Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. März 2016 - 10 C 23/14

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2016:230316U10C23.14.0
23.03.2016

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Handwerksinnung im Bezirk der beklagten Handwerkskammer. Sie begehrt die Genehmigung der Beklagten für eine Satzungsänderung, mit der eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (sogenannte OT-Mitgliedschaft) eingeführt werden soll.

2

Bereits 2007 beantragte die Klägerin die Genehmigung einer Neufassung ihrer Satzung, mit der eine auf den jeweiligen Tarifvertrag bezogene OT-Mitgliedschaft eingeführt werden sollte. Die gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 17. März 2010 ab.

3

Die Innungsversammlung der Klägerin hielt an ihrer Absicht der Einführung einer OT-Mitgliedschaft fest. Sie beschloss zunächst am 6. März 2012 sowie - nachdem diese Satzungsänderung von der Beklagten mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 auch wegen anderer, hier nicht streitgegenständlicher Bestimmungen abgelehnt worden war - erneut am 14. November 2012 jeweils einstimmig eine Neufassung ihrer Satzung. Sie lautet dazu auszugsweise:

§ 6a

(1) Die Innung führt zwei Gruppen von Mitgliedern, nämlich Mitglieder mit der Bindung an die von der Innung abgeschlossenen Tarifverträge ("T-Mitglieder") und Mitglieder ohne Bindung an die von der Innung abgeschlossenen Tarifverträge ("OT-Mitglieder").

(2) Die Mitglieder, die der Innung als OT-Mitglieder angehören wollen, haben dies gegenüber dem Innungsvorstand zusammen mit ihrem Beitrittsantrag zu erklären. Innungsmitglieder können beantragen, ihre Mitgliedschaft von einer solchen mit Tarifbindung in eine solche ohne Tarifbindung oder auch umgekehrt zu wechseln. Der Wechsel bedarf der satzungsgemäßen Annahme. Die Art der Mitgliedschaft kann nicht rückwirkend begründet oder gewechselt werden.

(3) OT-Mitglieder nehmen an Willens- und Entscheidungsbildungen der Innung über Innungstarifverträge oder Arbeitskämpfe, welche die Innung oder deren Mitglieder betreffen, sowie an hiermit im Zusammenhang stehenden sozialpolitischen Maßnahmen nicht teil. Im Übrigen haben sie dieselben Rechte und Pflichten wie Innungsmitglieder mit Tarifbindung.

§ 37

(...)

(4) Die Innungsversammlung errichtet einen sozialpolitischen Ausschuss. Der Ausschuss besteht aus einem Vorsitzenden sowie aus zwei weiteren Mitgliedern. Der Ausschuss kann zur Erörterung und zur Willensbildung weitere von der sozialpolitischen Maßnahme betroffene T-Mitglieder heranziehen. Der Ausschuss kann sich eine Geschäftsordnung geben. Ihm können nur Mitglieder mit Tarifbindung (T-Mitglieder) angehören. Dem sozialpolitischen Ausschuss obliegen die Willens- und Entscheidungsbildungen über Innungstarifverträge oder Arbeitskämpfe, welche die Innung oder deren Mitglieder betreffen, sowie über hiermit im Zusammenhang stehenden sozialpolitischen Maßnahmen. Er kann Rücklagen für sozialpolitische Maßnahmen organisieren. OT-Mitglieder sind ausgeschlossen von der Verfügungsgewalt über etwaige Streik- und/oder Aussperrungsfonds. Die Geschäftsordnung des sozialpolitischen Ausschusses sowie deren Ergänzungen, Änderungen oder Aufhebung werden von den Mitgliedern mit Tarifbindung (T-Mitglieder) beschlossen. Diese Beschlüsse sind für den Ausschuss und für alle Mitglieder mit Tarifbindung (T-Mitglieder) verbindlich.

4

Mit Bescheid vom 18. Januar 2013 lehnte die Beklagte eine Genehmigung der Satzungsänderungen ab. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Dezember 2013 abgewiesen. Die Handwerksordnung sehe als Formen der Mitgliedschaft ausschließlich die Vollmitgliedschaft und eine Gastmitgliedschaft vor. Eine weitere Differenzierung sei nicht zulässig.

5

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht mit dem am 20. Oktober 2014 berichtigten Urteil vom 25. September 2014 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte zur Genehmigung der Satzungsänderung verpflichtet. Die Satzungsbestimmungen hielten sich im Rahmen der gesetzlichen Regelungsermächtigung zur Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Mitglieder. Die Regelungen über die Voraussetzungen einer Vollmitgliedschaft sprächen nicht dagegen, eine Differenzierung zwischen Gruppen ordentlicher Mitglieder mit verschiedenen Rechten und Pflichten einzuführen. Es sei zulässig, die Willens- und Entscheidungsbildung über Tarifverträge und damit zusammenhängende Maßnahmen auf einen Ausschuss zu übertragen. Die Innung sei auch nicht verpflichtet, für alle ordentlichen Mitglieder Tarifverträge abzuschließen.

6

Die Beklagte macht zur Begründung Revision im Wesentlichen geltend, die Einführung neuer Mitgliedschaftsformen in Innungen sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Die gesetzliche Vollmitgliedschaft und die der Innung verliehene Tarifbefugnis erforderten einen einheitlichen Abschluss von Tarifverträgen für alle Innungsmitglieder. Andernfalls werde die tarifliche Schlagkraft der Innung geschwächt. Tarifpolitische Entscheidungen dürften nicht lediglich einem Teil der Innungsmitglieder vorbehalten bleiben. Die tarifliche Situation drohe intransparent zu werden, wenn Innungsmitglieder an Tarifverträge des Innungsverbandes gebunden, gleichzeitig aber von der Tarifbindung an die Innungstarifverträge freigestellt seien.

7

Die Beklagte beantragt,

das am 20. Oktober 2014 berichtigte Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. September 2014 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 19. Dezember 2013 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das Berufungsurteil und trägt im Wesentlichen vor, mit der OT-Mitgliedschaft werde keine handwerksrechtliche Differenzierung der Mitgliedschaft, sondern eine Option hinsichtlich der Tarifbindung der Mitglieder eingeführt. Dies könne der Innung weitere Mitglieder erschließen und damit die Erfüllung ihrer fachlichen Pflichtaufgaben stärken. Die Innung dürfe von ihrer Tarifbefugnis in sachlich differenzierender Weise Gebrauch machen.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren und unterstützt die Argumentation der beklagten Handwerkskammer.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das angegriffene Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung der Vorschriften der Handwerksordnung über Handwerksinnungen und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

12

1. Die Verpflichtungsklage ist zulässig. Das zwischen den Beteiligten ergangene und rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. März 2010 steht der Zulässigkeit der Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2013 nicht entgegen. Es betrifft eine in ihrer rechtlichen Ausgestaltung wesentlich andere Satzungsregelung zur Einführung einer Mitgliedschaft ohne Tarifbindung und damit einen anderen Streitgegenstand. Auch die Bestandskraft des Bescheides vom 26. Oktober 2012, durch den die Beklagte die Genehmigung einer Satzungsänderung der Klägerin abgelehnt hatte, die eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung wortgleich mit der erneut im November 2012 beschlossenen und vorliegend streitgegenständlichen Fassung einführen sollte, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die Beklagte hat insoweit mit ihrem Bescheid vom 18. Januar 2013 eine erneute Sachentscheidung getroffen, die der Klägerin eine eigenständige Klagemöglichkeit eröffnet.

13

2. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nach § 61 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 8 der Handwerksordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074; 2006, S. 2095), zuletzt geändert durch Art. 283 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), - HwO - einen Anspruch auf Genehmigung der von ihr beschlossenen Satzungsänderung, weil die Einführung einer Mitgliedschaft ohne Tarifbindung materiell in Einklang mit den Vorschriften der Handwerksordnung über Innungen stehe. Diese Annahme steht nicht in Einklang mit revisiblem Recht.

