Finanzgericht Hamburg Urteil, 22. Feb. 2018 - 4 K 163/16

bei uns veröffentlicht am22.02.2018

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Einreihung tiefgefrorener und leicht gesalzener Meerbarbenfilets.

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Am 30.04.2012 meldete die Klägerin u. a. 5.600 kg gefrorene Meerbarbenfilets, die sie mit Rechnung Nr. ... von der A Co. Ltd. in Vietnam erworben hatte (im Folgenden: Meerbarbenfilets), zur Überführung in den freien Verkehr an. Nach Angaben auf der Verpackung handelte es sich um "Rotes Meerbarben-Filet, rot, mit Haut, geschuppt, glasiert, tiefgefroren". Unter Zutaten ist vermerkt: "Rotes Meerbarben-Filet, Wasser (Glasur), Salz, Säureregulator: Zitronensäure".

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Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 30.04.2012 (Registrierkennzeichen XX-1) reihte der Beklagte unter Position 1 des Bescheids die Ware anmeldungsgemäß als "gefrorene Filets von anderen Fischen" in die Unterposition 0304 8990 KN ein und legte der Abgabenfestsetzung einen Präferenzzollsatz von 7,9 % zu Grunde.

4

Im August 2013 fand bei der Klägerin eine Zollprüfung statt. Da der Prüfer Zweifel an der Einreihung der Meerbarbenfilets hatte, veranlasste er eine Untersuchung der bei der Klägerin noch vorhandenen Restmenge. Das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) Hamburg stellte am 29.10.2013 bei den Fischfilets einen Salzgehalt von 1,2 % fest. Zitronensäure könne nicht nachgewiesen werden. Aufgrund des Salzgehaltes seien die Filets in die Unterposition 0305 3990 KN einzureihen.

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Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2014 (Registrierkennzeichen XX-2) erhob der Beklagte gemäß Art. 220 ZK 1.571,05 € Zoll nach. Dies ist die Differenz zwischen dem ursprünglich festgesetzten Zoll (2.698,10 €), soweit er auf die Meerbarbenfilets entfällt, und dem auf der Grundlage der Unterposition 0305 3990 KN zu erhebenden Zoll (Präferenzzollsatz 12,5 %).

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Gegen den Nacherhebungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 28.01.2014 Einspruch ein. Erst bei einem Salzgehalt von 12 % oder mehr seien Waren in die Position 0305 KN einzureihen. Nach der Sitzung des Ausschusses für den Zollkodex vom 06.03.2013 seien gefrorene Kabeljaufilets mit einem Salzgehalt zwischen 1,8 und 2,2 % der Position 0304 KN zuzuordnen.

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Mit Schreiben vom 11.05.2015 hielt das BWZ Hamburg an seiner Einreihungsauffassung vom 29.10.2013 fest. Von der Position 0304 KN würden nur gefrorene Fischfilets mit einem natürlichen Salzgehalt erfasst. Ein zusätzliches Übergießen von frischen oder gekühlten Fischfilets mit Salzwasser sei nur dann erlaubt, wenn lediglich die Haltbarkeit des Fischfilets während des Transports gewährleistet werden solle (Erläuterung zur Position 0304 HS, Rz. 09.0). Im Fall von gefrorenen Fischfilets sei dies nicht gesondert aufgeführt (Erläuterung zur Position 0304 HS Rz. 10.0 sowie 11.0). Vom Wortlaut der Position 0305 KN seien dagegen gesalzene Fischfilets erfasst (Erläuterung zur Position 0305 HS Rz. 01.1 und 03.0). Ein gesalzenes Fischfilet liege dann vor, wenn Salz zugesetzt worden sei. Ein bestimmter Grenzwert zur Abgrenzung zwischen den Positionen 0304 und 0305 KN sei den einschlägigen Vorschriften nicht zu entnehmen. Die zum 06.05.2014 eingefügte Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3, die derartige Regelungen enthalte, sei ausschließlich auf Kabeljaufilets anwendbar. Ein objektiv nachweisbarer Zusatz von Salz in Fischfilets führe daher zur Einreihung als gesalzenes Fischfilet. Auch das Max Rubner-Institut in Hamburg und das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven verwendeten dieses Kriterium zur Unterscheidung von gesalzenem und nicht gesalzenem Fisch. Der natürliche Salzgehalt von Fischen liege immer deutlich unter 1 Gewichtshundertteil (GHT). Daher sei Fisch mit einem höheren Salzgehalt immer gesalzen. Anders als die Klägerin meine, könne die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN nicht analog auf Meerbarben angewandt werden, weil dort ausdrücklich nur Kabeljaufilets genannt seien.

8

Mit Schreiben vom 24.02.2016 hielt das BWZ Hamburg an seiner Einreihungsauffassung fest: Die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN gelte ausdrücklich nur für Kabeljau. Die dort aufgeführten Regelungen zur Konservierung seien daher auch nicht auf die Einreihung von Meerbarbenfilets übertragbar. Das Salzen i. S. d. Kapitels 3 KN sei keine weitergehende Zubereitung. Die Zugabe einer geringen Menge Zucker sei sowohl in der Position 0304 (Erläuterungen zur Position 0304 HS Rz. 11.0) als auch in der Position 0305 (Erläuterungen zur Position 0305 HS Rn. 05.0) zugelassen und führe nicht zu einer anderen Einreihung.

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Mit Schreiben vom 31.03.2016 nahm die Klägerin erneut Stellung. In der Zusätzlichen Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN, die mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 388/2014 eingefügt worden sei, komme ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck. Die Verordnung stelle für die Einreihung von gefrorenen und gesalzenen Kabeljaufilets auf das Verfahren der Haltbarmachung ab. Dies stehe im Einklang mit dem Galster-Urteil des EuGH (Rs. 183/78), das sich bei der Einreihung von leicht getrocknetem und leicht geräuchertem Fleisch auf das gleiche Kriterium gestützt habe.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 08.06.2016 (RL ...) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Von der Position 0304 KN würden nur gefrorene Fischfilets mit einem natürlichen Salzgehalt erfasst, da im Wortlaut der Position "mit Zusatz von Salz" nicht aufgeführt sei. Ein zusätzliches Übergießen von frischen oder gekühlten Fischfilets mit Salzwasser sei nur dann erlaubt, wenn lediglich die Haltbarkeit des Fischfilets während des Transports gewährleistet werden solle (Erläuterungen zu 0304 HS, EZT-Nr. 09.0). Bei gefrorenen Fischen sei dies nicht extra aufgeführt (Erläuterung zur Position 0304 HS, EZT-Nr. 10.0, 11.0). Die Position 0305 KN erfasse dagegen gesalzene Fische. Ein bestimmter Salzgehalt als Grenzwert zur Abgrenzung zwischen den Position 0304 und 0305 KN sei nicht vorgesehen. Lediglich die zum 06.05.2014 eingefügte Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN enthalte derartige Regelungen, die jedoch ausschließlich für Kabeljaufilets gälten.

