Finanzgericht Hamburg Urteil, 16. Nov. 2015 - 4 K 100/14

bei uns veröffentlicht am16.11.2015

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Ausgangsbestätigung.

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Die Klägerin meldete am 09.09.2009 bei der Ausfuhrzollstelle - dem Zollamt A - mit ATLAS-Ausfuhrbegleitdokument Nr. DE-1 den Container XXX-1 mit 25 Tonnen gefrorenem Hühnerfleisch der Zolltarifposition 0207 1290 9190 zur Ausfuhr in den O unter Inanspruchnahme einer Ausfuhrerstattung an. In der Ausfuhranmeldung ist der Satz der Ausfuhrerstattung vermerkt und ein Hinweis auf die Ausfuhrlizenz, die Genusstauglichkeitsbescheinigung sowie ein Kontrollexemplar T5 für Marktordnungswaren (im Folgenden: T5) enthalten.

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Nach elektronischer Annahme der Ausfuhranmeldung gestellte die Klägerin die Ware beim Zollamt A. Der Abfertigungsbeamte nahm das vorausgefüllte T5 entgegen, füllte Feld E aus, brachte den Raumverschluss an und setzte die Ausgangsfrist auf den 14.09.2009 fest.

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Vom Zollamt A wurde die Ware am 10.09.2009 über den Grenzübergang X-Straße in den damaligen Hamburger Freihafen transportiert, ohne dass die Ware an der Freihafengrenze körperlich gestellt wurde. Folglich konnte auf dem T5 keine Ausgangsbestätigung angebracht werden. Am 10.09.2009, 10:50 Uhr, erfolgte die Gestellungsmitteilung, dass sich der Container auf dem Betriebsgelände des Terminals B befinde. Gleichzeitig wurde die Ware zur Ausfuhr freigegeben und das Zollamt C, Abfertigung D, erteilte einen Ausgangsvermerk.

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Weil in der elektronischen Ausfuhranmeldung vermerkt war, dass ein T5 erteilt worden sei, ging das Zollamt C, Abfertigung D, bei der elektronischen Ausfuhrabfertigung davon aus, dass die Ware bei Einfahrt in den Freihafen körperlich gestellt werden würde und bei dieser Gelegenheit eine marktordnungsrechtliche Warenprüfung stattfinden könne. Daher gab das Zollamt C, Abfertigung D, die Ware zur Ausfuhr frei, ohne eine Entscheidung über die Durchführung einer markenordnungsrechtlichen Kontrolle zu treffen.

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Nach den Angaben des Ausfuhrüberwachungsverfahrens ZAPP, der Schiffsmeldedienst-Auslaufliste und der vorgelegten Bill of Lading vom 14.09.2009 verließ die Ware am 14.09.2009 auf dem Schiff E auf dem Seeweg Hamburg in Richtung O. Am 17.10.2009 wurde die Ware im O zur Einfuhr abgefertigt (Bl. 52 der Sachakte).

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Mit Schreiben vom 01.10.2009 beantragte die Spedition beim Zollamt C die nachträgliche Abfertigung des T5, weil der eingesetzte Transportunternehmer irrtümlich die Gestellung bei Einfahrt in den Hafen vergessen habe. Zum Nachweis der Ausfuhr legte sie einen Kai-Antrag, eine Kopie der Bill of Lading, eine Interchange-Kopie für die Anlieferung und eine Kopie des Frachtbriefes vor.

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Mit Schreiben vom 11.11.2009 teilte das Zollamt C, Abfertigung D, der Klägerin mit, dass gemäß Art. 912c Abs. 1 UAbs.1, i. V. m. Art. 912c Abs. 2, 1. Anstrich ZKDVO i. V. m. §§ 3, 4 Ausfuhrerstattungsverordnung (AE-VO) mit einem T5 beförderte Marktordnungswaren bei Ausfuhr im Seeverkehr über die Freizone Hamburg bzw. dem Containerterminal F (CTF) bei der Abfertigungsstelle D körperlich zu gestellen seien. Die Gestellung sei bei Einfahrt in die Freizone bzw. beim Verbringen zum CTF am Amtsplatz vorzunehmen. Die Mitteilung in ZAPP-System könne die für Marktordnungswaren vorgeschriebene körperliche Gestellung bei gleichzeitiger Abgabe des T5 nicht ersetzen.

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Mit Bescheid vom 10.10.2010 lehnte der Beklagte die nachträgliche Erteilung der Ausgangsbestätigung ab. Die in ATLAS vorgenommen Ausfuhranmeldung umfasse neben der zollrechtlichen Abfertigung auch die Überführung in das Ausfuhrerstattungsverfahren. Das T5 sei erstattungsrechtlich nur erforderlich, wenn die Ware nach Annahme der Ausfuhranmeldung noch durch einen anderen Mitgliedsstaat befördert werden solle. Wenn in der Ausfuhranmeldung die Ausstellung eines T5 vermerkt sei, erfolge die Zollkontrolle und Überwachung nur anhand des T5. Der körperliche Ausgang der Waren auf dem Seeweg aus der Union ab Hamburg werde vom Zollamt als Bestimmungsstelle/Ausgangszollstelle überwacht (§ 4 Abs. 1 AE-VO, Art. 912c Abs. 2, 1. Anstrich, Abs. 2 ZKDVO). Dafür müsse die Ware gestellt werden. Nur hierdurch erhalte das Zollamt Mitteilung, dass es die Ausfuhr der Ware zollamtlich überwachen müsse. Geschehe dies nicht, könne es keine Kontrollen durchführen. Da die Klägerin bei der Ausfuhranmeldung das - an sich nicht erforderliche - T5 beantragt habe, sei das marktordnungsrechtliche Ausfuhrverfahren allein anhand dieses Kontrollexemplars zu überwachen gewesen. Stelle die Ausgangszollstelle fest, dass ein T5 erstellt worden sei, werde die ATLAS-Ausfuhranmeldung nur zollrechtlich behandelt. Erst bei Gestellung entscheide die Zollstelle, bei der das T5 vorgelegt werde, über die Art der Kontrollmaßnahme.

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Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 03.02.2010 begründete die Klägerin wie folgt: Nach Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 612/2009 sei die Ausfuhrerstattung von einem Nachweis abhängig, dass die Ware die Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen habe. Die Vorlage eines T5 werde dort nicht erwähnt. Auch nach Art. 46 Abs. 3 dieser Verordnung sei dies nicht erforderlich. Da die Vorlage des T5 nicht zwingend sei, könnten aus seiner freiwilligen Anmeldung keine negativen Schlüsse gezogen werden. Wie sich aus der Bonn Fleisch-Entscheidung des EuGH ergebe, sei ein T5 nur bei einer mittelbaren Ausfuhr über einen anderen Mitgliedsstaat erforderlich.

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Die Vorlagepflicht ergebe sich auch nicht aus Art. 912c Abs. 1 ZKDVO i. V. m. § 3 f. AE-VO. Nach § 3 Abs. 2 Satz 3 AE-VO seien der Ausfuhrzollstelle alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Hierzu gehöre das T5 gerade nicht.

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Jedenfalls habe sie - die Klägerin - einen Anspruch auf nachträgliche Erteilung der Ausfuhrbestätigung oder auf Anerkennung gleichwertiger Ersatzdokumente nach Art. 46 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 612/2009.

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Nach einer Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 01.07.2013 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 02.04.2014 den Einspruch als unbegründet zurück. Die Zollkontrolle, unter der sich Marktordnungswaren befänden, erfolge im Falle der Ausstellung eines T5 ausschließlich anhand dieses Kontrollexemplars, und zwar unabhängig davon, ob die Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat erfolge. Der körperliche Ausgang der Waren werde durch das Zollamt als Ausgangszollstelle im Sinne von § 4 Abs. 1 AE-VO und Art. 912c Abs. 2, 1. Anstrich, Abs. 3 ZKDVO überwacht. Dazu müsse die Ware beim Eingang in die Freizone oder beim Verbringen auf das CTF der dortigen Abfertigungseinheit unter Vorlage des T5 gestellt werden. Nur durch diese Gestellung erhalte das Zollamt C Kenntnis, dass der Warenausgang zollamtlich überwacht werden müsse. Durch Beantragung eines T5 habe sich die Klägerin den Anforderungen der Art. 912a ff. ZKDVO unterworfen.

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Das Zollamt C erhalte durch die Eintragung des T5 in ATLAS die Möglichkeit zu prüfen, ob bei einer Ausfuhrsendung eine Ausfuhrerstattung beantragt worden sei. Stelle das Zollamt bei Prüfung dieser Daten fest, dass die Sendung bei der Einfahrt in die Freizone oder bei Verbringung auf den CTF gestellt werden müsse, werde die elektronische Ausfuhranmeldung ausschließlich zollrechtlich behandelt. Die Gestellungspflicht nach Art. 912c Abs. 1 ZKDVO sei auch nach Auffassung des BMF als höherwertig anzusehen als die elektronische Gestellung in ATLAS.

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Mit der am 07.05.2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags weiter. Sie habe einen Anspruch auf nachträgliche Erteilung einer Ausgangsbestätigung. Sie könne nachweisen, dass die Ware das Zollgebiet der Union verlassen habe und im O einer zollrechtlichen Bestimmung zugeführt worden sei. Die Ausfuhrzollstelle habe die Klägerin nicht auf die Entbehrlichkeit des T5 hingewiesen.

