Finanzgericht Münster Urteil, 05. Aug. 2016 - 4 K 3544/15 Kg
Gericht
Tenor
Die Kindergeldfestsetzung für das Kind M C für Januar 2010 bis Juni 2014 vom 7. September 2015 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2015 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe abgeändert.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin beansprucht Kindergeld für die Zeit von Januar 2010 bis Juni 2014und zwar ohne Anrechnung des niederländischen Zuschusses für zuhause wohnendebehinderte Kinder (“Regeling tegemoetkoming onderhoudskosten thuiswonende gehandicapte kinderen 2000”; ab 1. April 2010: „Regeling tegemoetkoming ouders van thuiswonende gehandicapte kinderen“; nachfolgend TOG-Zuschuss).
3Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie wohnte im Streitzeitraum zusammen mit ihrem Ehemann Herrn C C sowie dem gemeinsamen Sohn M (geb.xx. xx 19xx) in den Niederlanden, ging in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmerin nach und wurde gem. § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als unbeschränkt steuerpflichtig veranlagt.
4Ihr Ehemann ist Soldat („Sergeant-major“) mit beamtenähnlichem Status und arbeitet als solcher für das niederländische Verteidigungsministerium (voraussichtlich bis31. Dezember 2019). Sein Dienstort war zunächst ganz überwiegend in den Niederlanden, zu keiner Zeit in Deutschland. Vom … bis zum … hielt sich der Ehemann zu einem Kampfeinsatz in … auf. Seit dem … ist er in Deutschland stationiert. Vom … bis zum … befand er sich zu einem Kampfeinsatz in … . Zur Tätigkeit des Klägers wird auf die Aufstellung auf Bl. 77 f., 120 f., 124 f. der FG-Akte verwiesen.
5Das Kind der Klägerin hatte im Streitzeitraum Anspruch auf den TOG-Zuschuss und die Klägerin hat diesen auch bezogen.
6Die Beklagte setzte gegenüber der Klägerin seit Januar 2010 gem. § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufig im Hinblick auf den Umfang der Anrechnung niederländischer Familienleistungen Kindergeld (184 € p.m.) unter Anrechnung niederländischer Familienleistungen i.H.v. 78,92 € auf einen monatlichen Differenzbetrag i.H.v. 105,08 € fest (vgl. Bescheid vom 17. Juni 2010).
7Auf Anfrage der Beklagten nach den in den Niederlanden bezogenen Familienleistungen teilte die Sociale Verzekeringsbank (SVB) mit, dass und in welchem Umfang für das Kind Kindergeld (AKW) und ein TOG-Zuschuss gezahlt worden sind. Hierauf wird Bezug genommen (Bl. 255 f. der elektronischen Kindergeldakte).
8Mit Bescheid vom 7. September 2015 setzte die Beklagte den Kindergeldanspruch für die Zeit von Januar 2010 bis Juni 2014 endgültig fest, indem sie auf den Kindergeldanspruch in Höhe von 184 € p.m. niederländische Familienleistungen (einschließlich des TOG-Zuschusses) anrechnete und zwar für Januar 2010 bis Dezember 2011monatlich 149,40 € (neuer monatlicher Unterschiedsbetrag 34,60 €), von Januar 2012 bis Juni 2012 monatlich 160,58 € (neuer monatlicher Unterschiedsbetrag 23,42 €) und von Juli 2012 bis Juni 2014 monatlich 163,19 € (neuer monatlicher Unterschiedsbetrag 20,81 €).
9Wegen der Anrechnung auch des TOG-Zuschusses legte die Klägerin Einspruch ein, den die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2015 hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung von Januar 2010 bis Juni 2014 als unbegründet zurückwies, weil für das Kind auch in den Niederlanden ein Anspruch auf Familienleistung bestehe und dieser nach den unionsrechtlichen Vorgaben auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sei. Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG würden im Ausland gewährte Leistungen, die dem Kindergeld vergleichbar seien, angerechnet. Hierunter falle auch der TOG-Zuschuss. Die Leistungen seien von der SVB bescheinigt.
10Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie stützt sich auf die Entscheidung desGerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8. Mai 2014 C-347/12 „Wiering“ (abgedruckt in ZESAR 2015, 113). Hierin werde ausgeführt, dass für die Anrechnung von ausländischen Familienleistungen zu prüfen sei, ob es sich um „Leistungen gleicher Art“ handele. Das sei hier zu verneinen. Das Kindergeld diene dazu, die kindgerechte Entwicklung finanziell zu unterstützen, wohingegen das niederländische TOG die durch die Behinderung entstehenden Mehrkosten auffange bzw. eine behindertengerechte Förderung unterstütze. Es erfordere den Nachweis eines konkreten Pflegebedarfs im Umfang von min. 10 Stunden/Woche („AWBZ-indicatie“) durch einen einem Amtsarzt vergleichbaren Gutachter. Ferner zeige sich die Andersartigkeit der Leistungen auch aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen. Das TOG stelle sich aufgrund der Anknüpfung an den konkreten Pflegebedarf eher wie das deutsche Pflegegeld dar.
11Die Klägerin hat im Verfahren ein Schreiben der SVB … vom 28. Oktober 2015 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass zu den niederländischen Familienleistungen das Kindergeld (AKW), der TOG-Zuschuss, das kindgebundene Budget (KGB) und der Kinderbetreuungszuschlag (WKO) zählten. Der TOG-Zuschuss sei als finanzielle Unterstützung für Eltern gedacht, die ein zuhause wohnendes schwerbehindertes Kind versorgen und erziehen. Voraussetzung für den Bezug dieser Leistung sei, dass für das Kind ein konkreter Pflegebedarf (min. 10 Stunden/Woche) vorliege. Der Anspruch entfalle u.a., wenn für das Kind eine niederländische oder nicht niederländische Vergütung gezahlt werde, die in Bezug auf den Zweck und die Höhe mit dem TOG-Zuschuss vergleichbar sei. Nach Maßgabe des EuGH-Urteils vom 8. Mai 2014 C-347/12 „Wiering“ sei der TOG-Zuschuss zwar eine Familienleistung, in Bezug auf das Kindergeld jedoch keine Leistung gleicher Art. Hinsichtlich des deutschen Kindergeldanspruchs seienlediglich das AKW und/oder das KGB anrechenbar. Zum 1. Januar 2015 sei der TOG-Zuschuss abgeschafft worden und in die Kindergeldregelungen aufgenommen worden (doppeltes Kindergeld).
12Die Klägerin beantragt sinngemäß,
13die Kindergeldfestsetzung für das Kind M C für Januar 2010 bis Juni 2014 vom 7. September 2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom21. Oktober 2015 dahingehend abzuändern, dass eine Anrechnung des TOG-Zuschusses unterbleibt, sodass sie der Höhe nach der Ausgangsfestsetzung im Bescheid vom 17. Juni 2010 entspricht.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie verweist auf die Einspruchsentscheidung. Für eine Vergleichbarkeit i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG spreche auch, dass der Zuschuss zum 1. Januar 2015 in das niederländische Kindergeldrecht integriert worden sei.
17Dem Senat haben bei der Entscheidung das jeweilige im Streitzeitraum geltende Gesetz über den TOG-Zuschuss in niederländischer Sprache vorgelegen sowie weitere von der Familienkasse Direktion zur Verfügung gestellte, z.T. ins Deutsche übersetzte Quellen (Bl. 82 ff. der FG-Akte).
18Der Berichterstatter hat die Sache mit den Beteiligten am 24. Juni 2016 erörtert. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.
19Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -)
20Entscheidungsgründe
21Die Klage ist begründet.
22Der angefochtene Änderungsbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der niederländische TOG-Zuschuss ist nicht auf das deutsche Kindergeld anzurechnen.
