Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Sept. 2018 - 2 C 44/17
Tatbestand
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Der Kläger steht als Polizeihauptkommissar im Dienst des Beklagten. Von 2008 bis 2014 wurde er im Wach- und Wechseldienst verwendet. Im April 2008 beantragte er, "seit dem 1. Januar 2005 bei der Berechnung der Arbeitszeitkonten pauschale Übergabe- und Ankleidezeiten vor und nach der Dienstschicht in Höhe von insgesamt 15 Minuten pro Diensttag zu berücksichtigen".
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Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. Oktober 2012 ab. Anders als das An- und Ablegen der Dienstkleidung sei das An- und Ablegen einiger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände (Pistole mit Holster, Reservemagazin mit Tasche, Handfessel Stahl mit Tragevorrichtung, Reizstoffsprühgerät mit Tragevorrichtung und Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock) der Arbeitszeit zuzurechnen. Die hierfür erforderliche Zeit sei jedoch äußerst gering, sodass das An- und Ablegen der genannten Ausrüstungsgegenstände innerhalb der Dienstzeit erledigt werden könne. Die polizeiliche Präsenz und Einsatzfähigkeit im Außendienst werde durch überlappende Dienste in den Inspektionen bzw. durch den Einsatz von Frühwagen gewährleistet. Eine Ausdehnung der planmäßigen Schichtdauer sei daher (auch zukünftig) nicht notwendig.
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Der Kläger hat am 30. November 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, dass die Vorgesetzten unabhängig von schriftlichen Dienstanweisungen erwarteten, dass die Beamten bereits zum Schichtbeginn voll ausgerüstet seien.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage, welche nach einer Teilrücknahme betreffend das An- und Ablegen der Uniform auf die Feststellung gerichtet war, dass der Kläger durch das Aufrüsten vor Schichtbeginn und das Abrüsten nach Schichtende Arbeitszeit im Sinne der für Polizeivollzugsbeamte maßgeblichen Arbeitszeitverordnung erbracht hat, stattgegeben.
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Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil geändert und festgestellt, dass der Kläger durch das Aufrüsten vor Schichtbeginn und das entsprechende Abrüsten nach Schichtende mit den jedem Polizeivollzugsbeamten persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen über die geschuldete Arbeitszeit hinaus Dienst geleistet hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, dass, soweit es der Klage stattgegeben habe, die Klage als Feststellungsklage zulässig sei. Es bestehe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, weil dem Kläger infolge seiner Dienstleistung ein Ausgleichsanspruch auf Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben zustehen könne, der jedoch zunächst in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu überprüfen sei. Zwar sei der Kläger - anders als in sonstigen von der Rechtsprechung anerkannten Fällen - nicht einseitig vom Dienstherrn in die Pflicht genommen worden. Allerdings habe der Beklagte die Praxis zahlreicher Beamter, entgegen der bestehenden Erlasslage die Zeiten des An- und Ablegens der Ausrüstung außerhalb der eingeteilten Schichtdauer zu legen, gekannt und über Jahre hingenommen. Diese Praxis sei - zum Teil auch von Vorgesetzten - allgemein als Notwendigkeit empfunden worden. Die Feststellungsklage sei insoweit auch begründet, weil der Kläger mit dem An- und Ablegen der Ausrüstungsgegenstände Dienst geleistet habe.
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Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der er beantragt,
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das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. November 2016 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 5. August 2014 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er weist ergänzend darauf hin, dass der Verordnungsgeber inzwischen durch eine Änderung der maßgeblichen Arbeitszeitverordnung selbst einen Rüstaufwand in einem Umfang von 12 Minuten anerkannt habe.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist zulässig und begründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es könne ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch entstehen, wenn sich ein Beamter entgegen der bestehenden Erlasslage selbst in der Pflicht sieht, Diensthandlungen außerhalb der vom Dienstherrn vorgesehenen Arbeitszeit vorzunehmen, verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
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Die der stattgebenden Entscheidung des Berufungsgerichts entsprechende und allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Feststellungsklage ist unzulässig. Die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Soll die Feststellung - wie hier - dazu dienen, ggf. in einem weiteren Prozess Ersatzansprüche geltend zu machen, ist das berechtigte Interesse zu bejahen, wenn der Ersatzanspruch jedenfalls nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. März 1993 - 3 C 90.90 - BVerwGE 92, 172 <175> und vom 8. Dezember 1995 - 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <91 f.>). Dies ist hier aber der Fall. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruchs liegen hier offensichtlich nicht vor.
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1. Der beamtenrechtliche Ausgleichsanspruch findet seine Rechtsgrundlage im Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch im öffentlichen Recht Anwendung findet. Der Grundsatz vermag in dem engen, auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis, in dem Dienstherr und Beamter verbunden sind, die nach der jeweiligen Interessenlage gebotenen Nebenpflichten zu begründen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6).
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In der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist der beamtenrechtliche Ausgleichsanspruch im Hinblick auf Fragen der Arbeitszeit in solchen Fällen anerkannt worden, in denen der Beamte rechtswidrig Zuvielarbeit geleistet hat (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Voraussetzung für diesen Anspruch ist danach eine rechtswidrige, vom Dienstherrn ausgehende Inanspruchnahme des Beamten über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus (BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f. und vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8). Diese Entscheidungen betrafen Fälle, in denen der Dienstherr den Beamten über das nach der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zulässige Maß hinaus in Anspruch genommen hatte (vgl. insoweit auch BVerwG, Urteile vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - Buchholz 237.21 § 76 BrbgLBG Nr. 1 Rn. 8 ff. und vom 19. April 2018 - 2 C 40.17 - NVwZ 2018, 1314 Rn. 16 ff. und 30 ff.). Darüber hinaus ist auch ohne einen Verstoß gegen Unionsrecht die Heranziehung zum Dienst über die regelmäßige Dienstzeit hinaus im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben auch dann ausgleichspflichtig, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nicht erfüllt sind (BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 - 2 C 23.15 - BVerwGE 156, 262 Rn. 25).