14

a) Nach der Satzung sollen sich die einzelnen Innungsmitglieder bei ihrem Eintritt oder während ihrer Mitgliedschaft für eine gegenüber der sonst bestehenden Vollmitgliedschaft gesonderte Mitgliedschaftsform ohne Bindung an Tarifverträge der Innung entscheiden können. Eine solche Wahlmöglichkeit ist mit der gesetzlichen Konzeption der Vollmitgliedschaft in einer Innung nach § 58 HwO nicht in Einklang zu bringen. In einer Handwerksinnung werden Inhaber eines Handwerksbetriebes oder eines handwerksähnlichen Gewerbebetriebes zur Förderung ihrer gemeinsamen gewerblichen Interessen nach ihrem freien Beitrittsentschluss zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zusammengeschlossen (§§ 52, 53 HwO). Der Gesetzgeber hat zwar insbesondere zur Wahrung der Tarifautonomie davon abgesehen, eine Pflichtmitgliedschaft in der Innung einzuführen oder zu ermöglichen (vgl. Fröhler, Das Recht der Handwerksinnung, 1959, S. 19). Die freiwillig erworbene Vollmitgliedschaft nach § 58 HwO zieht jedoch alle Rechte und Pflichten nach sich, die sich aus der gemeinsamen Wahrnehmung der zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen in § 54 HwO festgelegten öffentlichen Aufgaben der Innung ergeben. Die Innungsmitgliedschaft ist auf gleiche Mitwirkung an allen wesentlichen Angelegenheiten der öffentlich-rechtlichen Personalkörperschaft angelegt. Der historische Gesetzgeber hat mit der Zugehörigkeit zu einer Innung die gemeinsame, im Grundsatz unteilbare Verantwortung für die Erfüllung der den Innungen gesetzlich anvertrauten Aufgaben verknüpft. Dabei ist unerheblich, ob es sich nach § 54 HwO um Pflichtaufgaben, Soll-Aufgaben oder Kann-Aufgaben handelt. Der mit der Vollmitgliedschaft hergestellte Zusammenhang zwischen Vorteilen und Bindungen aus der Innungsmitgliedschaft kann nicht durch eine Willenserklärung des einzelnen Mitglieds aufgelöst werden, mit der es als nachteilig empfundene Folgen aus der Wahrnehmung einzelner Aufgaben der Innung für sich ausschließen, an den übrigen Ergebnissen der Innungstätigkeit hingegen teilhaben möchte (vgl. § 58 Abs. 4 HwO).

15

b) Die Innung kann ihre freiwillige Aufgabe, Tarifverträge abzuschließen, soweit und solange solche Verträge nicht durch den Innungsverband für den Bereich der Handwerksinnung geschlossen sind (§ 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO), nur für alle Vollmitglieder der Innung gemeinsam wahrnehmen. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Handwerksordnung an die historisch überkommene Tariffähigkeit von Innungen angeknüpft. Die Verleihung der Tariffähigkeit an Innungen begünstigt in dem von kleinen Betrieben geprägten Bereich des Handwerks den Abschluss von Tarifverträgen. Das Zustandekommen einer umfassenden tariflichen Ordnung wird gerade dadurch befördert, dass Tarifverträge nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO durch eine mit den Vorteilen der beruflichen Förderung verbundene und deshalb auch für Inhaber kleinerer Handwerksbetriebe attraktive öffentlich-rechtliche Körperschaft abgeschlossen werden können (BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1966 - 1 BvL 24/65 - BVerfGE 20, 312 <318 f.>). Der gesetzgeberische Zweck, einen hinreichenden Schutz der Beschäftigten in den zumeist vergleichsweise kleinen Handwerksbetrieben zu erreichen, kann nur gewährleistet werden, wenn nicht jedes einzelne Mitglied seine Tarifgebundenheit durch Erklärung ausschließen und gleichzeitig die fachlich-berufsständischen Vorteile der Mitgliedschaft in der Innung genießen kann. Eine individuelle Ausschlussmöglichkeit würde schon wegen des hohen Konkurrenzdrucks im Handwerk und des dadurch ausgelösten Anreizes, eine Bindung an Tariflöhne möglichst zu vermeiden, dazu führen, dass Tarifabschlüsse der Innungen nur einen begrenzten Wirkungsbereich hätten. Dies würde die vom Gesetzgeber bezweckte Stellung der Innung als Tarifpartner, der an der Herstellung einer umfassenden tariflichen Ordnung im Handwerk mitwirkt, schwächen und die in der Aufgabenzuweisung an Innungen angelegte Verknüpfung ihrer Tätigkeitsbereiche durchbrechen. Die Innung kann die gesetzlich vorgegebene Verknüpfung fachlicher Aufgaben mit der Befugnis zu tariflicher Tätigkeit in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht durch Satzung auflösen. Ob angesichts gewandelter Verhältnisse im Arbeitsleben und der zunehmenden Verbreitung tarifungebundener Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden eine Lockerung des historisch gewollten Zusammenhangs zwischen berufsständischer Aufgabenwahrnehmung und tariflicher Tätigkeit der Innungen ermöglicht werden soll, bleibt der Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers vorbehalten.

16

Auch aus der Subsidiarität der Tarifbefugnis der Innung gegenüber der Tarifbefugnis des Landesinnungsverbandes folgt, dass die Innung innerhalb ihrer Zuständigkeit Tarifverträge nur für sämtliche Vollmitglieder abschließen darf. Die in der Rechtswirklichkeit vorrangig als Tarifpartner im Handwerksbereich auftretenden Landesinnungsverbände können nach § 82 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 HwO zum Zweck der Förderung der den Handwerksinnungen angehörenden Mitglieder Tarifverträge abschließen. Diese Befugnis ist ihnen im Interesse sämtlicher und nicht nur eines Teils der Mitglieder der Innungen in ihrem Bezirk anvertraut. Wenn der Gesetzgeber Innungen nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO die Tarifbefugnis lediglich verliehen hat, soweit und solange der Innungsverband für ihren Bereich solche Verträge nicht geschlossen hat, stellt dies einen inhaltlichen Bezug zur Tarifbefugnis der Innungsverbände her und bedingt, dass auch Tarifverträge der Innungen für sämtliche Innungsmitglieder zur Förderung ihrer gewerblichen Interessen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 HwO) abgeschlossen werden müssen.

17

c) Die von der Klägerin beschlossene Satzungsregelung, wonach tarifpolitische und mit ihnen in Zusammenhang stehende sozialpolitische Entscheidungen von einem sozialpolitischen Ausschuss getroffen werden, verletzt zudem die in § 61 HwO niedergelegten Rechte der Innungsversammlung als zentralem Beschlussorgan der Innung, in dem sämtliche Innungsmitglieder an Entscheidungen mitwirken.

18

Nach § 37 Abs. 4 der geänderten Satzung der Klägerin hätte ihre Innungsversammlung einen nur aus sogenannten T-Mitgliedern bestehenden Ausschuss zu schaffen, dem sämtliche tarifpolitische Entscheidungen übertragen würden. Eine solche umfassende Verlagerung einer gesamten in § 54 HwO genannten Aufgabe von der Innungsversammlung auf einen Ausschuss käme einer Umgehung des für die Innung wesensprägenden Grundsatzes gleicher Mitwirkung aller Mitglieder in der Innungsversammlung als Hauptorgan gleich. Die Innungsversammlung steht an erster Stelle in der Aufzählung der Organe der Innung (§ 60 HwO) und beschließt bei gleichem Stimmrecht aller Mitglieder (§ 63 Satz 1 HwO) über alle Angelegenheiten der Handwerksinnung, soweit diese nicht vom Vorstand oder in den Ausschüssen wahrzunehmen sind (§ 61 Abs. 1 Satz 1 HwO). Die nicht abschließende ("im besonderen") Aufzählung der ihr vorbehaltenen Entscheidungen in § 61 Abs. 2 HwO verdeutlicht, dass die Innungsversammlung für alle wesentlichen Entscheidungen Verantwortung tragen und sich bei der Willensbildung und Beschlussfassung auf die in §§ 62 und 63 HwO vorgesehene Mitwirkung sämtlicher Mitglieder stützen soll.

19

Zwar darf die Innungsversammlung besondere Ausschüsse zur Vorbereitung einzelner Angelegenheiten einsetzen (§ 61 Abs. 2 Nr. 5 HwO) und darüber hinaus fakultative Ausschüsse zur Wahrnehmung, d.h. vollständigen Erledigung einzelner Angelegenheiten bilden (§ 67 Abs. 1 HwO). Eine Übertragung einer gesetzlichen Aufgabe von nicht lediglich untergeordneter Bedeutung auf einen solchen Ausschuss überschreitet jedoch den in § 67 Abs. 1 HwO gezogenen Rahmen einer "einzelnen Angelegenheit". Durch die Befugnis, zur Erledigung einzelner Angelegenheiten einen Ausschuss einzusetzen, soll die Innungsversammlung von Einzelfallentscheidungen entlastet werden können, welche die Grundlinien der Aufgabenerfüllung der Innung nicht berühren und deshalb nicht die Mitwirkung aller Mitglieder erfordern. Die Innungsversammlung trägt als Hauptorgan die wesentliche Verantwortung für die Wahrnehmung der Pflicht-, Soll- und Kann-Aufgaben der Innung. Die Zuständigkeit eines fakultativ eingerichteten Ausschusses muss sich daher auf Einzelentscheidungen von untergeordneter Bedeutung gegenüber den Grundlinien der Innungstätigkeit beschränken.

20

Danach ist eine Verlagerung tarifpolitischer Entscheidungen im Ganzen auf einen Ausschuss, dem zudem nur bestimmte (nämlich tarifgebundene) Mitglieder angehören dürfen, nicht zulässig. Auch wenn die Innung nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO über den Gebrauch ihrer Tarifbefugnis disponieren darf, hat der Abschluss von Tarifverträgen nicht lediglich untergeordnete Bedeutung für die Innungsmitglieder. Das folgt schon daraus, dass er die Innung im Außenverhältnis zum jeweiligen Tarifpartner rechtlich bindet. Die in der Handwerksordnung vorgesehene Organisation der Willensbildung in einer Innung schließt es somit aus, tarifpolitische Angelegenheiten insgesamt der Mitwirkung der Innungsmitglieder in der Innungsversammlung zu entziehen und lediglich einer bestimmten Gruppe von Vollmitgliedern vorzubehalten.