231. Die Anrechnung niederländischer Familienleistungen auf den Kindergeldanspruch der Klägerin, die - wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist - in Deutschland kindergeldberechtigt ist (§§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b), 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), richtet sich im Streitfall nach unionsrechtlichen Vorschriften.
242. Dabei ist auf den Streitzeitraum bis einschließlich April 2010 die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialenSicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, dieinnerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71) i.V.m. Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 574/72)) anzuwenden (vgl. Art. 91 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zurKoordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004) i.V.m. Art. 97 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 987/2009)) und steht einer Anrechnung des TOG-Zuschusses entgegen.
25a) Kindergeld ist eine Familienleistung i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h), Art. 1 Buchst. u), Ziff. i) der VO Nr. 1408/71 (vgl. auch BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921) und die Klägerin unterliegt gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a) Ziff. i) der VO Nr. 1408/71 dem persönlichen Geltungsbereich der Verordnung, da sie als Arbeitnehmerin in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Als Beschäftigungsstaat war Deutschland zudem gem. Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a) der VO Nr. 1408/71 der zur Gewährung von Kindergeld zuständige Staat.
26b) Die einschlägige Antikumulierungsregel des Art. 10 der VO Nr. 574/72 steht einerAnrechnung des TOG-Zuschusses entgegen, weil es sich nicht um eine (Familien‑) Leistung gleicher Art handelt.
27aa) Die Antikumulierungsvorschrift des Art. 76 der VO Nr. 1408/71 kommt nicht zurAnwendung, weil im Wohnmitgliedstaat des Kindes (Niederlande) der Anspruch auf Familienleistungen nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhängig ist. Wie das Kindergeld wird der TOG-Zuschuss erwerbsunabhängig aufgrund des Wohnortes des Leistungsempfängers gewährt (vgl. Art. 4 Abs. 1 des TOG-Gesetz). Infolgedessen ist im Streitfall die Antikumulierungsvorschrift in Art. 10 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. i) der VO Nr. 574/72 einschlägig, weil im Wohnmitgliedstaat des Kindes (in diesem Zeitraum noch) eine Berufstätigkeit ausgeübt wurde, namentlich die Erwerbstätigkeit des Ehemannes der Klägerin und zwar unbeschadet dessen, dass er niederländischer Beamter ist (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Mai 2014 C-347/12, Rn. 47). Danach ruht der deutsche Kindergeldanspruch bis zur Höhe der in dem Wohnmitgliedstaat des Kindes, also den in den Niederlanden vorgesehenen Familienleistungen.
28Hinsichtlich der danach anrechenbaren Leistungen spricht Art. 10 Abs. 1 Buchst. b)Ziff. i) der VO Nr. 574/72 selbst lediglich von Familienleistungen und erfasst folglich sowohl das Kindergeld als auch den TOG-Zuschuss. Das hat der BFH im Urteil vom17. April 2008 (III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921) bereits ausgesprochen und diesen Umstand darüber hinaus bereits ausreichen lassen, um den TOG-Zuschuss auf den deutschen Kindergeldanspruch anzurechnen. An diesem Ergebnis ist nach Ergehen der Entscheidung des EuGH in der Rs. „Wiering“ (EuGH-Urteil vom 8. Mai 2014 C-347/12, ZESAR 2015, 113) nicht mehr festzuhalten. Der EuGH hat es in dieser Entscheidung (Rn. 54 ff.) im Zusammenhang mit der Anrechnung von deutschem Elterngeld auf die - dem Kindergeld entsprechenden - luxemburgische Familienzulage abgelehnt, i.R. des Art. 10 der VO Nr. 574/72 sämtliche Familienleistungen miteinander zu verrechnen. Vielmehr hat er die Anwendung der Antikumulierungsvorschriften eingeengt, weil sich aus Art. 12 der VO Nr. 1408/71 ergibt, dass eine ungerechtfertigte Kumulierung nur bei mehreren „Leistungen gleicher Art“ aus derselben Pflichtversicherungszeit vorliegt. Leistungen gleicher Art i.d.S. liegen vor, wenn ihr Sinn und Zweck sowieihre Berechnungsgrundlage und die Voraussetzungen für ihre Gewährung übereinstimmen. Rein formale Merkmale sind nicht als wesentliche Tatbestandsmerkmale für die Einstufung der Leistungen anzusehen. Dabei müssen die Berechnungsgrundlagen und die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung allerdings nicht völlig gleich sein. Ob Familienleistungen die Voraussetzungen von Art. 12 der VO Nr. 1408/71 erfüllen, hat das nationale Gericht zu bestimmen.
