Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 07. Juli 2016 - 11 Sa 1239/15
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Herne vom 19.03.2015 – 4 Ca 3508/13 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Höhe eines betrieblichen Zuschusses zum Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus für die Monate September 2012 bis August 2017.
3Der 1962 geborene Kläger war seit dem 01.08.1979 bei der Beklagten, einem Unternehmen des Steinkohlenbergbaus, beschäftigt, zuletzt als Kolonnenführer im Servicebereich Technik- und Logistikdienste (Bergmechaniker). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus Anwendung. Der Kläger war freiwillig der Grubenwehr beigetreten, er war in der Funktion eines Wehrmannes tätig. Im letzten Jahr des Arbeitsverhältnisses nahm er wiederholt an Übungen der Grubenwehr außerhalb der Arbeitszeit teil und erhielt dafür die in der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07 vorgesehenen Bezüge (Kopie Bl. 25 ff GA).
4Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG (GSP 2003 / Bl. 11 - 24 GA). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohle Bergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplans wie folgt definiert:
5„ […]
6(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
7Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
8Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
9[…]“
10Unter dem 27. Mai 2010 unterzeichneten die Parteien des Gesamtsozialplans eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“ (Bl. 119 / 187 – 191 GA). Darin erklärten sie u.a., dass die Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes 2003 davon ausgegangen seien, dass bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens gem. § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des GPS bestimmte Lohn- und Gehaltsarten, u.a. die Zulage „1015 Grubenwehr-Übung außerh.“ nicht zu berücksichtigen seien.
11Unter dem 02. Dezember 2010 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine „Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25. Juni 2003“ (GSP 2010). Hierin heißt es u.a. wörtlich (Bl. 114 ff GA):
12…
13- 14
1. § 2 Ziffer 7 („Zuschuss zum Anpassungsgeld“) Absatz 3 des Gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst:
„Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
16a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
17Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
18b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
19Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
20c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
21Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.
22……….
235. Diese Änderungsvereinbarung tritt am 01.01.2011 in Kraft.
246. Der Gesamtsozialplan in der ab dem 01.01.2011 gültigen Fassung gilt für alle unter den Geltungsbereich des Gesamtsozialplans fallende Arbeitnehmer, die ab dem 01.01.2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder die ab dem 01.01.2011 innerhalb der S Aktiengesellschaft versetzt werden.
257. Der Gesamtsozialplan in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung gilt weiter für alle unter den Geltungsbereich des Gesamtsozialplans fallende Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.2010 innerhalb der S Aktiengesellschaft versetzt wurden. Mit Abwicklung dieser Fälle tritt der Gesamtsozialplan in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung außer Kraft.
26…“
27Unter dem 06. März 2012 schlossen der Gesamtbetriebsrat der Beklagten sowie die Betriebsräte der einzelnen Bergwerke mit der Beklagten einen Gesamtsozialplan zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 ab (GSP 2012 / Kopie Bl. 66 - 86 GA). Nach Ziffer 2.1 GSP 2012 werden von dessen Geltungsbereich die Arbeitnehmer erfasst, die ab dem 01.04.2012 von unternehmerischen Maßnahmen betroffen sind. Auch dieser Gesamtsozialplan sah unter Ziffer 3 die Zahlung eines Zuschusses an Anpassungsgeld berechtigter Arbeitnehmer zur Erreichung eines Garantieeinkommens vor:
28„3.2 Zuschuss zum Anpassungsgeld
293.2.1
30Die S Aktiengesellschaft leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld ohne Abzug der in Ziffer 4.1.2 der APG-Richtlinien genannten Leistungen das Garantieeinkommen nicht erreicht.
313.2.2
32Sofern das Anpassungsgeld wegen Zusammentreffens mit einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruht oder eine Minderung durch Versorgungsausgleich eingetreten ist, wird für die Zuschussberechnung das ungekürzte Anpassungsgeld zugrunde gelegt.
333.2.3
34Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
35a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
36Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
37b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
38Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
39c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
40Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.
413.2.4
42Sind APG-Berechtigte in den der Entlassung vorausgegangenen 12 Monaten … wegen Rentenbezugs herabgestuft worden, …
437. Vertragsdauer
44Dieser Gesamtsozialplan tritt mit Wirkung zum 01.04.2012 in Kraft. …..
45…“
46Wegen des weiteren Inhalts des GSP 2012 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 66 - 86 GA).
