Finanzgericht Köln Urteil, 28. Jan. 2016 - 1 K 2368/10

ECLI:ECLI:DE:FGK:2016:0128.1K2368.10.00
bei uns veröffentlicht am28.01.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.


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Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) Vorsteuern aus einer Rechnung der Marktgemeinde A (Gemeinde) geltend machen kann.

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In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Beiladung ist der Steuerpflichtige zu hören, wenn er am Verfahren beteiligt ist.

(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb beigeladen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.

(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 nicht klagebefugt sind.

(4) Der Beiladungsbeschluss ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden.

(5) Die als Mitberechtigte Beigeladenen können aufgefordert werden, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(6) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.

(2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben oder dass im Fall der Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten der Behörde aufzuerlegen. § 137 gilt sinngemäß.

(3) Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1)1Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.

(2) Ein Betrieb gewerblicher Art ist auch unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er selbst eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.

(3) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen.

(4) Als Betrieb gewerblicher Art gilt die Verpachtung eines solchen Betriebs.

(5)1Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe).2Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus.

(6)1Ein Betrieb gewerblicher Art kann mit einem oder mehreren anderen Betrieben gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn

1.
sie gleichartig sind,
2.
zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder
3.
Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Absatzes 3 vorliegen.
2Ein Betrieb gewerblicher Art kann nicht mit einem Hoheitsbetrieb zusammengefasst werden.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) Vorsteuern aus einer Rechnung der Marktgemeinde A (Gemeinde) geltend machen kann.

2

Die Klägerin vermarktet Werbemobile. Sie bietet dazu Vertragspartnern, vor allem Kommunen, Sportvereinen und sozialen Einrichtungen, die Überlassung eines mit Werbeaufschriften zu versehenden Fahrzeugs auf der Basis eines vorbereiteten Vertragstextes an. Sind genügend Werbekunden gefunden, beschafft die Klägerin ein Fahrzeug, beklebt es mit Werbeaufschriften auf eigene Kosten und vereinnahmt von den Werbeinteressenten das Entgelt für die Werbefläche. Nach der Beschriftung wird das Fahrzeug dem Vertragspartner --hier der Gemeinde-- übereignet, der sich verpflichtet, über eine Vertragslaufzeit von 5 Jahren das Werbemobil zur Erreichung der Werbewirksamkeit in der Öffentlichkeit zu bewegen.

3

Im Vertrag vom 2. Januar 2006 verpflichtete sich die Klägerin, der Gemeinde einen solchen Werbeträger (hier PKW X) zu übereignen, den sie am 21. Juni 2006 auch übergab.

4

Mit Datum vom 9. August 2006 rechnete die Gemeinde u.a. die Erbringung von Werbefahrten mit dem PKW X vom 21. Juni 2006 bis 20. Juni 2011 mit der Klägerin im Voraus in Höhe von 9.810 € netto ab. Da die Klägerin der Gemeinde bereits mit Rechnung vom 31. Juli 2006 ihre nach dem Vertrag vom 2. Januar 2006 zu erbringende Leistung mit dem gleichen Nettobetrag von 9.810 € in Rechnung gestellt hatte, verrechnete die Klägerin die beiden Forderungen.

5

Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Gemeinde kam der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu dem Ergebnis, diese sei nicht berechtigt gewesen, für die Werbefahrten eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis auszustellen. Die mit dem Fahrzeug verbundenen Tätigkeiten der Gemeinde seien nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erfolgt. Ein solcher sei zu verneinen, weil die in Abschn. 23 Abs. 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 (UStR) genannte Umsatzgrenze von 30.678 € nicht erreicht werde.

6

Mit Bescheid vom 29. Dezember 2006 erkannte das FA die von der Gemeinde in der Rechnung vom 9. August 2006 ausgewiesene Mehrwertsteuer in Höhe von ... € nicht als abzugsfähige Vorsteuer an und setzte gegenüber der Klägerin eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung für August 2006 in Höhe von ... € fest.

7

Das Finanzgericht (FG) gab der Sprungklage statt. Die Gemeinde sei mit dem dauerhaften Einsatz des Werbemobils selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen, nämlich um ein Fahrzeug zur Nutzung übereignet zu bekommen, tätig geworden. Die Werbeleistungen habe sie auf privatrechtlicher Grundlage erbracht und dabei den Bereich ihres hoheitlichen Tätigwerdens als Gemeinde verlassen. Auf die Umsatzgrenze von 30.678 € komme es unter dem Blickwinkel des Gemeinschaftsrechts nicht an. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der von der Klägerin begehrte Vorsteuerabzug schon daraus folge, dass die Gemeinde die Werbeleistungen ihrem Betrieb gewerblicher Art "Wasserversorgung" zugeordnet habe. Die Vorentscheidung ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1071.

8

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es trägt im Wesentlichen vor, das Fahrzeug sei zumindest weit überwiegend für den gemeindlichen Bauhof und damit zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingesetzt worden. Der erzielte Werbeeffekt sei lediglich ein Nebeneffekt, der keine --hervorgehobene-- nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde darstelle. Auch wenn das Gemeinschaftsrecht keine starre Umsatzgrenze vorsehe, bedeute dies nicht, dass jede noch so unbedeutende wirtschaftliche Tätigkeit steuerpflichtig sei. Private Wettbewerber würden insoweit durch die Regelung zur Besteuerung sog. Kleinunternehmer in § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) geschützt.

9

Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Sie verweist im Wesentlichen auf das Urteil des FG. Nach dem Gemeinschaftsrecht müsse sich die Tätigkeit nicht "wirtschaftlich herausheben". Die Wettbewerbsgleichheit verlange, gleiche wirtschaftliche Aktivitäten umsatzsteuerlich gleich zu behandeln. Die Gemeinde sei zudem bereits mit der Wasserversorgung unternehmerisch tätig und dieses Unternehmen umfasse ihre gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des FA ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat der Klägerin den streitigen Vorsteuerabzug zu Recht zuerkannt.

13

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.

14

Dies steht im Einklang mit Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Danach ist der Steuerpflichtige befugt, soweit er Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, von der von ihm geschuldeten Steuer die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, abzuziehen.

15

2. Zutreffend hat das FG die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bejaht und insbesondere mit Recht dargelegt, die Gemeinde sei als Unternehmerin berechtigt gewesen, für die von ihr noch zu erbringenden Leistungen eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis auszustellen.

16

a) Mit der Verwendung des Werbemobils im Straßenverkehr für die Dauer von 5 Jahren erbringt die Gemeinde nachhaltig eine sonstige Leistung i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909), nämlich eine Werbeleistung (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG).

17

b) Diese Leistung erbringt die Gemeinde gegen Entgelt.

18

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH werden Leistungen nach den übereinstimmenden Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert einen unmittelbaren Zusammenhang begründet und die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. BFH-Urteile vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, m.w.N. zur Rechtsprechung von EuGH und BFH, und in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909).

19

Eine entgeltliche Leistung stellen auch der Tausch und der tauschähnliche Umsatz dar. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG). Voraussetzung hierfür ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gegenüberstehen, die lediglich durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpft sind (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 42/06, BFHE 221, 74, m.w.N.). Nicht maßgeblich ist, ob die Vertragsparteien die einander erbrachten Leistungen als entgeltlich oder unentgeltlich bezeichnen (BFH-Urteil vom 10. Juli 1997 V R 95/96, BFHE 183, 296, BStBl II 1997, 668). Der Gegenwert wird bei Tausch und tauschähnlichen Umsätzen i.S. von § 3 Abs. 12 UStG durch eine tatsächlich erhaltene Gegenleistung erbracht, die nicht in Geld besteht, aber in Geld ausdrückbar sein muss (BFH-Urteil in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909).

20

bb) Als Gegenwert und damit als Entgelt für die von ihr in dem fünfjährigen Verwendungszeitraum noch zu erbringenden Werbeleistungen hat die Gemeinde nach den unstreitigen Feststellungen des FG das Fahrzeug übereignet erhalten, für das sie selbst keine Anschaffungskosten tragen musste. Auch die Finanzverwaltung geht in einem solchen Fall von einem tauschähnlichen Umsatz aus, dessen Bemessungsgrundlage aus Vereinfachungsgründen mit dem Wert des Einkaufspreises des Fahrzeugs angesetzt werden könne (Schreiben der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 29. Februar 2008 -S 7100- Rz 1.1.2 und 1.2, USt-Kartei BW § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG S 7100 Karte 16). Soweit die Werbeleistungen zum Zeitpunkt der Übereignung des Pkw X noch nicht erbracht waren, stellt sich dieser Gegenwert --das Fahrzeug-- als Vorauszahlung dar.

21

c) Mit dem Einsatz des Werbemobils ist die Gemeinde insoweit auch als Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG bzw. Steuerpflichtige i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG tätig geworden.

22

aa) Entgegen der Auffassung des FA steht dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, dass es sich bei ihr um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt und diese nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig sind, soweit keiner der in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG geregelten Sonderfälle vorliegt.

23

§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG ist unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Februar 2003 V R 78/01, BFHE 201, 554, BStBl II 2004, 431, unter II.3., und vom 5. Februar 2004 V R 90/01, BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795, unter II.4.b bb; vgl. auch Kraeusel, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 480, 486 ff.). Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:

24

(5) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

25

Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

26

Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.

..."

27

Danach sind juristische Personen des öffentlichen Rechts Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG, wenn sie Leistungen gegen Entgelt auf privatrechtlicher Grundlage unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer erbringen (BFH-Urteile in BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795; vom 22. September 2005 V R 28/03, BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280; vom 12. Oktober 2004 V R 15/02, BFH/NV 2005, 388; vom 3. Juli 2008 V R 51/06, BFHE 222, 128, BStBl II 2009, 213, unter II.2., und vom 20. August 2009 V R 30/06, BFHE 226, 465).

28

bb) Dies ist hier der Fall. Die Gemeinde erbringt die --entgeltlichen-- Werbeleistungen auf der Grundlage des mit der Klägerin abgeschlossenen zivilrechtlichen Vertrages und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen.

29

Zwar stehen die Fahrten im Zusammenhang mit dem Einsatz des Fahrzeugs für gemeindliche --möglicherweise hoheitliche-- Zwecke. Hierauf kommt es aber nach der Rechtsprechung des EuGH nicht an (EuGH-Urteile vom 17. Oktober 1989 Rs. C-231/87 und C-129/88 --Comune di Carpaneto Piacentino u.a.--, Slg. 1989, 3233, UR 1991, 77, Randnr. 13, und vom 12. September 2000 Rs. C-276/97 --Kommission/Frankreich--, Slg. 2000, I-6251, Internationales Steuerrecht 2000, 620, Randnr. 33). Außerdem haben die entgeltlichen Werbeleistungen auch nichts mit der öffentlichen Aufgabenstellung der Gemeinde bzw. des Bauhofs zu tun. Es ist auch unerheblich, ob die Gemeinde mit dem Werbemobil zusätzliche, nicht durch den Gemeindebetrieb veranlasste Fahrten unternommen hat oder das Fahrzeug anderweitig besonders werbewirksam eingesetzt hat.

30

Im Übrigen hat die Gemeinde mit ihrem Anschreiben an potentielle Werbekunden, die sie auf die Möglichkeit des Werbemobils hingewiesen hat, und mit ihrer Teilnahme an der werbewirksam angekündigten Fahrzeugübergabe weitere Werbeleistungen zugunsten der Klägerin --auf privatrechtlicher Grundlage-- erbracht.

31

cc) Nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG kommt es für die Frage, ob die Gemeinde in Bezug auf ihre Werbeleistungen als Steuerpflichtige (bzw. Unternehmerin i.S. des UStG) tätig geworden ist, entgegen der Auffassung des FA und im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1974 I R 7/71, BFHE 112, 61, BStBl II 1974, 391) nicht darauf an, ob die ausgeübte Tätigkeit oder erbrachte Leistung von einer eigenständigen Einrichtung ausgeführt wird. Die Richtlinie stellt in Art. 4 Abs. 5 vielmehr ausschließlich auf die jeweils ausgeübte Tätigkeit oder erbrachte Leistung als solche ab.

32

dd) Entgegen der Auffassung des FA kann der Gemeinde die Unternehmereigenschaft nicht mit der Begründung versagt werden, die von ihr erzielten Werbeumsätze seien zu gering.

33

Die im Rahmen der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit erzielten Einnahmen der Gemeinde unterliegen bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung den gleichen umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen wie die Umsätze anderer Unternehmen auch. Danach kommt es für die Unternehmereigenschaft --auch einer juristischen Person des öffentlichen Rechts-- nicht darauf an, ob sich ihre wirtschaftliche Tätigkeit innerhalb ihrer Gesamtbetätigung "wirtschaftlich" heraushebt und bestimmte Umsatzgrenzen überschreitet. Der Wortlaut des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG gibt keinen Hinweis auf derartige Grenzen. Bereits mit dem BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 V R 111/85 (BStBl II 1990, 868) hat der BFH --unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 11. Januar 1979 V R 26/74 (BFHE 127, 83, BStBl II 1979, 746)-- festgestellt, dass Gewinn- oder Umsatzgrenzen keine geeigneten, allein maßgeblichen Kriterien zur Bestimmung der Steuerpflicht einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 3 UStG 1967 sind (vgl. auch Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, September 2007, § 2 Rz 232; Kraeusel, UR 2010, 480, 488). Entgegen der Auffassung des FA kann der Klägerin --und der Gemeinde-- somit nicht entgegengehalten werden, die von der Gemeinde erzielten Umsätze erreichten nicht die in Abschn. 23 Abs. 4 UStR aufgeführten und aus den Körperschaftsteuer-Richtlinien 2004 (KStR) übernommenen Umsatzgrenzen.