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Mit der am 28.06.2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Unstreitig handele es sich um einzeln gefrorene Fischfilets mit einem Gesamtkochsalzgehalt von 1,2 %. Die Haltbarmachung werde allein durch ihr Einfrieren erreicht. Daher sei die Ware in die Position 0304 KN einzureihen. Dies ergebe sich aus dem Galster-Urteil des EuGH, in dem es um die Abgrenzung zwischen frischem, gekühltem oder gefrorenem Fleisch (Tarif-Nr. 0201) einerseits und gesalzenem, getrocknetem oder geräuchertem Fleisch (Tarif-Nr. 0206) anderseits gegangen sei. Der EuGH habe klargestellt, dass es für die Abgrenzung zwischen den Tarif-Nummern 0201 und 0206 darauf ankomme, wodurch die Haltbarmachung des Fleisches erreicht werde. Zwar sei das Urteil zur Tarifierung von Fleisch, das sowohl leicht getrocknet als auch gefroren gewesen sei, ergangen. Es beruhe aber auf der grundsätzlichen Erwägung, dass es für die zolltarifliche Unterscheidung zwischen einem leicht getrockneten und einem gefrorenen Erzeugnis darauf ankomme, mit welchem Verfahren das Erzeugnis haltbar gemacht worden sei. Dieser Grundsatz sei auch auf die Tarifierung von Fischen und Fischfilets anzuwenden, was sich auch aus der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 388/2014 ergebe. Dort werde im 5. Erwägungsgrund auf das Galster-Urteil abgestellt. Hieraus schließe die Kommission im folgenden Erwägungsgrund, dass nur leicht gesalzener Kabeljau, der eingefroren werden müsse, damit er nicht verderbe, in die Position 0304 KN eingereiht werden müsse. Werde die Ware jedoch durch das Salz konserviert, solle der Kabeljau in die Position 0305 KN eingereiht werden. Aus der Bezugnahme auf das genannte EuGH-Urteil ergebe sich, dass die Abgrenzung nicht nur für Kabeljau gelte. Die Kommission habe bei Erlass der Verordnung (EU) Nr. 388/2014 offenbar nur Anlass gehabt, eine entsprechende Klarstellung für Kabeljaufilets vorzunehmen.

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Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2014 (Registrierkennzeichen XX-2) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.06.2016 (RL ...) aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Er beruft sich auf seinen vorgerichtlichen Vortrag. Ergänzend führt er nach dem Erörterungstermin vom 07.02.2018 aus, dass bei einer Übertragung der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN auf das Kapitel 3 KN offenbleibe, ob der in dieser Anmerkung 7 formulierte Grenzwert auch auf das Kapitel 3 KN übertragen werden könne.

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In der Entscheidung C-310/06 habe der EuGH festgestellt, dass es zum maßgeblichen Zeitpunkt keine Regelung in der KN gegeben habe, die die Einreihung von der Methode der Haltbarmachung abhängig mache. Auf das damals schon vorliegende Galster-Urteil sei der EuGH nicht eingegangen. Dies müsse man so deuten, dass die Methode der Haltbarmachung für die Beantwortung der Frage, ob eine Ware gesalzen sei, unerheblich sei. Die vom Beklagten vertretene Auffassung werde auch durch zwei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTAe) aus Belgien und Großbritannien gestützt. Dort sei gefrorener und geräucherter Schellfisch sowie geräucherter, gesalzener und tiefgefrorener Lachs in die Position 0305 KN eingereiht worden.

16

Auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 07.02.2018 wird ergänzend Bezug genommen.

17

Bei der Entscheidung hat die Sachakte des Beklagten (2 Hefter) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

18

Im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 47 der Akte) ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

II.

19

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.06.2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

20

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur festgelegt sind (EuGH, Urteil vom 20.11.2014, Rohm Semiconductor, C-666/13, Rn. 24; Urteil vom 17.07.2014, Sysmex, C-480/13, Rn. 29 m. w. N.; BFH, Beschluss vom 28.04.2014, VII R 48/13, juris Rn. 29). Darüber hinaus sind insbesondere die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur und die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (EuGH, Urteil vom 09.06.2016, MIS, C-288/15, Rn. 23; Beschluss vom 19.01.2005, SmithKline Beecham, C-206/03, Rn. 26; Urteil vom 20.11.2014, Rohm Semiconductor, C-666/13, Rn. 25; Urteil vom 17.07.2014, Sysmex, C-480/13, Rn. 30 m. w. N.; BFH, Urteil vom 04.11.2003, VII R 58/02, juris Rn. 9; Urteil vom 30.07.2003, VII R 40/01, juris Rn. 12). Da die Erläuterungen zum HS völkerrechtliches Soft law sind, das nicht ins Unionsrecht transformiert wurde, und Deutsch keine Vertragssprache des HS-Übereinkommens ist, sind sie lediglich in den Vertragssprachen Englisch und Französisch authentisch (hierzu Bender, ZfZ 2016, 30, 31). Nach der Allgemeinen Vorschrift (AV) 3a S. 1 KN geht für den Fall, dass für die Einreihung von Waren mehrere Positionen in Betracht kommen, die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor.

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Da die Einfuhr der Ware am 30.04.2012 erfolgte, sind die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23.07.1987 (ABl. EG L 256/1; Kombinierte Nomenklatur - KN) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 (ABl. EU 2011 L 282/1) sowie die zu diesem Zeitpunkt anwendbaren Erläuterungen maßgeblich. Nach diesen Maßstäben kommen im vorliegenden Fall vom Wortlaut her mehrere Unterpositionen in Betracht (dazu 1.). Aus der Struktur und Systematik des Kapitels 2 KN ergibt sich jedoch, dass Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse (im Folgenden: Fleisch) des Kapitels 2 KN nur dann als "gesalzen" gelten, wenn sie durch das Salzen langfristig haltbar gemacht werden (dazu 2.). Diese Auslegung des Begriffs "gesalzen" ist auf das Kapitel 3 KN übertragbar (dazu 3.). Die Begründung der Zusätzlichen Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN bestätigt dies (dazu 4.). Die weiteren vom Beklagten vorgebrachten Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis (dazu 5.).

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1. Nach dem Wortlaut der maßgeblichen Unterpositionen (AV 1 S. 1 und AV 6 KN) kommt sowohl die Unterposition 0304 8990 KN als auch die Unterposition 0305 3990 KN in Betracht. Die erstgenannte Unterposition erfasst "gefrorene Filets von anderen Fischen". Der Begriff "gefroren" bedeutet nach den Erläuterungen zum Kapitel 3 HS, dass die Ware vollständig auf eine Temperatur unterhalb ihres Gefrierpunkts abgekühlt worden ist (vgl. EZT-Nr. 02.0). Unstreitig trifft dies auf die Meerbarbenfilets, andere Fische im Sinne der Unterposition, zu. Allerdings sind die Filets auch gesalzen, und weder der Wortlaut noch die Struktur dieser Unterposition sehen ihre Anwendung auf gesalzene Fischfilets vor oder schließen sie aus (so ausdrücklich EuGH, Urt. vom 18.07.2007, FTS International, C-310/06, Rn. 29, zu gefrorenem und gesalzenem Geflügelfleisch im Hinblick auf die Position 0207 KN, die "Fleisch [...] frisch, gekühlt oder gefroren" erfasst).

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Die Unterposition 0305 3990 KN erfasst "andere Fischfilets, getrocknet, gesalzen oder in Salzlake, jedoch nicht geräuchert". Weder die KN noch das HS definieren, wann eine Ware gesalzen ist. Die Erläuterungen zur Position 0305 HS (EZT-Nr. 01.1-04.0) zählen lediglich die verschiedenen Verfahren der Haltbarmachung auf, zu denen auch das Salzen gehört. Damit geben der Wortlaut und die Struktur auch dieser Unterposition keine eindeutige Antwort darauf, ob Fischfilets, die gefroren und gesalzen sind, von dieser Unterposition erfasst oder ausgeschlossen werden. Hieraus folgt zunächst, dass die vom Beklagten vertretene Auffassung, nach der gefrorene Fischfilets, deren Salzgehalt über der natürlichen Grenze liegt, allein wegen dieses Umstands als gesalzene Fische anzusehen seien, keine Stütze in der Kombinierten Nomenklatur findet. Der künstlich erhöhte Salzgehalt der Fischfilets führt allein dazu, dass sie als gesalzen charakterisiert werden können. Da sie jedoch genauso gefroren sind, kann der Umstand des Salzens allein keinen tarifierungsrechtlichen Vorrang der Position 0305 KN begründen.