47Die im GSP 2010 und im GSP 2012 in Bezug genommenen Bestimmungen im MTV (Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus gültig ab 1. Januar 1990 Stand April 2009) lauten (Bl. 88, 87 GA):
48„11. Vergütung im Urlaubsfall
49§ 41
50(1) Für die Dauer des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer je Urlaubstag die durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Absatz 2) des Vormonats, ggf. zuzüglich Untertage-Zulage und Konti-Zulage.
51(2) Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß Abs. 1 ist die Mehrarbeit (Abs. 4) zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer in den letzten 3 Kalendermonaten vor Beginn des Urlaubs (Rahmenfrist) geleistet hat, wenn …..
52(3)…..
53(4) Unter Mehrarbeit im Sinne der Absätze 2 und 3 ist Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit zu verstehen, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertagsarbeit, die die Arbeitnehmer im Rahmen seines normalen Schichtplans verfahren hat.
54(5) …….
551. Allgemeine Vergütungsgrundsätze
561. Arbeitseinkommen
57§ 31
58(1) Das Arbeitseinkommen besteht aus:
59a) Schichtlohn oder Gehalt
60b) Leistungszulage
61c) Zuschlägen für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse
62d) sonstigen Zuwendungen (z.B. Jahresvergütung, Untertage-Zulage, Treueprämie, Konti-Zulage)
63e) Hausbrand
64(2) Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschließlich Leistungszulage, ist die Grundvergütung.
65(3) Schichtlohn und Gehalt ergeben sich aus den Lohn- und Gehaltstafeln in Verbindung mit der Lohnordnung und den dazugehörigen Erläuterungen sowie dem Gehaltsgruppenverzeichnis. … “
66Mit Schreiben vom 27.07.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2012 (Bl. 120 GA). Wie in der Kündigung angeregt erklärte sich der Kläger mit einer „Verkürzung der Kündigungsfrist“ auf den 31.08.2012 einverstanden.
67Der Kläger wechselte für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.08.2012 in Transferkurzarbeit und schied zum 31.08.2012 aus dem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten aus. Seit dem 01.09.2012 bezieht er Anpassungsgeld nach den gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.
68Unter dem 26.07.2012 wurde der Kläger vor seinem Ausscheiden im Rahmen eines Abkehrgesprächs beraten. Dabei wurde dem Kläger eine Berechnung der Gesamtversorgung während des APG-Bezuges ab dem 01.09.2012 ausgehändigt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass nach dem seinerzeitigen Stand das Anpassungsgeld voraussichtlich 1.651,00 € betragen werde und der betriebliche Zuschuss ca. 192,00 € brutto monatlich. Wegen der Bezüge des Klägers im Referenzzeitraum September 2010 bis August 2011 wird auf die tabellarische Aufstellung des Klägers auf Seite 7 der Klageschrift Bezug genommen (Bl. 7 / Kopie der entsprechenden Entgeltabrechnungen Bl. 27 ff GA). Derzeit erhält der Kläger ein Anpassungsgeld in Höhe von 1.653,70 € brutto, worauf eine Rente für Bergleute in Höhe von 859,21 € angerechnet wird, und von der Beklagten den betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe vom 263,06 € brutto monatlich.
69Mit der Berechnung seines Garantieeinkommens und der damit im Zusammenhang stehenden Zahlungshöhe des betrieblichen Zuschusses zum Anpassungsgeld ist der Kläger nicht einverstanden und hat mit seiner unter dem 23.12.2013 bei dem Prozessgericht anhängig gemachten Zahlungsklage die Zahlung eines höheren betrieblichen Zuschusses zum Anpassungsgeld so wie die Erteilung einer Abrechnung geltend gemacht.
70Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Garantieeinkommen müsse sich nach dem Entgelt errechnen, welches er in den zwölf Monaten vor dem 01.09.2011 erhalten habe. Da es sich bei dem betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsgeld um eine Versorgungsleistung handele, könne deren Verschlechterung nur unter den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Verschlechterung von arbeitgeberseitigen Versorgungsleistungen erfolgen. Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 könne unter Anwendung dieser Grundsätze genauso wenig wie der Gesamtsozialplan vom 06.03.2012 zu einer rückwirkenden Kürzung des betrieblichen Zuschusses führen. Unter Zugrundelegung der Regelungen des Gesamtsozialplans vom 25.06.2003 und seinem Verständnis desselben berechne er unter Einbeziehung seiner erzielten Vergütung in den zwölf Monaten vor dem Eintritt in die Transferkurzarbeit ein Garantieentgelt in Höhe von 2.197,03 € (Berechnung des Klägers im Einzelnen Bl. 6 – 8 GA). Damit ergebe sich eine rechnerische Differenz zwischen zu zahlendem Garantieeinkommen und dem tatsächlich Geleisteten in Höhe von 280,27 € monatlich.
