Gericht

Finanzgericht München

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin für ihre Tochter K, geboren am 2. Dezember 1994, im Zeitraum Februar 2013 bis Juli 2013 einen Anspruch auf Kindergeld hat.

Die Klägerin bezog für K laufend Kindergeld. Nachdem K die 10. Klasse im Juli 2011 mit dem Erwerb des Mittleren Bildungsabschlusses abgeschlossen hatte, war sie laut Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit seit 19. September 2012 als ratsuchend gemeldet. Laut Attest ihres Hausarztes begann K im September 2011 eine Ausbildungserprobung zur Tierpflegerin, die sie im November 2011 wegen fehlender Ausbildungsreife nicht fortgesetzt hat. Weitere Ausbildungsschritte wurden nicht unternommen (Attest vom 23. April 2012). Mit Wirkung vom 22. Januar 2013 war sie wegen fehlender Mitwirkung nicht mehr als Ausbildungsplatzsuchende registriert. Mit Bescheid vom 29. Januar 2013 hob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld ab Februar 2013 auf.

Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren wandte die Klägerin im Wesentlichen ein, dass ihre Tochter aufgrund einer seelischen Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. K sei vom 18. Juli 2012 bis zum 19. Oktober 2012 stationär behandelt worden, der Abschlussbericht vom 23. Oktober 2012 attestiere eine mittelgradige depressive Episode, eine Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung sowie Dyskalkulie. Auf Anfrage der Familienkasse teilte das Team Reha/Schwerbehinderte der Agentur für Arbeit am 26. März 2012 mit, dass die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung gemäß § 76 Abs. 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) nicht erfüllt seien. K sei in der Lage, an einer Maßnahme der Agentur teilzunehmen, habe dies jedoch abgelehnt, da sie weiter die Schule besuchen wollte. Daher sei sie am 22. Januar 2013 aus der Berufsberatung abgemeldet worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auch wenn bei K eine Behinderung vorliege, sei diese nicht ursächlich dafür, das sich K nicht selbst unterhalten könne.

Mit der am 29. Juli 2013 beim Finanzgericht eingegangenen Klage trägt die Klägerin weiterhin vor, dass ihre Tochter zum Personenkreis des § 35a des Achten Buchs Sozialgesetzbuch SGB (SGB VIII) bzw. des § 2 SGB IX zähle. Die seelische Behinderung bestehe bis heute, da auch Klinikaufenthalte nicht zum Erfolg geführt hätten. Aufgrund der psychischen Instabilität sei K bis auf weiteres nicht in der Lage, sich um einen Ausbildungsplatz, eine Arbeitsstelle oder eine schulische Weiterbildung zu kümmern. Auch Termine beim Jugend-, Arbeits- oder Sozialamt könnten nicht wahrgenommen werden. Ursache für die Behinderung sei der schlechte Unterricht ihrer Tochter gewesen, die unter einer massiven Teilleistungsstörung in Form einer Dyskalkulie leide. K sei ab der 3. Klasse durch ihre Mathematiklehrer gemobbt worden. Im November 2011 und Januar 2012 habe sich K erfolglos um ein Praktikum als Tierpflegerin beworben (Bewerbungsschreiben vom 29. November 2011 und 26. Januar 2012). Nach Abschluss der stationären Behandlung am 19. Oktober 2012 sei beabsichtigt gewesen, dass K ab 1. November 2013 eine Schule besucht, um das Abitur nachzuholen. Bedingt durch den Erhalt des schulischen Abschlussberichts Klinik habe K einen Rückfall erlitten und deswegen diesen Plan aufgeben müssen. Sie habe sich jedoch im April 2014 um einen Studienplatz an einer Universität in Schottland beworben, da ihre Schwester dort bereits studiere. Im September 2014 sei K nach Schottland geflogen, um ihren Aufenthalt mit ihrer Schwester in einer gemeinsamen Wohngemeinschaft zu organisieren. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie ihre 80-jährige Großmutter unterstützt und sich insbesondere um ihren 82-jährigen Großvater gekümmert, der mit Pflegestufe 3 in einem Pflegeheim im benachbarten Ort untergebracht gewesen sei. Sie habe diesem zu trinken gegeben, mit ihm gesungen und sei mit ihm spazieren gefahren, da das Pflegeheim nicht auf solche schwere Pflegefälle eingestellt und die Großmutter zu diesen Hilfeleistungen aus Altersgründen nicht in der Lage gewesen sei. Das im September 2014 begonnene Studium habe K inzwischen abbrechen müssen.

Vor Jahren sei bei ihrer Tochter eine sprachliche und musische Hochbegabung diagnostiziert worden, insbesondere verfüge sie über Sprachkenntnisse in Deutsch, Englisch und Katalanisch. Ihre Tochter gehöre ausweislich eines Gutachtens vom 27. August 2015 zu dem in § 35a SGB VIII genannten Personenkreis.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 29. Januar 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

Mit Anordnung nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) jeweils vom12. Januar 2015 und 23. Februar 2015 wurde die Klägerin aufgefordert, unter anderem darzulegen und anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen, ob K ab Februar 2013 eine Schule besucht hat, in einem Beschäftigungsverhältnis stand oder für einen Beruf ausgebildet wurde bzw. aufgrund einer Behinderung nicht fähig gewesen ist, sich selbst zu unterhalten. Auf die hierzu eingereichten Stellungnahmen, insbesondere das Gutachten vom 27. August 2015, die fachärztliche Verordnung vom 6. Mai 2004, das Gutachten der Klinik vom 7. Mai 2010 sowie den ärztlich-psychologischen Befund der Klinik vom 18. September 2012 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Familienkasse, auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

II.

1. Die ursprünglich als Untätigkeitsanfechtungsklage nach §§ 46 Abs. 1, 40 Finanzgerichtsordnung –FGO– erhobene Klage ist nach Ergehen der Einspruchsentscheidung am 31. Juli 2013 als Anfechtungsklage zulässig (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. Oktober 1988 III B 184/86, BStBl II 1989, 107, Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 46 Rz. 34).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann das Finanzgericht den Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle machen, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat. Im Falle eines zulässigen, in der Sache aber unbegründeten Einspruchs gegen einen Aufhebungsbescheid ist der Familienkasse längstens eine Regelung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung möglich (BFH-Urteil vom 22. Dezember 2011 III R 41/07, BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681). Im Streitfall ist daher über die Anspruchsberechtigung für den Zeitraum Februar 2013 bis Juli 2013 zu entscheiden.