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Vor diesem Hintergrund richtet sich die Einreihung nach der AV 3a S. 1 KN. Sie wird nicht gemäß AV 3a S. 2 KN für unanwendbar erklärt, weil sich die hier in Betracht kommenden Positionen nicht nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe beziehen. Zwar bezieht sich die Position 0305 KN auf einen in der Ware enthaltenen Stoff - das Salz. Die Position 0304 KN dagegen bezieht sich nicht auf einen anderen Stoff, sondern den Aggregatszustand der Ware. Demnach ist gemäß der AV 3a S. 1 KN die Position mit der genaueren Warenbezeichnung zu identifizieren. Im ersten Zugriff führt die Anwendung dieser Konfliktlösungsregel zu keinem eindeutigen Ergebnis, weil weder das Wort "gefroren" (Unterposition 0304 8990 KN) noch das Wort "gesalzen" (Unterposition 0305 3990 KN) eine Ware, die gefroren und gesalzen ist, genauer bestimmt als das jeweils andere. Gleichwohl muss nicht auf die AV 3b oder 3c zurückgegriffen werden, weil es möglich ist, den Bedeutungsgehalt des Begriffs "gesalzen" im Sinne der Position 0305 KN näher zu bestimmen, so dass eine eindeutige Zuordnung der Meerbarbenfilets möglich ist.

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2. Aus der Struktur und Systematik des Kapitels 2 KN, insbesondere der Entwicklung der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN, ergibt sich, dass Waren des Kapitels 2 KN im Grundsatz nur dann als "gesalzen" gelten, wenn sie durch das Salzen langfristig haltbar gemacht worden sind. Dies ergibt sich aus Folgendem:
1994 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 535/94 (ABl. EG 1994 L 68/15) eine Zusätzliche Anmerkung 8 zu Kapitel 2 KN eingefügt. Sie lautet:
Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse gelten nur dann als "gesalzen oder in Salzlake" im Sinne der Position 0210, wenn sie tiefgehend und in allen Teilen gleichmäßig so gesalzen sind, daß sie einen Gesamtkochsalzgehalt von 1,2 GHT oder mehr aufweisen.

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Nach dieser Fassung der Anmerkung war Fleisch schon dann in die Position 0210 KN einzureihen, wenn sein Salzgehalt einen bestimmten Schwellenwert überstieg. Ob der Salzgehalt zur langfristigen Haltbarmachung führte, war unerheblich.

27

Diese Zusätzliche Anmerkung, die 1995 die Ordnungsnummer 7 erhalten hatte (siehe 2. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1871/2003), erhielt durch die Verordnung (EG) Nr. 1871/2003 (ABl. EG 2003 L 275/5) den folgenden Zusatz:
vorausgesetzt, die langfristige Haltbarkeit wird durch das Salzen gewährleistet.
Somit war die Überschreitung eines Mindestsalzgehalts nur noch eine notwendige, keine hinreichende Voraussetzung dafür, Fleisch als gesalzen einzureihen. Zusätzlich war erforderlich, dass die langfristige Konservierung durch das Salz erreicht wurde.

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2006 schließlich wurde die Zusätzliche Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN durch die Verordnung (EG) Nr. 949/2006 (ABl. EG 2006 L 174/3) um einen Satz 2 erweitert, der eine Sonderregel für Waren der Unterposition 0210 99 KN - eine Auffangposition, die insbesondere Geflügelfleisch erfasst - enthält. Nur für diese Unterposition reicht es aus, dass das Fleisch einen bestimmten Mindestsalzgehalt überschreitet; ob das Salz zur langfristigen Haltbarmachung dient, ist unerheblich. Diese Änderung der Anmerkung diente der Umsetzung der Entscheidung des WTO-Streitschlichtungsgremiums (DSB) in der Sache EC - Customs Classification of Frozen Boneless Chicken Cuts (WTO Appellate Body Report vom 12.09.2005, WT/DS269/AB/R und WT/DS286/AB/R, angenommen vom DSB am 27.09.2005), mit der die EU verpflichtet wurde, Hähnchenteile mit einem Kochsalzgehalt von 1,2-3 % in die Position 0210 KN einzureihen (WTO Appellate Body Report, EC - Chicken Cuts, Ziff. 347 (c) (i); 4. und 6. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 949/2006). Im Hinblick auf alle übrigen gesalzenen Fleischwaren blieb es bei dem - nunmehr im neuen Satz 1 der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN geregelten - Erfordernis der langfristigen Haltbarmachung. Hieraus ist im Umkehrschluss zu folgern, dass die KN nur im Hinblick auf die Unterposition 0210 99 eine Sonderregel erlassen wollte - oder genauer: musste -, im Übrigen aber am Erfordernis der Haltbarmachung festhalten wollte.

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3. Diese Auslegung des Begriffs "gesalzen", die in Satz 1 der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN zum Ausdruck kommt, ist auf das Kapitel 3 KN übertragbar. Die EU hat das Erfordernis der langfristigen Haltbarmachung im Kapitel 2 KN nämlich aus der Struktur von Kapitel 2 HS abgeleitet. Da das Kapitel 3 HS dieselbe Struktur aufweist, muss der Begriff "gesalzen" im Sinne der Position 0305 KN im Wege der völkerrechtskonformen Auslegung ebenso interpretiert werden (dazu 3.1). Völkerrechtlich ist die EU gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. 2 des HS-Übereinkommens (ABI. EU 1987 L 198/1) nämlich verpflichtet, "[...] die Tragweite der Abschnitte, Kapitel, Positionen oder Unterpositionen des Harmonisierten Systems nicht zu verändern" (hierzu Bender, ZfZ 2016, 30, 32 m. w. N.). Auch das unionsrechtliche Kohärenzprinzip streitet für dieses Ergebnis (dazu 3.2). Im Einzelnen:

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3.1 Zur Begründung der Ergänzung der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN, nach der die langfristige Haltbarkeit durch das Salzen gewährleistet werden müsse, führte die Kommission in der Verordnung (EG) Nr. 1871/2003 aus (Hervorhebung hinzugefügt):
(3) Die Einreihung in Kapitel 2 der Kombinierten Nomenklatur ist vor allem davon abhängig, durch welches Verfahren die langfristige Haltbarkeit einer gegebenen Ware gewährleistet wird. In der Erläuterung zum Harmonisierten System zu Kapitel 2 wird unter "Allgemeines" die Struktur dieses Kapitels beschrieben. Zu Kapitel 2 gehören nicht gegartes Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnisse, entweder frisch oder gekühlt oder einem der verschiedenen Verfahren für langfristige Haltbarkeit unterzogen, d. h. nicht gegartes Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse, die gefroren, gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert sind.
(4) Gemäß der oben genannten Erläuterung wird frisches Fleisch auch dann als solches eingereiht, wenn es zum Zwecke der vorläufigen Haltbarmachung während des Transports mit Salz bestreut wird. Diese Argumentation gilt auch für gefrorenes Fleisch, wohingegen jedes andere Fleisch, dem Salz hinzugefügt wurde, als gesalzenes Fleisch der Position 0210 zu betrachten wäre. Für die Zwecke der Position 0210 muss ein ausreichendes Salzen für eine langfristige Haltbarmachung statt für reine Transportzwecke vorliegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die anderen in Position 0210 aufgeführten Verfahren, z. B. Einlegen in Salzlake, Trocknen oder Räuchern, für die langfristige Haltbarkeit und nicht für die zeitlich befristete Konservierung während des Transports bestimmt sind.