29bb) TOG-Zuschuss und Kindergeld sind nach diesen durch den EuGH spezifizierten Maßgaben keine (Familien‑)Leistung gleicher Art. Sinn und Zweck des Kindergeldes liegt im Regelfall in der Sicherung des Existenzminimums des Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung (§ 31 Satz 1 EStG). Insofern soll es - wie der EuGH ausführt - den Eltern ermöglichen, die mit den Bedürfnissen desKindes zusammenhängenden (typisierten) Kosten zu decken. Es wird unabhängig von den Einkünften oder dem Vermögen der Familienangehörigen oder einer eventuellen Erwerbstätigkeit der Eltern gewährt. Die Endbegünstigten dieser Leistungen sind somit nicht die Eltern, sondern das Kind selbst (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Mai 2014 C-347/12 „Wiering“, Rn. 65). Insofern entspricht, das deutsche Kindergeld dem niederländischen AKW und dem KGB (vgl. zu letzterem FG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juli 2014 7 K 611/14 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2015, 57). Zwar wird der TOG-Zuschuss ebenfalls - und anders als das Elterngeld (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Mai 2014 C-347/12 „Wiering“) - unabhängig vom Vermögen oder Einkommen der Eltern gewährt und kommt letztlich dem Kind zugute. Es zeichnet sich jedoch ganz maßgeblich durch eine vom Kindergeld zu unterscheidenden Zielsetzung aus, indem es auf den Pflegebedarf zuhause untergebrachter behinderter Kinder zugeschnitten ist. Der TOG-Zuschuss bildet einen über den vom Kindergeld abgedeckten Grundbedarf hinausgehenden Sonderbedarf für Kinder mit Behinderung wegen des gesteigerten Pflegebedarfs ab, dem sich die das Kind zuhause betreuenden Eltern ausgesetzt sehen (vgl. Schreiben der SVB … vom 28. Oktober 2015 sowie auch die Ausführungen in BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921, Rn. 22). Die Behinderung und der daraus resultierende Pflegebedarf sind in einem formalisierten Verfahren nachzuweisen. Ein solcher behinderungsbedingter Mehrbedarf findet im deutschen Kindergeldrecht keine Berücksichtigung, sodass eine Vergleichbarkeit jedenfalls bis zum Kindesalter von 18 Jahren ausscheidet (ebenso bereits FG Köln, Urteil vom 13. April 2005 4 K 3997/04, EFG 2005, 1272 zu § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese abweichende Ausgestaltung des TOG-Zuschusses hat zur Folge, dass die Voraussetzungen und die Berechnungsgrundlagen des TOG-Zuschusses von denen des Kindergeldes in für die Vergleichbarkeit erheblicher Weise abweichen.
30Es kommt hinzu, dass es sich zwar beim Kindergeld, nicht aber beim TOG-Zuschuss um eine Familienbeihilfe i.S. des Art. 1 Buchst. u) Ziff. ii) der VO Nr. 1408/71 handelt, weil der Zuschuss nicht ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt wird. Wenngleich nicht zum allein ausschlaggebenden Kriterium erhoben, zieht der EuGH diese Differenzierung im Urteil vom 8. Mai 2014 (C-347/12 „Wiering“) durchaus ergänzend zur Charakterisierung einer staatlichen Familienleistung heran (vgl. Rn. 57 und 60).