In diesem Zeitraum lagen die Anspruchsvoraussetzungen gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht vor. K, die im Februar 2013 ihr 18. Lebensjahr, aber noch nicht ihr 21. Lebensjahr vollendet hatte, konnte nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG berücksichtigt werden.

a) Da K im Zeitraum Februar 2013 bis Juli 2013 weder in einem Beschäftigungsverhältnis stand noch bei einer Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet war, liegen die Anspruchsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht vor. Die im Klageverfahren eingereichten Bewerbungsschreiben, mit denen sich K im November 2011 und Januar 2012 erfolglos um ein Praktikum als Tierpflegerin beworben hat, betreffen nicht den vorliegend streitigen Zeitraum. Aus der Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit ergibt sich, dass sie aus der Berufsberatung am 22. Januar 2013 abgemeldet worden ist. Die Klägerin selbst hat verneint, dass K im Streitzeitraum bei der Agentur für Arbeit als Ausbildung suchend gemeldet gewesen wäre. Vielmehr kümmerte sich K um ihre Großeltern und plante ihr Studium.

c) Der Klägerin steht auch kein Anspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu. Nach dieser Vorschrift wird ein Kind berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.

Dies erfordert nach ständiger Rechtsprechung, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat (vgl. BFH-Urteile vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BStBl II 2009, 1005 und vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BStBl II 2009, 1005 jeweils m.w.N.). Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets beim Arbeitsamt bzw. bei der Agentur für Arbeit als Ausbildung suchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus.

Die Klägerin hat jedoch weder konkret dargelegt noch nachgewiesen, dass sich K im Streitzeitraum ab Februar 2013 um einen Ausbildungsplatz bemüht hat, sondern vorgetragen, dass sich K im Zeitraum Februar bis Juli 2013 vornehmlich um ihre dementen Großeltern gekümmert hat. Die vorgelegten Bewerbungsschreiben um eine Praktikums- bzw. Ausbildungsstelle stammen aus der Zeit vor dem Streitzeitraum und belegen nicht das Vorliegen einer Bewerbung ab Februar 2013.

Auch die Bewerbung um einen Studienplatz führt nicht zur Berücksichtigung als Kind, das eine Berufsausbildung (Studium) mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann (§ 32 Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG), weil die Bewerbung für das Sommersemester 2014 erst im April 2014 erfolgte.

c) K kann im Streitzeitraum auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht für ein volljähriges Kind auch dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Menschen sind nach der Definition des § 2 Abs. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (Blümich/Selder EStG § 32 Rn. 111 f). Sie sind nach § 2 Abs. 2 SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vorliegt. Einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, wer einen Grad der Behinderung von weniger als 50 und mindestens 30 hat und infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz i.S.v. § 73 SGB IX nicht erlangen kann (§ 2 Abs. 3 SGB IX).

Der Nachweis der Behinderung wird bei einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % durch einen Ausweis nach dem SGB IX oder durch einen Feststellungsbescheid des Versorgungsamts geführt, bei einem Grad der Behinderung zwischen 25 und 50 ebenfalls durch einen Feststellungsbescheid, der eine Äußerung darüber enthält, ob die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder auf einer typischen Berufskrankheit beruht. Ebenfalls als Nachweise in Betracht kommen Rentenbescheide oder Bescheide über die Einstufung einer schwerstpflegebedürftige Person in Pflegestufe III (BMF vom 22. November 2010, BStBl I 2010, 1346). Der Steuerpflichtige kann den Nachweis auch auf andere Weise erbringen, z.?B. in Form einer Bescheinigung oder eines Zeugnisses des behandelnden Arztes oder eines ärztl. Gutachtens (BFH-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 62/99, BFH/NV 2002, 1091, DA-FamEStG 63.3.6.2 Abs. 1 S. 2). Für Kinder, die wegen ihrer Behinderung bereits länger als ein Jahr in einer Kranken- oder Pflegeeinrichtung untergebracht sind, genügt eine Bestätigung des für die Anstalt zuständigen Arztes, das Kind sei behindert (DA-FamEStG 63.3.6.2 Abs. 1 S. 4).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein behindertes Kind dann außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten kann (BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 43/02, BStBl II 2010, 1046, Blümich/Selder EStG § 32 Rn. 113 m.w.N.). Ein Kind ist dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensunterhalts ausreicht. Der gesamte existenzielle Lebensbedarf des behinderten Kindes setzt sich dabei typischerweise aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Ein behindertes Kind kann sowohl wegen der Behinderung als auch wegen der allgemeinen ungünstigen Situation auf dem Arbeitsmarkt oder wegen anderer Umstände (z.B. mangelnder Mitwirkung bei der Arbeitsvermittlung, Ablehnung von Stellenangeboten) arbeitslos und damit außerstande sein, sich selbst zu unterhalten.

Die Ursächlichkeit der Behinderung kann entsprechend den Verwaltungsanweisungen grundsätzlich dann angenommen werden, wenn im Schwerbehindertenausweis das Merkmal "H" (hilflos) eingetragen ist oder der GdB 50 oder mehr beträgt und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgeschlossen erscheint (vgl. u. a. DA-FamEStG 63.3.6.3. Abs. 2 Satz 1, BStBl I 2012, 734, 781). Aus dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ergibt sich zudem, dass nicht jede einfache Mitursächlichkeit ausreicht; vielmehr folgt aus dem Tatbestandsmerkmal "… wegen … Behinderung außerstande ist", dass die Mitursächlichkeit der Behinderung erheblich sein muss (Urteil des Finanzgerichts – FG – München vom 14. November 2013 5 K 3573/11, EFG 2014, 1410 m.w.N.).

Eine – nicht behinderungsspezifische – Berufsausbildung kann als Indiz für eine Vermittelbarkeit des behinderten Kindes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sprechen (FG München vom 14. November 2013 in EFG 2014, 1410). Andererseits gilt auch hier, dass noch weitere Umstände hinzukommen müssen, bis eine Teilnahme am Erwerbsleben als möglich angesehen werden kann. Behinderungsspezifische Ausbildungen und Praktika sprechen eher gegen eine Vermittelbarkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt, da sie möglicherweise den Schluss auf nur bedingte Einsatzmöglichkeiten am Arbeitsmarkt zulassen.

Steht das behinderte Kind der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit zur Verfügung und kann die Agentur für Arbeit in einem mittelfristigen Zeitraum keine Stellenangebote benennen, wird dies in der Regel gegen die Vermittelbarkeit des behinderten Kindes und damit für eine Ursächlichkeit der Behinderung für die mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt sprechen. Gleiches gilt, wenn das behinderte Kind sich mittelfristig mehrfach erfolglos beworben hat. Insbesondere erschwert ein ungünstiger Arbeitsmarkt die Vermittelbarkeit des behinderten Kindes, da Einsparungsmaßnahmen der Arbeitgeber am ehesten bei "einfachen" Tätigkeiten vorgenommen werden und durch automatisierte Handlungsabläufe ersetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 2008 III R 105/07, BStBl II 2010, 1057 m. w. N.).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH trägt der Kindergeldberechtigte die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Juni 2012 V S 10/12, BFH/NV 2012, 1774, m. w. N.). Dies gilt auch hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen ein Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist, da nach Auffassung des BFH für den Fall, dass der Nachweis der behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt nicht geführt wird, dies nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Kindergeldberechtigten geht, der sich zu seinen Gunsten auf die behinderungsbedingte Unfähigkeit seines Kindes zum Selbstunterhalt beruft (vgl. BFH-Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 44/11, BFH/NV 2013, 1409).

Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände konnte der Senat im Streitfall nicht zu der Überzeugung gelangen, dass die Tochter der Klägerin wegen ihrer Behinderung im Zeitraum Februar bis Juli 2013 daran gehindert war, sich selbst zu unterhalten.

Die Klägerin hat durch Vorlage der Bescheinigung des Facharztes vom 27. August 2015 zwar nachgewiesen, dass K zu dem in § 35a SGB VIII genannten Personenkreis und damit zu dem in § 2 SGB IX genannten Personenkreis gehört, da ihre seelische Gesundheit um mehr als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht. Dass die Behinderung bereits im Streitzeitraum bestand, ergibt sich aus der fachärztlichen Verordnung von Dr. Umlauf vom 6. Mai 2004 sowie dem ärztlich-psychologischen Befund der Klinik vom 18. September 2012.

Mit dem Nachweis der Behinderung ist jedoch noch nicht nachgewiesen, dass K wegen der Behinderung außerstande war, sich selbst zu unterhalten, da bei ihr weder die in DA-FamEStG 63.3.6.3. Abs. 2 Satz 1 genannten Umstände vorliegen, noch sonst aufgrund des Sachvortrags der Klägerin und der von ihr vorgelegten Nachweise von einer behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt ausgegangen werden kann. Den von der Klägerin eingereichten Gutachten ist zwar zu entnehmen, dass bei K Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, eine mittelgradig depressive Episode und daraus resultierende soziale und emotionale Schwierigkeiten sowie Probleme in der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung bestehen. Über Ks Fähigkeiten zum Selbstunterhalt werden jedoch keine Aussagen getroffen.

Zwar wurde in dem Gutachten der Klinik vom 7. Mai 2010 ausgeführt, dass K aufgrund ihrer Dyskalkulie ohne weitere Therapie keinen Schulabschluss im Bereich Mathematik erwerben könne und daher auch die Berufsbildungsfähigkeit in Frage stehe. Allerdings hat K im Juni 2011 einen mittleren Bildungsabschluss erworben und damit ihre grundsätzliche Ausbildungsfähigkeit bewiesen. Dies wird auch aus den im Klageverfahren vorgelegten Bewerbungsschreiben vom 29. November 2011 und 26. Januar 2012 verdeutlicht, aus denen hervorgeht, dass K bereits während ihrer Schulzeit mehrere Praktika als Tierpflegerin und in einer Kindertagesstätte abgeleistet hat und nach dem Erwerb der mittleren Reife eine Ausbildung in diesem Tätigkeitsbereich angestrebt hat. Außerdem hat die Tochter der Klägerin vom 20. Juli bis 31. Juli 2012 und vom 13. September 2012 bis 18. Oktober 2012 die Schule an der Klinik besucht und ist nach den Lehrplänen der bayerischen Realschule unterrichtet worden. Nach Auffassung des Senats war K daher grundsätzlich in der Lage, an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Dies zeigt sich im Übrigen auch an Ks Plänen, nach der Entlassung aus der Klinik das Abitur durch den Besuch einer weiterführenden Schule zu erwerben. Auch wenn K nach der Entlassung aus der Klinik den Erwerb des Abiturs nicht weiter verfolgt hat, war sie doch in der Lage, im Oktober 2014 ein Studium zu beginnen und zuvor ihre Großeltern zu pflegen. Abgesehen von den vorgelegten Unterlagen hat die Klägerin keine weiteren Nachweise erbracht, warum es K im streitigen Zeitraum aufgrund ihrer Behinderung unmöglich gewesen ist, weitere Ausbildungsmaßnahmen anzugehen oder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dies geht unter Berücksichtigung der Mitwirkungspflichten der Klägerin nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO zu ihren Lasten.

Auch Auskünfte z.B. über gescheiterte Vermittlungsversuche der Agentur für Arbeit, die ein Indiz für die fehlende Vermittelbarkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt darstellen könnten, fehlen. Vielmehr hat die Agentur für Arbeit mitgeteilt, dass K in der Lage sei, an einer Maßnahme der Agentur teilzunehmen, diese jedoch abgelehnt habe, da sie weiter die Schule besuchen wollte. Nach Angaben des Teams Reha/Schwerbehinderte der Agentur für Arbeit vom 26. März 2012 sind die Voraussetzungen für eine so genannte Mehrfachanrechnung gemäß § 76 Abs. 1 SGB IX auf einen Pflichtarbeitsplatz bei besonderen Schwierigkeiten bei der Teilhabe am Arbeitsleben ebenfalls nicht erfüllt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Urteil, 23. Nov. 2015 - 7 K 2183/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht München Urteil, 23. Nov. 2015 - 7 K 2183/13

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht München Urteil, 23. Nov. 2015 - 7 K 2183/13 zitiert 13 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 35a Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung


(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79b


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit d

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 46


(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klag

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 73 Reisekosten


(1) Als Reisekosten werden die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen, die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen. Zu den Reisekosten

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 76 Leistungen zur Sozialen Teilhabe


(1) Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 9 bis 12 erbracht werden. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht München Urteil, 23. Nov. 2015 - 7 K 2183/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht München Urteil, 23. Nov. 2015 - 7 K 2183/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 28. Mai 2013 - XI R 44/11

bei uns veröffentlicht am 28.05.2013

Tatbestand 1 I. Der verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) war früher als Lehrer tätig und erhält seit 1. August 2006 Versorgungsbezüge.

Bundesfinanzhof Urteil, 22. Dez. 2011 - III R 41/07

bei uns veröffentlicht am 22.12.2011

Tatbestand 1 I. Der im August 1984 geborene Sohn (S) des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) legte im Juni 2005 das Abitur ab. Bis einschließlich Juni 2005 hatte der K

Referenzen

(1) Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 9 bis 12 erbracht werden. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. Maßgeblich sind die Ermittlungen und Feststellungen nach den Kapiteln 3 und 4.

(2) Leistungen zur Sozialen Teilhabe sind insbesondere

1.
Leistungen für Wohnraum,
2.
Assistenzleistungen,
3.
heilpädagogische Leistungen,
4.
Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie,
5.
Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten,
6.
Leistungen zur Förderung der Verständigung,
7.
Leistungen zur Mobilität und
8.
Hilfsmittel.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen oder elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen; wird dem außergerichtlichen Rechtsbehelf innerhalb dieser Frist stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen.

(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, dass eine der in § 348 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

Tatbestand

1

I. Der im August 1984 geborene Sohn (S) des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) legte im Juni 2005 das Abitur ab. Bis einschließlich Juni 2005 hatte der Kläger für S Kindergeld bezogen.

