt es nicht an.

22

(2) Auch wenn eine Vielzahl beim Kläger durchgeführter Alkoholtests unauffällig gewesen sein mögen, führt dies nicht daran vorbei, dass in drei Fällen Werte von über 0,5 „Promille“ erreicht wurden, wobei mangels gegenteiliger Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zugunsten des Klägers davon auszugehen ist, dass der jeweilige Wert - aufgrund einer vom Messgerät intern durchgeführten Umrechnung - die Blutalkoholkonzentration widerspiegelt, die andernfalls noch höher ausfiele (zum Umrechnungsfaktor vgl. BGH 3. April 2001 - 4 StR 507/00 - zu IV b der Gründe, BGHSt 46, 358). Unter diesen Umständen war nicht davon auszugehen, der Kläger habe seine Alkoholerkrankung „im Griff“ gehabt und die Fähigkeit zur Abstinenz besessen. Mit seinem Einwand, es habe sich jeweils um „Restalkohol“ aufgrund des Genusses alkoholischer Getränke am Vorabend gehandelt, verkennt der Kläger, dass es für die Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit unerheblich ist, wann er Alkohol zu sich genommen hat. Es spricht überdies nicht für, sondern gegen die Annahme, er könne seine Alkoholsucht „beherrschen“, wenn es sich etwa bei der am 20. September 2010 gegen 12:50 Uhr gemessenen Alkoholkonzentration von 0,52 Promille um „Restalkohol“ gehandelt haben sollte. Dies deutete - das Vorbringen als wahr unterstellt - auf eine sehr starke Alkoholisierung am Vortag hin.

23

3. Die Alkoholerkrankung und die damit verbundene mangelnde Einsatzfähigkeit des Klägers führten zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen.

24

a) Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistungen in einem Umfeld, das von An- und Abtransporten sowie Umladungen von Metallabfällen mittels schwerer Gerätschaften wie Bagger, Gabelstapler, Lader, betriebseigener und betriebsfremder LKW geprägt ist. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ist deshalb - unstreitig - sowohl mit einer nicht unerheblichen Gefahr für sich selbst als auch für Dritte verbunden.

25

b) Aufgrund dieser Gefahren war es der Beklagten nicht zuzumuten, den Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz einzusetzen. Nach § 7 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1 idF vom 1. Januar 2004) dürfen Unternehmer Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen. Gemäß § 15 Abs. 2 der Vorschrift dürfen Versicherte sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Eine solche Eigen- oder Fremdgefährdung ist nach der BG-Regel A1 zu § 15 Abs. 2(vom Oktober 2005 idF vom Januar 2009) insbesondere beim Führen von Fahrzeugen oder selbstfahrenden Arbeitsmaschinen sowie beim Arbeiten in deren unmittelbarer Nähe gegeben. Eine Missachtung dieser Vorgaben kann zum Verlust des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung führen. Für den Straßenverkehr sieht der Gesetzgeber ab einem Wert von 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft und 0,5 Promille Alkohol im Blut eine erhebliche Gefährdung für den Straßenverkehr (§ 24a StVG). Relative Fahruntüchtigkeit kann schon ab ca. 0,3 Promille Alkohol im Blut anzunehmen sein (grundlegend BGH 28. April 1961 - 4 StR 55/61 - zu I 2 der Gründe; zuletzt bspw. OLG Hamm 25. August 2010 - I-20 U 74/10, 20 U 7420 U 74/10 - Rn. 22). Das im Betrieb der Beklagten angeordnete absolute Alkoholverbot trägt diesen Gefahren Rechnung. Es dient - wie die Anordnung der Geltung der StVO auf dem Betriebsgelände - ersichtlich dazu, entsprechende Risiken vorbeugend auszuschließen und damit letztlich Schaden von der Beklagten selbst, ihren Mitarbeitern sowie betriebsfremden Personen und deren Eigentum abzuwenden. Angesichts der Alkoholerkrankung des Klägers und seiner nachweislich - auch krankheitsbedingt - mangelnden Fähigkeit, abstinent zu bleiben, konnte und durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, er werde seine Arbeit als Hofarbeiter nüchtern, zumindest aber in einem körperlichen Zustand verrichten, der den Präventionsvorgaben gerecht wird.

26

c) Bereits dies führt - vorbehaltlich einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit - zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. BAG 13. Dezember 1990 - 2 AZR 336/90 - zu II 3 der Gründe), ohne dass es noch darauf ankäme, ob der Alkoholgenuss des Klägers zu Unfällen beigetragen hat, in die er während seiner Tätigkeit für die Beklagte verwickelt war. Ebenso wenig ist von Belang, ob und ggf. wie oft dieser in der Vergangenheit objektiv durch seine Alkoholisierung am Arbeitsplatz gesetzliche Vorgaben verletzt hat oder ggf. unerkannt arbeitsunfähig war. Entscheidend ist, dass die Beklagte aufgrund der im Kündigungszeitpunkt fortbestehenden Alkoholerkrankung jederzeit mit einer Beeinträchtigung der Fahr- und Arbeitssicherheit durch den Kläger rechnen musste. Sein weiterer Einsatz als Hofarbeiter war ihr damit nicht zumutbar.

27

d) Dass sie ihn nach Abbruch der Entziehungskur gleichwohl mit entsprechenden Aufgaben betraut hat, stellt diese Bewertung nicht in Frage. Dies geschah über längere Zeit hinweg unter der Prämisse einer Einwilligung in die Durchführung regelmäßiger Alkoholtests. Jedenfalls nachdem der Kläger ihre Anfrage vom März 2011 hinsichtlich einer weiteren Alkoholtherapie unbeantwortet gelassen hatte, konnte der Beklagten nicht mehr angesonnen werden, den Kläger weiterhin mit seinen bisherigen Aufgaben zu betrauen und ihn dabei täglich - ggf. sogar wiederholt - auf seine Alkoholabstinenz hin zu kontrollieren (vgl. BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 34). Zudem war der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ab Ende 2010 nicht mehr bereit, an regelmäßigen Tests vorbehaltslos mitzuwirken. Auch daran ist der Senat mangels zulässigen Angriffs der Revision gebunden.

28

e) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Kündigungszeitpunkt habe keine zumutbare Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung des Klägers bestanden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

29

aa) Eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 1020/08 - Rn. 18; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 14; jeweils mwN). Die Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung ist ein milderes Mittel. Wenn eine Umsetzungsmöglichkeit besteht, hat eine Erkrankung des Arbeitnehmers keine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen zur Folge (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - zu B IV 1 der Gründe).

30

bb) Der Kläger hat sich insoweit auf eine Beschäftigung als Hofarbeiter ohne Verpflichtung zum Führen eines Kraftfahrzeugs und als Platzwart berufen. Damit hat er keine geeignete alternative Beschäftigungsmöglichkeit aufgezeigt. Die Beklagte hält die von ihm bezeichneten „Arbeitsplätze“ nicht vor. Zudem ist weder dargetan noch objektiv erkennbar, dass die Ausübung der fraglichen Tätigkeiten vergleichbare Sicherheitsrisiken nicht auch mit sich brächte. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei im Falle einer alkoholbedingten Einschränkung seiner Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage, auf Gefahrensituationen angemessen zu reagieren und/oder Dritte ggf. rechtzeitig zu warnen. Der Kläger stellt dies nicht in Abrede. Er meint lediglich, die im Berufungsurteil getroffene Wertung lasse außer Acht, dass solche Gefahren auch bei anderen chronischen Erkrankungen nicht hinreichend sicher auszuschließen seien. Dabei übersieht er zum einen, dass Suchterkrankten - im Gegensatz zu anderen chronisch kranken Menschen - typischerweise die Fähigkeit fehlt einzuschätzen, ob sie wegen des Konsums von Suchtmitteln in ihrer Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit eingeschränkt sind. Zum anderen ist es eine Frage des Einzelfalls, ob ein Arbeitnehmer wegen chronischer Erkrankung und damit verbundener Sicherheitsrisiken bestimmte Arbeiten nicht mehr erledigen kann. Ein solcher Befund kann sich nicht nur beim Alkoholismus ergeben.

31

cc) Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Beklagte vor der Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX(bEM) durchgeführt hat. Das Versäumnis ist nicht entscheidungserheblich.

32

(1) Zugunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass bei Alkoholismus ein bEM grundsätzlich in Betracht kommt und seine Durchführung sich nicht wegen des Krankheitsbildes generell als überflüssig darstellt (zur Problematik vgl. Brose DB 2013, 1727, 1728). Gleichwohl erscheint fraglich, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX im Streitfall vorliegen. Zwar war ein bEM nicht deshalb entbehrlich, weil bei der Beklagten keine betriebliche Interessenvertretung iSd. § 93 SGB IX bestand(vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 28, BAGE 135, 361). Es ist aber weder festgestellt noch vom Kläger behauptet, dass er vor der Kündigung innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt wegen seiner Alkoholerkrankung arbeitsunfähig war. Seine Beschäftigung mag der Beklagten unzumutbar gewesen sein. Dies steht einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aber nicht ohne Weiteres gleich (ähnlich BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 31). Soweit der Kläger im Frühjahr 2010 Krankengeld bezogen hat, bleibt unklar, für welche Dauer er die Sozialleistung erhielt.

33

(2) Abgesehen davon führte das Unterlassen eines bEM nicht zu der Annahme, die Kündigung sei unverhältnismäßig. Dies vermag der Senat selbst zu entscheiden.

34

(a) § 84 Abs. 2 SGB IX stellt eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Das bEM ist zwar kein milderes Mittel gegenüber einer Kündigung. Mit seiner Hilfe können aber solche milderen Mittel, zB die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen, ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden“ Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 18; 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 41, BAGE 123, 234). Möglich ist, dass selbst ein bEM kein positives Ergebnis hätte erbringen können. In einem solchen Fall kann dem Arbeitgeber aus dem Unterlassen eines bEM kein Nachteil entstehen. Erscheint demgegenüber ein positives Ergebnis denkbar, darf er sich nicht auf den pauschalen Vortrag beschränken, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die der erkrankte Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung ausfüllen könne. Der Arbeitgeber hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer ggf. außergerichtlich genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen weder eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen noch die Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz in Betracht kommen (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 35, BAGE 135, 361; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 19).

