Finanzgericht München Urteil, 08. März 2018 - 7 K 730/17
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
21.05.2010 Ernennung zum „director“ der neugegründeten Ltd..
30.05.2010 Abberufung (Resignation)
02.03.2011 Neubestellung (New Appointment)
16.03.2011 Abberufung (Resignation)
06.12.2011 Neubestellung (New Appointment)
20.12.2011 Abberufung (Resignation).
den Haftungsbescheid vom 20. Juli 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2017 aufzuheben.
die Klage abzuweisen. Es trägt vor, dass die Eintragung im britischen Handelsregister unbeachtlich sei, denn die Eintragung im deutschen Handelsregister gelte für die deutsche Zweigniederlassung der X Ltd… Insbesondere seien keine Unterlagen eingereicht worden, die das Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer der deutschen Zweigniederlassung der Ltd. belegten.
Gründe
ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Urteil, 08. März 2018 - 7 K 730/17
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht München Urteil, 08. März 2018 - 7 K 730/17
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenFinanzgericht München Urteil, 08. März 2018 - 7 K 730/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.
(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.
(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.
Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.
(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist von einem Einzelkaufmann oder einer juristischen Person beim Gericht der Hauptniederlassung, von einer Handelsgesellschaft beim Gericht des Sitzes der Gesellschaft, unter Angabe des Ortes und der inländischen Geschäftsanschrift der Zweigniederlassung und des Zusatzes, falls der Firma der Zweigniederlassung ein solcher beigefügt wird, zur Eintragung anzumelden. In gleicher Weise sind spätere Änderungen der die Zweigniederlassung betreffenden einzutragenden Tatsachen anzumelden.
(2) Das zuständige Gericht trägt die Zweigniederlassung auf dem Registerblatt der Hauptniederlassung oder des Sitzes unter Angabe des Ortes sowie der inländischen Geschäftsanschrift der Zweigniederlassung und des Zusatzes, falls der Firma der Zweigniederlassung ein solcher beigefügt ist, ein, es sei denn, die Zweigniederlassung ist offensichtlich nicht errichtet worden.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Aufhebung der Zweigniederlassung.
Tatbestand
- 1
-
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war bis zur Löschung am 18. August 2011 als "director" der Zweigniederlassung der im Companies House of Cardiff eingetragenen … Ltd. im Handelsregister des Amtsgerichts … eingetragen. Die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) am 7. Oktober 2010 wegen nicht beitreibbarer Rückstände beantragte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Ltd. wurde am 6. September 2011 mangels Masse abgelehnt.
- 2
-
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2010 nahm das FA den Kläger gemäß §§ 69, 34, 191 der Abgabenordnung (AO) auf 90 % der aus dem Zeitraum Dezember 2009 bis September 2010 rückständigen Umsatzsteuern und Nebenabgaben der Ltd. in Haftung, nachdem dieser auf Nachfragen zum Haftungsumfang nicht geantwortet hatte. Der Einspruch blieb erfolglos.
- 3
-
Im Klageverfahren legte der Kläger einen Computerausdruck aus dem Companies House of Cardiff zur Ltd. vor, in dem sich unter dem 22. August 2010 die Eintragungen finden "APPOINTMENT TERMINATED; DIRECTOR …" und "DIRECTOR APPOINTED MR. …". Außerdem überreichte er eine Vollmacht vom 28. Mai 2010, in der director … als Vertreter der Ltd. dem Kläger eine Handlungsvollmacht nach § 54 des Handelsgesetzbuchs (HGB) erteilt.
- 4
-
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Als von der Gesellschafterversammlung und des Board of Directors der Ltd. am 29. April 2009 ernannter und bis zur Löschung der Ltd. im Handelsregister eingetragener director sei der Kläger gesetzlicher Vertreter der Ltd. gewesen und habe ihre steuerlichen Pflichten erfüllen müssen. Die Eintragung im Computerausdruck aus dem Companies House "APPOINTMENT TERMINATED; DIRECTOR …" stehe dem nicht entgegen, da der Kläger, der bei Vorgängen außerhalb des Geltungsbereichs der AO den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen habe, keinen Gesellschafterbeschluss über seine Abberufung oder eine Kündigung vorgelegt habe. Im Übrigen sei er aufgrund der im Termin vorgelegten Handlungsvollmacht als Verfügungsberechtigter i.S. von § 35 AO und nach seinem Auftreten als Geschäftsführer insbesondere gegenüber dem FA bis einschließlich November 2010 zumindest als faktischer Geschäftsführer der Ltd. anzusehen.