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Die Nichtgestellung der Ware bei Einfahrt in den Freihafen stelle unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der fehlenden Ortskenntnis des Lkw-Fahrers keine offensichtliche Fahrlässigkeit dar. Das Hauptzollamt G habe in einem vergleichbaren Fall nach Vorlage des Konnossements nachträglich eine Ausgangsbestätigung erteilt. Marktordnungsrechtliche Belange würden hierdurch auch dann nicht gefährdet, wenn das T5 marktordnungsrechtlich erforderlich sei. Der nach Art. 7 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 612/2009 nötige Ausgangsnachweis könne nach Art. 46 Abs. 3 dieser Verordnung auch durch Vorlage gleichwertiger Unterlagen erbracht werden.

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Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20.01.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.04.2014 zu verpflichten, ihr eine Ausgangsbestätigung für die Ausfuhr der mit der Ausfuhranmeldung vom 09.09.2009 (Registriernummer DE-1) zur Ausfuhr angemeldeten Waren zu erteilen.
2. die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Unter Bezugnahme auf seinen bisherigen Vortrag führt er ergänzend aus: Bei der allein über deutsche Zollstellen abgewickelten Ausfuhr von Marktordnungswaren bestehe ein Wahlrecht, ein T5 zu beantragen. Werde es ausgeübt, unterwerfe sich der Ausführer dadurch freiwillig der Gestellungspflicht gemäß Art. 912c Abs. 1 UAbs. 1 ZKDVO. Jedenfalls ergebe sich eine Gestellungspflicht bei der Bestimmungsstelle aus einer sinngemäßen Anwendung von § 4 Abs. 3 AE-VO.

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Die Voraussetzungen für die nachträgliche Erteilung einer Ausgangsbestätigung gemäß Art. 912f ZKDVO lägen nicht vor. Es fehle schon an der von der Rechtsprechung verlangten körperlichen Gestellung der Ware. Daran ändere nichts, dass das zollrechtlich eröffnete Ausfuhrverfahren durch die ZAPP-Mitteilung elektronisch habe beendet werden können. Das von der Klägerin eingeschaltete Transportunternehmen habe die Gestellung fahrlässig versäumt. Es handele sich um ein erfahrenes Fuhrunternehmen mit 100 Sattelzügen, das nach dem hier in Rede stehenden Fall bis Jahresende 2009 beim Zollamt C noch 47 T5 vorgelegt habe.

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Die vorgelegten Unterlagen stellten keinen Ausfuhrnachweis dar, der mit der Überwachung des körperlichen Ausgangs durch die Bestimmungsstelle gleichwertig sei.

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Bei der Entscheidung hat die Sachakte des Beklagten vorgelegen, auf die ergänzend Bezug genommen wird. Außerdem wird auf den Vermerk über das Gespräch des Berichterstatters mit dem ZAM H, dem früheren Abfertigungsleiter in der Ausgangsüberwachung für Marktordnungswaren des Zollamts C, vom 28.10.2015 (Bl. 66 ff. der Akte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

I.

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Die Klage auf Erteilung einer Ausgangsbestätigung ist als Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 Var. 2 FGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil die Klägerin die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes begehrt (zur Rechtsnatur der Ausgangsbestätigung so bereits FG Hamburg, Urt. v. 15.02.2006, IV 174/04, juris, Rn. 15). Einen Verwaltungsakt in diesem Sinne stellt auch eine zollamtliche Entscheidung gemäß Art. 4 Nr. 5 ZK dar. Dies ist eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des Zollrechts zur Regelung eines Einzelfalls mit Rechtswirkung insbesondere für eine bestimmte Person. Die Ausgangsbestätigung ist nicht lediglich eine Wissenserklärung ohne Regelungscharakter (so jedoch BFH, Urt. v. 13.11.2007, VII R 51/05, BFHE 218, 464, juris, Rn. 11). Mit ihr wird nämlich nicht nur der körperliche Ausgang (irgend)einer Ware bescheinigt. Sie enthält vielmehr den Nachweis, dass - gegebenenfalls nach Durchführung einer Warenkontrolle (siehe Ziff. 30 ff. der Dienstvorschrift zum Ausfuhrerstattungsrecht i. d. F. vom 10.08.2009, im Folgenden: ErstDV) - genau die Ware nach Menge und Beschaffenheit ausgeführt wurde, die in der Ausfuhrzollanmeldung angegeben wurde. Dass die Ausgangsbestätigung im Normalfall direkt an das Hauptzollamt J übermittelt wird (Ziff. 86, letzter Abs. ErstDV), steht der Außenwirkung nicht entgegen, weil damit lediglich beschrieben wird, wie das Dokument an die Stelle gelangt, die die Ausfuhrerstattung auszahlt.

II.

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Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Ausgangsbestätigung (§ 101 S. 1 FGO).

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1. Anspruchsgrundlage für die Erteilung der Ausgangsbestätigung ist § 4 Abs. 1 der Ausfuhrerstattungsverordnung vom 24.05.1996 (BGBl. I 766) in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes vom 19.05.2009 (BGBl. I 1090 - im Folgenden: AE-VO). Danach wird die Bestätigung über den Ausgang der Warensendung aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft (Ausgangsbestätigung) von der nach Art. 793 Abs. 2 ZKDVO bezeichneten Ausgangszollstelle in der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke erteilt.

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1.1 Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht nur um eine Zuständigkeitsbestimmung. Aus der Legaldefinition des Begriffs Ausgangsbestätigung (Bestätigung über den Ausgang der Warensendung aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft) ergibt sich vielmehr der materielle Tatbestand der Norm. Erforderlich ist, dass das Ausfuhrverfahren ordnungsgemäß abgewickelt worden sein muss, weil ansonsten der Ausgang der Ware aus dem Gemeinschaftsgebiet nicht festgestellt werden könnte. Aus der Stellung der Norm in der Ausfuhrerstattungsverordnung folgt weiter, dass die angemeldete Ware als Erstattungsware erkennbar gewesen sein muss, um der Zollverwaltung die Möglichkeit zu geben, eine marktordnungsrechtliche Warenkontrolle (Ziff. 30 ff. ErstDV) anzuordnen. Für den Charakter der Norm als Ermächtigungsgrundlage spricht auch § 4 Abs. 4 AE-VO, der für bestimmte Ausfuhrwege zwingend einzuhaltende Anforderungen an das vorzulegende Beförderungspapier stellt.

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1.2 Die beiden anderen Anspruchsgrundlagen, die § 4 AE-VO enthält, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. § 4 Abs. 2 AE-VO kommt nicht in Betracht. Ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts gilt diese Norm nur für Warensendungen, für die die Ausfuhranmeldung in einem anderen EU-Mitgliedstaat angenommen wurde. Im vorliegenden Fall wurde die Ausfuhranmeldung nicht in einem anderen EU-Mitgliedstaat, sondern beim Zollamt A angenommen.

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Es liegt auch kein Fall von § 4 Abs. 3 AE-VO vor. Nach dieser Vorschrift ist die Bestimmungsstelle unter den in § 3 Abs. 3 AE-VO genannten Fällen für die Erteilung der Ausgangsbestätigung zuständig, wenn sich herausstellt, dass die Warensendung entgegen der ursprünglichen Absicht doch nicht über einen anderen Mitgliedstaat, sondern die Bundesrepublik Deutschland ausgeführt wird. § 3 Abs. 3 AE-VO betrifft die Fälle, in denen die Ware, für die in Deutschland eine Ausfuhranmeldung angenommen wurde, "über einen anderen Mitgliedstaat" ausgeführt werden soll. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar lässt sich im vorliegenden Fall nicht aufklären, warum ein T5 ausgestellt worden ist. Das Gericht hat jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies geschah, weil ursprünglich eine Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat geplant war. Der Akteninhalt deutet vielmehr darauf hin, dass von Anfang an beabsichtigt war, die Ware über den Hafen Hamburg auszuführen. So war in der Ausfuhranmeldung bereits das Seeschiff eingetragen, mit dem die Ausfuhr erfolgen sollte (Feld 21 der Ausfuhranmeldung: E), und das am 14.09.2009 den Hafen Hamburg verließ. Als Ausgangszollstelle ist das Zollamt Hamburg- C (Feld 29: DE ...) codiert. Nach der Kodierung in Feld 26 (3) sollte der inländische Transport auf der Straße mit dem in Feld 18 genannten Transportmitteln mit den dort genannten deutschen Kfz-Kennzeichen erfolgen.

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1.3 Die Vorschriften über die nachträgliche Erteilung einer Ausgangsbestätigung (Art. 912f Abs. 1, 1. Anstrich ZKDVO, Art. 46 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 612/2009 vom 07.07.2009 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. 186/1 [im Folgenden: Verordnung Nr. 612/2009]) finden keine Anwendung. Vorliegend trägt die Klägerin vor, sie habe alles Erforderliche getan, um eine Ausgangsbestätigung zu erhalten und der Beklagte habe rechtswidrig ihre Erteilung verweigert. In einem solchen Fall darf der Ausführer durch eine rechtswidrige Weigerung der Zollverwaltung nicht benachteiligt werden, indem er gegenüber der originären Erteilung der Ausgangsbestätigung weitere (oder andere) Voraussetzungen erfüllen muss (vgl. ErstDV Ziff. 96 S. 1 [Stand: 17.07.2009], nach der die Vorschriften über eine nachträgliche Ausgangsbestätigung erst dann zur Anwendung kommen, wenn die Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke nach Gestellung der Waren vorgelegt wird).