21

d) Darüber hinaus verstößt die in § 37 Abs. 4 der Satzung der Klägerin vorgesehene Befugnis des sozialpolitischen Ausschusses, Rücklagen für sozialpolitische Maßnahmen zu organisieren und über etwaige Streik- und/oder Aussperrungsfonds zu verfügen, gegen die in § 61 Abs. 2 Nr. 1 HwO festgelegte Haushaltsbefugnis der Innungsversammlung.

22

Mit der Zuständigkeit der Innungsversammlung für die Feststellung des Haushaltsplans und die Bewilligung von Ausgaben, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind, kommt ihr eine umfassende Verantwortung für die Einnahmen- und Ausgabenbewilligung in der Innung zu. Die Innung unterliegt als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Grundsätzen einer geordneten Haushaltsführung (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 10 C 6.15 - juris Rn. 16 zur Haushaltsführung von Industrie- und Handelskammern) und damit insbesondere dem Grundsatz der Vollständigkeit und Einheit des Haushalts des jeweiligen Aufgabenträgers (vgl. § 11 BHO und die entsprechenden Regelungen in den Landeshaushaltsordnungen, z.B. § 11 Niedersächsische LHO i.d.F. vom 30. April 2001 ). Dieser Grundsatz schließt die Führung von Nebenhaushalten aus, die nicht vom zentralen Beschlussorgan für die Einnahmen und Ausgaben des betreffenden Rechtsträgers angenommen worden sind und der für diesen Träger gesetzlich vorgesehenen rechtlichen und wirtschaftlichen Prüfung unterliegen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 8 C 5.09 - BVerwGE 135, 100 Rn. 16). Deshalb fällt auch die Veranschlagung und Verfügung über die für tarifpolitische Maßnahmen vorgesehenen finanziellen Mittel der Innung in die Zuständigkeit der Innungsversammlung, in der alle Vollmitglieder mitwirken. Die in §§ 61 und 63 HwO vorgegebene Organisationsstruktur der Innung schließt es aus, solche Entscheidungen einer bestimmten Gruppe von Mitgliedern vorzubehalten.

23

3. Einem Genehmigungsanspruch der Klägerin steht zudem entgegen, dass ihre Satzung keinen ausreichenden Schutz der in Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie gewährleistet, weil sie eine unmittelbare Einflussnahme tarifungebundener Mitglieder auf tarifpolitische Entscheidungen der Innung nicht vollständig ausschließt. Zu den von der Beklagten bei der Genehmigung der Satzungsänderung der Innung nach § 61 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 8 und § 56 Abs. 2 Nr. 1 HwO zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften gehören über die in der Handwerksordnung enthaltenen Regelungen hinaus alle rechtlichen Anforderungen an die Aufgabenwahrnehmung der Innung. Dazu zählen auch die verfassungs- und arbeitsrechtlichen Anforderungen an die in der Innungssatzung vorgesehenen Erklärungen von Innungsmitgliedern hinsichtlich ihrer Tarifgebundenheit.

24

Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Klägerin wird der unter anderem mit der Führung von Tarifverhandlungen betraute sozialpolitische Ausschuss von der Innungsversammlung errichtet. Damit sind auch die tarifungebundenen Innungsmitglieder in der Innungsversammlung an der Auswahl der drei Mitglieder beteiligt, aus denen der sozialpolitische Ausschuss nach Satz 2 dieser Regelung besteht. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie müssen jedoch die Befugnisse von Mitgliedern mit und solchen ohne Tarifgebundenheit klar und eindeutig voneinander getrennt werden. Jegliche nach der Satzung auch nur möglichen unmittelbaren Einflussnahmen von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen des Verbandes müssen ausgeschlossen werden, um einen Gleichlauf von Verantwortlichkeit und Betroffenheit hinsichtlich tarifpolitischer Entscheidungen zu gewährleisten (vgl. BAG, Urteile vom 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - BAGE 127, 27 Rn. 37 ff., vom 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - BAGE 130, 264 Rn. 28 f., vom 21. November 2012 - 4 AZR 27/11 - NZA-RR 2014, 545 Rn. 14 und vom 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - BAGE 150, 304 Rn. 18 ff.). Das Bundesarbeitsgericht hat für Arbeitgeberverbände entschieden, dass die nicht tarifgebundenen Mitglieder deshalb auf die Auswahlentscheidung für die konkrete Besetzung eines tarifpolitischen Gremiums durch ein anderes Organ des jeweiligen Verbandes keinen Einfluss haben dürfen und nicht nur das passive, sondern auch das aktive Wahlrecht insoweit den tarifgebundenen Mitgliedern vorzubehalten ist, weil nur sie von den Tarifverträgen ihres Verbandes betroffen sind (vgl. BAG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - BAGE 150, 304 Rn. 20).

25

Dieser Anforderung wird die von der Klägerin beschlossene Satzungsänderung nicht gerecht. Eine Beschränkung des aktiven Wahlrechts tarifungebundener Mitglieder bei der Konstituierung des Ausschusses lässt sich namentlich nicht aus § 6a Abs. 3 der Satzung ableiten. Hiernach ist lediglich die Teilnahme von OT-Mitgliedern an Willens- und Entscheidungsbildungen der Innung über Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des sozialpolitischen Ausschusses ausgeschlossen, nicht aber ihre Mitwirkung an der Errichtung des Ausschusses. Im Übrigen ließe es die in § 63 Satz 1 HwO niedergelegte gleiche Stimmberechtigung aller Innungsmitglieder in der Innungsversammlung auch nicht zu, nur tarifgebundene Mitglieder an der Auswahl der Ausschussmitglieder zu beteiligen. Dafür ist unerheblich, ob die Innungsversammlung selbst eine Auswahl der Mitglieder des tarifpolitischen Gremiums träfe oder ob zunächst sämtliche tarifgebundenen Mitglieder der Innung zu Mitgliedern eines solchen Gremiums bestimmt würden und diesen in einem zweiten Schritt die Auswahl eines kleineren, verhandlungsführenden Gremiums obläge. Denn in einer solchen Ausgestaltung läge eine unzulässige Umgehung der Befugnisse der Innungsversammlung und der für die Innung wesentlichen Gleichheit der Mitwirkungsbefugnis aller Mitglieder.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. März 2016 - 10 C 23/14 zitiert 15 §§.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Jan. 2015 - 4 AZR 797/13

bei uns veröffentlicht am 21.01.2015

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 6. August 2013 - 7 Sa 666/12 - aufgehoben.

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Mitglied bei der Handwerksinnung kann jeder Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes werden, der das Gewerbe ausübt, für welches die Handwerksinnung gebildet ist. Die Handwerksinnung kann durch Satzung im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit bestimmen, dass Gewerbetreibende, die ein dem Gewerbe, für welches die Handwerksinnung gebildet ist, fachlich oder wirtschaftlich nahe stehendes handwerksähnliches Gewerbe ausüben, für das keine Ausbildungsordnung erlassen worden ist, Mitglied der Handwerksinnung werden können.

(2) Übt der Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes mehrere Gewerbe aus, so kann er allen für diese Gewerbe gebildeten Handwerksinnungen angehören.

(3) Dem Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes, das den gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften entspricht, darf der Eintritt in die Handwerksinnung nicht versagt werden.

(4) Von der Erfüllung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Bedingungen kann zugunsten einzelner nicht abgesehen werden.

(1) Inhaber von Betrieben des gleichen zulassungspflichtigen Handwerks oder des gleichen zulassungsfreien Handwerks oder des gleichen handwerksähnlichen Gewerbes oder solcher Handwerke oder handwerksähnlicher Gewerbe, die sich fachlich oder wirtschaftlich nahe stehen, können zur Förderung ihrer gemeinsamen gewerblichen Interessen, wozu in besonderem Maße der Abschluss von Tarifverträgen gehört, innerhalb eines bestimmten Bezirks zu einer Handwerksinnung zusammentreten. Voraussetzung ist, dass für das jeweilige Gewerbe eine Ausbildungsordnung erlassen worden ist. Für jedes Gewerbe kann in dem gleichen Bezirk nur eine Handwerksinnung gebildet werden; sie ist allein berechtigt, die Bezeichnung Innung in Verbindung mit dem Gewerbe zu führen, für das sie errichtet ist.

(2) Der Innungsbezirk soll unter Berücksichtigung einheitlicher Wirtschaftsgebiete so abgegrenzt sein, daß die Zahl der Innungsmitglieder ausreicht, um die Handwerksinnung leistungsfähig zu gestalten, und daß die Mitglieder an dem Leben und den Einrichtungen der Handwerksinnung teilnehmen können. Der Innungsbezirk hat sich mindestens mit dem Gebiet einer kreisfreien Stadt oder eines Landkreises zu decken. Die Handwerkskammer kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 eine andere Abgrenzung zulassen.

