Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Streitig ist der Erlass von Haftungsschulden in Höhe von insgesamt 5.000.000 €.

Der Kläger ist nichtselbständig tätig. Er war in den Jahren 1999 bis 2001 einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer der Speditionsfirmen B-, C- und D-GmbH. Diese Gesellschaften führten in dem vorgenannten Zeitraum für eine in Kufstein in Österreich ansässige Firma A-GmbH den Transport von Kraftfahrzeugen durch. Bei der Firma A-GmbH fand ab Februar 2003 eine Steuerfahndungsprüfung statt, bei der u.a. festgestellt wurde, dass die Verbringung von Fahrzeugen nach Österreich auf Grund falscher Verbringungsdokumente – u.a. der vorgenannten Speditionen - nur vorgetäuscht war, um zu Unrecht steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in das Inland geltend machen zu können. Unter anderem gegen die Geschäftsführer der Firma A-GmbH und gegen den Kläger wurden Steuerstrafverfahren eingeleitet; die Beitreibung der festgestellten Umsatzsteuernachzahlung in Höhe von insgesamt 10.000.000 € bei der Firma A-GmbH blieb erfolglos.

Das Finanzamt nahm daraufhin unter anderem den Kläger als Steuerhinterzieher mit Haftungsbescheid vom 18. April 2006 in Höhe von 5.000.000 € in Anspruch. Mit Schreiben vom 21. August 2006 forderte das hier beklagte Finanzamt München den Kläger zur Entrichtung des vorgenannten Haftungsbetrages zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe 200.000 € auf und kündigte zugleich die Vollstreckung an.

Mit Schreiben vom 28. November 2006 beantragte der Kläger beim FA unter Beifügung einer Gehaltsabrechnung der B-GmbH für den Monat Oktober 2006 den Erlass der Haftungsschulden aus dem Haftungsbescheid vom 18. April 2006. Als Begründung führte er an, dass er verheiratet sei und drei Kinder habe, von denen eines noch in Ausbildung sei. Er sei an zwei Gesellschaften beteiligt, die nach Angaben seiner Hausbank überschuldet seien; sein Wohnhaus sei deshalb für Kredite der Gesellschaften ausreichend belastet.

Mit Bescheid vom 29. November 2006 lehnte das FA den Erlassantrag ab und wies den Kläger darauf hin, dass ihm eine erhöhte Mitwirkungspflicht obliege, dem FA anhand geeigneter und detaillierter Unterlagen (z.B. Liquiditätsstatus, Darlehensverträge, aktueller Kontoauszüge usw.) eine mögliche Existenzbedrohung nachzuweisen. Solche Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2006 teilte der Kläger mit, dass er seinen Erlassantrag aufrecht erhalte; weitere Nachweise seiner finanziellen Situation legte er nicht vor.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2006 lehnte das FA den Erlassantrag erneut ab. Das Schreiben des Klägers vom 15. Dezember 2006, in dem der Kläger die Aufrechterhaltung seines Erlassantrages mitteilte, wertete das FA als Einspruch gegen die Ablehnung des Erlasses der Haftungsschulden.

Mit auf den 24. Januar 2007 datierten Schreiben des FA wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er bisher – mit Ausnahme einer Lohnabrechnung - keine Unterlagen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe, sodass eine Entscheidung schon mangels des Nachweises der Erlassbedürftigkeit nicht möglich sei. Darauf erfolgte keine weitere Reaktion des Klägers.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30. April 2007 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Dagegen ist die Klage vom 4. Juni 2007 gerichtet.

Mit rechtskräftigem Strafurteil vom 27. Mai 2009 wurde der Kläger wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde dabei zur Bewährung ausgesetzt.

Mit Beschluss vom 21. Juni 2010 wurde das vorliegende Klageverfahren mit Einverständnis der Beteiligten wegen des noch offenen Rechtsbehelfsverfahrens in Sachen des Haftungsbescheides vom 18. April 2006 zum Ruhen gebracht.

