Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Okt. 2011 - 1 K 1040/11

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2011:1024.1K1040.11.0A
24.10.2011

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für einen Erlass von Steuern gegeben sind.

2

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1992 bis 1999 machten sie jeweils Schulgeldzahlungen für ihren Sohn zum Besuch einer Privatschule in Großbritannien als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte ließ die Aufwendungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen nicht zum Sonderausgabenabzug zu. Die nach erfolglosem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 erhobene Klage wies das Finanzgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 17. März 1995 (3 K 1046/94) mit der Begründung ab, Schulgeldzahlungen an Schulen im Ausland seien nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz -EStG- abziehbar. Die hiergegen gerichtete Revision wies der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 11. Juni 1997 (X R 74/95, BStBl II 1997, 617) zurück.

3

Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs wies das Finanzgericht Rheinland-Pfalz durch Urteile vom 24. Juni 1998 (5 K 2755/97) und 5. Juli 2000 (1 K 2074/99) die von den Klägern hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 1993 bis 1997 erhobenen Klagen ebenfalls ab. Die gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Juli 2000 erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision verwarf der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 11. März 2002 (XI B 125/00) als unzulässig. Die gleichfalls eingelegten Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 und 1999 nahmen die Kläger im Jahr 2004 zurück.

4

Im Oktober 2007 beantragten die Kläger, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1999 dahingehend zu ändern, dass die geleisteten Schulgeldzahlungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Nachdem der Beklagte den Antrag abgelehnt hatte und auch das anschließende Einspruchsverfahren ohne Erfolg geblieben war, erhoben die Kläger erneut Klage, die das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 20. Januar 2010 (1 K 1285/08) abwies. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wies der Bundesfinanzhof durch Beschluss vom 9. Juni 2010 (X B 41/10) als unbegründet zurück.

5

Im Juli 2010 beantragten die Kläger den Erlass der Einkommensteuerbeträge, soweit diese mangels Anerkennung von Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben in den Jahren 1992 bis 1999 festgesetzt worden waren. Mit Bescheid vom 23. Juli 2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab.

6

Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass es zwar grundsätzlich mit dem Sinn und Zweck der Bestandskraft von Steuerbescheiden nicht zu vereinbaren sei, eine bestandskräftig festgesetzte Steuer nur deshalb zu erlassen, weil die Festsetzung im Widerspruch zu einer später entwickelten oder geänderten Rechtsprechung stehe. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Abänderung bestandskräftiger Entscheidungen rechtfertige hier jedoch eine Ausnahme. Die Dienstleistungsfreiheit in Art. 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -EG- sei für die Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht. Werde durch die Entscheidung eines Mitgliedstaats dieses Recht verletzt, sei der betroffene Bürger darauf angewiesen, dass die Sache dem Europäischen Gerichtshof durch die nationalen Gerichte vorgelegt werde. Wenn dies unterbleibe, obwohl eine Vorlagepflicht bestehe, habe die Bestandskraft dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben zu weichen. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts verlange in diesem Fall eine Korrektur des nationalen Rechts. Dabei gehe es nicht um eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Der für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zuständige Europäische Gerichtshof habe der Sache nach die ursprünglichen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs abgeändert. Der Bundesfinanzhof habe zwar mit Urteil vom 17. Juli 2008 (X R 62/04) seine ursprüngliche Rechtsprechung zu Art. 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, die in ihrem Streitfall ergangen sei, abgeändert, indem er die gemeinschaftskonforme Auslegung des Europäischen Gerichtshofs übernommen habe. Dennoch liege im Streitfall insoweit keine Änderung der Rechtsprechung vor. Denn die für die Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG maßgebliche Grundsatzentscheidung vom 11. Juni 1997 (a.a.O.) habe den streitgegenständlichen Steuerbescheid für 1992 betroffen. Nur dieser Bescheid müsse nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Kühne und Heitz (Urteil vom 13. Januar 2004, Rs. C-453/00, HFR 2004, 488) aufgehoben oder abgeändert werden. Die anderen Steuerbescheide zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG seien bestandskräftig geblieben, weil die Rechtslage nach der Leitentscheidung des Bundesfinanzhofs vom 11. Juni 1997 geklärt erschienen habe.

7

Durch Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2010 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass bestandskräftig festgesetzte Steuern nur dann im Billigkeitsverfahren gem. § 227 Abgabenordnung -AO- zu erlassen seien, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig sei und es dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten gewesen sei, sich hiergegen in dem dafür vorgesehenen Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren. Für die Beurteilung, ob diese beiden Voraussetzungen gegeben seien, komme es nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 29. Juni 2008 (V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889) auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung und nicht auf einen späteren Zeitpunkt an. Der Umstand allein, dass eine bestandskräftig festgesetzte Steuer im Widerspruch zu einer später entwickelten oder geänderten Rechtsprechung stehe, rechtfertige keinen Steuererlass nach § 227 AO. Im Streitfall habe der Europäische Gerichtshof erst mit Urteilen vom 11. September 2007 (Rs. C-76/05 -Schwarz und Gootjes-Schwarz-, DStR 2007, 1670;Rs. C-318/05 -Kommission/
Deutschland-, BFH/NV 2008, Beilage 1, 14) entschieden, dass die Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EG auch Schulgeldzahlungen beim Besuch ausländischer Privatschulen umfasse und daher das Gemeinschaftsrecht verletzt werde, wenn sich die Steuervergünstigung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf den Besuch inländischer Privatschulen beschränke. Durch Urteil vom 17. Juli 2008 habe der Bundesfinanzhof seine ursprüngliche Rechtsprechung geändert, indem er die gemeinschaftskonforme Auslegung des Europäischen Gerichtshofs übernommen habe. Zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Finanzamts im Festsetzungsverfahren sei die Entscheidung des Finanzamts demnach nicht offensichtlich und eindeutig falsch gewesen. Sie habe vielmehr der damaligen Rechtslage entsprochen. Dem Vortrag der Kläger, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Abänderung bestandskräftiger Entscheidungen in ihrem Fall eine Ausnahme rechtfertige, könne nicht gefolgt werden.

8

Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, in einem Billigkeitsverfahren, das die Bestandskraft der Steuerbescheide unberührt lasse, sei der Rechtsprechung in der Rechtssache Kühne und Heitz in der Weise Geltung zu verschaffen, dass eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erfolgen müsse. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beruhe auf dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben. Wenn Rechtsuchende alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hätten, um gemeinschaftswidrige und damit rechtswidrige Entscheidungen von Behörden zu verhindern, wäre es unbillig, den nach nationalem Recht möglichen Erlass der Steuerschuld mit der Begründung zu verweigern, die Bestandskraft des Steuerbescheids stehe einer Abänderung entgegen. Die Möglichkeit der nachträglichen Abänderung der nach nationalem Recht bestandskräftigen Bescheide sei die notwendige Folge und der angemessene Ausgleich dafür, dass der Rechtsuchende nicht selbst den Europäischen Gerichtshof anrufen könne, sondern insoweit von den nationalen Gerichten abhängig sei. Der Umstand, dass eine bestandskräftig festgesetzte Steuer im Widerspruch zu einer später entwickelten oder geänderten Rechtsprechung stehe, rechtfertige zwar grundsätzlich keinen Steuererlass nach § 227 AO. Damit werde allerdings der Besonderheit des vorliegenden Einzelfalls nicht Rechnung getragen. Sie, die Kläger, könnten nicht mit einem Steuerpflichtigen verglichen werden, der sich nachträglich auf die Änderung der Rechtsprechung bei Schulgeldzahlungen an ausländische Privatschulen berufe. Die vom Beklagten abgelehnte Anerkennung der Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben hätten sie bereits für das Jahr 1992 angefochten, was zu der Leitentscheidung des Bundesfinanzhofs geführt habe. Weil der Bundesfinanzhof in ihrer Sache nicht nur falsch entschieden habe, indem er einen rechtswidrigen Steuerbescheid bestätigt habe, sondern darüber hinaus als letztinstanzliches Gericht seine Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof offensichtlich verletzt habe, könne zumindest im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung für diesen Fall die Bestandskraft der Steuerbescheide kein Grund sein, den Erlass der zu Unrecht festgesetzten Steuer zu verweigern.

9

Die Kläger beantragen (vgl. Bl. 3 f., 35 Proz.-Akte),

1. „die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen zu folgender Frage: Kann die nationale Finanzbehörde in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Gericht bei Auslegung des Gemeinschaftsrechts die Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG (jetzt 267 AEUV) verletzte und die bestandskräftigen Steuerbescheide auf dieser Vertragsverletzung beruhen, sich bei einem nach nationalem Recht vorgesehenen Erlass aus Billigkeit (§ 227 AO) darauf berufen, dass die angefochtenen Steuerbescheide Bestandskraft erlangt haben?,

2. unter Aufhebung der Bescheide vom 23.7.2010 und 10.12.2010 für die Jahre 1992 - 1999 Steuerbeträge von 6.025,57 € wegen Nichtberücksichtigung von Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben zu erlassen, hilfsweise, die Revision zuzulassen".

10

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

11

Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, es entspreche der Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit grundsätzlich den Vorrang haben solle vor dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall, wenn ein Steuerbescheid unanfechtbar geworden sei. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers sei bei der Auslegung des § 227 AO zu berücksichtigen. Im Streitfall lägen die Voraussetzungen für einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht vor. Ein Erlass sei bereits deshalb nicht möglich, weil die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1992 bis 1999 im Zeitpunkt der Festsetzung nicht offensichtlich und eindeutig unrichtig gewesen sei, sondern der damaligen Rechtslage entsprochen habe. Die zutreffende Festsetzung der Einkommensteuer durch das Finanzamt sei durch mehrere Urteile bestätigt worden. Wenn die Voraussetzungen für eine Änderung im Festsetzungsverfahren nicht vorgelegen hätten, könne dies nicht im nachfolgenden Erhebungsverfahren durch einen Erlass ausgeglichen werden.

12

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

13

Das Gericht hat die Prozessakte 1 K 1285/08 zum Verfahren beigezogen. Wegen der wei-teren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-), ist unbegründet.

15

1. Zunächst war dem von den Klägern als „vorrangig“ (vgl. Bl. 35 Proz.-Akte) bezeichneten Antrag auf Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gem. Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union -AEUV- nicht zu entsprechen.

16

Unabhängig davon, dass die Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens kein förmliches Antragsrecht auf Einleitung des Vorlageverfahrens haben (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Januar 2010, 1 K 1285/08, DStRE 2011, 767 m.w.N.), ist die von den Klägern gestellte Vorlagefrage nicht entscheidungserheblich. Dies folgt bereits daraus, dass sich die Finanzbehörde im Streitfall abweichend von der von den Klägern formulierten Vorlagefrage nicht auf die Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1999, sondern auf deren fehlende offensichtliche und eindeutige Unrichtigkeit berufen hat. Im Übrigen ist eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht erforderlich, weil sich ein Anspruch auf Erlass der Steuerforderungen auch nicht aus den Rechtsgrundsätzen ergibt, nach denen der Europäische Gerichtshof einen Anspruch auf Aufhebung einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung für gegeben hält (vgl. BFH, Urteil vom 29. Mai 2008, V R 45/06, BFH/NV 2008, 1210). Schließlich ist es Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Modalitäten einer Erstattung zu Unrecht erhobener inländischer Abgaben zu regeln (vgl. BFH, Urteil vom 16. September 2010, V R 57/09, BStBl II 2011, 151).

17

2. Die Entscheidung des Beklagten, einen Erlass der für die Jahre 1992 bis 1999 festgesetzten Einkommensteuer abzulehnen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

18

a) Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des Falls unbillig wäre.

19

Unbilligkeit kann aus sachlichen oder persönlichen Gründen gegeben sein. Sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht oder nicht mehr zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (vgl. BFH, Urteil vom 16. November 2005, X R 3/04, BStBl II 2006, 155). In diesem Sinne muss ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers bestehen. Da es Aufgabe des Grundsatzes der Billigkeit ist, das bei richtiger Anwendung der (im konkreten Fall eventuell „unbilligen“) Steuergesetze zustande gekommene Ergebnis erforderlichenfalls zu korrigieren, ist grundsätzlich für eine Billigkeitsmaßnahme dann kein Raum, wenn nur Gründe vorgebracht werden, die die materielle Richtigkeit der Entscheidung, also die richtige Anwendung der zu Grunde liegenden steuerrechtlichen Norm, in Zweifel ziehen, somit im Rechtsbehelfsverfahren hätten vorgebracht werden müssen (Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, Loseblatt, § 227 Rdnr. 5). Steuern, die bestandskräftig festgesetzt worden sind, dürfen deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur dann im Billigkeitsverfahren sachlich überprüft werden, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wehren (vgl. BFH, Urteil vom 14. November 2007, II R 3/06, BFH/NV 2008, 574). Für die Beurteilung der Frage, ob die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist, kommt es auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ("ex-ante-Betrachtung") und nicht auf einen späteren Zeitpunkt an. Denn ansonsten würde es im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, über einen längeren Zeitraum bestandskräftige Steuerverwaltungsakte an etwaige Entwicklungen oder Änderungen der Rechtsprechung anzupassen, was mit dem Sinn und Zweck der Bestandskraft nicht in Einklang zu bringen wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2006, Rs. C-392/04 -i 21 Germany GmbH und Arcor AG & Co. KG-, NVwZ 2006, 1277; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007,  6 C 32.06, NVwZ 2007, 709). Der Umstand allein, dass eine bestandskräftig festgesetzte Steuer im Widerspruch zu einer später entwickelten oder geänderten Rechtsprechung steht, rechtfertigt deshalb keinen Steuererlass nach § 227 AO (vgl. BFH, Urteil vom 29. Mai 2008, V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889; FG Köln, Urteil vom 18. März 2009, 7 K 2808/07, EFG 2009, 1168; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. November 2009, 1 K 250/06, EFG 2010, 1012).