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2. Die Klägerin hat das zollrechtliche Ausfuhrverfahren eingehalten. Die Ware wurde ihr von der Ausfuhrzollstelle überlassen, indem sie ein Ausfuhrbegleitdokument (Bl. 17 f. der Sachakte) erhielt (siehe Art. 796a Abs. 1 S. 1 ZKDVO). Die zur Ausfuhr überlassene Ware wurde gemäß Art. 793 Abs. 1 ZKDVO der Ausgangszollstelle gestellt. Ausgangszollstelle ist das Zollamt C, weil es nach Art. 793 Abs. 2 UAbs. 1 ZKDVO die letzte Zollstelle vor dem Ausgang der Waren aus dem Zollgebiet der Union ist. Gestellung ist die Mitteilung, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden (Art. 4 Nr. 19 ZK). Im Seehafen Hamburg erfolgt die Gestellung durch die ATLAS-Meldung "Gate in"; Gestellungsort ist der Kaiumschlagsbetrieb (Vermerk der BFD Nord vom 03.03.2010, Ziff. II). Die Ausgangszollstelle nimmt geeignete risikoorientierte Kontrollen vor und gewährleistet, dass die gestellten Waren der angemeldeten Waren entsprechen (Art. 793a Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 ZKDVO); sie überwacht den körperlichen Ausgang der Waren (Art. 793a Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 ZKDVO). Vorliegend wurde die Ware am CTF angeliefert und die Meldung "gate in" erfolgte. Daher war es der Ausgangszollstelle möglich, eine Nämlichkeitsüberwachung durchzuführen und den körperlichen Ausgang der Waren durch Erteilung des Ausgangsvermerks (Bl. 86 f. der Sachakte) zu bestätigen.

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3. Die Klägerin hat auch das marktordnungsrechtliche Verfahren eingehalten.

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3.1 Die Klägerin hat die Ware - wie es § 4 Abs. 1 AE-VO verlangt - bei der Ausgangszollstelle gestellt.

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3.2 Die Voraussetzungen von § 4 Abs. 4 AE-VO sind ebenfalls erfüllt. Danach muss bei der Ausfuhr auf dem Seeweg ein Beförderungspapier vorgelegt werden, in dem ein Bestimmungsort außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft angegeben ist. Dies ist vorliegend der Fall. Die Bill auf Lading (Bl. 8 der Sachakte) nennt als Entladehafen (Feld 6) Port K, einen Hafen in L im O. Dort ist die Ware ausweislich des in Kopie vorgelegten Verzollungsbelegs (Bl. 52 der Sachakte) am 17.10.2009 zollamtlich zur Einfuhr abgefertigt worden.

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3.3 Die Klägerin hat - was auch der Beklagte nicht bestreitet - elektronisch alle für eine marktordnungsrechtliche Kontrolle nötigen Informationen zur Verfügung gestellt. Die Ausgangszollstelle wäre damit in der Lage gewesen, eine Entscheidung über die Anordnung marktordnungsrechtlicher Warenkontrollen vorzunehmen. Es ist für den Anspruch der Klägerin unschädlich, dass die Ausgangszollstelle diese Entscheidung deshalb nicht getroffen hat, weil sie davon ausging, dass die Klägerin dazu verpflichtet war, die Ware bei der Bestimmungsstelle - also bei Einfahrt in den damaligen Freihafen als der Stelle, die für den Hafen zuständig ist, in dem die Waren auf ein Schiff verladen werden, das das Zollgebiet der Union verlässt (Art. 912c Abs. 2, 1. Anstrich ZKDVO) - zu gestellen und hierbei gegebenenfalls marktordnungsrechtliche Kontrollen durchgeführt werden. Eine solche Pflicht zur Gestellung der Ware bei der Bestimmungsstelle gab es nämlich nicht (dazu sogleich unter 3.4).

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3.4 Die Klägerin war trotz Beantragung und Bewilligung eines T5 nicht verpflichtet, die Ware bei der Bestimmungsstelle zu gestellen. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus § 4 Abs. 2 oder Abs. 3 AE-VO (dazu 3.4.1 und 3.4.2) noch aus Art. 912c Abs. 1UAbs. 1 ZKDVO (dazu 3.4.3) noch aus Verwaltungsvorschriften oder eine Verwaltungspraxis (dazu 3.4.4). Es ist damit unerheblich, dass diese Gestellung nicht erfolgt ist.

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3.4.1 Eine Pflicht zur Gestellung der Ware bei der Bestimmungsstelle ergibt sich weder aus § 4 Abs. 2 AE-VO noch aus § 4 Abs. 3 AE-VO, da - wie oben 1. dargelegt - die Voraussetzungen dieser Normen nicht erfüllt sind.

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3.4.2 Anders als der Beklagte meint, ist § 4 Abs. 3 AE-VO auch nicht analog auf sämtliche Fälle anzuwenden, in denen eine deutsche Zollbehörde ein T5 ausgestellt hat und die Ausfuhr über eine deutsche Ausgangszollstelle erfolgte. Zwar geht es vorliegend um eine staatliche Begünstigung, so dass eine Analogie nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es liegt jedoch keine planwidrige Regelungslücke vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urt. v. 21.02. 2013, V R 27/11, juris, Rn. 29; Urt. v. 11.02.2010, V R 38/08, juris, Rn. 21; Hervorhebung hinzugefügt) liegt eine solche vor, wenn
"eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d. h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Ob eine Regelungslücke oder lediglich ein sog. rechtspolitischer Fehler vorliegt, ist unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist. Die Unvollständigkeit muss sich bereits aus der dem Gesetz immanenten Zwecksetzung ergeben und nicht nur aus einer selbständigen kritischen Würdigung des Gesetzes."

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Gemessen an seinem Zweck ist § 4 AE-VO nicht ergänzungsbedürftig. Alle im Zusammenhang mit der Erteilung einer Ausgangsbestätigung denkbaren Fälle sind von § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 AE-VO erfasst. § 4 Abs. 1 AE-VO regelt - in Anwendung der Ermächtigung in Art. 912c Abs. 5 ZKDVO zum Erlass von vom Unionsrechts abweichenden mitgliedstaatlichen Vorschriften - den Grundsatz, dass in rein nationalen Sachverhalten die Ausgangsbestätigung von der Ausgangszollstelle auf der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke erteilt wird. § 4 Abs. 2 AE-VO erfasst als Ausnahme hiervon die grenzüberschreitende Konstellation, dass eine Ausfuhranmeldung in einem anderen EU-Mitgliedstaat angenommen wurde. In diesem Fall soll - wie vom Unionsrechts zwingend vorgeschrieben (Art. 912c Abs. 1 UAbs. 1 ZKDVO) - die Ware mit dem T5 bei der deutschen Bestimmungsstelle gestellt werden. § 4 Abs. 3 AE-VO regelt den weiteren Spezialfall, dass ursprünglich eine mitgliedstaatsübergreifende Ausfuhrabfertigung geplant war (Ausfuhr über eine ausländische Ausgangszollstelle), tatsächlich jedoch die Ausfuhr vollständig im Inland abgewickelt wird. Alle von diesen beiden Ausnahmetatbeständen nicht erfassten Fallkonstellationen, in denen die Ware bei der deutschen Zollbehörde gestellt wird, lassen sich zwanglos unter § 4 Abs. 1 AE-VO subsumieren. Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall, dass ein T5 ausgestellt wurde, ohne dass ein grenzüberschreitender Bezug geplant war.

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Die vom Beklagten favorisierte analoge Anwendung von § 4 Abs. 3 AE-VO stünde auch ersichtlich im Widerspruch zu der dargelegten Systematik von § 4 AE-VO. Sie würde nämlich dazu führen, dass bei allen Warensendungen, für die ein T5 beantragt wurde, die Ausgangsbestätigung durch die Bestimmungsstelle auf diesem T5 erteilt wird. Wenn dies vom Verordnungsgeber gewollt gewesen wäre, hätte er § 4 Abs. 2 AE-VO entsprechend fassen können und § 4 Abs. 3 AE-VO wäre entbehrlich gewesen.

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Für eine erweiterte Auslegung von § 4 Abs. 3 AE-VO streiten jedenfalls nach Einführung der elektronischen Ausfuhrabfertigung für Marktordnungswaren auch keine praktischen Erwägungen. Anders als vor diesem Zeitpunkt hat die Ausgangszollstelle nämlich durch die elektronische Ausfuhranmeldung sämtliche Informationen vorliegen, um auch eine marktordnungsrechtliche Ausfuhrabfertigung vorzunehmen. Die vom Beklagten im Schriftsatz vom 09.11.2015, Ziff. II. (10) dargelegte Umgehungsmöglichkeit besteht daher dann nicht, wenn die Ausgangszollstelle - und nicht die Bestimmungsstelle - von ihrer Prüfungsmöglichkeit Gebrauch machen würde und keine automatisierte Freigabe in ATLAS erfolgt. Tatsächlich hat in Reaktion auf den vorliegenden Fall die BFD Nord mit Vermerk vom 03.03.2010 Vorschläge zur Änderung des ATLAS-Verfahrens gemacht (Bl. 52h der Sachakte), die vom BMF umgesetzt wurden (siehe Schreiben des BMF vom 01.07.2013, Bl. 118 der Sachakte).