34

Soweit das FA die in Abschn. 23 Abs. 4 UStR i.V.m. R 6 Abs. 5 KStR genannte Umsatzgrenze von 30.678 € mit der Begründung verteidigt, § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG seien Schutzvorschriften zugunsten von privaten Unternehmern und bei einer bloß unbedeutenden wirtschaftlichen Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts sei ein derartiger Schutz nicht erforderlich, da private Unternehmer dann durch die Kleinunternehmerregelung in § 19 Abs. 1 UStG ausreichend geschützt seien, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

35

Zum einen trifft der Ausgangspunkt dieser Überlegung (Schutzvorschriften zugunsten privater Unternehmer) jedenfalls nicht uneingeschränkt zu. Denn der EuGH hat entschieden, Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sei dahin auszulegen, dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, nicht nur dann als Steuerpflichtige gelten, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige aufgrund des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 oder 4 der Richtlinie 77/388/EWG zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zulasten ihrer privaten Wettbewerber führen würde, sondern auch dann, wenn sie derartige Verzerrungen zu ihren eigenen Lasten zur Folge hätte (vgl. EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 Rs. C-102/08 --Salix--, BFH/NV 2009, 1222, UR 2009, 484).

36

Zum anderen hat eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die einen oder mehrere Betriebe gewerblicher Art unterhält, nur ein einheitliches Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, das ihre sämtlichen Betriebe gewerblicher Art sowie ihre land- und forstwirtschaftlichen Betriebe umfasst (BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 194/83, BFHE 154, 274, BStBl II 1988, 932).

37

Im Streitfall unterhielt die Gemeinde bereits vor Aufnahme der Werbefahrten den steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art "Wasserversorgung", dessen Umsätze unstreitig die in § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG genannten Grenzen überstiegen. Da die Werbeleistungen im umsatzsteuerlichen Sinne zu dem einheitlichen Unternehmen der Gemeinde gehören, kommt eine isolierte Anwendung der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG auf die Umsätze aus den Werbeleistungen nicht in Betracht.

38

ee) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Auffassung des FA, die Gemeinde habe mit der Konzeption, Planung und Durchführung von Werbemaßnahmen sowie der Akquisition von Werbekunden Tätigkeiten eines gewerblichen Werbebüros i.S. der Nr. 10 des Anhangs D der Richtlinie 77/388/EWG entfaltet und wäre deshalb nur dann Unternehmerin, wenn der Umfang dieser Tätigkeit --anders als im Streitfall-- nicht unbedeutend wäre.

39

Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt in Verbindung mit Nr. 10 des Anhangs D, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts in jedem Fall als Steuerpflichtige (Unternehmerin) gilt, wenn sie die Tätigkeit eines gewerblichen Werbebüros in nicht unbedeutendem Umfang ausübt. Die Formulierung "in jedem Fall" schließt entgegen der Auffassung des FA nicht aus, dass eine solche Tätigkeit, selbst wenn sie einen unbedeutenden Umfang haben sollte, gleichwohl aus anderen Gründen unternehmerisch ausgeübt werden kann. Ein solcher Grund liegt im Streitfall schon deshalb vor, weil die Gemeinde bereits wegen einer anderen Tätigkeit Unternehmerin ist.

40

ff) Die Klägerin besitzt des Weiteren unstreitig eine mit allen für den Vorsteuerabzug notwendigen Angaben versehene Rechnung über die fraglichen Werbeleistungen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Zweckverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, betreibt eine Wasserversorgungsanlage zur Förderung und Abgabe von Trink- und Gebrauchswasser. Das geförderte Wasser wird an die angeschlossenen kommunalen Verbandsmitglieder unmittelbar in dem Maschinen-/Pumpenhaus entgeltlich abgegeben. Weder beliefert der Kläger Endverbraucher noch verfügt er über ein eigenes Rohrleitungsnetz.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) teilte dem Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 1989 I R 79-80/86 (BFHE 159, 331, BStBl II 1990, 452) mit, die Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen sowie das Recht auf Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen entfalle ab Januar 1991. Ein reiner Wasserbeschaffungsverband unterhalte nach dieser Rechtsprechung des BFH keinen Betrieb gewerblicher Art. Umsatzsteuererklärungen wurden fortan nicht mehr abgegeben.

3

Nach einer Prüfung durch den zuständigen Kommunalen Prüfungsverband reichte der Kläger eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 ein, in der er Lieferungen und sonstige Leistungen mit einem Steuersatz von 7 % erklärte und unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen einen Überschuss zu seinen Gunsten berechnete. Er war --und ist-- der Ansicht, er habe mit seinen Wasserlieferungen gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 i.V.m. Anhang D Nr. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) als Steuerpflichtiger (Unternehmer) gehandelt. Das FA stimmte der Erklärung nicht zu und setzte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Umsatzsteuerbescheid für 1996 die Umsatzsteuer auf Null DM fest. Es teilte hierzu mit, der Kläger erfülle eine hoheitliche Aufgabe. Seine Unternehmereigenschaft sei daher nicht gegeben. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage statt und setzte unter Änderung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer für das Streitjahr so fest, wie sie mit dem berechneten Vorsteuerüberhang angemeldet worden war. Es führte zur Begründung aus, der Kläger werde mit den Lieferungen des selbst beschafften Wassers an seine Verbandsmitglieder unternehmerisch tätig. Zu den Betrieben gewerblicher Art, im Rahmen derer juristische Personen des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unternehmerisch tätig würden, gehörten nach § 4 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ausdrücklich die Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung u.a. mit Wasser dienten. Diese Vorschrift gehe § 4 Abs. 5 KStG vor, wonach zu den Betrieben gewerblicher Art nicht Betriebe gehörten, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienten (Hoheitsbetriebe).

5

Das Urteil ist in Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2007, 1518 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe zu Unrecht entschieden, dass der Kläger unternehmerisch tätig sei und Vorsteuerbeträge zum Abzug bringen könne. Seine Tätigkeit sei hoheitlich. Nach der Rechtsprechung des BFH in BFHE 159, 331, BStBl II 1990, 452 werde ein Wasserbeschaffungsverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne Rechtsbeziehungen zu den Endverbrauchern nur ausnahmsweise dann als Betrieb gewerblicher Art tätig, wenn er das von ihm beschaffte Wasser --anders als im Streitfall-- durch ein eigenes und von ihm unterhaltenes Rohrleitungsnetz leite. Nachdem das Umsatzsteuerrecht über § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG hinsichtlich der Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts auf den Begriff des Betriebs gewerblicher Art im Sinne des Körperschaftsteuerrechts abstelle, könne die Auslegung des Begriffs "Versorgung der Bevölkerung mit Wasser" umsatzsteuerrechtlich nicht anders ausfallen als bei der Körperschaftsteuer. Auch nach unionsrechtlichen Bestimmungen sei der Kläger kein Steuerpflichtiger. Die Mitgliedstaaten könnten nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4, Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i.V.m. Anhang F Nr. 12 der Richtlinie 77/388/EWG die Lieferung von Wasser durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts weiterhin von der Steuer befreien. Der nationale Gesetzgeber habe durch § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG, § 4 Abs. 3 KStG von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, indem er lediglich diejenigen Betriebe als Betrieb gewerblicher Art behandele, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser dienten. Der Kläger gelte daher nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht als Steuerpflichtiger.

7

Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG stehe dem nicht entgegen. Nach dem BFH-Urteil vom 15. April 2010 V R 10/09 (BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574) bestünden Wettbewerbsverzerrungen nicht, wenn private Anbieter keine vergleichbaren Leistungen erbrächten. Bei der Wasserbeschaffung existiere faktisch kein Markt. In der nationalen Gesetzgebung fänden sich mit Art. 57 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GemO) und § 50 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) Bestimmungen, nach denen die Wasserbeschaffung originäre hoheitliche Aufgabe sei.

8

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

10

Er tritt dem Vorbringen des FA entgegen und macht u.a. geltend, es würde den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzen und zu Wettbewerbsverzerrungen führen, wenn zwischen der Wasserlieferung eines Wasserbeschaffungsverbandes und der eines Versorgungsbetriebes zu unterscheiden wäre.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger Unternehmer ist, und zutreffend den Abzug der Vorsteuerbeträge anerkannt.

13

Sowohl die Besteuerung von Umsätzen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) als auch der Abzug von Vorsteuerbeträgen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) setzt neben weiteren und vorliegend unstreitig erfüllten Bedingungen ein Tätigwerden als Unternehmer voraus.

14

a) Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt.

15

Juristische Personen des öffentlichen Rechts wie der Kläger sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig, soweit wie hier keiner der in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG geregelten Sonderfälle vorliegt.

16

Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nach § 4 Abs. 3 KStG auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser dienen. Hoheitsbetriebe, also Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen, gehören nicht zu den Betrieben gewerblicher Art (§ 4 Abs. 5 Satz 1 KStG).

17

b) Die nationalgesetzliche Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG ist unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.1., m.w.N.; vom 20. August 2009 V R 70/05, BFHE 226, 458, BFH/NV 2009, 2077, unter II.2.b bb, m.w.N.; vom 17. März 2010 XI R 17/08, BFHE 230, 466, BFH/NV 2010, 2359). Daraus folgt unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihren im Umfang nicht unbedeutenden Wasserlieferungen in jedem Fall als Unternehmer tätig wird. Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht als Steuerpflichtiger gilt, weil er Leistungen erbringen könnte, die ihm im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.

18

aa) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Tätigkeiten, sofern ihr Umfang --wie im Streitfall die Wasserlieferungen des Klägers-- nicht unbedeutend ist. In Anhang D Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sind u.a. Lieferungen von Wasser genannt.

19

Diese unionsrechtliche Bestimmung soll sicherstellen, dass bestimmte Arten von wirtschaftlichen Tätigkeiten, deren Bedeutung sich aus ihrem Gegenstand ergibt, nicht deshalb von der Mehrwertsteuer befreit werden, weil sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübt werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 3. April 2008 Rs. C-442/05 --Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien--, Slg. 2008, I-1817, BFH/NV Beilage 2008, 212, m.w.N.).

20

Der BFH führte in der Nachfolgeentscheidung hierzu aus, dass nach nationalem Recht (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG) und unionsrechtlich (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 i.V.m. Anhang D Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) ein Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Legen von Hausanschlüssen als Unternehmer tätig werde (vgl. BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008 V R 61/03, BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321, unter II.2.).

21

bb) Kommt es somit nicht darauf an, ob die Wasserlieferungen im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeführt werden, und unterscheidet Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 i.V.m. Anhang D Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG nicht danach, ob das Wasser selbst beschafft und diese Lieferungen gegenüber Endabnehmern oder mit Hilfe eines eigenen Rohrleitungsnetzes erbracht werden, ist die Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 3 und 5 KStG durch das FG für Zwecke der Umsatzsteuer revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

c) Die Einwendungen des FA führen zu keinem anderen Ergebnis.

23

aa) Die Mitgliedstaaten können nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG die Tätigkeiten, die nach Art. 28 der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer befreit sind, weiterhin als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt unterliegen. Hierunter fällt auch die Lieferung von Wasser durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts (Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i.V.m. Anhang F Nr. 12 der Richtlinie 77/388/EWG).

24

Der Senat vermag dem FA nicht darin zu folgen, der nationale Gesetzgeber habe durch § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 3 KStG von der vorgenannten Ermächtigung Gebrauch gemacht. Denn diese nationalgesetzlichen Vorschriften bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Unternehmer (Steuerpflichtiger) zu behandeln ist. Regelungen hinsichtlich bisher steuerbefreiter Tätigkeiten treffen sie jedoch nicht. Es ist ferner entgegen der Ansicht des FA nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik Deutschland die bestehende Ermächtigung, steuerfreie Tätigkeiten als im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegend zu behandeln, ausgeübt hätte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.5.d). Im Übrigen würde Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG durch eine i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeübte Ermächtigung nicht berührt.

25

bb) Es kann dahinstehen, ob entsprechend dem Vorbringen des FA bei der Wasserbeschaffung faktisch kein Markt besteht, sodass nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Kläger mangels Wettbewerbsverzerrungen nicht als Steuerpflichtiger zu behandeln wäre. Selbst wenn die Rechtsfolge des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG nicht ausgelöst werden sollte, schlösse dies die Anwendung des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG nicht aus.

26

cc) Dem Ergebnis stünde auch nicht entgegen, wenn die Tätigkeit des Klägers, wie das FA unter Hinweis auf Bestimmungen der GemO und des WHG vorbringt, eine originär hoheitliche Aufgabe sein sollte. Denn Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt in Bezug auf die Lieferungen von Wasser in nicht unbedeutendem Umfang, dass die Einrichtung des öffentlichen Rechts in jedem Fall als Steuerpflichtiger gilt (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-1817, BFH/NV Beilage 2008, 212, Rz 36).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Gemeinde. Sie hatte auf Grund einer Widmungsverfügung vom 12. Juli 2000 in der Tiefgarage B "die Stellplätze 4 bis 39" ... "als Gemeindestraße gewidmet". Im Übrigen galt eine Widmung vom 7. Juni 1982 fort, nach der die Tiefgarage als "öffentlich-rechtliche Sache" gewidmet worden war. Dabei wurde der Gemeingebrauch dahingehend beschränkt, dass die "Tiefgarage" --mit Ausnahme einzelner Stellplätze, die erst im Jahr 2000 gewidmet wurden-- als "öffentliche Parkfläche" genutzt werden konnte, wobei die "abzweigende Ein- und Ausfahrtrampe als öffentliche Zufahrt für die Benutzer der Parkfläche" dienen sollte.