Der gegen den Haftungsbescheid gerichtete Einspruch wurde mit bestandskräftiger Einspruchsentscheidung vom 24. November 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin wurde das Klageverfahren mit Beschluss vom 24. Juli 2012 wieder aufgenommen.

In einem Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes am 12. November 2012 wurde vereinbart, dass sich die Beteiligten nochmals hinsichtlich der Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung der Streitsache durch die Vereinbarung von regelmäßigen Zahlungen des Klägers auseinandersetzen. Im Anschluss daran wurde das Gericht mehrfach ersucht, das Verfahren wegen der Einigungsversuche ruhen zu lassen. Im Ergebnis ist eine solche zur Erledigung des Rechtsstreits führende Vereinbarung zwischen Beteiligten bis zur mündlichen Verhandlung nicht zustande gekommen.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass eine Vollstreckung der offenen Haftungsschulden seine wirtschaftliche und persönliche Existenz gefährden und vernichten würde und er seinen Lebensunterhalt auf Dauer nicht mehr bestreiten könnte. Insoweit habe das FA bei der Ausübung seines Ermessens nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, so sei insbesondere der Sachverhalt der Vernichtung oder Gefährdung seiner wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz nicht ausreichend ermittelt worden. Er habe seine wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen des Erlassverfahrens ausreichend dargelegt, er sei daneben aber nie zur Vorlage sachdienlicher Unterlagen, deren Einreichung ihm möglich und zumutbar war, aufgefordert worden. Das FA hätte ihm hier konkret mitteilen müssen, welche Angaben zur Entscheidung über den Erlassantrag noch fehlen würden; insoweit sei das Argument seiner unzureichenden Angaben zur Ablehnung des Erlassantrags unzutreffend. Im Übrigen sei bei einer Billigkeitsmaßnahme auf den Kenntnisstand der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung abzustellen und nicht auf das, was in ungewisser Zukunft liege.

Zu dem weiteren Vorbringen des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 3. Juni 2007, vom 12. Juli 2007, vom 27. September 2007, vom 26. April 2010, vom 19. Mai 2010, vom 18. Juni 2010, vom 28. September 2012, vom 17. Januar 2013, vom 15. April 2013, vom 5. August 2013, vom 7. November 2013, vom 13. November 2013, vom 1. Februar 2014 und vom 5. März 2014, vom 16. Juli 2014, vom 1. Dezember 2014 und vom 5. Januar 2015 nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Bescheide vom 29. November 2006 und vom 11. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2007 das FA zu verpflichten, den beantragten Billigkeitserlass auszusprechen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt das FA im Wesentlichen vor, dass es alle Gesichtspunkte, die in einem Erlassverfahrens im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu berücksichtigen seien, unter Zugrundelegung der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Kenntnisse gegeneinander abgewogen habe. Im Übrigen sei vom Kläger mit Schreiben vom 29. November 2006 ein Liquiditätsstatus, Darlehensverträge, aktuelle Kontoauszüge und sonstige Unterlagen, die eine Existenzbedrohung dokumentieren könnten, angefordert worden; vorgelegt worden sei aber lediglich eine Gehaltsabrechnung der B-GmbH für den Kläger. Trotz weiterer Schriftwechsel sei der Kläger nähere Nachweise schuldig geblieben, er habe seine wirtschaftlichen Verhältnisse daher nicht umfassend offen gelegt.

Zu dem weiteren Vorbringen des FA wird auf die Stellungnahmen vom 2. August 2007, vom 19. November 2009, vom 21. Dezember 2009, vom 17. Juni 2010, 24, vom 24. Oktober 2011, vom 2. Juli 2012, vom 18. September 2012, vom 2. September 2013, vom 29. November 2013, vom 12. März 2014 und vom 29. Juli 2014 verwiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 4. November 2014 wies das Finanzgericht München die Klage als unbegründet ab, mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 beantragte der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

Gründe

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist.