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Diese Erwägungen sind auf das Kapitel 3 HS, das dem Kapitel 3 KN entspricht, zu übertragen: Auch die Einreihung in Kapitel 3 HS ist davon abhängig, durch welches Verfahren die langfristige Haltbarkeit einer Ware gewährleistet wird. In den Erläuterungen zum Kapitel 3 HS werden einerseits die Begriffe "gekühlt" und "gefroren" definiert (EZT-Nr. 02.0) und andererseits - bei der Abgrenzung zu Waren des Kapitel 16 HS - klargestellt, dass Waren zum Kapitel 16 HS gehören, wenn sie durch andere als im Kapitel 3 vorgesehene Verfahren, also insbesondere das Salzen, zubereitet oder haltbar gemacht worden sind (EZT-Nr. 05.6).

32

Aus der Gegenüberstellung der einzelnen Positionen von Kapitel 2 und Kapitel 3 KN (Bl. 49 der Akte) ergibt sich ebenfalls die vergleichbare Struktur beider Kapitel. So wird jeweils zwischen frischen, gekühlten oder gefrorenen Waren (z. B. Position 0203 und 0304 KN) und gesalzenen, in Salzlake eingelegten, getrockneten oder geräucherten Waren (z. B. Position 0210 und 0305 KN) unterschieden. Wie im Kapitel 2 KN (Positionen 0209, 0210 KN) wird das Salzen immer im Zusammenhang mit anderen Verfahren der langfristigen Haltbarmachung, nämlich dem Trocknen, Räuchern und Einlegen in Salzlake, genannt (Positionen 0305, 0306, 0307,0308 KN).

33

Nach den Erläuterungen zur Position 0304 HS (EZT-Nr. 09.0) wird - wie bei den Erläuterungen zum frischen Fleisch des Kapitels 2 HS (EZT-Nr. 18.0) - frischer Fisch auch dann als solcher eingereiht, wenn er zum Zwecke der Haltbarmachung während des Transports mit Salz bestreut oder mit Salzwasser übergossen wurde (EZT-Nr. 09.0). Für gefrorenen Fisch enthalten die Erläuterungen zur Position 0304 HS (EZT-Nr. 10.0) - genau wie für Fleisch in den Erläuterungen zum Kapitel 2 HS (EZT-Nr. 20.0) - lediglich den Hinweis, dass er vollständig unter den Gefrierpunkt abgekühlt sein muss.

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Dass es für die Lösung eines Tarifierungskonflikts zwischen gesalzenen und gefrorenen Waren im Kapitel 3 HS auf eine qualitative Betrachtung ankommt, ergibt sich auch aus den Erläuterungen zur Position 0305 HS. Danach bleiben (heiß)geräucherte Fische, die weiter zubereitet wurden, in dieser Position, wenn sie durch die Zubereitungsschritte nicht den Charakter als geräucherte Fische verlieren (EZT-Nr. 08.0).

35

Wie es im 4. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1871/2003 aus der Struktur des Kapitels 2 HS heraus für Fleisch getan wird, muss man daher für Fisch aus der Struktur des Kapitels 3 HS ebenfalls den Schluss ziehen, dass für die Zwecke der Position 0305 KN ein Salzen für eine langfristige Haltbarmachung und nicht nur für reine Transportzwecke vorliegen muss. Genau wie beim Fleisch - so ebenfalls der 4. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1871/2003 und der Vortrag der EU im Verfahren EC - Chicken Cuts (Appellate Body Report, Ziff. 202) - ist beim Fisch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die übrigen in der Position 0305 KN aufgeführten Behandlungen, z. B. Einlegen in Salzlake, Trocknen oder Räuchern, für die langfristige Haltbarkeit und nicht für die zeitlich befristete Konservierung während des Transports bestimmt sind.

36

Ein weiteres systematisches Argument dafür, dass Lebensmittel - vorbehaltlich einer anderen Regelung - nur dann als gesalzen gelten, wenn sie hierdurch langfristig haltbar gemacht werden, ergibt der Umkehrschluss aus der Position 0814 0000 KN. Hierzu gehören nämlich Schalen von Zitrusfrüchten oder von Melonen [...], frisch, gefroren, getrocknet oder zum vorläufigen Haltbarmachen in Salzlake [...] eingelegt. Wenn es nicht den Grundsatz gäbe, dass eine Ware nur dann als in Salzlake eingelegt (oder als gesalzen) gilt, wenn sie dadurch langfristig haltbar gemacht wird, hätte im Positionswortlaut nicht erwähnt werden müssen, dass in diesem Fall das Einlegen in Salzlake der vorläufigen Haltbarmachung dient.

37

Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass nur das in der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN S. 1 zum Ausdruck kommende Erfordernis, dass das Salzen zur langfristigen Haltbarmachung führen muss, auf die Position 0305 KN übertragen werden kann. Der konkrete Salzgehalt, der für Fleisch in dieser Anmerkung genannt ist, wäre nicht übertragbar, da es von der Gewebezusammensetzung abhängt, ab welchem Salzgehalt eine bestimmte Art Fleisch oder Fisch langfristig konserviert wird. Die Unmöglichkeit, konkrete für Fleisch festgesetzte Mindestsalzgehalte auf Fisch anzuwenden, steht der Anwendung des Begriffsverständnisses von "gesalzen" im Sinne des Kapitels 2 KN als Vorgang, der zur langfristigen Haltbarmachung führt, auf die Position 0305 KN nicht entgegen. Angesichts des Fehlens eines konkreten Salzgehalts, der mit Wirkung vom 06.05.2014 nur für Kabeljaufilets existiert, ist eine Ware dann im Sinne der Position 0305 KN gesalzen, wenn das Salzen - unabhängig vom konkreten Salzgehalt - zur langfristigen Haltbarmachung führt.

38

3.2 Neben der Pflicht, zwei unionsrechtliche Vorschriften (Position 0210 KN und 0305 KN), die der Umsetzung zweier gleich strukturierter völkerrechtlicher Grundlagen (Kapitel 2 und Kapitel 3 HS) dienen, gleich auszulegen, ergibt sich die hier vertretene Auslegung der Position 0305 KN auch aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der Kohärenz des Unionsrechts (vgl. Art. 7 AEUV). Da dieser Grundsatz der Zersplitterung einer Rechtsordnung entgegenwirken soll (Schorkopf, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim [Hrsg.], Das Recht der Europäischen Union, 51. EL Sept. 2013, Art. 7 AEUV Rn. 9), gebietet er eine Auslegung des Unionsrechts, bei der Begriffe möglichst einheitlich ausgelegt werden (siehe das Urteil des EuGH vom 28.02.2013, Jaramillo, C-334/12, in dem es um die einheitliche Auslegung des prozessrechtlichen Begriffs "angemessene Frist" ging), soweit sich aus dem anzuwendenden Recht nicht eine abweichende Begriffsbildung ableiten lässt. Da sich dem Kapitel 3 KN kein fischspezifischer Salzungsbegriff entnehmen lässt, steht der Anwendung dieses Grundsatzes nichts im Wege (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 19.07.2017, 4 K 161/15, juris Rn. 79).