- 5
-
Das FA sei wegen der mangelnden Mitwirkung des Klägers berechtigt gewesen, den auf der Pflichtverletzung beruhenden Schaden auf 90 % der rückständigen Abgaben zu schätzen, zumal er selbst zu keinem Zeitpunkt vorgetragen habe, die Ltd. habe nicht über ausreichende Mittel zur Zahlung der Steuern verfügt. Aus den Steuerakten der Ltd. hätten sich keine Anhaltspunkte zu deren Vermögenslage ergeben, während das Erhebungskonto bis zum 11. Oktober 2010 unregelmäßige Zahlungseingänge in erheblichem Umfang ausweise. Selbst das nach Ergehen der Einspruchsentscheidung erstellte Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters enthalte keine substantiierten Angaben zur Vermögenslage der Ltd. im Haftungszeitraum, insbesondere nicht zu ihrer Liquidität und zu anderen Verbindlichkeiten und deren Tilgung.
- 6
-
Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausübung des Auswahlermessens durch das FA bestünden nicht, da es keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz eines weiteren Haftungsschuldners gehabt habe.
- 7
-
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beruft sich der Kläger auf alle in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgeführten Zulassungsgründe.
Entscheidungsgründe
- 8
-
II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet. Keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend genannten Gründe für die Zulassung der Revision liegt vor.
- 9
-
1. Die Rechtsfrage, ob die fehlende oder unzureichende Mitwirkung des in Haftung genommenen Geschäftsführers bei der Feststellung der Zahlungssituation der Gesellschaft im Haftungszeitraum die Bestimmung einer Haftungsquote (in der Nähe) von 100 % rechtfertige, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
- 10
-
Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist einer Rechtsfrage beizumessen, wenn ihre Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. April 2002 IV B 29/01, BFHE 198, 316, BStBl II 2002, 581, m.w.N.).
- 11
-
Die gestellte Rechtsfrage ist weder klärungsbedürftig noch hinsichtlich der konkreten Haftungsquote einer allgemeinen Klärung fähig.
- 12
-
Soweit für die dem FA aufgegebene Schätzung der Haftungsquote überhaupt allgemeine Grundsätze aufgestellt werden können, hat der Senat dies mit dem auch vom Kläger zitierten Urteil (vom 26. Oktober 2011 VII R 22/10, BFH/NV 2012, 777) bereits getan. Danach hat das FG das Maß der Verletzung der dem Haftungsschuldner nach § 90 Abs. 1 AO obliegenden Mitwirkungspflicht bei der Ausübung seiner Schätzungsbefugnis zu berücksichtigen. Macht der Haftungsschuldner keine oder nur unvollständige Angaben, kann er sich auf Schätzungsfehler des FA nur in einem eingeschränkten Umfang berufen. Ein Schätzungsfehler kann dem FA, das keinerlei Angaben über die Gesamtverbindlichkeiten und die Gesamtsumme der bezahlten Verbindlichkeiten erhalten hat, nicht vorgeworfen werden.
- 13
-
Ob dies eine Haftung zu 100 % rechtfertigt, ist im Streitfall, in dem das FA eine Quote von 90 % zugrunde gelegt hat, nicht klärungsfähig.
- 14
-
Eine "Haftungsquote (in der Nähe) von 100 %" muss ein Haftungsschuldner unter den Bedingungen des o.g. Urteils grundsätzlich hinnehmen. Inwiefern besondere Umstände gleichwohl eine Reduzierung gebieten können, ist naturgemäß nicht verallgemeinerungsfähig und kann damit einer Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugeführt werden.