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3.4.3 Die Pflicht zur Gestellung bei der Bestimmungsstelle ergibt sich nicht aus Art. 912c Abs. 1 UAbs. 1 ZKDVO. Zwar heißt es dort, dass die Waren der Bestimmungsstelle unter Vorlage des T5 zu gestellen sind. Diese Vorschrift findet jedoch ungeachtet der Tatsache, dass die Ausfuhrzollstelle auf Antrag der Klägerin ein T5 ausgestellt hat, im vorliegenden Fall keine Anwendung.

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Die Vorschriften über das T5 stellen kein eigenständiges Zollverfahren dar. Die Vorlage des T5 bei der Ausfuhrzollstelle ist keine Zollanmeldung, weil damit nicht der Wille bekundet wird, Waren in eines der in Art. 4 Nr. 16 ZK genannten Zollverfahren zu überführen (Dorsch/Hohrmann, 134. EL, Dezember 2011, Art. 62 ZK, Rn. 94). Das T5-Verfahren ist lediglich ein Weg, um die "Kontrolle der Verwendung und/oder der Bestimmung der Waren" (so die Überschrift der Art. 912a ff. ZKDVO) in bestimmten Fällen vorzunehmen (Art. 912a Abs. 2 ZKDVO). So heißt es im 13. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom 24.07.2000 (ABl. L 188/1), mit der die Vorschriften über das T5 aus dem Regelungszusammenhang des Versandverfahrens in einen eigenständigen Teil der ZKDVO überführt wurden (Hervorhebung hinzugefügt):

44

Die Bestimmungen über das Kontrollexemplar T5 sehen ein Verfahren vor, das unabhängig von dem Zollverfahren, in dem sich die Waren befinden, auf sie anzuwenden ist, wenn eine zollrechtliche oder sonstige Vorschrift der Gemeinschaft dies verlangt. [...]

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Hieraus wird deutlich, dass die Art. 912a bis 912g ZKDVO nur akzessorisch dann anzuwenden sind, wenn andere Vorschriften dies anordnen (vgl. Dorsch/Hohrmann, 134. EL, Dezember 2011, Art. 62 ZK, Rn. 94).

46

Es gibt keine unionsrechtliche oder mitgliedstaatliche Vorschrift, die für den vorliegenden Fall die Anwendung des T5-Verfahrens vorschreibt. Zwar bestimmt Art. 912a Abs. 2 ZKDVO, dass in dem Fall, in dem die Anwendung einer Unionsvorschrift von dem Nachweis abhängig ist, dass die Ware einer bestimmten Verwendung zugeführt worden ist, dieser Nachweis durch ein T5 zu führen ist. Dies ist im Ausfuhrerstattungsrecht der Fall, weil nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 Verordnung Nr. 612/2009 die Zahlung der Ausfuhrerstattung von der Ausfuhr der Ware abhängt. Art. 912a Abs. 5 ZKDVO erlaubt jedoch den Mitgliedstaaten, Vorschriften zu erlassen, nach denen Ausführer diesen Nachweis auch auf andere Weise führen können. Art. 912a Abs. 5 ZKDVO lautet (Hervorhebung hinzugefügt):

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Sofern in der Gemeinschaftsvorschrift, die eine Überwachung der Verwendung und/oder der Bestimmung der Waren erfordert, nicht Gegenteiliges bestimmt ist, kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Absatz 2 vorsehen, dass der Nachweis, dass die Waren der vorgesehenen oder vorgeschriebenen Verwendung und/oder Bestimmung zugeführt worden sind, nach einem einzelstaatlichen Verfahren erbracht wird, sofern die Waren das Gebiet dieses Mitgliedstaats nicht verlassen, bevor sie der vorgesehenen oder vorgeschriebenen Verwendung und/oder Bestimmung zugeführt werden.

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Die Bundesrepublik Deutschland hat für das Ausfuhrerstattungsrecht von dieser Möglichkeit in § 4 Abs. 1 AE-VO Gebrauch gemacht. Diese Norm bewegt sich innerhalb der von Art. 912a Abs. 5 ZKDVO gezogenen Grenzen: Die Verordnung Nr. 612/2009 erlaubt den Ausfuhrnachweis auch durch ein mitgliedstaatliches Dokument. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus Art. 8 UAbs. 1 Verordnung Nr. 612/2009, wonach für den Fall, dass die Ware über das Gebiet von mehr als einem Mitgliedstaat transportiert wird, der Ausfuhrnachweis mit einem T5 erbracht werden muss (siehe zur Vorgängervorschrift EuGH, Urt. v. 28.06.2007, Rs. C-1/06, Rn. 33 f.). Aus § 4 Abs. 2 AE-VO ergibt sich, dass § 4 Abs. 1 AE-VO nur für den Fall gilt, dass die Ausfuhranmeldung in Deutschland angenommen und die Ware über eine deutsche Ausgangszollstelle ausgeführt wird.

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Art. 912c Abs. 1 ZKDVO wird auch nicht dadurch anwendbar, dass die Klägerin ein T5-Verfahren beantragt und die Ausfuhrzollstelle diesen Antrag angenommen hat. Aus dem Wortlaut und dem dargelegten Zweck der Vorschriften über das T5-Verfahren ergibt sich eindeutig, dass es nicht im Belieben der Wirtschaftsbeteiligten steht, ob dieses Verfahren - und damit die Gestellungspflicht nach Art. 912c Abs. 1 ZKDVO - zur Anwendung kommt. Wenn ein Wahlrecht des Wirtschaftsbeteiligten gewollt gewesen wäre, hätte dies - wie an anderen Stellen (z. B. Art. 196 UAbs. 1 ZK zur Wahlfreiheit bei der Sicherheitsleistung oder Art. 551 Abs. 3 ZKDVO zum Umwandlungsverfahren) auch - im Wortlaut Anklang finden müssen.

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3.4.4 Eine Gestellungspflicht bei der Bestimmungsstelle ergibt sich für die Klägerin nicht aus Verwaltungsvorschriften (ErstDV [dazu 3.4.4.1] und Verfahrensanweisung zum IT-Verfahren ATLAS [dazu 3.4.4.2]) oder einer davon abweichenden ständigen Verwaltungsübung (dazu 3.4.4.3).

51

3.4.4.1 Die ErstDV sieht für den vorliegenden Fall eine Gestellungspflicht der Ware bei der Bestimmungsstelle nicht vor. Zwar ist nach Ziff. 69 ErstDV der Wirtschaftsbeteiligte für den Fall des "im Zeitpunkt der Ausfuhrabfertigung bei der Ausfuhrzollstelle" unbekannten Transportwegs verpflichtet, ein T5 zu beantragen. Dieser Umstand löst jedoch, wenn es nicht zu einer Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat kommt, keine Gestellungspflicht bei der Bestimmungsstelle, sondern bei der Ausgangszollstelle aus. Ziff. 70 ErstDV sieht für den Fall, dass die Ware nicht wie bei Annahme der Ausfuhranmeldung vorgesehen - über eine ausländische, sondern über eine inländische Zollstelle ausgeführt wird, ebenfalls eine Gestellungspflicht bei der Ausgangszollstelle - insoweit im Widerspruch zu § 4 Abs. 3 AE-VO - vor.

52

3.4.4.2 Auch aus Ziff. 4.9.3.4 Abs. 3 S. 1 der Verfahrensanweisung zum IT-Verfahren ATLAS (Stand: Juli 2009), auf die sich die Stellungnahme des BMF vom 01.07.2013 (Bl. 118 der Sachakte) stützt, kann der Beklagte keine Gestellungspflicht bei der Bestimmungsstelle ableiten. Dort ist nämlich festgehalten, dass Ausfuhrsendungen, die von einem T5 begleitet werden, bei der Ausgangszollstelle - also gerade nicht der Bestimmungsstelle - zu gestellen sind.

53

Es kann sich bei der Bezeichnung "Ausgangszollstelle" auch nicht um ein Redaktionsversehen handeln. Weil an späterer Stelle der Verfahrensanweisung (Ziff. 4.9.10 Abs. 2) im Zusammenhang mit der Weiterleitung einer Ausfuhrsendung mit Antrag auf Ausfuhrerstattung in einen anderen Mitgliedstaat die Weiterleitung über eine "Ausgangszollstelle (Bestimmungsstelle)" erfolgen soll, ergibt sich vielmehr im Umkehrschluss, dass in Ziff. 4.9.3.4 lediglich die Ausgangszollstelle gemeint ist.