2

Am 7. Oktober 2005 stellte der Kläger für S bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) einen auf den 30. September 2005 datierten "Antrag auf Kindergeld für ein über 18 Jahre altes Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz". Ausweislich der im Antragsformular vermerkten Bestätigung des "Kundenbereichs Vermittlung" der Agentur für Arbeit war S dort seit dem 7. Oktober 2005 als arbeitsuchend gemeldet. Außerdem ist im Antrag angegeben, dass S "seit Januar 05 bis voraussichtlich 31.12.05 eine Tätigkeit mit Brutto-Einnahmen in Höhe von monatlich 325 €" ausübt und dass ein Einberufungsbescheid zum 1. Januar 2006 vorliegt. In einem Vermerk über eine persönliche Vorsprache des S bei der Agentur für Arbeit am 14. Oktober 2005 heißt es u.a.: "Die Zeit bis zum Beginn der Bundeswehr will der Kunde nutzen und sich selbst um eine Anstellung/Ausbildung bemühen; an einer Vermittlung in Arbeit unsererseits ist er nicht interessiert und steht daher der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung."

3

Daraufhin lehnte die Familienkasse den Kindergeldantrag mit Bescheid vom 29. Oktober 2005 ab. Den hiergegen eingelegten Rechtsbehelf wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2006 als unbegründet zurück.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 17. November 2006  8 K 674/06 ab. Dem Kläger stehe Kindergeld weder für die Monate Juli 2005 bis Dezember 2005 noch für die Zeit danach zu. Für die Monate Juli 2005 bis Dezember 2005 sei S nicht als Kind zu berücksichtigen, weil er sich in diesem Zeitraum weder in einer Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung --EStG--) noch in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes befunden habe (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG). Die Tätigkeit des S in der von seiner Mutter und deren Kollegen geführten Gemeinschaftspraxis könne, auch bei weiter Auslegung, nicht als Ausbildung für einen Beruf (Berufsausbildung) qualifiziert werden. Für den Zeitraum Juli 2005 bis Dezember 2005 stehe dem Kläger auch kein Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu, weil auch die unverschuldete Überschreitung der dort normierten Übergangszeit kindergeldschädlich sei.

5

Der Kläger habe auch ab Januar 2006 keinen Kindergeldanspruch. Dies gelte zunächst für den Zeitraum ab der Einberufung des S zum gesetzlichen Wehrdienst (1. Januar 2006) bis zum Vortag seiner Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit (30. September 2006). Die Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes stelle keine Berufsausbildung dar. Allerdings befinde sich S ab dem Beginn seiner Berufung in das Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten (1. Oktober 2006) in Berufsausbildung. Einer Berücksichtigung als Kind i.S. von § 32 EStG stehe aber entgegen, dass die Einkünfte des S ab seiner Berufung in das Zeitsoldatenverhältnis den maßgeblichen (anteiligen) Jahresgrenzbetrag überschritten hätten.

6

Zur Begründung seiner Revision führt der Kläger im Wesentlichen aus, die Einarbeitung in das Abrechnungswesen einer physiotherapeutischen Praxis sei als Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu qualifizieren. Aufgrund der Tatsache, dass S nach seiner Bundeswehrzeit unmittelbar in der Praxis beschäftigt werden sollte, sei die Tätigkeit in der Praxis in jedem Fall als Ausbildung zu beurteilen. Falsch sei im Übrigen auch die Ansicht des FG, dass der Wehrdienst nicht als Berufsausbildung zu qualifizieren sei. Denn anders als der wesensverschiedene Zivildienst diene der Wehrdienst, auch der gesetzliche, der Berufsausbildung, beispielsweise zum Offizier. Hinzu komme, dass sich S mittlerweile dauerhaft bei der Bundeswehr verpflichtet habe.

7

Zudem bestünde eine Regelungslücke in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG. Die Nichtberücksichtigung von unvermeidbaren Zwangspausen bei der Ausbildung, die durch die Leistung eines Pflichtdienstes bedingt seien, sei sachlich nicht zu rechtfertigen.

8

Überdies habe das FG gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen. Es hätte, um sich ein besseres Bild von der Tätigkeit des S in der physiotherapeutischen Praxis machen zu können, Beweis durch Vernehmung der angebotenen Zeugin erheben müssen. Da das FG dies unterlassen habe, beruhe das Urteil auf einem Verfahrensmangel.

9

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG, den Ablehnungsbescheid der Familienkasse vom 29. Oktober 2005 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2006 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, dem Kläger Kindergeld für S ab Juli 2005, hilfsweise ab Januar 2006 zu gewähren, weiter hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

10

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

11

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Es führt im Wesentlichen aus, es sei keine Regelungslücke in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG für den Fall erkennbar, dass Kinder länger als vier Monate zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung eines gesetzlichen Pflichtdienstes warten müssten. Konkrete Zahlen, wie viele Kinder hiervon betroffen seien, lägen nicht vor.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger für den Zeitraum von Juli 2005 bis Januar 2006 kein Anspruch auf Kindergeld für S zusteht (unten 1.). Für den Zeitraum ab Februar 2006 wird die Revision mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage bereits unzulässig ist (unten 2.).

13

1. Zutreffend hat das FG den S für den Zeitraum von Juli 2005 bis Januar 2006 nicht als Kind gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG berücksichtigt.

14

a) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist. Danach scheidet eine Berücksichtigung des S aus, weil er zum Zeitpunkt der Meldung als Arbeitsuchender --dem 7. Oktober 2005-- bereits sein 21. Lebensjahr vollendet hatte.

15

b) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind, das --wie S im Streitzeitraum-- das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

16

Die Entscheidung des FG, dass es sich weder bei der von S in den Monaten Juli 2005 bis Dezember 2005 ausgeübten Tätigkeit in der physiotherapeutischen Gemeinschaftspraxis seiner Mutter noch bei dem von ihm im Monat Januar 2006 abgeleisteten gesetzlichen Wehrdienst um eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehandelt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

aa) In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, m.w.N.). Hierzu können auch berufsspezifische Praktika oder Volontärtätigkeiten zählen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Juni 1999 VI R 16/99, BFHE 189, 113, BStBl II 1999, 713, und VI R 50/98, BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706). Voraussetzung ist allerdings, dass das Praktikum oder das Volontariat der Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation dient und somit der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht und es sich nicht lediglich um ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis handelt (BFH-Urteil in BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706).

18

bb) Das FG ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass S mit seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis keine berufliche Qualifikation angestrebt, sondern in dieser Praxis lediglich Hilfsarbeiten, wie sie im Alltagsgeschäft einer physiotherapeutischen Praxis anfielen, wahrgenommen habe, wobei nicht irgendein "Ausbildungscharakter", sondern der "Erwerbscharakter" im Vordergrund gestanden habe. Da die tatsächliche Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei, insbesondere nicht unter Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO (dazu unten 3.), zustande gekommen ist und auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ist sie für den BFH als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, selbst wenn die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (z.B. Senatsurteile vom 21. Januar 2010 III R 17/07, BFH/NV 2010, 1423, und vom 26. August 2010 III R 88/08, BFH/NV 2011, 26).

