I. Streitig ist der Erlass von Haftungsschulden in Höhe von insgesamt 5.000.000 €.
Der Kläger ist nichtselbständig tätig. Er war in den Jahren 1999 bis 2001 einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer der Speditionsfirmen B-, C- und D-GmbH. Diese Gesellschaften führten in dem vorgenannten Zeitraum für eine in Kufstein in Österreich ansässige Firma A-GmbH den Transport von Kraftfahrzeugen durch. Bei der Firma A-GmbH fand ab Februar 2003 eine Steuerfahndungsprüfung statt, bei der u.a. festgestellt wurde, dass die Verbringung von Fahrzeugen nach Österreich auf Grund falscher Verbringungsdokumente – u.a. der vorgenannten Speditionen - nur vorgetäuscht war, um zu Unrecht steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in das Inland geltend machen zu können. Unter anderem gegen die Geschäftsführer der Firma A-GmbH und gegen den Kläger wurden Steuerstrafverfahren eingeleitet; die Beitreibung der festgestellten Umsatzsteuernachzahlung in Höhe von insgesamt 10.000.000 € bei der Firma A-GmbH blieb erfolglos.
Das Finanzamt nahm daraufhin unter anderem den Kläger als Steuerhinterzieher mit Haftungsbescheid vom 18. April 2006 in Höhe von 5.000.000 € in Anspruch. Mit Schreiben vom 21. August 2006 forderte das hier beklagte Finanzamt München den Kläger zur Entrichtung des vorgenannten Haftungsbetrages zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe 200.000 € auf und kündigte zugleich die Vollstreckung an.
Mit Schreiben vom 28. November 2006 beantragte der Kläger beim FA unter Beifügung einer Gehaltsabrechnung der B-GmbH für den Monat Oktober 2006 den Erlass der Haftungsschulden aus dem Haftungsbescheid vom 18. April 2006. Als Begründung führte er an, dass er verheiratet sei und drei Kinder habe, von denen eines noch in Ausbildung sei. Er sei an zwei Gesellschaften beteiligt, die nach Angaben seiner Hausbank überschuldet seien; sein Wohnhaus sei deshalb für Kredite der Gesellschaften ausreichend belastet.
Mit Bescheid vom 29. November 2006 lehnte das FA den Erlassantrag ab und wies den Kläger darauf hin, dass ihm eine erhöhte Mitwirkungspflicht obliege, dem FA anhand geeigneter und detaillierter Unterlagen (z.B. Liquiditätsstatus, Darlehensverträge, aktueller Kontoauszüge usw.) eine mögliche Existenzbedrohung nachzuweisen. Solche Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2006 teilte der Kläger mit, dass er seinen Erlassantrag aufrecht erhalte; weitere Nachweise seiner finanziellen Situation legte er nicht vor.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2006 lehnte das FA den Erlassantrag erneut ab. Das Schreiben des Klägers vom 15. Dezember 2006, in dem der Kläger die Aufrechterhaltung seines Erlassantrages mitteilte, wertete das FA als Einspruch gegen die Ablehnung des Erlasses der Haftungsschulden.
Mit auf den 24. Januar 2007 datierten Schreiben des FA wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er bisher – mit Ausnahme einer Lohnabrechnung - keine Unterlagen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe, sodass eine Entscheidung schon mangels des Nachweises der Erlassbedürftigkeit nicht möglich sei. Darauf erfolgte keine weitere Reaktion des Klägers.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. April 2007 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Dagegen ist die Klage vom 4. Juni 2007 gerichtet.
Mit rechtskräftigem Strafurteil vom 27. Mai 2009 wurde der Kläger wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde dabei zur Bewährung ausgesetzt.
Mit Beschluss vom 21. Juni 2010 wurde das vorliegende Klageverfahren mit Einverständnis der Beteiligten wegen des noch offenen Rechtsbehelfsverfahrens in Sachen des Haftungsbescheides vom 18. April 2006 zum Ruhen gebracht.
Der gegen den Haftungsbescheid gerichtete Einspruch wurde mit bestandskräftiger Einspruchsentscheidung vom 24. November 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin wurde das Klageverfahren mit Beschluss vom 24. Juli 2012 wieder aufgenommen.