35

(b) Im Streitfall erscheint es als ausgeschlossen, dass ein bEM zu einem positiven Ergebnis hätte führen können. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beschäftigte die Beklagte im Kündigungszeitpunkt außer Hofarbeitern nur LKW-Fahrer und Verwaltungskräfte. Als LKW-Fahrer konnte der Kläger wegen seiner Alkoholabhängigkeit und auch deshalb nicht eingesetzt werden, weil ihm die dafür notwendige Fahrerlaubnis fehlte. Auch ein Einsatz im Bürobereich war der Beklagten angesichts der Alkoholabhängigkeit nicht zumutbar. Unabhängig davon fehlte dem Kläger hierfür offensichtlich die Qualifikation. Soweit er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gelegentlich und unter Berücksichtigung seiner Einschränkungen mit einfachen Hilfsarbeiten beschäftigt worden war, kann daraus nicht auf eine alternative Einsatzmöglichkeit iSd. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG geschlossen werden. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie die fraglichen Tätigkeiten nach Ablauf der Kündigungsfrist - wie bereits zuvor - fremdvergeben habe. Allenfalls dann, wenn ihre Hofarbeiter nicht mit anderen Aufgaben ausgelastet gewesen seien, hätten diese - gelegentlich - die Arbeiten mit übernommen. Dieser Behauptung ist der Kläger nicht entgegengetreten. Im Übrigen stand der erfolgreichen Durchführung eines bEM die mangelnde Therapiewilligkeit des Klägers im Kündigungszeitpunkt entgegen.

36

4. Die Abwägung der Belange beider Parteien ergibt, dass das Beendigungsinteresse der Beklagten das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Das Landesarbeitsgericht hat alle für und gegen dieses Ergebnis sprechenden Aspekte berücksichtigt und vertretbar gegeneinander abgewogen.

37

a) Der Beklagten war es auf Dauer nicht mehr zumutbar, die mit einer möglichen Alkoholisierung des Klägers verbundenen Gefährdungen hinzunehmen. Geeignete Mittel, ihnen angemessen zu begegnen, standen nicht zur Verfügung. Unabhängig von der fehlenden Einwilligung des Klägers in regelmäßige Alkoholtests versprachen derartige Kontrollen nicht die erforderliche Sicherheit. Der Kläger war Alkoholiker. Es war davon auszugehen, dass er es darauf anlegen würde, Mittel und Wege zu finden, etwaige Kontrollen zu umgehen.

38

b) Diese Belange der Beklagten werden durch die zwölfjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers, sein Alter und die gegenüber seiner Ehefrau bestehende Unterhaltsverpflichtung nicht aufgewogen. Die Beklagte hat dem Kläger nach Alkoholauffälligkeiten die Chance einer Bewährung gegeben. Sie hat die stationäre Behandlung abgewartet. Deren Scheitern war ihr nicht anzulasten. Überdies hat sie dem Kläger nach einer erneuten Alkoholauffälligkeit im August 2010 durch eine Abmahnung deutlich vor Augen geführt, welche Bedeutung sie seiner Abstinenz zumisst, und ihm unmittelbar vor der Kündigung eine Frist gesetzt, um weitere - kurzfristig anzugehende - Behandlungsmaßnahmen nachzuweisen. Sie hatte damit alles ihr Zumutbare für den Erhalt des Arbeitsverhältnisses getan. Ihr Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses musste nicht deshalb zurücktreten, weil sie zu früheren Zeiten im Betrieb alkoholische Getränke bereitgestellt hatte. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, die Beklagte habe ihn trotz Kenntnis von seiner Alkoholabhängigkeit zum Genuss alkoholischer Getränke verleitet.

39

c) Unschädlich ist, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis erst gekündigt hat, nachdem sich herausgestellt hatte, die dem Kläger erteilte „tschechische Fahrerlaubnis“ im Inland keine Gültigkeit besaß. Ihr war es trotz dieses Zuwartens nicht verwehrt, sich auf die Alkoholerkrankung des Klägers als eigenständigen Kündigungsgrund zu berufen. Überdies war dessen Verhalten im Zusammenhang mit dem Führerschein ein weiterer Beleg für das Fehlen seiner Bereitschaft, mit bestehenden Unzulänglichkeiten verantwortlich umzugehen. Ob umgekehrt die Kündigung allein wegen der Tatsache gerechtfertigt wäre, dass der Kläger nicht über eine für Deutschland gültige Fahrerlaubnis verfügte, bedarf keiner Entscheidung.

40

II. Das Landesarbeitsgericht hat - unausgesprochen - angenommen, die Kündigung sei nicht deshalb unwirksam, weil die maßgebende Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei. Dagegen wendet sich der Kläger nicht. Er geht - in Übereinstimmung mit der Beklagten - davon aus, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 4. April 2011, sollte diese sich als sozial gerechtfertigt erweisen, mit Ablauf des 30. September 2011 aufgelöst worden und die Kündigungserklärung sei entsprechend auszulegen. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch objektiv nicht zu erkennen.

41

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Februar 2014 - 10 Sa 576/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Omnibusunternehmen. In ihrem Betrieb waren regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger war bei ihr seit Februar 2007 als Busfahrer tätig.

3

Seit dem 28. November 2010 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid vom 26. Juni 2012 wurde ihm rückwirkend ab dem 1. Juni 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. In dem Bescheid heißt es auszugsweise:

        

„Sie haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Der Rentenanspruch ist zeitlich begrenzt, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.“

und

        

„Die Rente endet mit dem 30.06.2014, ohne dass wir einen weiteren Bescheid erteilen.

        

Die Rente kann auf Antrag weitergezahlt werden, wenn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit weiterhin vorliegt. …“

4

Mit Schreiben vom 19. Juli 2012 wurde dem Kläger mitgeteilt, er werde die ersten Rentenzahlungen im August 2012 erhalten. Der Kläger informierte daraufhin den Geschäftsführer der Beklagten über die Rentenbewilligung. Er lehnte es ab, dessen Frage nach der Art seiner Erkrankung zu beantworten.

5

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. Juli 2012 zum 30. September 2012.

6

Gegen die Kündigung hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, für eine krankheitsbedingte Kündigung fehle es an einer negativen Gesundheitsprognose. Durch den Rentenbescheid werde nicht dokumentiert, dass er als Omnibusfahrer dauerhaft arbeitsunfähig sei. Es sei vielmehr nicht ausgeschlossen, dass er ab Juli 2014 seine geschuldete Tätigkeit wieder aufnehmen könne. Auch ausweislich von drei im Rentenverfahren eingeholten Gutachten sei es medizinisch nicht unwahrscheinlich, dass seine volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Zudem sei keine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen gegeben. Seine Krankheit führe nicht zu Betriebsablaufstörungen oder beachtlichen wirtschaftlichen Belastungen. Die Beklagte stelle schon seit Jahren Arbeitnehmer nur noch befristet ein. Es sei nicht erkennbar, weshalb es ihr nicht zumutbar sein solle, ihm einen Arbeitsplatz zumindest bis zum Auslaufen der Rentenbewilligung am 30. Juni 2014 freizuhalten. Im Übrigen habe die Beklagte entgegen den gesetzlichen Verpflichtungen kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 2012 nicht beendet worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt. Aus dem Bezug der Rente wegen Erwerbsminderung habe sich eine negative Gesundheitsprognose für die auf die Kündigung folgenden 23 Monate ergeben. Es habe festgestanden, dass der Kläger zumindest für weitere fast zwei Jahre überhaupt keiner Erwerbstätigkeit werde nachgehen können, und es sei ungewiss gewesen, ob er danach jemals wieder arbeitsfähig werde. Zudem entstünden weiterhin Urlaubsansprüche des Klägers. Aus der Befristung der Rentenbewilligung könne nicht geschlossen werden, der Kläger werde nach ihrem Ablauf seine Fähigkeit zur vollschichtigen Tätigkeit als Busfahrer wieder erlangen. Renten wegen Erwerbsminderung seien von Gesetzes wegen grundsätzlich auf Zeit zu gewähren. Eine unbefristete Rente werde erst bewilligt, wenn unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Hiervon sei erst nach einer Gesamtdauer der befristeten Gewährung von neun Jahren auszugehen. Ein für den Kläger leidensgerechter Arbeitsplatz habe ebenso wenig zur Verfügung gestanden wie überhaupt ein freier Arbeitsplatz. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement sei entbehrlich gewesen. Angesichts der feststehenden Tatsache, dass der Kläger mindestens weitere 23 Monate vollständig erwerbsunfähig wäre, seien Maßnahmen, die auf den Erhalt des Arbeitsplatzes, die Vermeidung weiterer Arbeitsunfähigkeitszeiten oder eine innerbetriebliche Umsetzung abzielten, von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen (I.). Ob die Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 2012 wirksam ist, steht noch nicht fest (II.).

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Basis der bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die Kündigung sei aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

12

1. Die soziale Rechtfertigung von Kündigungen, die aus Anlass von Krankheiten ausgesprochen werden, ist in drei Stufen zu prüfen. Eine Kündigung ist im Falle einer lang anhaltenden Krankheit sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegt - erste Stufe -, eine darauf beruhende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen festzustellen ist - zweite Stufe - und eine Interessenabwägung ergibt, dass die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen - dritte Stufe -(BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 13; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11 mwN, BAGE 135, 361).

13

2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, im Zeitpunkt der Kündigung habe eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegen.