a) Allgemein stellt der Erlass nach § 227 AO nach herrschender Auffassung eine Billigkeitsentscheidung dar (vgl. nur Bundesfinanzhof  BFH-Beschlüsse vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, vom 14. März 2008 IIIB 30/06, BFH/NV 2008, 985 und vom 5. Februar 2003 II R 84/00, BFH/NV 2004, 340; von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 227 AO Rz. 113 ff. m.w.N.). Die Entscheidung über eine derartige Billigkeitsmaßnahme stellt aber eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde dar, die gerichtlich nur in den durch § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (Lindwurm, in Leopold/Madle/Rader, Kommentar zur AO, § 227 Rz. 12). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung demnach darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessen überschritten oder von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

Selbst bei einem Ermessensfehlgebrauch der Finanzbehörde darf das Gericht in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur dann, wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO, BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BStBl II 1995, 297).

Abzustellen ist für die gerichtliche Prüfung der Ermessensentscheidung der Verwaltung dabei auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung als letzte Verwaltungsentscheidung (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642, BFH-Beschluss vom 4. März 1999 VII B 315/98, BFH/NV 1999, 1223 und von Groll, in Gräber, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage 2010, § 102 FGO m.w.N. und in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO Rz. 118).

b) Bei einem Erlass kann die Unbilligkeit dabei in der Sache selbst oder in der Person des Steuerpflichtigen begründet sein; man spricht hier von der sachlichen oder der persönlichen Unbilligkeit (von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO Rz. 125).

aa) Sachliche Billigkeitsgründe sind solche die aus dem anspruchsbegründenden Tatbestand selbst hervorgehen und von den außerhalb dieses Tatbestandes liegenden persönlichen Gründen – insbesondere den wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen - unabhängig sind (Loose, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 227 AO Rz. 40). Nach der Rechtsprechung sind solche sachlichen Billigkeitsgründe dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichem Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Der Gesetzgeber darf dabei die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen haben (BFH-Urteile vom 4. Februar 2010, II R 25/08, BStBl II 2010, 663 und vom 23. März 1998 II R 41/96, BStBl II 1998, 396).

Im Streitfall werden weder vom Kläger noch vom FA solche sachlichen Billigkeitsgründe vorgebracht und sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Vorliegend kann der Kläger demnach im Rahmen des Erlassverfahrens nicht geltend machen, seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner als Steuerhinterzieher nach § 71 AO sei aus sachlichen Gründen unbillig und müsse zum Erlass der Haftungsschuld führen. Allgemein kann ein Steuerpflichtiger in einem Erlassverfahren nicht mehr mit Einwänden gehört werden, die er im Rechtsbehelfsverfahren gegen den dem Erlass zu Grunde liegenden Haftungsbescheid hätte geltend machen können (FG-Hamburg-Urteil vom 21. August 1985 II 146/83, EFG 1986, 203). Im Streitfall ist dieser Haftungsbescheid aber nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung bestandskräftig geworden.

bb) Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit das FA den Erlass der Steuerschulden aus persönlichen Billigkeitsgründen abgelehnt hat. Ein solcher Billigkeitserlass aus persönlichen Gründen setzt sowohl eine Erlassbedürftigkeit als auch eine Erlasswürdigkeit des Steuerschuldners voraus.

Hier fehlt es bereits am Nachweis der Erlassbedürftigkeit des Klägers im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Das FA hat das Vorliegen einer persönlichen Härte - d.h. einer Unbilligkeit aus persönlichen Gründen - in seiner Einspruchsentscheidung vom 30. April 2007 zu Recht deshalb verneint, weil der Kläger seine wirtschaftlichen Verhältnisse trotz Aufforderung durch das FA nicht umfassend dargelegt hatte. Das FA führt hierzu in seiner Einspruchsentscheidung weiter aus, dass der Kläger insbesondere die vom FA zur Bearbeitung des Erlassantrages angeforderten Nachweise über seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht habe, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen sei.