39

4. Die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN stützt die hier vertretene Auffassung. Sie ist zwar auf den vorliegenden Fall zeitlich nicht anwendbar (dazu 4.1). Ihre Begründung belegt jedoch, dass die KN sich hinsichtlich des Salzungsbegriffs im Kapitel 3 KN am Kapitel 2 KN orientiert (dazu 4.2).

40

4.1 Die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN (im Folgenden: Kabeljau-Anmerkung), die durch Art. 1 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 388/2014 vom 10.04.2014 (ABl. EU L 113/17 vom 16.04.2014) eingeführt wurde, lautet:
Für die Zwecke der Unterpositionen 0305 32 11 und 0305 32 19 gelten Kabeljaufilets [...] mit einem Gesamtsalzgehalt von 12 GHT oder mehr, die ohne weitere Verarbeitung für den menschlichen Verzehr geeignet sind, als gesalzener Fisch.
Gefrorene Kabeljaufilets mit einem Gesamtsalzgehalt von weniger als 12 GHT sind in die Unterpositionen 0304 71 10 und 0304 71 90 einzureihen, insofern als die tatsächliche und dauerhafte Konservierung im Wesentlichen vom Einfrieren abhängt.

41

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH sind Erläuterungen zur KN nur zu berücksichtigen, wenn sie im maßgeblichen Zeitpunkt schon in Kraft getreten sind (EuGH, Urteil vom 08.04.1976, Merkur-Außenhandel, 106/75, Rn. 4; Urteil vom 09.08.1994, Stanner, C-393/93, Rn. 19; Urteil vom 22.05.2008, Ecco, C-165/07, Rn. 40; BFH, Urteil vom 30.08.1988, VII R 178/85, juris Rn. 12; FG Hamburg, Beschluss vom 19.07.2017, 4 K 161/15, juris Rn. 54). Diese Rechtsprechung ist auf Anmerkungen zur KN anwendbar, da beide der Auslegung der allein maßgeblichen Positionswortlaute dienen und auf dieselbe Rechtsgrundlage - Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 - gestützt werden (EuGH, Urteil vom 18.07.2007, FTS International, C-310/06, Rn. 11, 23 wendet die im Einfuhrzeitpunkt geltende Fassung der im dortigen Rechtsbehelfsverfahren mehrfach geänderten Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN an).

42

Da die Einfuhr der Meerbarbenfilets, für die Zoll nacherhoben worden ist, im April 2012 stattfand, die Kabeljau-Anmerkung jedoch gemäß Art. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 388/2014 erst am 06.05.2014 in Kraft trat, ist sie auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

43

4.2 Die Begründung der Kabeljau-Anmerkung stützt die hier vertretene Auffassung. Sie lautet auszugsweise (Hervorhebung hinzugefügt):
(1) Nur leicht gesalzene Kabeljaufilets (meist mit einem Gesamtsalzgehalt um 2 GHT, in jedem Fall aber unter 12 GHT) weisen insofern unterschiedliche objektive Merkmale auf, als die tatsächliche und dauerhafte Konservierung im Wesentlichen von einem zusätzlichen externen Vorgang wie dem Einfrieren abhängt.
(2) Um eine einheitliche Anwendung der Kombinierten Nomenklatur sicherzustellen, sollte die Einreihung von gefrorenen und gesalzenen Kabeljaufilets [...] daher davon abhängen, mit welchem Verfahren das Erzeugnis haltbar gemacht wurde. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, der sich bei der Einreihung von leicht getrocknetem und leicht geräuchertem Fleisch auf das gleiche Kriterium stützte (2).
(2) Urteil vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 183/78, Galster/Hauptzollamt Hamburg-Jonas (Slg. 1979, S. 2003).

44

Der EuGH musste in dem Galster-Urteil vom 31.05.1979 (Rs.183/78), das in der Fußnote 2 der Erwägungsgründe der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 388/2014 genannt wird, entscheiden, ob leicht getrocknetes Fleisch, das tiefgefroren wurde, als leicht getrocknetes Fleisch im Sinne der Tarifstelle 02.06 BI b GZT ("leicht getrocknete oder leicht geräucherte" Schinken) oder als gefrorenes Fleisch im Sinne der Tarifnummer 02.01 GZT ("Fleisch... frisch, gekühlt oder gefroren") einzureihen ist. Die Erläuterung zu Tarifstelle 02.06 BI b GZT legte fest, dass "Fleisch, dem teilweise Wasser entzogen worden ist, dessen Haltbarmachung jedoch durch Tiefkühlung erreicht wird [...] zur Tarifnummer 02.01 [gehört]". Hieraus folgerte der EuGH, dass das entscheidende Kriterium für die Tarifierung von leicht getrockneten oder leicht geräucherten Erzeugnissen darin besteht, ob und inwieweit die leichte Trocknung oder das leichte Räuchern geeignet ist, das Fleisch haltbar zu machen (Rn. 13 des Urteils). Die Europäische Kommission hat mit der Bezugnahme in der Begründung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 388/2014 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Erwägungen der Galster-Entscheidung auch für Fisch - in concreto: Kabeljau - für anwendbar hält.

45

Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass die Kabeljau-Anmerkung im Hinblick auf die Bedeutung des Verfahrens der langfristigen oder dauerhaften Haltbarmachung - die Begriffe werden jeweils in der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN und der Zusätzlichen Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN synonym verwendet - für die Einreihung eine Sonderregel für Kabeljau darstellt und somit die Bezugnahme auf die Galster-Entscheidung nur für diesen Fisch, nicht jedoch für Meerbarben gilt. Es gibt nämlich keinen nachvollziehbaren Grund, warum man diesbezüglich Kabeljau anders behandeln sollte, als alle anderen Fische. Viel näher liegt es, die Kabeljau-Anmerkung als Spezialregelung im Hinblick auf den Mindestsalzgehalt zu sehen, den dieser Fisch haben muss, um als gesalzen zu gelten. Dass die Europäische Kommission nur eine Regel für Kabeljau erlassen hat, liegt daran, dass Gegenstand der Erörterungen im ZK-Komitee die "zolltarifrechtliche Einreihung von gesalzenen und gefrorenen Kabeljaufilets" war. Dies ging darauf zurück, dass eine spanische vZTA zur Einreihung von Kabeljau angefochten worden war (YY... und Prot. 106. Sitzung des ZK-Komitees v. 6.-8.3.2013, S. 17).

46

5. Anders als der Beklagte meint, steht das Urteil des EuGH vom 18.07.2007 in der Rs. C-310/06, FTS International, in dem es um die Abgrenzung zwischen frischem und gesalzenem Geflügelfleisch ging, der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Dort hatte der EuGH zwar die Auffassung der Kommission, dass die Position 0210 KN Fleisch vorbehalten sei, dem Salz zum Zwecke der Haltbarmachung zugefügt worden sei (Rn. 32 des Urteils), mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass keine Bestimmung der KN die Einreihung in die Position 0210 KN hiervon abhängig mache (Rn. 33 des Urteils). Auf den ersten Blick stützt diese Aussage die Rechtsansicht des Beklagten, weil es auch im Kapitel 3 KN keine ausdrückliche Regelung gibt, die den Begriff "gesalzen" umschreibt. Da der EuGH immer Einzelfälle entscheidet, kann man jedoch nur in den seltensten Fällen aus seinen Äußerungen Umkehrschlüsse für andere Verfahren ziehen. So ist dies auch hier nicht möglich. Im Verfahren FTS International lehnte der EuGH die Auffassung der Kommission ab, dass das Salzen der dauerhaften Haltbarmachung dienen müsse (Rn. 32), weil es eine ausdrückliche Regelung gab, die dieser Auslegung entgegenstand. Die Zusätzliche Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN in der damaligen Fassung machte die Einreihung als gesalzenes Hühnerfleisch nämlich lediglich von einem bestimmten Kochsalzgehalt des Fleisches abhängig (Rn. 23). Die Rn. 33 des Urteils ist damit als Hinweis auf die Zusätzliche Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN zu verstehen, die der Auffassung der Kommission ausdrücklich entgegenstand. Der vorliegende Fall liegt anders. Es gibt überhaupt keine ausdrückliche Regelung zur Definition des Begriffs "gesalzen" im Sinne der Position 0305 KN, die auf den Rechtsstreit anwendbar wäre. Der Bedeutungsgehalt des Begriffs ergibt sich vielmehr - wie dargelegt - im Wege einer systematischen Auslegung.

