Finanzgericht Köln Urteil, 10. März 2016 - 1 K 903/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Ermittlung von sog. „Differenzkindergeld“ eine Einzelbetrachtung für jedes Kind oder eine Gesamtbetrachtung aller kindergeldberechtigten Kinder zu erfolgen hat.
3Die Klägerin hat 6 Kinder: 1 (geb. 1993), 2 (geb. 1995), 3 (geb. 1998), 4 (geb. 2009), 5 (geb. 2003) und 6 (geb. .2006). Sämtliche Kinder gingen im Streitzeitraum zur Schule. Der Ehemann der Klägerin arbeitet seit 2009 ausschließlich in Belgien. Die Klägerin lebt mit den Kindern in Deutschland und ist nicht erwerbstätig.
4Mit Bescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte für das älteste Kind I Differenzkindergeld i.H. von 78,48 € gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig fest. Der Vorläufigkeitsvermerk erfolgte bis zur Vorlage einer Bescheinigung über die in Belgien zustehenden Familienleistungen. Bei seiner als Anlage zum Bescheid beigefügten Berechnung des vorläufigen Differenzkindergeldes ermittelte die Beklagte die Differenzbeträge für jedes Kind einzeln. Hierbei ergab sich nur für I ein gegenüber den belgischen Familienleistungen um 78,48 € höheres deutsches Kindergeld. Für die übrigen Kinder waren die jeweiligen belgischen Familienleistungen höher. Nachdem bei der Beklagten eine Bescheinigung über die belgischen Familienleistungen einging, hob diese die Festsetzung des Differenzkindergeldes mit Bescheid vom 26.04.2012 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Mai 2010 auf und forderte mit zeitgleichem Bescheid das gezahlte Differenzkindergeld für den Zeitraum Mai 2010 bis April 2012 i.H. von 1.883.52 € nach § 37 Abs. 2 der AO zurück. Dies begründete die Beklagte mit dem Inkrafttreten des Art. 68 Abs. 1 der EG-VO Nr. 883/2004. Bei der Ermittlung des Differenzkindergeldes stellte die Beklagte den belgischen Gesamtfamilienleistungen für alle Kinder i.H. von monatlich 1.328,03 € die deutschen Kindergeldansprüche i.H. von monatlich 1.203,00 € gegenüber.
5Den hiergegen am 09.05.2012 erhobenen Einspruch wies die Beklagte mit Entscheidung vom 27.02.2013 zurück. Dies begründete sie damit, dass nach dem Inkrafttreten der EG-VO 883/2004 zum 01.05.2010 für die Frage der Berechnung des Differenzkindergeldes (Kindergeldunterschiedsbetrages) nicht mehr die Beträge pro Kind gegenübergestellt würden, sondern der jeweils zu zahlende Gesamtbetrag des Kindergeldes.
6Mit der hiergegen am 25.03.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass stets das Differenzkindergeld pro Kopf berechnet worden sei und in Belgien auch immer noch so berechnet werde. Sie habe mithin zumindest bis zur Bekanntgabe des Bescheides vom 26.04.2012 hierauf vertrauen dürfen, was eine Rückforderung ausschließe. Für die Kopfbetrachtung spreche auch, dass es sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften beim Kindergeld um Unterhalt des Kindes handele, weshalb die Beklagte auch nicht passiv legitimiert sei. Daneben sei die erhöhte Kindergeldleistung auch gerechtfertigt, da der Vater durch seine Beschäftigung im EU-Ausland einen höheren Aufwand habe und auch weniger zur Betreuung und Versorgung des Kindes verfügbar sei.