aaa) Diese Begründung des FA zur Verweigerung des Erlasses ist nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, was hier aber allein einer Überprüfung durch das Gericht zugänglich ist. So ist aus den Akten des FA ersichtlich, dass der Kläger als Nachweis seiner Vermögenslage lediglich - im Anhang seines Erlassantrags vom 28. November 2006 - eine einzelne Gehaltsabrechnung der B-GmbH für seine Person vom Oktober 2006 vorgelegt hatte. Auf Grund der Hinweise des FA in den Schreiben vom 29. November 2006 und vom 24. Januar 2007 war der Kläger auch darüber unterrichtet, dass das FA die vorliegenden Unterlagen für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisses als nicht für ausreichend erachtete. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Erlassantrags nach seiner eigenen Einlassung an zwei Gesellschaften beteiligt war und zudem über Grundbesitz verfügte, hätte er die von ihm behauptete Überschuldung dieser Vermögensbestandteile – insbesondere nach dem ausdrücklichen Hinweis durch das FA - substantiieren und durch Nachweise belegen müssen. Nur damit hätte er das FA dazu in die Lage versetzt, über den vollständigen Sachverhalt der Vermögensverhältnisses des Klägers im Rahmen seines Ermessens urteilen zu können. Die Vorlage entsprechender Unterlagen ist hier aber bis zur Einspruchsentscheidung als letzter Verwaltungsentscheidung nicht erfolgt.

bbb) Das FA hat hier auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht dadurch seine „Fürsorgepflicht“ verletzt, dass es vor Erlass der Einspruchsentscheidung keine „konkreten Fragen“ an den zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht vertretenen Kläger richtete, obwohl dieser in seinem Schreiben vom 6. Dezember 2006 zu erkennen gegeben habe, dass er davon ausgehe, „dass das FA verpflichtet sei, ihm klar zu sagen, was noch an Unterlagen von ihm vorzulegen sei, um den Erlassantrag zu bearbeiten“. In Anbetracht des vorangegangenen Schreibens des FA vom 29. November 2006 besteht hier keine solche „Fürsorgepflicht“, denn das FA hat darin klar erkennen zu gegeben, dass im Erlassverfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bestehe und dass es insbesondere eines Nachweises geeigneter Unterlagen zur Existenzbedrohung bedürfe. Auch in dem auf den 24. Januar 2007 datierten Schreiben des FA weist dieses nochmals deutlich darauf hin, dass bisher keine ausreichenden Unterlagen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vorliegen würden. Der Kläger musste aus diesen Schriftsätzen des FA als ehemaliger Geschäftsführer verschiedener Gesellschaften schon auf Grund seiner geschäftlichen Kenntnisse und Erfahrungen davon ausgehen, dass seine bloße Behauptung der Existenzbedrohung nicht ausreichen würde und er zumindest die vom FA in dem erstgenannten Schreiben geforderten Unterlagen (Liquiditätsstatus, Darlehensverträge und aktuelle Kontoauszüge) als solche Nachweise vorlegen musste. Das ist aber nicht geschehen und insoweit erkennt das Gericht jedenfalls keinen Ermessensfehlgebrauch des FA darin, dass es am 30. April 2007 – mithin drei Monate nach dem letzten unbeantwortet geblieben Schreiben des FA -ohne nochmaligen oder konkreteren Hinweis über den Einspruch gegen die ablehnende Erlassentscheidung entschieden hatte.