54

Im Übrigen wäre eine von der Ausfuhrerstattungsverordnung abweichende Verfahrensvorschrift - die Bestimmung der für die Gestellung zuständigen Stelle - durch die Verfahrensanweisung zum IT-Verfahren ATLAS rechtswidrig. Der Bundesfinanzverwaltung fehlte nicht nur die Kompetenz zur Festlegung einer solchen Gestellungspflicht (siehe dazu unten 3.4.4.3). Eine Verfahrensanweisung mit einem solchen Inhalt wäre auch nicht von ihrer Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verfahrensanweisungen ist § 8a der Zollverordnung vom 23.12.1993 (BGBl. I 2449; 1994 I 162) in der Fassung von Art. 8 der Verordnung vom 05.10.2009 (BGBl. I 3262). Nach Satz 1 dieser mit "Teilnahme an der elektronischen Datenübermittlung" überschriebenen Vorschrift legt das BMF durch eine Verfahrensanweisung "die Voraussetzungen und Modalitäten im Sinne der Artikel 4a, 4b, 183 und 222 bis 224 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex fest, unter denen schriftlich zu erledigende Förmlichkeiten auf der Grundlage von Informatikverfahren durchgeführt und handschriftliche Unterzeichnungen durch ein besonderes technisches Verfahren ersetzt werden." Die Verfahrensanweisung darf also nur regeln, wie schriftliche Förmlichkeiten nach Einführung des ATLAS-Verfahrens elektronisch zu erledigen sind. Sie ist damit keine Ermächtigungsgrundlage für die Änderung von Zuständigkeitsregeln, insbesondere wenn diese in höherrangigen Vorschriften wie der Ausfuhrerstattungsverordnung festgelegt sind.

55

3.4.4.3 Selbst wenn es eine von den Verwaltungsvorschriften abweichende Verwaltungspraxis gegeben haben sollte, dass sämtliche Ausfuhrsendungen von Marktordnungswaren, die mit einem T5 begleitet wurden, bei Einfahrt in den Freihafen zu gestellen waren, ergibt sich damit im vorliegenden Fall keine Gestellungspflicht für die Klägerin, wegen deren Nichteinhaltung der Beklagte die Erteilung einer Ausgangsbestätigung nach § 4 Abs. 1 AE-VO versagen könnte.

56

Eine derartige Verwaltungspraxis würde gegen die in § 4 AE-VO normierten, als abschließend zu betrachtenden (siehe oben 3.4.2) Gestellungspflichten verstoßen. Auch wenn die Ausfuhrerstattungsverordnung für bestimmte Fallkonstellationen hinsichtlich der für die Gestellung zuständigen Dienststelle lückenhaft sein sollte, dürfte diese Lücke nicht durch eine bei der Bundesfinanzverwaltung entstandene Verwaltungspraxis geschlossen werden. Die Bundesfinanzverwaltung ist nämlich für die Festlegung der Gestellungspflichten nicht zuständig, soweit sie das Ausfuhrerstattungsverfahren und dessen Einhaltung betreffen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen vom 24.06.2005 (BGBl. I 1847) in der hier anwendbaren Fassung vom 01.08.2009 (BGBl. I 2314; Marktorganisationsgesetz - MOG) erlässt nämlich das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BELV; § 3 Abs. 2 MOG) - im Einvernehmen mit dem BMF und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie - insbesondere Vorschriften über das Verfahren für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen. Gemäß § 15 S. 1 MOG ist das BELV auch zuständig für den Erlass von Rechtsverordnungen, die die Überwachung der Einhaltung insbesondere von Ausfuhrerstattungsvorschriften regeln. Von dieser Möglichkeit hat das BELV Gebrauch gemacht, indem es in § 4 AE-VO Vorschriften zur "Überwachung und Bestätigung der Ausfuhr" erlassen hat.

57

4. Der Beklagte ist damit verpflichtet, für die hier in Rede stehende Ausfuhr eine Ausgangsbestätigung zu erteilen. Da ab dem 01.07.2009 keine Vordrucke "Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke" verwendet werden konnten, erfolgt die Ausgangsbestätigung in der in Ziffer 86, letzter Absatz ErstDV vorgesehenen Form.

III.

58

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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(1) Als Dokument im Sinne des Artikels 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 ist das vom Bundesministerium der Finanzen zu diesem Zweck in der Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung - Amtsblatt des Bundesministeriums der Finanzen - (VSF) als

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Marktordnungsstelle im Sinne dieses Gesetzes ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Bundesanstalt).

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Die V dient der Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der Erstattungen bei der Ausfuhr, insbesondern der EWGV 3665/87

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Zollverordnung - ZollV | § 8a Teilnahme an der elektronischen Datenübermittlung


Das Bundesministerium der Finanzen legt durch eine Verfahrensanweisung die Voraussetzungen und Modalitäten im Sinne der Artikel 4a, 4b, 183 und 222 bis 224 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex fest, unter denen schriftlich zu erledigende Förmlic

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Bundesfinanzhof Urteil, 21. Feb. 2013 - V R 27/11

bei uns veröffentlicht am 21.02.2013

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb eine Ballettschule. Sie unterwarf in den Streitjahren 1972 bis 1992 ihre Umsätze dem Regelsteuersat

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(1) Als Dokument im Sinne des Artikels 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 ist das vom Bundesministerium der Finanzen zu diesem Zweck in der Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung - Amtsblatt des Bundesministeriums der Finanzen - (VSF) als "Ausfuhranmeldung (Zusatzblatt) für EG-Ausfuhrerstattungen" bekanntgemachte Einheitspapier (Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke) zu verwenden. Die Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke ist nach Artikel 787 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 253 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung in elektronischer Form abzugeben. In den Fällen des Artikels 787 Abs. 2 Buchstabe a und b der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 können die Ausfuhranmeldungen für Marktordnungswaren abweichend von Satz 1 papiergestützt abgegeben werden.

(2) Zuständig für die Annahme der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke ist die in Artikel 5 Abs. 7 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 genannte Zollstelle (Ausfuhrzollstelle). Gleichzeitig mit der Abgabe der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke ist der Ausfuhrzollstelle die Warensendung zu gestellen. Ebenso sind ihr alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(3) Die Ausfuhrzollstelle ist ebenfalls zuständig für die Erteilung des für Ausfuhren von Warensendungen über einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 erforderlichen Kontrollexemplars T 5. Stellt sich erst nach Annahme der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke heraus, daß eine Warensendung über einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgeführt wird, ist für die Erteilung des Kontrollexemplars T 5 jede Zollstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung zuständig, der die Warensendung mit dem Antrag auf Erteilung eines Kontrollexemplars T 5 gestellt wird.

(3a) Soll die Warensendung, für die die Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke angenommen wurde, in Teilsendungen ausgeführt werden, sind für die Teilung Kontrollexemplare T 5 zu verwenden. Die in Absatz 3 enthaltenen Zuständigkeitsregelungen für die Erteilung von Kontrollexemplaren T 5 gelten in den Fällen der Ausfuhr in Teilsendungen entsprechend.

(4) Wird die Warensendung nach Annahme der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke noch nicht unmittelbar ausgeführt, so ist die Nämlichkeit zu sichern. Die Warensendung darf auch ohne Überführung in das Zollagerverfahren in den Räumen eines Zollagers gelagert werden.

(5) Zur Feststellung von Tatsachen, die erstattungsrechtlich erheblich sind, kann das Hauptzollamt, in dessen Bezirk die Feststellung getroffen werden soll, Personen, die vom Ergebnis der Feststellung nicht selbst betroffen werden, als Zollhilfspersonen bestellen.

(1) Die Bestätigung über den Ausgang der Warensendung aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft (Ausgangsbestätigung) wird von der nach Artikel 793 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 bezeichneten Ausgangszollstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung in der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke erteilt.

(2) Bei Warensendungen, für die die Ausfuhranmeldung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angenommen wurde, wird die Ausgangsbestätigung von der nach Artikel 912c Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 bezeichneten Bestimmungsstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung im Kontrollexemplar T 5 erteilt.

(3) Stellt sich in den in § 3 Abs. 3 genannten Fällen heraus, daß die Warensendung entgegen der ursprünglichen Absicht doch nicht über einen anderen Mitgliedstaat ausgeführt wird, sondern das Zollgebiet der Gemeinschaft bereits in der Bundesrepublik Deutschland verläßt, wird die Ausgangsbestätigung von der nach Artikel 912c Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 bezeichneten Bestimmungsstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung im Kontrollexemplar T 5 erteilt.

(4) Bei der Ausfuhr auf dem Luftweg oder Seeweg wird die Ausgangsbestätigung nur erteilt, wenn ein Beförderungspapier vorgelegt wird, in dem ein Bestimmungsort außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft angegeben ist.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bestätigung über den Ausgang der Warensendung aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft (Ausgangsbestätigung) wird von der nach Artikel 793 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 bezeichneten Ausgangszollstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung in der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke erteilt.

(2) Bei Warensendungen, für die die Ausfuhranmeldung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angenommen wurde, wird die Ausgangsbestätigung von der nach Artikel 912c Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 bezeichneten Bestimmungsstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung im Kontrollexemplar T 5 erteilt.

(3) Stellt sich in den in § 3 Abs. 3 genannten Fällen heraus, daß die Warensendung entgegen der ursprünglichen Absicht doch nicht über einen anderen Mitgliedstaat ausgeführt wird, sondern das Zollgebiet der Gemeinschaft bereits in der Bundesrepublik Deutschland verläßt, wird die Ausgangsbestätigung von der nach Artikel 912c Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 bezeichneten Bestimmungsstelle im Geltungsbereich dieser Verordnung im Kontrollexemplar T 5 erteilt.