- 15
-
Anlass für eine Überprüfung der vorgenannten, eingehend begründeten Rechtsprechung sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht. Die Verpflichtung des Haftungsschuldners, bei der Ermittlung der Haftungsquote mitzuwirken, ist seit langem unumstritten (vgl. z.B. Senatsurteil vom 11. Juli 1989 VII R 81/87, BFHE 157, 315, BStBl II 1990, 357). Zweifelsfrei ist auch, dass die Verletzung dieser Mitwirkungspflicht durch Schweigen oder eine ungerechtfertigte Weigerung, solche in seinem Wissensbereich liegende Auskünfte zu erteilen, gegen den Geschäftsführer verwertet werden kann (BFH-Urteile vom 8. Juli 1982 V R 7/76, BFHE 137, 1, BStBl II 1983, 249, und vom 9. Oktober 1985 I R 154/82, BFH/NV 1986, 321). Der Kläger hat lediglich seine Rechtsauffassung, die Unaufklärbarkeit des Schadens gehe nach den allgemeinen Beweislastregeln zulasten des Fiskus, derjenigen des Senats entgegengesetzt. Dass die Entscheidung in der nachfolgenden Judikatur oder Literatur kritisch hinterfragt worden wäre, hat er nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
- 16
-
2. Die vom Kläger geltend gemachte Divergenz der Entscheidung des FG zum Senatsbeschluss vom 31. März 2000 VII B 187/99 (BFH/NV 2000, 1322) liegt nicht vor.
- 17
-
a) Eine Divergenz, die die Zulassung der Revision zur Sicherung der Rechtsprechungseinheit i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rechtfertigt, ist anzunehmen, wenn das FG mit einem das angefochtene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Die angestrebte BFH-Entscheidung muss geeignet und notwendig sein, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über eine bestimmte Rechtsfrage zu verhindern (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluss vom 12. Oktober 2011 III B 56/11, BFH/NV 2012, 178; Senatsbeschluss vom 28. Dezember 2001 VII B 109/01, BFH/NV 2002, 663; BFH-Beschluss vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040). Es reicht nicht aus, eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen oder die ggf. fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles oder bloße Subsumtionsfehler des FG geltend zu machen (BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2002 IX B 124/02, BFH/NV 2003, 495).
- 18
-
b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Begründung des FG, mit der es die vom FA ermittelte Höhe der Haftungsschuld des Klägers bestätigt hat, beruht nicht auf einer anderen Ermittlungsmethode als im Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 1322 vorgegeben. Es hat diese Methode möglicherweise nicht umfassend angewendet. Soweit dies dem Urteil zu entnehmen ist, hat das FA und ihm folgend das FG die Haftungssumme offenbar durch Anwendung der (geschätzten) Quote der Gesamtschuldentilgung (hier 90 %) auf die bei Erlass des Haftungsbescheids offenen Abgabenforderungen ermittelt, während nach der Senatsrechtsprechung die Quote der Gesamtschuldentilgung zunächst auf sämtliche im Haftungszeitraum geschuldeten Abgaben anzuwenden ist und von dem so ermittelten Betrag die Zahlungseingänge im Haftungszeitraum abzuziehen sind. Wenn das so ist, beruht die Entscheidung nicht auf einer von der Senatsrechtsprechung abweichenden Rechtsauffassung des FG, sondern (lediglich) auf einer fehlerhaften Berechnung der Haftungssumme.
- 19
-
c) Ein solcher Berechnungsfehler führte --läge er vor-- zu einer materiell-rechtlich unrichtigen Entscheidung, könnte aber die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 2011 II S 39/10 (PKH), BFHE 232, 310, BStBl II 2011, 657, und vom 7. März 2012 II B 90/11, BFH/NV 2012, 998). Mit ihr können lediglich sog. qualifizierte Rechtsanwendungsfehler mit Erfolg geltend gemacht werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maß fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wieder hergestellt werden könnte. Dies kann der Fall sein, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat, sein Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Unterhalb dieser Schwelle liegende, auch erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung und somit einen Grund für die Zulassung der Revision anzunehmen (BFH-Beschluss vom 16. Mai 2012 IV B 48/11, BFH/NV 2012, 1462, unter II.3.a; vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 998).
- 20
-
d) Schließlich kann die Nichtzulassungsbeschwerde auch deshalb keinen Erfolg haben, weil sich das angefochtene Urteil aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als richtig erweist (§ 126 Abs. 4 FGO analog; dazu BFH-Beschlüsse vom 31. Januar 2007 I B 44/06, BFH/NV 2007, 1191; vom 30. November 2006 VIII B 104/06, BFH/NV 2007, 486). Nach den unangefochtenen Feststellungen des FG haben sich weder im Einspruchs- noch im Klageverfahren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Ltd. im Haftungszeitraum nicht über ausreichende Mittel verfügte, die sich aus den vom Kläger eingereichten Steueranmeldungen ergebenden Steuern fristgerecht zu entrichten oder dass sie ihre übrigen Verbindlichkeiten nicht vollständig beglich. Der vom FA bei der Bestimmung der Haftungssumme berücksichtigte pauschale Abschlag von 10 % auf die Abgabenschuld beruht nicht auf festgestellten Zahlungsschwierigkeiten, sondern erklärt sich wohl unter dem Gesichtspunkt der vorsichtigen Schätzung; aus Rechtsgründen veranlasst war er nicht. Hätte der Kläger demnach auf den Gesamtbetrag der im Haftungszeitraum offen gebliebenen Abgaben in Haftung genommen werden können, konnte sich ein Fehler des FG bei der Ermittlung einer Haftungsquote nicht auswirken. Die Klage hätte --da eine Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist-- wie geschehen abgewiesen werden müssen.