71Der Kläger hat beantragt,
72- 73
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.408,10 € nebst Zins – in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz – aus jeweils 280,27 € ab dem ersten Kalendertag jedes Monats, erstmals ab dem 01.09.2012, letztmals ab dem 01.03.2015, zu zahlen,
- 75
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger beginnend ab dem 01.03.2015 und letztmals bis zum Monat August 2017 über den jetzigen betrieblichem Zuschuss von 263,06 € monatlichen hinaus einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von 280,27 € zu zahlen,
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3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Abrechnung zu erteilen, welche die bei der Berechnung des Bruttomonatseinkommens nach § 2, Ziffer 7 (3) des geltenden Gesamtsozialplanes einzubeziehenden Lohnarten und Gehaltsteile benennt und betragsmäßig beziffert.
Die Beklagte hat beantragt,
79die Klage abzuweisen.
80Die Beklagte hat behauptet, den betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsplan nach den Regelungen im Gesamtsozialplan vom 06.03.2012 zutreffend berechnet zu haben. Der GSP 2012 habe die vorherigen Regelungen abgelöst und gelte als Betriebsvereinbarung unmittelbar und zwingend selbst ohne konkrete Kenntnis des Klägers. Bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs vom 26.07.2012 habe der Gesamtsozialplan vom 25.06.2003 in seiner vorherigen Fassung keine Anwendung mehr finden können. Als Grundlage der in dem Gespräch dem Kläger mitgeteilten Höhe des Garantieeinkommens hätten die nach dem Gesamtsozialplan vom 06.03.2012 vorgegebenen Berechnungsmodalitäten gedient. Dies sei dem Kläger auch bekannt gewesen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei zutreffend über die Leistungen bei seinem vorzeitigen Ausscheiden informiert worden. Er habe zu keinem Zeitpunkt ernsthaft davon ausgehen können, dass die alte Regelung auf ihn Anwendung finden würde. Infolge der in dem Gespräch erläuterten Berechnung des Garantieeinkommens und der ausgehändigten Aufstellung über die vorläufige Berechnung der Gesamtversorgung während des APG-Bezugs sowie der überreichten Ausfertigung des Beratungsbogens bestehe kein Anspruch auf eine weitergehende Berechnung.
81Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.03.2015 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Zuschusses zum Anpassungsgeld. In Ermangelung der Anwendbarkeit des GSP 2003 komme keine Abrechnung/Berechnung des Garantieeinkommens nach den dortigen Regeln in Betracht. Der Kläger selbst habe nicht konkret in Frage gestellt, dass der derzeit geleistete Zuschuss von monatlich von der Beklagten rechnerisch zutreffend im Sinne von 3.2.3 GSP 2012 ermittelt sei. Denn nach dem GSP 2012 finde u.a. die Grubenwehrzulage keinen Eingang in die Berechnung. Dass der Zuschuss zum APG das Garantieeinkommen rechnerisch nicht erreiche, habe nach dem Vorbringen der Parteien nicht festgestellt werden können. Für das rechnerische Garantieeinkommen gemäß der Berechnung der Beklagten hätten keine Fehlbeträge im Hinblick auf den betrieblichen Zuschuss festgestellt werden können. Entgegen der Auffassung des Klägers sei nicht der GSP 2003 anzuwenden. Der Kläger unterfalle wegen seines Ausscheidens zum 31.08.2012 dem zeitlichen Geltungsbereich des ab dem 01.04.2012 maßgeblichen GSP 2012. Die Beklagte sei rechtlich zur Vereinbarung des GSP 2012 befugt gewesen. Ein unzulässiger rückwirkender Eingriff liege nicht vor. Bereits das Kündigungsschreiben verweise auf die Geltung der jeweils gültigen Fassung des Sozialplans. Aus denselben Gründen habe der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines über den geleisteten Zuschuss hinausgehenden Betrags. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Abrechnung. Der vom Kläger zur Begründung herangezogene GSP 2003 finde auf den Kläger keine Anwendung.
82Das Urteil ist dem Kläger am 14.04.2015 zugestellt worden. Der Kläger hat am 07.05.2015 Berufung eingelegt und hat diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 24.07.2015 am 21.07.2015 begründet.