(4) Bei der Ausfuhr auf dem Luftweg oder Seeweg wird die Ausgangsbestätigung nur erteilt, wenn ein Beförderungspapier vorgelegt wird, in dem ein Bestimmungsort außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft angegeben ist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb eine Ballettschule. Sie unterwarf in den Streitjahren 1972 bis 1992 ihre Umsätze dem Regelsteuersatz. Die Umsatzsteuerbescheide wurden bestandskräftig.

2

Auf Antrag der Klägerin erteilte die Bezirksregierung am 30. September 2004 der Klägerin eine Bescheinigung "gemäß § 4 Nr. 21 a bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vom 24. März 1999", wonach die Ballettschule --je nach Studio mit unterschiedlichem Beginn in der Zeit zwischen 1971 bis 1995-- als Privatschule ordnungsgemäß auf einen Beruf als Ballettlehrer, Balletttänzer oder Musicaldarsteller vorbereite. Auf weiteren Antrag erteilte das Ministerium für Wissenschaft und Kultur am 24. Januar 2008 zudem eine Bescheinigung "nach § 4 Nr. 20 a UStG" (gemeint ist § 4 Nr. 20 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1973, wonach die Theater- und Schulaufführungen der Ballettschule die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG bezeichneten "öffentlichen Einrichtungen" erfüllen. Die Klägerin beantragte daraufhin am 14. September 2006 und am 18. Februar 2008 die Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1972 bis 1992.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Anträge der Klägerin, die bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide 1972 bis 1992 entsprechend den Bescheinigungen zu ändern und die Umsätze steuerfrei zu belassen, ab.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 25). Die Umsätze seien nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG steuerfrei, weil die Klägerin die Schüler auf den Beruf des Tänzers vorbereite, unabhängig davon, zu welchem Anteil die Schüler tatsächlich später diesen Beruf ergreifen würden. Entsprechendes gelte für die Umsätze mit Theater- und Schulaufführungen, für die die Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG erteilt worden sei. Bei den Bescheinigungen handele es sich um Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO), die gemäß § 175 AO auch rückwirkend für einen Zeitraum vor dem Ausstellungsdatum erteilt werden könnten. Der Grundsatz von Treu und Glauben führe nicht zu einer zeitlichen Begrenzung der Rückwirkung, denn die langjährige Untätigkeit der Klägerin bei der Beantragung der außersteuerlichen Grundlagenbescheide allein reiche für einen Verstoß gegen Treu und Glauben nicht aus, vielmehr müsse neben dem Zeitablauf ein Umstandsmoment hinzutreten, aus dem das FA schließen könne, dass die Klägerin auf die Steuerbefreiung durch die Beantragung der Bescheinigungen verzichten wolle. Daran fehle es.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts durch fehlerhafte Auslegung des Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben sowie wegen Nichtbeachtung der Verjährungsvorschriften. Die Geltendmachung der Steuerbefreiung in einem Zeitraum von 12 bis 30 Jahren nach vorangegangener Erklärung steuerpflichtiger Umsätze verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Verwirkung eines Anspruchs als Anwendungsfall des Grundsatzes von Treu und Glauben und des Verbots widersprüchlichen Tuns setze voraus, dass ein Anspruchsberechtigter durch sein Verhalten beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand dergestalt geschaffen habe, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit die Geltendmachung des Anspruchs als illoyale Rechtsausübung empfunden werden müsse.

6

Zwar reiche nach der Rechtsprechung in der Regel ein bloßes Untätigbleiben in der Regel nicht aus und werde zusätzlich zu dem Zeitmoment ein bestimmtes Verhalten des Anspruchsberechtigten gefordert, demzufolge der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung darauf habe vertrauen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Vertrauenstatbestand) und der Berechtigte tatsächlich auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs vertraut und sich hierauf eingerichtet habe (Vertrauensfolge). Ausnahmen seien jedoch möglich. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) in Entscheidungen zur Verwirkung der Rechtsbehelfsbefugnis (BFH-Urteil vom 14. Juni 1972 II 149/65, BFHE 106, 134) und zur Klagebefugnis (BFH-Beschluss vom 19. August 1987 IV B 70/86, BFH/NV 1988, 244) allein den Zeitablauf ausreichen lassen und im BFH-Urteil vom 14. September 1978 IV R 89/74 (BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121) ausgeführt, die Voraussetzungen der Verwirkung könnten nicht für alle Fälle von vornherein festgelegt werden.

7

Danach habe das FA spätestens nach Ablauf von zehn Jahren nicht mehr mit der Geltendmachung der Steuerbefreiung rechnen müssen. Die Vorschrift über die Verjährung der Steuerhinterziehung müsse analog angewendet werden. Zudem habe der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz vom 8. Dezember 2010 --JStG 2010-- (BGBl I 2010, 1768 ff.) eine Verjährungsregelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. mit Wirkung vom 1. Januar 2011 geschaffen, wonach die Festsetzungsfrist für außersteuerrechtliche Grundlagenbescheide der vierjährigen Festsetzungsfrist für Feststellungsbescheide angepasst werde. Die neu geschaffene Verjährungsregelung für § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG n.F. müsse analog für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG für die Jahre 1972 bis 1992 angewendet werden.

8

Für die Veranlagungszeiträume 1972 bis 1976 habe das FG jedenfalls übersehen, dass die Festsetzungsverjährung nach der Reichsabgabenordnung (RAO) bereits eingetreten sei.

9

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil des FG Niedersachsen vom 16. September 2010  16 K 295/09 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,
die Revision des FA zurückzuweisen.

11

Das FG-Urteil sei zutreffend. Nach dem Anwendungserlass zur AO vom 12. Januar 2004 (BStBl I 2004, 31) zu § 175 Nr. 1.4 stehe der Anpassung des Folgebescheides an den Grundlagenbescheid nicht entgegen, dass sie, die Klägerin, den für eine Steuerbegünstigung erforderlichen, aber nicht fristgebundenen Antrag erst nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides gestellt habe. Ob bei einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG die Rückwirkung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ausgeschlossen sei, spiele im Streitfall keine Rolle, weil die Regelung erst für Bescheinigungen gelte, die ab dem 28. Oktober 2004 vorgelegt worden seien (Art. 32 Abs. 5 JStG 2010, BGBl I 2010, 1768).

12

Im Streitfall sei eine Bescheinigung bereits am 30. September 2004 vorgelegt worden. Der BFH habe weiter ausgeführt, dass entgegen den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) die Rückwirkung nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße. Die gegenteilige Rechtsansicht des XI. Senats des BFH (Urteil vom 15. September 1994 XI R 101/92, BFHE 176, 146, BStBl II 1995, 912), wonach einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG 1980 keine Rückwirkung vor ihrem Ausstellungsdatum zukomme, sei von der Verwaltung mit einem Nichtanwendungserlass belegt worden (Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. November 1995 IV C 4 -S 7177- 22/95, BStBl I 1995, 827). Eine analoge Anwendung der Neuregelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG n.F., wonach die Festsetzungsverjährungsfrist auch für außersteuerrechtliche Grundlagenbescheide entsprechend gelten solle, komme mangels Regelungslücke nicht in Betracht, da der Gesetzgeber die Geltung dieser Neuregelung erst ab dem 1. Januar 2011 angeordnet habe. Zudem habe der Gesetzgeber bewusst von einer Änderung des § 4 Nr. 21 UStG abgesehen, weil die Abschaffung des Bescheinigungsverfahrens beabsichtigt worden sei. Durch das Rechtsinstitut von Treu und Glauben in Form einer Verwirkung durch Zeitablauf dürfe nicht die gesetzgeberische Grundwertung unterlaufen werden, wonach die in § 4 Nr. 20 UStG enthaltene Begrenzung auf vier Jahre erst ab dem 1. Januar 2011 anzuwenden sei. Zudem dürfe eine in Art. 13 Teil A der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) angelegte Steuerbefreiung nicht durch nationales Recht beschränkt werden.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Zu Recht geht das FG davon aus, dass die Bescheinigungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG und § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG in der in den Streitjahren 1972 bis 1992 geltenden Fassung Grundlagenbescheide (§ 171 Abs. 10 AO) sind, deren Erlass grundsätzlich zu einer Korrektur nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigen kann. Entgegen der Auffassung des FG ist die Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide für 1972 bis 1992 jedoch rechtswidrig, weil die Bescheinigungen erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer der Streitjahre 1972 bis 1992 erteilt worden sind. Denn auch Grundlagenbescheide ressortfremder Behörden, die nicht dem Anwendungsbereich der §§ 179 ff. AO unterliegen, bewirken eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO nur dann, wenn sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die betreffende Steuer erlassen worden sind.

15

1. Von der Umsatzsteuer befreit sind nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG in der Fassung der Streitjahre 1972 bis 1992 u.a. die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG in der Fassung der Streitjahre sind befreit die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchst. a der Vorschrift bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden.