2

In der Tiefgarage galt ein Parkverbot. Nach §§ 45, 13 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Verbindung mit einer öffentlich-rechtlichen Gebührenordnung für Parkuhren gestattete die Klägerin die Nutzung der Tiefgarage zum Parken von PKW, wofür sie im Streitjahr 2001 Parkgebühren über Parkautomaten erhob. Dabei war die Nutzung in den ersten 15 Minuten kostenfrei und danach entsprechend der Parkdauer und ohne zeitliche Beschränkung kostenpflichtig. Die Gebührenpflicht bestand Montag bis Freitag von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr und an Samstagen von 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr; im Übrigen war die unentgeltliche Nutzung gestattet.

3

Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Klägerin mit dem Betrieb der Tiefgarage einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten und dabei umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ einen entsprechenden Umsatzsteueränderungsbescheid für das Streitjahr (2001). Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) beantragte das FA, den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid im Hinblick auf einen anderen Streitpunkt mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 6.769,64 DM herabgesetzt wird.

5

Demgegenüber gab das FG der Klage im vollen Umfang statt, da die Klägerin hoheitlich tätig gewesen sei. Sie habe den Tiefgaragenbereich als Gemeindestraße öffentlich-rechtlich gewidmet, für diesen Bereich ein zeitlich befristetes Parkverbot erlassen und das Parken nur an bestimmten Stellen gegen Gebühr gestattet. Dies habe dem Verkehrsfluss gedient und sei dem hoheitlichen Bereich der Klägerin zuzuordnen. Die Nichtbesteuerung der Gebühren aus der Parkraumbewirtschaftung führe nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen, da die Klägerin das Parken in diesem Bereich die meiste Zeit über unentgeltlich erlaubt habe. Damit werde deutlich, dass sie sich mit der Parkraumbewirtschaftung nicht in Wettbewerb zu privaten Anbietern begeben habe. Es könne daher offen bleiben, ob für die Zurverfügungstellung von Kurzzeitparkplätzen überhaupt ein wettbewerbsrelevanter Markt bestehe.

6

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 676 veröffentlicht.

7

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Entgegen dem FG-Urteil sei unerheblich, ob ein Wettbewerber zu bestimmten Parkzeiten auf ein Entgelt verzichte. Der wesentliche Teil der gebührenfreien Parkzeit sei auf Abend- und Nachtstunden mit geringer Auslastung entfallen. Auch einzelne private Anbieter würden bei geringer Auslastung auf ein Parkentgelt verzichten. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Tiefgarage seien auch privat geführte Parkhäuser vorhanden gewesen. Sie sei nicht nur von den Anwohnern einer nahe gelegenen Straße, sondern allgemein von Besuchern der Innenstadt genutzt worden. In der Gemeinde habe es auch private Parkplatzanbieter gegeben. Auf die von der Gemeinde mit der Parkplatzüberlassung verfolgten Zwecke, wie z.B. Daseinsvorsorge und Sicherheit des Straßenverkehrs, komme es nicht an. Für die Bejahung eines zur Steuerpflicht führenden Wettbewerbsverhältnisses reiche bereits ein potenzieller wie auch ein von der Gemeinde ungewollter Wettbewerb aus; auf die Verhältnisse am jeweils lokalen Markt komme es nicht an. Durch eine Nichtbesteuerung der Klägerin würden private Anbieter benachteiligt.

8

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 17. November 2009 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 6.769,64 DM ermäßigt und im Übrigen die Klage abgewiesen wird.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Auch in den Abend- und Nachtstunden sei die Tiefgarage frequentiert gewesen, da die Gebührenpflicht vor dem Geschäftsschluss geendet habe und Besucher von Gaststätten und von kulturellen Veranstaltungen die Tiefgarage benutzt hätten. Sie habe die Gebührenpflicht nur aus Gründen der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs festgelegt und dabei den jeweiligen Parkbedarf berücksichtigt und zu steuern versucht. Anders als bei Parkplätzen privater Wettbewerber seien ihre Parkplätze "rund um die Uhr befahr- und benutzbar ... nicht bewacht und nicht mit einer Ein- und Ausfahrkontrolle versehen". Lediglich aus "topographischen Gründen" befinde sich die Parkfläche unterhalb der Erdoberfläche. Es entstünden keine größeren Wettbewerbsverzerrungen. Im konkreten Fall gebe es keine nahe gelegenen privat betriebenen Parkhäuser. Sie sei nach § 45 StVO nicht berechtigt, die Benutzung von Straßenflächen beliebig zu beschränken. Die Tiefgarage werde auch als Durchfahrt zur Umgehung einer Ampelanlage genutzt. Diese Tätigkeit habe sich aus ihrer Gesamttätigkeit nicht herausgehoben, was sich auch daran zeige, dass Private weit größere Parkangebote unterhalten hätten.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG war die Klägerin mit Überlassung von Stellplätzen als Unternehmer tätig und erbrachte umsatzsteuerpflichtige Leistungen.

12

1. Die Umsatzbesteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts richtet sich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG).

13

a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht hierzu.

14

b) Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen. Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

15

c) Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. April 2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.2. bis 5., m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--, und vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.2.a aa).

16

2. Im Streitfall hat die Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG mit der Parkraumüberlassung in der zur öffentlichen Gemeindestraße gewidmeten Tiefgarage eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, die sich aus ihrer Gesamtbetätigung heraushob.

17

Die wirtschaftliche Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts hebt sich aus ihrer Gesamttätigkeit heraus, wenn sie zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt und sich die wirtschaftliche Tätigkeit von ihrer übrigen Betätigung deutlich abgrenzt (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 V R 111/85, BStBl II 1990, 868). Bestimmte Gewinn- und Umsatzgrenzen, wie sie Abschn. 23 Abs. 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1999 unter Bezugnahme auf R 6 Abs. 4 der Körperschaftsteuer-Richtlinien vorsehen, lassen sich dagegen nicht mit den umsatzsteuerrechtlichen Erfordernissen (BFH-Urteil vom 17. März 2010 XI R 17/08, BFHE 230, 466; in BStBl II 1990, 868, und Senatsurteil vom 11. Januar 1979 V R 26/74, BFHE 127, 83, BStBl II 1979, 746), insbesondere auch nicht mit dem notwendigen Ausschluss von Wettbewerbsverzerrungen (Senatsurteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.2.e) vereinbaren. Dementsprechend hat der Senat bereits im Urteil vom 28. November 1991 V R 95/86 (BFHE 167, 207, BStBl II 1992, 569) entschieden, dass die Vermietung einer kommunalen Mehrzweckhalle, die im Übrigen für hoheitliche Schulzwecke genutzt wurde, sich aus der Gesamttätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts heraushebt. Für die Überlassung von PKW-Stellplätzen in einer eigens dafür vorgesehenen Tiefgarage, wie sie auch von privaten Anbietern von Stellplätzen in Großgaragen mit einer Vielzahl von Stellplätzen angeboten werden, gilt nichts anderes.

18

3. Im Streitfall war die Klägerin bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit als Unternehmer tätig. Zwar hat sie bei der Parkraumüberlassung in der Tiefgarage nach §§ 45, 13 StVO auf hoheitlicher Grundlage gehandelt, ihre Behandlung als Nichtunternehmer würde jedoch zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen, wie das FA zu Recht geltend macht.

19

a) Nach dem EuGH-Urteil vom 16. September 2008 C-288/07, Isle of Wight Council (Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 76), das das FG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, sind "größere" Wettbewerbsverzerrungen nur dann zu verneinen, wenn "die Behandlung öffentlicher Einrichtungen als Nichtsteuerpflichtige ... lediglich zu unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde". Es ist daher für die Behandlung einer auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätigen juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht erforderlich, dass "erhebliche" oder "außergewöhnliche" Wettbewerbsverzerrungen vorliegen (EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 74). Weiter ist für die Wettbewerbsbeurteilung nicht nur der gegenwärtige, sondern auch der potenzielle Wettbewerb zu berücksichtigen. Im Übrigen kommt es für die Wettbewerbsbeurteilung nicht auf die Verhältnisse auf dem jeweiligen "lokalen Markt" an. Denn die Frage der Wettbewerbsverzerrungen ist "in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ..., ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht" (EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 53), so dass die Art der Tätigkeit maßgeblich ist. Jedoch kann die rein theoretische, durch keine Tatsache, kein objektives Indiz und keine Marktanalyse untermauerte Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, nicht mit dem Vorliegen eines potenziellen Wettbewerbs gleichgesetzt werden. Eine solche Gleichsetzung setzt vielmehr voraus, dass sie real und nicht rein hypothetisch ist (EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203, Leitsatz 2).

20

b) Die Art der Tätigkeit ist auch bei der Wettbewerbsbeurteilung der Parkraumüberlassung gemäß §§ 45, 13 StVO zu beachten.

21

aa) Nach dem im Streitfall zu berücksichtigenden § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b des Straßen- und Wegegesetzes Nordrhein-Westfalen gehören zum Straßenkörper "die Fahrbahn, die Trennstreifen, die befestigten Seitenstreifen (Stand-, Park- und Mehrzweckstreifen), die Bankette und die Bushaltestellenbuchten sowie die Rad- und Gehwege, auch wenn sie ohne unmittelbaren räumlichen Zusammenhang im Wesentlichen mit der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn gleichlaufen (unselbständige Rad- und Gehwege), sowie Parkplätze, Parkbuchten und Rastplätze, soweit sie mit einer Fahrbahn in Zusammenhang stehen (unselbständige Parkflächen, unselbständige Rastplätze) und die Flächen verkehrsberuhigter Bereiche" zur öffentlichen Straße.

22

Bei Parkplätzen ist dabei zwischen unselbständigen und selbständigen Parkplatzflächen zu unterscheiden, für die unterschiedliche Baulastträger zuständig sein können. Unselbständige Parkplatzflächen sind "in den Straßenkörper einer Straße derart einbezogen, daß sie mit ihm eine Einheit bilden"; selbständige Parkplatzflächen besitzen "gegenüber der Straße, mit der sie durch eine Zufahrt verbunden sind, selbständige Bedeutung und haben den Charakter einer eigenen öffentlichen Wegeanlage". Parkplätze, die unmittelbar an die Fahrbahn einer Straße anschließen, sind regelmäßig Teil der Straße und somit unselbständige Parkplatzfläche (Herber in Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, S. 283 f. Rz 23).

23

bb) Ohne dass der straßen- und wegerechtlichen Beurteilung eine Bindungswirkung für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zukommt, ist im Streitfall davon auszugehen, dass eine Tiefgarage --ebenso wie sonstige neben einer Straße liegende Grundstücksflächen-- gegenüber den dem allgemeinen Verkehr dienenden Straßenflächen eine eigenständige Bedeutung hat, so dass von einer selbständigen Parkplatzfläche auszugehen ist, die im Übrigen nach der Art der Tätigkeit (EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 53) ebenso durch einen privaten Leistungsanbieter zur Nutzung überlassen werden kann. Die Nichtbesteuerung des auf hoheitlicher Grundlage durchgeführten Betriebs einer gebührenpflichtigen Tiefgarage würde zu mehr als nur unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen, da bei einer nach der Art der Leistung vorzunehmenden Wettbewerbsprüfung nicht zwischen Tiefgaragen, Parkhäusern und anderen selbständigen Parkplatzflächen zu differenzieren ist. Dass die in der Tiefgarage vorhandenen Fahrbahnen als Zufahrt zu den dort überlassenen Einzelparkplätzen ebenso wie diese öffentlich-rechtlich als Straße gewidmet waren, ist dabei für die maßgebliche Art der Tätigkeit (Parkraumüberlassung) ohne Belang.

24

Soweit der Senat demgegenüber in seinem Urteil vom 27. Februar 2003 V R 78/01 (BFHE 201, 554, BStBl II 2004, 431, unter II.3.d dd) davon ausgegangen ist, dass allgemein für die nach §§ 45, 13 StVO erfolgende Parkplatzüberlassung kein wettbewerbsrelevanter Markt bestehe, hält der Senat hieran im Hinblick auf das EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203 nicht fest (Änderung der Rechtsprechung). Offenbleiben kann im Streitfall, ob ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Anbietern zu bejahen wäre, wenn es sich um unselbständige Parkplatzflächen auf öffentlich-rechtlich gewidmeten Straßen handelt, die dem allgemeinen Verkehr dienen und die Straße nicht nur --wie im Streitfall in einer Tiefgarage-- als Zufahrt zu einem Parkplatz dient.

25

4. Bei Anwendung dieser Grundsätze war das Urteil des FG im Umfang des Revisionsantrages aufzuheben und die Klage abzuweisen.

26

a) Entgegen dem FG-Urteil hat die Klägerin unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeit vergleichbar einem privaten Wettbewerber auf einer in sich geschlossenen und --gegenüber den dem eigentlichen Straßenverkehr dienenden Verkehrsflächen-- selbständigen Fläche (Tiefgarage) Parkplätze angeboten. Die Annahme des FG, die Behandlung der Klägerin als Nichtunternehmer führe im Streitfall nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen, ist mit der EuGH-Rechtsprechung nicht zu vereinbaren. Dass die Klägerin das Parken im streitigen Bereich die "meiste Zeit" über unentgeltlich erlaubte, rechtfertigt nicht die Annahme, dass bei der "Parkraumbewirtschaftung" kein Wettbewerb zu privaten Anbietern bestand. Denn für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der entgeltlichen Leistungstätigkeit ist unerheblich, wie eine juristische Person des öffentlichen Rechts sich bei der Erbringung unentgeltlicher Leistungen verhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob ihre Behandlung als Nichtunternehmer im Hinblick auf die Art der entgeltlichen Leistungstätigkeit zu mehr als unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Dies ist im Streitfall zu bejahen.