83Der Kläger wendet ein, zwar sei es richtig, dass die Betriebsparteien einen Sozialplan für die Zukunft abändern könnten und die neuere Regelung dann der älteren Regelung vorgehe. Aber auch bei Anwendung des neuen Sozialplans habe er einen Anspruch darauf, dass diejenigen Lohnarten, welche seine Tätigkeit in der Grubenwehr abgegolten hätten, bei der Berechnung des Garantieeinkommens einbezogen würden. Denn bei den Zeiträumen, in denen er für die Grubenwehr tätig gewesen sei, habe es sich um die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit gehandelt. Die regelmäßige Arbeitszeit sei nicht einheitlich sondern nach Betriebsabteilungen zu definieren. Dadurch, dass er zweien dieser Abteilungen zugewiesen sei, fänden deren beider betriebliche Arbeitszeiten Eingang in die Bestimmung dessen, was für ihn die die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit gewesen sei. Dass die Grubenwehr wie eine gleichberechtigte Betriebsabteilung mit eigener betrieblicher Arbeitszeit auf dem Bergwerk und insbesondere in der Personalabteilung geführt worden sei, ergebe sich aus den nachstehenden Umständen. In jedem Moment seiner Tätigkeit für die Grubenwehr habe er dem Weisungsrecht der Beklagten unterstanden (geschlossene Weisungskette vom Vorstand über den Direktor des Bergwerks, den Oberführer bis zu den Truppführern und Hauptgerätewarten). Sämtliche Tätigkeiten für die Grubenwehr innerhalb der Schichtzeiten habe die Beklagte als Arbeit zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen anerkannt. Die Tätigkeit für die Grubenwehr gehöre zum vertraglichen Synallagma. Die von ihm unter den Schlüsseln OE02 (Übung Gruben-/Gaswehr außerhalb) und 0223 (Vergütung Heimbereitschaft/Übung/Einsatz bei TU) bezogenen Entgelte, welche hier streitig seien, seien zugleich die einzigen Lohnarten, die er für seine Tätigkeit in der Wehr erhalten habe; diese seien auch zur Sozialversicherung verbeitragt worden. Auch sei die Vergütung für Tätigkeiten in der Grubenwehr durch die Vorstandsrichtlinie DSK VR 2/07 ausdrücklich als Zulage gekennzeichnet. Sofern Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit stattgefunden hätten – gerade diese Lohnart möchte die Beklagte ausgeschlossen wissen - , sei dies regelmäßig geschehen, weil die Bergwerksdirektoren den Hauptgerätewart angewiesen hätte, die Bergleute nicht aus dem Schichtbetrieb herauszuziehen. Auch Betriebsabteilungen, in welchen Arbeitnehmer freiwillig - und ohne diese zu schulden - Aufgaben übernehme, hätten eine eigene betriebliche Arbeitszeit (vgl. etwa betriebliche Datenschutzbeauftragte, Sicherheitsbeauftragte nach § 22 SGB VII, Betriebsbeauftragte für Abfall usw. [weitere Beispiele: Aufzählung Bl. 200, 201 GA). Es habe weitere Einbindungen bezüglich der Grubenwehr gegeben. Auf mehreren Zechen habe die Beklagte eigene Grubenwehrreviere eingerichtet. Die Bergwerksdirektoren hätten die Grubenwehren mit unterschiedlicher Häufigkeit als eine Art „schnelle Eingreiftruppe bzw. technischen Sonderdienst“ eingesetzt (normale Produktionstätigkeiten). Gleiches gelte für die Gasschutzwehren. Richtigerweise müssten Lohnarten für die Tätigkeiten in der Grubenwehr auch bei der Berechnung nach §§ 41 Abs. 1 MTV, 31 Abs. 1 MTV einbezogen werden. Zum Anspruch auf Abrechnung sehe § 1 Nr. 2 Sozialplan detaillierte Beratungs- und Informationspflichten der Beklagten vor, nach § 1 Ziffer 2. Des Sozialplanes vom 25.06.2003 sei die Beklagte verpflichtet mitzuteilen, welche Lohnarten sie bei der Berechnung des Garantieeinkommens einbezogen habe (weitere Einzelheiten S. 10 ff Berufungsbegründung, Bl. 171 ff GA).