19

Zudem ist nach der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass die Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes keine Berufsausbildung darstellt (z.B. BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 19/02, BFHE 203, 417, BStBl II 2007, 247).

20

c) Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es sich u.a. in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes befindet.

21

Im Streitfall lag jedoch eine Übergangszeit von sechs Monaten (Juli 2005 bis Dezember 2005) zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn des gesetzlichen Wehrdienstes vor (zur Berechnung der Viermonatsfrist vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 105/01, BFHE 203, 102, BStBl II 2003, 847). Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift kommt bei einem Überschreiten der Übergangszeit eine Begünstigung auch nicht für die ersten vier Monate in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 101/03, BFH/NV 2005, 198, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 7. September 2005 III B 30/05, BFH/NV 2006, 50).

22

d) Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist hierfür erforderlich, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht (Senatsbeschluss vom 24. Januar 2008 III B 33/07, BFH/NV 2008, 786, m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall.

23

e) Nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage hält der Senat an der bisherigen Auffassung fest, wonach weder § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b noch Buchst. c EStG analog auf Fälle anwendbar ist, in denen --unabhängig davon, ob absehbar oder nicht-- die Übergangszeit von vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Zivil- oder Wehrdienstes überschritten wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 198, m.w.N.; vgl. auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 50).

24

aa) Die für eine Analogie erforderliche "planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts" ist (nur) dort gegeben, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 136/93, BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382). Rechtspolitische Unvollständigkeiten, d.h. Lücken, die nicht dem Gesetzesplan widersprechen, sondern lediglich vom Rechtsanwender als rechtspolitisch unerwünscht empfunden werden, können entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung hingegen nicht von den Gerichten geschlossen werden. Sie zu schließen, bleibt Aufgabe des Gesetzgebers.

25

bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine Regelungslücke vor.

26

(1) Der Zweck des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG besteht darin, die kindesbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern zu berücksichtigen. Hierfür hat der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG die Fälle, in denen in der Regel steuerlich zu berücksichtigende Unterhaltslasten bei den Eltern entstehen, typisierend geregelt. Dabei hat er insbesondere volljährige Kinder im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG als berücksichtigungsfähig angesehen, und zwar solche, die sich in einer Berufsausbildung befinden (Buchst. a), die nach ernsthaften Bemühungen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden oder einen solchen zugesagt erhalten haben, diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten können (Buchst. c; vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2011 III R 57/10, BFH/NV 2011, 1316), oder die sich höchstens in einer viermonatigen Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung einer der in Buchst. b genannten Dienste befinden (Buchst. b). Die Ableistung des gesetzlichen Zivil- oder Wehrdienstes hat er hingegen nicht als Berücksichtigungs-, sondern als Verlängerungstatbestand ausgestaltet (§ 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). Damit bringt er zum Ausdruck, dass der Zivil- oder Wehrdienst --so im Übrigen auch die Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 16. März 2004 VIII R 86/02, BFH/NV 2004, 1242, zum gesetzlichen Zivildienst; in BFHE 203, 417, BStBl II 2007, 247, zum gesetzlichen Grundwehrdienst)-- grundsätzlich keine Berufsausbildung darstellt und sich die Eltern der Pflichtdienstleistenden bei typisierender Betrachtung --was auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) entspricht (Urteile vom 29. November 1989 IVb ZR 16/89, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1990, 394, zur Wehrpflicht; vom 1. Dezember 1993 XII ZR 150/92, FamRZ 1994, 303, zum Zivildienst; vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. März 2004  2 BvR 1670/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2004, 694)-- in keiner Unterhaltssituation mehr befinden. Der Gesetzgeber behandelt daher im Rahmen des Familienleistungsausgleichs (§§ 31 f., §§ 62 ff. EStG) die Berufsausbildung bewusst anders als die gesetzlichen Pflichtdienstzeiten. Dies deutet nicht darauf hin, dass er es planwidrig unterlassen haben könnte, die Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG um die in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Dienste zu ergänzen.

27

(2) Das Fehlen einer Regelungslücke wird schließlich durch das Zweite Gesetz zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl I 2001, 2074) bestätigt. Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2002 der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten die Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes gleichgestellt. Diese Regelung bestätigt die frühere Verwaltungspraxis, wonach u.a. Zwangspausen von höchstens vier Monaten Dauer vor und nach der Ableistung des gesetzlichen Wehr- bzw. Zivildienstes wie Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten berücksichtigt wurden (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes, Stand Mai 2000, 63.3.3 Abs. 3, BStBl I 2000, 636, 639, 664, und R 180a der Einkommensteuer-Richtlinien 2001). Gleichwohl hat es der Gesetzgeber bei dieser Gelegenheit unterlassen, in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG eine längere Übergangszeit als vier Monate zu formulieren oder in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG die in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Dienste aufzunehmen. Nach alledem kann nicht von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ausgegangen werden.

28

f) Ebenso hält der Senat an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach gegen die Nichtberücksichtigung von Kindern in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG, die sich --unabhängig davon, ob absehbar oder nicht-- in einer längeren als viermonatigen Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und einer Pflichtdienstzeit befinden, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 198, m.w.N.; Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 50, m.w.N.).

29

Im Streitfall ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Nichtberücksichtigung des S nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG gegen das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums verstoßen könnte. Im Übrigen wäre zu beachten, dass bei einer Nichtberücksichtigung des S eine steuerliche Entlastung des Klägers im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG möglich ist (vgl. dazu BVerfG-Beschluss in HFR 2004, 694). Es liegt aber auch insoweit kein Verfassungsverstoß, insbesondere keiner gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor, als dem Kindergeldanspruch die sozialrechtliche Funktion einer Familienförderung zukommt (§ 31 Satz 2 EStG).

30

aa) Bei der Überprüfung, ob eine Regelung, die eine Begünstigung gewährt, den begünstigten vom nicht begünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) abgrenzt, ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, m.w.N.). Dem Gesetzgeber steht bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie der Gewährung von Kindergeld --auch wenn er bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigten nicht sachwidrig differenzieren darf-- ein Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu (BVerfG-Urteil vom 28. April 1999  1 BvL 22, 34/95, BVerfGE 100, 59).

31

bb) Diesen Maßstäben genügt die gesetzliche Ausgestaltung der Berücksichtigungstatbestände.