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Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt eine von Rücksicht und Redlichkeit geprägte gegenseitige Pflichterfüllung. Geschützt wird das Vertrauen darauf, dass sich der jeweils andere bei seiner Pflichterfüllung an diesen Maßstäben orientiert (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 242 Rn. 6; Schubert, in: Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 2, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 9). Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben können daher nur Ansprüche hergeleitet werden, soweit der (vermeintliche) Anspruchsinhaber auf die Pflichterfüllung des anderen in der gewünschten Weise vertrauen darf, soweit dessen Vertrauen also schutzwürdig ist (BVerwG, Urteil vom 12. März 1987 - 2 C 55.84 - DÖD 1987, 231 <233>; Beschluss vom 19. April 2007 - 2 B 31.07 - juris Rn. 3).
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Im Einklang mit diesen Grundsätzen erachtet die genannte Rechtsprechung das Vertrauen eines Beamten für schutzwürdig, der Dienstherr werde für die rechtswidrige Heranziehung zu Zuvielarbeit einen Ausgleich schaffen. Demgegenüber ist ein schutzwürdiges Vertrauen eines Beamten ausgeschlossen, wenn der Dienstherr eine klare Weisung zu Fragen der Arbeitszeit erlässt und der Beamte ungeachtet dessen aufgrund eigenen Entschlusses diese entgegen der bestehenden Weisung ausweitet. In diesem Fall kennt der Beamte die Auffassung des Dienstherrn und kann folglich kein berechtigtes Vertrauen dahingehend haben, der Dienstherr werde entgegen seiner Weisung und mitgeteilten Überzeugung einen Ausgleich zugunsten der Beamten schaffen.
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2. Kraft seines Organisationsermessens steht es allein dem Dienstherrn zu, die konkrete Arbeitszeit der Beamten zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008 - 2 BvR 398/07 - BVerfGK 13, 242 <244> sowie OVG Münster, Beschluss vom 31. März 2010 - 6 B 1734/09 - juris Rn. 6, zum Umfang der Arbeitszeit). Um eine solche Bestimmung zu treffen, steht dem Dienstherrn das Weisungsrecht gegenüber den Beamten zu. Gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Vorgesetzte im Sinne dieser Vorschrift sind sowohl Fachvorgesetzte als auch Dienstvorgesetzte, gleich welcher hierarchischen Stufe (vgl. Hampel, in: GKÖD, Stand Juni 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 23). Das Innenministerium des Beklagten hat mit insoweit gleichlautenden Erlassen vom 31. März 2004 (Az. 41.2 - 3025) und vom 13. Dezember 2007 (Az. 41 - 60.01.10) in allgemeinen Richtlinien im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG festgelegt, dass die sog. "Übergabe-/Rüstzeiten" Teil der Dienstzeit sind, sich hierdurch die Schichtdauer jedoch nicht verlängert. Eine pauschale Anrechnung der durch die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit (gemeint ist von 40 auf 41 Stunden) zur Verfügung stehenden zusätzlichen Stundenpotenziale auf Übergabezeiten ist danach ausdrücklich nicht zulässig. Inhaltlich entsprechend wurde diese Regelung mit Erlass vom 28. November 2011 (Az. 403 - 60.01.10) fortgeschrieben. Deshalb musste jedem Polizeivollzugsbeamten im gesamten streitbefangenen Zeitraum klar sein, dass der Dienstherr sein Organisationsermessen dahingehend ausgeübt hatte, dass das An- und Ablegen der Ausrüstungsgegenstände während der regulären Schichtdauer zu erfolgen hatte und eine Zeitgutschrift über die reguläre Schichtdauer hinaus nicht vorgesehen war. Einer ausdrücklichen Untersagung des An- und Ablegens der Ausrüstungsgegenstände außerhalb der regulären Schichtdauer bedurfte es daneben nicht. Eine positive Beschreibung genügt regelmäßig, um die konkreten Dienstpflichten des Beamten zu konkretisieren.
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3. Angesichts dieser klaren Weisungslage ist ein auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützter Ausgleichsanspruch ausgeschlossen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO), hat sich der Kläger neben zahlreichen weiteren Polizeivollzugsbeamten selbst in der Pflicht gesehen, die zur Herstellung der Einsatzbereitschaft erforderlichen Ausrüstungsgegenstände außerhalb der Schichtdauer an- und abzulegen. Auch sei diese Verhaltensweise allgemein - teilweise auch von Vorgesetzten - für notwendig gehalten worden. Hintergrund ist die nach Darstellung des Klägers von vielen Polizeivollzugsbeamten geteilte, vom Beklagten jedoch durchgehend bestrittene Auffassung, dass ansonsten während des Wechsels der sich zeitlich nicht überschneidenden Schichten die Sicherheit nicht hinreichend gewährleistet sei.
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Auch wenn dem Kläger einzuräumen ist, dass seinem Verhalten eine positive Motivation zur vorbildlichen Erfüllung von Dienstpflichten zugrunde lag, kann er hierauf gleichwohl kein schützenswertes Vertrauen im oben geschilderten Sinne stützen. Dem Dienstherrn obliegt im Verhältnis zum Beamten nicht nur die Einteilung der Arbeitszeiten durch Schichtdienste (s.o.). Ihm allein obliegt es auch, die allgemeine Sicherheit während des Schichtwechsels zu gewährleisten. Hierfür trägt der zuständige Minister die parlamentarische und politische Verantwortung. Die einzelnen Polizeibeamten dürfen von der entsprechenden Erlasslage - gleich aus welcher Motivation heraus - nicht eigenmächtig abweichen.