(3) Der Innungsbezirk soll sich nicht über den Bezirk einer Handwerkskammer hinaus erstrecken. Soll der Innungsbezirk über den Bezirk einer Handwerkskammer hinaus erstreckt werden, so bedarf die Bezirksabgrenzung der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde. Soll sich der Innungsbezirk auch auf ein anderes Land erstrecken, so kann die Genehmigung nur im Einvernehmen mit den beteiligten obersten Landesbehörden erteilt werden.

Die Handwerksinnung ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wird mit Genehmigung der Satzung rechtsfähig.

(1) Mitglied bei der Handwerksinnung kann jeder Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes werden, der das Gewerbe ausübt, für welches die Handwerksinnung gebildet ist. Die Handwerksinnung kann durch Satzung im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit bestimmen, dass Gewerbetreibende, die ein dem Gewerbe, für welches die Handwerksinnung gebildet ist, fachlich oder wirtschaftlich nahe stehendes handwerksähnliches Gewerbe ausüben, für das keine Ausbildungsordnung erlassen worden ist, Mitglied der Handwerksinnung werden können.

(2) Übt der Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes mehrere Gewerbe aus, so kann er allen für diese Gewerbe gebildeten Handwerksinnungen angehören.

(3) Dem Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes, das den gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften entspricht, darf der Eintritt in die Handwerksinnung nicht versagt werden.

(4) Von der Erfüllung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Bedingungen kann zugunsten einzelner nicht abgesehen werden.

(1) Aufgabe der Handwerksinnung ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Insbesondere hat sie

1.
den Gemeingeist und die Berufsehre zu pflegen,
2.
ein gutes Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen anzustreben,
3.
entsprechend den Vorschriften der Handwerkskammer die Lehrlingsausbildung zu regeln und zu überwachen sowie für die berufliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern,
4.
die Gesellenprüfungen abzunehmen und hierfür Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, sofern sie von der Handwerkskammer dazu ermächtigt ist,
5.
das handwerkliche Können der Meister und Gesellen zu fördern; zu diesem Zweck kann sie insbesondere Fachschulen errichten oder unterstützen und Lehrgänge veranstalten,
6.
bei der Verwaltung der Berufsschulen gemäß den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken,
7.
das Genossenschaftswesen im Handwerk zu fördern,
8.
über Angelegenheiten der in ihr vertretenen Handwerke den Behörden Gutachten und Auskünfte zu erstatten,
9.
die sonstigen handwerklichen Organisationen und Einrichtungen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen,
10.
die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen.

(2) Die Handwerksinnung soll

1.
zwecks Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe ihrer Mitglieder Einrichtungen zur Verbesserung der Arbeitsweise und der Betriebsführung schaffen und fördern,
2.
bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen und Leistungen die Vergebungsstellen beraten,
3.
das handwerkliche Pressewesen unterstützen.

(3) Die Handwerksinnung kann

1.
Tarifverträge abschließen, soweit und solange solche Verträge nicht durch den Innungsverband für den Bereich der Handwerksinnung geschlossen sind,
2.
für ihre Mitglieder und deren Angehörige Unterstützungskassen für Fälle der Krankheit, des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Bedürftigkeit errichten,
3.
bei Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Auftraggebern auf Antrag vermitteln.

(4) Die Handwerksinnung kann auch sonstige Maßnahmen zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Innungsmitglieder durchführen.

(5) Die Errichtung und die Rechtsverhältnisse der Innungskrankenkassen richten sich nach den hierfür geltenden bundesrechtlichen Bestimmungen.

(1) Mitglied bei der Handwerksinnung kann jeder Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes werden, der das Gewerbe ausübt, für welches die Handwerksinnung gebildet ist. Die Handwerksinnung kann durch Satzung im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit bestimmen, dass Gewerbetreibende, die ein dem Gewerbe, für welches die Handwerksinnung gebildet ist, fachlich oder wirtschaftlich nahe stehendes handwerksähnliches Gewerbe ausüben, für das keine Ausbildungsordnung erlassen worden ist, Mitglied der Handwerksinnung werden können.

(2) Übt der Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes mehrere Gewerbe aus, so kann er allen für diese Gewerbe gebildeten Handwerksinnungen angehören.

(3) Dem Inhaber eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes, das den gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften entspricht, darf der Eintritt in die Handwerksinnung nicht versagt werden.

(4) Von der Erfüllung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Bedingungen kann zugunsten einzelner nicht abgesehen werden.

(1) Aufgabe der Handwerksinnung ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Insbesondere hat sie

1.
den Gemeingeist und die Berufsehre zu pflegen,
2.
ein gutes Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen anzustreben,
3.
entsprechend den Vorschriften der Handwerkskammer die Lehrlingsausbildung zu regeln und zu überwachen sowie für die berufliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern,
4.
die Gesellenprüfungen abzunehmen und hierfür Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, sofern sie von der Handwerkskammer dazu ermächtigt ist,
5.
das handwerkliche Können der Meister und Gesellen zu fördern; zu diesem Zweck kann sie insbesondere Fachschulen errichten oder unterstützen und Lehrgänge veranstalten,
6.
bei der Verwaltung der Berufsschulen gemäß den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken,
7.
das Genossenschaftswesen im Handwerk zu fördern,
8.
über Angelegenheiten der in ihr vertretenen Handwerke den Behörden Gutachten und Auskünfte zu erstatten,
9.
die sonstigen handwerklichen Organisationen und Einrichtungen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen,
10.
die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen.

(2) Die Handwerksinnung soll

1.
zwecks Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe ihrer Mitglieder Einrichtungen zur Verbesserung der Arbeitsweise und der Betriebsführung schaffen und fördern,
2.
bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen und Leistungen die Vergebungsstellen beraten,
3.
das handwerkliche Pressewesen unterstützen.

(3) Die Handwerksinnung kann

1.
Tarifverträge abschließen, soweit und solange solche Verträge nicht durch den Innungsverband für den Bereich der Handwerksinnung geschlossen sind,
2.
für ihre Mitglieder und deren Angehörige Unterstützungskassen für Fälle der Krankheit, des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Bedürftigkeit errichten,
3.
bei Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Auftraggebern auf Antrag vermitteln.

(4) Die Handwerksinnung kann auch sonstige Maßnahmen zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Innungsmitglieder durchführen.

(5) Die Errichtung und die Rechtsverhältnisse der Innungskrankenkassen richten sich nach den hierfür geltenden bundesrechtlichen Bestimmungen.

(1) Die Innungsversammlung beschließt über alle Angelegenheiten der Handwerksinnung, soweit sie nicht vom Vorstand oder den Ausschüssen wahrzunehmen sind. Die Innungsversammlung besteht aus den Mitgliedern der Handwerksinnung. Die Satzung kann bestimmen, daß die Innungsversammlung aus Vertretern besteht, die von den Mitgliedern der Handwerksinnung aus ihrer Mitte gewählt werden (Vertreterversammlung); es kann auch bestimmt werden, daß nur einzelne Obliegenheiten der Innungsversammlung durch eine Vertreterversammlung wahrgenommen werden.

(2) Der Innungsversammlung obliegt im besonderen

1.
die Feststellung des Haushaltsplans und die Bewilligung von Ausgaben, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind;
2.
die Beschlußfassung über die Höhe der Innungsbeiträge und über die Festsetzung von Gebühren; Gebühren können auch von Nichtmitgliedern, die Tätigkeiten oder Einrichtungen der Innung in Anspruch nehmen, erhoben werden;
3.
die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung;
4.
die Wahl des Vorstands und derjenigen Mitglieder der Ausschüsse, die der Zahl der Innungsmitglieder zu entnehmen sind;
5.
die Einsetzung besonderer Ausschüsse zur Vorbereitung einzelner Angelegenheiten;
6.
der Erlaß von Vorschriften über die Lehrlingsausbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 3);
7.
die Beschlußfassung über
a)
den Erwerb, die Veräußerung oder die dingliche Belastung von Grundeigentum,
b)
die Veräußerung von Gegenständen, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben,
c)
die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten,
d)
den Abschluß von Verträgen, durch welche der Handwerksinnung fortlaufende Verpflichtungen auferlegt werden, mit Ausnahme der laufenden Geschäfte der Verwaltung,
e)
die Anlegung des Innungsvermögens;
8.
die Beschlußfassung über die Änderung der Satzung und die Auflösung der Handwerksinnung;
9.
die Beschlußfassung über den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft beim Landesinnungsverband.

(3) Die nach Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 gefaßten Beschlüsse bedürfen der Genehmigung durch die Handwerkskammer.