84Der Kläger beantragt,
85das Urteil, AZ: 4 Ca 3508/13 vom 19.03.2015, des Arbeitsgerichts Herne abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
86I. an den Kläger € 9.529,18 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz – aus monatlich jeweils 280,27 € ab dem ersten Kalendertag des Folgemonats, erstmals ab dem 01.09.2012, letztmals ab dem 01.07.2015, zu zahlen,
87II. an den Kläger beginnend ab dem 01.08.2015 und bis zum Monat August 2017 über den jetzigen betrieblichen Zuschuss von 263,06 € monatlich hinaus einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von 280,27 € zu zahlen und
88III. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Abrechnung zu erteilen, welche die bei der Berechnung des Bruttomonatseinkommens nach § 2, Ziffer 7 (3) des geltenden Gesamtsozialplanes einzubeziehenden Lohnarten und Gehaltsteile benennt und beitragsmäßig beziffert.
89Die Beklagte beantragt,
90die Berufung zurückzuweisen.
91Die Beklagte erwidert auf die Berufung, bereits nach der Ursprungsfassung des GSP 2003 könne der Kläger eine Einbeziehung der Zulagen für Grubenwehrübungen in das Garantieeinkommen nicht beanspruchen. Sie halte an ihrer ursprünglichen Rechtsauffassung fest, dass diese nicht zum Garantieeinkommen nach GSP 2003 zu rechnen seien. Auch wenn das BAG mit Urteil vom 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – zu einer anderen Auffassung gelangt sei, sei hier zu berücksichtigen, dass der Kläger anders als der Kläger des BAG-Urteils nicht als hauptamtlicher Hauptgerätewart für die Grubenwehr tätig gewesen sei. Maßgeblich sei hier der GSP 2012. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass neue Sozialplanregelungen in Kraft getreten seien. Die Belegschaft sei darüber auf Betriebsversammlungen und betrieblichen Veranstaltungen informiert worden. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Nachzahlung eines Zuschusses noch auf zukünftige Zahlung eines weiteren Zuschussbetrags. Nicht zutreffend sei die nebulös bleibende Darstellung des Klägers zu einer „zentralen Grubenwehr“ und zu einem „technischen Sonderdienst“. Der Kläger möge erläutern, was er damit überhaupt meine. Ebenfalls unzutreffend seien die Darstellungen des Klägers zu einer eigenen Betriebsabteilung der Grubenwehr und einer eigenen von anderen Abteilungen abweichenden Arbeitszeit der Grubenwehr („neu entdeckte doppelte ´betriebliche Arbeitszeit´“). Auch dies sei nebulös. Es sei ebenso unsubstantiiert wie falsch. Die zentrale Grubenwehr sei gerade keine arbeitstechnische Organisationseinheit. Die Tatsache, dass freiwillige Grubenwehrmitglieder im Rahmen ihres bestehenden Arbeitsvertrags produktiv eingesetzt würden – also ihre geschuldete arbeitsvertragliche Hauptleistung erbrächten - , könne nicht als ein Indiz für einen zweckwidrigen Einsatz der Grubenwehr angeführt werden. Die Berufung des Klägers sei unzulässig. Die Berufung sei nicht ordnungsgemäß begründet. Den Umfang des Angriffs könne man der Berufungsbegründung nicht entnehmen. Die Argumentation des Klägers sei paradox: einerseits argumentiere er mit einer „neuen“ betrieblichen Arbeitszeit, andererseits behaupte er vehement, es gäbe nur ein einheitliches Arbeitsverhältnis, das eben dadurch gekennzeichnet sei, dass auch die Grubenwehrtätigkeit Teil der arbeitsvertraglichen Verpflichtung sei. Der Kläger wende sich nicht gegen die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, dass sich die Ansprüche nach dem GSP 2012 richteten, sondern verweise lediglich pauschal darauf, dass sich der geltend gemachte Anspruch „auch“ aus dem neuen Sozialplan ergebe. Die Verpflichtungen aus dem GSP 2012 habe sie erfüllt; der GSP 2012 habe die früheren Regelungen wirksam abgelöst (weitere Einzelheiten S. 14 ff Berufungserwiderung = Bl. 179 ff GA). Die vom GSP 2012 als Berechnungsmaßstab festgelegte Vergütung setze sich zusammen aus dem tariflichen Schichtlohn oder dem tariflichen Grundgehalt sowie einer eventuellen tariflichen Leistungszulage drei Komponenten der insgesamt fünf Komponenten nach § 31 Abs. 1 a) – e) MTV). Der alte GSP 2003 sei nicht anzuwenden. Der Kläger habe wegen Fehlens einer Anspruchsgrundlage keinen Anspruch auf Abrechnung (weitere Einzelheiten aaO S.16, 17 = Bl. 181, 182 GA).
92Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen geäußerten Rechtsauffassungen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
93Entscheidungsgründe
94I. Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
95II. In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht das Zahlungsbegehren - für die vergangenen und für die noch folgenden Monate - als unbegründet abgewiesen. Anzuwenden ist der „Gesamtsozialplan zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018“ vom 06.03.2012 (GSP 2012 / Bl. 67 ff GA). Nach dem GSP 2012 ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weitergehenden Zuschusses zum Anpassungsgeld. Entgegen der Ansicht des Klägers sind bei der Berechnung des Garantieeinkommens nach 3.2.3 GSP 2012 nicht alle finanziellen Leistungen zu berücksichtigen, die die Beklagte im Referenzzeitraum an ihn erbracht hat und die der Kläger in ihrer Summe zusammengefasst in seine Tabelle auf Seite 7 der Klageschrift übernommen hat. Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers in seiner Berufungsbegründung insbesondere für Zulagen für Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit. Diese sind nach dem GSP 2012 nicht in das Garantieeinkommen einzubeziehen. Der von der Beklagten gezahlte Zuschuss zum Anpassungsgeld ist in seiner Höhe nicht zu beanstanden.
961. Nach dem GSP 2012 besteht kein Anspruch des Klägers auf einen höheren Zuschuss zum Anpassungsgeld. Sowohl der Zahlungsantrag zu I. (September 2012 bis Juli 2015) wie auch der Antrag zu II. auf künftige Zahlungen für den weiteren Zeitraum (August 2015 bis August 2017) sind unbegründet.
97a) Die Regelungen des GSP 2012 sind gemäß Ziffer 7 zum 01.04.2012 in Kraft getreten und gelten gemäß Ziffer 2.1 für alle Arbeitnehmer, die ab dem 01.04.2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Die Kündigung datiert vom 27.07.2011. Mit Ablauf des 31.08.2012 ist der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und fordert weitere Zuschusszahlungen für die Monate ab September 2012. Der Kläger unterfällt dem zeitlichen Anwendungsbereich des GSP 2012.
98b) Die Beklagte zahlt dem Kläger im Anpassungszeitraum unstreitig einen monatlichen Zuschuss von 263,06 €. Sie ist dabei von einem monatlichen Garantieeinkommen von 1.918,83 € ausgegangen (Bl. 113 GA). Ein weitergehender Anspruch kann dem Kläger nach dem unterbreiteten Prozessstoff nicht zuerkannt werden.
99aa) Nach 3.2.1, 3.2.3 GSP 2012 hat die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld zu zahlen, wenn das Anpassungsgeld das Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Bruttoeinkommens, maximal 60 % der einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen Bemessungsgrenze. Nach 3.2.3 a) GSP 2012 wird das Bruttoeinkommen bei Arbeitern wie dem Kläger auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus (MTV) ermittelt. Nicht einzubeziehen sind Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen. Zur Ermittlung des Bruttomonatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten zwölf abgerechneten Monate durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, letztere jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12, hinzugerechnet.