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Dem Dienstherrn steht es zu, im Verhältnis zum Beamten dessen konkrete Dienstpflichten durch Weisungen (Anordnungen oder allgemeine Richtlinien im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG) zu bestimmen. Verstößt der Beamte gegen eine solche Weisung, verhält er sich pflichtwidrig. Hält der Beamte die Weisung für rechtswidrig oder für unzweckmäßig, sieht das Gesetz Instrumente vor, mit denen der Beamte dies geltend machen kann: Als Folge der grundsätzlich vollen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen (§ 36 Abs. 1 BeamtStG) kann der Beamte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen im Wege der Remonstration geltend machen (§ 36 Abs. 2 BeamtStG). Hält der Beamte - wie hier - eine dienstliche Weisung lediglich für unzweckmäßig, so kann er dies dem Dienstherrn bzw. dem Vorgesetzten im Rahmen seines Beratungsauftrags (§ 35 Satz 1 BeamtStG) zur Kenntnis bringen (BVerwG, Urteil vom 6. April 1989 - 2 C 9.87 - BVerwGE 81, 365 <370>; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand September 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 20). Soweit der Dienstherr dann an seiner Auffassung festhält bzw. lediglich von seiner Weisung nicht abrückt, hat der Beamte diese in den Grenzen des § 36 Abs. 2 BeamtStG und insbesondere dessen Satz 4 weiterhin zu befolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 D 34.98 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 24 S. 30: es sei denn, die Anordnung erweist sich als "offensichtlich und in schwerwiegender Weise rechtswidrig"; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand September 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 23). Aus einer Missachtung seiner Befolgenspflicht kann er einen auf Treu und Glauben gestützten Leistungsanspruch gegen den Dienstherrn offensichtlich nicht herleiten.
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4. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob sich ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch womöglich dann ergeben könnte, wenn ein unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers diesem entgegen der bestehenden Erlasslage eine dienstliche Anordnung im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG erteilt hätte, nach der die Ausrüstungsgegenstände außerhalb der regulären Schichtdauer an- und abzulegen gewesen wären. Denn eine solche Anordnung hat es nicht gegeben. Dienstliche Anordnungen müssen so klar und bestimmt sein, dass der Beamte erkennen kann, welche und wessen Anordnung er zu befolgen hat. Denn ein Verstoß gegen die Befolgenspflicht stellt ein Dienstvergehen dar, das ggf. disziplinarische Folgen haben kann (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 C 24.13 - BVerwGE 150, 366 Rn. 32). Aus diesem Grund muss sich auch der konkrete Inhalt der Anordnung sowie ihre Verbindlichkeit für den Beamten klar und bestimmt aus ihr ergeben.
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Eine solche, von den zuvor zitierten Erlassen (s.o. Rn. 16) abweichende dienstliche Anordnung ist dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erteilt worden. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass der Beklagte den Kläger nicht angewiesen hat, das An- und Ablegen der ihm persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände außerhalb der planmäßigen Schichtdauer vorzunehmen. Den sonstigen festgestellten Umständen, die in ihrer weitestgehenden Feststellung darin bestehen, dass die geschilderte Verfahrensweise "allgemein als dienstliche Notwendigkeit empfunden" worden sei, fehlt die erforderliche Verbindlichkeit, die auch nicht dadurch herzustellen ist, dass diese "Empfindung" zum Teil auch bei den Vorgesetzten des Klägers bestanden hat.
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Soweit sich den erstinstanzlich protokollierten Zeugenaussagen dieses Verfahrens und der Parallelverfahren, die das Berufungsgericht einleitend seiner tatsächlichen Feststellungen insgesamt in Bezug genommen hat, entnehmen lässt, dass einzelne Zeugen als Vorgesetzte angegeben haben, dass sie bei einem abweichenden Verhalten ein klärendes Gespräch mit dem jeweiligen Polizeivollzugsbeamten geführt hätten, kann sich auch hieraus keine abweichende Anordnung ergeben, weil keine Feststellung getroffen worden ist, welchen konkreten Inhalt ein solches Gespräch tatsächlich gehabt hätte und dass ein solches Gespräch je tatsächlich stattgefunden hat.
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Der Beklagte hat seine in den genannten Erlassen zum Ausdruck kommende allgemeine Richtlinie im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass er nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts von dem abweichenden Verhalten zahlreicher Polizeivollzugsbeamter Kenntnis hatte und dieses geduldet hat. Auch einer solchen Duldung fehlt der Charakter einer konkreten und verbindlichen Weisung. Außerdem hat der Beklagte seine allgemeine Richtlinie wie geschildert mehrfach wiederholt.
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5. Andere Willenskundgaben von Vorgesetzten, die nicht den Charakter einer Anordnung im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG haben, können eine Befolgenspflicht und damit möglicherweise einen beamtenrechtlichen Erstattungsanspruch nicht auslösen. Mit dem Zusammenspiel von Weisung, Befolgenspflicht, Beratung und Remonstration (s.o. Rn. 19) hat der Gesetzgeber klare Formen für die Konkretisierung und ggf. Überprüfung der Pflichten eines Beamten durch Vorgesetzte geschaffen. Zwar kann eine Anordnung in diesem Sinne grundsätzlich auch konkludent erteilt werden (vgl. Hampel, in: GKÖD, Stand Juni 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 33). Dies befreit den Vorgesetzten jedoch nicht von der Notwendigkeit, dass eine Anordnung in diesem Sinne klar, bestimmt und verbindlich zu sein hat, um die Befolgenspflicht auszulösen. Eine bloße gemeinsame Überzeugung, eine Gewohnheit oder eine Gepflogenheit (vgl. insoweit VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 - 2 K 8397/12 - juris Rn. 29) können eine Befolgenspflicht nicht auslösen. Dies gilt erst recht bei entgegenstehender Erlasslage.