20

Persönliche Billigkeitsgründe sind demgegenüber solche, die sich aus den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen ergeben. Eine Billigkeitsmaßnahme aus persönlichen Gründen setzt voraus, dass der Steuerpflichtige erlassbedürftig und erlasswürdig ist. Die Erlassbedürftigkeit ist gegeben, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Dies ist dann der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Weitere Voraussetzung für den Erlass der Steuerschulden aus persönlichen Gründen ist die Erlasswürdigkeit des Steuerpflichtigen. Diese ist zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige seine mangelnde Leistungsfähigkeit grob fahrlässig selbst herbeigeführt oder durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat.

21

Bei einer Entscheidung nach § 227 AO handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Finanzamts, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden. Die Entscheidung kann gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 102 FGO). Das Finanzgericht kann nur dann ausnahmsweise eine Verpflichtung des Finanzamts zum Erlass aussprechen (§ 101 FGO), wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (vgl. zur sog. Ermessensreduzierung auf Null: BFH, Urteil vom 21. Januar 1992, VIII R 51/88, BStBl II 1993, 3). Für die gerichtliche Überprüfung ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Das Gericht ist im Ermessensbereich nicht zur eigenen Ermessensausübung befugt, weil es ansonsten seine Erwägungen letztlich an die Stelle der hier allein maßgeblichen Ermessenserwägungen der Verwaltung setzen würde (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BStBl II 2000, 514).

22

b) Danach hat der Beklagte ermessensfehlerfrei entschieden, dass im Streitfall die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass nicht vorliegen. Er hat hierbei zu Recht angenommen, dass eine sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 227 AO nicht gegeben ist. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Erlass bereits deshalb ausscheidet, weil die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1992 bis 1999 im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht offensichtlich und eindeutig unrichtig waren. Der Beklagte durfte bei der Festsetzung der Einkommensteuer ohne einen derartigen – für einen Erlass notwendigen – Rechtsfehler davon ausgehen, dass die von den Klägern in den Jahren 1992 bis 1999 geleisteten Schulgeldzahlungen nicht zum Sonderausgabenabzug zuzulassen sind. Wie das Finanzamt zu Recht angenommen hat, waren die Steuerfestsetzungen für die Jahre 1992 bis 1999 nicht offensichtlich und eindeutig rechtswidrig, sondern sie entsprachen der früheren herrschenden Rechtsauffassung (vgl. BFH, Urteil vom 11. Juni 1997, X R 74/95, BStBl II 1997, 617). Zu einer Änderung der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs kam es erst durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 11. September 2007 (a.a.O.). Der Beklagte hat damit aber weder bei Erlass der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre noch im Rahmen des anschließenden Einspruchsverfahrens offensichtlich und eindeutig falsche Entscheidungen getroffen. Ein Anspruch auf Erlass der Einkommensteuer ergibt sich auch nicht aus den Rechtsgrundsätzen, nach denen der Europäische Gerichtshof ausnahmsweise einen Anspruch auf Aufhebung einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung für gegeben hält. Denn die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor (vgl. hierzu im Einzelnen FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Januar 2010, a.a.O.).

23

Abgesehen hiervon ist nach den dargestellten Maßstäben im Streitfall auch kein ungewollt über die Wertungen des Gesetzgebers hinausgehender Überhang des gesetzliches Tatbestands über eine mit Sinn und Zweck des Steuergesetzes zu vereinbarende Regelung feststellbar. Lediglich Umstände, die bei der Steuerfestsetzung durch Auslegung des Steuertatbestands nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers nicht berücksichtigt werden können, die sich aber als Verstöße gegen fundamentale Gerechtigkeitsprinzipien erweisen, rechtfertigen insoweit einen Erlass. Dass im Streitfall nur durch eine Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO ein vom Steuergesetz gedecktes, aber vom Gesetzgeber nicht gewolltes Ergebnis vermieden werden kann, ist jedoch nicht ersichtlich. Schließlich ist es gleichfalls nicht zu beanstanden, dass der Beklagte einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen abgelehnt hat. Auch im Klageverfahren haben die Kläger keine Umstände geltend gemacht, die zu einer Erlassbedürftigkeit führen können.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

25

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

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Tenor Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Oktober 2011  1 K 1040/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

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(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:

1.
(weggefallen)
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;
b)
Beiträge des Steuerpflichtigen
aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt;
bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
2Die Ansprüche nach Buchstabe b dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.3Anbieter und Steuerpflichtiger können vereinbaren, dass bis zu zwölf Monatsleistungen in einer Auszahlung zusammengefasst werden oder eine Kleinbetragsrente im Sinne von § 93 Absatz 3 Satz 2 abgefunden wird.4Bei der Berechnung der Kleinbetragsrente sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge des Steuerpflichtigen jeweils nach Buchstabe b Doppelbuchstabe aa oder Doppelbuchstabe bb zusammenzurechnen.5Neben den genannten Auszahlungsformen darf kein weiterer Anspruch auf Auszahlungen bestehen.6Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nummer 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden abweichend von Satz 6 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen hinzugerechnet;
3.
Beiträge zu
a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern;
b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
2Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen können auch eigene Beiträge im Sinne der Buchstaben a oder b eines Kindes behandelt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes; Voraussetzung für die Berücksichtigung beim Steuerpflichtigen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge für ein unterhaltsberechtigtes Kind trägt, welches nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil.4Hat der Steuerpflichtige in den Fällen des Absatzes 1a Nummer 1 eigene Beiträge im Sinne des Buchstaben a oder des Buchstaben b zum Erwerb einer Krankenversicherung oder gesetzlichen Pflegeversicherung für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten geleistet, dann werden diese abweichend von Satz 1 als eigene Beiträge des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten behandelt.5Beiträge, die für nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf den Veranlagungszeitraum entfallenden Beiträge überschreiten, sind in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, für den sie geleistet wurden;
3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden;
4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde;
5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist;
6.
(weggefallen)
7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden.
8.
(weggefallen)
9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:

1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen;
2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für
a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt,
b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie
c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
3Satz 2 gilt auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Empfängers in der Steuererklärung des Leistenden; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie

1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit
a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3,
2.
geleistet werden an
a)
1Versicherungsunternehmen,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder
bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
2Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im Sinne des § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes gewährt.3Dies gilt entsprechend, wenn ein Steuerpflichtiger, der weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, mit den Beiträgen einen Versicherungsschutz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 erwirbt,
b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen,
c)
einen Sozialversicherungsträger oder
d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
2Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b werden nur berücksichtigt, wenn die Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet wurden, der nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, wobei die Zertifizierung Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung ist.

(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.

(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die

1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder
b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht.4Im Kalenderjahr 2013 sind 76 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar.6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2022 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr; ab dem Kalenderjahr 2023 beträgt er 100 Prozent.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vermindern den abziehbaren Betrag nach Satz 5 nur, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Satz 7 beantragt hat.

(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.

(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug

KalenderjahrVorwegabzug für
den Steuerpflichtigen
Vorwegabzug im
Fall der Zusammen-
veranlagung von
Ehegatten
20132 1004 200
20141 8003 600
20151 5003 000
20161 2002 400
20179001 800
20186001 200
2019300600


zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.

(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.

(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.

Gründe

1

Die Beschwerde ist bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit zumindest unbegründet. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), auf den die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ihre Beschwerde stützen wollen, ist nicht gegeben. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

2

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, s. etwa BFH-Beschluss vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).

3

a) Die Kläger sind der Ansicht, die Rechtssache habe im Hinblick auf die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob in Fällen, in denen ein letztinstanzliches Gericht bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts die Vorlagepflicht nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (früher Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG-Vertrag--) --AEUV-- verletze und darauf der bestandskräftige und gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßende Steuerbescheid beruhe, die Finanzbehörde aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs --jetzt Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)-- vom 13. Januar 2004 C-453/00, "Kühne & Heitz NV" (Slg. 2004, I-837) befugt sei, den Steuerbescheid auch dann zu überprüfen und abzuändern, wenn diese Befugnis allein bei Anwendung des nationalen deutschen Steuerrechts (§§ 172 ff. der Abgabenordnung --AO--) nicht bestehe und auch bereits Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff. AO eingetreten sei. Dieser Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist eindeutig so zu entscheiden, wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) und das FG es getan haben. Der Vortrag der Kläger ist nicht geeignet, hieran Zweifel zu erwecken.

4

Nach Art. 10 Satz 1 EG-Vertrag treffen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich u.a. aus dem EG-Vertrag ergeben. In der Entscheidung "Kühne & Heitz NV" hat der EuGH daraus die Verpflichtung der Mitgliedstaaten abgeleitet, unter bestimmten Voraussetzungen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt zu überprüfen und ggf. zurückzunehmen oder zu ändern, wenn er gegen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts verstößt. Zu diesen Voraussetzungen zählt nicht nur, dass der Verwaltungsakt in Folge einer Entscheidung eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist, sondern u.a. auch, dass die Behörde nach nationalem Recht zur Rücknahme des Verwaltungsakts befugt ist (so auch EuGH-Urteil vom 19. September 2006 C-392/04 und C-422/04, "i-21 Germany GmbH und Arcor AG & Co. KG", Slg. 2006, I-8559, Leitsatz 2). Es kann dahinstehen, ob erstere Voraussetzung auch hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 1994 bis 1997 vorliegt, die Steuerbescheide also in Folge einer letztinstanzlichen Entscheidung eines nationalen Gerichts bestandskräftig geworden sind, obwohl die von den Klägern eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom 11. März 2002 XI B 125/00 (BFH/NV 2002, 1037) als unzulässig verworfen worden ist. Jedenfalls lässt das deutsche Verfahrensrecht im Streitfall eine Änderung der in Rede stehenden Steuerbescheide aus verschiedenen Gründen nicht zu. Zum einen ist hinsichtlich aller Veranlagungszeiträume Festsetzungsverjährung eingetreten (vgl. hierzu auch Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 172 Rz 4); zum anderen greift im Streitfall keine der Änderungsvorschriften der AO. Insbesondere liegen --entgegen dem Vorbringen der Kläger im Klageverfahren-- die Voraussetzungen von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO nicht vor. Nach dieser Vorschrift wäre die von den Klägern begehrte Änderung der Steuerfestsetzungen zu ihren Gunsten nur vor Ablauf der Einspruchsfrist zulässig gewesen. Da die Regelungen über die Korrektur von Steuerbescheiden abschließend sind (vgl. hierzu den Einleitungssatz von § 172 Abs. 1 AO; von Wedelstädt in Beermann/ Gosch, AO, vor §§ 172 bis 177 Rz 21), ist es dem FA, das nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes an Recht und Gesetz gebunden ist, verwehrt, die Einkommensteuerfestsetzungen 1992 und 1994 bis 1997 zugunsten der Kläger zu ändern.

5

b) Auch die weitere Frage der Kläger, ob in Fällen, in denen ein letztinstanzliches Gericht bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts die Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV verletze und darauf der bestandskräftige und gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßende Steuerbescheid beruhe, die Finanzbehörde verpflichtet sei zu prüfen, ob die dem Gemeinschaftsrecht widersprechende Steuerfestsetzung im Billigkeitsverfahren nach § 227 AO zu erlassen sei, wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Der Erlass von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 227 AO ist Gegenstand eines besonderen Verfahrens. Er könnte nicht in dem von dem Kläger angestrebten Revisionsverfahren über die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerfestsetzungen 1992 und 1994 bis 1997 getroffen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1997 X R 149/94, BFHE 184, 412, BStBl II 1998, 247, unter II.6. der Gründe).

6

c) Schließlich ist die weitere Rechtsfrage der Kläger, ob in Fällen, in denen ein letztinstanzliches Gericht bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts die Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV verletze und darauf der bestandskräftige und gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßende Steuerbescheid beruhe, die Finanzbehörde verpflichtet sei, die Steuerschuld, die bei richtiger Auslegung des Gemeinschaftsrechts nicht geschuldet wäre, unter Aufrechterhaltung des Steuerbescheids zu erstatten, nicht klärungsbedürftig.

7

Steuern können nur dann erstattet werden, wenn die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 AO erfüllt sind. Daran fehlt es, da die Kläger die Einkommensteuer 1992 und 1994 bis 1997 nicht ohne rechtlichen Grund, sondern auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre gezahlt haben. Ein Anspruch aus § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuchs scheidet aus, weil Erstattungsansprüche in Abgabenangelegenheiten durch die besonderen Vorschriften des öffentlichen Rechts abschließend geregelt sind (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 2/02, BFHE 200, 88, BStBl II 2003, 43). Im Übrigen wären auch bei Anwendbarkeit dieser Bestimmung die Steuern nicht ohne rechtlichen Grund, sondern vielmehr auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre gezahlt worden.