14

a) Der Kläger war im Kündigungszeitpunkt seit dem 23. November 2010 und damit seit über 20 Monaten durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit stellt ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar (vgl. BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 27, BAGE 123, 234; 12. April 2002 - 2 AZR 148/01 - zu II 5 d aa der Gründe, BAGE 101, 39). Der Arbeitgeber genügt deshalb seiner Darlegungslast für eine negative Prognose zunächst, wenn er die bisherige Dauer der Erkrankung und die ihm bekannten Krankheitsursachen vorträgt (BAG 12. April 2002 - 2 AZR 148/01 - aaO; für den Fall häufiger [Kurz-]Erkrankungen BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 17). Dies hat die Beklagte bezüglich der Dauer der Erkrankung des Klägers in der Vergangenheit getan. Diese ist überdies unstreitig. Krankheitsursachen waren der Beklagten nach ihrem Vorbringen nicht bekannt.

15

b) Der durch die lange Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit begründeten Indizwirkung ist der Kläger nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Er hat zwar von der Beklagten gefordert abzuwarten, ob nach Auslaufen der befristeten Rentenbewilligung eine Änderung eintreten werde. Zudem hat er auf die Möglichkeit einer Genesung binnen der auf die Kündigung folgenden 24 Monate verwiesen. Der Kläger hat aber nicht vorgetragen, dass und unter welchen Bedingungen innerhalb dieses Zeitraums eine Besserung wahrscheinlich gewesen sei. Er hat weder konkrete Erkenntnisse aus den Gutachten mitgeteilt, die im Rahmen des Verfahrens zur Rentenbewilligung eingeholt wurden, noch hat er - etwa indem er sich auf entsprechende Aussagen seiner behandelnden Ärzte berufen hätte - behauptet, es sei in absehbarer Zeit die Wiedererlangung seiner Arbeitsfähigkeit zu erwarten gewesen (vgl. dazu BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 22; 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 92, 96).

16

c) Darauf, ob die Rentenbewilligung etwas über die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers aussagt, kommt es für die negative Gesundheitsprognose nicht an.

17

3. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen nicht seine Annahme, die im Kündigungszeitpunkt zu erwartende weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Beklagten geführt.

18

a) Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361; 19. April 2007 - 2 AZR 239/06 - Rn. 18). Die Beklagte hat allerdings nicht behauptet, im Kündigungszeitpunkt habe eine krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit des Klägers festgestanden. Hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht nicht ausgegangen. Die Beklagte hat sich darauf berufen, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei im Kündigungszeitpunkt völlig ungewiss gewesen. Eine solche Ungewissheit steht - so sie tatsächlich vorliegt - einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn jedenfalls in den nächsten 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden kann (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - aaO). Einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten kann der Arbeitgeber dagegen typischerweise ohne Schwierigkeiten durch Einstellung einer Ersatzkraft mit einem zeitbefristeten Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG überbrücken(noch zu § 1 Abs. 1 BeschFG vgl. BAG 29. April 1999 - 2 AZR 431/98 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 91, 271).

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b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, allein aufgrund der lang anhaltenden Erkrankung des Klägers in der Vergangenheit und der Ungewissheit seiner Genesung in der Zukunft seien die betrieblichen Interessen der Beklagten erheblich beeinträchtigt gewesen. Dies wird den an die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung auf der zweiten Prüfungsstufe zu stellenden Anforderungen nicht gerecht.

20

aa) Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Annahme, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei im Kündigungszeitpunkt völlig ungewiss - also für mindestens weitere 24 Monate nicht zu erwarten - gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung lediglich darauf gestützt, unter Berücksichtigung des Rentenbescheids sei eine positive Entwicklung für mehr als 23 Monate auszuschließen und darüber hinaus ungewiss gewesen. Dies steht einem Sachverhalt, bei dem eine Gesundung des Arbeitnehmers für die nächsten 24 Monate nicht erwartet werden kann, nicht gleich. Die bloße Ungewissheit der Wiedergenesung, von der das Landesarbeitsgericht für die Zeit nach Ablauf der Rentenbewilligung ausgegangen ist, bedeutet nicht zugleich, dass mit einer Gesundung nach medizinischen Erkenntnissen nicht gerechnet werden kann. Dies gilt auch schon für den 24. Monat nach Kündigungszugang. Der Umstand, dass der Kläger bereits im Kündigungszeitpunkt seit mehr als 20 Monaten arbeitsunfähig war, spricht lediglich dafür, dass mit einem Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit auch in der Zukunft zu rechnen war. Er lässt für sich genommen nicht den Schluss auf eine bestimmte (Mindest-)Dauer der zu erwartenden Arbeitsunfähigkeit zu.

21

bb) Im Übrigen ergibt sich aus einer Rentenbewilligung wegen Erwerbsminderung nicht ohne Weiteres, dass der Leistungsempfänger arbeitsunfähig ist. Insbesondere begründet der Rentenbezug keine - widerlegbare - Vermutung oder Indizwirkung für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit während der Dauer der Bewilligung (vgl. P. Feichtinger in Feichtinger/Malkmus Entgeltfortzahlungsrecht 2. Aufl. § 3 EFZG Rn. 42; Schmitt EFZG 7. Aufl. § 3 Rn. 74; HWK/Schliemann 6. Aufl. § 3 EFZG Rn. 44; Treber EFZG 2. Aufl. § 3 Rn. 23). Die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und die sozialrechtlichen Voraussetzungen einer Erwerbsminderung sind nicht die gleichen (vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 558/03 - zu I 1 der Gründe; vgl. P. Feichtinger aaO; Schmitt aaO; ErfK/Reinhard 15. Aufl. § 3 EFZG Rn. 9; Vossen Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen Rn. 93). Der Erwerbsgeminderte kann durchaus arbeitsfähig sein (Kreikebohm/v. Koch SGB VI 4. Aufl. § 43 Rn. 5; ErfK/Reinhard aaO). Auch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI nicht zwingend voraus, dass der Arbeitnehmer seine bisher vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann(vgl. auch LAG Hamm 9. Juli 2003 - 18 Sa 215/03 - zu A I 1 der Gründe, Vorinstanz zu BAG 29. September 2004 - 5 AZR 558/03 - aaO; aA ErfK/Reinhard aaO unter Hinweis auf MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 3 EFZG Rn. 7). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Bedingungen am bisherigen Arbeitsplatz können jedoch von denen des allgemeinen Arbeitsmarkts abweichen. So steht einer Erwerbsminderung eine vom Regelfall abweichendegünstige Arbeitsgelegenheit nicht entgegen ( KassKomm/Gürtner Stand April 2015 § 43 SGB VI Rn. 29 ). Dies mag bei der bisherigen Tätigkeit des Klägers als Busfahrer für die Beklagte nicht der Fall gewesen sein. Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht jedoch nicht getroffen.

22

cc) Sonstige Umstände, die eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Beklagten begründen könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Allein die weiterhin entstehenden Urlaubsansprüche des Klägers vermögen - soweit ersichtlich - nicht zu einer nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Beklagten zu führen. Gesetzliche und regelmäßig auch tarifvertragliche Urlaubsansprüche erlöschen bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit jeweils 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Urlaubsjahres und wachsen daher nach Ablauf von zwei Jahren und drei Monaten typischerweise nicht weiter an (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 302/12 - Rn. 11; 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32 ff., BAGE 142, 371).

23

4. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht überdies zu Unrecht angenommen, ein milderes Mittel als eine Beendigungskündigung habe der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden, um den betrieblichen Beeinträchtigungen zu begegnen. Ihrer mangels Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX erhöhten Darlegungslast im Hinblick auf alternative, leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten ist die Beklagte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bislang nicht nachgekommen.

24

a) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 SGB IX gehalten, ein bEM durchzuführen. Er hat dazu nach Zustimmung und unter Beteiligung der betroffenen Person mit der zuständigen Interessenvertretung iSd. § 93 SGB IX, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, die Möglichkeiten zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen.

25

b) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Durchführung eines bEM im Falle des Klägers nicht nachgekommen. Hierzu war sie vor Ausspruch einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Die Durchführung des bEM soll einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen gerade begegnen (BT-Drs. 14/5074 S. 113; ErfK/Rolfs 15. Aufl. § 84 SGB IX Rn. 4) und „den Arbeitsplatz“ - dh. das Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 32 mwN) - erhalten. Im Kündigungszeitpunkt lag eine mehr als sechswöchige Arbeitsunfähigkeit des Klägers vor. Die Verpflichtung zur Durchführung eines bEM trifft den Arbeitgeber nicht nur bei Erkrankungen behinderter Arbeitnehmer, sondern bei allen Arbeitnehmern (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 19; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 27, BAGE 135, 361) und unabhängig davon, ob im Beschäftigungsbetrieb ein Betriebsrat gewählt ist oder nicht (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 32; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 28 ff., aaO). Zu einem regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des Arbeitnehmers zur Durchführung eines bEM gehört die Belehrung nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX über die Ziele des bEM sowie Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten(BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 32; 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23).

26

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten war ein bEM nicht deshalb entbehrlich, weil die Durchführung angesichts der Weigerung des Klägers, Angaben zu seinem Krankheitsbild zu machen, ohne Aussicht auf Erfolg gewesen wäre. Erst wenn dem Arbeitnehmer ein bEM ordnungsgemäß nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX angeboten worden ist und er daraufhin seine Teilnahme bzw. Auskünfte zur Art der bestehenden Beeinträchtigungen verweigert, kann von der Aussichtslosigkeit des bEM ausgegangen und von seiner Durchführung abgesehen werden. Das Unterlassen des bEM ist dann „kündigungsneutral“ (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 24).

27

d) Da sie ein bEM pflichtwidrig unterlassen hat, trifft die Beklagte eine erhöhte Darlegungslast im Hinblick auf denkbare, gegenüber dem Ausspruch einer Beendigungskündigung mildere Mittel. Dieser ist sie bislang nicht nachgekommen.