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6. Unerheblich für den Streitfall ist, dass das beklagte Land inzwischen in § 22 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten im Land Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung Polizei - AZVOPol) vom 5. Mai 2017 (GV.NRW. S. 576) mit Wirkung vom 1. Juli 2017 eine Regelung getroffen hat, derzufolge für das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände von Polizeivollzugsbeamten des Landes - nunmehr - ein zeitlicher Aufwandsausgleich im Umfang von 12 Minuten gewährt wird. Für Zeiträume vor Inkrafttreten der vorbezeichneten Rechtsänderung kann der Kläger hieraus nichts herleiten.
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung
- 1.
von Bundesrecht oder - 2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht
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in der Sache selbst entscheiden, - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.
(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.
(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung
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von Bundesrecht oder - 2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.
(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.
(3) Wird von den Beamtinnen oder Beamten die sofortige Ausführung der Anordnung verlangt, weil Gefahr im Verzug besteht und die Entscheidung der oder des höheren Vorgesetzten nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend. Die Anordnung ist durch die anordnende oder den anordnenden Vorgesetzten schriftlich zu bestätigen, wenn die Beamtin oder der Beamte dies unverzüglich nach Ausführung der Anordnung verlangt.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.
(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.
(3) Wird von den Beamtinnen oder Beamten die sofortige Ausführung der Anordnung verlangt, weil Gefahr im Verzug besteht und die Entscheidung der oder des höheren Vorgesetzten nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend. Die Anordnung ist durch die anordnende oder den anordnenden Vorgesetzten schriftlich zu bestätigen, wenn die Beamtin oder der Beamte dies unverzüglich nach Ausführung der Anordnung verlangt.
(1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:
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Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie Ministerialdirektorinnen und Ministerialdirektoren, - 2.
sonstige Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes im auswärtigen Dienst von der Besoldungsgruppe B 3 an aufwärts sowie Botschafterinnen und Botschafter in der Besoldungsgruppe A 16, - 3.
Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes von der Besoldungsgruppe B 6 an aufwärts, - 4.
die Chefin oder den Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, deren oder dessen Stellvertretung und die Stellvertretende Sprecherin oder den Stellvertretenden Sprecher der Bundesregierung, - 5.
die Generalbundesanwältin oder den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, - 6.
(weggefallen) - 7.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundeskriminalamtes, - 8.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums, - 9.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, - 10.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, - 11.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, - 12.
die Präsidentin oder den Präsidenten der Generalzolldirektion, - 13.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und - 14.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.
(2) Gesetzliche Vorschriften, nach denen andere politische Beamtinnen und politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, bleiben unberührt.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat.
Der Bescheid des Landrates als Kreispolizeibehörde X. vom 31. Oktober 2012 wird teilweise aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger als Dienstgruppenleiter der Polizeiwache N. in der Zeit von April 2008 bis Januar 2014 durch das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände pro Schicht zusätzliche regelmäßige Arbeitszeit im Umfang von 10 Minuten erbracht hat.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu zwei Dritteln und dem Kläger zu einem Drittel auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger steht seit 1982 im Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes und verrichtet seit Oktober 2000 (wieder) Dienst bei dem Landrat als Kreispolizeibehörde X. (Kreispolizeibehörde). Von August 2006 bis Januar 2014 wurde er als Dienstgruppenleiter (Dienstgruppe A) in der zur damaligen Polizeiinspektion West gehörigen Polizei(haupt)wache N. verwendet. Mit Schreiben vom 22. April 2008 stellte er unter Bezugnahme auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Münster und Aachen den Antrag, seit dem 1. Januar 2005 bei der Berechnung der Arbeitszeitkonten pauschale Übergabe- und Ankleidezeiten vor und nach der Dienstschicht in Höhe von insgesamt 15 Minuten pro Diensttag zu berücksichtigen. Das An- und Ablegen der Dienstkleidung und die notwendigen Übernahmegespräche seien reguläre Dienstzeit. Er benötige ca. 10 Minuten, um sich streifenfertig zu machen und weitere 5 Minuten, um zum Ende des Dienstes die Ausstattung wieder abzulegen. Die Entscheidung über diesen Antrag wurde im Hinblick auf weitere verwaltungsgerichtliche Verfahren zunächst einvernehmlich zurückgestellt.
3Nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) und das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die grundlegenden Rechtsfragen geklärt und das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (Innenministerium) diese Entscheidungen mit Erlass vom 28. November 2011 umgesetzt hatten, lehnte die Kreispolizeibehörde nach Einholung einer Stellungnahme des Leiters der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz und nach Anhörung des Klägers durch Bescheid vom 31. Oktober 2012 dessen Antrag vom 22. April 2008 mit im Wesentlichen folgender Begründung ab: Eine rückwirkende Arbeitszeitgutschrift sei in seinem Fall nicht möglich, weil das An- und Ablegen persönlich zugewiesener Ausrüstungsgegenstände und die Übernahme der Führungs- und Einsatzmittel für die Beamten im Wachdienst der Kreispolizeibehörde auch bereits in der Vergangenheit durchgängig im Rahmen der planmäßigen Schichtdauer erfolgt seien. Die Übergabegespräche der Dienstgruppenleiter und Wachdienstführer würden seit langem – der aktuellen Erlasslage entsprechend – mit pauschalierten 15 Minuten auf die Arbeitszeit dieser Kräfte angerechnet. Während des Schichtwechsels sei die Präsenz im Außendienst durch so genannte Lapperfahrzeuge/Frühwagen gewährleistet.