27

b) Für die Beurteilung als Wettbewerbsverzerrung ist unerheblich, dass die Klägerin ihre Leistungen --nach ihren Angaben-- zum gleichen Preis wie steuerpflichtige private Wettbewerber angeboten hat. Denn nach dem EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 C-102/08 Salix (Slg. 2009, I-4629, Leitsatz 2) ist Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, "dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, ... als Steuerpflichtige gelten, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige aufgrund des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 oder 4 zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zulasten ihrer privaten Wettbewerber führen würde ...". Bleiben die Leistungen der Klägerin unbesteuert, ergibt sich auch bei gleicher Preishöhe eine Wettbewerbsverzerrung zulasten ihrer privaten Wettbewerber.

28

c) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der Steuerpflicht stehe entgegen, dass die Parkraumüberlassung nur "kurzfristig" erfolgte und sie nach eigenen Angaben mit der entgeltlichen Parkraumbewirtschaftung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig wurde. "Kurzfristiges" Parken ist der Art nach auch in privaten Parkhäusern möglich. Dass in privaten Parkhäusern auch über einen längeren Zeitraum geparkt werden kann, wenn dies der Kunde wünscht, spricht nicht gegen das Vorliegen eines insoweit bestehenden Wettbewerbsverhältnisses, da im privaten Parkhaus und der öffentlich-rechtlich betriebenen Tiefgarage gleichermaßen "kurzfristig" geparkt werden kann und wird. Darüber hinaus sind für die Umsatzbesteuerung einer hoheitlich ausgeübten Tätigkeit die mit dieser Tätigkeit verfolgten Ziele wie z.B. kommunale Verkehrsteuerung nicht maßgeblich. Weiter war es im Hinblick auf die in der Widmung enthaltene Nutzungsbeschränkung als Zufahrt für die Nutzer der Stellplatzflächen unerheblich, dass die "Tiefgarage" auch als Durchfahrt zur Umgehung einer Ampelanlage genutzt werden konnte. Auf die Verhältnisse auf dem lokalen Markt für Parkplätze kommt es im Übrigen nicht an.

29

d) Die Parkraumüberlassung war schließlich gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG auch steuerpflichtig, sofern die Steuerfreiheit nach Satz 1 dieser Vorschrift auf eine auf hoheitlicher Grundlage erfolgende Nutzungsüberlassung überhaupt anzuwenden ist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gemeinde, begehrt für das Streitjahr 2003 den Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer Stromleitung.

2

Der Stadtrat der Klägerin beschloss am 24. April 2002, alle "Aufgaben im Zusammenhang mit der Investition '20 kV-Kabel von A nach B' zur Sicherung der Elektroenergieversorgung im Ortsteil B" auf die Stadtwerke X (Stadtwerke) zu übertragen. Aus der Beschlussvorlage der Klägerin vom 28. März 2002 ergibt sich weiter, dass diese "Investition ... zur Sicherung der Elektroenergieversorgung für die Firma Y" beabsichtigt war.

3

Nach der Zusage von öffentlichen Fördermitteln schlossen die als Eigenbetrieb der Klägerin geführten Stadtwerke mit der Z AG (AG) am 9./11. Dezember 2002 einen "Leistungsvertrag" über die Errichtung einer 20 kV-Leitungszuführung (Stromleitung) von einem Umspannwerk in das Gemeindegebiet. Mit gleichfalls am 9./11. Dezember 2002 unterzeichnetem Vertrag räumte die Klägerin der AG "den unmittelbaren, unentgeltlichen Besitz" an dieser noch zu errichtenden Stromleitung ("Netz gemäß Anlage 1 zum Vertrag") ein (Besitzüberlassungsvertrag). Die AG verpflichtete sich, diese Stromleitung ("das Netz") zur Versorgung von Kunden mit elektrischer Energie zu betreiben und alle Kosten des Besitzes und Betriebs, einschließlich Instandhaltung und Erweiterung zu tragen. Es war weiter vereinbart, dass die Klägerin nach Beendigung der Besitzüberlassung, spätestens nach 15 Jahren, die Leitung ("das Netz") an die AG gegen ein Entgelt in Höhe von … € verkaufen und übereignen sollte.

4

Die Klägerin, zugleich handelnd für die Stadtwerke, und die AG änderten mit Vertrag vom 15. Dezember 2004/7. Januar 2005 (Änderungsvertrag) den Überlassungsvertrag vom 9./11. Dezember 2002 u.a. dahingehend, dass jene "für den gesamten Pachtzeitraum über die Dauer von 15 Jahren ... einmalig einen Betrag in Höhe von … € zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer in Höhe von … €, also insgesamt … € brutto" an die Stadtwerke zu zahlen hatte.

5

Bereits 1991 hatte die Klägerin mit der AG einen bis zum 31. Dezember 2010 laufenden "Konzessionsvertrag" abgeschlossen. Die AG war nach § 1 des Vertrags ("Versorgungspflicht") verpflichtet, "jedermann in der Gemeinde mit elektrischer Energie zu versorgen." Die Klägerin räumte der AG in § 2 des Vertrags ("Versorgungsrecht und Grundstücksbenutzung") für die Dauer dieses Vertrags das ausschließliche Recht ein, alle im Gemeindegebiet gelegenen öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, über die ihr das Verfügungsrecht zustand, ober- und unterirdisch für die Errichtung und den Betrieb von elektrischen Anlagen zu benutzen. Nach § 10 des Vertrags ("Vertragsabgabe") hatte die AG der Klägerin "für die eingeräumten Rechte" eine verbrauchsabhängige "Vertragsabgabe" (Konzessionsabgabe) zu entrichten. Die AG rechnete die Konzessionsabgabe für 2002 mit Gutschrift vom 24. April 2003 gegenüber der Klägerin ohne Ausweis von Umsatzsteuer ab. Die Klägerin vereinnahmte hiernach im Streitjahr 2003 Konzessionsabgaben für 2002 in Höhe von … €, die sie nicht der Umsatzsteuer unterwarf.

6

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2003 stellte die AG den Stadtwerken für die Errichtung der Stromleitung "auf der Grundlage des Leistungsvertrags vom 09.12./11.12.2002" … € zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von … € in Rechnung. Der Rechnungsbetrag wurde am 19. Dezember 2003 von der Klägerin entrichtet.

7

In der Umsatzsteuer-Voranmeldung der Stadtwerke für Dezember 2003 brachte die Klägerin u.a. Vorsteuern aus der Rechnung vom 8. Oktober 2003 in Höhe von … € zum Abzug.

8

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Dezember 2003 vom 24. Juni 2004 den Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 8. Oktober 2003. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Die Umsatzsteuer 2003 wurde mit Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 7. März 2005 auf … € festgesetzt und der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2005 als unbegründet zurückgewiesen.

9

Die zulässige Klage war teilweise begründet. Das Finanzgericht (FG) setzte die Umsatzsteuer für 2003 auf … € herab und wies die Klage im Übrigen ab. Der Klägerin stehe der Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Stromleitung, die der Steigerung ihrer Konzessionsabgaben gedient habe, nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zur Hälfte zu. Die Vergabe der Konzession stelle einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) dar, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie Umsätze (durch Duldung der Nutzung von Verkehrsflächen) als auch steuerpflichtige Umsätze (durch Erlaubnis zur Elektrizitätsversorgung) erzielt habe. Der Umstand, dass die Klägerin die vereinnahmten Konzessionsabgaben (vollständig) nicht der Umsatzsteuer unterworfen habe, lasse den Schluss darauf zu, sie habe im Zeitpunkt des Leistungsbezugs hinsichtlich des Vermietungsanteils des Konzessionsvertrags (Duldung der Nutzung von Verkehrsflächen) nicht die Absicht gehabt, zur Umsatzsteuer gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a i.V.m. § 9 Abs. 1 UStG zu optieren. Insoweit sei der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Die Vorsteuer sei, da die Klägerin keine Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 UStG vorgenommen habe, entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. März 1957 V 206/56 U (BFHE 65, 583, BStBl III 1957, 456) sachgerecht hälftig auf die steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze aufzuteilen.

10

Für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs aus der 2003 bezogenen Eingangsleistung habe der Änderungsvertrag von 2004/2005 außer Betracht zu bleiben, da die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich sei. Auch berechtige die Erwartung der Klägerin, ihren steuerpflichtigen Wasser- und Fernwärmeabsatz durch die errichtete Stromleitung zu erhöhen, nicht zum Vorsteuerabzug aus der streitigen Eingangsleistung.

11

Der mit 50 % der Gesamtleistung anzunehmende steuerpflichtige Teil der Konzessionsabgabe sei der Umsatzsteuer zu unterwerfen und für das Streitjahr 2003 nachzuholen.

12

Das FA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf die Verletzung materiellen Rechts. Der im Zusammenhang mit der Errichtung der Stromleitung angefallene Vorsteuerbetrag könne nicht im Rahmen des BgA der Klägerin abgezogen werden. Die Klägerin sei nicht unternehmerisch tätig geworden. Die Vergabe von Konzessionen stelle nach dem Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz --EnWG--) eine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Kommunen dar. Die Gemeinden stünden hinsichtlich der Konzessionsvergabe in keinem Wettbewerb mit privaten Unternehmern. Selbst wenn die Klägerin unternehmerisch tätig gewesen wäre, wären die Konzessionsabgaben nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG vollständig als steuerfrei zu behandeln und der Vorsteuerabzug wäre nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Die Klägerin habe im Streitjahr 2003 die Konzessionsabgaben nur noch für die Grundstücksüberlassung, nicht für das ausschließliche Recht zur Elektrizitätsversorgung erzielen können.

13

Ferner sei die Stromleitung im Streitjahr 2003 nicht bezogen worden, um aus ihrer Überlassung an die AG steuerpflichtige Pachteinnahmen zu erzielen oder den steuerpflichtigen Wasser- und Fernwärmeabsatz der Klägerin zu steigern. Eine weite Kausalbeziehung vermittle keinen für den Vorsteuerabzug erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsätzen. Der Änderungsvertrag von 2004/2005 lasse keinen Rückschluss auf die innere Verwendungsabsicht der Klägerin bei Leistungsbezug zu. Sie hatte mit dem Überlassungsvertrag von 2002 bereits eine anderslautende Vereinbarung getroffen. Für die Frage des Vorsteuerabzugs seien diese Erkenntnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zugrunde zu legen.

14

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben, soweit das FG der Klage stattgegeben hat, und die Klage (insgesamt) abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung im Umfang der Klageabweisung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 7. März 2005 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2005 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von … € berücksichtigt werden.

16

Die Klägerin bringt im Wesentlichen vor, das FG verkenne, dass die Konzessionsabgabe im Streitjahr 2003 nicht mehr im Zusammenhang mit der Erlaubnis zur Elektrizitätsversorgung gestanden habe. Der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen hätte nach § 6 EnWG i.d.F. des 1998 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts (BGBl I 1998, 730) kein Versorgungsmonopol mehr in den jeweiligen Gemeindegebieten gehabt. Die im Streitjahr 2003 entrichtete Konzessionsabgabe habe sich daher in dem Entgelt für die steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Überlassung der öffentlichen Wege und Straßen im Gemeindegebiet zum Betrieb elektrischer Anlagen erschöpft.

17

Der geltend gemachte Vorsteuerabzug sei zu gewähren. Die Investition in die Stromleitung habe sich innerhalb des bereits bestehenden Eigenbetriebs Stadtwerke ("BgA Versorgung") vollzogen und sei für diesen Voraussetzung für die Generierung neuer Kunden gewesen. Die Aufwendungen hierfür seien in Form von Abschreibungen Teil der Kosten der zum Abzug berechtigenden steuerpflichtigen Ausgangsumsätze gewesen und bei der Preisgestaltung bzw. Kalkulation für den Trinkwasser- und Wärmeabsatz berücksichtigt worden.

18

Der Vorsteuerabzug sei aber auch dann gegeben, wenn man davon ausgehe, dass die Investition "im Rahmen eines separaten Verpachtungs-BgA" i.S. des § 4 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ausgeführt wurde. Für die Feststellung, ob eine Absicht zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze bestanden habe, kämen nicht nur solche Umstände in Betracht, die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs erkennbar seien. Vielmehr könnten auch nachträglich Umstände --wie die 2004/2005 erfolgte "Ergänzung, Abänderung und Erweiterung" des Überlassungsvertrags von 2002-- berücksichtigt werden, sofern sie Rückschlüsse auf die zuvor vorhandenen inneren Absichten des Steuerpflichtigen erlaubten.

19

Der Vorsteuerabzug sei für die mit der Investition verbundenen Aufwendungen gegeben, weil sie diese dem Betriebsvermögen ihrer Stadtwerke zugeordnet habe. Entgegen der Ansicht des FA sei die entgeltliche Überlassung der Stromleitung an die AG von Anfang an gegeben gewesen. Die Absicht Einnahmen zu erzielen umfasse alle geldwerten Vorteile. Die vertraglich von Anfang an vereinbarte Übernahme von Unterhaltungs- und Instandhaltungsaufwendungen durch die AG sowie die zu erwartenden höheren Einnahmen aus dem Trinkwasser- und Wärmeverkauf stellten geldwerte Vorteile dar.

20

Selbst wenn eine Einordnung in einen BgA nicht möglich wäre, sei jedenfalls bei richtlinienkonformer Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG eine unternehmerische Tätigkeit gegeben und der Vorsteuerabzug zu gewähren.