28

aa) Die Durchführung des bEM ist zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Das bEM ist auch nicht selbst ein milderes Mittel gegenüber der Kündigung. § 84 Abs. 2 SGB IX ist aber kein bloßer Programmsatz. Die Norm konkretisiert vielmehr den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit Hilfe eines bEM können mildere Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie zB die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen, ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden“ Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 38; 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 34). Nur wenn auch die Durchführung des bEM keine positiven Ergebnisse hätte zeitigen können, ist sein Fehlen unschädlich. Um darzutun, dass die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt und ihm keine milderen Mittel zur Überwindung der krankheitsbedingten Störung des Arbeitsverhältnisses als die Beendigungskündigung offenstanden, muss der Arbeitgeber die objektive Nutzlosigkeit des bEM darlegen. Hierzu hat er umfassend und detailliert vorzutragen, warum weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen wären und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können, warum also ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten bzw. der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit entgegenzuwirken und das Arbeitsverhältnis zu erhalten (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 39; 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 34). Ist es dagegen denkbar, dass ein bEM ein positives Ergebnis erbracht, das gemeinsame Suchen nach Maßnahmen zum Abbau von Fehlzeiten bzw. zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit also Erfolg gehabt hätte, muss sich der Arbeitgeber regelmäßig vorhalten lassen, er habe „vorschnell“ gekündigt (zum Ganzen BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 22 mwN; 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 40).

29

bb) Danach durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Beklagte habe allein durch den Hinweis darauf, dem Kläger sei eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden, ihrer Darlegungslast im Hinblick auf das Fehlen jeglicher leidensgerechter Beschäftigungsalternativen und damit auf die objektive Nutzlosigkeit eines bEM genügt.

30

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung angeführt, die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung setze voraus, dass der Versicherte unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht einmal für drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Eine Beschäftigung des Klägers sei damit nicht nur in seiner früheren Tätigkeit als Busfahrer, sondern auch auf anderen Arbeitsplätzen ausgeschlossen gewesen. Die Durchführung eines bEM habe in dieser Situation kein positives Ergebnis bringen können.

31

(2) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

32

(a) Aus dem bisherigen Vorbringen der Beklagten in den Tatsacheninstanzen ergibt sich zum einen nicht, ob ihr nicht auch eine Beschäftigung des Klägers von bis zu drei Arbeitsstunden täglich, entweder als Busfahrer oder auch mit veränderten Arbeitsaufgaben zumutbar gewesen wäre. Eine entsprechende Änderungskündigung wäre als milderes Mittel vorrangig gewesen. Zwar hat sich der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht konkret auf eine solche Beschäftigungsalternative berufen. Infolge des Unterlassens eines bEM hätte die Beklagte aber zum Fehlen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten von sich aus vortragen müssen. Ist ein eigentlich erforderliches bEM unterblieben, trägt der Arbeitgeber die primäre Darlegungslast für dessen Nutzlosigkeit. Er hat von sich aus alle denkbaren oder vom Arbeitnehmer ggf. außergerichtlich genannten Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen weder eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen noch die Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz in Betracht kommt (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 34; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 35, BAGE 135, 361; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 19). Die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung besagt nur etwas über den zeitlichen Umfang der verbliebenen Leistungsfähigkeit des Versicherten unter den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Sie schließt weder eine bis zu dreistündige tägliche Tätigkeit noch eine längere tägliche Beschäftigung zu vom Regelfall abweichenden, günstigeren Arbeitsbedingungen aus. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung kann überdies auch dann bewilligt werden, wenn dem Versicherten eine Teilzeitarbeit von bis zu sechs Stunden täglich möglich, der übliche Arbeitsmarkt für eine solche aber verschlossen ist (sog. „Arbeitsmarktrente“ - vgl. nur Kreikebohm/v. Koch SGB VI 4. Aufl. § 43 Rn. 27; BeckOK SozR/Kreikebohm/Jassat SGB VI Stand 1. März 2015 § 43 Rn. 38; KassKomm/Gürtner Stand April 2015 § 43 SGB VI Rn. 31). Unter Berücksichtigung der nach § 96a SGB VI - auch bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung - in bestimmten Grenzen bestehenden Möglichkeit eines Hinzuverdienstes hat der Arbeitgeber selbst dann, wenn er dem Arbeitnehmer nur noch eine Tätigkeit in zeitlich geringem Umfang anbieten kann, keine Veranlassung anzunehmen, dem Arbeitnehmer sei eine solche Weiterbeschäftigung von vornherein unzumutbar. Im Übrigen muss es dem Arbeitnehmer überlassen bleiben zu entscheiden, ob er nicht auch dann die Chance auf eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung ergreifen will, wenn ein Hinzuverdienst den Rentenanspruch zu Fall brächte.

33

(b) Der Einwand der Beklagten, die geforderte Darlegung sei ihr unmöglich, solange der Kläger nicht näher zu den Krankheitsursachen vortrage, berücksichtigt nicht, dass sie sich darauf beschränkt hat, auf die dem Kläger bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung zu verweisen. Der Rentenbezug schließt - wie gezeigt - eine Arbeitstätigkeit des Klägers nicht unter allen Umständen aus. Es hätte ihr deshalb oblegen vorzutragen, dass ihr eine anderweitige - leidensgerechte - Beschäftigung des Klägers, ggf. auch in Teilzeit oder auch nur im Umfang von bis zu drei Stunden täglich aus betrieblichen Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen sei. Erst daraufhin wäre es Sache des Klägers gewesen, unter Offenlegung der Art seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen näher darzulegen, weshalb dies unzutreffend und der Beklagten seine leidensgerechte Beschäftigung sehr wohl möglich und zumutbar gewesen sei.

34

(c) Die Beklagte hat zudem nur behauptet, es hätten keine anderen freien leidensgerechten Arbeitsplätze zur Verfügung gestanden. Dies genügt nicht, um darzulegen, dass ein bEM keine leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit hätte aufzeigen können. Der Arbeitgeber ist gegenüber einem von einer krankheitsbedingten Kündigung bedrohten Arbeitnehmer verpflichtet, als mildere Maßnahme den Personaleinsatz umzuorganisieren, wenn er durch Ausübung seines Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz freimachen kann (BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 85, 107). Mit Hilfe eines bEM sollen mögliche mildere Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade erkannt und entwickelt werden (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 38; 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 34). Die Verpflichtung zur Umsetzung oder Versetzung anderer Arbeitnehmer ist jedenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn dies für den Arbeitgeber und die Betroffenen im Einzelfall nicht von vornherein unzumutbar ist. Aus dem Sachvortrag der Beklagten geht bislang nicht hervor, welche - auch mit anderen Arbeitnehmern besetzten - Arbeitsplätze im Betrieb tatsächlich vorhanden waren und weshalb diese - auch nach ggf. zumutbaren Umorganisationsmaßnahmen - dem Kläger nicht zumindest in Teilzeit oder jedenfalls mit einer Arbeitszeit von bis zu drei Stunden täglich hätten angeboten werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt gewesen wäre, dem Kläger eine solche Tätigkeit auf einem leidensgerechten anderen Arbeitsplatz zuzuweisen. Die Beklagte hätte dem Kläger zur Vermeidung einer Beendigungskündigung eine nach zumutbarer Umorganisation bestehende Beschäftigungsmöglichkeit zu geänderten Arbeitsbedingungen notfalls im Wege der Änderungskündigung anbieten müssen (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - Rn. 12; 9. September 2010 - 2 AZR 937/08 - Rn. 39; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15).

35

II. Der Senat kann nicht selbst abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 27. Juli 2012 wirksam ist. Dazu bedarf es weiterer Feststellungen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache war an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Der Beklagten wird Gelegenheit zu geben sein, ihr Vorbringen zur Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Interessen und zur objektiven Nutzlosigkeit eines bEM zu ergänzen. Hierauf hat der Kläger im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast ggf. zu erwidern. Die Beweislast für die die Kündigung bedingenden Tatsachen trägt nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Beklagte. Sollte sie sich zum Beweis entscheidungserheblicher Behauptungen auf ein medizinisches Sachverständigengutachten berufen, wird der Kläger ggf. mitzuwirken und den Gutachter und ggf. seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden haben.

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Brossardt    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. August 2012 - 13 Sa 1017/12 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Chemieindustrie. Der Kläger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit 1987 beschäftigt. Seit März 2006 war er in der Sparte „Material Protection Products“ im Bereich „Wood Protection/Antifouling“ tätig. Er leitete dort zwei mikrobiologische Labore mit insgesamt fünf Mitarbeitern und das technische Marketing „Antifouling“ mit einem Labor, in welchem ihm zwei Mitarbeiter unterstellt waren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mitgeteilt, sie halte ihn für einen leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.

3

Im Jahr 2009 beschloss die Beklagte eine Restrukturierung der Sparte „Material Protection Products“, die mit dem Wegfall von 27 Stellen verbunden war. Die drei Labore, in denen der Kläger tätig war, wurden zum 30. November 2009 geschlossen. Die dort verrichteten Tätigkeiten wurden entweder reduziert, an Dritte vergeben oder von anderen Laboren übernommen. Im August und September 2009 schloss die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat und dem Konzernsprecherausschuss je eine Vereinbarung zur Bildung einer Einheit für Qualifikations-/Einsatz- und Stellenmanagement („QUEST-Center“). Dort sollten Mitarbeiter, deren bisherige Aufgaben entfallen waren, weitergebildet und wenn möglich auf unbefristete Stellen vermittelt werden. In beiden Vereinbarungen heißt es:

        

Präambel

        

Mit dieser [Vereinbarung] wird … im Bedarfsfall je Gesellschaft eine Einheit ‚QUEST-Center‘ … errichtet, um [Personalüberhänge] vermittlungsfördernd weiterzubilden/zu qualifizieren und auf unbefristete Stellen/Dauerarbeitsplätze zu vermitteln.

        

…       

        

… Personalauswahl und Versetzung in das ‚QUEST-Center‘

        

… Wechsel … in das ‚QUEST-Center‘

        

1.    

Soweit eine Personalauswahl innerhalb einer/von einer Strukturmaßnahme betroffenen Einheit … zu treffen ist, obliegt die Auswahl der zu versetzenden Leitenden Angestellten … in alleiniger Zuständigkeit dem Arbeitgeber/[bzw.] erfolgt die Auswahl der freizustellenden Mitarbeiter/innen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat am Standort.