Allgemein hat das FA zwar auch im Billigkeitsverfahren seiner Sachaufklärungspflicht nach § 88 AO nachzukommen. Andererseits sind im Erlassverfahren an den Steuerschuldner aber deshalb erhöhte Anforderungen zu stellen, weil die entscheidungserheblichen Tatsachen regelmäßig in seinem Wissen- und Einflussbereich liegen (BFH-Urteile vom 23. November 2000 III R 52/98, BFH/NV 2001, 882, vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462 und vom 29. April 1987 X R 22/82, BFH/NV 1988, 22 sowie Beschluss vom 31. Januar 1996 III B 75/95, BFH/NV 1996, 565; vgl. auch von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO Rz. 380 sowie Lindwurm, in Leopold/Madle/Rader, Kommentar zur AO, § 227 Rz. 65). Im Streitfall hätte es daher dem Kläger oblegen, die aus seinem Einflussbereich relevanten Informationen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse - insbesondere hinsichtlich seiner Beteiligungen an Gesellschaften und seines Grundbesitzes - durch geeignete Nachweise zu belegen; dem ist der Kläger hier bis zur letzten Verwaltungsentscheidung nicht nachgekommen. Diese Verletzung der Mitwirkungspflichten des Klägers ist im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr heilbar, da es auf die Sachlage im Zeitpunkt dieser letzten Verwaltungsentscheidung ankommt (BFH-Urteil vom 23. November 2000 III R 52/98, BFH/NV 2001, 882).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 102


Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 101


Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spr

Abgabenordnung - AO 1977 | § 88 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. (2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 71 Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers


Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese n

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Bundesfinanzhof Urteil, 28. März 2012 - II R 42/11

bei uns veröffentlicht am 28.03.2012

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und die noch zu gründende GmbH beabsichtigten, das Grundstück Z derart gemeinschaftlich von einer GbR zu er

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Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und die noch zu gründende GmbH beabsichtigten, das Grundstück Z derart gemeinschaftlich von einer GbR zu erwerben, dass die Klägerin den bebauten und die GmbH den unbebauten Grundstücksteil kaufen sollte. Da die GbR jedoch nur bereit war, das Grundstück an lediglich einen Erwerber zu veräußern, kamen die Parteien überein, dass die Ehefrau des Gesellschafters der GmbH, X, das Grundstück zunächst insgesamt erwerben sollte. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 veräußerte die GbR das Grundstück an X zu einem Kaufpreis von 1.625.000 €. Ebenfalls mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 verkaufte X eine noch nicht vermessene Teilfläche des Grundstücks von ca. 1.160 qm an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 1.086.750 €. Die Klägerin hinterlegte den vereinbarten Kaufpreis am 12. September 2008 auf einem Notaranderkonto.

2

Nachdem das Grundstück aufgeteilt worden war, vereinbarten die GbR und X mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 07/2008) die Aufhebung des Kaufvertrags vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand u.a. unter der aufschiebenden Bedingung, dass der auf dem Notaranderkonto hinterlegte Betrag aus dem Kaufvertrag der X mit der Klägerin bis spätestens 26. September 2009 an die GbR ausgekehrt wird.

3

Am selben Tag schlossen die Klägerin und X einen notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag (UR-Nr. 08/2008) über den Kaufvertrag vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der GbR und X geschlossene Aufhebungsvertrag durch Eintritt der darin vereinbarten aufschiebenden Bedingung wirksam wird.

4

In einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 11/2008) veräußerte die GbR die nunmehr neu vermessene Teilfläche von ca. 1.160 qm an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug 1.090.000 €. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der Klägerin und X geschlossene Aufhebungsvertrag wirksam wird.

5

Die in den Verträgen vom 22. September 2008 vereinbarten aufschiebenden Bedingungen traten ein, so dass diese Verträge wirksam wurden.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 13. Juni 2008 für den Grundstückserwerb der Klägerin von X nach einer Bemessungsgrundlage von 1.086.750 € gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.036 € fest. Ferner erließ das FA am 9. Oktober 2008 gegen die Klägerin einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Darin setzte es gegen diese für den Erwerb desselben Grundstücks von der GbR aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 1.090.000 € Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.150 € fest.

7

Mit Schreiben vom 23. September 2008 leitete der beurkundende Notar den zwischen der Klägerin und X geschlossenen Aufhebungsvertrag an das FA weiter und beantragte für die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Das FA lehnte den Antrag gegenüber der Klägerin mit an den beurkundenden Notar gerichtetem Bescheid vom 16. Oktober 2008 mit der Begründung ab, der Kaufvertrag sei nicht i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) rückgängig gemacht worden, da der Veräußerer seine vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht zurückerlangt habe.