Entscheidungsgründe

21

II. Auf die begründete Revision des FA hin war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage (insgesamt) abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision der Klägerin ist hingegen im Ergebnis unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 FGO).

22

A. Die Revision des FA hat Erfolg. Die Klägerin war entgegen der Vorentscheidung nicht berechtigt, die Hälfte der Vorsteuer aus der Rechnung vom 8. Oktober 2003 über die Errichtung der Stromleitung zum Abzug zu bringen.

23

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

24

a) Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

25

b) Der Unternehmer ist hiernach zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine nachhaltigen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt, die steuerpflichtig oder nach § 15 Abs. 3 UStG steuerfrei sind (vgl. BFH-Urteile vom 9. Dezember 2010 V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, unter II.1.b; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61, unter II.1.b; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, unter II.2.b; vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74, unter II.1.a, m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union --EuGH--; vom 10. November 2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, BFH/NV 2012, 670, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 348; jeweils m.w.N.).

26

2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts --wie die Klägerin-- sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer BgA unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG). Zu den BgA gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung u.a. mit Elektrizität dienen (§ 4 Abs. 3 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht hierzu.

27

Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. März 2010 XI R 17/08, BFHE 230, 466, BFH/NV 2010, 2359, unter II.2.c; vom 2. März 2011 XI R 65/07, BFHE 233, 264, BFH/NV 2011, 1454, unter II.b; vom 1. Dezember 2011 V R 1/11, BFHE 236, 235, BFH/NV 2012, 534, DStR 2012, 352, unter II.1.b; jeweils m.w.N.).

28

Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Diese Einrichtungen gelten nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Tätigkeiten, sofern ihr Umfang nicht unbedeutend ist. In Anhang D Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sind u.a. Lieferungen von Elektrizität genannt.

29

3. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach den vorstehenden Grundsätzen mit der Konzessionsvergabe --wie das FG entschied-- mit einem BgA wirtschaftlich tätig war. Selbst wenn die Klägerin insoweit als Unternehmerin tätig gewesen wäre, hätte sie keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung der AG vom 8. Oktober 2003 über die Errichtung der Stromleitung.

30

a) Die im Streitjahr 2003 an die Klägerin entrichtete Konzessionsabgabe stellt --wovon sowohl das FA als auch die Klägerin zutreffend übereinstimmend ausgehen-- ein Entgelt lediglich für die Gestattung, alle im Gemeindegebiet gelegenen ihrem Verfügungsrecht unterfallenden öffentlichen Straßen, Wege und Plätze ober- und unterirdisch für die Errichtung und den Betrieb elektrischer Anlagen zu nutzen, dar.

31

Nach dem 1998 in Kraft getretenen und im Streitjahr 2003 geltenden § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG hatten die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen anderen Unternehmen das Versorgungsnetz für Durchleitungen zur Verfügung zu stellen. Die Versorgung des Gemeindegebiets mit elektrischer Energie war hiernach nicht mehr ausschließlich der insoweit von der Klägerin durch den 1991 geschlossenen Vertrag konzessionierten AG vorbehalten. Die Klägerin konnte der AG das ausschließliche Recht nicht mehr verschaffen, die Gemeinde mit Strom zu versorgen. Ein Leistungsaustausch lag insoweit nicht vor. Konzessionsabgaben sind in § 48 Abs. 1 Satz 1 EnWG dementsprechend nunmehr als Entgelte definiert, "die Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Energie dienen, entrichten." Die Konzessionsabgabe kann daher --entgegen der Vorentscheidung-- nicht auf die Einräumung eines ausschließlichen Rechts zur Energieversorgung einerseits und auf die Gestattung der Nutzung aller öffentlichen Straßen, Wege und Plätze anderseits aufgeteilt werden. Das der Klägerin im Streitjahr 2003 von der AG gezahlte Entgelt entfällt mithin in voller Höhe auf die Gestattung der Nutzung der Gemeindeflächen. Die vom FG in diesem Zusammenhang genannte anderslautende frühere Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteil in BFHE 65, 583, BStBl III 1957, 456) erging zu einer anderen Rechtslage. Sie ist inzwischen obsolet.

32

b) Die Einräumung des Rechts, Grundstücksteile für die Errichtung und den Betrieb von elektrischen Anlagen zu nutzen, stellt eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung von Grundstücken dar (zur Einräumung des Rechts zur Überspannung von Grundstücken und der Gestattung der Aufstellung von Strommasten vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 30/04, BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802, m.w.N.).

33

c) Der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen zur Ausführung steuerfreier Vermietungsleistungen ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ausgeschlossen. Das FG hat nicht festgestellt, dass die Klägerin auf die Steuerbefreiung ihrer Vermietungsumsätze gemäß § 9 UStG verzichtet hätte.

34

4. Ein Recht auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung der AG vom 8. Oktober 2003 über die Errichtung der Stromleitung steht der Klägerin entgegen ihrer Auffassung nicht deshalb zu, weil die Investition in die Stromleitung als eine Investition innerhalb des bereits bestehenden BgA Versorgung darstelle.

35

a) Die Klägerin ist mit ihren Stadtwerken u.a. zur Trinkwasser- und Wärmeversorgung nach den unter II.A.2. genannten Grundsätzen gemäß § 2 Abs. 3 UStG mit einem BgA unternehmerisch tätig.

36

b) Zwar hat die Klägerin mit Beschluss des Stadtrats vom 24. April 2002 alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Errichtung der Stromleitung auf ihre als Eigenbetrieb geführten Stadtwerke übertragen. Selbst wenn man deshalb davon ausginge, dass die streitige Eingangsleistung von den Stadtwerken bezogen worden wäre, stünde der Klägerin kein Vorsteuerabzug zu. Sie hätte diese Leistung nicht für Zwecke ihrer besteuerten Umsätze verwendet.

37

aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH erfordert das Recht auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG, "dass grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Umsätzen der nachfolgenden Stufe, die zum Vorsteuerabzug berechtigen...", besteht (vgl. EuGH-Urteile vom 8. Juni 2000 C-98/98 --Midland Bank--, Slg. 2000, I-4177, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2000, 342, Rz 24; vom 22. Februar 2001 C-408/98 --Abbey National--, Slg. 2001, I-1361, BFH/NV Beilage 2001, 48, Rz 26; vom 3. März 2005 C-32/03 --Fini H--, Slg. 2005, I-1599, BFH/NV Beilage 2005, 179, Rz 26; ferner Senatsurteil vom 8. September 2010 XI R 31/08, BFHE 231, 335, BStBl II 2011, 197, unter II.1.b bb).

38

bb) Dies setzt voraus, dass die für den Bezug der Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Die Aufwendungen müssen somit Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 30). Dies hat der EuGH bejaht für die allgemeinen Kosten der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2001, I-1361, BFH/NV Beilage 2001, 48, Rz 39). Zu diesen Kosten zählen Aufwendungen aber nur, soweit sie ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in den steuerpflichtigen Tätigkeiten haben (EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 C-435/05 --Investrand--, Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 33).

39

cc) Weiter kommt es für die Berechtigung des Abzugs von Vorsteuer nicht darauf an, ob die Klägerin --wozu Feststellungen des FG fehlen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO)-- die Stromleitung dem Betriebsvermögen ihrer Stadtwerke zugeordnet hat und ob die Aufwendungen der Investition in Form von Abschreibungen Kostenbestandteil ihrer von den Stadtwerken getätigten Ausgangsumsätze wurden und Eingang in die Preisgestaltung bzw. Kalkulation für den Trinkwasser- und Wärmeabsatz fanden. Denn trotz der kalkulatorischen Berücksichtigung von Aufwendungen ist für den Bezug von Leistungen zu untersuchen, ob diese zu den allgemeinen Aufwendungen gehören, die mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammenhängen (vgl. EuGH-Urteil vom 29. Oktober 2009 C-29/08 --AB SKF--, Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rz 60; ferner Senatsurteil in BFHE 231, 335, BStBl II 2011, 197, unter II.1.b bb).

40

dd) Hiernach steht --wie das FG zutreffend entschieden hat-- die Errichtung der Stromleitung in keinem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen, die die Klägerin mit ihren Stadtwerken ausführte. Denn die Aufwendungen haben ihren ausschließlichen Entstehungsgrund nicht in dieser wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin. Sie können mithin als allgemeine Kosten der Ausgangsumsätze der Stadtwerke keine Berücksichtigung finden.

41

Wie sich aus der Beschlussvorlage für die Sitzung des Stadtrats vom 28. März 2002 zur Übertragung der Aufgaben im Zusammenhang mit der Errichtung der Stromleitung auf die Stadtwerke ergibt, sollte die Investition "zur Sicherung der Elektroenergieversorgung für die Firma Y" sowie "zur Sicherung der Elektroenergieversorgung im Ortsteil B" getätigt werden.

42

Ferner heißt es in § 1 des Leistungsvertrags vom
9./11. Dezember 2002, Gegenstand des Vertrags sei die Errichtung der Stromleitung "auf der Basis" der (näherbezeichneten) Richtlinie "zur Förderung der Wirtschaftlichen Infrastruktur" im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur" in Verbindung mit dem "Fördermittelbescheid des Regierungspräsidiums C vom 28.10.2002 (Anlage 2)."

43

Nach diesem Bescheid ist der "Zweck der Zuwendung ... die Durchführung des Vorhabens Energieversorgung mit der Herstellung von Elektroleitungen für die gewerbliche Wirtschaft insbesondere für die Fa. Y in B."

44

Zudem wird in der Präambel des Besitzüberlassungsvertrags vom 9./11. Dezember 2002 u.a. ausgeführt, die Bereitstellung elektrischer Leitungen sei "zur weiteren industriellen Erschließung der Region D ... unerlässlich."

45

Wurde hiernach die Stromleitung --eindeutig-- zur Förderung eines in der Gemeinde ansässigen Gewerbebetriebs und zur weiteren elektrischen Erschließung des Gemeindegebiets errichtet, steht dies einem ausschließlichen Entstehungsgrund in der wirtschaftlichen Tätigkeit der Wasser- und Wärmeversorgung entgegen.

46

ee) Die Erwartung der Klägerin, (auch) den steuerpflichtigen Wasser- und Fernwärmeabsatz durch die Ansiedelung potentieller neuer Kunden infolge der weiteren elektrischen Erschließung des Gemeindegebiets zu fördern, stellt keinen unmittelbaren und direkten Zusammenhang mit den Aufwendungen zur Errichtung der Stromleitung dar. Dieser lediglich mittelbare Zusammenhang reicht für das Recht, Vorsteuer abziehen zu können, nicht aus (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2009 XI R 82/07, BFHE 227, 238, BStBl II 2010, 247, unter II.2.). Nach den vorliegenden schriftlichen Unterlagen war --wie dargelegt-- eindeutiger und klar im Vordergrund stehender Zweck der Errichtung der Stromleitung die elektrische Erschließung des Gemeindegebiets für (noch anzusiedelnde bzw. bereits vorhandene) Gewerbebetriebe.

47

5. Die Klägerin kann die streitige Vorsteuer entgegen ihrer Ansicht ferner nicht "im Rahmen eines separaten Verpachtungs-BgA" abziehen.

48

a) Der Vorsteuerabzug setzt die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht der Verwendung für steuerpflichtige Umsätze bei Leistungsbezug voraus. Die für den Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendungsabsicht bezieht sich darauf, dass der Unternehmer das Erbringen entgeltlicher Leistungen beabsichtigt, die objektiv zum Vorsteuerabzug berechtigen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der Unternehmer seine Leistung subjektiv in rechtlicher Hinsicht zutreffend beurteilt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 670, DStR 2012, 348, m.w.N. auch zur Rechtsprechung von EuGH und BFH).

49

b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
Die Klägerin hat in dem Besitzüberlassungsvertrag vom
9./11. Dezember 2002 der AG die Stromleitung unentgeltlich überlassen; eine Absicht der Klägerin, mit der Stromleitung entgeltliche Leistungen zu erbringen, kann deshalb im Zeitpunkt des Leistungsbezugs (2003) nicht angenommen werden, wie das FG zutreffend ausgeführt hat.

50

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin erlaubt die 2004/2005 erfolgte nachträgliche Änderung des Überlassungsvertrags von 2002 keine Rückschlüsse auf eine von Anfang an beabsichtigte entgeltliche Verpachtung der Stromleitung. Denn sie hatte --worauf das FA zutreffend hinweist-- im Zeitpunkt des Leistungsbezugs mit dem Überlassungsvertrag von 2002 ausdrücklich eine anderslautende Vereinbarung getroffen.

51

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, eine entgeltliche Nutzungsüberlassung liege deshalb vor, weil bereits 2002 die Übernahme der Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten der Stromleitung durch die AG vereinbart worden sei.

52

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des BFH werden Leistungen nach den übereinstimmenden Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert einen unmittelbaren Zusammenhang begründet und die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. BFH-Urteile vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486; in BFHE 230, 466, BFH/NV 2010, 2359, unter II.2.b aa; jeweils m.w.N.). Das Entgelt richtet sich gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG nach den Aufwendungen des Leistungsempfängers für den Erhalt der Leistung.