4Der Kläger hat am 30. November 2012 die vorliegende Klage erhoben mit dem Begehren festzustellen, dass rückwirkend ab dem 22. April 2008 pro Arbeitstag 15 Minuten als Arbeitszeit für die vor Schichtbeginn gelegenen Rüstzeiten (für An- und Ablegen der Dienstkleidung und der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände sowie für die Übernahme der sonstigen Arbeitsmittel) anzuerkennen seien. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, er beschränke sein Klagebegehren auf die Anrechnung der für das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände benötigten Zeit (10 Minuten).
5Zur Begründung seiner Klage führt er aus: Nach der Rechtsprechung des OVG NRW und der Erlasslage seien Rüstzeiten auf die Arbeitszeit anzurechnen. Dem werde aber in der Praxis nicht Rechnung getragen. Für ihn wie für alle Beamten der Polizeiwachen der Kreispolizeibehörde habe die Verpflichtung bestanden, vor dem tatsächlichen Schichtbeginn zu erscheinen, um das Aufrüsten mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen rechtzeitig zum Schichtbeginn abgeschlossen zu haben. Es habe zwar keine entsprechende „Verfügungslage“, wohl aber eine dahingehende allgemeine Erwartungshandlung der Behördenleitung bestanden. Die uneingeschränkte Einsatzbereitschaft bereits zu Beginn der Schicht sei zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs auch unerlässlich. Würden nämlich die Beschäftigten erst zu Beginn der Schicht mit der Aufrüstung beginnen, könnte die tatsächliche Dienstaufnahme erst ungefähr 7 bis 10 Minuten später erfolgen. Damit wäre aber eine „Deckungslücke“ von rund 15 Minuten gegeben, wenn die Beamten der abgelösten Schicht sich bereits vor Ende ihrer Schicht abgerüstet hätten. Die vom Beklagten ins Feld geführten Frühwagen seien nicht in der Lage, die Übergangszeit aufzufangen, da solche nicht in ausreichender Zahl vorgehalten würden.
6Die von ihm beantragte Dauer der Rüstzeit von 10 Minuten sei auch angemessen, weil jeder Polizeibeamte eine Vielzahl von persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen an- bzw. bereitlegen müsse. Anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass ein vorheriges Anziehen der Uniform keinen wesentlichen Zeitgewinn bringe, weil Hemd und Binder ohnehin wieder ausgezogen werden müssten, um die Unterziehweste anlegen zu können.
7Zwar seien ihm als Dienstgruppenleiter zusätzlich 15 Minuten Übergabezeit pro Schicht zugestanden worden. Diese Zeit werde aber dafür benötigt, laufende Vorgänge (z.B.: häusliche Gewalttaten mit Wohnungsverweisung, Bearbeitung von schweren Verkehrsunfällen, Gefangene, Asservate) an den Folgedienst zu übergeben und die Probleme um den täglichen Dienst, wie z.B. Kräftegestellung nach Erkrankungen, besondere Einsatzlagen etc. zu erörtern. Er und die übrigen Dienstgruppenleiter hätten das Aufrüsten mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen deshalb vor Aufnahme der Übergabegespräche erledigt. Demnach nähmen also etwa bei dem um 6.30 Uhr beginnenden Frühdienst die übernehmenden Dienstgruppenleiter die Übernahmegespräche schon um 6.15 Uhr voll ausgerüstet auf. Das sei auch deshalb erforderlich, weil die nachfolgenden Dienstgruppenleiter, was regelmäßig vorgekommen sei, bereits die neuen Einsätze übernommen hätten, die sich während der Übergabezeit ergeben hätten. Entgegen der Darstellung des Beklagten bestehe während der Übergabezeit gar nicht die Möglichkeit, die Ausrüstungsgegenstände anzulegen.
8Der Kläger beantragt nunmehr,
9unter Aufhebung des Bescheides des Landrates als Kreispolizeibehörde X. vom 31. Oktober 2012 festzustellen, dass er als Dienstgruppenleiter der Polizeiwache N. in der Zeit von April 2008 bis Januar 2014 durch das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände pro Dienstschicht zusätzliche regelmäßige Arbeitszeit im Umfang von 10 Minuten erbracht hat.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er führt ergänzend aus:
13Der Kläger habe bereits keinen konkreten Nachweis der Zeiten erbracht, in denen in der Vergangenheit durch das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände sowie durch die Übernahme von Führungs- und Einsatzmitteln seine persönliche Schichtdauer tatsächlich verlängert worden sei, ohne dass dies über die Zeiterfassung berücksichtigt worden wäre.