(1) Aufgabe der Handwerksinnung ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Insbesondere hat sie

1.
den Gemeingeist und die Berufsehre zu pflegen,
2.
ein gutes Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen anzustreben,
3.
entsprechend den Vorschriften der Handwerkskammer die Lehrlingsausbildung zu regeln und zu überwachen sowie für die berufliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern,
4.
die Gesellenprüfungen abzunehmen und hierfür Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, sofern sie von der Handwerkskammer dazu ermächtigt ist,
5.
das handwerkliche Können der Meister und Gesellen zu fördern; zu diesem Zweck kann sie insbesondere Fachschulen errichten oder unterstützen und Lehrgänge veranstalten,
6.
bei der Verwaltung der Berufsschulen gemäß den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken,
7.
das Genossenschaftswesen im Handwerk zu fördern,
8.
über Angelegenheiten der in ihr vertretenen Handwerke den Behörden Gutachten und Auskünfte zu erstatten,
9.
die sonstigen handwerklichen Organisationen und Einrichtungen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen,
10.
die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen.

(2) Die Handwerksinnung soll

1.
zwecks Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe ihrer Mitglieder Einrichtungen zur Verbesserung der Arbeitsweise und der Betriebsführung schaffen und fördern,
2.
bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen und Leistungen die Vergebungsstellen beraten,
3.
das handwerkliche Pressewesen unterstützen.

(3) Die Handwerksinnung kann

1.
Tarifverträge abschließen, soweit und solange solche Verträge nicht durch den Innungsverband für den Bereich der Handwerksinnung geschlossen sind,
2.
für ihre Mitglieder und deren Angehörige Unterstützungskassen für Fälle der Krankheit, des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Bedürftigkeit errichten,
3.
bei Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Auftraggebern auf Antrag vermitteln.

(4) Die Handwerksinnung kann auch sonstige Maßnahmen zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Innungsmitglieder durchführen.

(5) Die Errichtung und die Rechtsverhältnisse der Innungskrankenkassen richten sich nach den hierfür geltenden bundesrechtlichen Bestimmungen.

Die Organe der Handwerksinnung sind

1.
die Innungsversammlung,
2.
der Vorstand,
3.
die Ausschüsse.

Stimmberechtigt in der Innungsversammlung sind die Mitglieder der Handwerksinnung im Sinne des § 58 Abs. 1. Für eine juristische Person oder eine Personengesellschaft kann nur eine Stimme abgegeben werden, auch wenn mehrere vertretungsberechtigte Personen vorhanden sind.

(1) Die Innungsversammlung beschließt über alle Angelegenheiten der Handwerksinnung, soweit sie nicht vom Vorstand oder den Ausschüssen wahrzunehmen sind. Die Innungsversammlung besteht aus den Mitgliedern der Handwerksinnung. Die Satzung kann bestimmen, daß die Innungsversammlung aus Vertretern besteht, die von den Mitgliedern der Handwerksinnung aus ihrer Mitte gewählt werden (Vertreterversammlung); es kann auch bestimmt werden, daß nur einzelne Obliegenheiten der Innungsversammlung durch eine Vertreterversammlung wahrgenommen werden.

(2) Der Innungsversammlung obliegt im besonderen

1.
die Feststellung des Haushaltsplans und die Bewilligung von Ausgaben, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind;
2.
die Beschlußfassung über die Höhe der Innungsbeiträge und über die Festsetzung von Gebühren; Gebühren können auch von Nichtmitgliedern, die Tätigkeiten oder Einrichtungen der Innung in Anspruch nehmen, erhoben werden;
3.
die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung;
4.
die Wahl des Vorstands und derjenigen Mitglieder der Ausschüsse, die der Zahl der Innungsmitglieder zu entnehmen sind;
5.
die Einsetzung besonderer Ausschüsse zur Vorbereitung einzelner Angelegenheiten;
6.
der Erlaß von Vorschriften über die Lehrlingsausbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 3);
7.
die Beschlußfassung über
a)
den Erwerb, die Veräußerung oder die dingliche Belastung von Grundeigentum,
b)
die Veräußerung von Gegenständen, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben,
c)
die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten,
d)
den Abschluß von Verträgen, durch welche der Handwerksinnung fortlaufende Verpflichtungen auferlegt werden, mit Ausnahme der laufenden Geschäfte der Verwaltung,
e)
die Anlegung des Innungsvermögens;
8.
die Beschlußfassung über die Änderung der Satzung und die Auflösung der Handwerksinnung;
9.
die Beschlußfassung über den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft beim Landesinnungsverband.

(3) Die nach Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 gefaßten Beschlüsse bedürfen der Genehmigung durch die Handwerkskammer.

(1) Zur Gültigkeit eines Beschlusses der Innungsversammlung ist erforderlich, daß der Gegenstand bei ihrer Einberufung bezeichnet ist, es sei denn, daß er in der Innungsversammlung mit Zustimmung von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt wird, sofern es sich nicht um einen Beschluß über eine Satzungsänderung oder Auflösung der Handwerksinnung handelt.

(2) Beschlüsse der Innungsversammlung werden mit einfacher Mehrheit der erschienenen Mitglieder gefaßt. Zu Beschlüssen über Änderungen der Satzung der Handwerksinnung ist eine Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder erforderlich. Der Beschluß auf Auflösung der Handwerksinnung kann nur mit einer Mehrheit von drei Vierteln der stimmberechtigten Mitglieder gefaßt werden. Sind in der ersten Innungsversammlung drei Viertel der Stimmberechtigten nicht erschienen, so ist binnen vier Wochen eine zweite Innungsversammlung einzuberufen, in welcher der Auflösungsbeschluß mit einer Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder gefaßt werden kann. Satz 3 gilt für den Beschluß zur Bildung einer Vertreterversammlung (§ 61 Abs. 1 Satz 3) mit der Maßgabe, daß er auch im Wege schriftlicher Abstimmung gefaßt werden kann.

(3) Die Innungsversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten Fällen sowie dann einzuberufen, wenn das Interesse der Handwerksinnung es erfordert. Sie ist ferner einzuberufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Teil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Teil der Mitglieder die Einberufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt; wird dem Verlangen nicht entsprochen oder erfordert es das Interesse der Handwerksinnung, so kann die Handwerkskammer die Innungsversammlung einberufen und leiten.

Stimmberechtigt in der Innungsversammlung sind die Mitglieder der Handwerksinnung im Sinne des § 58 Abs. 1. Für eine juristische Person oder eine Personengesellschaft kann nur eine Stimme abgegeben werden, auch wenn mehrere vertretungsberechtigte Personen vorhanden sind.

(1) Die Innungsversammlung beschließt über alle Angelegenheiten der Handwerksinnung, soweit sie nicht vom Vorstand oder den Ausschüssen wahrzunehmen sind. Die Innungsversammlung besteht aus den Mitgliedern der Handwerksinnung. Die Satzung kann bestimmen, daß die Innungsversammlung aus Vertretern besteht, die von den Mitgliedern der Handwerksinnung aus ihrer Mitte gewählt werden (Vertreterversammlung); es kann auch bestimmt werden, daß nur einzelne Obliegenheiten der Innungsversammlung durch eine Vertreterversammlung wahrgenommen werden.

(2) Der Innungsversammlung obliegt im besonderen

1.
die Feststellung des Haushaltsplans und die Bewilligung von Ausgaben, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind;
2.
die Beschlußfassung über die Höhe der Innungsbeiträge und über die Festsetzung von Gebühren; Gebühren können auch von Nichtmitgliedern, die Tätigkeiten oder Einrichtungen der Innung in Anspruch nehmen, erhoben werden;
3.
die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung;
4.
die Wahl des Vorstands und derjenigen Mitglieder der Ausschüsse, die der Zahl der Innungsmitglieder zu entnehmen sind;
5.
die Einsetzung besonderer Ausschüsse zur Vorbereitung einzelner Angelegenheiten;
6.
der Erlaß von Vorschriften über die Lehrlingsausbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 3);
7.
die Beschlußfassung über
a)
den Erwerb, die Veräußerung oder die dingliche Belastung von Grundeigentum,
b)
die Veräußerung von Gegenständen, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben,
c)
die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten,
d)
den Abschluß von Verträgen, durch welche der Handwerksinnung fortlaufende Verpflichtungen auferlegt werden, mit Ausnahme der laufenden Geschäfte der Verwaltung,
e)
die Anlegung des Innungsvermögens;
8.
die Beschlußfassung über die Änderung der Satzung und die Auflösung der Handwerksinnung;
9.
die Beschlußfassung über den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft beim Landesinnungsverband.

(3) Die nach Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 gefaßten Beschlüsse bedürfen der Genehmigung durch die Handwerkskammer.

(1) Die Handwerksinnung kann zur Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten Ausschüsse bilden.

(2) Zur Förderung der Berufsbildung ist ein Ausschuß zu bilden. Er besteht aus einem Vorsitzenden und mindestens vier Beisitzern, von denen die Hälfte Innungsmitglieder, die in der Regel Gesellen oder Lehrlinge beschäftigen, und die andere Hälfte Gesellen sein müssen.