53

bb) Nach § 2 des Besitzüberlassungsvertrags von 2002 war die AG zwar verpflichtet, ab Beginn der Besitzübernahme alle Kosten des Besitzes und Betriebs einschließlich der Instandhaltung und Erweiterung zu tragen. Diese Aufwendungen stehen aber im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erhalt der Funktion dieser Stromleitung, an der die AG als Stromversorger ein eigenes Interesse hatte. Sie stehen hingegen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer von der Klägerin erbrachten Leistung. Die von der AG getragenen Unterhalts- und Instandhaltungsaufwendungen stellen mithin keinen Gegenwert für die Überlassung des Besitzes an der Stromleitung dar. Gegen eine entgeltliche Nutzungsüberlassung spricht ferner, dass die Nutzungsüberlassung im Überlassungsvertrag von 2002 ausdrücklich als "unentgeltlich" bezeichnet worden war, sowie der Umstand, dass die Klägerin selbst diesen Vorgang nicht der Umsatzsteuer unterwarf.

54

d) Hiernach kann dahinstehen, ob --wie das FA vorbringt-- das wirtschaftliche Eigentum an der Stromleitung auf die AG übertragen wurde, sodass sie nicht Gegenstand einer Nutzungsüberlassung gewesen sein kann.

55

B. Die Revision der Klägerin kann im Ergebnis keinen Erfolg haben.

56

Soweit das FG angenommen hat, die Konzessionsvergabe unterliege (in Höhe von … €) der Umsatzbesteuerung (und dies im Wege der Saldierung berücksichtigt hat), ist dies nicht zutreffend, weil insoweit die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG eingreift (vgl. unter II.A.3.a und b der Gründe).

57

Gleichwohl hat die Revision der Klägerin im Ergebnis keinen Erfolg, weil die Klägerin --wie dargelegt-- keinen Anspruch auf Abzug weiterer Vorsteuern in Höhe von … € hat und deshalb der mit der Klage und ihrer Revision angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2003 rechtmäßig ist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Stadt, betrieb und organisierte im Streitjahr 1999 auf ihrem Marktplatz Wochenmärkte und andere Marktveranstaltungen. Sie hatte den Platz in ihr Verzeichnis für öffentliche Gemeindestraßen aufgenommen. Unter Bezugnahme auf § 18 des Straßengesetzes des Freistaates Sachsen hatte sie 1993 eine Sondernutzungssatzung für die Benutzung der Gemeindestraßen erlassen. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. f der Satzung konnten Märkte im Sinne der städtischen Marktordnung und regelmäßig wiederkehrende Volksfeste ohne straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis durchgeführt werden. Nach § 9 der Marktordnung vom 19. Oktober 1995 erfolgte die Überlassung von Standplätzen auf den Märkten aufgrund einer "Zuweisung"/"Erlaubnis" durch das Ordnungsamt.

2

Die Klägerin ging davon aus, dass sie mit ihrem Marktbetrieb und der damit verbundenen entgeltlichen Überlassung von Marktstandplätzen an Händler, mit der Lieferung von Energie für die Marktstände und mit der Reinigung der Standplätze unternehmerisch tätig geworden sei. Sie erteilte den Händlern Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer und vereinnahmte Entgelte in Höhe von ... DM. In ihrer am 26. Februar 2001 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte sie darüber hinaus den Vorsteuerabzug für Sanierungsarbeiten am Marktplatz (Neugestaltung des Platzes unter Herstellung des historischen Erscheinungsbildes, historische Beleuchtung, Pflasterung) geltend.

3

Im Anschluss an eine Außenprüfung versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass die Klägerin mit der Überlassung der Standplätze zwar unternehmerisch i.S. von § 2 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) tätig geworden sei. Sie sei jedoch gleichwohl nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sie die Sanierungsleistungen hoheitlich als Straßenbaulastträger bezogen habe.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie sei in vollem Umfang aus den Sanierungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um gemischte Leistungsbezüge für ihr Unternehmen "Marktbetrieb" gehandelt habe. Auf die öffentlich-rechtliche Widmung als Verkehrsweg komme es nicht an.

6

Sie beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 21. Februar 2006 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von ... DM anerkannt werden.

7

Das FA beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

8

Die Gestattung der Sondernutzung sei durch Hoheitsakt erfolgt. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht durch die Satzung habe nicht dazu geführt, dass keine Sondernutzung vorliege. Die mögliche Konkurrenz zu privaten Marktbetreibern ändere nichts daran, dass die Klägerin hoheitlich tätig geworden sei. Mit der Sanierung des Marktplatzes habe sie eine hoheitliche Aufgabe als Straßenbaulastträger erfüllt. Für den Marktplatz habe eine öffentlich-rechtliche Widmung vorgelegen. Damit könne kein Betriebsvermögen vorliegen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin ist entgegen dem FG-Urteil zum teilweisen Vorsteuerabzug aus den Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes berechtigt. Die Sache ist aber im Hinblick auf die danach erforderliche Vorsteueraufteilung nicht spruchreif.

10

1. Der Unternehmer ist nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt er bei Bezug der Leistung diese teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und teilweise für Zwecke einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, ist er nur im Umfang der beabsichtigten Verwendung für seine wirtschaftliche Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine weiter gehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht bei "gemischter" Verwendung nur, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um eine Verwendung für Privatentnahmen handelt.

11

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

12

b) Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wie folgt zu differenzieren (BFH-Urteile vom 9. Dezember 2010 V R 17/10, BFH/NV 2011, 717, unter II.1.b; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFH/NV 2011, 721, unter II.1.b, und vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFH/NV 2011, 727, unter II.2.b, m.w.N. zu den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 6. April 1995 C-4/94, BLP, Slg. 1995, I-983; vom 8. Juni 2000 C-98/98, Midland Bank, Slg. 2000, I-4177; vom 22. Februar 2001 C-408/98, Abbey National, Slg. 2001, I-1361; vom 13. März 2008 C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597, und vom 29. Oktober 2009 C-29/08, SKF, Slg. 2009, I-10413).

13

aa) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist (gleichgestellt: Umsatz i.S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG), kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.

14

bb) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder --ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.

15

cc) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und --als solche-- Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug.

16

c) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 717, unter II.1.d; in BFH/NV 2011, 721, unter II.1., m.w.N. zu den EuGH-Urteilen Securenta in Slg. 2008, I-1597, und vom 12. Februar 2009 C-515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-839).

17

Anders ist es nur, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um den Sonderfall einer Privatentnahme i.S. von Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG handelt. Der Unternehmer kann bei einer gemischt wirtschaftlichen und privaten Verwendung den Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, hat dann aber eine Entnahme nach den vorstehenden Bestimmungen zu versteuern (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 717, unter II.1.d; in BFH/NV 2011, 721, unter II.1., m.w.N.). Privatentnahmen in diesem Sinn sind daher nur Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürlicher Person und --unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens-- für den privaten Bedarf seines Personals, nicht dagegen eine Verwendung für z.B. ideelle Zwecke eines Vereins oder den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.

18

2. Entgegen dem FG-Urteil ist die Klägerin zum anteiligen Vorsteuerabzug aus den für die Sanierung des Marktplatzes bezogenen Leistungen berechtigt. Das Urteil des FG war daher aufzuheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht aber keine vollumfängliche Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

19

a) Die Klägerin war mit der Überlassung von Standflächen hinsichtlich ihres Marktbetriebs als Unternehmer tätig.

20

aa) Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht hierzu. Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen. Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

21

Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (BFH-Urteil vom 15. April 2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.2. bis 5., m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

22

bb) Im Streitfall war die Klägerin mit der Standplatzüberlassung beim Marktbetrieb als Unternehmer tätig.

23

(1) Eine Gemeinde kann eine öffentliche Straße als Unternehmer nutzen. Auch wenn die Gemeinde als Straßenbaulastträger im Rahmen ihrer Hoheitstätigkeit den Gemeingebrauch zu gewährleisten hat, verwendet sie eine öffentlich-rechtlich gewidmete Straße für eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit zur Entgelterzielung, wenn eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung vorliegt und sich die Tätigkeit der Gemeinde nicht darauf beschränkt, lediglich anderen eine Sondernutzung öffentlich-rechtlich zu gestatten, sondern sie selbst z.B. durch die Vermietung von Standflächen bei der Veranstaltung von Märkten im Rahmen einer Sondernutzung eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit ausübt (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 V R 33/08, BFH/NV 2010, 957, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 368, unter II.2.c cc und dd).

24

(2) Im Streitfall hat die Klägerin mit der Überlassung von Standflächen eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig und gegen Entgelt ausgeübt, die sich aufgrund der Höhe der dabei vereinnahmten Entgelte aus ihrer Gesamtbetätigung heraushob.

25

Zwar hat das FG keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, ob die Klägerin die Standflächen an die Händler privat- oder öffentlich-rechtlich überlassen hat. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) kann dies aber offenbleiben. Denn vermietete die Klägerin die Marktstandplätze auf privatrechtlicher Grundlage, ist sie als Unternehmer tätig, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen wie z.B. ein Wettbewerbsverhältnis zu anderen Unternehmen ankommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.4.). Hat die Klägerin die Standplätze auf öffentlich-rechtlicher Grundlage überlassen, ist sie gleichfalls als Unternehmer tätig geworden, da das FG ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Konkurrenten bejaht hat (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.5.b und c).

26

(3) Sollte die Nutzungsüberlassung durch die Klägerin auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgt sein, steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses im Übrigen nicht entgegen, dass die Leistungen privater Wettbewerber nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei sind (BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.), so dass sich eine Steuerpflicht der durch private Wettbewerber erbrachten Leistungen erst aufgrund eines Verzichts gemäß § 9 UStG ergibt. Denn nach dem EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 C-102/08, Salix (Slg. 2009, I-4629, Leitsatz 2) ist Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, als Steuerpflichtige gelten, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige aufgrund des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 oder 4 dieser Richtlinie zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zulasten ihrer privaten Wettbewerber oder zu ihren eigenen Lasten führen würde. Dass sich die Steuerpflicht der Leistung des Privaten erst aus einem Verzicht nach § 9 UStG ergibt, ist unerheblich.

27

b) Aufgrund der gemischten Nutzung des sanierten Marktplatzes für Hoheitszwecke und für Zwecke einer steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit ist die Klägerin insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als sie den Marktplatz unmittelbar für Zwecke dieser wirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden beabsichtigte.

28

Im Streitfall hat die Klägerin den Marktplatz nicht nur als Straßenbaulastträger im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit unterhalten, sondern auch als Unternehmer für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt. Die Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes dienten somit sowohl der nichtwirtschaftlichen wie auch der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin. Da es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin um eine Verwendung für Hoheitszwecke, nicht aber um eine Verwendung für eine Privatentnahme i.S. von § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG (Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) handelt, ist die Klägerin nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt (s. oben II.1.c). Gegenteiliges ist auch nicht aus den allgemein gehaltenen Hinweisen im Rahmen der Zurückverweisung im Senatsurteil in BFH/NV 2010, 957, UR 2010, 368, unter II.2.a zu entnehmen.

29

Die vom FG angenommene vollständige Versagung des Vorsteuerabzugs entspricht nicht diesen Grundsätzen. Das Urteil war daher aufzuheben.

30

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Ist die Klägerin nicht zum vollen, aber zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt, sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zur Vorsteueraufteilung zu treffen.

31

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass nach dem EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 2 die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jedem dieser beiden Tätigkeitsbereiche tatsächlich zuzurechnen ist. Art. 17 bis 19 der Richtlinie 77/388/EWG und damit auch § 15 Abs. 4 UStG enthalten hierzu keine unmittelbaren Regelungen (vgl. EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597 Rdnr. 33), so dass insoweit eine Regelungslücke besteht. Diese ist mangels gesetzlicher Regelung in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG zu schließen, so dass der Unternehmer den abzugsfähigen Vorsteueranteil im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln hat. Dies könnte im Streitfall z.B. nach der Anzahl der Nutzungstage des Marktplatzes für den Marktbetrieb im Kalenderjahr erfolgen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gemeinde, errichtete eine Sport- und Freizeithalle, die im November 1994 fertig gestellt wurde. Die Vorsteuer aus Baumaßnahmen, der Anschaffung von Sport- und Fitnessgeräten sowie geringwertiger Wirtschaftsgüter betrug ... DM. Im Erdgeschoss befanden sich eine Turnhalle, ein Fitnessraum, ein Aufbewahrungsraum für z.B. Sportgeräte, ein Vereinszimmer und das Hausmeisterzimmer. Im Obergeschoss waren Umkleide- und Waschräume untergebracht. In einem weiteren Raum waren Stühle und Bodenbeläge für andere als Sportveranstaltungen untergestellt. Zur Halle hin befand sich eine Galerie, die mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet werden konnte. Die Sporthalle wurde während der Schulzeit überwiegend dreimal wöchentlich für den Sportunterricht der örtlichen Schulen genutzt. Die Halle wurde auch von mehreren Sportvereinen und einzelnen Personen und Personengruppen genutzt. Es fanden auch Skat- und Tischtennisturniere statt. Das Vereinszimmer verfügte über eine kleine Küche und wurde für Familienfeiern und Vereinsfeste vermietet. Die Nutzung der Sporthalle wurde von Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung koordiniert, die auch die Reinigung übernahmen. Mit Beschluss vom 14. November 1994 legte der Verwaltungsausschuss der Klägerin die "Mietpreise" für die Sporthalle, aufgegliedert nach Vereinszimmer, Kraftsportraum und Sporthalle, fest. Die Mietpreise enthielten keine zusätzlich ausgewiesene Umsatzsteuer. Nach dem Beschluss war mit dem jeweiligen Sportverein eine gesonderte Vereinbarung abzuschließen.