16

2. Das FG geht zu Recht davon aus, dass es sich bei den für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 und Nr. 21 UStG erforderlichen Bescheinigungen der zuständigen Behörden um Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. 10 AO handelt, die grundsätzlich Grundlage für eine Änderung bestandskräftiger Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sein können (zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf sein Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Rz 27 f.; ebenso BFH-Urteil vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798).

17

a) Die Wirkung der Bescheinigung bezieht sich grundsätzlich auf den in ihr bezeichneten Gegenstand und Zeitraum, auch wenn letzterer vor der Bekanntgabe der Bescheinigung liegt (BFH-Urteile vom 18. Februar 2010 V R 28/08, BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876; in BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15; vom 24. September 1998 V R 3/98, BFHE 187, 334, BStBl II 1999, 147).

18

b) Der Klägerin wurde am 24. Januar 2008 bescheinigt, dass die Theater- und Schulaufführungen der Ballettschule der Klägerin ab 1. Januar 1973 die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen, wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG genannten öffentlich-rechtlichen Einrichtungen und am 30. September 2004, dass die Ballettkurse in den vier Studios jeweils mit unterschiedlichem Beginn in der Zeit zwischen 1971 bis 1995 i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ordnungsgemäß auf verschiedene Berufe vorbereiteten.

19

3. Der Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide für Umsatzsteuer 1972 bis 1976 steht jedoch entgegen, dass die Bescheinigungen erst am 24. Januar 2008 bzw. am 30. September 2004 und damit nach Ablauf der nach der RAO zu bestimmenden Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer diesen Streitjahren erteilt worden sind.

20

Nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteile vom 21. Juli 1993 X R 113/91, BFH/NV 1994, 221; vom 8. April 1992 X R 164/88, BFH/NV 1992, 717; vom 23. Juni 1993 X R 214/87, BFH/NV 1994, 295; vom 22. Februar 1991 III R 35/87, BFHE 164, 198, BStBl II 1991, 717; vom 18. Mai 1990 VI R 17/88, BFHE 160, 425, BStBl II 1990, 770) richtet sich zwar die Korrekturbefugnis von Steuerbescheiden ab dem 1. Januar 1977 grundsätzlich nach der AO (Art. 97 § 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung --EGAO 1977--, BGBl I 1976, 3341, 3382); dagegen bestimmt sich die Verjährung u.a. für die Festsetzung von Steuern wie für die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Art. 97 § 10 EGAO 1977) nach der RAO. Für eine Berichtigung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO gelten keine Besonderheiten (BFH-Urteil in BFHE 164, 198, BStBl II 1991, 717).

21

Für die Umsatzsteuer betrug die Verjährungsfrist nach § 144 RAO fünf Jahre. Sie begann nach § 144 RAO spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf die Entstehung der Steuer folgt und ist für die Streitjahre 1972 bis 1976 offensichtlich bereits seit langem abgelaufen.

22

4. Für die Streitjahre unter Geltung der AO (1977) --1977 bis einschließlich 1992-- ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (bis 31. Dezember 1981: § 175 Satz 1 Nr. 1 AO) ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Nach der Legaldefinition in § 171 Abs. 10 AO sind Grundlagenbescheide die Bescheide, die für die Festsetzung einer Steuer als Feststellungsbescheid, als Steuermessbescheid oder als anderer Verwaltungsakt bindend sind.

23

a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Ob die Festsetzungsverjährung einer Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entgegensteht, ist unter Berücksichtigung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO zu bestimmen. Nach der in den Streitjahren geltenden Fassung dieser Vorschrift endete die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des für die Steuerfestsetzung bindenden Grundlagenbescheides.

24

b) Entgegen der Auffassung des FG stand der Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1977 bis 1992 aufgrund der Bescheinigungen vom 30. September 2004 und vom 24. Januar 2008 nach § 175 Abs. 1 AO entgegen, dass die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer für 1977 bis 1992 bei Erlass der Grundlagenbescheide der ressortfremden Behörde bereits abgelaufen war. Denn bei Anwendung von § 171 Abs. 10 AO ist danach zu differenzieren, ob es sich bei dem die Ablaufhemmung bewirkenden Grundlagenbescheid um einen Feststellungsbescheid --i.S. der §§ 179 ff. AO einem Grundlagenbescheid einer Finanzbehörde (§ 6 Abs. 2 AO)-- oder um einen anderen Grundlagenbescheid einer aus Sicht der AO ressortfremden Behörde handelt.

25

aa) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen ist grundsätzlich unselbständiger Teil des Steuerbescheides; eine Durchbrechung des Grundsatzes der Einheit des Steuerfestsetzungsverfahrens (vgl. §§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 2 AO) findet nur statt, wenn und soweit dies ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.4.). Insoweit bezwecken die Vorschriften der §§ 179 ff. AO in verfahrens-rechtlich gestufter und abschichtender Weise, die notwendigen Entscheidungen verbindlich vorzugeben, um auf dieser Grundlage die Folgebescheide erlassen zu können (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b). Steuerrechtliche Grundlagenbescheide --wie z.B. Feststellungsbescheide-- unterliegen den Regelungen der AO, die im Gegensatz zur RAO für den Erlass von Feststellungsbescheiden eine eigenständige Feststellungsfrist eingeführt hat. So gelten für die gesonderte Feststellung gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung und damit auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung sinngemäß.

26

Nach § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte Feststellung nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist im Übrigen nur insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Festsetzungsfrist und Feststellungsfrist bei steuerrechtlichen Grundlagenbescheiden auseinanderfallen können, weil auch für die Feststellungsfrist die Ablaufhemmungstatbestände maßgeblich sind.

27

Der AO liegt danach ein Regelungssystem zugrunde, wonach Grundlagenbescheide, soweit eine ausdrückliche von der Festsetzungsfrist des betreffenden Steuerbescheides (Folgebescheides) abweichende Regelung zur Feststellungsfrist für den Grundlagenbescheid fehlt, steuerrechtlich nur zu berücksichtigen sind, wenn sie innerhalb der Festsetzungsfrist für den betreffenden (Folge-)Steuerbescheid erlassen worden sind.

28

bb) Bei Grundlagenbescheiden ressortfremder Behörden ist § 171 Abs. 10 AO lückenhaft und deshalb aufgrund einer teleologischen Reduktion einschränkend dahingehend auszulegen, dass die von dieser Vorschrift angeordnete Ablaufhemmung --wie in den Fällen der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3, 4 bis 6, 9 und 13 AO-- voraussetzt, dass der Grundlagenbescheid noch vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist für die Steuer, für die der Grundlagenbescheid bindend ist, bekanntgegeben wird.

29

(1) Eine Regelungslücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Ob eine Regelungslücke oder lediglich ein sog. rechtspolitischer Fehler vorliegt, ist unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist. Die Unvollständigkeit muss sich bereits aus der dem Gesetz immanenten Zwecksetzung ergeben und nicht nur aus einer selbständigen kritischen Würdigung des Gesetzes. Auch bei einem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann eine Gesetzeslücke vorliegen (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, unter II.5.a, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung).

30

Liegt eine sog. Gesetzeslücke vor, ist diese in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entsprechenden Weise zu schließen. Zur Lückenfüllung kommen insbesondere Analogie, teleologische Extension oder Reduktion in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, unter II.5.a). Dies ist Aufgabe der Fachgerichte (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1990  1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1990, 1593, unter C.I.1.).

31

(2) Danach enthält § 171 Abs. 10 AO eine Regelungslücke. Denn nach ihrem Grundgedanken und System dienen die §§ 169 ff. AO dazu, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden dadurch herzustellen, dass Steueransprüche nur innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden können (vgl. BFH-Urteile vom 31. Januar 1989 VII R 77/86, BFHE 156, 30, BStBl II 1989, 442, unter II.3.b; vom 26. Februar 2008 VIII R 1/07, BFHE 220, 229, BStBl II 2008, 659, unter II.3.a bb; vom 24. Januar 2008 VII R 3/07, BFHE 220, 214, BStBl II 2008, 462, unter II.2.b; vom 12. Mai 2009 VII R 5/08, BFH/NV 2009, 1602, unter 3.; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, vor §§ 169 ff. AO Rz 5).

32

Dieser auch für die Auslegung des § 171 Abs. 10 AO zu beachtende Normzweck wird für den Fall ressortfremder Grundlagenbescheide nicht verwirklicht, wenn diese wie Feststellungsbescheide der Finanzbehörden i.S. von §§ 179 ff. AO auch bei einer Bekanntgabe nach Ablauf der regulären Festsetzungsfristen des § 169 AO zu einer Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 AO führen würden, ohne dass für den Erlass derartiger Grundlagenbescheide --wie nach § 181 AO-- zeitliche Grenzen bestehen. Eine für ressortfremde Grundlagenbescheide zeitlich unbegrenzte Änderungsmöglichkeit ist nicht lediglich ein rechtspolitischer Fehler. Die Verselbständigung der Feststellung einzelner für die Besteuerung vorgreiflicher Umstände und Beurteilungen rechtlicher Art (Besteuerungsgrundlagen, vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 40/99, BFH/NV 2001, 17) aus verfahrensökonomischen Gründen --z.B. mit Rücksicht auf Sachnähe (z.B. BFH-Beschluss vom 15. September 2011 I R 53/10, BFH/NV 2012, 23 zu § 51a des Einkommensteuergesetzes)-- hat unabhängig davon, ob die abgeschichtete Feststellung den Finanzbehörden oder einer ressortfremden Behörde obliegt, lediglich dienende Funktion gegenüber der Steuerfestsetzung (Begründung zu § 162 EGAO 1974, BTDrucks VI/1982, 157; z.B. BFH-Urteile vom 12. Juni 2002 XI R 26/01, BFHE 198, 395, BStBl II 2002, 681; vom 31. Oktober 2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156).