(3) Die Handwerksinnung kann einen Ausschuß zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Lehrlingen (Auszubildenden) errichten, der für alle Berufsausbildungsverhältnisse der in der Handwerksinnung vertretenen Handwerke ihres Bezirks zuständig ist. Die Handwerkskammer erläßt die hierfür erforderliche Verfahrensordnung.

(1) Aufgabe der Handwerksinnung ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Insbesondere hat sie

1.
den Gemeingeist und die Berufsehre zu pflegen,
2.
ein gutes Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen anzustreben,
3.
entsprechend den Vorschriften der Handwerkskammer die Lehrlingsausbildung zu regeln und zu überwachen sowie für die berufliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern,
4.
die Gesellenprüfungen abzunehmen und hierfür Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, sofern sie von der Handwerkskammer dazu ermächtigt ist,
5.
das handwerkliche Können der Meister und Gesellen zu fördern; zu diesem Zweck kann sie insbesondere Fachschulen errichten oder unterstützen und Lehrgänge veranstalten,
6.
bei der Verwaltung der Berufsschulen gemäß den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken,
7.
das Genossenschaftswesen im Handwerk zu fördern,
8.
über Angelegenheiten der in ihr vertretenen Handwerke den Behörden Gutachten und Auskünfte zu erstatten,
9.
die sonstigen handwerklichen Organisationen und Einrichtungen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen,
10.
die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen.

(2) Die Handwerksinnung soll

1.
zwecks Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe ihrer Mitglieder Einrichtungen zur Verbesserung der Arbeitsweise und der Betriebsführung schaffen und fördern,
2.
bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen und Leistungen die Vergebungsstellen beraten,
3.
das handwerkliche Pressewesen unterstützen.

(3) Die Handwerksinnung kann

1.
Tarifverträge abschließen, soweit und solange solche Verträge nicht durch den Innungsverband für den Bereich der Handwerksinnung geschlossen sind,
2.
für ihre Mitglieder und deren Angehörige Unterstützungskassen für Fälle der Krankheit, des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Bedürftigkeit errichten,
3.
bei Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Auftraggebern auf Antrag vermitteln.

(4) Die Handwerksinnung kann auch sonstige Maßnahmen zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Innungsmitglieder durchführen.

(5) Die Errichtung und die Rechtsverhältnisse der Innungskrankenkassen richten sich nach den hierfür geltenden bundesrechtlichen Bestimmungen.

(1) Die Innungsversammlung beschließt über alle Angelegenheiten der Handwerksinnung, soweit sie nicht vom Vorstand oder den Ausschüssen wahrzunehmen sind. Die Innungsversammlung besteht aus den Mitgliedern der Handwerksinnung. Die Satzung kann bestimmen, daß die Innungsversammlung aus Vertretern besteht, die von den Mitgliedern der Handwerksinnung aus ihrer Mitte gewählt werden (Vertreterversammlung); es kann auch bestimmt werden, daß nur einzelne Obliegenheiten der Innungsversammlung durch eine Vertreterversammlung wahrgenommen werden.

(2) Der Innungsversammlung obliegt im besonderen

1.
die Feststellung des Haushaltsplans und die Bewilligung von Ausgaben, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind;
2.
die Beschlußfassung über die Höhe der Innungsbeiträge und über die Festsetzung von Gebühren; Gebühren können auch von Nichtmitgliedern, die Tätigkeiten oder Einrichtungen der Innung in Anspruch nehmen, erhoben werden;
3.
die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung;
4.
die Wahl des Vorstands und derjenigen Mitglieder der Ausschüsse, die der Zahl der Innungsmitglieder zu entnehmen sind;
5.
die Einsetzung besonderer Ausschüsse zur Vorbereitung einzelner Angelegenheiten;
6.
der Erlaß von Vorschriften über die Lehrlingsausbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 3);
7.
die Beschlußfassung über
a)
den Erwerb, die Veräußerung oder die dingliche Belastung von Grundeigentum,
b)
die Veräußerung von Gegenständen, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben,
c)
die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten,
d)
den Abschluß von Verträgen, durch welche der Handwerksinnung fortlaufende Verpflichtungen auferlegt werden, mit Ausnahme der laufenden Geschäfte der Verwaltung,
e)
die Anlegung des Innungsvermögens;
8.
die Beschlußfassung über die Änderung der Satzung und die Auflösung der Handwerksinnung;
9.
die Beschlußfassung über den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft beim Landesinnungsverband.

(3) Die nach Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 gefaßten Beschlüsse bedürfen der Genehmigung durch die Handwerkskammer.

(1) Für jedes Haushaltsjahr ist ein Haushaltsplan aufzustellen.

(2) Der Haushaltsplan enthält alle im Haushaltsjahr

1.
zu erwartenden Einnahmen,
2.
voraussichtlich zu leistenden Ausgaben und
3.
voraussichtlich benötigten Verpflichtungsermächtigungen.

(1) Die Innungsversammlung beschließt über alle Angelegenheiten der Handwerksinnung, soweit sie nicht vom Vorstand oder den Ausschüssen wahrzunehmen sind. Die Innungsversammlung besteht aus den Mitgliedern der Handwerksinnung. Die Satzung kann bestimmen, daß die Innungsversammlung aus Vertretern besteht, die von den Mitgliedern der Handwerksinnung aus ihrer Mitte gewählt werden (Vertreterversammlung); es kann auch bestimmt werden, daß nur einzelne Obliegenheiten der Innungsversammlung durch eine Vertreterversammlung wahrgenommen werden.

(2) Der Innungsversammlung obliegt im besonderen

1.
die Feststellung des Haushaltsplans und die Bewilligung von Ausgaben, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind;
2.
die Beschlußfassung über die Höhe der Innungsbeiträge und über die Festsetzung von Gebühren; Gebühren können auch von Nichtmitgliedern, die Tätigkeiten oder Einrichtungen der Innung in Anspruch nehmen, erhoben werden;
3.
die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung;
4.
die Wahl des Vorstands und derjenigen Mitglieder der Ausschüsse, die der Zahl der Innungsmitglieder zu entnehmen sind;
5.
die Einsetzung besonderer Ausschüsse zur Vorbereitung einzelner Angelegenheiten;
6.
der Erlaß von Vorschriften über die Lehrlingsausbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 3);
7.
die Beschlußfassung über
a)
den Erwerb, die Veräußerung oder die dingliche Belastung von Grundeigentum,
b)
die Veräußerung von Gegenständen, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben,
c)
die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten,
d)
den Abschluß von Verträgen, durch welche der Handwerksinnung fortlaufende Verpflichtungen auferlegt werden, mit Ausnahme der laufenden Geschäfte der Verwaltung,
e)
die Anlegung des Innungsvermögens;
8.
die Beschlußfassung über die Änderung der Satzung und die Auflösung der Handwerksinnung;
9.
die Beschlußfassung über den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft beim Landesinnungsverband.

(3) Die nach Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 gefaßten Beschlüsse bedürfen der Genehmigung durch die Handwerkskammer.

Stimmberechtigt in der Innungsversammlung sind die Mitglieder der Handwerksinnung im Sinne des § 58 Abs. 1. Für eine juristische Person oder eine Personengesellschaft kann nur eine Stimme abgegeben werden, auch wenn mehrere vertretungsberechtigte Personen vorhanden sind.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Satzung der Handwerksinnung bedarf der Genehmigung durch die Handwerkskammer des Bezirks, in dem die Handwerksinnung ihren Sitz nimmt.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn

1.
die Satzung den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht,
2.
die durch die Satzung vorgesehene Begrenzung des Innungsbezirks die nach § 52 Abs. 3 Satz 2 erforderliche Genehmigung nicht erhalten hat.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 6. August 2013 - 7 Sa 666/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 25. September 2012 - 4 Ca 534/12 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 735,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine tarifliche Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2011.

2

Der Kläger, seit dem 1. Januar 2004 Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Abfall- und Entsorgungswirtschaft, in deren Niederlassung in C seit 1999 als Müllwerker beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist ein Arbeitsvertrag vom 23. Juni 1999, der in der Folge mehrfach geändert wurde. Nach dessen § 3 sollte sich die monatliche Vergütung nach einer - nach Ablauf der Probezeit vorzunehmenden - Einstufung in den Tarifvertrag richten. Im Folgenden erhielt der Kläger ua. ab Juni 2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe (VergGr.) 5, Stufe 1 des Bundesentgeltrahmentarifvertrags für die private Entsorgungswirtschaft (BERT).

3

Die Beklagte war bereits seit dem 1. Mai 1991 Vollmitglied im Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE), einem „Wirtschafts- und Arbeitgeberverband“. Der BDE hatte durch Satzungsänderungen im Jahre 1995 und 1999 in § 5 Abs. 2 Satz 2 der Verbandssatzung die Möglichkeit geschaffen, auf besonderen Antrag „nur die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband“ zu erwerben.

4

Mit Schreiben vom 22. April 2002 teilte die Beklagte dem BDE Folgendes mit:

        

„Kündigung Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband

        

...     

        

hiermit kündige ich mit sofortiger Wirkung die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband.