                 

…       

        

2.    

Die ausgewählten [Arbeitnehmer] werden aus ihrer bisherigen Einheit in aller Regel zum Zeitpunkt des Entfalls/Wegfalls ihrer Aufgaben/ihres bisherigen Arbeitsplatzes in das ‚QUEST-Center‘ versetzt … /und von dort auf freie Stellen oder in temporäre Einsätze vermittelt. …

        

…       

        
        

4.    

Das Konzept ‚QUEST-Center‘ setzt voraus, dass die in das ‚QUEST-Center‘ versetzten Leitenden Angestellten/Mitarbeiter/innen Zusatzvereinbarungen zu ihrem Arbeitsvertrag abschließen, die die Basis für eine flexible Einsatzmöglichkeit, auch außerhalb der GESELLSCHAFTEN des Konzerns bilden, um Nichteinsätze nach Möglichkeit zu vermeiden.

        

Die Vertragspartner wirken deshalb darauf hin, dass die betroffenen Leitenden Angestellten/Mitarbeiter/innen einer/der Versetzung … in das ‚QUEST-Center‘ und einer Ergänzung ihres Arbeitsvertrags zustimmen. Diese Ergänzung regelt die Pflichten der betroffenen Leitenden Angestellten/Mitarbeiter/innen im Sinne der Zielsetzung des ‚QUEST-Center(s)‘:

                  §

Bereitschaft zur Annahme der im Sinne dieser Vereinbarung zumutbaren Beschäftigungsangebote …,

                  §

Bereitschaft, Zeiten der Nichtbeschäftigung aufgrund fehlender temporärer Beschäftigung bei Bezahlung … (auch Kurzarbeitergeld) zu akzeptieren,

                  §

Verpflichtung zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen/Qualifizierungsmaßnahmen zur Verbesserung von Vermittlungschancen,

                  §

Bereitschaft zu eigenen Aktivitäten bei Bewerbungen innerhalb und außerhalb der GESELLSCHAFTEN.

        

…       

        

… Schlussbestimmungen

        

…       

        

Sie [die Vereinbarung] ist bis zum 29. Februar 2012 befristet und entfaltet keine Nachwirkung.

        

Dies gilt nicht für Leitende Angestellte/Mitarbeiter/innen im ‚QUEST-Center‘, die noch keine 24 Monate Zeit zu einer Vermittlung aus dem ‚QUEST-Center‘ hatten/bis zum 29. Februar 2012 noch keine 24 Monate Zeit hatten, über das ‚QUEST-Center‘ vermittelt zu werden. Für diesen Personenkreis haben die Regelungen dieser Vereinbarung Nachwirkung, längstens/maximal aber nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem auch für diese [Personen] der maximal 24monatige Vermittlungszeitraum ausgeschöpft wurde.“

4

Mit Schreiben vom 23. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Arbeitsplatz entfallen werde, und bot ihm eine Versetzung in das „QUEST-Center“ an. Mit Schreiben vom 27. November 2009 lehnte dieser die Versetzung ab und forderte die Beklagte auf, ihm eine vertragsgemäße Beschäftigung zuzuweisen. Am 30. November 2009 stellte die Beklagte den Kläger von der Arbeitsleistung frei.

5

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Betriebsrats und des Sprecherausschusses mit Wirkung zum 31. Dezember 2011.

6

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat gemeint, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Beklagte habe die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Anhörung sei erforderlich gewesen, weil er nicht leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG sei. Überdies habe die Beklagte allenfalls eine Änderungskündigung aussprechen dürfen. Das Angebot einer Weiterbeschäftigung im „QUEST-Center“ sei gegenüber der Beendigungskündigung das gebotene mildere Mittel gewesen.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Belang - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Dezember 2010 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen. Eine Sozialauswahl habe sie nicht durchführen müssen. Sie beschäftige keine vergleichbaren Mitarbeiter. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen sei nicht vorhanden. Etwas anderes gelte auch nicht mit Blick auf die im „QUEST-Center“ vorhandenen Stellen. Eine - mit der Möglichkeit der Vermittlung verbundene - „Qualifizierung“ sei keine anderweitige „Beschäftigung“. Sie setze überdies die Freiwilligkeit des Arbeitnehmers voraus. Zu einem Wechsel sei der Kläger nicht bereit gewesen.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung nicht als unwirksam ansehen. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht wegen des Vorrangs einer Änderungskündigung unwirksam. Die Beklagte musste dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im „QUEST-Center“ nicht anbieten.

12

1. Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse „bedingt“, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entsprechen. Die Merkmale der „Dringlichkeit“ und eines „Bedingtseins“ der Kündigung sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Er gebietet dem Arbeitgeber, vor einer Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen, anzubieten (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29). Entsprechendes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist. Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - aaO; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 20 mwN).

13

2. Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weitergehenden Prüfung, ob ihm die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich macht. Eine dann erforderliche Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben. Wenn dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit auf dem freien Arbeitsplatz nicht schlechthin unzumutbar ist, soll grundsätzlich er selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptiert oder nicht (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 23; 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226).

14

3. In Anwendung dieser Grundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu den für die „Beschäftigung“ im „QUEST-Center“ geltenden Bedingungen im Wege der Änderungskündigung anzubieten.

15

a) Unerheblich ist insoweit, ob der Kläger leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG war. Die Möglichkeit eines Wechsels in das „QUEST-Center“ bestand für leitende Angestellte ebenso wie für die Gruppe der übrigen Arbeitnehmer. Die Beklagte hat mit dem Konzernsprecherausschuss und dem Gesamtbetriebsrat im Wesentlichen gleichlautende Regelungen beschlossen. Zwar obliegt gem. III. A. 1. der mit dem Konzernsprecherausschuss getroffenen Vereinbarung die „Auswahl der zu versetzenden leitenden Angestellten“ allein dem Arbeitgeber, während die „Auswahl der freizustellenden Mitarbeiter/innen“, die nicht leitende Angestellte sind, gem. II. A. 1. der Gesamtbetriebsvereinbarung im Einvernehmen mit dem Betriebsrat zu erfolgen hat. Die Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass es Gründe gegeben habe, die nach ihren eigenen Auswahlkriterien oder denen des Gesamtbetriebsrats einem Wechsel des Klägers in das Center entgegengestanden hätten.

16

b) Die im „QUEST-Center“ geschaffenen Stellen sind keine „anderen Arbeitsplätze“ iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG.

17

aa) Zwar handelt es sich durchaus um „Arbeitsplätze“. Der Begriff der „Arbeit“ ist weit zu verstehen und umfasst auch eine vertraglich vereinbarte Teilnahme an angebotenen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 453/11 - Rn. 17; 9. Mai 2011 - 10 AZB 1/11 - Rn. 19).

18

bb) Die Stellen liegen aber außerhalb des von § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSchG gewährleisteten Inhalts- und Bestandsschutzes.

19

(1) Nach den Präambeln beider Vereinbarungen dient die Errichtung der „QUEST-Center“ der Weiterbildung und Vermittlung der dorthin versetzten Mitarbeiter zum Zwecke der „dauerhaften Beschäftigungssicherung“. Um Kündigungen möglichst zu vermeiden, sollen (leitende) Mitarbeiter, deren „Einheit“ von einer „Strukturmaßnahme“ betroffen ist und deren Arbeitsplätze bzw. Aufgaben infolge dieser Maßnahme entfallen sind, in die „QUEST-Center“ versetzt und von dort - soweit möglich - auf freie Stellen oder in temporäre Einsätze vermittelt werden. Dazu müssen sie bereit sein, Zusatzvereinbarungen zu ihren Arbeitsverträgen zu schließen, auf deren Grundlage ein Einsatz auch außerhalb des Unternehmens ihres jeweiligen Vertragsarbeitgebers und anderer Konzerngesellschaften zulässig wird, um damit „Nichteinsätze“ möglichst vermeiden zu können. Ohne dass es darauf ankäme, ob sämtliche Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 SGB III erfüllt sind, haben die „QUEST-Center“ zumindest eine deutliche Nähe zu „betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheiten“ im Sinne der Bestimmung.

20

(2) Damit handelt es sich bei diesen Stellen nicht um freie Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG und des in ihm zum Ausdruck kommenden kündigungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips.

21

(a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG kann ein Arbeitnehmer, dessen bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist, seine Weiterbeschäftigung verlangen, wenn ein anderer Arbeitsplatz zu vergleichbaren oder schlechteren Bedingungen vorhanden und frei ist und er das betreffende Anforderungsprofil erfüllt. Zwar kann der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG gehalten sein, dem Arbeitnehmer insoweit zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen anzubieten. Das setzt aber voraus, dass im Kündigungszeitpunkt feststeht oder mit hinreichender Sicherheit absehbar ist, dass nach Abschluss der Maßnahme ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden sein wird (BAG 7. Februar 1991 - 2 AZR 205/90 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 67, 198). Dagegen ist der Arbeitgeber nach den gesetzlichen Vorgaben nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer allein zum Zwecke der Qualifikation weiter zu beschäftigen, ohne dass ein geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen (absehbar) alsbald frei würde.

22

(b) So liegt der Fall hier. Die im „QUEST-Center“ geschaffenen Stellen wurden Arbeitnehmern angeboten, für die - aus Sicht des Arbeitgebers bzw. der Betriebsparteien - nach Wegfall ihrer bisherigen Aufgaben ein anderweitiger Arbeitsplatz im Unternehmen nicht oder nicht absehbar zur Verfügung stand. Die Stellen dienten ausschließlich der Qualifizierung und der Vermittlung an andere Unternehmen innerhalb und außerhalb des Konzerns. Es handelte sich damit nicht um freie Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 KSchG. Die Beklagte war kündigungsrechtlich nicht verpflichtet, dem Kläger eine dieser Stellen zur Vermeidung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege der Änderungskündigung anzubieten.