In einem Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes am 12. November 2012 wurde vereinbart, dass sich die Beteiligten nochmals hinsichtlich der Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung der Streitsache durch die Vereinbarung von regelmäßigen Zahlungen des Klägers auseinandersetzen. Im Anschluss daran wurde das Gericht mehrfach ersucht, das Verfahren wegen der Einigungsversuche ruhen zu lassen. Im Ergebnis ist eine solche zur Erledigung des Rechtsstreits führende Vereinbarung zwischen Beteiligten bis zur mündlichen Verhandlung nicht zustande gekommen.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass eine Vollstreckung der offenen Haftungsschulden seine wirtschaftliche und persönliche Existenz gefährden und vernichten würde und er seinen Lebensunterhalt auf Dauer nicht mehr bestreiten könnte. Insoweit habe das FA bei der Ausübung seines Ermessens nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, so sei insbesondere der Sachverhalt der Vernichtung oder Gefährdung seiner wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz nicht ausreichend ermittelt worden. Er habe seine wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen des Erlassverfahrens ausreichend dargelegt, er sei daneben aber nie zur Vorlage sachdienlicher Unterlagen, deren Einreichung ihm möglich und zumutbar war, aufgefordert worden. Das FA hätte ihm hier konkret mitteilen müssen, welche Angaben zur Entscheidung über den Erlassantrag noch fehlen würden; insoweit sei das Argument seiner unzureichenden Angaben zur Ablehnung des Erlassantrags unzutreffend. Im Übrigen sei bei einer Billigkeitsmaßnahme auf den Kenntnisstand der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung abzustellen und nicht auf das, was in ungewisser Zukunft liege.
Zu dem weiteren Vorbringen des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 3. Juni 2007, vom 12. Juli 2007, vom 27. September 2007, vom 26. April 2010, vom 19. Mai 2010, vom 18. Juni 2010, vom 28. September 2012, vom 17. Januar 2013, vom 15. April 2013, vom 5. August 2013, vom 7. November 2013, vom 13. November 2013, vom 1. Februar 2014 und vom 5. März 2014, vom 16. Juli 2014, vom 1. Dezember 2014 und vom 5. Januar 2015 nebst Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Bescheide vom 29. November 2006 und vom 11. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2007 das FA zu verpflichten, den beantragten Billigkeitserlass auszusprechen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt das FA im Wesentlichen vor, dass es alle Gesichtspunkte, die in einem Erlassverfahrens im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu berücksichtigen seien, unter Zugrundelegung der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Kenntnisse gegeneinander abgewogen habe. Im Übrigen sei vom Kläger mit Schreiben vom 29. November 2006 ein Liquiditätsstatus, Darlehensverträge, aktuelle Kontoauszüge und sonstige Unterlagen, die eine Existenzbedrohung dokumentieren könnten, angefordert worden; vorgelegt worden sei aber lediglich eine Gehaltsabrechnung der B-GmbH für den Kläger. Trotz weiterer Schriftwechsel sei der Kläger nähere Nachweise schuldig geblieben, er habe seine wirtschaftlichen Verhältnisse daher nicht umfassend offen gelegt.
Zu dem weiteren Vorbringen des FA wird auf die Stellungnahmen vom 2. August 2007, vom 19. November 2009, vom 21. Dezember 2009, vom 17. Juni 2010, 24, vom 24. Oktober 2011, vom 2. Juli 2012, vom 18. September 2012, vom 2. September 2013, vom 29. November 2013, vom 12. März 2014 und vom 29. Juli 2014 verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. November 2014 wies das Finanzgericht München die Klage als unbegründet ab, mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 beantragte der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
II. Die Klage ist unbegründet.
1. Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist.
a) Allgemein stellt der Erlass nach § 227 AO nach herrschender Auffassung eine Billigkeitsentscheidung dar (vgl. nur Bundesfinanzhof BFH-Beschlüsse vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, vom 14. März 2008 IIIB 30/06, BFH/NV 2008, 985 und vom 5. Februar 2003 II R 84/00, BFH/NV 2004, 340; von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 227 AO Rz. 113 ff. m.w.N.). Die Entscheidung über eine derartige Billigkeitsmaßnahme stellt aber eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde dar, die gerichtlich nur in den durch § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (Lindwurm, in Leopold/Madle/Rader, Kommentar zur AO, § 227 Rz. 12). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung demnach darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessen überschritten oder von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
Selbst bei einem Ermessensfehlgebrauch der Finanzbehörde darf das Gericht in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur dann, wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO, BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BStBl II 1995, 297).