        

Die aktuelle Situation in der Entsorgungsbranche und auch die Entwicklung im BDE haben mich zu dieser Entscheidung geführt.

        

Von dieser Kündigung ist selbstverständlich die Mitgliedschaft im BDE nicht betroffen.“

5

Nach mehreren Telefonaten mit der Geschäftsführerin der Beklagten und verbandsinterner Beratung bestätigte der BDE dieser in einem Schreiben vom 10. Juni 2002:

        

„… Nach wiederholter Diskussion im Präsidium und nach Rücksprache mit Ihnen hat das Präsidium letztlich auf seiner Sitzung am 5. Juni 2002 die Austritte aus dem Arbeitgeberverband bei Fortführung der Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband formell wie beantragt bestätigt.“

6

Am 21. Juni 2002 übersandte der BDE unter Bezugnahme auf den entsprechenden Präsidiumsbeschluss und verbunden mit einem Hinweis auf § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 5 TVG einen neuen Mitgliedsausweis mit dem Vermerk „Mitglied nur im Wirtschaftsverband ab 1.5.2002“. Nachdem der BDE dies auch der Gewerkschaft ver.di mitgeteilt hatte, bestätigte diese mit Schreiben vom 12. Juli 2002 gegenüber der Beklagten diese Mitteilung und forderte sie zu Verhandlungen über einen Haustarifvertrag auf.

7

In der Folgezeit wurde das Bruttomonatsgehalt des Klägers nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mehrfach aufgrund von Vereinbarungen zwischen den Parteien erhöht. Zuletzt erhielt er ab August 2008 ein monatliches Entgelt von 1.900,00 Euro brutto. Ab dem Jahr 2007 zahlte die Beklagte dem Kläger eine stets mit dem Novembergehalt geleistete Jahressonderzahlung in unterschiedlicher Höhe, zuletzt für die Jahre 2009 und 2010 jeweils iHv. 1.425,00 Euro brutto. Im Jahr 2011 erhielt der Kläger mit dem Entgelt für den Monat November 2011 eine Jahressonderzahlung iHv. 690,00 Euro brutto.

8

Mit der Beklagten am 22. Dezember 2011 zugegangenem Schreiben, das mit „Geltendmachung der Tariflichen Jahressonderzahlung 2011“ überschrieben ist, machte der Kläger unter Fristsetzung bis zum 5. Januar 2012 erfolglos

        

„… für sich im eigenen Namen gemäß des noch nachwirkenden § 13 Bundesmanteltarifvertrag zwischen BDE und ver.di die Jahressonderzahlung für das Jahr 2011 geltend, da diese mit dem zu zahlenden Novemberlohn nicht in voller Höhe (75 %) ausgezahlt wurde.“

9

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren gerichtlich weiterverfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm weitere 735,00 Euro brutto aus den für das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden manteltariflichen Regelungen. Der von der Beklagten im Jahre 2002 vorgenommene Wechsel in die Mitgliedschaft im „Wirtschaftsverband“ sei tarifrechtlich ohne Bedeutung; die Vereinssatzung des BDE stelle nicht sicher, dass Mitglieder des „Wirtschaftsverbands“ keinen Einfluss und keine Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Tarifpolitik hätten.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 735,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2012 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, sie sei als ausschließliches Mitglied des „Wirtschaftsverbandes“ im BDE an den Manteltarifvertrag nicht gebunden. Zumindest sei sie einvernehmlich zum 30. April 2002 aus dem „Arbeitgeberverband“ im BDE ausgetreten. Durch den Austritt falle sie zudem nicht mehr unter den fachlichen Geltungsbereich der vom BDE später geschlossenen Tarifverträge. Weiterhin habe der Kläger im maßgebenden Zeitraum kein „aufgrund der tariflichen Regelungen gezahltes Entgelt“ erhalten. Dies aber setze der Manteltarifvertrag für einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung voraus.

12

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte ist, nach dem für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden Bundes-Manteltarifvertrag, gültig ab 1. Januar 2009 (BMTV 2009), verpflichtet, an den Kläger auf der Grundlage von § 13 BMTV 2009 weitere 735,00 Euro brutto zu zahlen. Die auf eine Beendigung der Mitgliedschaft im „Arbeitgeberverband“ des BDE gerichteten Erklärungen der Beklagten führten nicht zu einem Wegfall der Tarifgebundenheit.

14

I. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt im Jahr 2011 der BMTV 2009 kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Der Kläger war seit dem 1. Januar 2004 Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war im Jahr 2011 tarifgebundenes Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes BDE.

15

1. Die Beklagte war jedenfalls bis zum April 2002 tarifgebundenes Mitglied des BDE; hierüber streiten die Parteien nicht. Daran hat sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts durch die von der Beklagten am 22. April 2002 ausgesprochene „Kündigung“ der Mitgliedschaft im „Arbeitgeberverband“ des BDE bei gleichzeitig weiterbestehender Mitgliedschaft im BDE nichts geändert. Die Beklagte ist dadurch nicht in einen Mitgliedsstatus gewechselt, der einen Wegfall der Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG)zur Folge gehabt hätte.

16

a) Grundsätzlich begründet die Mitgliedschaft in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband die Gebundenheit an die von dem Verband abgeschlossenen Tarifverträge (§ 3 Abs. 1 TVG). Ein Arbeitgeberverband kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch in seiner Satzung einen gesondert geregelten Status der Mitgliedschaft vorsehen, der eine Gebundenheit an die vom Verband abgeschlossenen Tarifverträge ausschließt (sog. OT-Mitgliedschaft). Das setzt jedoch voraus, dass die Satzung jeden Einfluss von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen des Verbandes ausschließt.

17

aa) Nicht jedes vereinsrechtliche Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist notwendig tarifgebunden iSv. § 3 Abs. 1 TVG. Arbeitgeberverbände sind aufgrund der ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG verliehenen Satzungsautonomie(BVerfG 1. März 1979 - 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 - zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 50, 290) grundsätzlich befugt, in ihren Satzungen eine Mitgliedschaft ohne Tarifgebundenheit vorzusehen (BAG 19. Juni 2012 - 1 AZR 775/10 - Rn. 16, BAGE 142, 98; 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 27, BAGE 130, 264; 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 25 ff., BAGE 127, 27; 18. Juli 2006 - 1 ABR 36/05 - BAGE 119, 103). Eine solche Regelung widerspricht regelmäßig weder einfachem Recht noch Verfassungsrecht (dazu ausf. BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 26 ff., 33 ff., aaO). Die Begründung einer OT-Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband setzt voraus, dass es für diese Mitgliedschaftsform zu dem Zeitpunkt, in dem ein bisheriges „Vollmitglied“ eine reine OT-Mitgliedschaft begründen will, eine wirksame satzungsmäßige Grundlage gibt (BAG 26. August 2009 - 4 AZR 294/08 - Rn. 32).

18

bb) Die Satzung des Verbandes kann selbst definieren, auf welche Weise eine Mitgliedschaft iSv. § 3 Abs. 1 TVG begründet und beendet werden kann(BAG 15. Dezember 2010 - 4 AZR 256/09 - Rn. 25). Dabei kann jedoch nicht lediglich die Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 TVG abbedungen werden. Wegen des im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie erforderlichen Gleichlaufs von Verantwortlichkeit und Betroffenheit hinsichtlich tarifpolitischer Entscheidungen muss die Satzung eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und solchen ohne Tarifgebundenheit vorsehen (vgl. nur BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 27 f., BAGE 130, 264; bestätigt durch BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 2593/09 -).

19

(1) Eine nach der Satzung auch nur mögliche unmittelbare Einflussnahme von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen des Verbandes ist nicht zulässig. So dürfen OT-Mitglieder nicht in Tarifkommissionen entsandt werden und den Verband im Außenverhältnis tarifpolitisch vertreten. Sie sind von der Verfügungsgewalt über einen Streik- oder Aussperrungsfonds auszuschließen. Ein Stimmrecht bei Abstimmungen über die Festlegung von tarifpolitischen Zielen oder die Annahme oder Ablehnung von Tarifverhandlungsergebnissen ist auszuschließen. Die Mitwirkung von OT-Mitgliedern bei tarifpolitischen Fragen mit nur beratender Stimme ist hingegen unbedenklich (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 27/11 - Rn. 14 mwN; BAG 19. Juni 2012 - 1 AZR 775/10 - Rn. 17, BAGE 142, 98).

20

(2) Für die Satzungsregeln über die Besetzung der tarifpolitischen Gremien reicht es danach nicht aus, festzulegen, dass in diesen Gremien nur tarifgebundene Mitgliedsunternehmen vertreten sind. Wird die konkrete Besetzung tarifpolitischer Gremien (zB Tarifkommissionen) durch ein anderes Vereinsorgan (zB Mitgliederversammlung oder Vorstand) vorgenommen, dürfen die nicht tarifgebundenen Verbandsmitglieder auf die Auswahlentscheidung keinen Einfluss haben. Nicht nur die Wählbarkeit (passives Wahlrecht), sondern auch das aktive Wahlrecht ist insoweit allein den tarifgebundenen Mitgliedern des Verbandes vorbehalten, weil nur sie von den zu verhandelnden und abzuschließenden Tarifverträgen betroffen sind. Deshalb müssen sie die Tarifverträge allein verantworten.