8

Mit Schreiben vom 3. November 2008 (Schreiben 1) wies die Klägerin auf die Aufhebung des Kaufvertrags hin. Sie bat darum, das Schreiben als "Widerspruch gegen die o.g. Grunderwerbsteuer" zu werten. Die Klägerin sendete das Schreiben per Telefax an die Steuerkasse, die es nicht an das FA weiterleitete. Ferner sendete die Klägerin am 3. November 2008 ein weiteres Schreiben (Schreiben 2) per Telefax an die Steuerkasse. Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Mahnung bezüglich der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer. Darauf war handschriftlich Folgendes vermerkt: "... Sie sind nicht auf dem Laufenden. Am 22.09.08 ist der Vertrag aufgehoben worden, so dass die Zahlung der Restgrunderwerbsteuer und der Säumniszuschläge nicht in Frage kommt ..." Dieses Schreiben leitete die Steuerkasse an das FA weiter, dem es am 4. November 2008 zuging.

9

Ein weiteres Schreiben der Klägerin an das FA vom 18. Januar 2009, dem die Schreiben vom 3. November 2008 als Anlage beigefügt waren, legte das FA als Einspruch gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2008 sowie als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Einspruchsfrist aus. Diesem Antrag gab es statt. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück.

10

Mit Schreiben vom 26. April 2010 und 26. Mai 2010 beantragte die Klägerin den Erlass der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bzw. mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen. Die Erlassanträge und die gegen die diesbezüglichen Ablehnungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.

11

Die Klägerin erhob am 16. Februar 2010 Verpflichtungsklage auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 beantragte sie ferner, hilfsweise das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrages von 38.036 € zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer zu erlassen. Im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 beantragte die Klägerin hilfsweise zudem, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Das FA stimmte dieser Sprungklage zu.

12

Die Klage hatte im Hauptantrag Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die Klägerin zwar die Einspruchsfrist versäumt, das FA der Klägerin jedoch insoweit zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt habe. Ferner sei das FA verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Der zwischen der Klägerin und X geschlossene Kaufvertrag sei durch den Vertrag vom 22. September 2008 aufgehoben worden. Darin liege eine Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da alle grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Beziehungen rechtlicher oder tatsächlicher Art zwischen den Vertragsparteien beseitigt worden seien. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2007 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Entgegen der Ansicht des FG habe die Klägerin das Grundstück nicht aus der Hand gegeben und ihre wirtschaftliche Position in Bezug auf das Grundstück zu keiner Zeit aufgegeben. Ferner sei der Bescheid vom 16. Oktober 2008 bestandskräftig. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu Unrecht erfolgt. Das Schreiben 1 der Klägerin sei nicht als Einspruch auszulegen.

14

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 rechtswidrig ist.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG entschieden, das FA sei verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben.

17

1. Zutreffend hat das FG die Klage nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unbegründet abgewiesen. Die Frage, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 der Abgabenordnung --AO--) zu gewähren war, stellt sich dabei nicht. Denn die Klägerin hat fristgemäß Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 eingelegt. Das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin ist nämlich als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 auszulegen.

18

a) Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).

19

b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin als Einspruch auszulegen. Das von der Klägerin darin verfolgte Ziel, für den Grundstückserwerb vom 6. Mai 2008 wegen der Aufhebung des Kaufvertrags keine Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen, konnte durch die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erreicht werden. Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie sich gegen die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 durch den Bescheid vom 16. Oktober 2008 wandte und hiergegen Einspruch einlegen wollte. Zwar hat die Klägerin ihr Schreiben an die Steuerkasse und damit an eine unzuständige Finanzbehörde gerichtet, jedoch hat diese das Schreiben an das FA weitergeleitet. Diesem ist es am 4. November 2008 und damit innerhalb der Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO zugegangen.

20

2. Das FA ist nicht verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Denn der Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde entgegen der Auffassung des FG nicht rückgängig gemacht.