Abzustellen ist für die gerichtliche Prüfung der Ermessensentscheidung der Verwaltung dabei auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung als letzte Verwaltungsentscheidung (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642, BFH-Beschluss vom 4. März 1999 VII B 315/98, BFH/NV 1999, 1223 und von Groll, in Gräber, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage 2010, § 102 FGO m.w.N. und in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO Rz. 118).
b) Bei einem Erlass kann die Unbilligkeit dabei in der Sache selbst oder in der Person des Steuerpflichtigen begründet sein; man spricht hier von der sachlichen oder der persönlichen Unbilligkeit (von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO Rz. 125).
aa) Sachliche Billigkeitsgründe sind solche die aus dem anspruchsbegründenden Tatbestand selbst hervorgehen und von den außerhalb dieses Tatbestandes liegenden persönlichen Gründen – insbesondere den wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen - unabhängig sind (Loose, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 227 AO Rz. 40). Nach der Rechtsprechung sind solche sachlichen Billigkeitsgründe dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichem Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Der Gesetzgeber darf dabei die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen haben (BFH-Urteile vom 4. Februar 2010, II R 25/08, BStBl II 2010, 663 und vom 23. März 1998 II R 41/96, BStBl II 1998, 396).
Im Streitfall werden weder vom Kläger noch vom FA solche sachlichen Billigkeitsgründe vorgebracht und sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Vorliegend kann der Kläger demnach im Rahmen des Erlassverfahrens nicht geltend machen, seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner als Steuerhinterzieher nach § 71 AO sei aus sachlichen Gründen unbillig und müsse zum Erlass der Haftungsschuld führen. Allgemein kann ein Steuerpflichtiger in einem Erlassverfahren nicht mehr mit Einwänden gehört werden, die er im Rechtsbehelfsverfahren gegen den dem Erlass zu Grunde liegenden Haftungsbescheid hätte geltend machen können (FG-Hamburg-Urteil vom 21. August 1985 II 146/83, EFG 1986, 203). Im Streitfall ist dieser Haftungsbescheid aber nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung bestandskräftig geworden.
bb) Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit das FA den Erlass der Steuerschulden aus persönlichen Billigkeitsgründen abgelehnt hat. Ein solcher Billigkeitserlass aus persönlichen Gründen setzt sowohl eine Erlassbedürftigkeit als auch eine Erlasswürdigkeit des Steuerschuldners voraus.
Hier fehlt es bereits am Nachweis der Erlassbedürftigkeit des Klägers im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Das FA hat das Vorliegen einer persönlichen Härte - d.h. einer Unbilligkeit aus persönlichen Gründen - in seiner Einspruchsentscheidung vom 30. April 2007 zu Recht deshalb verneint, weil der Kläger seine wirtschaftlichen Verhältnisse trotz Aufforderung durch das FA nicht umfassend dargelegt hatte. Das FA führt hierzu in seiner Einspruchsentscheidung weiter aus, dass der Kläger insbesondere die vom FA zur Bearbeitung des Erlassantrages angeforderten Nachweise über seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht habe, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen sei.
aaa) Diese Begründung des FA zur Verweigerung des Erlasses ist nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, was hier aber allein einer Überprüfung durch das Gericht zugänglich ist. So ist aus den Akten des FA ersichtlich, dass der Kläger als Nachweis seiner Vermögenslage lediglich - im Anhang seines Erlassantrags vom 28. November 2006 - eine einzelne Gehaltsabrechnung der B-GmbH für seine Person vom Oktober 2006 vorgelegt hatte. Auf Grund der Hinweise des FA in den Schreiben vom 29. November 2006 und vom 24. Januar 2007 war der Kläger auch darüber unterrichtet, dass das FA die vorliegenden Unterlagen für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisses als nicht für ausreichend erachtete. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Erlassantrags nach seiner eigenen Einlassung an zwei Gesellschaften beteiligt war und zudem über Grundbesitz verfügte, hätte er die von ihm behauptete Überschuldung dieser Vermögensbestandteile – insbesondere nach dem ausdrücklichen Hinweis durch das FA - substantiieren und durch Nachweise belegen müssen. Nur damit hätte er das FA dazu in die Lage versetzt, über den vollständigen Sachverhalt der Vermögensverhältnisses des Klägers im Rahmen seines Ermessens urteilen zu können. Die Vorlage entsprechender Unterlagen ist hier aber bis zur Einspruchsentscheidung als letzter Verwaltungsentscheidung nicht erfolgt.