8

2. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein Spezialtatbestand der Grundsatzrevision ist (vgl. BFH-Beschluss vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518), kommt diese aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht in Betracht.

9

3. Soweit die Kläger eine Zulassung der Revision zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) begehren, haben sie nicht --wie erforderlich-- die behauptete Abweichung durch das Gegenüberstellen einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus der Entscheidung der Vorinstanz einerseits und einer --mit Aktenzeichen und Fundstelle zutreffend bezeichneten-- Divergenzentscheidung andererseits deutlich gemacht.

(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:

1.
(weggefallen)
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;
b)
Beiträge des Steuerpflichtigen
aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt;
bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
2Die Ansprüche nach Buchstabe b dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.3Anbieter und Steuerpflichtiger können vereinbaren, dass bis zu zwölf Monatsleistungen in einer Auszahlung zusammengefasst werden oder eine Kleinbetragsrente im Sinne von § 93 Absatz 3 Satz 2 abgefunden wird.4Bei der Berechnung der Kleinbetragsrente sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge des Steuerpflichtigen jeweils nach Buchstabe b Doppelbuchstabe aa oder Doppelbuchstabe bb zusammenzurechnen.5Neben den genannten Auszahlungsformen darf kein weiterer Anspruch auf Auszahlungen bestehen.6Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nummer 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden abweichend von Satz 6 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen hinzugerechnet;
3.
Beiträge zu
a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern;
b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
2Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen können auch eigene Beiträge im Sinne der Buchstaben a oder b eines Kindes behandelt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes; Voraussetzung für die Berücksichtigung beim Steuerpflichtigen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge für ein unterhaltsberechtigtes Kind trägt, welches nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil.4Hat der Steuerpflichtige in den Fällen des Absatzes 1a Nummer 1 eigene Beiträge im Sinne des Buchstaben a oder des Buchstaben b zum Erwerb einer Krankenversicherung oder gesetzlichen Pflegeversicherung für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten geleistet, dann werden diese abweichend von Satz 1 als eigene Beiträge des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten behandelt.5Beiträge, die für nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf den Veranlagungszeitraum entfallenden Beiträge überschreiten, sind in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, für den sie geleistet wurden;
3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden;
4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde;
5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist;
6.
(weggefallen)
7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden.
8.
(weggefallen)
9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:

1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen;
2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für
a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt,
b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie
c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
3Satz 2 gilt auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Empfängers in der Steuererklärung des Leistenden; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie

1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit
a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3,
2.
geleistet werden an
a)
1Versicherungsunternehmen,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder
bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
2Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im Sinne des § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes gewährt.3Dies gilt entsprechend, wenn ein Steuerpflichtiger, der weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, mit den Beiträgen einen Versicherungsschutz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 erwirbt,
b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen,
c)
einen Sozialversicherungsträger oder
d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
2Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b werden nur berücksichtigt, wenn die Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet wurden, der nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, wobei die Zertifizierung Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung ist.

(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.

(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die

1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder
b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht.4Im Kalenderjahr 2013 sind 76 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar.6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2022 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr; ab dem Kalenderjahr 2023 beträgt er 100 Prozent.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vermindern den abziehbaren Betrag nach Satz 5 nur, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Satz 7 beantragt hat.

(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.

(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug

KalenderjahrVorwegabzug für
den Steuerpflichtigen
Vorwegabzug im
Fall der Zusammen-
veranlagung von
Ehegatten
20132 1004 200
20141 8003 600
20151 5003 000
20161 2002 400
20179001 800
20186001 200
2019300600


zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.

(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.

(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:

1.
(weggefallen)
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;
b)
Beiträge des Steuerpflichtigen
aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt;
bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
2Die Ansprüche nach Buchstabe b dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.3Anbieter und Steuerpflichtiger können vereinbaren, dass bis zu zwölf Monatsleistungen in einer Auszahlung zusammengefasst werden oder eine Kleinbetragsrente im Sinne von § 93 Absatz 3 Satz 2 abgefunden wird.4Bei der Berechnung der Kleinbetragsrente sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge des Steuerpflichtigen jeweils nach Buchstabe b Doppelbuchstabe aa oder Doppelbuchstabe bb zusammenzurechnen.5Neben den genannten Auszahlungsformen darf kein weiterer Anspruch auf Auszahlungen bestehen.6Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nummer 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden abweichend von Satz 6 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen hinzugerechnet;
3.
Beiträge zu
a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern;
b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
2Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen können auch eigene Beiträge im Sinne der Buchstaben a oder b eines Kindes behandelt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes; Voraussetzung für die Berücksichtigung beim Steuerpflichtigen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge für ein unterhaltsberechtigtes Kind trägt, welches nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil.4Hat der Steuerpflichtige in den Fällen des Absatzes 1a Nummer 1 eigene Beiträge im Sinne des Buchstaben a oder des Buchstaben b zum Erwerb einer Krankenversicherung oder gesetzlichen Pflegeversicherung für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten geleistet, dann werden diese abweichend von Satz 1 als eigene Beiträge des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten behandelt.5Beiträge, die für nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf den Veranlagungszeitraum entfallenden Beiträge überschreiten, sind in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, für den sie geleistet wurden;
3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden;
4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde;
5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist;
6.
(weggefallen)
7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden.
8.
(weggefallen)
9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:

1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen;
2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für
a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt,
b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie
c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
3Satz 2 gilt auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Empfängers in der Steuererklärung des Leistenden; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie

1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit
a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3,
2.
geleistet werden an
a)
1Versicherungsunternehmen,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder
bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
2Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im Sinne des § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes gewährt.3Dies gilt entsprechend, wenn ein Steuerpflichtiger, der weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, mit den Beiträgen einen Versicherungsschutz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 erwirbt,
b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen,
c)
einen Sozialversicherungsträger oder
d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
2Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b werden nur berücksichtigt, wenn die Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet wurden, der nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, wobei die Zertifizierung Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung ist.

(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.

(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die

1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder
b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht.4Im Kalenderjahr 2013 sind 76 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar.6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2022 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr; ab dem Kalenderjahr 2023 beträgt er 100 Prozent.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vermindern den abziehbaren Betrag nach Satz 5 nur, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Satz 7 beantragt hat.

(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.

(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug

KalenderjahrVorwegabzug für
den Steuerpflichtigen
Vorwegabzug im
Fall der Zusammen-
veranlagung von
Ehegatten
20132 1004 200
20141 8003 600
20151 5003 000
20161 2002 400
20179001 800
20186001 200
2019300600


zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.

(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.

(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ein Anspruch auf Änderung bestandskräftiger Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre (1993 bis 1998) zusteht.

2

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren eine Spielhalle und führte dort Umsätze durch den Betrieb von Glücksspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit aus.

3

In den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre wurden diese Umsätze, den Steuererklärungen der Klägerin folgend, vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) als umsatzsteuerpflichtig behandelt.

4

Mit Urteil vom 17. Februar 2005 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Linneweber und Akritidis C-453/02 und C-462/02 (Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94), dass Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) unmittelbare Wirkung zukomme, so dass sich ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten vor den nationalen Gerichten auf die Steuerfreiheit dieser Umsätze berufen könne. Bei Ergehen dieses Urteils lag für alle Streitjahre bereits Festsetzungsverjährung nach den Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) vor. Die Einspruchsfrist für die für die Streitjahre ergangenen Umsatzsteuerjahresbescheide war bereits seit mehr als einem Jahr abgelaufen.

5

Mit Schreiben unter dem 13. April 2005 legte die Klägerin Einspruch gegen die für die Streitjahre ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen ein und machte die Steuerfreiheit für die Umsätze mit Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit geltend.

6

Das FA verwarf die Einsprüche wegen Verfristung als unzulässig. Die hiergegen eingelegte Klage zum Finanzgericht (FG) hat das FG aus den in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 364 mitgeteilten Gründen abgewiesen.

7

Hiergegen richtet sich die Revision. Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Bundesrechts sowie des Unionsrechts. Sie regt an, dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens folgende Fragen vorzulegen:

8

"1. Kann sich ein Steuerpflichtiger gegenüber dem Finanzamt erfolgreich darauf berufen, dass die Europarechtswidrigkeit einer steuergesetzlichen Norm des nationalen Rechts durch den EuGH festgestellt worden ist, wenn nach nationalem Recht die Vorschrift der Bestandskraft entgegenstünde?

9

2. Gilt dies insbesondere dann, wenn die Umsetzung einer Richtlinie fehlerhaft geschehen ist, sodass dem Steuerpflichtigen nicht offenbart wurde, dass eine Abweichung des Gemeinschaftsrechts vom nationalen Recht vorlag und der Steuerpflichtige durch diese Unwissenheit nicht in der Lage war, seine Rechte innerhalb der nationalen Frist geltend zu machen?

10

3. Ist es für die Zumutbarkeit eines Rechtsbehelfs im Sinne der Entscheidung des EuGH vom 24. März 2009 C-445/06, Danske Slagterier von Relevanz, ob es sich um einen Eingriff handelt, der sich für den Bürger als ungewöhnlich oder selten darstellt, oder ob es sich um einen Eingriff handelt, der bereits vor Inkrafttreten der betreffenden verletzten Richtlinie durchgeführt wurde und auch bei anderen Steuerpflichtigen durchgeführt wird, sodass der Bürger keinen Anlass einer besonderen Prüfung erkennen kann, wie dies bei der Umsatzsteuerveranlagung der Fall ist und wirkt sich dies bejahendenfalls auf die Zumutbarkeit aus?

11

4. Muss der Steuerpflichtige --entgegen der Aussage in der Sache Emmott vom 25. Juli 1991 C-208/90-- die Richtlinien der EG kennen, auf denen nationale Gesetze beruhen, die für ihn anwendbar sind?

12

5. Falls Frage 3 (gemeint: 4) zu bejahen ist, stellt sich Frage 4 (gemeint: 5): Macht es für den Beginn oder für die Länge der Rechtsmittelfrist einen Unterschied, dass das nationale Recht voraussetzt, dass der Bürger die nationalen Rechtsvorschriften zumindest kennen muss, er die Vorschriften der EG-Richtlinien aber nicht kennen muss und nicht kennt (Verstoß gegen den Grundsatz der Effektivität)? Ist der kurze Lauf der Rechtsmittelfrist deshalb im nationalen Recht angemessen, weil Kenntnis vorausgesetzt wird? Bedeutet dies dann, dass beim Verstoß gegen europarechtliche Richtlinien eine längere Frist oder mangels anwendbarer Regelungen des nationalen Rechts gar keine Frist läuft?

13

6. Kann der Steuerpflichtige trotz entgegenstehender Bestandskraft nach nationalem Recht Rückzahlung der zu Unrecht vereinnahmten Steuer verlangen?

14

7. Unter welchen Voraussetzungen kann der Steuerpflichtige eine entsprechende Rückzahlung verlangen?"

15

Die Klägerin beantragt,

das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 20. April 2007 aufzuheben und die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen 1993 bis 1998 in der Weise zu ändern, dass die Umsätze aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit steuerfrei belassen und damit im Zusammenhang stehende Vorsteuern nicht berücksichtigt werden,

hilfsweise den Streitfall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

16

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht sowohl die Nichtigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen als auch die Änderbarkeit der bestandskräftigen und festsetzungsverjährten Bescheide für die Streitjahre verneint.

18

1. Die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen sind nicht nichtig.

19

Gemäß § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach § 125 Abs. 2 AO ist ein Verwaltungsakt z.B. nichtig, der die erlassende Finanzbehörde nicht erkennen lässt, den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann, der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt oder der gegen die guten Sitten verstößt.

20

Im Streitfall liegt kein Nichtigkeitsgrund vor. Ein Verwaltungsakt ist nicht allein deswegen nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften --auch diejenigen des formellen Rechts (Verfahrensrechts)-- unrichtig angewendet worden sind. Der erforderliche besonders schwere Fehler liegt nur vor, wenn er die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen und offenkundigen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, da die Klägerin selbst in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre die streitigen Umsätze als steuerpflichtig angesehen hat und das FA dem gefolgt ist.

21

Darüber hinaus ist ein Verwaltungsakt nicht allein deswegen nichtig, weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden sind (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Mai 1987 II R 140/84, BFHE 150, 70, BStBl II 1987, 592, und vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186). Für Verstöße gegen Unionsrecht ergeben sich insoweit keine Besonderheiten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 2009 C-40/08, Asturcom Telecomunicationes SL, Slg. 2009, I-9579, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht --EWS-- 2009, 475, Europäische Zeitschrift für Wirtschaft --EuZW-- 2009, 852, unter Rdnr. 37; ebenso Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 17. Januar 2007  6 C 32/06, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2007, 709). Die Gegenauffassung, nach der ein Verstoß gegen das Unionsrecht stets einen "schweren" Rechtsfehler begründen soll (vgl. de Weerth, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2008, 1368, 1369 zu § 130 AO), lässt unberücksichtigt, dass für einen unionsrechtswidrigen Bescheid keine andere Behandlung geboten ist als für einen Bescheid, der auf einer nicht verfassungskonformen Rechtsgrundlage beruht und dessen Bestand hiervon unberührt bleibt (§ 79 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht; BFH-Urteile vom 28. Juni 2006 III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714; vom 21. März 1996 XI R 36/95, BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399).