21

a) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

22

"Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

23

Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

24

Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

25

Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

26

b) Nach diesen Grundsätzen lagen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht vor. Der durch den Vertrag vom 6. Mai 2008 verwirklichte Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde nicht rückgängig gemacht. Denn die Klägerin hat im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 22. September 2008 eine ihr verbliebene Rechtsposition verwertet. Die Aufhebungsverträge zwischen der Klägerin und X einerseits sowie zwischen X und der GbR andererseits und der Weiterveräußerungsvertrag zwischen der GbR und der Klägerin wurden in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen. X wurde demgemäß aus ihrer Übereignungsverpflichtung gegenüber der Klägerin erst in dem Augenblick entlassen, in dem sie auf ihren Übereignungsanspruch gegenüber der GbR verzichtet hatte. Für die Annahme einer der Klägerin verbliebenen Rechtsposition ist es entgegen der Ansicht des FG unerheblich, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Übereignungsanspruch von einer Nichteigentümerin erlangt hatte. Denn es ist für einen Ausschluss des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erforderlich, dass der Erwerber das Grundstück als solches verwertet; vielmehr reicht es aus, wenn er eine ihm aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang verbliebene, das Grundstück betreffende Rechtsposition verwertet.

27

Die Klägerin hat die ihr verbliebene Rechtsposition ferner in ihrem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet. Hierfür war es nicht notwendig, dass sie das Grundstück einem Zwischenhändler ähnlich an einen Dritten veräußerte, sondern es genügte bereits, dass sie die ihr verbliebene Rechtsposition verwandte, um den eigenen Erwerb des Grundstücks von der GbR sicherzustellen. Es kam ihr gerade darauf an, dass X gegenüber der GbR auf ihren Übereignungsanspruch verzichtet, damit die GbR bezüglich der Übereignung des Grundstücks schuldrechtlich nicht gebunden war und ihr, der Klägerin, das Grundstück wie ursprünglich geplant verkaufen konnte, ohne sich dadurch die Erfüllung des Kaufvertrags mit X unmöglich zu machen.

28

c) Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

29

3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war auch hinsichtlich der Hilfsanträge abzuweisen.

30

a) Soweit die Klägerin erstmalig im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt hat, die Rechtswidrigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids vom 9. Oktober 2008 festzustellen, ist dieses Begehren unzulässig. Denn es handelt sich dabei um eine im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässige Klageerweiterung (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 43 FGO Rz 108; siehe auch BFH-Urteil vom 27. August 2003 II R 18/02, BFH/NV 2004, 203, zum Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Feststellungsklage im Revisionsverfahren).

31

b) Ferner ist die Klage unzulässig, soweit die Klägerin erstmalig im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 hilfsweise beantragt hat, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Zwar hat das FA dieser Sprungklage zugestimmt. Jedoch hat die Klägerin insofern die einmonatige Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht gewahrt.

32

c) Im Übrigen ist die Klage in ihren Hilfsanträgen zwar zulässig, aber unbegründet. Das FA hat es ermessensfehlerfrei abgelehnt, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrags von 38.036 € oder die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen.

33

aa) Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Ein Erlass kommt aus sachlichen Gründen in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Beim Erlass handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Die Entscheidung darf gemäß § 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

34

bb) Das FA hat ermessensfehlerfrei angenommen, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Bescheiden vom 13. Juni 2008 und 9. Oktober 2008 nicht sachlich unbillig ist. Ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, zwei dasselbe Grundstück betreffende aufeinanderfolgende Erwerbsvorgänge zwischen demselben Erwerber und verschiedenen Veräußerern jeweils gesondert zu besteuern, obgleich nur einer dieser Erwerbsvorgänge einen Rechtsträgerwechsel herbeigeführt hat. Soweit es somit zu einer Steuerschuld ohne Rechtsträgerwechsel kommt, entspricht dies der Sachgesetzlichkeit des GrEStG (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 II R 11/08, BFHE 226, 552, BStBl II 2010, 498, unter II.7.).

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.