23

(c) Im Streitfall kommt hinzu, dass die im Rahmen des „QUEST-Center“ geschaffenen Qualifizierungsmöglichkeiten einen einvernehmlichen und vorbehaltlosen Wechsel der Arbeitnehmer erforderten. Das „Center“ diente der möglichst zügigen Vermittlung der Arbeitnehmer auf unbefristete Arbeitsplätze bei einem anderen Arbeitgeber. Diese erfolgte in der Regel durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit dem bisherigen bei gleichzeitigem Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem neuen Arbeitgeber. Hätte ein Arbeitnehmer das Angebot auf Wechsel in das „QUEST-Center“ unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen und Änderungsschutzklage erheben können, würde er - solange über diese noch nicht rechtskräftig entschieden wäre - häufig nicht bereit gewesen sein, sein bisheriges Arbeitsverhältnis zugunsten eines neuen endgültig aufzugeben. Der Zweck eines Wechsels in das „QUEST-Center“ wäre damit in Frage gestellt worden. Zudem hatten die kollektivrechtlichen Vereinbarungen eine bis zum 29. Februar 2012 begrenzte Laufzeit. Das Angebot von „Arbeitsplätzen“, die nur in beschränkter Zahl vorhanden und lediglich für eine begrenzte Zeit überhaupt vorgesehen sind, verträgt sich nicht mit der Rechtsunsicherheit, die mit einer Änderungskündigung verbunden ist. Würde sich im Falle einer Annahme das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung - uU nach mehrjähriger Prozessdauer - herausstellen, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist, hätte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen. Anderen Arbeitnehmern wäre während der Prozessdauer die Teilnahme an den Qualifizierungsmaßnahmen verwehrt gewesen und nach Prozessende wegen Zeitablaufs voraussichtlich endgültig verwehrt. Auch dies liefe dem Ziel der Vermittlung einer möglichst großen Anzahl von Arbeitnehmern und dem effektiven Einsatz der zur Verfügung gestellten personellen und finanziellen Mittel zuwider.

24

cc) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthalten die Gesamtbetriebsvereinbarung und die Vereinbarung mit dem Konzernsprecherausschuss keine Erweiterung des gesetzlich vorgesehenen Kündigungsschutzes. Für die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe sich „über das gesetzliche Maß hinaus kollektivrechtlich“ zum Angebot einer „Versetzung in das QUEST-Center“ - mit der vereinbarten Folge einer Unwirksamkeit der Kündigung bei Ausbleiben eines solchen Angebots - verpflichtet, gibt es keine ausreichende Grundlage.

25

(1) Zum einen ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die vom Landesarbeitsgericht angenommene Verpflichtung eingegangen wäre. Für dessen Auffassung, aus den Schlussbestimmungen der „QUEST-Vereinbarungen“ folge, dass die Beklagte „trotz Wegfall einer Beschäftigungsmöglichkeit nicht sofort kündigen [dürfe], sondern zunächst mindestens 24 Monate lang eine neue Beschäftigungsmöglichkeit suchen [müsse]“, geben diese Bestimmungen nichts her. Sie handeln von der Nachwirkung der zuvor getroffenen kollektiven Regelungen, nicht von deren Inhalt. Diesen ggf. nachwirkenden Regelungen wiederum ist der ihnen vom Landesarbeitsgericht beigemessene Inhalt nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat sich nicht verpflichtet, ausnahmslos jedem Mitarbeiter eine Stelle im „QUEST-Center“ anzubieten und ggf. bis zur Dauer von 24 Monaten zu versuchen, ihn von dort aus zu vermitteln. Im Übrigen hat sie gerade dem Kläger ein solches Angebot durchaus unterbreitet. Er hat es abgelehnt.

26

(2) Zum anderen ist nicht erkennbar, dass nach den getroffenen kollektiven Vereinbarungen ein Verstoß der Beklagten gegen ihre vermeintliche Verpflichtung, sich ggf. zwei Jahre lang um Vermittlung zu bemühen, zur Unwirksamkeit einer „vorzeitig“ ausgesprochenen Kündigung führen sollte. Die Erweiterung des gesetzlichen Kündigungsschutzes durch eine Betriebsvereinbarung setzt aus Gründen der Rechtssicherheit voraus, dass sich aus der Regelung als solcher die Drittwirkung zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer und deren Voraussetzungen klar ablesen lassen. Gesetzliche Normen etwa, aus denen sich die Unwirksamkeit von Kündigungen ergeben soll, erfüllen diese Voraussetzungen. So bestimmen § 1 Abs. 1 KSchG und § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, dass eine Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen „unwirksam“ ist. Diese und ähnliche Formulierungen lassen über die Folgen eines Verstoßes gegen die Norm für die Wirksamkeit der Kündigung keinen Zweifel. Legen die Betriebsparteien stattdessen etwa lediglich „Rahmenregelungen“ für die „Zulässigkeit“ von Kündigungen fest, wird nicht hinreichend deutlich, dass ein Verstoß gegen sie zur Unwirksamkeit der Kündigung führen solle (vgl. dazu BAG 17. März 2005 - 2 AZR 4/04 - zu B I 1 der Gründe). Umso mehr gilt dies, wenn - wie hier - die Kollektivvereinbarungen selbst im weitesten Sinne Kündigungsvoraussetzungen gar nicht regeln.

27

II. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 27. Dezember 2010 sozial gerechtfertigt ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen ist, ob die Beklagte eine Sozialauswahl hat durchführen müssen und ob diese ggf. zutreffend durchgeführt worden ist. Ebenso wenig hat es geprüft, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde oder es einer Anhörung nicht bedurfte, weil der Kläger - wie die Beklagte vorgebracht hat - leitender Angestellter war. Dies wird es nachzuholen haben.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 18 Sa 1188/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung.

2

Der 1950 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1984 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin tätig. Zuletzt war er als Senior-Frachtchecker und Schichtleiter in der Abteilung Bodenverkehrsdienste (BVD-F) beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Oktober 1984 wurde ihm eine Vergütung nach dem Lohntarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe im Lande Hessen (HLT) zugesagt. Außerdem heißt es dort:

        

„Ihr Arbeitsvertrag richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G, Ausgabe Hessen) einschließlich der für die Flughafen Frankfurt/Main AG geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regelungen und den Dienstvorschriften.“

3

Gemäß einer Vereinbarung vom 5. März 1997 wechselte der Kläger mit Wirkung zum 1. Februar 1997 in ein Angestelltenverhältnis und erhielt seither Vergütung auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Danach war er in die Vergütungsgruppe Vc eingruppiert und bezog ein Gehalt von 3.425,34 Euro brutto. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses legte er erfolgreich die IHK-Prüfung zum „Flugzeugabfertiger“ ab.

4

Die Beklagte beschäftigt etwa 13.000 Arbeitnehmer. Sie betrieb ua. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen Frankfurt/Main in der Abteilung BVD-F. Dort waren ca. 600 Arbeitnehmer - darunter der Kläger - tätig.

5

Im September 2003 beschloss die Beklagte, den Bereich BVD-F zur Vermeidung weiterer Verluste auf ein Tochterunternehmen, die Tradeport Frankfurt GmbH, zu übertragen. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G II gebunden war und mit allen Arbeitnehmern die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart hatte, unterliegt die Tochtergesellschaft diesen Bindungen nicht. Die Tradeport Frankfurt GmbH ist stattdessen Mitglied in der Vereinigung des Verkehrsgewerbes Hessen e.V. und wendet die von dieser mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) abgeschlossenen Tarifverträge für die Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen an.

6

Als sich abzeichnete, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen würde, richtete die Beklagte im Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung „Frachtservice“ ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten widersprechende Beschäftigte aus der Abteilung BVD-F „aufgefangen“ werden. Die Arbeitnehmer sollten sodann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der Tradeport Frankfurt GmbH eingesetzt werden.

7

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den beabsichtigten Betriebsübergang. Der Kläger und ca. 550 weitere Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang.

8

Unter dem Datum 19. Dezember 2003 schlossen der Hessische Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände, dessen Mitglied die Beklagte ist, und ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Hessen, die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 741 (TVb Nr. 741). Sie enthält Sonderregelungen zu BAT und BMT-G II für die Beschäftigten der Abteilung „Frachtservice“ bei der Beklagten. Sie gilt nach § 1 für alle Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft widersprochen haben. Sie sieht in § 2 ua. vor, dass die Arbeitnehmer „im Sinne der Beschäftigungssicherung“ verpflichtet sind, einen ggf. auch im Wege der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz in der Abteilung BVD-FS anzunehmen und für einen Entleiher tätig zu sein. Dabei ist grundsätzlich vorgesehen, dass der Einsatz bei der Tradeport Frankfurt GmbH erfolgt. Die TVb Nr. 741 regelt ferner, dass die Vergütung bei einer Beschäftigung in der Abteilung BVD-FS geringer als bisher ist. Nehmen die Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen im Sinne der Änderungskündigung nicht an, sind nach § 2 Abs. 6 TVb Nr. 741 Beendigungskündigungen zulässig, § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT und § 52 BMT-G II finden insoweit keine Anwendung.

9

Am 22. Dezember 2003 wurde der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern erteilt. Am 30. Januar 2004 schloss sie mit der Tradeport Frankfurt GmbH einen Vertrag zur Übertragung des Frachtgeschäfts mit Wirkung zum 1. Juli 2004.

10

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Betriebsrats zum 30. Juni 2005 und bot dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung BVD-FS zu den Bedingungen der TVb Nr. 741 an.

11

Der Kläger, im Kündigungszeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft ver.di, hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen und Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß § 53 Abs. 3 BAT ordentlich nicht kündbar. Die tarifvertraglichen Sonderregelungen seien unwirksam. Die TVb Nr. 741 sei mangels ordnungsgemäßer Bevollmächtigung der handelnden Tarifvertragsparteien nicht wirksam zustande gekommen. Die Änderungen der Arbeitsbedingungen seien zudem sozial ungerechtfertigt. Er verrichte weiterhin dieselbe Tätigkeit, nur als Leiharbeitnehmer. Die Entscheidung der Beklagten, die Abteilung BVD-FS zu gründen und Arbeitnehmer an die Tochtergesellschaft auszuleihen, sei missbräuchlich. Sie diene allein dazu, die Anforderungen an eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung zu umgehen. Die Beklagte habe keine Sozialauswahl durchgeführt, zudem fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.