7Die Klägerin beantragt,
8die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld ab Mai 2010 (in Höhe von 78,00 € zu Gunsten des ältesten Kindes I) sowie der Bescheid zur Rückforderung angeblicher Zuvielzahlung im Zeitraum Mai 2010 bis April 2012 (24 x 78,00 €) vom 26. April 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2013 (zugegangen am 8. März 2013) wird aufgehoben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf ihre Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend verweist sie auf die ab Mai 2010 gültige Durchführungsanweisung zum über- und zwischenstaatlichen Recht (DAüzV). Nach DA 214.6 sei bei der Berechnung des Differenzkindergeldes der in Deutschland zu zahlende Gesamtbetrag im jeweiligen Monat dem Gesamtbetrag der im anderen Staat für dieselben Kinder für denselben Monat zustehenden Familienleistungen gegenüberzustellen.
12Hinsichtlich der Beträge im Einzelnen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die Bescheinigung der belgischen Familienleistungen durch das Office national d´allocations familiales pour travailleurs salariés vom 06.12.2011, Blatt 157-158 der Kindergeldakte verwiesen.
13Entscheidungsgründe
14Die Klage ist unbegründet.
15Die Beklagte hat zu Recht die Festsetzung des Differenzkindergeldes ab Mai 2010 aufgehoben und das überzahlte Kindergeld bis April 2012 i.H. von 1.883,52 € zurückgefordert.
16I.
17Denn die Klägerin hat im Streitzeitraum keinen Anspruch auf deutsches Differenzkindergeld. Ihr grundsätzlich bestehender Kindergeldanspruch ist nicht geringer als die belgischen Familienleistungen.
181.
19Die Klägerin hat grundsätzlich für ihre Kinder Anspruch auf deutsches Kindergeld nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Denn die Klägerin und ihre unter 18-jährigen Kinder bzw. ihr unter 25-jähriges in Schulausbildung befindliches Kind I haben ihren Wohnsitz in Deutschland.
202.
21Allerdings ist der gleichzeitig bestehende Anspruch des Ehemanns der Klägerin auf belgische Familienleistungen (siehe die Bescheinigung des „Office national d´allocations familiales pour travailleurs salariés“) dem deutschen Kindergeld vorrangig.
22Das Konkurrenzverhältnis von Familienleistungen innerhalb der Europäischen Union wird in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 29.04.2004 (EG-VO 883/2004) geregelt. Für die Klägerin (und ihren Ehemann) ist als Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der persönliche (Art. 2 Abs. 1 EG-VO 883/2004) und hinsichtlich der Familienleistungen auch der sachliche Geltungsbereich (Art. 3 Abs. 1 j. EG-VO 883/2004) der Verordnung eröffnet. Art. 68 Abs. 2 EG-VO 883/2004 löst das Konkurrenzverhältnis insoweit, indem es die Familienleistungen des nachrangig verpflichteten Staates bis zur Höhe der Leistungen des vorrangig verpflichteten Staates aussetzt; erforderlichenfalls ist einen Unterschiedsbetrag (vorliegend Differenzkindergeld) zu gewähren.
23Der Anspruch des Ehemanns der Klägerin auf Familienleistungen ist aufgrund seiner alleinigen Erwerbstätigkeit vorrangig nach Art. 68 Abs. 1 a) EG-VO 883/2004. Insoweit wird der deutsche Kindergeldanspruch der Klägerin nach Art. 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 EG-VO 883/2004 ausgesetzt.
243.