31Ohne Bedeutung für die Streitfrage ist, dass der TOG-Zuschuss nach dem Streitzeitraum abgeschafft bzw. - ggf. in veränderter Weise - in das niederländische Kindergeldrecht integriert worden ist.
32cc) Soweit sich die niederländische Rechtslage zum 1. April 2010 geändert hat, erkennt der Senat keine substantielle Veränderung im Hinblick auf Sinn und Zweck, Berechnungsgrundlage und die Voraussetzungen für die Gewährung, die eine abweichende Einschätzung i.R. des Art. 12 der VO Nr. 1408/71 erfordern würde. Weiterhin sind keine (Familien‑)Leistungen gleicher Art gegeben. Nach wie vor soll der TOG-Zuschuss den für ein behindertes Kind entstehenden erhöhten Pflegebedarf abdecken, wie er sich aus Art. 4 Abs. 1 des TOG-Gesetzes auch in der neuen Fassung ergibt. Das gilt unbeschadet dessen, dass die Regelung nunmehr nicht mehr von einer „Beihilfe zu den Unterhaltskosten“, sondern von einer „Beihilfe zugunsten des Kindes“ spricht. Entsprechend ist es ohne Bedeutung, dass das Gesetz insgesamt von “Regeling tegemoetkoming onderhoudskosten [Unterhaltskosten] thuiswonende gehandicapte kinderen 2000” in „Regeling tegemoetkoming ouders [Eltern] van thuiswonende gehandicapte kinderen“ umbenannt wurde.
333. Ab Mai 2010 ist die VO Nr. 883/2004 einschlägig (vgl. Art. 91 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 97 Absatz 1 S. 2 VO Nr. 987/2009), die einer Anrechnung ebenfalls entgegensteht.
34a) Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich sind eröffnet, weil die Klägerin deutsche Staatsangehörige (Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004) ist und das Kindergeld ebenso wie der TOG-Zuschuss Familienleistung i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. j) i.V.m. Art. 1 Buchst. z) der VO Nr. 883/2004 ist (vgl. dazu etwa BFH-Urteil vom 10. März 2016 III R 62/12, noch nicht amtlich veröffentlicht). Die Klägerin unterliegt nach Art. 11 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a) der VO Nr. 883/2004 aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in Deutschland den deutschen Rechtsvorschriften.
35b) Auch nach neuer Verordnungslage hat eine Anrechnung des TOG-Zuschusses zu unterbleiben. Dabei kann - für das klägerische Begehren hinsichtlich der Anrechnung des TOG-Zuschusses (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) - offenbleiben, ob diese Rechtsfolge daraus resultiert, dass Deutschland unter den Gegebenheiten des Streitfalls der nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 vorrangig zuständige Staat wäre und eine Anrechnung niederländischer Familienleistungen schon aus diesem Grund nicht in Betracht käme (Art. 60 Abs. 2 der VO Nr. 987/2009; vgl. auch DA 214.2 Abs. 4, 214.5). Denn auch wenn Deutschland der nachrangig zuständige Staat wäre, hätte das gem. Art. 68 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 883/2004 zur Folge, dass Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt würden und erforderlichenfalls ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren wäre. Wie im Rahmen der alten VO Nr. 574/72 sind auch im Rahmen der Differenzkindergeldgewährung nach Art. 68 Abs. 2 der VO Nr. 883/2004 zwar nach dessen Wortlaut die niederländischen TOG-Zuschüsse als Leistungen bzw. Familienleistungen im dortigen Sinn anzurechnen. Indessen gelten die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 8. Mai 2014 C-347/12 „Wiering“ auch nach neuem Verordnungsrecht (dagegen Fuchs, Neue Zeitschrift für Sozialrecht 2015, 121). Denn der die Einschränkung begründende Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71 wurde im Kern übereinstimmend auch in den allgemeinen Teil der neuen Verordnung (Art. 10 der VO Nr. 883/2004) aufgenommen (so auch Dern in Schreiber/Wunder/Dern, VO (EG) 883/2004, Kommentar, Art. 10 Rn. 2) und es ist nichts dafür ersichtlich, dass „Leistungen gleicher Art“ nunmehr anders verstanden werden müsste als nach Maßgabe der „Wiering“-Entscheidung. Danach scheidet eine Anrechnung des TOG-Zuschusses aus den dargelegten Gründen aus.