2

Bis zum Ende des Streitjahres 1994 vereinnahmte die Klägerin Leistungsentgelte in Höhe von ... DM, wobei Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen wurde. Die Klägerin gab weder für das Jahr 1994 noch für die Folgejahre Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Erstmals im August 2001 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1994 für einen Betrieb gewerblicher Art ein, in der sie entgeltliche Umsätze zu 15 % in Höhe von ... DM und Entnahmen in Höhe von ... DM und Umsätze zu 7 % in Höhe von ... DM erklärte und Vorsteuern in Höhe von ... DM geltend machte. Die Steuererklärung für 1994 umfasste als Betrieb gewerblicher Art Bauhof, Sporthalle mit Fitnessraum sowie Schul- und Sozialküche. Mit Schreiben vom 4. September 2001 teilte die Klägerin mit, dass ihre Jahresumsätze aus Sporthalle und Fitnessraum für 1995 ... DM, für 1996 ... DM, für 1997 ... DM, für 1998 ... DM und für 1999 ... DM betrugen. Die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre ab 1995 reichte sie in den Jahren 2001 und 2002 ein. In den Rechnungen des Streitjahres und der Folgejahre wurde keine Umsatzsteuer ausgewiesen.

3

Im Anschluss an eine Außenprüfung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit Bescheid vom 8. September 2003 auf ... DM (... €) fest und erkannte dabei die Umsätze von ... DM und die Vorsteuerbeträge in Höhe von ... DM aus der Vermietung und Errichtung der Sporthalle nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, dass die Klägerin mit der Freizeit- und Sporthalle keinen Betrieb gewerblicher Art unterhalten habe. Die Nutzung der Halle zur Durchführung des Sportunterrichts sei hoheitlich erfolgt. Dies gelte auch für die Überlassung der Halle an die Gemeinde T für den Sportunterricht der dortigen Grundschule. Auch die Überlassung an andere Nutzer sei nichtunternehmerisch erfolgt. Diese Tätigkeit habe sich nicht aus ihrer Gesamtbetätigung herausgehoben und sei im Hinblick auf die Verflechtungen mit dem Hoheitsbereich nicht hinreichend deutlich abgrenzbar. Die Klägerin sei auch nicht zu privaten Anbietern in Wettbewerb getreten. Es fehle bereits nach Leistungsangebot und Preisniveau an einer Konkurrenzsituation. Die Klägerin könne den Nutzern des in der Halle untergebrachten Fitnessraums keine Annehmlichkeiten wie z.B. Trainerbetreuung oder Saunabenutzung bieten. Es liege daher reine Vermögensverwaltung vor. Die Klägerin könne im Übrigen auch nicht belegen, dass sie bereits bei Errichtung der Halle beabsichtigt habe, diese zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden, zumal die Entgelte ohne Umsatzsteuer berechnet worden seien und sie erst nach mehreren Jahren Umsatzsteuererklärungen abgegeben habe.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie sei mit dem Betrieb der Freizeit- und Sporthalle unternehmerisch tätig geworden. Ob sich diese Tätigkeit aus ihrer Gesamtbetätigung herausgehoben habe, sei bei richtlinienkonformer Auslegung unerheblich. Die Vermietung an wechselnde Mieter sei keine Vermögensverwaltung. Da es sich um die Vermietung einer Sportstätte gehandelt habe, sei ihre Tätigkeit auch nicht steuerfrei gewesen. Da sie auf zivilrechtlicher Grundlage tätig geworden sei, komme es auf die Frage einer Wettbewerbsgefährdung für die Begründung ihrer Unternehmerstellung nicht an. Selbst wenn auf ein Wettbewerbsverhältnis abzustellen wäre, müsse dieses unabhängig von den Verhältnissen auf dem jeweiligen lokalen Markt beurteilt werden. Da die unternehmerische Betätigung ein objektiver Sachverhalt sei, sei ein unterlassener Umsatzsteuerausweis oder die verspätete Abgabe von Umsatzsteuererklärungen unerheblich. Sie sei auch berechtigt gewesen, die Halle in vollem Umfang ihrem Unternehmen zuzuordnen. Im Übrigen liege auch ein Verfahrensfehler vor.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 8. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2006 zu ändern und die Betätigung der Klägerin in der Sport- und Freizeithalle als Betrieb gewerblicher Art und den damit in Zusammenhang stehenden Vorsteuerabzug anzuerkennen.

7

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Es liege kein Betrieb gewerblicher Art vor. Das Urteil des FG sei bereits deshalb zutreffend, da die Klägerin die Halle bei ihrer Errichtung nicht ihrem Unternehmen zugeordnet habe. Die Klägerin habe "zeitnah" keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben. Die Klägerin habe ihre Zuordnungsentscheidung, die sie auch negativ als Nichtzuordnung ausüben könne, nicht dokumentiert. Die Überlassung an andere Gemeinden sei unentgeltlich erfolgt. Das "teilweise fehlende Vorsteuerabzugsrecht bei gemischt wirtschaftlicher bzw. nichtwirtschaftlicher Verwendung einheitlicher Gegenstände anstelle der Frage der Zuordnung" könne zu einem Vorsteuerausschluss analog § 15 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) führen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG war die Klägerin mit dem Betrieb der Sport- und Freizeithalle als Unternehmer tätig und erbrachte dabei umsatzsteuerpflichtige Leistungen.

10

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

11

Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine nachhaltigen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt, die steuerpflichtig oder nach § 15 Abs. 3 UStG steuerfrei sind (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Dezember 2010 V R 17/10, BFHE 232, 243, BFH/NV 2011, 717, unter II.1.b; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BFH/NV 2011, 721, unter II.1.b, und vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BFH/NV 2011, 727, unter II.2.b; vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.a, m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

12

2. Die Klägerin war im Streitfall beim Betrieb der Halle entgegen dem FG-Urteil als Unternehmer tätig und im Grundsatz zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Urteil des FG war daher aufzuheben.

13

a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht hierzu. Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen. Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

14

Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (BFH-Urteile vom 15. April 2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.2. bis 5., m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung, und in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.2.a aa).

15

Diese Auslegung verstößt entgegen Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer (UStG, § 2 Rz 189) nicht deswegen gegen den Wortlaut des § 2 Abs. 3 UStG, weil dieser "ohne Einschränkung auf den gesamten § 4 KStG" verweist; auch verliert § 2 Abs. 3 UStG bei umsatzsteuerrechtlicher Auslegung der in dieser Vorschrift angeordneten Verweisung nicht seinen Sinn. Denn zum einen überschreitet die umsatzsteuerrechtliche Auslegung des § 4 KStG im Rahmen der Verweisung in § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG insbesondere im Hinblick auf den Begriff der "wirtschaftlichen Tätigkeit" (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG) nicht die bei der Auslegung dieser Vorschriften zu beachtende Wortlautgrenze. Zum anderen führt erst die Anwendung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG dazu, dass umsatzsteuerrechtlich die hoheitlichen und damit die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeübten Tätigkeiten der juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht als unternehmerisch anzusehen sind, sofern es hierdurch zu keinen größeren Wettbewerbsverzerrungen kommt. Ohne § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG wären demgegenüber alle nachhaltig und gegen Entgelt und somit auch die auf hoheitlicher Grundlage ausgeübten Tätigkeiten steuerbar --sowie bei Fehlen besonderer Befreiungstatbestände-- steuerpflichtig.

16

b) Im Streitfall war die Klägerin beim Betrieb der Sport- und Freizeithalle als Unternehmer tätig.

17

aa) Die Klägerin übte durch die Überlassung der Halle gegen Entgelt eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG aus. Die Klägerin war über mehrere Jahre gegen Entgelt und damit nachhaltig tätig. Ob sie dabei in der Absicht handelte, Gewinn zu erzielen, ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG unerheblich. Ebenso kommt es entgegen dem FG-Urteil weder darauf an, ob die Klägerin ihre Entgelte mit oder ohne Umsatzsteuer kalkulierte noch, ob sie sich selbst als Unternehmer ansah und fristgerechte Umsatzsteuererklärungen abgab.

18

bb) Die Tätigkeit der Klägerin bei der entgeltlichen Überlassung der Sport- und Freizeithalle hob sich auch aus ihrer Gesamttätigkeit wirtschaftlich i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG heraus, wie der Senat zur Vermietung einer kommunalen Mehrzweckhalle, die im Übrigen auch für hoheitliche Schulzwecke genutzt wird, bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 28. November 1991 V R 95/86, BFHE 167, 207, BStBl II 1992, 569, unter B.I.1.). Bestimmten Gewinn- oder Umsatzgrenzen, wie sie in Abschn. 6 der Körperschaftsteuer-Richtlinien vorgesehen sind, kommt demgegenüber keine eigenständige Bedeutung zu, da sie weder mit dem Erfordernis der Gleichmäßigkeit der Besteuerung noch mit dem notwendigen Ausschluss von Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zu privaten Unternehmen vereinbar sind (BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.2.e, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung).

19

cc) Im Streitfall hat das FG --ausgehend von seiner Rechtsauffassung-- keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, ob die Klägerin die Nutzung der Freizeit- und Sporthalle an die Nutzer auf privat- oder auf öffentlich-rechtlicher Grundlage gegen Entgelt überlassen hat. Nach den Verhältnissen im Streitfall kann dies indes offen bleiben.

20

(1) Erfolgte die Nutzungsüberlassung auf privatrechtlicher Grundlage, ist die Klägerin als Unternehmer tätig, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen, wie z.B. ein Wettbewerbsverhältnis zu anderen Unternehmen, ankommt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.4., und in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, Leitsatz 2).

21

(2) Hat die Klägerin die Halle oder Teile des Hallengebäudes auf öffentlich-rechtlicher Grundlage überlassen, ist sie gleichfalls Unternehmer, da sie insoweit im Wettbewerb zu privaten Konkurrenten tätig war (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.5.b und c, und in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, Leitsatz 2).

22

(a) Nach dem EuGH-Urteil vom 16. September 2008 C-288/07, Isle of Wight Council (Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 76), das das FG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, sind "größere" Wettbewerbsverzerrungen nur dann zu verneinen, wenn "die Behandlung öffentlicher Einrichtungen als Nichtsteuerpflichtige ... lediglich zu unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde" (ebenso Seer/Klemke, Betriebs-Berater 2010, 2015 ff., 2021 f.; Sterzinger, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 37 ff., 41, und Wagner, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2008, 335 ff.). Es ist daher für die Behandlung einer auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätigen juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht erforderlich, dass "erhebliche" oder "außergewöhnliche" Wettbewerbsverzerrungen vorliegen (EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 74). Weiter ist für die Wettbewerbsbeurteilung nicht nur der gegenwärtige, sondern auch der potentielle Wettbewerb zu berücksichtigen. Im Übrigen kommt es für die Wettbewerbsbeurteilung nicht auf die Verhältnisse auf dem jeweiligen "lokalen Markt" an. Denn die Frage der Wettbewerbsverzerrungen ist "in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ..., ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht" (EuGH-Urteil Isle of Wight Council in Slg. 2008, I-7203 Rdnr. 53), so dass die Art der Tätigkeit maßgeblich ist.

23

(b) Danach erfolgt die Überlassung von Räumlichkeiten der Sport- und Freizeithalle gegen Entgelt bereits nach der Art ihrer Tätigkeit im Wettbewerb zu privaten Anbietern. Auf die Verhältnisse auf dem lokalen Markt im Gebiet der Klägerin kommt es dabei nicht an. Ob private Angebote auch Saunabenutzung und Trainerbetreuung ermöglichten, ist dabei unerheblich. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass eine Nichtbesteuerung zu lediglich unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

24

dd) Im Streitfall war die Klägerin auch bei der Überlassung von Räumlichkeiten der Sport- und Freizeithalle an die Gemeinde T für deren Grundschule als Unternehmer tätig.

25

Zwar hat der Senat zum UStG 1951 entschieden, dass sog. Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage gegen z.B. Aufwendungsersatz und damit gegen Entgelt erbracht werden, nicht steuerbar seien, da es im Rahmen des für alle Behörden verbindlichen Grundsatzes der gegenseitigen Hilfeleistung liege, dass eine Behörde die Aufgaben einer anderen Behörde übernehme, wenn sie ohne Beeinträchtigung ihres eigenen Aufgabenkreises dazu in der Lage sei und damit die Aufgaben der anderen Behörde auf deren Ersuchen zu erleichtern trachte (BFH-Urteile vom 12. Dezember 1968 V 213/65, BFHE 94, 558, BStBl II 1969, 280; ebenso vom 1. April 1965 V 131/62 U, BFHE 82, 263, BStBl III 1965, 339; vom 6. Juli 1967 V 76/64, BFHE 89, 164, BStBl III 1967, 582, und vom 8. Juli 1971 V R 1/68, BFHE 103, 247, BStBl II 1972, 70).

26

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. z.B. Oberfinanzdirektion Rostock vom 21. November 2002, UR 2003, 303 zu kommunaler Datenverarbeitung für den Hoheitsbereich des Leistungsempfängers) ist es aber mit dem im Streitjahr anzuwendenden § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1993 i.V.m. § 4 KStG und der insoweit gebotenen Auslegung entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nicht zu vereinbaren, sog. Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, auch dann von der Umsatzbesteuerung auszunehmen, wenn diese zwar auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, dabei jedoch im Wettbewerb zu Leistungen Privater erbracht werden. Die unter der Geltung des UStG 1951 entwickelten Grundsätze zum "Beistand" zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind auf das im Streitfall anzuwendende UStG 1993 daher nicht zu übertragen. Danach ist im Streitfall die entgeltliche Überlassung von Räumlichkeiten in einer Sport- und Freizeithalle durch eine Gemeinde an eine Gemeinde für deren Schulunterricht ebenso steuerbar wie eine Leistungserbringung an private Rechtsträger.