12

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 2004 rechtsunwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die TVb Nr. 741 sei wirksam. Die Änderung der Arbeitsbedingungen trage den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten nach Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang Rechnung. Das Änderungsangebot berücksichtige die wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem umkämpften Markt des Frachtservice. Ein freier gleichwertiger Arbeitsplatz außerhalb der Frachtabfertigung sei weder im maßgeblichen Zeitraum ab September 2004 noch in der vom Kläger für relevant gehaltenen Zeit dem Jahr 2003 vorhanden gewesen. Einer Sozialauswahl habe es mit Rücksicht auf die Regelungen der TVb Nr. 741 nicht bedurft. Außerdem liege kein Auswahlfehler vor. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sie habe dem Betriebsrat sämtliche aus ihrer Sicht kündigungsrelevanten Tatsachen mitgeteilt.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Änderungskündigung weder wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam ist noch tarifvertraglich ausgeschlossen war und dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen iSv. §§ 2, 1 KSchG sozial gerechtfertigt sind.

16

I. Die Änderungskündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die entsprechende Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt unter Berücksichtigung der „subjektiven Determiniertheit“ der Betriebsratsanhörung (dazu Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167) keinen Rechtsfehler erkennen. Das betrifft insbesondere den zwischen den Parteien umstrittenen Gesichtspunkt der Sozialauswahl. Ist - wie im Streitfall - nach Auffassung des Arbeitgebers eine solche Auswahl nicht vorzunehmen, kann er dem Betriebsrat Auswahlgesichtspunkte nicht mitteilen (Senat 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).

17

II. Die - ordentliche - Änderungskündigung vom 15. Dezember 2004 ist nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT genossen hätte. Der tarifliche Kündigungsschutz des Klägers ist durch die TVb Nr. 741 wirksam beschränkt worden. Die tariflichen Sonderregelungen sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien schon aufgrund beiderseitiger Tarifbindung anwendbar.

18

1. Die TVb Nr. 741 genügt den Anforderungen der §§ 1, 2 TVG.

19

a) Die Vereinbarung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Dabei kann offenbleiben, ob die bei Abschluss des Tarifvertrags für ver.di handelnden Mitglieder des Landesbezirks Hessen - der Landesfachbereichsleiter und der hessische Tarifkoordinator - von vorneherein ausreichend zur Vertretung der Gewerkschaft bevollmächtigt waren. Selbst wenn es hieran, wie der Kläger gemeint hat, gefehlt haben sollte, wäre angesichts der mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 18. Juli 2008 ausdrücklich bestätigten Abschlussvollmacht und der Tatsache, dass der Tarifvertrag seit dem Jahr 2003 ohne erkennbare Beanstandung seitens der Tarifvertragsparteien Anwendung gefunden hat, zumindest von einer Genehmigung durch ver.di auszugehen (vgl. dazu BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - Rn. 18, BAGE 125, 169; 18. Dezember 1996 - 4 AZR 129/96 - zu II 1.1.2 der Gründe mwN, BAGE 85, 28).

20

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass ver.di und der Hessische Arbeitgeberverband für Gemeinden und Kommunalverbände ungeachtet der Regelungen des RTV 1998/2002 befugt waren, vom BAT und den dortigen Kündigungsschutzbestimmungen abweichende Regelungen zu vereinbaren. Darauf, ob sich die TVb Nr. 741 im Rahmen der Öffnungsklausel des Rahmentarifvertrags hält, kommt es nicht an.

21

aa) Mit Abschluss des Rahmentarifvertrags haben sich die Tarifvertragsparteien und durch sie vertretene Unterorganisationen nicht ihrer Befugnis begeben, im Rahmen ihrer jeweiligen Tarifzuständigkeit und im Sinne des sog. Posterioritätsprinzips (dazu BAG 18. März 2009 - 4 AZR 84/08 - Rn. 38, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 216) in Zukunft ergänzende und ggf. abändernde Regelungen zu BAT und BMT-G II zu vereinbaren. Dies lässt sich - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht den Regelungen des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) entnehmen, der ohnehin erst nach Abschluss der TVb Nr. 741 und Zugang der Kündigung in Kraft getreten ist.

22

bb) Der Wirksamkeit der abweichenden Regelungen steht nicht entgegen, dass die TVb Nr. 741 auf Arbeitgeberseite durch den Hessischen Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände geschlossen wurde. Dieser war als Unterorganisation der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) nicht gehindert, im Rahmen seiner Tarifzuständigkeit zur Ergänzung und Änderung eines von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags eigene, spezielle (Firmen-)Tarifverträge zu schließen. Durch sie wird der überregionale Tarifvertrag als solcher nicht aufgehoben, geändert oder gekündigt. Die Tarifverträge gelten vielmehr nebeneinander. Mögliche Widersprüche zwischen ihnen sind nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz aufzulösen (BAG 22. Februar 1957 - 1 AZR 426/56 - BAGE 3, 358; Däubler/Peter TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 61; Löwisch/Rieble TVG § 2 Rn. 114; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 199 Rn. 14; aA Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 442). Danach findet die TVb Nr. 741 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien als die dem Geltungsbereich nach engere Regelung Anwendung.

23

c) Die Einschränkungen des Sonderkündigungsschutzes durch die TVb Nr. 741 sind nicht wegen Eingriffs in eine schützenswerte Rechtsposition des Klägers unwirksam.

24

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Tarifvertragsparteien die Regelungen eines von ihnen abgeschlossenen Tarifvertrages auch rückwirkend ändern, was sich zulasten entweder der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber auswirken kann (Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 58/05 - Rn. 19 - 24 mwN, BAGE 117, 53). Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zu einem rückwirkenden Eingriff in ihr Regelwerk ist allerdings durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes für die Normunterworfenen begrenzt. Insoweit gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Rückwirkung von Gesetzen (BVerfG 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261). In deren Anwendung sind rückwirkende Regelungen zum tariflichen Sonderkündigungsschutz möglich, wenn der Ausschluss der ordentlichen Kündigung schon bisher Ausnahmetatbestände enthielt und die Neuregelung den Sonderkündigungsschutz nicht vollständig abschafft, sondern lediglich die Ausnahmetatbestände modifiziert (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 26 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

25

bb) Danach ist die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes nach § 53 Abs. 3 BAT durch die TVb Nr. 741 nicht zu beanstanden(so bereits BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - AP BAT § 53 Nr. 9). Die Bestimmungen des BAT enthielten bereits Ausnahmetatbestände, etwa die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen zur Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe zu kündigen. Die TVb Nr. 741 hebt den Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT auch nicht vollständig auf, sondern enthält dazu nur eine weitere Einschränkung. Sie ermöglicht im Übrigen lediglich Änderungskündigungen, die auf den Einsatz in der Abteilung Frachtservice zu den dafür geltenden - verschlechterten - Vergütungsregelungen gerichtet sind. Nur die Ablehnung des Änderungsangebots kann zu einer Beendigungskündigung führen. Hinzu kommt, dass die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes ein Teil der Gesamtregelungen der TVb Nr. 741 ist, deren Gegenstand die aus dem Betriebsteilübergang und dem Widerspruch der Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmer folgenden Probleme sind. Die TVb Nr. 741 hat das Ziel, einerseits die Arbeitsplätze der widersprechenden Arbeitnehmer zu erhalten, andererseits den Personalaufwand zu verringern. Durch § 2 Abs. 6 Satz 4 der Bestimmungen werden auch die Arbeitnehmer mit dem Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3 BAT in diese Gesamtregelung einbezogen. Gleichwohl bleiben sie weiterhin stärker geschützt als andere Arbeitnehmer. Die Auswahlrichtlinien in der Anlage 1 zur TVb Nr. 741 gewichten die Umstände, die den Sonderkündigungsschutz begründen, als Auswahlkriterien bei der Besetzung gleichwertiger freier Arbeitsplätze so hoch, dass die Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz in aller Regel Vorrang genießen werden. Die so ausgestaltete Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes verletzt kein schützenswertes Vertrauen der Betroffenen (so schon BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 29 bis 34, aaO).

26

cc) Dem steht, anders als die Revision meint, auch nicht die Unterrichtung des Klägers über den Betriebsteil-Übergang entgegen. Darin wurde den im Zeitpunkt des Übergangs „tariflich unkündbaren Arbeitnehmern“ einzelvertraglich die Unkündbarkeit auch bei der Tradeport Frankfurt GmbH zugesichert. Infolge des Widerspruchs des Klägers ist ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dieser Gesellschaft jedoch nicht zustande gekommen. Soweit der Kläger gemeint hat, er werde wegen seines Widerspruchs sowohl gegenüber den bei dieser weiterbeschäftigten Arbeitnehmern als auch gegenüber den nicht im Bereich BVD-F beschäftigten Arbeitnehmern der Beklagten ungleich behandelt, übersieht er, dass durch den Widerspruch bei der Beklagten ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist. Dieser und nicht sein Widerspruch als solcher bildet die Grundlage für die durch die TVb Nr. 741 in engen Grenzen ermöglichte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

27

2. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die in § 1 und § 2 TVb Nr. 741 normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes im Kündigungszeitpunkt erfüllt waren, ist die Revision nicht entgegengetreten.

28

III. Die dem Kläger mit der Kündigung angetragene und auf betriebliche Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG.

29

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141).

30

2. Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, das bisherige Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger sei entfallen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte zum 1. Juli 2004 sämtliche Betriebsmittel der Abteilung BVD-F einschließlich der Halle, der Wiegestation und der Büro- und Unterkunftscontainer sowie alle Kundenverträge ihrer Tochtergesellschaft überlassen.