14Es gebe keine allgemeine Weisung oder auch nur eine allgemeine Erwartungshaltung der Behördenleitung, dass Dienstgruppenleiter bereits eine viertel Stunde vor dem üblichen Dienstbeginn die Übergabegespräche aufzunehmen hätten. Es bestehe auch weder eine Verpflichtung noch das Erfordernis, Übergabegespräche und -handlungen bereits vollausgerüstet durchzuführen. Es werde zwar nicht bestritten, dass der Kläger seinen Dienst tatsächlich jeweils bereits eine viertel Stunde vor dem Schichtwechsel aufgenommen habe. Er habe es aber nicht vermocht, einen konkreten Nachweis dafür zu erbringen, dass er in der Vergangenheit sofort nach Dienstantritt (in der Übergabezeit) voll ausgerüstet einen Einsatz hatte übernehmen müssen. Derartige Einsätze wären zudem auf die Arbeitszeit angerechnet worden. Im Übrigen reiche die mit 15 Minuten vergütete Übergabezeit aus, um auch die Ausrüstungsgegenstände an- bzw. abzulegen, zumal die Dauer der Übernahmegespräche und -handlungen variiere. Zudem erscheine die von dem Kläger für das Aufrüsten angesetzte Zeit von 10 bis 15 Minuten lebensfremd.
15Das Gericht hat Beweis erhoben über die Verfügungslage und Praxis des An- und Ablegens von persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen bei Dienstgruppenleitern der Polizeiwache N. durch Vernehmung der früheren Leiterin der Polizeiinspektion West sowie des Leiters und zweier Dienstgruppenleiter der Polizeiwache N. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Tag verwiesen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat. Eine (konkludente) Klagerücknahme liegt vor, soweit der Kläger sein ursprüngliches Begehren nicht mehr weiterverfolgt. Das betrifft insbesondere die Anerkennung von Rüstzeiten für das An- und Ablegen der Uniform und die Übernahme der Führungs- und Einsatzmittel.
19Die fortgeführte Klage, die demnach nur noch auf die Feststellung gerichtet ist, dass die für das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände aufgewendeten Zeit von 10 Minuten je Dienstschicht als Arbeitszeit anzuerkennen ist, ist gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig und begründet.
20Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der entsprechenden gerichtlichen Feststellung. Denn hat der Kläger mit den vorgenannten Verrichtungen auf seine Dienstzeit anzurechnende, tatsächlich aber nicht angerechnete Arbeitszeit erbracht, kommt ein auf Dienstbefreiung gerichteter Ausgleichsanspruch in Betracht.
21Vgl. VG Münster, Urteil vom 1. Juli 2010 - 4 K 1753/08 -, juris Rn.12.
22Die Frage, ob die für das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände aufgewendete Zeit dem Kläger als zusätzliche Arbeitszeit anzurechnen ist, war auch bereits Gegenstand des dem Klageverfahren vorangegangenen Verwaltungsverfahrens. Zwar hatte der Kläger in seinem Antrag vom 22. April 2008 zunächst lediglich auf „das An- und Ablegen der Dienstkleidung“ und die „notwendigen Übergabegespräche“ abgestellt. Mit dem nachfolgenden Hinweis darauf, dass er nach dem Betreten der Dienststelle ca. 10 Minuten benötige, um sich „streifenfertig zu machen“, hat er aber gerade auch die vorliegend streitige Rüstzeit einbezogen. Dementsprechend ist der Beklagte in dem ablehnenden Bescheid auch ausdrücklich auf das „An- und Ablegen persönlich zugewiesener Ausrüstungsgegenstände“ eingegangen.
23Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.
24Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass er als Dienstgruppenleiter der Polizeiwache N. in der Zeit von April 2008 bis Januar 2014 durch das Auf- und Abrüsten mit den persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen, die er eine viertel Stunde vor dem üblichen Schichtwechsel sowie vor Beginn der Übergabegespräche angelegt und erst nach dem Ende der Dienstschicht abgelegt hat, zusätzliche regelmäßige Arbeitszeit im Umfang von 10 Minuten pro Dienstschicht erbracht hat.
25Nach Maßgabe der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung,
26vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2012 – 6 A 1546/10 – und BVerwG, Beschluss vom 25. August 2011 - 2 B 38.11 -, jeweils juris,
27und des Erlasses des Innenministeriums vom 28. November 2011 ist unter anderem die für das An- und Ablegen von persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen benötigte Zeit auf die regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des § 1 AZVOPol NRW anzurechnen. Denn diese Tätigkeiten haben keinen Bezug zur Freizeit des Beamten, sondern sind Teil der Dienstausübung.
28Der Kläger war gehalten, für das Aufrüsten vor und das Abrüsten nach jeder Dienstschicht insgesamt jeweils 10 Minuten seiner Freizeit aufzubringen.
29Das erkennende Gericht folgt zunächst der Darstellung des Klägers, dass für ihn als Dienstgruppenleiter die Dienstschicht eine viertel Stunde vor dem üblichen Schichtwechsel begonnen hat, weil dieser Zeitraum für das Übernahmegespräch mit dem Dienstgruppenleiter der abgebenden Schicht anzusetzen war. Auch der Beklagte hat ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen, dass der Kläger seinen Dienst tatsächlich regelmäßig bereits um 6.15 Uhr (Frühdienst), 13.15 Uhr (Spätdienst) bzw. 21.15 Uhr (Nachtdienst) aufgenommen hat. Der Dienstbeginn bereits zu diesen um eine viertel Stunde früheren Zeitpunkten trägt auch dem Umstand Rechnung, dass nach dem Erlass des Innenministeriums vom 28. November 2011 für die Übernahme bzw. Übergabe der Dienstgeschäfte im Wachdienst durch die Dienstgruppenleiter und Wachdienstführer – auf die Arbeitszeit anzurechnende – Übergabezeiten vorzusehen sind und die Kreispolizeibehörde in Umsetzung und Konkretisierung dieser Regelung für die betreffenden Beamten in der Zeiterfassung pauschal 15 Minuten je Dienstschicht berücksichtigt. Der unmittelbare Vorgesetzte und die übrigen Dienstgruppenleiter der Polizeiwache N. , die das erkennende Gericht als Zeugen hierzu gehört hat, haben glaubhaft bekundet, dass dieser um eine viertel Stunde vorgezogene Dienstbeginn der Dienstgruppenleiter nicht nur der ständigen Praxis entspricht, sondern auch allgemein erwartet wird.