100bb) Bei der Berechnung des Garantieeinkommens sind die Beträge nach § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV einzubeziehen. Das ist zunächst die „durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Abs. 2 MTV)“ und damit „Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschl. Leistungszulage“ (§ 31 Abs. 2 MTV). Hinzu kommen die weiteren Beträge aus § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV: Untertage-Zulage [ggf.] und Konti-Zulage [ggf.]. Weiter sind die Beträge aus der Regelung in 3.2.3 b) 2. Absatz GSP 2012 einzubeziehen: durchschnittliche monatliche sozialversicherungspflichtige Mehrarbeitszuschläge sowie Weihnachtsgeld und Treueprämie jeweils mit einem Anteil von 1/12. Nicht einzubeziehen sind nach der Regelung im GSP 2012 die Positionen wie: Mehrarbeitsgrundvergütung, Kur- und Erholungsbeihilfe sowie gemäß der Systematik nach § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV i. V. m. § 31 Abs. 2 MTV die Bezüge zu § 31 Abs. 1 c) bis e) (u.a. Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse, Hausbrand, Treueprämie), sofern diese nicht ausdrücklich im GSP 2012 als berücksichtigungsfähig ausgewiesen sind. Die Bezüge für Grubenwehrübungen außerhalb der regelmäßigen Schichtzeit bleiben außer Betracht, da sie nicht zu den von dem GSP 2012 erfassten Bezügen gehören. Entgegen der Argumentation des Klägers sind diese nicht Bestandteil der „bei regelmäßiger Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags“. Weshalb Übungen außerhalb der Schichtzeit Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sein sollen, erschließt sich nach den Ausführungen des Klägers nicht. Seine Ausführungen zu einem Tätigsein in nicht einer einzigen sondern in zwei Betriebsabteilungen mit der hergeleiteten Folge der Maßgeblichkeit „beider betrieblicher Arbeitszeiten“ bleibt im Allgemeinen verhaftet. Der Kläger schildert nicht, wie sich sein Arbeitsalltag im konkreten Ablauf gestaltete. Er gibt auch nicht an, welche „bei regelmäßiger Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags“ er im Referenzjahr aus der seiner Meinung nach zweiten maßgeblichen betrieblichen Arbeitszeit bezogen hat. Der Kläger spezifiziert in seinen Schriftsätzen keine weiteren Lohnarten / Bezüge, die nach den Regeln des GSP 2012 einzubeziehen wären und damit zu einem höheren Zuschuss führen könnten.
1012. Der GSP 2012 hat den früheren GSP 2003 wirksam abgelöst. Diesem Ergebnis stehen weder Gesichtspunkte einer unzulässigen Rückwirkung noch Gründe eines Vertrauensschutzes entgegen.
102Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip sondern die Zeitkollisionsregel (Ablöseprinzip). Danach geht die jüngere Norm der älteren vor (BAG 23.01.2008 AP BetrVG 1972 § 77 BV Nr. 40; Fitting, BetrVG 28.Aufl. 2016, § 77 BetrVG Rn. 192 mwN). Neue Betriebsvereinbarungen bzw. Sozialpläne können allerdings bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern oder entfallen lassen. Die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen ist durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 02.10.2007 – 1 AZR 815/06 – NZA-RR 2008,242 = EZA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20; Fitting, BetrVG, aaO Rn. 193 ff). Eine ablösende Betriebsvereinbarung muss sich an die Grenzen von Recht und Billigkeit halten (§ 75 Absatz 1 BetrVG).
103Die Regelungen des GSP 2012 zur Berechnung des Garantieeinkommens für die Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld greifen nicht in unzulässiger Weise in eine rechtlich geschützte Position des Klägers ein.
104Die Billigkeitskontrolle hat nicht auf der Grundlage des Prüfungsschemas zu erfolgen, welches das Bundesarbeitsgericht für die Ablösung von Versorgungszusagen entwickelt hat (z.B. BAG 12.02.2013 – 3 AZR 414/12 –; Fitting, BetrVG aaO, § 77 BetrVG Rn. 195 mwN). Der streitgegenständliche Zuschuss ist keine Versorgungsleistung im Sinne des Betriebsrentengesetzes ist. An einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer gezahlte Anpassungsleistungen wegen Umstrukturierungen im Bergbau sind keine betriebliche Altersversorgung (BAG 14.02.2012 AP BetrAVG § 1 Nr. 68). Es handelt sich vielmehr um ein Instrument zum sozialverträglichen Personalabbau im Bergbau und damit um eine Übergangsversorgung (BAG aaO). Es wird kein biometrisches Risiko im Sinne des Betriebsrentengesetzes übernommen (Alter, Invalidität, Tod), sondern es wird das Risiko der Arbeitslosigkeit abgedeckt (BAG aaO). Der Zuschuss zum Anpassungsgeld nach GSP 2003 / GSP 2010 / GSP 2012 knüpft nicht an den Eintritt in den Ruhestand an. Er setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausscheidet und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien hat. Der Zuschuss soll die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundenen Nachteile der Arbeitnehmer abmildern. Der Zuschuss wird ergänzend zum Anpassungsgeld geleistet, welches seinerseits nach den gültigen Richtlinien die geordnete Durchführung des Anpassungsprogramms im Steinkohle Bergbau sozial flankieren soll. Beide Leistungen sind so ausgestattet, dass sie lediglich den Übergang in den Ruhestand erleichtern und mit dem Bezug der gesetzlichen Altersrente entfallen.