- 21
-
3. Mit der Rüge, das FG habe seine aus § 76 Abs. 1 FGO resultierende Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es keine Feststellungen dazu getroffen hat, dass er, der Kläger, auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer noch die von der Rechtsprechung geforderte umfassende Herrschaft über die Gesellschaft innehatte, ist kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt. Zu der schlüssigen Rüge einer ungenügenden Sachverhaltsermittlung gehört zumindest der Vortrag, welche Tatsachen das FG auch ohne besonderen Beweisantrag hätte aufklären oder welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen (Senatsbeschluss vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom 18. Januar 2001 V B 157/00, BFH/NV 2001, 926, m.w.N.). Daran fehlt es.
- 22
-
4. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das FG bei der Beurteilung des Auswahlermessens des FA auch nicht gegen seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts verstoßen, indem es angenommen hat, Anhaltspunkte für die Existenz eines weiteren Haftungsschuldners hätten nicht bestanden. Bei der Prüfung, ob das FA sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat, kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung an. Zu diesem Zeitpunkt hatte das FA nach den Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte für die Existenz eines weiteren Haftungsschuldners. Den Computerausdruck aus dem Companies House hat der Kläger erst in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vorgelegt.
- 23
-
5. Mit der Rüge, das FG habe die in der mündlichen Verhandlung eingeführten Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft haftungsrechtlich unzureichend gewürdigt, macht der Kläger keinen revisionsrechtlich relevanten Verfahrensfehler, sondern einen vermeintlichen Fehler in der materiell-rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts geltend. Derartige Einwendungen gegen das finanzgerichtliche Urteil sind revisionsrechtlich grundsätzlich unbeachtlich.
- 24
-
6. Schließlich hat das FG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es dem Kläger keine Gelegenheit gegeben hat, zum Nachweis der Neuberufung des Herrn … zum Geschäftsführer am 20. August 2010 einen Gesellschafterbeschluss über seine, des Klägers, Abberufung beizubringen. Die Berufung eines neuen Geschäftsführers war nach der --bei der Beurteilung eines Verfahrensfehlers allein maßgeblichen-- Rechtsauffassung des FG (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 2006 V B 58/05, BFH/NV 2007, 788; vom 29. Juni 2004 IV B 126/03, BFH/NV 2005, 30) nicht entscheidungserheblich. Denn es hat die Verantwortlichkeit des Klägers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Ltd. schon deshalb bejaht, weil es ihn sowohl aufgrund der Handlungsvollmacht gemäß § 54 HGB als auch wegen seines Auftretens als faktischer Geschäftsführer der Ltd. als Verfügungsberechtigten i.S. des § 35 AO angesehen hat.
(1)1Auf die Durchführung der Besteuerung einschließlich der Anrechnung, Entrichtung und Vergütung der Körperschaftsteuer sowie die Festsetzung und Erhebung von Steuern, die nach der veranlagten Körperschaftsteuer bemessen werden (Zuschlagsteuern), sind die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entsprechend anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.2Die sich im Zuge der Festsetzung ergebenden einzelnen Körperschaftsteuerbeträge sind jeweils zu Gunsten des Steuerpflichtigen auf volle Euro-Beträge zu runden.3§ 37b des Einkommensteuergesetzes findet entsprechende Anwendung.
(1a)1Die Körperschaftsteuererklärung und die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.2Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall sind die Erklärungen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom gesetzlichen Vertreter des Steuerpflichtigen eigenhändig zu unterschreiben.
(2) Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr gilt § 37 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe, dass die Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer bereits während des Wirtschaftsjahrs zu entrichten sind, das im Veranlagungszeitraum endet.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.