30Das erkennende Gericht hat darüber hinaus die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger als Dienstgruppenleiter der Polizeiwache N. der Kreispolizeibehörde ebenso wie die übrigen Dienstgruppenleiter bei Aufnahme der Übergabegespräche regelmäßig bereits vollständig mit den ihm persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen (insbesondere Pistole mit Holster, Reservemagazin mit Tasche, Handfessel Stahl mit Tragevorrichtung, Reizstoffsprühgerät, Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock, Unterziehweste, Taschenlampe) ausgestattet war und diese frühzeitige Herstellung der Einsatzbereitschaft nicht im Belieben der Beamten stand, sondern einer allgemeinen Erwartungshaltung der Behördenleitung entsprach.
31Zwar hat die Beweisaufnahme die – im Übrigen auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogene – Darstellung des Beklagten bestätigt, dass es insoweit seitens der Behördenleitung oder sonstiger Vorgesetzter keine ausdrückliche Weisung („Verfügungslage“) gegeben hat. Hierauf kommt es aber auch nicht entscheidend an. Ein Beamter muss bei seiner Dienstverrichtung nicht nur ausdrücklich erlassenen Anordnungen seines Dienstvorgesetzten nachkommen, sondern er ist aufgrund seiner Gehorsamspflicht und seiner Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (vgl. § 35 Satz 2 und § 34 Satz 1 BeamtStG), auch gehalten, seinen Dienst an allgemeinen, von seinen Vorgesetzten erwarteten dienstlichen Gepflogenheiten auszurichten. Hierzu gehörte es im hier fraglichen Zweitraum und gehört es auch heute noch, dass Dienstgruppenleiter der Polizeiwachen der Kreispolizeibehörde ihren Dienst eine viertel Stunde vor dem allgemeinen Schichtwechsel voll ausgerüstet aufnehmen. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass seitens der Leitung der Kreispolizeibehörde eine solche Erwartungshaltung in Bezug auf den Kläger und seine Kollegen in gleicher Funktion besteht.
32Zwar konnte die Zeugin G. , die in den Jahren 2008 bis 2011 als Leiterin der früheren Polizeiinspektion West weitere Vorgesetzte des Klägers war, die Darstellung des Klägers nicht bestätigen. Sie hat ihr aber auch nicht widersprochen, vielmehr bekundet, dass sie seinerzeit keine Kenntnis von den dienstlichen Gepflogenheiten hatte, weil der Dienst reibungslos lief und demnach kein Anlass bestand, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Der Umstand, dass die Rüstzeiten für die Zeugin „nie ein Thema“ waren, weil es insoweit „keine Probleme“ gab, deutet immerhin darauf hin, dass die Einsatzbereitschaft bereits damals auch anlässlich des Wechsels der Dienstgruppenleiter gewährleistet war. Die Zeugin hat im Übrigen für ihren heutigen Aufgabenbereich als Leiterin der Direktion Kriminalität und somit auch als Vorgesetzte der Beamten der Kriminalwache immerhin die Erwartung geäußert, dass die auslaufende Schicht bis Schichtende voll ausgerüstet ist. Weiterführende Erkenntnisse hat indessen der Zeuge Hohmann, der langjährige Leiter der Polizeiwache N. , beisteuern können. Er ist dem Einwand des Beklagten, es habe nie eine ausdrückliche Anordnung gegeben, dass der übernehmende Dienstgruppenleiter bereits eine viertel Stunde vor dem Schichtwechsel das Übernahmegespräch ausgerüstet aufnehme, mit dem Hinweis entgegengetreten, für eine derartige Weisung habe nie die Notwendigkeit bestanden, weil dies ständige Praxis sei und es sich hierbei um ein eingespieltes System handele. Das entspreche auch seiner Erwartung als Vorgesetzter der Dienstgruppenleiter. Der Zeuge hat zwar auf Befragen des Beklagten eingeräumt, dass auch im Falle der vollen Ausrüstung nur eines der beiden Dienstgruppenleiter während des Übergabegesprächs die Dienstbereitschaft gewährleistet gewesen wäre. Er hat aber die ständige Übung, dass gleichwohl auch der übernehmende Dienstgruppenleiter das Übergabegespräch voll ausgerüstet in Angriff nimmt, nicht nur bestätigt, sondern auch die Gründe für diese Verfahrensweise aufgezeigt: Der übernehmende Dienstgruppenleiter solle in der Lage sein, die gegen Ende der auslaufenden Schicht während des Übernahmegesprächs auflaufenden Einsätze zu übernehmen. Damit werde auch vermieden, dass der abgebende Dienstgruppenleiter über das Schichtende hinaus Dienst verrichten und somit Mehrarbeit leisten müsse. Die Zeugen L. und O. , die auch heute noch Dienstgruppen der Polizeiwache N. führen, haben diese Darstellung ausdrücklich bestätigt. Der Zeuge O. erläuterte zudem das Erfordernis, bereits bei seinem Dienstbeginn die persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen angelegt zu haben, anschaulich anhand des Beispiels, dass er in der Lage sein müsse, auch einen Einsatz wahrzunehmen, der eine halbe Minute nach viertel nach erforderlich werde.