22

2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihren Einspruch verspätet eingelegt hat.

23

Nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 AO) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 AO innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 AO innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, zu erheben.

24

Die Klägerin hat mit Schreiben unter dem 13. April 2005 Einspruch gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre (1993 bis 1998) erhoben. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war zu diesem Zeitpunkt bereits für alle Streitjahre sowohl die Monatsfrist als auch die --nach Auffassung der Klägerin wegen fehlender Rechtsbehelfsbelehrung anwendbare-- Jahresfrist für die Einlegung eines Einspruchs abgelaufen. Dies ist im Übrigen auch zwischen den Beteiligten unstreitig.

25

3. Die Versäumung der Einspruchsfrist durch die Klägerin ist nicht aufgrund der sog. "Emmott'schen Fristenhemmung" unbeachtlich.

26

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. Juli 1991 C-208/90, Emmott, Slg. 1991, I-4269 Rdnr. 23) kann sich ein säumiger Mitgliedstaat zwar bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie unter bestimmten Voraussetzungen nicht auf die verspätete Einlegung einer Klage berufen (vgl. zuletzt EuGH-Urteil vom 24. März 2009 C-445/06, Danske Slagterier, Slg. 2009, I-2119 Rdnrn. 53 f.). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern setzt das Vorliegen besonderer Umstände voraus, die sich in der Rechtssache Emmott daraus ergaben, dass ein Bürger eines Mitgliedstaates von dessen Behörden zunächst von der rechtzeitigen Einlegung einer Klage abgehalten und ihm später der Einwand der verspäteten Klageerhebung entgegen gehalten wurde (EuGH-Urteil Danske Slagterier in Slg. 2009, I-2119 Rdnr. 54). Eine derartige Fallgestaltung ist im Streitfall nicht gegeben, da die Klägerin nicht daran gehindert war, innerhalb der allgemeinen Fristen ihre Umsatzsteuerfestsetzungen anzufechten (vgl. BFH-Entscheidungen vom 23. November 2006 V R 67/05, BFHE 216, 357, BStBl II 2007, 436; vom 23. November 2006 V R 51/05, BFHE 216, 350, BStBl II 2007, 433; vom 9. Oktober 2008 V R 45/06, BFH/NV 2009, 39; BFH-Urteile in BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399; vom 15. September 2004 I R 83/04, BFH/NV 2005, 229).

27

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nach dem Unionsrecht weder die Dauer der Einspruchsfrist zu beanstanden, noch besteht eine Anlaufhemmung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie Kenntnis von der EuGH-Entscheidung Linneweber und Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 erlangt hat. Das FA war auch nicht verpflichtet, ihr die Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist zu gewähren.

28

a) Die Dauer der Einspruchsfrist nach § 355 AO verstößt weder gegen die unionsrechtlichen Vorgaben des Äquivalenz- noch des Effektivitätsprinzips, da nach dem EuGH-Urteil vom 19. September 2006 C-392/04 und C-422/04, I-21 Germany und Arcor (Slg. 2006, I-8559 Rdnrn. 59, 60 und 62) eine einmonatige Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs angemessen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf sein Urteil in BFHE 216, 357, BStBl II 2007, 436.

29

b) Die Einspruchsfrist beginnt --trotz der fehlerhaften Umsetzung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht-- mit Bekanntgabe des Steuerbescheids und nicht erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin Kenntnis von der EuGH-Entscheidung Linneweber und Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 erlangen konnte.

30

Das Unionsrecht verlangt auf Grundlage der aus Art. 10 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) abgeleiteten Prinzipien der Effektivität und der Äquivalenz (zum Grundsatz der Zusammenarbeit vgl. EuGH-Urteil vom 8. September 2010 C-409/06, Winner Wetten, juris, unter Rdnrn. 55, 58) nur, dass die Mitgliedstaaten die verfahrensrechtlichen Fristen, die zur Durchsetzung des Unionsrechts einzuhalten sind, nicht ungünstiger ausgestalten als in den nur das innerstaatliche Recht betreffenden Verfahren. Weiter darf es nicht praktisch unmöglich sein, eine auf das Unionsrecht gestützte Rechtsposition geltend zu machen. Danach sind Verwaltungsakte, die nach Ablauf einer angemessenen Frist nicht mehr anfechtbar sind, selbst wenn sie gegen das Unionsrecht verstoßen, für die Beteiligten bindend (vgl. EuGH-Entscheidungen vom 13. Januar 2004 C-453/00, Kühne & Heitz, Slg. 2004, I-837, unter Rdnr. 24; I-21 Germany und Arcor in Slg. 2006, I-8559, unter Rdnr. 51).

31

Die Klägerin beansprucht demgegenüber für sich eine Besserstellung gegenüber den Steuerpflichtigen, die sich auf eine Rechtsposition des innerstaatlichen Rechts berufen können, diese aber nicht kennen und sich nach Ablauf der Einspruchsfrist in § 355 Abs. 1 AO die formelle Bestandskraft der Steuerfestsetzung entgegenhalten lassen müssen.

32

Die von der Klägerin für maßgeblich gehaltenen Umstände, dass die Richtlinie 77/388/EWG sich an die Mitgliedstaaten und nicht unmittelbar an den Bürger als Adressaten wende und es bis zum EuGH-Urteil Linneweber und Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 nicht vorhersehbar gewesen sei, dass Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG unmittelbar Anwendung finden könne, rechtfertigt entgegen ihrer Auffassung nicht den Schluss, dass es "praktisch unmöglich" war, diese Rechtsposition im Rahmen der "normalen" Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO durchzusetzen. Denn es kommt nicht darauf an, ob eine nach Erlass eines Bescheids eintretende günstige Rechtsentwicklung auf einer günstigen Richtlinienauslegung durch den EuGH oder auf einer anderen Grundlage beruht. Ein Steuerpflichtiger, der mit Rücksicht auf die herrschende Rechtsauffassung zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses von einer Klage abgesehen und es unterlassen hat, die Gerichte selbst von einem Verstoß der Steuerfestsetzung gegen das Unionsrecht zu überzeugen, nimmt den Eintritt der Bestandskraft --auch für den Fall eines späteren Rechtsprechungswandels-- bewusst in Kauf (vgl. bereits Senatsurteil vom 29. Mai 2008 V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889, unter II.3.b; s. auch weiter unten bei II.5.c bb). Die Rechtsverfolgung innerhalb der allgemeinen gesetzlichen Fristen ist daher auch bei Fragen des Unionsrechts möglich und zumutbar (BFH-Urteil in BFHE 216, 350, BStBl II 2007, 433, unter II.3.).

33

c) Das FG hat weiter zutreffend entschieden, dass der Klägerin keine Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist gemäß § 110 AO zu gewähren war.

34

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass im Zeitpunkt des Einspruchs mit Schreiben unter dem 13. April 2005, den das FG zugleich als Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 110 Abs. 1 AO behandelte, mehr als ein Jahr seit dem Ende der versäumten Einspruchsfrist verstrichen war. Das FG hat eine Wiedereinsetzung --sowohl auf Antrag der Klägerin als auch von Amts wegen-- daher zutreffend bereits im Hinblick auf die gemäß § 110 Abs. 3 AO einzuhaltende Jahresfrist verneint.

35

Der Auffassung der Klägerin, die Jahresfrist sei unbeachtlich, da sie bis zum EuGH-Urteil Linneweber und Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 weder habe wissen können noch müssen, dass die Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG unmittelbar zu ihren Gunsten anwendbar sei, schließt sich der Senat nicht an. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf das BFH-Urteil vom 8. Februar 2001 VII R 59/99 (BFHE 194, 466, BStBl II 2001, 506) berufen. Diese Entscheidung betraf die Wiedereinsetzung in die prozessuale Antragsfrist gemäß § 68 FGO a.F. Für den Streitfall, in dem es die Klägerin von vornherein unterlassen hat, Rechtsbehelfe gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen einzulegen, lässt sich hieraus nichts ableiten.

36

Die Klägerin beansprucht vielmehr (vgl. bereits oben unter II.4.b) eine verfahrensrechtliche Besserstellung gegenüber den sich aus dem nationalen Recht ergebenden Rechten, um die auf der Richtlinie 77/388/EWG beruhende Steuerbefreiung durchzusetzen. Das Unionsrecht gebietet es jedoch nicht, die Klägerin verfahrensrechtlich besserzustellen (vgl. oben II.4.a zur Einspruchsfrist und die Senatsentscheidung in BFHE 216, 350, BStBl II 2007, 433, unter II.3.; EuGH-Urteil Asturcom Telecomunicationes SL in Slg. 2009, I-9579, EWS 2009, 475, EuZW 2009, 852, unter Rdnr. 37).

37

5. Die Klägerin kann auch keine Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzungen beanspruchen.

38

a) Es ist unionsrechtlich grundsätzlich nicht erforderlich, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder nach Erschöpfen des Rechtswegs bestandskräftig geworden ist oder durch ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil bestätigt wurde (ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. Urteile Kühne & Heitz in Slg. 2004, I-837, unter Rdnr. 24; I-21 Germany und Arcor in Slg. 2006, I-8559, unter Rdnr. 51).

39

b) Zu beachten ist allerdings, dass die für den Erlass einer Verwaltungsentscheidung zuständige Behörde nach dem (für die Streitjahre noch) in Art. 10 EG verankerten Grundsatz der Zusammenarbeit unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein kann, ihre Entscheidung zu überprüfen und zurückzunehmen (EuGH-Urteile Kühne & Heitz in Slg. 2004, I-837, unter Rdnr. 28; vom 16. März 2006 C-234/04, Kapferer, Slg. 2006, I-2585, unter Rdnr. 23; I-21 Germany und Arcor in Slg. 2006, I-8559, unter Rdnr. 52; vom 12. Februar 2008 C-2/06, Kempter, Slg. 2008, I-411, unter Rdnrn. 37 bis 39; vom 3. September 2009 C-2/08, Olimpiclub, Slg. 2009, I-7501, EuZW 2009, 739, unter Rdnrn. 23 ff.; Asturcom Telecomunicationes SL in Slg. 2009, I-9579, EWS 2009, 475, EuZW 2009, 852, unter Rdnr. 37).

40

Für diesen Überprüfungs- und Aufhebungsanspruch müssen nach der Rechtsprechung des EuGH vier "Voraussetzungen" vorliegen:

41

- Erstens muss die Behörde nach nationalem Recht befugt sein,

die bestandskräftige Entscheidung zurückzunehmen.

- Zweitens muss die Entscheidung infolge eines Urteils eines

in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts gegen-

über dem die Änderung begehrenden Steuerpflichtigen be-

standskräftig geworden sein.

- Drittens muss das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergan-

gene Entscheidung des EuGH zeigt, auf einer unrichtigen

Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruhen, die erfolgt ist,

ohne dass der EuGH um Vorabentscheidung ersucht worden ist,

obwohl die Voraussetzungen einer Vorlage gemäß Art. 234

Abs. 3 EG (nunmehr Art. 267 des Vertrags über die Arbeits-

weise der Europäischen Union --AEUV--) erfüllt waren.

- Viertens muss der Betroffene sich, unmittelbar nachdem er

Kenntnis von der besagten Entscheidung des EuGH erlangt

habe, an die Verwaltungsbehörde gewandt haben.

42

c) Bereits die erste Voraussetzung, nach der eine nationale Behörde zur Aufhebung oder Änderung eines rechtswidrigen bestandskräftigen Steuerbescheids "befugt" sein muss, ist im Streitfall nicht erfüllt.

43

aa) Steuerbescheide i.S. des § 155 AO können bei nachträglich erkannter Unionsrechtswidrigkeit --wie auch bei einem nachträglich erkannten Verstoß gegen innerstaatliches Recht-- auf Grundlage der "Kühne & Heitz-Grundsätze" und den §§ 172 ff. AO nicht geändert werden, da es im steuerrechtlichen Verfahrensrecht an der hierzu erforderlichen Befugnis fehlt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 216, 357, BStBl II 2007, 436; vom 23. November 2006 V R 28/05, BFH/NV 2007, 872; in BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399; vom 8. Juli 2009 XI R 41/08, BFH/NV 2010, 1; zustimmend Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 130 Rz 32 f. und § 172 Rz 4 a; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO vor §§ 172 bis 177 Rz 41.1; de Weerth, Der Betrieb --DB-- 2009, 2677; Tehler in Festschrift für Reiss 2008, 81, 94; Leonard/Sczcekalla, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2005, 420, 426 ff.; Birk/Jahndorf, UR 2005, 198, 199 f.; Gosch, DStR 2005, 413 ff., DStR 2004, 1988, 1991).