36Dass im neuen Verordnungsrecht der - abgrenzende - Begriff der Familienbeihilfe keine Verwendung mehr findet (vgl. Art. 1 der VO Nr. 883/2004), ändert daran nichts. Dieser Differenzierung kam, wie dargelegt, ohnehin allein - eine die materielle Betrachtung - ergänzende Bedeutung zu.
374. Die Anrechnung nach nationalem Recht (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, vgl. dazu nochmal FG Köln, Urteil vom 13. April 2005 4 K 3997/04, EFG 2005, 1272) wird durch das Unionsrecht verdrängt (vgl. BFH-Urteile vom 4. Februar 2016 III R 9/15, BFHE 253, 139 sowie vom 18. Dezember 2013 III R 52/11, BFH/NV 2014, 851).
385. Dem Klagebegehren entsprechend ist die Kindergeldfestsetzung für den Streitzeitraum danach um folgende angerechnete TOG-Zuschuss-Beträge zu erhöhen (Bl. 255 der Kindergeldakte):
39von Januar 2010 bis Dezember 2011 monatlich um 70,49 €
40von Januar 2012 bis Juni 2012 monatlich um 70,78 €
41von Juli 2012 bis Juni 2014 monatlich um 71,94 €.
42Das Klagebegehren ist damit vollständig begründet. Dass der Klageantrag darüber hinaus ziffernmäßig auf den Bescheid vom 17. Juni 2010 rekurriert, der zwischenzeitliche Erhöhungen des angerechneten niederländischen Kindergeldes während des Streitzeitraums noch unberücksichtigt ließ (vgl. Bl. 255 der Kindergeldakte), hält der Senat angesichts der zweifelsfreien Anknüpfung des Antrags an den TOG-Zuschuss für unschädlich. Einer (geringfügigen) Teilabweisung bedarf es von daher nicht.
43Die Berechnung der festzusetzenden Beträge wird der Familienkasse übertragen, § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
446. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
457. Unbeschadet dessen, dass eine Vorlage zum EuGH ohnehin lediglich im Ermessen der Instanzgerichte steht (vgl. Art. 267 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union), hat der Senat an der Unionsrechtslage nach der Entscheidung „Wiering“ - auch für die geänderte Verordnungslage ab Mai 2010 - keine entscheidungs-erheblichen Zweifel (EuGH-Urteil C.I.L.F.I.T. vom 6. Oktober 1982 283/81, EU:C:1982:335, Slg. 1982, 3415).
46Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz zur BFH-Rechtsprechung in BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921 sowie in BFHE 238, 120, BStBl II 2013, 24, zuzulassen.
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(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil
- 1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort - a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden, - b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder - c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
- 2.
am Festlandsockel, soweit dort - a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder - b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.
(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die
- 1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und - 2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.
(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.
(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn
- 1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden, - 2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist, - 2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann, - 3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder - 4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.
(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 oder durch Kindergeld nach Abschnitt X bewirkt.2Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie.3Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt.4Bewirkt der Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum die nach Satz 1 gebotene steuerliche Freistellung nicht vollständig und werden deshalb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 vom Einkommen abgezogen, erhöht sich die unter Abzug dieser Freibeträge ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum; bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt.5Bei der Prüfung der Steuerfreistellung und der Hinzurechnung nach Satz 4 bleibt der Anspruch auf Kindergeld für Kalendermonate unberücksichtigt, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.6Satz 4 gilt entsprechend für mit dem Kindergeld vergleichbare Leistungen nach § 65.7Besteht nach ausländischem Recht Anspruch auf Leistungen für Kinder, wird dieser insoweit nicht berücksichtigt, als er das inländische Kindergeld übersteigt.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.