47

Es widerspricht der hier vertretenen Ansicht auch nicht, dass sich der EuGH in der Entscheidung FTS International nicht auf die Entscheidung Galster (siehe oben 4.2) stützte. Hierzu bestand nämlich kein Anlass, weil die Zusätzliche Anmerkung 7 zu Kapitel 2 KN in der seinerzeit geltenden Fassung eine ausdrückliche Regelung dazu enthielt, wann Fleisch als gesalzen im Sinne der Position 0210 KN zu gelten hat.

48

Die beiden vom Beklagten vorgelegten vZTAe aus Belgien und Großbritannien, die für den Senat nicht bindend sind, führen zu keiner anderen Einschätzung. Zum einen ist nicht bekannt, in welchem Umfang die darin eingereihten Fische geräuchert und/oder gesalzen sind. Zum anderen sind sie vor Einfügung der Zusätzlichen Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN ergangen. Schließlich werden in der Stellungnahme des Bundesverbandes der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels e.V. vom 11.05.2011, die der Beklagte übermittelt hat, vZTAe aus den Niederlanden und Dänemark erwähnt, die auf eine andere Einreihungspraxis hindeuten könnten.

49

6. Da die Meerbarbenfilets - was seit dem Erörterungstermin unstreitig ist - allein durch das Einfrieren langfristig haltbar gemacht werden, sind sie trotz des leichten künstlichen Salzgehalts nicht als gesalzen im Sinne der Position 0305 KN anzusehen. Die auf dieser Einreihung fußende Nacherhebung von Einfuhrabgaben findet daher keine Stütze in der Kombinierten Nomenklatur. Die Meerbarbenfilets werden daher tarifrechtlich als "gefrorene Filets von anderen Fischen" in die Unterposition 0304 8990 KN betrachtet, so dass es bei der ursprünglichen Abgabenfestsetzung bleibt.

50

7. Der Senat sieht davon ab, die hier inmitten stehende Rechtsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Da im hier maßgeblichen Zeitpunkt die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 3 KN noch nicht in Kraft war, kann nicht erwartet werden, dass der EuGH sich zur Bedeutung dieser Anmerkung für die Abgrenzung zwischen den Positionen 0304 KN und 0305 KN verhält.

III.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 151 Abs. 3, 155 S. 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Apr. 2014 - VII R 48/13

bei uns veröffentlicht am 28.04.2014

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Zugleich beantragte sie die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 des Zollkodex (ZK) und meldete die Waren unter der Unterpos. 6109 10 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) für T-Shirts an. Die Zollstelle nahm die Anträge an und fertigte die Waren antragsgemäß ab. Bei stichprobenhaften Beschaffenheitsbeschauen, die u.a. auch die hier zu beurteilenden Sendungen erfassten, hatte das Zollamt keine anderen Waren als T-Shirts festgestellt.

2

Eine Zollprüfung des Prüfungsdienstes des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) im Jahr 2012 bei der Klägerin ergab, dass die Sendungen als "Nylon Tricot Legging", "Nylon Tricot High-Waist Legging", "Printet Nylon Legging", "Shiny Legging" und "Shiny High-Waist Legging" bezeichnete Waren enthielten.

3

Bei diesen Waren handelte es sich um Bekleidungsstücke, die zu 100 % aus synthetischen Chemiefasern gewirkt waren. Die in Größen für Erwachsene konfektionierten Bekleidungsstücke waren hosenähnlich und wiesen knöchellange Beine ohne Fußteile auf. Sie hatten einen die Taille abschließenden elastischen Bund in unterschiedlicher Breite (2,5 bis 12,7 cm). An den Kleidungsstücken waren vorn weder eine Öffnung noch ein Verschluss, aber Nähte an den Innenseiten der Beine vorhanden. Merkmale, die auf einen bestimmten Trägerkreis hinwiesen, waren nicht feststellbar. Die Bekleidungsstücke konnten ohne Weiteres als eine lange, den Unterkörper bedeckende Hose getragen werden.

4

Der Prüfungsdienst reihte diese Waren in die Unterpos. 6104 63 00 KN ein und stellte fest, dass sich daraus neben dem Zollsatz von 12 % ein Zusatzzoll von weiteren 15 % ergebe. Das HZA folgte den Feststellungen und erhob von der Klägerin Einfuhrabgaben nach, in welchen --neben hier unstreitigen, auf fehlerhaften Zollwerten beruhenden, zu- und abgerechneten Zollbeträgen-- ein Zusatzzoll enthalten war.

5

Einspruch und Klage, mit welchen die Klägerin die Einreihung der Leggings in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise in die Unterpos. 6115 21 KN beanspruchte und geltend machte, der auf der Verordnung (EG) Nr. 673/2005 (VO Nr. 673/2005) des Rates vom 25. April 2005 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 110/1) beruhende Zusatzzoll sei auf die zutreffende Tarifposition nicht anwendbar, im Übrigen sei bei einer Einreihung auf Antrag nach Art. 81 ZK nur die Anwendung des in der KN vorgesehenen höchsten Zollsatzes gestattet, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der für die Nacherhebung der Zollschuld nach Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK maßgebliche Zollsatz ergebe sich nach Art. 20 Abs. 1 ZK aus dem Zolltarif, im Streitfall aus der VO Nr. 673/2005 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 317/2009 (VO Nr. 317/2009) der Kommission vom 17. April 2009 (ABlEU Nr. L 100/6), einer sonstigen Gemeinschaftsregelung i.S. des Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK, die für Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN einen Zusatzzoll von 15 % des Wertes der eingeführten Waren vorsehe. Bei den streitgegenständlichen Leggings handele es sich um lange Hosen, aus Gewirken und Gestricken, für Frauen und Mädchen, die in die Pos. 6104 KN und innerhalb dieser Position aufgrund der synthetischen Spinnstoffe, aus denen sie bestehen, in die Unterpos. 6104 63 00 KN einzureihen seien.