31

3. Diese Organisationsentscheidung der Beklagten war weder offensichtlich unsachlich noch unvernünftig oder willkürlich. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat sich die Beklagte zur Auslagerung der Abteilung BVD-F entschieden, um den dort erwirtschafteten Verlusten entgegenzuwirken und wettbewerbsfähig zu bleiben. Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen, ein von ihm angeregtes Sachverständigengutachten einzuholen, ist dies unzulässig. Der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchem Ergebnis das Gutachten voraussichtlich geführt hätte. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob in der Abteilung BVD-F ein Umsatzrückgang zu verzeichnen war. Dessen Fehlen stellt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte defizitäre Entwicklung nicht in Frage. Ohnehin verpflichtet das gesetzliche Kündigungsschutzrecht den Unternehmer nicht etwa dazu, Organisationsänderungen nur dann durchzuführen, wenn er Defizite vermeiden will. Es ist ausreichend, wenn er sie aus nicht willkürlichen Gründen für angezeigt erachtet. Es ist nicht Sache der Gerichte, dem Arbeitgeber eine bestimmte betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 27, EzA KSchG § 2 Nr. 66).

32

4. Die Beklagte hat mit dem Änderungsangebot die Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Es handelt sich nicht - wie die Revision meint - um eine Lohnkürzung bei unverändertem Inhalt der Arbeitspflicht. Die ausgesprochene Änderungskündigung dient nicht der Entgeltreduzierung, sondern der Änderung der Tätigkeit - an diese knüpft sodann die tarifliche Neufestsetzung des Lohns an. Während der Kläger bisher im Betrieb der Beklagten eingesetzt wurde, soll er nunmehr - wenn auch mit den gleichen Arbeiten und am selben Ort wie bisher - als Leiharbeitnehmer in einem Fremdbetrieb tätig werden; dafür erhält er nach der maßgeblichen TVb Nr. 741 eine geringere Vergütung.

33

a) Was das mit der Kündigung verbundene Angebot einer neuen Tätigkeit anbelangt, so ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht erkennbar. Im Kündigungszeitpunkt stand fest, dass der Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist bei der Beklagten infolge des Betriebsübergangs mit den bisherigen Tätigkeiten nicht mehr beschäftigt werden konnte. Das Angebot der Beklagten, den Vertrag so zu ändern, dass sie ihn an die Betriebsübernehmerin würde ausleihen können, damit er dort wie bisher weiter arbeiten könne, diente der Vermeidung einer Beendigungskündigung. Unter diesen Umständen ist eine Änderungskündigung betrieblich bedingt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 35, EzA KSchG § 2 Nr. 66). Davon, dass die Beklagte den Kläger auch auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrags im Wege des Direktionsrechts hätte anweisen können, als Leiharbeitnehmer bei der Tochtergesellschaft zu arbeiten, kann nicht ausgegangen werden. Diese Änderung, die einen zentralen Teil des Vertragsinhalts betrifft, hätte einer Vertragsänderung bedurft (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - aaO). Das gilt umso mehr, als Arbeitnehmern, die in der Abteilung „Frachtservice“ der Beklagten beschäftigt werden, nach der TVb Nr. 741 - nach vorheriger Abstimmung mit dem Betriebsrat - auch Aufgaben in anderen Entleiherbetrieben zugewiesen werden können.

34

b) Das Änderungsangebot ist auch hinsichtlich der mit ihm verbundenen Entgeltminderung verhältnismäßig.

35

aa) Eine gesonderte Rechtfertigung der Vergütungsänderung ist grundsätzlich entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt („Tarifautomatik“) (Senat 27. November 2008 - 2 AZR 757/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 128, 308). Das Gesetz weist den Tarifvertragsparteien eine weitgehende Regelungsmacht mit gesetzesgleicher Wirkung für ihre Mitglieder zu. Das geschieht im Vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien in der Lage sind die Interessen ihrer Mitglieder zu einem angemessenen Ausgleich - auch und gerade im Bereich der Vergütung - zu bringen. Haben also die Tarifvertragsparteien für eine bestimmte Tätigkeit eine bestimmte Vergütung ausgehandelt, ist es in der Regel gerechtfertigt, diese Vergütung als angemessen im Sinne der sozialen Rechtfertigung des Änderungsangebots anzusehen. So liegt es auch hier. Die Beklagte hat dem im Kündigungszeitpunkt tarifgebundenen Kläger die ihm nach der TVb Nr. 741 zustehende Vergütung angetragen.

36

bb) Ein Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot des § 9 Nr. 2 AÜG liegt nicht vor. Die Regelung des § 9 Nr. 2 Teilsatz 1 AÜG, nach der Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts vorsehen, ist nach § 9 Nr. 2 Teilsatz 4 AÜG tarifdispositiv und lässt nach ihrem Teilsatz 5 auch Abweichungen durch(insgesamt) in Bezug genommene Tarifverträge zu. Unabhängig davon stellt der Kläger nicht in Abrede, dass die im Betrieb der Tradeport Frankfurt GmbH (mittlerweile umfirmiert in FCS GmbH) zur Anwendung gebrachten Tarifverträge des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes für eine vergleichbare Tätigkeit sogar ein geringeres Entgelt vorsehen als die ihm nach der TVb Nr. 741 angetragene Vergütung.

37

cc) Auf die vom Kläger ins Spiel gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten kommt es für die Angemessenheit der sich aus einem tarifvertraglichen Vergütungssystem ergebenden Vergütung nicht an.

38

5. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG, weil die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, den Kläger anderweitig im Betrieb weiterzubeschäftigen.

39

a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (Senat 21. September 2000 -  2 AZR 385/99  - zu B IV 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Diese Grundsätze sind auf die Änderungskündigung insoweit übertragbar, als sich der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu ihn weniger belastenden, vergleichbaren oder ggf. auch geänderten Arbeitsbedingungen berufen kann (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.).

40

b) Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Reichweite des § 1 Abs. 2 KSchG verkannt, weil es nicht auch die im Jahr 2003 freigewordenen und wiederbesetzten Stellen berücksichtigt habe. Unabhängig davon, dass es für diese Beurteilung auf die Zeitpunkte des Zugangs der Kündigung und des Auslaufens der Kündigungsfrist ankommt und der Kläger nicht dargelegt hat, welche Stelle die Beklagte iSv. § 162 BGB treuwidrig besetzt habe, durfte das Landesarbeitsgericht vom Fehlen einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit ausgehen. Der Kläger hat das entsprechende Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert bestritten.

41

aa) Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zur anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit genügt es zunächst, dass der Arbeitnehmer angibt, welche andere Beschäftigung er meint. Er muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (Senat 15. August 2002 -  2 AZR 195/01  - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197). Auf die Darlegung des Arbeitnehmers hin, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen ist (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B II 3 e der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5).

42

bb) Diesen Anforderungen ist die Beklagte unter Vorlage von Stellenbeschreibungen und Hinweisen auf die jeweiligen Qualifikationsanforderungen nachgekommen, die der Kläger nicht besitze. Dem ist der Kläger nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten. Sein pauschaler Vortrag, seine Qualifizierung sei mit einem zeitmäßig verhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen, wird seiner Darlegungslast nicht gerecht, weil weder sein Kenntnisstand bei Kündigungsausspruch noch sein Schulungsbedarf nach Inhalt und zeitlichem Umfang ersichtlich werden.

43

6. Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden sozialen Auswahl unwirksam.

44

a) Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen ( § 2 Satz 1 KSchG ). Bei diesen kommt es für die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer nicht nur darauf an, ob die Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen und damit gegeneinander ausgetauscht werden können. Die Arbeitnehmer müssen vielmehr auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sein, die Austauschbarkeit muss sich auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen (Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

45

b) Der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Die Austauschbarkeit setzt nicht die Gleichheit der Arbeitsplätze voraus, sondern liegt in dem Umfang vor, in welchem der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner Ausbildung die Aufgaben auf einem anderen - gleichwertigen - Arbeitsplatz ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). An der Austauschbarkeit fehlt es allerdings, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht im Wege des Direktionsrechts auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann.

46

c) Danach hat der Kläger unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu den Umständen, die aus ihrer Sicht einer Vergleichbarkeit mit anderen nach der Vergütungsgruppe Vc vergüteten Arbeitnehmern entgegenstehen, nicht konkret dargelegt, welchen Arbeitsplatz er hätte besetzen können und welcher Arbeitnehmer statt seiner ein Angebot zur Weiterbeschäftigung als Leiharbeitnehmer hätten erhalten müssen. Seine Rüge, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag im Schriftsatz vom 25. Mai 2007 übergangen, ist unbeachtlich. Sie legt die Entscheidungserheblichkeit des Vortrags nicht dar. Sein Vorbringen, er sei in anderen Bereichen der Bodenverkehrsdienste nach kurzer Einarbeitungszeit einsetzbar gewesen, erschöpft sich in pauschalen Behauptungen und ist einer näheren Prüfung nicht zugänglich. Der Vortrag verhält sich zudem nicht über eine wechselseitige Austauschbarkeit.

47

d) Die Beklagte war nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen gehindert, zur sozialen Auswahl vorzutragen, auch wenn die Betriebsratsanhörung hierzu keine Information enthielt.

48

Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder für nicht vergleichbar gehalten und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag auf entsprechende Rüge im Prozess zu ergänzen. Darin liegt kein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen(vgl. Senat 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 42, BAGE 130, 182; 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B II 3 b der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber aus nachvollziehbaren Gründen bei Ausspruch der Kündigung davon ausgegangen ist, eine Sozialauswahl sei insgesamt entbehrlich. Im Streitfall steht überdies nicht die Sozialauswahl im engeren Sinne, sondern nur die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer in Rede. Die Beklagte konnte deshalb ihr Vorbringen ergänzen, ohne durch die Betriebsratsanhörung „präkludiert“ zu sein.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

        

        

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats aus, so rückt ein Ersatzmitglied nach. Dies gilt entsprechend für die Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten Mitglieds des Betriebsrats.

(2) Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Ist eine Vorschlagsliste erschöpft, so ist das Ersatzmitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Ist das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt, so bestimmt sich die Reihenfolge der Ersatzmitglieder unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 nach der Höhe der erreichten Stimmenzahlen.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.