bbb) Das FA hat hier auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht dadurch seine „Fürsorgepflicht“ verletzt, dass es vor Erlass der Einspruchsentscheidung keine „konkreten Fragen“ an den zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht vertretenen Kläger richtete, obwohl dieser in seinem Schreiben vom 6. Dezember 2006 zu erkennen gegeben habe, dass er davon ausgehe, „dass das FA verpflichtet sei, ihm klar zu sagen, was noch an Unterlagen von ihm vorzulegen sei, um den Erlassantrag zu bearbeiten“. In Anbetracht des vorangegangenen Schreibens des FA vom 29. November 2006 besteht hier keine solche „Fürsorgepflicht“, denn das FA hat darin klar erkennen zu gegeben, dass im Erlassverfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bestehe und dass es insbesondere eines Nachweises geeigneter Unterlagen zur Existenzbedrohung bedürfe. Auch in dem auf den 24. Januar 2007 datierten Schreiben des FA weist dieses nochmals deutlich darauf hin, dass bisher keine ausreichenden Unterlagen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vorliegen würden. Der Kläger musste aus diesen Schriftsätzen des FA als ehemaliger Geschäftsführer verschiedener Gesellschaften schon auf Grund seiner geschäftlichen Kenntnisse und Erfahrungen davon ausgehen, dass seine bloße Behauptung der Existenzbedrohung nicht ausreichen würde und er zumindest die vom FA in dem erstgenannten Schreiben geforderten Unterlagen (Liquiditätsstatus, Darlehensverträge und aktuelle Kontoauszüge) als solche Nachweise vorlegen musste. Das ist aber nicht geschehen und insoweit erkennt das Gericht jedenfalls keinen Ermessensfehlgebrauch des FA darin, dass es am 30. April 2007 – mithin drei Monate nach dem letzten unbeantwortet geblieben Schreiben des FA -ohne nochmaligen oder konkreteren Hinweis über den Einspruch gegen die ablehnende Erlassentscheidung entschieden hatte.
Allgemein hat das FA zwar auch im Billigkeitsverfahren seiner Sachaufklärungspflicht nach § 88 AO nachzukommen. Andererseits sind im Erlassverfahren an den Steuerschuldner aber deshalb erhöhte Anforderungen zu stellen, weil die entscheidungserheblichen Tatsachen regelmäßig in seinem Wissen- und Einflussbereich liegen (BFH-Urteile vom 23. November 2000 III R 52/98, BFH/NV 2001, 882, vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462 und vom 29. April 1987 X R 22/82, BFH/NV 1988, 22 sowie Beschluss vom 31. Januar 1996 III B 75/95, BFH/NV 1996, 565; vgl. auch von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO Rz. 380 sowie Lindwurm, in Leopold/Madle/Rader, Kommentar zur AO, § 227 Rz. 65). Im Streitfall hätte es daher dem Kläger oblegen, die aus seinem Einflussbereich relevanten Informationen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse - insbesondere hinsichtlich seiner Beteiligungen an Gesellschaften und seines Grundbesitzes - durch geeignete Nachweise zu belegen; dem ist der Kläger hier bis zur letzten Verwaltungsentscheidung nicht nachgekommen. Diese Verletzung der Mitwirkungspflichten des Klägers ist im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr heilbar, da es auf die Sachlage im Zeitpunkt dieser letzten Verwaltungsentscheidung ankommt (BFH-Urteil vom 23. November 2000 III R 52/98, BFH/NV 2001, 882).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.