6

Sie seien nicht als Waren der Pos. 6406 KN oder der Pos. 6115 KN einzureihen. Unter die Pos. 6406 KN fielen --u.a.-- Gamaschen und ähnliche Waren, aber keine hosenähnlichen Waren. Das ergebe sich auch aus den für die Auslegung maßgeblichen französischen und englischen Fassungen. Nach den Warenbezeichnungen in französischer Sprache handelt es sich bei "guêtres" um Gamaschen und Halbgamaschen, und bei "jambières" um Beinschienen, Beinschützer, Beinschutz, Gamaschen, sog. Legwarmer und Stulpen. In der englischen Fassung fänden sich neben "gaiters", das sind Stulpen oder Gamaschen, zwar "leggings and similar articles". Auch diese Bezeichnungen ließen aber nicht erkennen, dass die darunter fallenden Waren hosenähnlich sein dürften, nämlich ein zwei miteinander verbundenes, beide Beine und den Unterkörper bedeckendes Kleidungsstück sein könnten. Der Begriff "leggings" habe im Englischen zwei Bedeutungen: Zum einen bezeichne er gamaschenähnliche Kleidungsstücke, zum anderen sehr eng geschnittene Hosen für Frauen und Kinder. Letztere würden aber nicht von der Pos. 6406 KN erfasst. Dies ergebe sich aus dem Vergleich mit den übrigen, von der Position erfassten Waren. Auch die Entwicklung der Pos. 6406 KN bestätige diese Auslegung. Vor dem Beitritt Großbritanniens sei die heutige Pos. 6406 in den Tarifnummern 64.05 für Schuhteile und 64.06 für Gamaschen, Schienbeinschützer und ähnliche Waren sowie Teile davon (Verordnung (EWG) Nr. 950/68 --VO Nr. 950/68-- des Rates vom 28. Juni 1968 über den gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 172/1) erfasst gewesen; auf Französisch "Guêtres, jambières, molletières, protège-tibias et articles similaires et leurs parties". Die inhaltlich unveränderten Tarifnummern seien dann in der englischen Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs (VO (EWG) Nr. 1/73 des Rates vom 19. Dezember 1972, ABlEG Nr. L 1/1) als "Gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof" übersetzt worden. Eine inhaltliche Änderung der Tarifnummer mit dem Ziel der Einbeziehung von Damenhosen sei damit nicht verbunden gewesen, unter Leggings seien nur Kleidungsstücke zu verstehen, die ein Bein ganz oder teilweise bedeckten, aber nicht miteinander verbunden seien.

7

Auch in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 6406 KN Rz 14.0 würden die in der Klammer als Leggings bezeichneten Waren als Beinlinge, also nicht als Hosen oder hosenähnliche Kleidungsstücke beschrieben.

8

Bei den als Leggings bezeichneten Waren handele es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN. Eine Strumpfhose sei eine aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte Unterleibsbekleidung. Dazu gehörten die streitgegenständlichen Waren jedoch nicht.

9

Das HZA sei auch berechtigt gewesen, in dem der Klägerin auf ihren Antrag bewilligten Verfahren nach Art. 81 ZK die Zollbelastung für alle Sendungen nach der höchsten Einfuhrabgabenbelastung, also mit dem Zusatzzoll nach der VO Nr. 673/2005 zu ermitteln. Die Klägerin hätte die in ihrem eigenen Warenwirtschaftssystem zutreffend unter der Unterpos. 6104 63 00 KN erfassten Leggings gesondert anmelden können.

10

Von der Nacherhebung könne auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abgesehen werden. Es habe keine Warenbeschau gegeben, auf Grund derer die Klägerin davon habe ausgehen können, für die Leggings falle kein Zusatzzoll an.

11

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor: Die Leggings seien als "ähnliche Waren" wie Gamaschen in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise als "Strumpfhosen" in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

12

Für die Einreihung in die Pos. 6406 KN spreche die Verwendung des Begriffs "legging" in der englischen Sprachfassung und auch für das französische Wort "jambières" werde in Wörterbüchern als Synonym der Begriff "leggings" angegeben. Angesichts dieser eindeutigen Wortlaute habe das FG seine Auslegung nicht auf einen systematischen Vergleich der Ware mit den übrigen von der Position erfassten Waren stützen dürfen. Auf die Entwicklung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG dürfe zur Auslegung der KN nicht zurückgegriffen werden, da die KN nicht auf der VO Nr. 950/68, sondern auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren beruhe und sich im Übrigen --wie der gegenüber der Tarifnummer 64.06 ("gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof") verkürzte Wortlaut der Pos. 6406 KN ("gaiters, leggings and similar articles, and parts thereof") zeige-- die zolltarifliche Rechtslage gegenüber dem Gemeinsamen Zolltarif geändert habe.

13

Den Klammerzusatz "leggings" zum Begriff Beinlinge in den ErlHS zu Pos. 6406 Rz 14.0 interpretiere das FG falsch, er sei als Ausweitung des Begriffs "Beinlinge" auf hosenähnliche Beinkleider zu verstehen.

14

Hilfsweise seien die Leggings als Strumpfhosen in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

15

Die Klägerin hält im Übrigen die Anwendung des Zusatzzolls der VO Nr. 673/2005 gemäß Art. 81 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK auf sämtliche Waren der jeweiligen Sendung nicht für gerechtfertigt. Das FG verkenne, dass sich die VO Nr. 673/2005 und Art. 81 ZK widersprächen. Gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 finde der Zusatzzoll ausschließlich auf die in Anhang I genannten Waren Anwendung. Nur so sei gewährleistet, dass die zusätzlichen Zölle 72 % der jährlichen Auszahlungen der USA aus vereinnahmten Antidumping- und Ausgleichszöllen an die geschädigten US-amerikanischen Unternehmen nicht übersteigen, was nach der Entscheidung des Schiedsgerichts der World Trade Organisation (WTO) vom 31. August 2004 (WT/DS217/ARB/EEC) Bedingung für die Erhebung der zusätzlichen Zölle sei. Die bei Anwendung des Art. 81 ZK sich ergebende Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren, führe zu einer Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags. Bei der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung von Unionsrecht müsse der Zusatzzoll bei der Ermittlung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung der Waren einer Sendung nach Art. 81 ZK außer Betracht bleiben.

16

Außerdem sei die Zulassung der vereinfachten Einreihung nach Art. 81 ZK rechtswidrig gewesen, weil Aufwand und Kosten der Einzelanmeldungen angesichts der hohen Zollsätze für Textilien nicht außer Verhältnis zur Höhe der Einfuhrabgaben stünden. Auch deshalb sei die Anwendung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung rechtswidrig.

17

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einfuhrabgabenbescheid vom 16. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2013 aufzuheben.

18

Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

20

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

21

Für die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten in 96 Sendungen zusammengefassten Warensortimente ist, da die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 ZK antragsgemäß bewilligt war, eine Zollschuld entstanden, die wegen der in den Sendungen enthaltenen Leggings zu einem Zollsatz von 12 % und gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 i.V.m. Unterpos. 6104 63 00 KN zu einem Zusatzzoll von 15 % führt. Da der entsprechende Abgabenbetrag für die streitigen Einfuhren seinerzeit nicht buchmäßig erfasst wurde, ist er gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben.

22

1. Die Voraussetzungen einer vereinfachten Einfuhrabgabenerhebung gemäß Art. 81 ZK liegen vor. Die Klägerin hat die in den Einfuhrsendungen enthaltenen Waren einheitlich als solche angemeldet, auf die der jeweils höchste Abgabensatz entfällt, und diese Zollanmeldungen sind angenommen worden. Daran muss sie sich festhalten lassen. Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gemäß Art. 66 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 251 der Zollkodex-Durchführungsverordnung sind schon hinsichtlich der dort vorgesehenen Antragsfristen nicht erfüllt.

23

2. Bei der Ermittlung der auf die Waren des jeweiligen Sortiments entfallenden höchsten Einfuhrabgabenbelastung war auch der Zusatzzoll aus der VO Nr. 673/2005 zu berücksichtigen, sofern eine der Waren von einer im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Tarifbezeichnungen erfasst war. Die Vereinfachungsvorschrift des Art. 81 ZK betrifft (nur) die Einfuhrabgaben i.S. des Art. 4 Nr. 10 ZK (vgl. Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 81 ZK Rz 38), also nach dem hier maßgeblichen Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK "Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren". Darunter fällt auch der Zusatzzoll gemäß der VO Nr. 673/2005. Denn der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK die sonstigen zolltariflichen Maßnahmen der Union, also auch die sog. Retorsionszölle, die im Fall von Handelsstreitigkeiten festgelegt werden, wie es mit der VO Nr. 673/2005 geschehen ist (so auch Lux in Dorsch, Zollrecht, Art. 20 ZK Rz 33).