32

(1) Der Gesetzgeber geht in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG davon aus, dass eine kindesbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern nur dann besteht, wenn sich das Kind in einer bestimmten Bedürftigkeitslage befindet. Dem entspricht der unterhaltsrechtliche Grundsatz, dass ein volljähriges --nicht in einer bestimmten Bedürftigkeitslage befindliches-- Kind für sich selbst verantwortlich ist. Es hat seinen Lebensunterhalt grundsätzlich durch eine eigene Erwerbstätigkeit (Erwerbsobliegenheit) zu sichern (z.B. BGH-Urteil vom 6. Dezember 1984 IVb ZR 53/83, BGHZ 93, 123; Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., § 1602 Rz 5).

33

Dabei stellt es eine zulässige Typisierung dar, dass sich Eltern bei einer bis zu viermonatigen Übergangszeit weiterhin in einer Unterhaltssituation befinden. Eine solche Annahme ist mit Blick auf die Kürze der gesetzlich normierten Übergangszeit nicht sachfremd. Umgekehrt darf der Gesetzgeber mit Blick auf den unterhaltsrechtlichen Grundsatz der Selbstverantwortung aber auch annehmen, dass volljährige gesunde Kinder, die längere Übergangszeiten zu überbrücken haben, während dieser Zeit eine Erwerbstätigkeit (ggf. Aushilfstätigkeit) aufnehmen.

34

(2) Sollte nach Ablauf der Viermonatsfrist zwischen einem Ausbildungsabschnitt und einer Pflichtdienstzeit gleichwohl noch eine Unterhaltssituation bestehen, handelt es sich um einen Ausnahmefall (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 78/99, BFHE 203, 90, BStBl II 2003, 841).

35

Der Gesetzgeber durfte bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass es regelmäßig möglich ist, innerhalb der Viermonatsfrist eine Stelle zur Ableistung eines gesetzlichen Pflichtdienstes anzutreten. Den Ausnahmefall, in dem dies nicht möglich ist, durfte er unberücksichtigt lassen. Im Übrigen wird die beschränkende Wirkung auf die Kindergeldberechtigung dadurch abgemildert, dass volljährige Kinder während einer Übergangszeit trotz eines bevorstehenden Pflichtdienstes --bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen-- nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG oder nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden können. Insbesondere würde eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht zwangsläufig daran scheitern, dass das Kind wegen des bevorstehenden Pflichtdienstes gehindert wäre, sich einer Berufsausbildung zu unterziehen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44; BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 79/99, BFHE 203, 94, BStBl II 2003, 843). Zum einen können auch zeitlich befristete Praktika oder andere Ausbildungsmaßnahmen außerhalb einer Ausbildungsordnung unter den Begriff der Berufsausbildung fallen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 143/98, BFHE 189, 107, BStBl II 1999, 710). Zum anderen könnten sich volljährige Kinder für den Fall der Zusage eines Ausbildungsplatzes noch anders entscheiden und sich von der zunächst beabsichtigten Ableistung des Pflichtdienstes zurückstellen lassen (§ 12 Abs. 4 Nr. 3 des Wehrpflichtgesetzes; § 11 Abs. 4 Nr. 3 des Zivildienstgesetzes).

36

Mit Blick auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum für typisierende und pauschalierende Regelungen bestehen auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Überschreiten der Übergangszeit von vier Monaten für den Kindergeldberechtigten und das Kind nicht absehbar ist. Außerdem ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber --will man das Restrisiko einer Nichtberücksichtigung wegen Überschreitens der Viermonatsfrist vermeiden-- von dem Kind mit Beendigung des Ausbildungsabschnitts ein aktives Verhalten zur Herbeiführung eines Berücksichtigungstatbestandes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG fordert.

37

2. Zwar hätte das FG die Klage für den Zeitraum ab Februar 2006 bereits mangels Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO) als unzulässig abweisen müssen. Das angefochtene Urteil ist aber trotz dieses Rechtsfehlers nicht aufzuheben, weil sein Tenor zutreffend ist (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 2011 XI R 12/08, BFHE 233, 304, BStBl II 2011, 819, m.w.N.).

38

a) Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Kindergeldansprüche für den Zeitraum ab Februar 2006 von Anfang an mit seiner Klage verfolgte oder diese erst nachträglich im Wege einer Klageänderung nach § 67 FGO zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens zu machen versuchte.

39

Das FG durfte zwar --ohne Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO-- den Vortrag des anwaltlich vertretenen Klägers, wonach die Tätigkeit des S bei der Bundeswehr eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstelle, dahingehend verstehen (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches analog), dass auch Kindergeld für die Monate ab Februar 2006 begehrt wird. Zulässig wäre dieses Klagebegehren aber nur dann, wenn hierfür die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen vorlägen (s. dazu Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 67 FGO Rz 44; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 67 Rz 10, m.w.N.). Danach müsste der Kläger bei der im Streitfall vorliegenden Verpflichtungsklage in der Form der sog. Vornahmeklage nach § 40 Abs. 2 FGO dargetan haben, durch die Ablehnung des Kindergeldanspruchs für den eben genannten Zeitraum in seinen Rechten verletzt zu sein.

40

b) Hieran fehlt es aber bereits deshalb, weil der angegriffene Ablehnungsbescheid vom 29. Oktober 2005 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2006 überhaupt keine das Kindergeld ab Februar 2006 ablehnende Regelung enthalten.

41

Dies ergibt sich daraus, dass die Familienkasse im Falle eines zulässigen, in der Sache aber unbegründeten Einspruchs gegen einen Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid längstens eine Regelung des Kindergeldanspruchs bis zu dem Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung treffen kann (vgl. Senatsurteile vom 4. August 2011 III R 71/10, BFH/NV 2012, 298, BFHE 235, 203; vom 9. Juni 2011 III R 54/09, BFH/NV 2011, 1858). Dieser zeitliche Regelungsumfang des Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheides wird durch die Klageerhebung nicht verändert. Insbesondere ist das gerichtliche Verfahren keine Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens. Im Hinblick auf die von der Verfassung vorgegebene Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) ist es die Aufgabe der Gerichte, das bisher Geschehene bzw. das Unterlassen auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht jedoch, grundsätzlich der Verwaltung zustehende Funktionen auszuüben. Danach fehlt es bereits an der Klagebefugnis des Klägers.

42

c) Etwas anderes lässt sich auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie vertreten.

43

Die vom Bundessozialgericht (BSG) für das sozialgerichtliche Verfahren abweichend vertretene Auffassung, wonach bei einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungs- (§ 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes --SGG--) bzw. Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen einen Verwaltungsakt, durch den die Gewährung laufender Zahlungen abgelehnt wird, auch über die nach der Widerspruchsentscheidung abgelaufenen Zeiträume zu entscheiden ist (vgl. BSG-Urteil vom 11. Dezember 2007 B 8/9b SO 12/06 R, SozR 4-3500 § 21 Nr. 1), ist auf das finanzgerichtliche Verfahren in Kindergeldsachen nicht übertragbar. Das BSG ging bei dieser Entscheidung davon aus, dass der im sozialgerichtlichen Verfahren angegriffene Bescheid die Leistung ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt hat. Demgegenüber trifft ein Aufhebungs- oder Ablehnungsbescheid im Kindergeldrecht --auch wenn er keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung enthält-- längstens eine Regelung des Kindergeldanspruchs bis zum Monat der Bekanntgabe der letzten Verwaltungsentscheidung.