33

(3) Die im Anwendungsbereich des § 171 Abs. 10 AO bei sog. ressortfremden Grundlagenbescheiden bestehende Regelungslücke ist dadurch zu schließen, dass derartige Grundlagenbescheide ebenso wie die in § 171 Abs. 3, 4 bis 6, 9 und 13 AO ausdrücklich geregelten Sachverhalte nur dann eine Ablaufhemmung begründen, wenn die Bekanntgabe dieser Grundlagenbescheide noch vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist für die Steuer, für die der Grundlagenbescheid bindend ist, erfolgt. Damit trägt der Senat den vom BVerwG (BVerwG-Urteil vom 11. Oktober 2006  10 C 4/06, NJW 2007, 714) und im Schrifttum (vgl. z.B. Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 93; a.A. Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 206) geäußerten Bedenken gegen eine zeitlich unbegrenzte Ablaufhemmung bei ressortfremden Grundlagenbescheiden Rechnung.

34

(4) Der teleologischen Reduktion des § 171 Abs. 10 AO bei der Bekanntgabe ressortfremder Grundlagenbescheide steht die mit Wirkung ab 1. Januar 2011 in Kraft getretene Neuregelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG nicht entgegen. Zwar gilt für die Erteilung der in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG genannten Bescheinigung § 181 Abs. 1 und 5 AO entsprechend. Die erst nach den Streitjahren in Kraft getretene Neuregelung ist jedoch für die Beurteilung, ob nach der in den Streitjahren bis 1992 bestehenden Rechtslage eine Regelungslücke vorlag und ob der Gesetzgeber eine in den Streitjahren bestehende Regelungslücke für spätere Besteuerungszeiträume geschlossen hat, nicht von Bedeutung.

35

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin führt diese Auslegung nicht zu einer Beschränkung der unionsrechtlich vorgegebenen Steuerbefreiung. Unionsrechtliche Grundlage der Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 20 (kulturelle Dienstleistungen) und § 4 Nr. 21 UStG (Privatschulen) ist Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG. Unionsrechtliche Ansprüche werden aber nur im Rahmen der jeweils geltenden innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gewährleistet (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 2010 V R 46/09, juris). Auch der Hinweis der Klägerin auf die sog. "Emmotschen Fristenhemmung" nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25. Juli 1991 C-208/90, Emmot (Slg. 1991, I-4269, Höchstrichterliche Finanzrecht-sprechung 1993, 137) führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese setzt voraus, dass die entsprechende Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden und die Geltendmachung des Anspruchs unzumutbar erschwert oder versperrt war (BFH-Urteil vom 21. März 1996 XI R 36/95, BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399). Im Streitfall ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Klägerin von der Beantragung der Grund-lagenbescheide in nicht verjährter Zeit abgehalten worden ist.

36

Der Senat weicht entgegen der Auffassung der Klägerin in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 25. Februar 2013 nicht i.S. des § 11 FGO von den BFH-Urteilen vom 13. Dezember 1985 III R 204/81 (BFHE 145, 545, BStBl II 1986, 245) und vom 9. August 1983 VIII R 55/82 (BFHE 139, 341, BStBl II 1984, 86) ab. Eine Anrufung des Großen Senats des BFH ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht erforderlich.

37

d) Eine Abweichung liegt nur bei einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage vor (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 1985 GrS 2/84, BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207; BFH-Urteile vom 15. Februar 2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267, unter II.4.; vom 17. September 2002 IX R 68/98, BFHE 199, 493, BStBl II 2003, 2, unter II.1.b) und setzt daher einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt voraus (z.B. BFH-Beschluss vom 5. März 1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570; BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, BStBl II 1989, 990, unter II.3.c (4)). Liegen den Entscheidungen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde, ergeben sich daraus andere rechtliche Wertungen und die Beurteilung anderer Rechtsfragen. Bei Ausführungen, die verallgemeinernd über den entschiedenen Fall hinausgehen, handelt es sich mithin allenfalls um ein obiter dictum, das regelmäßig die Annahme einer Abweichung i.S. des § 11 FGO nicht indiziert (vgl. dazu BFH-Urteile vom 2. September 2008 VIII R 2/07, BFHE 223, 15, BStBl II 2010, 25, unter II.2.e; in BFHE 236, 267, unter II.4.; vom 26. Mai 1993 X R 72/90, BFHE 171, 455, BStBl II 1993, 855; BFH-Beschluss vom 22. Juli 1977 III B 34/74, BFHE 123, 112, BStBl II 1977, 838; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 11, m.w.N.). Eine Anrufung des Großen Senats ist in diesem Falle nicht erforderlich (z.B. BFH-Urteile vom 31. Juli 1990 VII R 60/89, BFHE 162, 1, BStBl II 1990, 1071, und in BFHE 158, 31, BStBl II 1989, 990).

38

e) Weder der III. Senat noch der VIII. Senat des BFH haben über die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage der Wirkungen eines nach Eintritt der Festsetzungsfrist erlassenen Grundlagenbescheides entschieden.

39

aa) In dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil in BFHE 145, 545, BStBl II 1986, 245 hat der III. Senat vielmehr entschieden, dass sich eine zeitliche Beschränkung für die Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aus den Vorschriften der Festsetzungsverjährung ergibt (in BFHE 145, 545, BStBl II 1986, 245, unter II.1.b). Zudem betrifft diese Entscheidung einen bereits vor Erlass des streitigen Steuerbescheides erlassenen Grundlagenbescheid. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber über die Wirkungen eines nach Eintritt der Festsetzungsfrist erlassenen Grundlagenbescheides zu entscheiden. Das ist ein anderer Sachverhalt. Soweit der III. Senat ausführt, solange der Folgebescheid einen "--gleichgültig zu welchem Zeitpunkt erlassenen--" Grundlagenbescheid nicht berücksichtige, sei die diesem zugedachte Aufgabe noch nicht erfüllt, handelt es sich nur um ein obiter dictum.

40

bb) Auch eine Abweichung vom BFH-Urteil in BFHE 139, 341, BStBl II 1984, 86 liegt nicht vor. Das Urteil betrifft die Frage, ob ein Steuerbescheid auch dann noch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert werden kann, wenn der (innerhalb der Festsetzungsfrist des Folgebescheides erlassene) Grundlagenbescheid bereits bei Erlass eines früheren Steuerbescheides hätte berücksichtigt werden können und damit einen anders gelagerten Sachverhalt und eine andere Rechtsfrage betrifft.

41

f) Aus denselben Gründen liegt auch keine Abweichung vom BFH-Urteil vom 14. April 1988 IV R 219/85 (BFHE 153, 285, BStBl II 1988, 711) vor, weil dieses Urteil eine Fallgestaltung betrifft, in der die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten war. Soweit der IV. Senat darüber hinaus ausgeführt hat, eine zeitliche Beschränkung für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ergebe sich lediglich aus den Vorschriften über die Festsetzungsverjährung (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO) und über die Feststellungsverjährung (§ 181 AO) und im "übrigen ist eine Änderung des Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 nur ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen für eine Verwirkung vorliegen", war dies nicht entscheidungserheblich.

42

g) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, der Senat setze sich in Widerspruch zu "Regelungen im Anwendungserlass" zu § 175 Abs. 1 Satz 1 AO und den Umsatzsteuer-Richtlinien zu § 4 Nr. 21 UStG bzw. dem nachfolgenden Umsatzsteueranwendungserlass. Denn hierbei handelt es sich um sog. norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, denen keine Rechtsnormqualität zukommt und die die Gerichte nicht binden (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 XI B 250/07, BFH/NV 2009, 394; vom 19. Januar 2010 VIII R 40/06, BFHE 228, 216, BStBl II 2011, 254; vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754).

Das Bundesministerium der Finanzen legt durch eine Verfahrensanweisung die Voraussetzungen und Modalitäten im Sinne der Artikel 4a, 4b, 183 und 222 bis 224 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex fest, unter denen schriftlich zu erledigende Förmlichkeiten auf der Grundlage von Informatikverfahren durchgeführt und handschriftliche Unterzeichnungen durch ein besonderes technisches Verfahren ersetzt werden. Die Teilnahme an der elektronischen Datenübermittlung bedarf der vorherigen Anmeldung bei einer vom Bundesministerium der Finanzen bekanntgegebenen Stelle. Der Teilnehmer ist verpflichtet, die in der Verfahrensanweisung festgelegten Voraussetzungen und Modalitäten einzuhalten.

Marktordnungsstelle im Sinne dieses Gesetzes ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Bundesanstalt).

Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Vorschriften zu erlassen, die zur Überwachung der Einhaltung der Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 hinsichtlich Marktordnungswaren oder Direktzahlungen sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlich sind. § 6 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.