44

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (Urteile Kapferer in Slg. 2006, I-2585, unter Rdnrn. 22 und 23; Asturcom Telecomunicationes SL in Slg. 2009, I-9579, EWS 2009, 475, EuZW 2009, 852, unter Rdnrn. 37 f.), der der Senat folgt, setzt der auf den "Kühne & Heitz-Grundsätzen" beruhende Anspruch auf Überprüfung oder Änderung rechtskräftiger Entscheidungen voraus, dass das nationale Verfahrensrecht hierfür eine Rechtsgrundlage vorsieht und insoweit das Äquivalenz- sowie das Effektivitätsprinzip beachtet werden. Hiermit stellt der EuGH klar, dass das Unionsrecht weder verlangt, im nationalen Verfahrensrecht einen entsprechenden Überprüfungs- oder Änderungsanspruch für bestandskräftige unionsrechtswidrige Verwaltungsakte vorzusehen, noch, dass aus dem Unionsrecht ein eigenständiger (vom nationalen Recht losgelöster) Überprüfungs- und Änderungsanspruch abgeleitet werden kann (unzutreffend daher Jahndorf/Oellerich, DB 2008, 2559, 2563; Meilicke, DStR 2007, 1892, 1893; ders., Betriebs-Berater --BB-- 2004, 1087; Schacht/Steffens, BB 2008, 1254, 1257).

45

bb) Die fehlende Änderungsmöglichkeit für bestandskräftige unionsrechtswidrige Steuerbescheide in den §§ 172 ff. AO verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz.

46

Im Streitfall kann offen bleiben, ob auf Grundlage der "Kühne & Heitz-Grundsätze" im Rahmen des § 130 Abs. 1 AO bei unionsrechtswidrigen Steuerverwaltungsakten (§ 118 AO) eine Ermessensreduzierung eintreten und ein Überprüfungs- oder Änderungsanspruch bei bestandskräftigen Steuerverwaltungsakten bestehen kann (so Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 130 AO Rz 22 ff.; Jahndorf/Oellerich, DB 2008, 2559, 2564). Selbst wenn dies zutreffen sollte, verletzt die abweichende Rechtslage bei Steuerbescheiden (vgl. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO) nicht das Äquivalenzprinzip. Der nach nationalem Recht bestehende Dualismus der abgabenrechtlichen Korrekturvorschriften mit voneinander unabhängigen Regelungssystemen --§§ 130, 131 AO einerseits und §§ 172 ff. AO andererseits-- ist ein Grundprinzip des steuerrechtlichen Verfahrensrechts (vgl. Wernsmann in HHSp, vor §§ 130 bis 133 AO Rz 43, 114 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vorbemerkungen zu §§ 172 bis 177 AO Rz 6; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO vor §§ 130 bis 133 AO Rz 8; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 172 Rz 1; Pahlke/Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., vor §§ 172 bis 177 Rz 5). Dem Äquivalenzprinzip wird genügt, wenn innerhalb der verfahrensrechtlich jeweils eigenständigen Änderungsregelungen für rechtswidrige bestandskräftige Steuerverwaltungsakte einerseits und für Steuerbescheide andererseits dieselben Änderungsmöglichkeiten zur Durchsetzung der sich aus dem nationalem Recht und dem Unionsrecht ergebenden Ansprüche bestehen (vgl. z.B. EuGH-Urteil Asturcom Telecomunicationes SL, Slg. 2009, I-9579, EWS 2009, 475, EuZW 2009, 852, unter Rdnrn. 49 f.). Dies ist vorliegend der Fall, da Verstöße gegen innerstaatliches Recht und das Unionsrecht innerhalb der beiden Änderungssysteme jeweils gleich behandelt werden.

47

cc) Ferner verstößt die fehlende nachträgliche Änderungsmöglichkeit für unionsrechtswidrige Steuerbescheide nicht gegen das Effektivitätsprinzip.

48

Der Grundsatz der Effektivität ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht verletzt, wenn der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung des FA bestandskräftig werden lässt, weil eine künftige Rechtsprechungsänderung des EuGH oder BFH zu seinen Gunsten nicht absehbar ist (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 1889, unter II.1.d). Denn durch das Rechtsinstitut der Bestandskraft bezweckt der Gesetzgeber den Eintritt der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn die Bestandskraft nachträglich durchbrochen werden könnte und dies von der regelmäßig schwierig zu beurteilenden Vorhersehbarkeit einer Rechtsprechungsänderung des EuGH oder des BFH abhängig gemacht würde. Es ist --wie bereits unter II.4.b erläutert-- Sache des Steuerpflichtigen, unter Übernahme des Kostenrisikos seine Chance zur Herbeiführung der Korrektur einer entgegenstehenden Rechtsprechung zu wahren, indem er Rechtsmittel einlegt (Senatsurteil in BFHE 216, 350, BStBl II 2007, 433). Sieht der Steuerpflichtige hiervon ab, nimmt er den Eintritt der Bestandskraft auch für den Fall einer späteren Rechtsprechungsänderung bewusst in Kauf.

49

Dass nach den von der Klägerin angeführten zivilrechtlichen Entscheidungen eine Haftung von Steuerberatern bis zum EuGH-Urteil Linneweber und Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 mangels Verschuldens nicht in Betracht kommen kann, wenn diese auf die Steuerfreiheit der Umsätze nicht hingewiesen hatten, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Der Effektivitätsgrundsatz garantiert --anders als die Klägerin meint-- nur eine gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeit in angemessener Frist. Er betrifft das Verfahren, nicht aber die Frage, ob es in der Sache schwierig ist, eine günstige Rechtsentwicklung vorherzusehen und durchzusetzen. Der EuGH hat die deutschen Einspruchs- und Klagefristen und damit die nationalen verfahrensrechtlichen Regelungen zur Durchsetzung des Unionsrechts nicht beanstandet (EuGH-Urteil I-21 Germany und Arcor in Slg. 2006, I-8559, unter Rdnrn. 58 bis 60; vgl. auch unter II.4.a und b).

50

dd) Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 4. September 2008  2 BvR 1321/07 (Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2009, 60) ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Zwar hat das BVerfG dort ausgeführt, der EuGH habe die Fragen zur Durchbrechung der Bestandskraft unionsrechtswidriger belastender Verwaltungsakte der Mitgliedstaaten noch nicht erschöpfend beantwortet und es sei unklar, welche Bedeutung der vom EuGH in der "Kühne und Heitz-Entscheidung" aufgestellten Voraussetzung zukomme, die Behörde müsse nach nationalem Recht befugt sein, die Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen. Die vom BVerfG hierzu zitierten Schrifttumsauffassungen beziehen sich aber zu Recht ausschließlich auf die --für Steuerbescheide nicht maßgeblichen-- §§ 48 Abs. 1 Satz 1, 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), die für rechtswidrige unanfechtbare Verwaltungsakte im allgemeinen Verwaltungsrecht wie in § 130 Abs. 1 AO --anders als die §§ 172 ff. AO-- unter bestimmten Voraussetzungen eine ermessensgebundene Überprüfungs- und Änderungspflicht vorsehen (vgl. im Hinblick auf unionsrechtswidrige Verwaltungsakte zu den §§ 48, 51 VwVfG BVerwG-Urteile vom 22. Oktober 2009  1 C 26/08, Deutsches Verwaltungsblatt --DVBl-- 2010, 261; vom 17. Januar 2007  6 C 32/06, NVwZ 2007, 709).

51

d) Die zweite Voraussetzung der "Kühne & Heitz-Rechtsprechung" liegt ebenfalls nicht vor. Die Klägerin hat --wie sie selbst einräumt-- gegen die bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzungen nicht die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe (vgl. EuGH-Urteil I-21 Germany und Arcor in Slg. 2006, I-8559, unter Rdnrn. 53 f.) ausgeschöpft (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 229; Kanitz/Wendel, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2008, 231, 232; Ludwigs, DVBl 2008, 1164, 1170; Müller/Seer, Internationale Wirtschaftsbriefe Fach 11, Gruppe 2, 865, 875; Rennert, DVBl 2007, 400, 408; Ruffert, Juristenzeitung 2007, 407, 409). Die Gegenauffassung von Meilicke (DStR 2007, 1892, 1893; ders., BB 2004, 1087 ff., und Schacht/Steffens, BB 2008, 1254, 1255), nach der die Rechtslage hinsichtlich dieser Voraussetzung nicht abschließend geklärt sein soll, vermag nicht zu begründen, warum und in welcher Hinsicht nach den Ausführungen des EuGH im Urteil I-21 Germany & Arcor in Slg. 2006, I-8559 noch Klärungsbedarf besteht.

52

Der EuGH hat auch nicht, wie die Klägerin behauptet, im Urteil Danske Slagterier in Slg. 2009, I-2119 von dieser Voraussetzung Abstand genommen, sondern dort lediglich im Bezug auf den unionsrechtlichen Entschädigungs- und Staatshaftungsanspruch entschieden, es sei nicht in jedem Fall zwingend erforderlich, dass der Geschädigte zuvor im Wege des Primärrechtsschutzes gegen das zum Schaden führende legislative oder judikative Unrecht vorgehe (vgl. auch EuGH-Urteil vom 26. Januar 2010 C-118/08, Transportes Urbanos y Servicios Generales, BFH/NV Beilage 2010, 578, unter Rdnr. 48). Für die im "Kühne & Heitz-Urteil" definierten Korrekturvoraussetzungen bei rechtswidrigen bestandskräftigen Verwaltungsakten folgt hieraus nichts.

53

6. Im Streitfall sind die von der Klägerin aufgeworfenen Vorlagefragen 6 und 7 zu den Voraussetzungen des unionsrechtlichen Entschädigungsanspruchs nicht entscheidungserheblich, da sie im vorliegenden Verfahren nur die Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzungen, nicht aber auch einen Erlass der Steuer begehrt.

54

a) Das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben hat, stellt nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH eine Folge und eine Ergänzung der Rechte dar, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht in seiner Auslegung durch den EuGH erwachsen. Es besteht ein Entschädigungs- oder Staatshaftungsanspruch, wenn ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Unionsrechts Steuern erhoben hat, oder ein Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer und der Beträge, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Steuer an diesen Staat gezahlt oder von diesem einbehalten worden sind. Voraussetzung ist, dass die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den Betroffenen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. EuGH-Urteile vom 12. Dezember 2006 C-446/04, Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg. 2006, I-11753; vom 13. März 2007 C-524/04, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, Slg. 2007, I-2107, unter Rdnrn. 110, 111; vom 23. April 2008 C-201/05, Test Claimants in the CFC and Dividend Group Litigation, Slg. 2008, I-2875; in Transportes Urbanos y Servicios Generales in BFH/NV Beilage 2010, 578, unter Rdnrn. 29 ff.).

55

b) Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Entschädigungsanspruchs nur ein Erlass der Steuer gemäß § 227 AO in Betracht kommt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 13. Januar 2005 V R 35/03, BFHE 208, 398, BStBl II 2005, 460; in BFHE 216, 350, BStBl II 2007, 433; in BFH/NV 2008, 1889; vom 5. Juni 2009 V B 52/08, BFH/NV 2009, 1593). Mangels einer Unionsregelung über die Erstattung zu Unrecht erhobener inländischer Abgaben ist es Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, insoweit die Verfahrensmodalitäten zu regeln (vgl. das EuGH-Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation in Slg. 2006, I-11753, unter Rdnr. 203).

56

7. Der Senat folgt im Übrigen nicht der Anregung der Klägerin, gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zu den Voraussetzungen, unter denen eine Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide auf Grundlage der "Kühne & Heitz-Rechtsprechung" des EuGH in Betracht kommt, sowie zu Beginn und Dauer der Einspruchs- und Wiedereinsetzungsfrist bei nicht zutreffender Umsetzung einer Richtlinienbestimmung sind --wie dargelegt-- nach Auffassung des Senats bereits geklärt (vgl. unter II.5.). Unter diesen Umständen besteht für den Senat keine Vorlagepflicht (vgl. zu den Voraussetzungen EuGH-Urteile vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, Cilfit u.a., Slg. 1982, 3415, unter Rdnr. 21; vom 6. Dezember 2005 C-461/03, Gaston Schul, Slg. 2005, I-10513; vom 15. September 2005 C-495/03, Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8151).