25Der Klägerin war auch kein Differenzkindergeld zu gewähren. Denn die Beklagte ist bei der Berechnung des Differenzkindergeldes zu Recht von einer Gesamtbetrachtung des für alle Kinder nach deutschem Recht zu zahlenden Monatsbetrags zum Monatsbetrag der gesamten belgischen Familienleistungen ausgegangen. Dies leitet der Senat aus den Erwägungsgründen zur EG-VO 883/2004 her. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 35 will die Verordnung ungerechtfertigte Doppelleistungen vermeiden. Würde man jedoch eine Einzelbetrachtung für jedes Kind vornehmen, so könnte – wie im vorliegenden Fall – die Summe der Familienleistungen sowohl den Kindergeldanspruch im vorrangig zuständigen wie auch im nachrangig zuständigen Staat übersteigen und damit zu einer Leistungserhöhung führen (vgl. Helmke in: Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, I. Kommentierung Europarecht, Art. 68 VO Nr. 883/2004, Rz 29). Dies würde auch gegen den Erwägungsgrund 4 sprechen, wonach die Verordnung zu einer Koordination der Leistungen im System der sozialen Sicherheit führen und damit keine erhöhten Ansprüche begründen soll (a.A. FG Baden-Württemberg Urteile vom 28.01.2015 14 K 982/13, juris - Revision beim BFH anhängig unter Az. III R 9/15 - ; vom 26.02.2015, 3 K 1747,13, EFG 2015, 997 – Revision beim BFH angängig unter Az. III R 34/15). Demnach war der Klägerin für I kein deutsches (Differenz-)Kindergeld zu gewähren, da sich die belgischen Familienleistungen für alle Kinder auf monatlich 1.328,03 € beliefen, die deutschen Kindergelbeträge jedoch nur auf 1.203,- €.
26II.
27Die Beklage war auch berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes durch Bescheid vom 15.01.2010 rückwirkend aufzuheben. Dies konnte aufgrund deren Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 2 AO erfolgen. Die Festsetzung des Differenzkindergeldes durfte auch nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig erfolgen, da die Höhe der belgischen Familienleistungen noch nicht bekannt war. Dass der Beklagte bei der vorläufigen Festsetzung von einer Einzelbetrachtung ausgegangen ist, schränkt die Änderungsmöglichkeit zu Lasten einer Gesamtbetrachtung nicht ein. Denn ein bei der vorläufigen Festsetzung unterlaufener Rechtsfehler kann im Rahmen der endgültigen Festsetzung (hier durch Aufhebung) korrigiert werden (vgl. Rüsken in Klein, AO, 11. Auflage, § 165 Rdnr. 17 m.w.N.). Für den von der Klägerin angeführten Vertrauensschutz verbleibt insoweit kein Raum.
28Die falsche Bezeichnung der Änderungsnorm im Aufhebungsbescheid (hier § 70 Abs. 2 EStG) führt ebenfalls nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Bescheides. Denn für die Rechtmäßigkeit eines Bescheides ist nicht die zur Begründung herangezogene Vorschrift maßgebend; es kommt allein darauf an, ob der Aufhebungsbescheid zum Zeitpunkt seines Ergehens durch eine entsprechende Ermächtigungsnorm gedeckt ist (vgl. zur ständigen Rspr.: BFH-Urteil vom 14.09.1993 VIII R 9/93, BFHE 175, 391, BStBl II 1995, 2).
29III.
30Die Rückforderung des unstreitig ausgezahlten Differenzkindergeldes für Kind 1 erfolgte nach § 37 Abs. 2 AO zu Recht. Denn durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Mai 2010 ist die Zahlung bis April 2012 i.H. von 1.883,52 € (24 Monate x 78,48 €) ohne rechtlichen Grund erfolgt.
31Der Umstand, dass das Kindergeld für den Kindesunterhalt verbraucht wurde, steht einer Rückforderung nicht entgegen. Denn die Einrede der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) findet im Steuerrecht nach ständiger Rechtsprechung keine Berücksichtigung (BFH-Beschluss vom 16.11.2010 VII B 120/10, BFH/NV 2011, 405).
32IV.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
34V.
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(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn
- 1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden, - 2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist, - 2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann, - 3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder - 4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.
(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.
(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.
(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.
(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.
(4) (weggefallen)
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer
- 1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder - 2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland - a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder - b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.
(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt, - 2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde - a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt, - b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch, - c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
- 3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt, - 4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder - 5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn
- 1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden, - 2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist, - 2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann, - 3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder - 4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.
(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.
(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.
(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.
(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.
(4) (weggefallen)
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.