44

In dem finanzgerichtlichen Verfahren kann der Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle gemacht werden, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat. Gründe der Prozessökonomie oder der sozialen Fürsorge (s. BSG-Urteil vom 28. April 1960  8 RV 1341/58, BSGE 12, 127) rechtfertigen es nicht, eine Klage oder Klageänderung (§ 67 FGO) ohne das Vorliegen zwingender Sachurteilsvoraussetzungen als zulässig anzusehen (s. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 1986  5 C 36/84, Bayerische Verwaltungsblätter --BayVBl-- 1985, 406; vom 30. April 1992  5 C 1/88, BayVBl 1992, 760).

45

d) Soweit die Senatsentscheidungen vom 2. Juni 2005 III R 66/04 (BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184) sowie vom 30. Juni 2005 III R 80/03 (BFH/NV 2006, 262) dahingehend verstanden werden könnten, dass die FG bei Klagen gegen Kindergeld-Ablehnungsbescheide die Anspruchsberechtigung bis zu dem Monat der finanzgerichtlichen Entscheidung zu prüfen haben, hält der Senat aufgrund der vorstehenden Erwägungen hieran nicht mehr fest.

46

3. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, wonach das FG gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen habe, liegt schon deshalb nicht vor, weil es der rechtskundig vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, das Übergehen der von ihm schriftsätzlich beantragten Zeugenvernehmungen zu rügen (vgl. Sitzungsprotoll vom 17. November 2006). Damit hat der Kläger sein Rügerecht verloren (z.B. Senatsbeschluss vom 31. Juli 1997 III B 74/95, BFH/NV 1998, 970).

47

4. Soweit das Kindergeld für den Zeitraum ab Februar 2006 betroffen ist, weist der Senat darauf hin, dass bezüglich dieser Kindergeldansprüche noch keine Festsetzungsverjährung (§ 31 Satz 3 EStG, § 155 Abs. 4, §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung --AO--) eingetreten ist.

48

Es greift eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO ein. Grundsätzlich wäre zwar mit Ablauf des Jahres 2010 für die Kindergeldansprüche des Jahres 2006 die Festsetzungsfrist abgelaufen (zu deren Berechnung vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2006 III R 80/04, BFHE 214, 1, BStBl II 2008, 371). Zur Wahrung der Rechte des Kindergeldberechtigten ist aber in einem Fall, in dem der Berechtigte im finanzgerichtlichen Verfahren zum Ausdruck bringt, auch Kindergeld für einen nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung liegenden Zeitraum erhalten zu wollen, ausnahmsweise davon auszugehen, dass ein noch nicht beschiedener --außerhalb des Klageverfahrens liegender-- Antrag auf Kindergeld vorliegt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Als Reisekosten werden die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen, die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen. Zu den Reisekosten gehören auch die Kosten

1.
für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen der Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist,
2.
für eine wegen der Behinderung erforderliche Begleitperson einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls,
3.
für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist sowie
4.
für den erforderlichen Gepäcktransport.

(2) Während der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden im Regelfall auch Reisekosten für zwei Familienheimfahrten je Monat übernommen. Anstelle der Kosten für die Familienheimfahrten können für Fahrten von Angehörigen vom Wohnort zum Aufenthaltsort der Leistungsempfänger und zurück Reisekosten übernommen werden.

(3) Reisekosten nach Absatz 2 werden auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen erbracht werden.

(4) Fahrkosten werden in Höhe des Betrages zugrunde gelegt, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels der niedrigsten Beförderungsklasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen ist, bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes. Bei Fahrpreiserhöhungen, die nicht geringfügig sind, hat auf Antrag des Leistungsempfängers eine Anpassung der Fahrkostenentschädigung zu erfolgen, wenn die Maßnahme noch mindestens zwei weitere Monate andauert. Kosten für Pendelfahrten können nur bis zur Höhe des Betrages übernommen werden, der unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung bei einer zumutbaren auswärtigen Unterbringung für Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tatbestand

1

I. Der verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) war früher als Lehrer tätig und erhält seit 1. August 2006 Versorgungsbezüge.

2

Für sein … Kind, seinen Sohn … (S), geboren im Mai 1983, erhielt der Kläger ab dem Jahr 2006 laufend Kindergeld.

3

S hat weder Wehr- noch Zivildienst geleistet. Er studierte nach seinem Abitur im Jahr 2003 zunächst an der … Hochschule. Aufgrund eines Sportunfalls (Knieverletzung) wurde er ein oder zwei Semester beurlaubt und brach das Studium im zweiten Semester ab. Anschließend nahm S an einer … Hochschule ein technisches Studium auf, das er wiederum nach ein oder zwei Semestern abbrach. Von April 2006 bis Mai 2008 absolvierte er ein Fernstudium. Im Mai 2008 legte S die Abschlussprüfung als …manager ab. Das Diplomzeugnis wurde am 11. Juni 2008 ausgestellt und ihm noch im Laufe des Monats Juni 2008 ausgehändigt. Fortan wohnte S im Haushalt des Klägers und richtete einen Internethandel für … ein, den er von dort aus betrieb.

4

Im Februar 2008 teilte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) dem Kläger mit, dass die Zahlung des Kindergelds ab Juni 2008 aufgrund der Vollendung des 25. Lebensjahres des S eingestellt werde. Falls ein Ausnahmetatbestand vorliege, werde der Kläger gebeten, dies mitzuteilen.

5

Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 machte der Kläger für S einen Ausnahmetatbestand geltend, den er aus der seiner Auffassung nach unrechtmäßigen Behandlung seiner Familie durch seinen Arbeitgeber und den seiner früher ebenfalls im Schuldienst tätigen Ehefrau ableitete.

6

Mit Bescheid vom 18. Juli 2008 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergelds für S ab Juni 2008 auf.

7

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

8

Mit seiner vom Finanzgericht (FG) hinsichtlich des Kindergeldanspruchs für den Monat Juni 2008 zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

9

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil, den Aufhebungsbescheid vom 18. Juli 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 20. August 2008 wegen Kindergeld für den Monat Juni 2008 aufzuheben.

10

Die Familienkasse beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat den Kindergeldanspruch des Klägers für den Monat Juni 2008 zu Recht verneint.

12

1. Ein Kindergeldanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus einer behinderungsbedingten Unfähigkeit des S zum Selbstunterhalt.