33Vor diesem Hintergrund vermag die bloße Behauptung des Beklagten, er habe weder eine entsprechende Anordnung erlassen noch eine dahingehende Erwartungshaltung zum Ausdruck gebracht, vielmehr sei es die freie Entscheidung der Dienstgruppenleiter, in dieser Weise zu verfahren, nicht zu überzeugen. Bereits der – vom Beklagten nicht, jedenfalls nicht substantiiert bestrittene – Umstand, dass eine entsprechende Übung bereits seit vielen Jahren unverändert existiert, legt nahe, dass die Behördenleitung nicht nur Kenntnis von den üblichen Abläufen in den Polizeiwachen hat, sondern diese Übung auch gefördert hat. Sie stand bereits in der Vergangenheit (vgl. hierzu auch die Erlasse des Innenministeriums vom 13. Dezember 2007 – Az.: 41–60.01.10 – und vom 21. Dezember 2009 – Az.: 45.2-42.02.03 –) in der Pflicht, die hier streitigen „Rüstzeiten“ bzw. „Rüsthandlungen“ als Teil der Dienstzeit zu organisieren. Es kann dahinstehen, ob sie dies in Bezug auf die nicht mit Führungsaufgaben betrauten Streifenbeamten mit dem Einsatz sog. Frühwagen (Lapperfahrzeuge) erreicht hat. Jedenfalls für die Dienstgruppenleiter gab und gibt es aber keine Regelung, die gemäß der Erlasslage sicherstellt, dass das An- und Ablegen der Ausrüstungsgegenstände innerhalb der Schichtdauer stattfinden kann.
34Soweit der Beklagte die Dienstgruppenleiter und Wachdienstführer darauf verweisen will, sich während der ihnen im Umfang von 15 Minuten auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschriebenen Übergabezeit auf- bzw. abrüsten, verhält er sich zum einen widersprüchlich und verkennt zum anderen die Bedeutung der Übergabe der Dienstgeschäfte. Mit der Einräumung der Übergabezeit in Form einer 15-minütigen „Pauschale“ hat sich die Kreispolizeibehörde gerade einer konkreten Betrachtung des für die Übernahmegespräche bzw. -geschäfte benötigten Zeitraums enthalten und zwar offenbar deshalb, weil die hierfür aufzuwendende Zeit nach den jeweiligen Gegebenheiten – dem konkreten Geschäftsanfall – schwankt. Entscheidet sich aber der Dienstvorgesetzte zu einer – wenn auch aus seine Sicht „großzügigen“, gleichwohl auf hinreichenden Erfahrungswerten beruhenden – pauschalen „Zeitgutschrift“ für die Übergabegespräche, kann er mit seiner im Klageverfahren zumindest mittelbar zum Ausdruck gebrachte Einschätzung, in den 15 Minuten könne ohne Weiteres auch noch das An- und Ablegen der Ausrüstungsgegenstände bewerkstelligt werden, kein Gehör finden; dies umso weniger angesichts der von den Zeugen L. und O. bestätigten und das Gericht auch ansonsten überzeugenden Darstellung des Klägers, die viertel Stunde werde für die Übergabe der Dienstgeschäfte aufgrund deren Umfangs zumeist voll ausgeschöpft, weil laufende Vorgänge (z.B.: häusliche Gewalttaten mit Wohnungsverweisung, Bearbeitung von schweren Verkehrsunfällen, Gefangene, Asservate) an den Folgedienst zu übergeben und die Probleme um den täglichen Dienst wie z.B. Kräftegestellung nach Erkrankungen, besondere Einsatzlagen etc. zu erörtern seien. Wie daneben Raum sein soll für das An- bzw. Ablegen der Ausrüstungsgegenstände, ist nicht erfindlich. Der Beamte muss zum Anlegen seiner persönlichen Ausrüstungsgegenstände das Dienstzimmer verlassen und einen besonderen Raum aufsuchen. Die – wiederum in einem anderen Raum aufbewahrte – Waffe muss zudem überprüft werden. Dass alle diese erforderlichen Verrichtungen (An- und Ablegen der Ausrüstung und Übergabegespräch) in 15 Minuten zu absolvieren sind, liegt auch dann mehr als fern, wenn die einzelnen Räumlichkeiten – wie in der Polizeiwache N. – nicht weit entfernt voneinander liegen.
35Die von dem Kläger für das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände in Ansatz gebrachte Zeit von insgesamt 10 Minuten erweist sich als angemessen. Die Zeugen L. und O. haben einen entsprechenden Zeitaufwand bestätigt, indem sie bekundet haben, dass sie die Dienststelle etwa zur vollen Stunde bzw. 5 Minuten später aufsuchen und, mit Uniform und persönlichen Ausrüstungsgegenständen ausgestattet, um viertel nach zum Übergabegespräch erscheinen. Bringt man die für das ‑ außerhalb der Dienstzeit vorzunehmende – Anlegen der Uniform aufzuwendende Zeit in Abzug, sind mit dem Zeugen L. für das Ausrüsten etwa 6 oder 7 Minuten zu veranschlagen. Für das nach dem Ende der Schicht erforderliche Ablegen der Ausrüstung wird etwas weniger Zeit benötigt, sodass die von dem Zeugen L. genannten 4 bis 5 Minuten zutreffend erscheinen. Diese Betrachtung entspricht im Übrigen den Feststellungen der Kammer im Verfahren – 2 K 7657/12 – (veröffentlicht in juris). Dort wurde ein Zeitrahmen von 15 Minuten für das Aufrüsten mit den persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen und die – vorliegend nicht im Streit stehende – Übergabe der Führungs- und Einsatzmittel als angemessen erachtet.
36Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
38Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil es die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO nicht als gegeben ansieht.
39Beschluss:
40Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 Euro festgesetzt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.