24

Mit ihrem Einwand, die Anwendung der unter Einbeziehung des Zusatzzolls ermittelten höchsten Abgabenbelastung auf alle Waren einer Sendung führe zu einer Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren und damit zu einer von der Genehmigung der Zusatzzölle durch das Schiedsgericht der WTO nicht mehr gedeckten Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags, macht die Klägerin keine Verletzung eines eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts geltend, auf welches allein sie die Anfechtung der Nacherhebung stützen kann. Da Art. 81 ZK den Begriff Einfuhrabgabenbelastung verwendet und damit nach den Definitionen der Art. 4 Nr. 10 und Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK sonstige zolltarifliche Maßnahmen der Gemeinschaft bzw. Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle einbezieht, sind Zusatzzölle wie solche des Streitfalls bei der Ermittlung der "höchsten Einfuhrabgabenbelastung" i.S. des Art. 81 ZK nicht ausgenommen. Anderenfalls ließen sich mithilfe dieses für Sammelsendungen unterschiedlicher Waren vorgesehenen vereinfachten Einreihungsverfahrens Zusatzzölle für bestimmte in solchen Sendungen enthaltene Einfuhren umgehen.

25

Trotz der seitens der Kommission mit Schreiben vom 27. September 2013, auf das sich die Revision beruft, geäußerten Rechtsmeinung hält der Senat in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des Art. 81 ZK sowie des Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK die Auslegung jener Vorschrift auch im Hinblick auf die mit der VO Nr. 673/2005 verfolgten Ziele für zweifelsfrei und sieht keinen Grund, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.

26

Ist das vereinfachte Einreihungsverfahren gemäß Art. 81 ZK beantragt und bewilligt, tritt die gesetzliche Folge ein, dass der für bestimmte in der Sendung enthaltene Waren vorgesehene höchste Einfuhrabgabensatz --und damit ebenso der für solche Waren zu erhebende Strafzoll-- auch auf Waren anzuwenden ist, für die eigentlich kein Strafzoll, sondern ein geringerer Abgabensatz gilt. Hätte der Unionsgesetzgeber diese Rechtsfolge für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren vermeiden wollen, hätte es nahe gelegen, in dieser Verordnung die Anwendung des Art. 81 ZK auszuschließen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Unionsgesetzgeber mit Art. 3 VO Nr. 673/2005 eine andere Regelung zur Einhaltung des vorgesehenen Kompensationsbetrags vorgesehen. Es kommt daher nicht in Betracht, für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren die Rechtsfolge des Art. 81 ZK trotz Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht eintreten zu lassen mit der Folge, dass die Erhebung des Zusatzzolls auch für in der Einfuhrsendung enthaltene Waren der VO Nr. 673/2005 unterbleibt.

27

3. Dem Einwand der Klägerin, es sei unverhältnismäßig, die gesamte Warenmenge mit dem Zusatzzoll zu belegen, ist nicht zu folgen (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1989 VII R 10/87, BFHE 158, 200, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1990, 48, zu § 79 Abs. 2 des Zollgesetzes 1961). Der Anmelder kann Einfuhrwaren mit besonders hoher Abgabenbelastung ausschließen, indem er diese Waren getrennt anmeldet, oder er kann für eine Warengruppe angeben, dass bestimmte Waren in dieser nicht enthalten sind (vgl. Weymüller in Dorsch, a.a.O., Art. 81 ZK Rz 37).

28

4. Auf die streitgegenständlichen Waren ("Leggings") entfällt der Zusatzzoll nach Art. 2 VO Nr. 673/2005 (für die Einfuhren des Jahres 2009 i.d.F. der VO Nr. 317/2009) i.V.m. deren Anhang I auf Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN.

29

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-558/11, ZfZ 2013, 41, Rz 29, m.w.N.) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (s. Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der KN 1 und 6).

30

a) Von der Unterpos. 6104 63 00 KN werden u.a. lange Hosen aus Gewirken und Gestricken aus synthetischen Chemiefasern für Frauen oder Mädchen erfasst.

31

aa) Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei den in Warensendungen enthaltenen Leggings um Kleidungsstücke aus zwei miteinander verbundenen Beinteilen, die beide Beine und den Unterkörper bedecken, mit Nähten an den Innenseiten der Beinteile, einem breiten Bund und ohne Fußteile, und die ohne Weiteres als lange, den Unterkörper bedeckende Hosen getragen werden können. Diese tatrichterliche Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, sie erscheint vielmehr durchaus nachvollziehbar. Die Klägerin setzt ihr auch lediglich ihre eigene --abweichende-- Wertung entgegen, die Leggings seien als Oberbekleidung nicht geeignet.

32

bb) Die Leggings fallen auch nicht unter die Anmerkung 1 Buchst. n zu Abschn. XI, wonach Gamaschen und ähnliche Waren des Kapitels 64 aus diesem Abschnitt ausgewiesen sind.

33

Von der Pos. 6406 KN sind in der deutschen Sprachfassung erfasst "Schuhteile ...; Einlegesohlen, Fersenstücke und ähnliche herausnehmbare Waren; Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon". Leggings sind nicht genannt. Zwar taucht dieser Begriff in den ErlHS zu Pos. 6406 unter "II) Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" in Rz 14.0 als Synonym für Beinlinge ("Leggings") auf, die den sog. Beinschützern ähnlichen Waren --wie Wadengamaschen (einschließlich Wickelgamaschen), Stutzen, Trachtenstrümpfe usw., ohne Fußteil und mit oder ohne Steg-- zugeordnet werden. Es ist allerdings offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung, dass die von der Klägerin eingeführten Leggings keine diesen Kleidungsstücken ähnliche Waren sind. Aus der englischen Sprachfassung der Pos. 6406 KN folgt nichts anderes.

34

b) Bei den als Leggings bezeichneten Waren handelt es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN.

35

Weder aus dem Wortlaut der Positionen der KN noch aus den Anmerkungen ergeben sich Definitionen oder klare Abgrenzungskriterien für Strumpfhosen und lange Hosen.

36

Gleichwohl tragen diese Waren ihre Definition in sich. Sie ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.

37

Strumpfhosen sind eng an Fuß, Bein und Unterleib anliegende, gewirkte oder gestrickte Hosen (besonders für Frauen und Kinder), die wie ein Strumpf angezogen werden. Dementsprechend hat das FG zutreffend herausgearbeitet, dass Strumpfhosen aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte, typischerweise --wie Strümpfe-- rundgewebte Unterleibsbekleidungen sind. Strumpfhosen weisen eine besondere, machartbedingte Passform auf, sie passen sich eng anliegend der Körperform an.

38

Dieser Definition entsprechen die streitigen Kleidungsstücke schon nicht, weil sie keinen Strumpf, d.h. keinen den Fuß umhüllenden Teil aufweisen. Auf die übrigen vom FG zur Unterscheidung von Hosen und Strumpfhosen herangezogenen Merkmale --wie Längsnähte an den Innenseiten oder fehlende Angaben zur Feinheit der verwendeten Garne-- braucht daher nicht eingegangen zu werden.

39

5. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK sind nicht erfüllt. Insoweit wird auf die Ausführungen im FG-Urteil Bezug genommen.

40

6. Ist das Urteil nach alledem revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.