57

8. Es kommt schließlich keine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) an das BVerfG in Betracht. Die unter II.5. dargelegten möglicherweise unterschiedlichen Rechtsfolgen für die Aufheb- und Änderbarkeit von bestandskräftigen Steuerverwaltungsakten i.S. des § 118 AO und von Steuerbescheiden gemäß § 155 AO, wenn nachträglich deren Unionsrechtswidrigkeit festgestellt wird, führen wegen des Dualismus der Korrektursysteme in §§ 130 ff. AO und §§ 172 ff. AO nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob Umsatzsteuerbeträge, die in den Jahren 1994 bis 1996 von der Klägerin an eine GmbH zu Unrecht in Rechnung gestellt, von der Klägerin angemeldet und abgeführt worden sind, auf Antrag vom 27. Oktober 2005 zu erstatten sind.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der die Gesellschafter A und B zu je 50 v.H. beteiligt sind. Gegenstand der Gesellschaft ist die Vermittlung von Immobilien zum Kauf oder zur Miete. Die Klägerin tritt auch als Bauträger auf. Daneben besteht eine A & B Wohnbau GmbH mit den Gesellschaftern A & B je zur Hälfte. Deren Gesellschaftszweck ist der Neubau von Wohnungen bzw. die Sanierung von Altbauwohnungen. Unstreitig besteht eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der GbR als Organträger und der GmbH als Organ.
Trotzdem hatte die Klägerin für drei im Jahr 1999 an die GmbH geleisteten Vermittlungen dieser Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt, die Umsatzsteuer in die Erklärung aufgenommen und an das Finanzamt abgeführt. Im Rahmen der im Jahr 2003 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Klägerin und der GmbH wurden diese Vermittlungsleistungen mit einem Betrag in Höhe von 29.264 DM bei der Klägerin nicht mehr der Umsatzsteuer unterworfen. In Höhe von 16 % davon, also 4.682,24 DM, wurde eine Forderung der GmbH an die Klägerin gebucht. Bei der Klägerin wurde die Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt herabgesetzt. Bei der GmbH änderte sich laut Bp-Bericht vom 21. August 2003, Anlage 10, als Folge das Verhältnis der abzugsfähigen zu den nichtabzugsfähigen Vorsteuern. Der Teil der Vorsteuern der GmbH, die auf umsatzsteuerpflichtige Leistungen entfallen ist, wurde bei der GbR als Organträger zum Abzug zugelassen.
Nach dieser Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 1999 aufgrund der Betriebsprüfung mit Bescheid vom 4. September 2003 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 in entsprechender Anwendung des § 14 c Abs. 2 Satz 3 Umsatzsteuergesetz -UStG- die Berichtigung der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1994 bis 1996 und 1999 und eine Erstattung in Höhe von 50.822,15 EUR. Insoweit habe die Klägerin in den Jahren 1994 bis 1996 und 1999 an die GmbH Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt, die Umsatzsteuer in ihre Erklärungen aufgenommen und an das Finanzamt abgeführt. Am 20. Oktober 2005 stellte die Klägerin an die GmbH berichtigte Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus. Der Betrag der Minderung der Rechnungen in Höhe der Umsatzsteuern forderte die Klägerin von der GmbH zurück, aber gleichzeitig stundete sie diese Beträge bis zur Erstattung der Beträge durch das Finanzamt.
Es wurde vorgetragen, die GmbH habe diese Vorsteuern nicht geltend gemacht, weil es sich um Vermittlungsleistungen für Bauträgerleistungen gehandelt habe, für die der GmbH kein Vorsteuerabzug zugestanden habe und für die kein Vorsteuerabzug vorgenommen worden sei. Insoweit müsse die Umsatzsteuerfestsetzung gemäß § 14c Abs. 2 UStG gegenüber der Klägerin berichtigt werden. Eine Gefährdung des Steueraufkommens sei ausgeschlossen. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Januar 2004 (IV B 7-S 7280 - 19/4, Bundessteuerblatt -BStBl- I 2004, 258) Tz. 84 sei die Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum zu berichtigen, in dem die Rechnung ausgestellt worden sei und damit die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG entstanden sei. Soweit die Berichtigung wegen des Eintritts der Bestandskraft der Steuerfestsetzung nicht mehr möglich wäre, werde gemäß Tz. 86 Satz 2 des BMF-Schreibens der Erlass der Steuer gemäß § 227 Abgabenordnung -AO- aus sachlichen Billigkeitsgründen beantragt. Rechnungen innerhalb des Organkreises seien keine Rechnungen sondern Buchungsbelege (Abschnitt 183 Abs. 4 der Umsatzsteuerrichtlinien). Deshalb sei § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG nicht anwendbar. Deshalb sei für den Zeitraum der „Rechnungsberichtigung“ gemäß § 17 Abs. 1 UStG die Steuer zu erlassen.
Der Beklagte lehnte mit Verfügung vom 9. Mai 2006 die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen und den Erlass der festgesetzten Steuern ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Umsatzsteuer aus den drei Rechnungen des Jahres 1999 mit Nettoentgelten in Höhe von 29.264 DM und Umsatzsteuer in Höhe von 4.682,16 DM bereits berichtigt worden sei. Die Umsatzsteuern der Jahre 1994 bis 1996 könnten nicht mehr berichtigt werden, weil für diese Jahre Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Umsatzsteuererklärung für 1996 sei 1997 abgegeben worden. Mit Bescheid vom 3. Juli 1997 sei die Umsatzsteuer für 1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden und die Festsetzungsfrist sei mit Ablauf des Jahres 2001 eingetreten. Für die Vorjahre sei bereits zu früheren Zeitpunkten die Festsetzungsverjährung eingetreten. Der Antrag auf Berichtigung sei daher im Jahr 2005 verspätet gestellt worden. Außerdem sei auch Zahlungsverjährung nach §§ 228 ff. AO eingetreten. Ein Erlass gemäß § 227 AO scheide aus, weil die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre nicht offensichtlich und eindeutig unrichtig gewesen seien. Die Festsetzung sei nach den damaligen Angaben und den Umsatzsteuererklärungen mit den beigefügten Anlagen erfolgt. Der Fehler sei für das Finanzamt im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung nicht erkennbar gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob es der Steuerpflichtigen zumutbar gewesen wäre, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit der Bescheide zu wehren.
Am 22. Mai 2006 legte die Klägerin Einspruch ein. Sie trug vor, wenn ein Erlass der Steuer nur möglich wäre, wenn das Finanzamt selbst erkennen könne, dass „Nichtumsätze“ der Umsatzsteuer unterworfen sind, wäre § 227 AO in solchen Fällen nie anwendbar. Der BFH habe den Erlass nur dann abgelehnt, wenn für den Steuerpflichtigen die Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung (wegen Abweichung von der Erklärung, wegen Abweichung von der Rechtsprechung) offen erkennbar gewesen sei. Nur in solchen Fällen wäre es Sache des Steuerpflichtigen, sich gegen die Steuerfestsetzung rechtzeitig zu wehren. Die Klägerin habe die Fehlerhaftigkeit nicht erkannt. Sie habe sie auch nicht erkennen können. Die Sorgfaltspflichten dürften nicht überspannt werden. Gemäß Tz. 86 des BMF-Schreibens führe in den vorliegenden Fällen regelmäßig die Ermessensentscheidung zum Erlass der Steuer. Im übrigen sei § 14c Abs. 2 UStG anzuwenden, weil dieser nicht nur für Fälle des unberechtigten Steuerausweises in Rechnungen zwischen Unternehmern gelte sondern auch in Fällen der Organschaft. Die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer sei zu berichtigen, wenn der Aussteller seinen guten Glauben nachweise (EuGH-Urteil C-454/98 vom 19. September 2000, Rdnr. 56) und eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen sei (Rz. 61). Dem Erlass stehe die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.
Der Bekl wies den Einspruch gegen die Ablehnung einer berichtigten Steuerfestsetzung und die Erstattung der Steuer mit Verfügung vom 8. September 2006 zurück. Nach § 14 c Abs. 2 UStG könne die Umsatzsteuerschuld nur berichtigt werden, wenn in einer „Rechnung“ unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen sei. In einem Organkreis sei nicht von einer Rechnung auszugehen (Abschn. 183 Abs. 4 UStR) und deshalb könne keine berichtigte Rechnung erfolgen. Innenumsätze im Organkreis könnten auch nicht nach   § 17 Abs. 1 UStG korrigiert werden. Im übrigen sei für die Jahre 1994 bis 1996 Festsetzungsverjährung eingetreten. Eine Korrektur der Bescheide nach abgabenrechtlichen Vorschriften sei daher ausgeschlossen.
Mit der Klage vom 11. Oktober 2006 trägt die Klägerin vor, sie habe in Verkennung der Rechtslage gegenüber der GmbH für die Vermittlungsleistungen Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Da die Vertragsparteien irrtümlich von einer Mehrwertsteuerpflicht der Leistungen ausgegangen seien, müsse nach Feststellung des Irrtums der Preis für die Leistungen entsprechend herabgesetzt werden. Die Herabsetzung des Preises führe zu einem Anspruch auf Herausgabe des zuviel bezahlten Betrags wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Der Bekl sei gem. § 14c UStG verpflichtet gemäß dem BMF-Schreiben vom 29. Januar 2004, die Umsatzsteuer zu erstatten.
10 
Soweit der Gesetzgeber mit der Änderung der Rechtslage im Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 die Organschaft schlechter stelle als andere Fälle unberechtigten Steuerausweises und das BMF-Schreiben insoweit eine Regelungslücke enthalte, widerspreche dies der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 23. Dezember 1989 C-342/87, Rz. 18), welches eine „Dummensteuer für unrichtige Rechnungserstellung“ ausschließe. Wenn § 14c Abs. 2 UStG unterscheide, ob zunächst Vorsteuer geltend gemacht wurde oder von Anfang an keine Gefährdung des Steueraufkommens vorgelegen habe, dürfe diese Unterscheidung nicht zu einer Schlechterstellung derjenigen führen, die von Anfang an das Steueraufkommen nicht gefährdet haben. Die nachträgliche Änderung der Steuerpflicht führe zur Anwendung des § 17 UStG. Die Berichtigung sei für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten sei. Allerdings ändere sich die Bemessungsgrundlage erst, wenn das Finanzamt die Umsatzsteuer tatsächlich erstattet habe. Bis dahin sei die Rechnung nicht unrichtig. Da die Rechnung im Oktober 2005 berichtigt und die Erstattung beantragt worden sei, sei weder Festsetzungs- noch Zahlungsverjährung eingetreten. Mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem sich die Bemessungsgrundlage ändere, entstehe ein Rückforderungsanspruch des Steuerpflichtigen, für den eine neue Verjährungsfrist laufe. Für den Oktober 2005 sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Potentiell berichtigungsfähig sei jede Rechnung seit Einführung der Allphasenumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug ab 1. Januar 1968.
11 
 Da die Vermittlungsleistungen sich auf Bauträgerleistung bezögen, habe die GmbH insoweit keinen Vorsteuerabzug vorgenommen. Eine Gefährdung des Steueranspruchs sei nicht gegeben.
12 
Der Klägervertreter hat inzwischen eingesehen, dass die Umsatzsteuer für 1999 bereits infolge der Betriebsprüfung zutreffend festgesetzt worden ist und hat die Klage wegen Umsatzsteuer 1999 zurückgenommen. Das Verfahren (1 K 429/09) wurde insoweit abgetrennt und eingestellt.
13 
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 8. September 2006 die Zustimmung zur Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags, die Herabsetzung der Umsatzsteuer für 1994 bis 1996 oder für 2005 um 48.428,22 EUR (auf -5.502,22 EUR) und die Erstattung dieses Betrags.
14 
Nachdem der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2009 auch den Einspruch wegen Erlass der Umsatzsteuer 1994 bis 1996 als unbegründet zurückgewiesen hat, hat der Klägervertreter mit Klage vom 5. November 2009 unter dem Aktenzeichen 1 K 4469/09 beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2009 den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuer aus den Rechnungen von 1994 bis 1996 in Höhe von 48.428,22 EUR zu erlassen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
15 
Er beantragt, die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.
16 
Zur Begründung des Erlassantrags trägt der Klägervertreter vor, der Erstattungsanspruch bestehe unabhängig davon, ob es sich bei dem unberechtigt ausgewiesenen Betrag in materiellem oder nur formellem Sinne um eine Steuer handle. Wenn die streitgegenständlichen Dokumente keine Rechnungen seien, dann werde die gezahlte Umsatzsteuer nicht geschuldet, mit anderen Worten sei kein Steueranspruch entstanden, an dessen Realisierung die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse haben könne. Es dürfe nicht darauf abgestellt werden, ob es der Klägerin möglich und zumutbar gewesen sei, sich gegen die Fehlerhaftigkeit der Steuerfestsetzung rechtzeitig zu wehren. Die Nichteinlegung eines Rechtsbehelfs könne der Klägerin schon deshalb nicht entgegengehalten werden, weil die Steuerberichtigung nicht rückwirkend, sondern ex nunc vorzunehmen sei. Folglich könne sie auch nicht dem Erlass entgegenstehen. Nach Art. 19 Abs. 4 GG müsse jeder Steuerpflichtige sich wehren können. Nicht jeder Fehler dürfe dem Steuerpflichtigen als dem Billigkeitserlass entgegenstehendes Verschulden zugerechnet werden. Die Haftung wegen unrichtigem oder unberechtigtem Umsatzsteuerausweis finde ihre Rechtfertigung in der Gefährdung des Steueraufkommens. Der unrichtige oder unberechtigte Steuerausweis sei kein eigener Besteuerungstatbestand, der die Vermehrung der Steuereinnahmen rechtfertige. Die fehlende oder entfallene Gefährdung des Steueraufkommens verpflichte die Finanzbehörde zur Erstattung dessen, was sie im Hinblick darauf erhalten habe. Die fehlende Tatbestandsmäßigkeit der Steuer, der im Rahmen der Organschaft keine „Leistung“ und keine „Rechnung“ zugrunde liege, verlange eine Billigkeitsmaßnahme, weil nur so die aus Art. 3 GG zu folgernde Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Neutralität der Umsatzsteuer hergestellt werden könne. Tz. 86 des BMF-Schreibens vom 29. Januar 2004 führe zu einer Ermessensreduzierung auf Null, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens eingetreten ist. Deshalb müsse das Finanzgericht die Behörde zum Erlass und nicht nur zur neuen Entscheidung verpflichten. Dem Erlass stehe nicht entgegen, dass die Organschaft mindestens seit 1996 bekannt gewesen sei (laut Umsatzsteuererklärung: „Immobilienvermittlung/Bauträger/Organschaft). Es spiele keine Rolle, ob es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Einspruch einzulegen oder innerhalb der Festsetzungsfrist einen Antrag auf Erlass zu stellen. Selbst der bösgläubige Steuerpflichtige habe einen Anspruch auf Berichtigung der Steuerfestsetzung, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens (mehr) vorliege.
17 
Der Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
18 