27

c) Der Vorsteuerabzug setzt die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht der Verwendung für steuerpflichtige Umsätze bei Leistungsbezug voraus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BFH/NV 2011, 717, unter II.3.a, m.w.N. zur Rechtsprechung von EuGH und BFH). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Denn die Klägerin beabsichtigte bereits bei der Errichtung der Sport- und Freizeithalle, diese auch für entgeltliche Leistungen zu verwenden, wie sich aus dem Beschluss des Verwaltungsausschusses der Klägerin vom 14. November 1994 ergibt.

28

aa) Die entgeltliche Überlassung der Räumlichkeiten der Sport- und Freizeithalle war grundsätzlich steuerpflichtig; denn die Überlassung von Sportanlagen ist nach der geänderten BFH-Rechtsprechung nicht gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658, Leitsatz).

29

Ob die Klägerin bei Errichtung der Sport- und Freizeithalle aufgrund der früheren BFH-Rechtsprechung davon ausging, dass ihre entgeltlichen Leistungen ganz oder teilweise nicht steuerpflichtig seien, ist entgegen dem FG-Urteil unerheblich. Denn die für den Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendungsabsicht bezieht sich darauf, dass der Unternehmer das Erbringen entgeltlicher Leistungen beabsichtigt, die objektiv zum Vorsteuerabzug berechtigen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der Unternehmer seine Leistung subjektiv in rechtlicher Hinsicht zutreffend beurteilt. Dementsprechend kommt es für die Frage, ob ein nach § 9 Abs. 2 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigender steuerpflichtiger Umsatz oder ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigender steuerfreier Umsatz vorliegt, auf die "zutreffende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts" an (BFH-Urteil vom 11. März 2009 XI R 71/07, BFHE 227, 200, BStBl II 2010, 209, unter II.b) und vermögen rechtliche Fehlvorstellungen über eine z.B. tatsächlich nicht gegebene Steuerpflicht kein Recht auf Vorsteuerabzug zu begründen. Geht der Unternehmer z.B. davon aus, dass nach der maßgeblichen Rechtslage im Zeitpunkt des Leistungsbezugs seine Leistung steuerpflichtig ist, während sie bei zutreffender Beurteilung ohne Recht auf Vorsteuerabzug steuerfrei ist, ist der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

30

bb) Eine mögliche Steuerfreiheit "für bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG steht im Streitfall dem Vorsteuerabzug der Klägerin nicht entgegen. Denn diese Steuerbefreiung wird im nationalen Recht gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG nur für sportliche Veranstaltungen umgesetzt. Eine derartige Veranstaltung liegt im Streitfall, bei dem sich die Klägerin nicht auf einen Anwendungsvorrang des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beruft (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 9. August 2007 V R 27/04, BFHE 217, 314, BFH/NV 2007, 2213, unter II.3.a bb, und vom 11. Oktober 2007 V R 69/06, BFHE 219, 287, BFH/NV 2008, 322, unter II.2.b bb) nicht vor.

31

d) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er daher insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH-Urteile in BFHE 232, 243, BFH/NV 2011, 717, unter II.1.d; in BFHE 232, 261, BFH/NV 2011, 721, unter II.1., m.w.N. zu den EuGH-Urteilen vom 13. März 2008 C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597, und vom 12. Februar 2009 C-515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-839, sowie BFH-Urteil in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.c).

32

Der Sonderfall einer Privatentnahme i.S. von Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, bei der der Unternehmer den gemischt wirtschaftlich und privat verwendeten Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann (BFH-Urteile in BFHE 232, 243, BFH/NV 2011, 717, unter II.1.d; in BFHE 232, 261, BFH/NV 2011, 721, unter II.1., m.w.N.), liegt nicht vor, wenn die nichtwirtschaftliche Tätigkeit in der Verwendung für den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts besteht (BFH-Urteil in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.c), die sich im Streitfall aus der Verwendung für hoheitliche Schulzwecke der Klägerin ergibt. Die Frage einer Unternehmenszuordnung und der Rechtzeitigkeit einer derartigen Zuordnung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 42/09, BFH/NV 2011, 1980) stellt sich daher im Streitfall nicht.

33

3. Die Sache ist nicht spruchreif, da die Klägerin entgegen ihrer Auffassung nicht zum vollen, sondern nur zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Im zweiten Rechtsgang sind daher weitere Feststellungen zur Vorsteueraufteilung zu treffen.

34

Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 2 die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jedem dieser beiden Tätigkeitsbereiche tatsächlich zuzurechnen ist. Art. 17 bis 19 der Richtlinie 77/388/EWG und damit auch § 15 Abs. 4 UStG enthalten hierzu keine unmittelbaren Regelungen (vgl. EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597 Rdnr. 33), so dass insoweit eine Regelungslücke besteht. Diese ist in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG zu schließen (BFH-Urteil in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, Leitsatz 4). Dies hat nach dem bei der Errichtung der Halle geschätzten Verhältnis der Nutzung für den Hoheitsbereich der Klägerin und für wirtschaftliche Zwecke, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, zu erfolgen.

35

Schließlich wird auch zu prüfen sein, ob einzelne von der Klägerin erbrachte Leistungen --nicht als Überlassung einer Sportanlage, sondern-- z.B. als bloße Raumüberlassung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei waren und ob die Überlassung an die andere Gemeinde gegen Entgelt erfolgte. Sollte die Halle der anderen Gemeinde --entsprechend einer bereits bei Leistungsbezug bestehenden Absicht-- unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sein, würde hierfür --auch unter Berücksichtigung des im Streitjahr geltenden § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG-- keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestehen.

(1) In folgenden Verfahren wird die Verfahrensgebühr mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig:

1.
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,
2.
in Sanierungs- und Reorganisationsverfahren nach dem Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz,
3.
in Insolvenzverfahren und in schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
3a.
in Verfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz,
4.
in Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes und
5.
in Prozessverfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit.
Im Verfahren über ein Rechtsmittel, das vom Rechtsmittelgericht zugelassen worden ist, wird die Verfahrensgebühr mit der Zulassung fällig.

(2) Soweit die Gebühr eine Entscheidung oder sonstige gerichtliche Handlung voraussetzt, wird sie mit dieser fällig.

(3) In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen bestimmt sich die Fälligkeit der Kosten nach § 9.

(1) Für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten

1.
nach der Zivilprozessordnung, einschließlich des Mahnverfahrens nach § 113 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit das Vollstreckungs- oder Arrestgericht zuständig ist;
2.
nach der Insolvenzordnung und dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung;
3.
nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung;
3a.
nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz;
4.
nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;
5.
nach der Strafprozessordnung;
6.
nach dem Jugendgerichtsgesetz;
7.
nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten;
8.
nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes;
9.
nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen;
9a.
nach dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz;
10.
nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, soweit dort nichts anderes bestimmt ist;
11.
nach dem Wertpapierhandelsgesetz;
12.
nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz;
13.
nach dem Auslandsunterhaltsgesetz, soweit das Vollstreckungsgericht zuständig ist;
14.
für Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz (Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes);
15.
nach dem Energiewirtschaftsgesetz;
16.
nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz;
17.
nach dem EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz;
18.
nach Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Neunten Teils des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen;
19.
nach dem Kohlendioxid-Speicherungsgesetz;
20.
nach Abschnitt 3 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042);
21.
nach dem Zahlungskontengesetz und
22.
nach dem Wettbewerbsregistergesetz
werden Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz erhoben. Satz 1 Nummer 1, 6 und 12 gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind.

(2) Dieses Gesetz ist ferner anzuwenden für Verfahren

1.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung;
2.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung;
3.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem Sozialgerichtsgesetz, soweit nach diesem Gesetz das Gerichtskostengesetz anzuwenden ist;
4.
vor den Gerichten für Arbeitssachen nach dem Arbeitsgerichtsgesetz und
5.
vor den Staatsanwaltschaften nach der Strafprozessordnung, dem Jugendgerichtsgesetz und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Dieses Gesetz gilt auch für Verfahren nach

1.
der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens,
3.
der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,
4.
der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen, wenn nicht das Familiengericht zuständig ist und
5.
der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

(1) In folgenden Verfahren wird die Verfahrensgebühr mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig:

1.
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,
2.
in Sanierungs- und Reorganisationsverfahren nach dem Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz,
3.
in Insolvenzverfahren und in schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
3a.
in Verfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz,
4.
in Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes und
5.
in Prozessverfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit.
Im Verfahren über ein Rechtsmittel, das vom Rechtsmittelgericht zugelassen worden ist, wird die Verfahrensgebühr mit der Zulassung fällig.

(2) Soweit die Gebühr eine Entscheidung oder sonstige gerichtliche Handlung voraussetzt, wird sie mit dieser fällig.

(3) In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen bestimmt sich die Fälligkeit der Kosten nach § 9.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer zu 1. (Kläger) hat vor dem Finanzgericht (FG) Untätigkeitsklage gegen den Bescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1998 vom 21. Dezember 2005 für die T-KG erhoben. In diesem Bescheid wird ausgeführt, der Kläger habe den Bescheid als Treugeber eines Kommanditanteils erhalten. Die T-KG sei bereits erloschen. In der Einspruchsentscheidung vom 6. November 2009 hat das FA ausgeführt, die A-GmbH sei Kommanditistin der T-KG gewesen und habe ihren Anteil treuhänderisch für mehrere natürliche Personen, u.a. den Kläger sowie den Beigeladenen und Beschwerdeführer zu 2. (Beigeladener), gehalten. Die A-GmbH sei bereits im Handelsregister gelöscht. Der angegriffene Bescheid vom 21. Dezember 2005 sei ein Bescheid im sog. zweistufigen Feststellungsverfahren. In der ersten Stufe sei der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb der T-KG festgestellt und auf die Gesellschafter verteilt worden. In der zweiten Stufe sei der Gewinnanteil des Treuhänders (A-GmbH) auf die Treugeber verteilt worden. Diese Feststellungen seien zu einem Bescheid verbunden worden, weil es sich um ein offenes Treuhandverhältnis gehandelt habe.

2

Das FG hat mit Beschluss vom 21. Januar 2010 den Beigeladenen als Nachtragsliquidator der A-GmbH zum Verfahren beigeladen.

3

Der Kläger und der Beigeladene haben hiergegen Beschwerde eingelegt.

4

Das FA beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die gemäß § 128 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden sind begründet.

6

1. Der Beigeladene ist nicht notwendig beizuladen.

7

Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte (notwendig) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind.

8

a) Sind an einer Personengesellschaft mehrere Treugeber über einen Treuhänder beteiligt, so ist die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Gesellschaft grundsätzlich in einem zweistufigen Verfahren durchzuführen. In der ersten Stufe des Verfahrens ist der Gewinn oder Verlust der Gesellschaft festzustellen und auf die Gesellschafter aufzuteilen. In einem zweiten Feststellungsbescheid muss der Gewinnanteil des Treuhänders entsprechend auf die Treugeber aufgeteilt werden. Beide Feststellungen können im Fall eines offenen Treuhandverhältnisses miteinander verbunden werden. Klagt ein Treugeber-Gesellschafter, kann er nur geltend machen, durch die Verteilung des auf der ersten Stufe festgestellten Gewinns in seinen Rechten verletzt zu sein. Zu einem solchen Rechtsstreit des Treugebers ist der Treuhänder beizuladen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. April 2003 IV B 188/01, BFH/NV 2003, 1283).

9

b) Vorliegend hat das FA einen derartigen Bescheid erlassen. Danach ist Treuhänder die A-GmbH und Treugeber u.a. der Kläger und der Beigeladene.

10

c) Das FG hätte demnach die A-GmbH selbst --als Treuhänderin-- und nicht den Beigeladenen als Nachtragsliquidator der A-GmbH beiladen müssen. Ein Nachtragsliquidator ist nämlich lediglich ein gesetzlicher Vertreter. Der Beiladung der A-GmbH steht nicht entgegen, dass sie bereits gelöscht worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 26. März 1980 I R 111/79, BFHE 130, 477, BStBl II 1980, 587; vom 10. November 1993 I R 68/93, BFH/NV 1994, 798).

11

d) Der Beigeladene ist auch nicht als Treugeber notwendig beizuladen. Denn der Kläger wendet sich lediglich gegen den Feststellungsbescheid auf der ersten Stufe sowie gegen die für ihn (den Kläger) festgestellten Sonderbetriebseinnahmen. Insoweit ist aber der Beigeladene (als Treugeber) nicht klagebefugt.

12

2. Da demnach die rechtlichen Interessen des Beigeladenen durch den Rechtsstreit des Klägers nicht berührt werden, kommt auch eine einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht in Betracht.

13

3. Einer Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht, weil insoweit Kosten nicht angefallen sind. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind entsprechend §§ 139 Abs. 4, 135 Abs. 1 FGO dem FA aufzuerlegen. Es erscheint unbillig, dem Kläger, sofern er in der Hauptsache unterliegen sollte, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren aufzubürden. Der Kläger hat die Beiladung nicht veranlasst. Sie ist zudem auch auf seine Beschwerde hin aufgehoben worden. Zutreffend erscheint es stattdessen, die dem Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten dem FA aufzuerlegen, da es die Zurückweisung der Beschwerden beantragt hat. Soweit der Kläger Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluss erhoben hat, gehören die Kosten des --erfolgreichen-- Rechtsmittelverfahrens zu den Kosten des Klageverfahrens, so dass es insoweit keiner Kostenentscheidung bedarf (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2001 VI B 301/98, BFHE 195, 50, BStBl II 2001, 729, unter II.7. der Gründe).

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.