105Der GSP 2012 entfaltet im Verhältnis zum Kläger keine unzulässige (unbillige) Rückwirkung. Das Ausscheiden des Klägers erfolgte zu einem Zeitpunkt, als der GSP 2012 bereits abgeschlossen waren. Der Hinweis im Kündigungsschreiben vom 22.07.2011 auf „betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplans in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens“ beschreibt die gegebene Rechtslage zutreffend und begründet kein Vertrauen auf Leistungen über die Regelungen des GSP 2012 hinaus.
106Das Ergebnis ändert sich nicht, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung wegen des Datums der Kündigung vom 27.07.2011 statt des GSP 2012 aus Gründen des Vertrauensschutzes den GSP 2010 anwenden würde. Der GSP 2010 sieht eine Berechnung des Garantieeinkommens nach identischen Regeln vor. GSP 2010 und GSP 2012 führen bei der Berechnung des Garantieinkommens zum gleichen Ergebnis (vgl. LAG Hamm 10.09.2015 – 11 Sa 198/15 -).
107III. Weiterhin zutreffend hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Erteilung einer Abrechnung als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung, welche die bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigenden Lohnarten und Gehaltsbestandteile benennt und be(i)tragsmäßig beziffert. Ein Anspruch auf die eingeforderte Abrechnung folgt nicht aus § 108 GewO. Ein Anspruch auf Abrechnung nach § 108 GewO besteht nur hinsichtlich der vom Arbeitgeber ausgezahlten Beträge (BAG 07.09.2009 AP GewO § 109 Nr. 1). Beträge, die die Beklagte nicht ausgezahlt hat, muss sie nicht nach § 108 GewO abrechnen. Der verfolgte Anspruch ergibt sich auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB. Die Beklagte ist nicht aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht zu einer entsprechenden Auskunft verpflichtet, da der Kläger von Beginn an über alle erforderlichen Informationen verfügte, um vermeintliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Die Beklagte hat die an den Kläger im Referenzzeitraum (September 2010 bis August 2011) geleisteten Bezüge unstreitig umfangreich abgerechnet. Der Kläger selbst hat die entsprechenden monatlichen Abrechnungen zur Akte gereicht. Ausweislich dieser Abrechnungen hat die Beklagte die jeweiligen Lohnarten benannt und die entsprechenden Beträge beziffert. Damit verfügte der Kläger schon vor Beginn der Anpassungsphase über sämtliche Informationen, um vermeintliche Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld geltend zu machen. Ein Anspruch folgt schließlich nicht aus dem GSP 2012 / GSP 2010. Die Beklagte hat den Kläger unstreitig vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis beraten und dem Kläger die aus ihrer Sicht maßgeblichen Zahlen genannt. Ergänzend hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit ihre Rechtsauffassung zur Zusammensetzung des Garantieeinkommens deutlich gemacht. Weitergehende Aufklärung schuldet die Beklagte nach dem GSP 2012 / GSP 2010 nicht. Die Frage, ob eine bestimmte Lohnart zur Vergütung im Sinne von 3.2.1 / 3.2.3 GSP 2012 zählt, ist keine Tatsachenfrage, die die Beklagte durch eine entsprechende Auskunft klären müsste, sondern eine Rechtsfrage, zu der die Parteien legitimer Weise unterschiedliche Auffassungen vertreten können.
108IV. Die Kostenentscheidung fußt auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels hat die Partei zu tragen, die es eingelegt hat. Das ist hier der Kläger. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
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(1) In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten hat der Unternehmer unter Beteiligung des Betriebsrates oder Personalrates Sicherheitsbeauftragte unter Berücksichtigung der im Unternehmen für die Beschäftigten bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren und der Zahl der Beschäftigten zu bestellen. Als Beschäftigte gelten auch die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, 8 und 12 Versicherten. In Unternehmen mit besonderen Gefahren für Leben und Gesundheit kann der Unfallversicherungsträger anordnen, daß Sicherheitsbeauftragte auch dann zu bestellen sind, wenn die Mindestbeschäftigtenzahl nach Satz 1 nicht erreicht wird. Für Unternehmen mit geringen Gefahren für Leben und Gesundheit kann der Unfallversicherungsträger die Zahl 20 in seiner Unfallverhütungsvorschrift erhöhen.
(2) Die Sicherheitsbeauftragten haben den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen, insbesondere sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen zu überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Versicherten aufmerksam zu machen.
(3) Die Sicherheitsbeauftragten dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.
(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn
- 1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage), - 2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung), - 2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage), - 3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder - 4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.
(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.