Er trägt vor, für Steueransprüche gelte nicht Zivilrecht. Die Steuer werde durch Verwaltungsakt festgesetzt. Die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1994 bis 1996 sei bestandskräftig festgesetzt, obwohl bereits die Veranlagung hätte angefochten und die Nichtsteuerbarkeit der Umsätze in der Organschaft hätte geltend gemacht werden können. Eine Änderungsmöglichkeit nach den §§ 169 ff. AO bestehe nicht. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung sei nicht gegeben. Die Steuer sei nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt worden. Eine Berichtigung der Umsatzsteuer für 2005 wegen einer Rechnungskorrektur gemäß § 14c Abs. 2 UStG scheide aus. Die in den Jahren 1994 bis 1996 mit gesondertem Steuerausweis ausgestellten Papiere seien keine Rechnungen im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung, da nicht über Lieferungen oder sonstige Leistungen abgerechnet worden sei. Durch Abrechnungen innerhalb des Organkreises könne der Tatbestand des § 14c UStG nicht verwirklicht werden (Abschn. 183 Abs. 4 UStR). Die erstellten Abrechnungspapiere seien durch die Übergabe von der Klägerin an die Organgesellschaft nicht begeben, d.h. in Verkehr gebracht worden (BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73, BStBl II 1980, 283). Sie seien somit keine Rechnungen. Die Steuer werde nicht nach § 14c UStG geschuldet und könne auch nicht durch ein anderes Abrechnungspapier, das ebenso wenig in Verkehr gebracht werde, berichtigt werden. Diese Auffassung entspreche dem EuGH-Urteil vom 6. November 2003 (C-78/02, C-79/02, C-80/02) und vom 19. September 2000 (C-454/98, UR 2000, 470), wonach nur „Rechnungen“ berichtigt werden können (EuGH-Urteil vom 29. April 2004 (C-152/02, UR 2004, 323). § 17 Abs. 1 UStG gelte nur für die Berichtigung der Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Umsätze. Da zwischen dem Organträger und der Organtochter keine steuerpflichtigen Umsätze stattfänden, könne die Bemessungsgrundlage nicht nach § 17 UStG berichtigt werden. Die Fristen für die Änderung der Steuerfestsetzungen gem. § 164 Abs. 2 AO oder § 173 Abs. 1 AO seien mit Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist abgelaufen.
19 
Wegen der Ablehnung des Erlasses verweist der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2009. Er trägt vor, die Rechtslage zur umsatzsteuerlichen Organschaft sei seit langem klar und eindeutig geregelt. Die Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verstoße nicht gegen Verfassungsrecht (BVerfG-Urteil vom 20. Dezember 1966 1 BvR 320/57 und 1 BvR 70/63) und sei mit EU-Recht vereinbar (BFH-Beschluss vom 31. März 2008 V B 207/06, BFH/NV 2008, 1217). Abrechnungen über Innenleistungen des Organkreises seien keine Rechnungen im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 UStDV. Durch Abrechnung innerhalb des Organkreises könne der Tatbestand des § 14c UStG nicht verwirklicht werden. Die Unrichtigkeit der Steuer beruhe auf der Erklärung der Klägerin, die steuerlich beraten gewesen sei. Sie müsse die Fehlerhaftigkeit der Erklärung und des darauf beruhenden Bescheids vertreten. Für den Berater sei unschwer erkennbar gewesen, dass die Erklärung und der Bescheid fehlerhaft sei und es sei der Klägerin und dem Berater zumutbar gewesen, sich dagegen rechtzeitig im Rechtsbehelfsverfahren zu wehren. Die Korrektur könne nicht im Billigkeitserlass hergestellt werden, zumal es sich um verjährte Ansprüche handle (BFH-Urteil vom 17. März 1097 VII R 26/84, BFH/NV 1987, 620).
20 
Die Beteiligten haben der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung der Rechtssachen 1 K 250/06 und 1 K 4469/09 zugestimmt.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Klagen sind unbegründet.
22 
1. Die Klägerin begehrt eine Erstattung von Umsatzsteuer. Gemäß § 37 Abs. 2 AO kann ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden, wenn eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist. Ist eine durch Bescheid festgesetzte Steuer nach materiellem Recht „ohne rechtlichen Grund“ gezahlt worden, so kann der Erstattungsanspruch nur dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der Steuerbescheid nach formellem Recht aufgehoben oder geändert werden kann (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 2/02, BStBl II 2003, 43). Die formelle Bestandskraft des Bescheids überlagert dessen materielle Fehlerhaftigkeit. Der Steuerpflichtige kann sich nicht mehr darauf berufen, dass der festgesetzte Steueranspruch nicht besteht (Drüen in Tipke/Kruse, AO, § 37 Rz. 34; Brockmeyer/Ratschow in Koch, AO-Kommentar, § 37 Rz. 3). Das Rechtsinstitut der Erstattung kann nicht dazu benutzt werden, ein Rechtsbehelfsversäumnis wett zu machen (BFH-Urteil 6. September 1962 V 166/59 U, BStBl III 1962, 494; FG Köln Urteil vom 18. März 2009 7 K 2808/07, Juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16. September 2009 7 K 7296/05 B Juris). Die Umsatzsteuerbescheide für 1994 bis 1996 sind nach Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 AO nicht mehr änderbar. Es ist Festsetzungsverjährung eingetreten. Diese Bescheide sind der Rechtsgrund dafür, dass die Finanzverwaltung die festgesetzten Steuern behalten darf, auch wenn sie unberechtigt festgesetzt worden sind.
23 
2. Die Umsatzsteuer für 2005 kann aufgrund des Antrags vom 27. Oktober 2005 nicht geändert werden. Nach § 14 c Abs. 2 Satz 3 UStG kann derjenige, der nicht berechtigt ist in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert auszuweisen, diese Rechnung berichtigen und die Steuer zurückfordern, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist. Nach Satz 5 der Bestimmung ist die Berichtigung des geschuldeten Betrags beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
24 
Der EuGH erkennt in dem Urteil vom 13. Dezember 1987 (C-342/87 - Genius Holding -, UR 1991, 83) unter Berufung auf das Neutralitätsprinzip, dass jede zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer berichtigt werden kann, wenn der Aussteller seinen guten Glauben nachweist. Später entschied der EuGH auf Vorlagebeschluss des BFH durch Urteil vom 19. September 2000 C-454/98 - Schmeinck & Cofreth & Manfred Strobel - UR 2000, 470), dass der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt, dass die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens durch die ausgestellte Rechnung rechtzeitig und vollständig beseitigt worden ist, ohne dass dies vom guten Glauben des Ausstellers abhängig gemacht werden kann (Schlosser-Zeuner in Bunjes/Geist, Umsatzsteuerkommentar, § 14 c Rz. 27).
25 
Eine zeitliche Beschränkung für die Berichtigung nach § 14 c UStG ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der Beklagte hat jedoch die Zustimmung zur Berichtigung nach § 14 c UStG zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass dieser die Berichtigung einer Rechnung voraussetzt. Eine Rechnung liegt aber nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG nur vor, wenn in dem Dokument über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird und dieses Dokument „begeben“ worden ist. Die Abrechnungspapiere innerhalb eines Organkreises sind keine „Rechnungen“ (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG-Komm., § 14c Anm. 44). Die darin ausgewiesene Umsatzsteuer wird nicht nach § 14 c Abs. 2 UStG geschuldet (vgl. Abschn. 183 Abs. 4 UStR). Sie kann daher nicht nach § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG „berichtigt“ werden.
26 
Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Organschaft (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BStBl II 2009, 256) vorliegen und damit für die Umsatzsteuer von einem einzigen Steuerpflichtigen auszugehen ist, der keine Rechnung an sich selbst ausstellen kann (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG).
27 
3. Die Klägerin kann sich nicht auf § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG berufen. Danach wird im Fall der Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz die Steuer für den Besteuerungszeitraum geändert, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Im vorliegenden Fall ist keine Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz eingetreten. Es hat keinen steuerpflichtigen Umsatz gegeben. Die Bemessungsgrundlage hat sich nicht dadurch geändert, dass ein „Abrechnungspapier“ im Organkreis durch ein anderes „Abrechnungspapier“ ersetzt worden ist.  § 17 ist nicht anwendbar, wenn die Bemessungsgrundlage von vornherein falsch angesetzt worden ist (Brockmann in Hartmann/Metzenmacher, UStG-Kom. E      § 17 Tz 10).
28 
4. Aber auch wenn man diesem Ergebnis nicht folgt und über die wortlautgetreue Auslegung hinaus ein sinnwidriges Ergebnis verhindern will durch eine extensive Auslegung des § 14 c UStG (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Dezember 2007 6 K 1655/06, EFG 2008, 746, Revision eingelegt XI R 7/08 oder Wagner in Sölch/Ringleb, USt-Komm.  § 14c, Rz. 190) muss man berücksichtigen, dass für die Berichtigung des aufgrund eines unberechtigt ausgewiesenen Steuerbetrags nach § 14 Abs. 2 UStG die allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind (BMF-Schreiben vom 29. Januar 2004 Tz. 84). Zu berichtigen sind die Steuerfestsetzungen für die Zeiträume, in denen die Gefährdung des Steueraufkommens entfallen oder nicht eingetreten sind (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG). Wurde beim Empfänger der „Rechnung“ kein Vorsteuerabzug vorgenommen, ist der wegen des unberechtigten Steuerausweises geschuldete Betrag beim Aussteller der „Rechnung“ für den Zeitraum zu berichtigen, in dem die Steuer gemäß  § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG durch Ausgabe der „Rechnung“ entstanden und abgeführt worden ist (a.A. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG-Komm., § 14c Anm. 229). Das ist im Streitfall in den Jahren 1994 bis 1996 geschehen. Für diese Jahre ist die Festsetzung nicht nur bestandskräftig, sondern auch Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Steuerfestsetzung kann nicht mehr geändert werden. Daher ist der Beklagte nicht verpflichtet, einer Änderung der Festsetzung zuzustimmen.
29 
Soweit der Klägervertreter darauf hinweist, dass nach § 14 c Abs. 2 Satz 5 UStG vom Finanzamt über den Antrag auf Berichtigung zu entscheiden ist und für diesen Anspruch auf Entscheidung keine Verjährung eingetreten ist, ändert dies nichts daran, dass das Finanzamt zu Recht die Berichtigung abgelehnt hat, weil die zu berichtigende Steuerfestsetzung wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr geändert werden kann.
30 
5. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erlass der Steuer. Die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen nach § 227 AO sind nicht gegeben. Anhaltspunkte für einen Billigkeitserlass aus persönlichen Gründen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
31 
Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwider läuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. Sachliche Gründe sind danach gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (Bundesverfassungsgericht vom 5. April 1978 1 BvR 117/73, BStBl II 1978, 441).
32 
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind bestandskräftig festgesetzte Steuern nur dann im Billigkeitsverfahren zu erlassen (§ 227 AO), wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war, sich hiergegen in dem dafür vorgesehenen Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren (BFH-Beschluss vom 4. August 2009 V B 26/08, BFH/NV 2009, 1784; BFH-Urteil vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505). Ansonsten würde es im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, über einen längeren Zeitraum bestandskräftige Steuerverwaltungsakte an etwaige Entwicklungen und Änderung der Rechtsprechung anzupassen, was mit dem Sinn und Zweck der Bestandskraft nicht in Einklang zu bringen wäre. Der Umstand allein, dass eine bestandskräftig festgesetzte Steuer im Widerspruch zu einer späteren Entwicklung oder geänderten Rechtsprechung steht, rechtfertig deshalb keinen Steuererlass nach § 227 AO (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889 und BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 35/03, BStBl II 2005, 460). Noch viel weniger rechtfertigt der Umstand den Erlass, dass die Steuerfestsetzung von Anfang an im Widerspruch zur Rechtslage gestanden hat.
33 
6. Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH C-454/98 hat zwar der BFH in mehreren Fällen den Erlass von bestandskräftig festgesetzter Umsatzsteuer zugelassen, die zu Unrecht ausgewiesen und abgeführt worden war und bei denen die Gefährdung des Steueraufkommens später - nach Eintritt der Festsetzungsverjährung - beseitigt wurde. Diese Rechtsprechung betraf aber Ausnahmefälle, in denen der Rechnungsaussteller keine Möglichkeit hatte, sich innerhalb der Festsetzungsfrist gegen die Umsatzsteuerveranlagung zu wehren, weil die Gefährdung des Steueraufkommens durch die Rückzahlung der Vorsteuer durch den Vertragspartner erst später beseitigt worden ist. Der EuGH hat im Urteil vom 12.2.2008 (C-2/06 - Willy Kempter - BFH/NV Beilage 2008, 89) betont, dass eine Durchbrechung der Bestandskraft nur ausnahmsweise bei besonderen Umständen in Betracht kommt. Die Überprüfung bestandskräftig gewordener Verwaltungsakte, bei denen der Steuerpflichtige den Rechtsweg nicht ausgeschöpft hat, ist auch nach diesem Urteil auf die Beachtung der Grundsätze der Effektivität und Äquivalenz beschränkt. Dies bedeutet, dass dem Steuerpflichtigen die Berufung auf die Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung möglich sein muss und bei gemeinschaftsrechtlichem Sachverhalt nicht erschwert werden darf. Solche Voraussetzungen für einen Erlass liegen nicht vor.
34 
Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin sich gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO gegen die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerfestsetzungen für die Jahre 1994 bis 1996 innerhalb der Festsetzungsfrist wehren können und klarstellen können, dass Nichtumsätze der Besteuerung zugrundegelegt worden sind. Sie hatte die Leistungen als Organträger gegenüber der Organgesellschaft erbracht. Sie hat der Organtochter Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und die Umsatzsteuer - nicht aber die Vorsteuern - in ihre Umsatzsteuererklärung aufgenommen. Die damals beratene Klägerin hätte diesen Fehler erkennen und vermeiden können. Der Fehler war weder unvermeidlich noch war ein Antrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO unzumutbar. Es ist nicht erkennbar, warum sich die Klägerin nicht gegen die offensichtlich und eindeutig falsche Steuerfestsetzung rechtzeitig gewehrt hat. Damit kann das Gericht nicht gemäß § 102 Satz 1 Finanzgerichtsordnung feststellen, dass die Behörde bei der Ablehnung des Erlasses die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von den Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Die Klage auf Erlass der Steuer ist daher unbegründet.
35 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
36 
8. Die Revision wird zugelassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen vor, weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, ob eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer möglich ist, wenn ein Organträger den Leistungsaustausch mit der Organtochter tatsächlich der Besteuerung unterworfen hat. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob eine Berichtigung in einem späteren Jahr noch möglich ist, wenn hinsichtlich der ursprünglichen Besteuerung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Gründe