13

a) Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung besteht für ein volljähriges Kind ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

14

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), z.B. Urteil vom 9. Februar 2012 III R 5/08 (BFHE 236, 396, BStBl II 2012, 891), ist ein Mensch behindert, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch --SGB IX--). Der Nachweis der Behinderung kann dabei nicht nur durch Vorlage eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises oder Feststellungsbescheids gemäß § 69 SGB IX sowie eines Rentenbescheids erfolgen, sondern auch in anderer Form wie beispielsweise durch Vorlage einer Bescheinigung bzw. eines Zeugnisses des behandelnden Arztes oder auch eines ärztlichen Gutachtens erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 2012 III R 47/08, BFH/NV 2012, 939). Wird der Nachweis der behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt nicht geführt, geht dies nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Kindergeldberechtigten, der sich zu seinen Gunsten auf die behinderungsbedingte Unfähigkeit seines Kindes zum Selbstunterhalt beruft (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 III R 61/08, BFHE 234, 143, BStBl II 2012, 141).

15

Ob der Sohn des Klägers behinderungsbedingt unfähig zum Selbstunterhalt war, hat das FG aufgrund der Umstände des Einzelfalls als Tatsacheninstanz zu entscheiden. Seine Sachverhaltswürdigung bindet den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt, und zwar auch dann, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 VIII R 28/07, BFHE 220, 332, BStBl II 2009, 842).

16

b) Gemessen an diesen Grundsätzen, die das FG der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist die Würdigung des FG, dass die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht vorgelegen haben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

aa) Die Würdigung des FG, wonach sich aus einem mehrmaligen Arztbesuch und einer infolge Zähneknirschens erforderlich gewordenen umfangreichen Zahnsanierung keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Behinderung ergeben, ist möglich und verstößt weder gegen allgemeine Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze. Gleiches gilt hinsichtlich des Umstands, dass das FG die erfolgreiche Absolvierung eines Fernstudiums und das Betreiben eines Internethandels als Indizien gegen eine behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt gewertet hat.

18

bb) Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

19

(1) Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe seinen umfassenden Vortrag, wonach S wegen der erlittenen körperlichen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen sei, sich selbst zu unterhalten, nicht berücksichtigt, trifft dies nicht zu. Denn es hat die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen, dass S im Jahr 1998 und in den Jahren 2005/2006 verschiedene Ärzte aufgesucht hat und sein Gebiss wegen Zähneknirschens umfangreich saniert worden ist, vollständig und einwandfrei dahingehend berücksichtigt, dass sich hieraus keine Anhaltspunkte für eine behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt ergeben. Ob diese Würdigung den klägerischen Vorstellungen entspricht oder inhaltlich zutreffend erscheint, ist für die Frage des Vorliegens eines Verfahrensverstoßes ohne Bedeutung (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Januar 2006 VIII B 113/05, BFH/NV 2006, 803, m.w.N.).

20

(2) Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) aus.

21

Das FG hat sich in der angegriffenen Entscheidung mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt. Aus dem Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör folgt hingegen nicht, dass sich das FG der tatsächlichen Würdigung und der Rechtsauffassung des Klägers anschließen muss (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. März 2012 III B 218/11, BFH/NV 2012, 1093).

22

(3) Ein Verfahrensfehler ergibt sich ebenso wenig aus der Rüge des Klägers, wonach es das FG zu Unrecht unterlassen habe, ihn darauf hinzuweisen, dass zur Begründung der Klage gegebenenfalls ärztliche Berichte vorgelegt werden müssten.

23

Denn zum einen liegt es auf der Hand, dass der Kläger für eine von ihm geltend gemachte behinderungsbedingte Unfähigkeit des Kindes, sich selbst zu unterhalten, im Rahmen seiner Mitverantwortung für die Beibringung des Tatsachenstoffes (§ 76 Abs. 1 Satz 2 FGO) eventuell vorliegende Befunde über Erkrankungen seines Sohnes einzureichen hat. Erst auf dieser Basis kann das Gericht über die Notwendigkeit weiterer Sachverhaltsermittlungen und gegebenenfalls Beweiserhebungen entscheiden. Zum anderen ergibt sich aus dem in den Urteilsgründen enthaltenen Hinweis auf das Fehlen eines Schwerbehindertenausweises, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Nachweisbedürftigkeit der Behinderung thematisiert worden sein muss.

24

2. Ein Kindergeldanspruch des Klägers für Juni 2008 kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sich S in diesem Monat noch in Berufsausbildung befand.

25

a) Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein volljähriges Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird, nur dann kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat.

26

Da S im Mai 1983 geboren wurde, unterfällt er nicht der Übergangsregelung des § 52 Abs. 40 Satz 4 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung. Vielmehr gilt bereits die durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19. Juli 2006 (BGBl I 2006, 1652, BStBl I 2006, 432) erfolgte vollständige Absenkung der Altersgrenze auf das vollendete 25. Lebensjahr.

27

Der III. Senat des BFH --dem sich der erkennende Senat insoweit anschließt-- hat bereits entschieden, dass gegen die Absenkung der Altersgrenze weder im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums (Art. 6 GG), noch mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Rückwirkungsverbot verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 III R 35/09, BFHE 230, 523, BStBl II 2011, 176; vgl. ferner auch BFH-Urteil vom 11. April 2013 III R 83/09, BFHE 241, 25, juris). Die gegen das BFH-Urteil in BFHE 230, 523, BStBl II 2011, 176 gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. Beschluss vom 22. Oktober 2012  2 BvR 2875/10, juris). Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die den Senat zu einer anderen Beurteilung dieser Streitfrage veranlassen.

28

b) Die Altersgrenze wird im Streitfall auch nicht nach den in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG geregelten Tatbeständen über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinausgeschoben.

29

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen, den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat S weder den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet, noch sich an Stelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet, noch eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer i.S. des § 1 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt.

30

c) Zu Recht hat das FG auch entschieden, dass sich aus dem vom Kläger vorgetragenen Verhalten des Dienstherrn der Eheleute kein Verlängerungstatbestand i.S. des § 32 Abs. 5 EStG ergibt.

31

3. Schließlich folgt aus der vom Kläger vorgetragenen ungerechten Behandlung des S in der Schule --wie das FG zu Recht entschieden hat-- kein kindergeldrechtlicher Berücksichtigungstatbestand i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG. Der Gesetzgeber hat sich bewusst entschieden, volljährige Kinder nur in den in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG abschließend aufgezählten Fallkonstellationen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs zu berücksichtigen. Insbesondere zeigt § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG, dass längerfristige körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen einer behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt und einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung zur Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes führen sollen.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 9 bis 12 erbracht werden. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. Maßgeblich sind die Ermittlungen und Feststellungen nach den Kapiteln 3 und 4.

(2) Leistungen zur Sozialen Teilhabe sind insbesondere

1.
Leistungen für Wohnraum,
2.
Assistenzleistungen,
3.
heilpädagogische Leistungen,
4.
Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie,
5.
Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten,
6.
Leistungen zur Förderung der Verständigung,
7.
Leistungen zur Mobilität und
8.
Hilfsmittel.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.