 
21 
Die Klagen sind unbegründet.
22 
1. Die Klägerin begehrt eine Erstattung von Umsatzsteuer. Gemäß § 37 Abs. 2 AO kann ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden, wenn eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist. Ist eine durch Bescheid festgesetzte Steuer nach materiellem Recht „ohne rechtlichen Grund“ gezahlt worden, so kann der Erstattungsanspruch nur dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der Steuerbescheid nach formellem Recht aufgehoben oder geändert werden kann (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 2/02, BStBl II 2003, 43). Die formelle Bestandskraft des Bescheids überlagert dessen materielle Fehlerhaftigkeit. Der Steuerpflichtige kann sich nicht mehr darauf berufen, dass der festgesetzte Steueranspruch nicht besteht (Drüen in Tipke/Kruse, AO, § 37 Rz. 34; Brockmeyer/Ratschow in Koch, AO-Kommentar, § 37 Rz. 3). Das Rechtsinstitut der Erstattung kann nicht dazu benutzt werden, ein Rechtsbehelfsversäumnis wett zu machen (BFH-Urteil 6. September 1962 V 166/59 U, BStBl III 1962, 494; FG Köln Urteil vom 18. März 2009 7 K 2808/07, Juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16. September 2009 7 K 7296/05 B Juris). Die Umsatzsteuerbescheide für 1994 bis 1996 sind nach Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 AO nicht mehr änderbar. Es ist Festsetzungsverjährung eingetreten. Diese Bescheide sind der Rechtsgrund dafür, dass die Finanzverwaltung die festgesetzten Steuern behalten darf, auch wenn sie unberechtigt festgesetzt worden sind.
23 
2. Die Umsatzsteuer für 2005 kann aufgrund des Antrags vom 27. Oktober 2005 nicht geändert werden. Nach § 14 c Abs. 2 Satz 3 UStG kann derjenige, der nicht berechtigt ist in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert auszuweisen, diese Rechnung berichtigen und die Steuer zurückfordern, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist. Nach Satz 5 der Bestimmung ist die Berichtigung des geschuldeten Betrags beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
24 
Der EuGH erkennt in dem Urteil vom 13. Dezember 1987 (C-342/87 - Genius Holding -, UR 1991, 83) unter Berufung auf das Neutralitätsprinzip, dass jede zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer berichtigt werden kann, wenn der Aussteller seinen guten Glauben nachweist. Später entschied der EuGH auf Vorlagebeschluss des BFH durch Urteil vom 19. September 2000 C-454/98 - Schmeinck & Cofreth & Manfred Strobel - UR 2000, 470), dass der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt, dass die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens durch die ausgestellte Rechnung rechtzeitig und vollständig beseitigt worden ist, ohne dass dies vom guten Glauben des Ausstellers abhängig gemacht werden kann (Schlosser-Zeuner in Bunjes/Geist, Umsatzsteuerkommentar, § 14 c Rz. 27).
25 
Eine zeitliche Beschränkung für die Berichtigung nach § 14 c UStG ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der Beklagte hat jedoch die Zustimmung zur Berichtigung nach § 14 c UStG zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass dieser die Berichtigung einer Rechnung voraussetzt. Eine Rechnung liegt aber nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG nur vor, wenn in dem Dokument über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird und dieses Dokument „begeben“ worden ist. Die Abrechnungspapiere innerhalb eines Organkreises sind keine „Rechnungen“ (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG-Komm., § 14c Anm. 44). Die darin ausgewiesene Umsatzsteuer wird nicht nach § 14 c Abs. 2 UStG geschuldet (vgl. Abschn. 183 Abs. 4 UStR). Sie kann daher nicht nach § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG „berichtigt“ werden.
26 
Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Organschaft (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BStBl II 2009, 256) vorliegen und damit für die Umsatzsteuer von einem einzigen Steuerpflichtigen auszugehen ist, der keine Rechnung an sich selbst ausstellen kann (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG).
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3. Die Klägerin kann sich nicht auf § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG berufen. Danach wird im Fall der Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz die Steuer für den Besteuerungszeitraum geändert, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Im vorliegenden Fall ist keine Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz eingetreten. Es hat keinen steuerpflichtigen Umsatz gegeben. Die Bemessungsgrundlage hat sich nicht dadurch geändert, dass ein „Abrechnungspapier“ im Organkreis durch ein anderes „Abrechnungspapier“ ersetzt worden ist.  § 17 ist nicht anwendbar, wenn die Bemessungsgrundlage von vornherein falsch angesetzt worden ist (Brockmann in Hartmann/Metzenmacher, UStG-Kom. E      § 17 Tz 10).
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4. Aber auch wenn man diesem Ergebnis nicht folgt und über die wortlautgetreue Auslegung hinaus ein sinnwidriges Ergebnis verhindern will durch eine extensive Auslegung des § 14 c UStG (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Dezember 2007 6 K 1655/06, EFG 2008, 746, Revision eingelegt XI R 7/08 oder Wagner in Sölch/Ringleb, USt-Komm.  § 14c, Rz. 190) muss man berücksichtigen, dass für die Berichtigung des aufgrund eines unberechtigt ausgewiesenen Steuerbetrags nach § 14 Abs. 2 UStG die allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind (BMF-Schreiben vom 29. Januar 2004 Tz. 84). Zu berichtigen sind die Steuerfestsetzungen für die Zeiträume, in denen die Gefährdung des Steueraufkommens entfallen oder nicht eingetreten sind (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG). Wurde beim Empfänger der „Rechnung“ kein Vorsteuerabzug vorgenommen, ist der wegen des unberechtigten Steuerausweises geschuldete Betrag beim Aussteller der „Rechnung“ für den Zeitraum zu berichtigen, in dem die Steuer gemäß  § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG durch Ausgabe der „Rechnung“ entstanden und abgeführt worden ist (a.A. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG-Komm., § 14c Anm. 229). Das ist im Streitfall in den Jahren 1994 bis 1996 geschehen. Für diese Jahre ist die Festsetzung nicht nur bestandskräftig, sondern auch Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Steuerfestsetzung kann nicht mehr geändert werden. Daher ist der Beklagte nicht verpflichtet, einer Änderung der Festsetzung zuzustimmen.
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Soweit der Klägervertreter darauf hinweist, dass nach § 14 c Abs. 2 Satz 5 UStG vom Finanzamt über den Antrag auf Berichtigung zu entscheiden ist und für diesen Anspruch auf Entscheidung keine Verjährung eingetreten ist, ändert dies nichts daran, dass das Finanzamt zu Recht die Berichtigung abgelehnt hat, weil die zu berichtigende Steuerfestsetzung wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr geändert werden kann.
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5. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erlass der Steuer. Die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen nach § 227 AO sind nicht gegeben. Anhaltspunkte für einen Billigkeitserlass aus persönlichen Gründen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwider läuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. Sachliche Gründe sind danach gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (Bundesverfassungsgericht vom 5. April 1978 1 BvR 117/73, BStBl II 1978, 441).
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind bestandskräftig festgesetzte Steuern nur dann im Billigkeitsverfahren zu erlassen (§ 227 AO), wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war, sich hiergegen in dem dafür vorgesehenen Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren (BFH-Beschluss vom 4. August 2009 V B 26/08, BFH/NV 2009, 1784; BFH-Urteil vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505). Ansonsten würde es im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, über einen längeren Zeitraum bestandskräftige Steuerverwaltungsakte an etwaige Entwicklungen und Änderung der Rechtsprechung anzupassen, was mit dem Sinn und Zweck der Bestandskraft nicht in Einklang zu bringen wäre. Der Umstand allein, dass eine bestandskräftig festgesetzte Steuer im Widerspruch zu einer späteren Entwicklung oder geänderten Rechtsprechung steht, rechtfertig deshalb keinen Steuererlass nach § 227 AO (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889 und BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 35/03, BStBl II 2005, 460). Noch viel weniger rechtfertigt der Umstand den Erlass, dass die Steuerfestsetzung von Anfang an im Widerspruch zur Rechtslage gestanden hat.
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6. Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH C-454/98 hat zwar der BFH in mehreren Fällen den Erlass von bestandskräftig festgesetzter Umsatzsteuer zugelassen, die zu Unrecht ausgewiesen und abgeführt worden war und bei denen die Gefährdung des Steueraufkommens später - nach Eintritt der Festsetzungsverjährung - beseitigt wurde. Diese Rechtsprechung betraf aber Ausnahmefälle, in denen der Rechnungsaussteller keine Möglichkeit hatte, sich innerhalb der Festsetzungsfrist gegen die Umsatzsteuerveranlagung zu wehren, weil die Gefährdung des Steueraufkommens durch die Rückzahlung der Vorsteuer durch den Vertragspartner erst später beseitigt worden ist. Der EuGH hat im Urteil vom 12.2.2008 (C-2/06 - Willy Kempter - BFH/NV Beilage 2008, 89) betont, dass eine Durchbrechung der Bestandskraft nur ausnahmsweise bei besonderen Umständen in Betracht kommt. Die Überprüfung bestandskräftig gewordener Verwaltungsakte, bei denen der Steuerpflichtige den Rechtsweg nicht ausgeschöpft hat, ist auch nach diesem Urteil auf die Beachtung der Grundsätze der Effektivität und Äquivalenz beschränkt. Dies bedeutet, dass dem Steuerpflichtigen die Berufung auf die Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung möglich sein muss und bei gemeinschaftsrechtlichem Sachverhalt nicht erschwert werden darf. Solche Voraussetzungen für einen Erlass liegen nicht vor.
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Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin sich gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO gegen die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerfestsetzungen für die Jahre 1994 bis 1996 innerhalb der Festsetzungsfrist wehren können und klarstellen können, dass Nichtumsätze der Besteuerung zugrundegelegt worden sind. Sie hatte die Leistungen als Organträger gegenüber der Organgesellschaft erbracht. Sie hat der Organtochter Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und die Umsatzsteuer - nicht aber die Vorsteuern - in ihre Umsatzsteuererklärung aufgenommen. Die damals beratene Klägerin hätte diesen Fehler erkennen und vermeiden können. Der Fehler war weder unvermeidlich noch war ein Antrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO unzumutbar. Es ist nicht erkennbar, warum sich die Klägerin nicht gegen die offensichtlich und eindeutig falsche Steuerfestsetzung rechtzeitig gewehrt hat. Damit kann das Gericht nicht gemäß § 102 Satz 1 Finanzgerichtsordnung feststellen, dass die Behörde bei der Ablehnung des Erlasses die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von den Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Die Klage auf Erlass der Steuer ist daher unbegründet.
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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8. Die Revision wird zugelassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen vor, weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, ob eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer möglich ist, wenn ein Organträger den Leistungsaustausch mit der Organtochter tatsächlich der Besteuerung unterworfen hat. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob eine Berichtigung in einem späteren Jahr noch möglich ist, wenn hinsichtlich der ursprünglichen Besteuerung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.