21

cc) Dabei kann es - je nach Regelungsdichte der Satzung - ausreichen, einen allgemein formulierten Grundsatz des generellen Ausschlusses von OT-Mitgliedern von jeglichen tarifpolitischen Entscheidungen des Verbandes zu formulieren (vgl. zB BAG 12. Februar 2014 - 4 AZR 450/12 - Rn. 15; 21. November 2012 - 4 AZR 27/11 - Rn. 18; 15. Dezember 2010 - 4 AZR 256/09 - Rn. 31), so dass es nicht zwingend erforderlich ist, die Einschränkung der Mitwirkungsbefugnisse in den jeweiligen, den Einzelfall besonderer tarifpolitischer Tätigkeiten des Verbandes regelnden Satzungsvorschriften erneut festzuschreiben. Aber gerade dann müssen derartige allgemeine Bestimmungen hinreichend klar und zweifelsfrei jede Mitwirkungsmöglichkeit von OT-Mitgliedern an tarifpolitischen Entscheidungen des Verbandes ausschließen.

22

b) Diesen Anforderungen wird die Satzung des BDE (in Kraft ab 18. Januar 2000 - Satzung 2000) nicht gerecht.

23

aa) Die Satzung 2000 enthält ua. folgende für die Entscheidung erhebliche Regelungen:

        

§ 1   

        

Name, Sitz, Geschäftsjahr

        

(1)     

Die Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland bilden einen Bundesverband. Er hat die Aufgaben eines Wirtschafts- und Arbeitgeberverbandes.

        

...     

        
        

§ 2     

        

Verbandszweck

        

(1)     

Der Zweck des Bundesverbandes ist

                 

1.    

Förderung der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft,

                 

2.    

Betreuung der Mitglieder im Rahmen gemeinsam interessierender, einschließlich arbeitsrechtlicher, Fragen,

                 

3.    

Wahrung und Vertretung gemeinsamer Interessen der Mitglieder gegenüber politischen, staatlichen und sonstigen Organisationen,

                 

...     

        
                 

6.    

Abschluss von Tarifverträgen.

        

(2)     

Der Bundesverband ist im Rahmen des Verbandszwecks berechtigt, nationalen und internationalen Organisationen oder juristischen Personen beizutreten oder solche zu gründen.

        

...     

        
        

§ 3     

        

Mitgliedschaften

        

(1)     

Die Mitgliedschaft ist freiwillig.

        

(2)     

Die Mitgliedschaft unterscheidet zwischen ordentlichen, korporativen, fördernden sowie ausländischen Mitgliedern:

                 

a)    

Ordentliches Mitglied

                 

können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft … werden …; ist ihr Sitz im Freistaat Bayern gelegen, gehören diese Mitglieder in der Regel dem korporativen Mitglied des Bundesverbandes, nämlich dem ‚VBS – Verband Bayerischer Entsorgungsunternehmen e. V. – Kreislaufwirtschaft und Städtereinigung –‚ an.

                 

b)    

Korporatives Mitglied

                 

können Verbände und Vereinigungen werden, die für ihre eigenen Mitglieder entweder einen vergleichbaren Verbandszweck verfolgen wie der Bundesverband oder die ein Interesse an der Förderung des Zweckes des Bundesverbandes haben.

                 

c)    

Förderndes Mitglied

                 

können alle juristischen oder natürlichen Personen werden, die die Voraussetzungen nach Ziffer a) nicht erfüllen, die jedoch ein Interesse an der Förderung des Zweckes des Bundesverbandes im Sinne des § 2 der Satzung haben.

                 

d)    

Ausländische Mitglieder

                 

...     

        
        

(3)     

Die ordentlichen Mitglieder sind verpflichtet, für sämtliche mit ihnen verbundenen Unternehmen und Betriebe im Sinne von Ziffer 2 a) die Mitgliedschaft zu erwerben.

        

§ 4     

        

Rechte und Pflichten

        

(1)     

...     

        

(2)     

Nur ordentliche Mitglieder haben ein aktives und passives Wahlrecht. In die Organe (§ 9 Abs. 1) können nur gesetzliche Vertreter der ordentlichen Mitglieder gewählt werden; fallweise kann der Präsident aus dem Bereich der übrigen Mitglieder Gäste ohne Stimmrecht in die Organe des Bundesverbandes berufen.

        

...     

        
        

§ 5     

        

Aufnahme und Beendigung der Mitgliedschaft

        

(1)     

...     

        

(2)     

Ordentliche und diesen gleichgestellte Mitglieder erwerben in der Regel mit der Mitgliedschaft im Bundesverband sowohl die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband als auch im Arbeitgeberverband (§ 1 Abs. 1). Auf besonderen Antrag, der dem Präsidium zur gesonderten Entscheidung vorgelegt werden muß, kann auch nur die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband erworben werden, insbesondere, wenn eine tarifliche Bindung aufgrund eines anderen Tarifvertrages nachgewiesen wird.

        

(3)     

Die Kündigung der Mitgliedschaft muss schriftlich erfolgen. Sie kann nur mit sechsmonatiger Frist zum Schluss eines Geschäftsjahres (Eingang in der Bundesgeschäftsstelle) erfolgen.

        

(4)     

Die Mitgliedschaft endet außer durch Kündigung (Abs. 3) durch Ausschluss, durch Streichung aus der Mitgliederliste oder aus wichtigem Grunde.

        

(5)     

...     

        

(6)     

Die Aufnahme, der Ausschluss sowie die Regelung der Fälle des Absatzes 2 erfolgen entsprechend der dieser Satzung beigefügten‚ Verfahrensordnung über Aufnahme, Ausschluss und Kündigung von Mitgliedern‘.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Wahlzeiten und Amtsdauer

        

...     

        
        

(5)     

Alle durch Wahl übertragenen Ämter sind höchstpersönlich wahrzunehmen; eine Stellvertretung ist nur möglich, wenn dies durch die Satzung ausdrücklich für zulässig erklärt wird. …

        

…       

        
        

§ 9     

        

Organe und Einrichtungen

        

(1)     

Organe des Bundesverbandes sind:

                 

1.    

die Mitgliederversammlung (§ 10)

                 

2.    

der Präsident und seine Stellvertreter (Präsidium § 11)

                 

3.    

der Vorstand (§ 12)

                 

4.    

der Hauptgeschäftsführer (§ 13)

        

…       

                 
        

§ 10   

        

Mitgliederversammlung

        

(1)     

Die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes ist ihr oberstes Organ. Sie hat alle Angelegenheiten zu regeln, die nicht ausdrücklich von ihr oder in der Satzung anderen Verbandsorganen zugewiesen sind. Insbesondere:

                 

1.    

Wahl des Präsidenten und seiner Stellvertreter,

                 

2.    

Wahl der (gekorenen) Vorstandsmitglieder,

                 

...     

        
        

§ 11   

        

Der Präsident und seine Stellvertreter (Präsidium)

        

(1)     

Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten und zwei Stellvertretern. Er ist mit dem Hauptgeschäftsführer gesetzlicher Vorstand im Sinne des § 26 BGB. …

        

(2)     

Der Präsident und seine Stellvertreter leiten den Bundesverband nach den gemeinsam mit dem Vorstand festgelegten Richtlinien für die Verbandsarbeit und die -politik. …

        

(3)     

Der Präsident vertritt den Verband in allen Angelegenheiten allein. In seiner Verhinderung wird er durch einen Stellvertreter gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer vertreten. …

        

...     

                 
        

§ 12   

        

Vorstand

        

(1)     

Der Vorstand besteht aus

                 

a)    

dem gesetzlichen Vorstand (§ 11 Abs. 1 Satz 2), den kooptierten Mitgliedern des Präsidiums sowie aus dem jeweiligen Vorgänger im Amt des Präsidenten (Altpräsident) (geborene Mitglieder)

                          

und     

                 

(b)     

aus mindestens zwölf weiteren, von der Mitgliederversammlung durch Blockwahl (Vorstandsliste) zu wählenden Personen (gekorene Mitglieder); sie sollen die Fachbereiche und möglichst die Größenstruktur des Verbandes sowie die regionale Bedeutung berücksichtigen.

                 

...     

        
        

…       

                 
        

(3)     

Der Vorstand hat die Aufgaben,

                 

1.    

...     

                 

2.    

auf Vorschlag des Präsidiums Fachbereiche und Tarifkommissionen einzusetzen; die Vorsitzenden sollen in der Regel aus der Mitte des Vorstandes berufen werden,

                 

...     

        
        

…       

                 
        

§ 17   

        

Große und Kleine Tarifkommission

        

(1)     

Für die Wahrnehmung der Aufgaben des Arbeitgeberverbandes bildet der Bundesverband eine Kleine und eine Große Tarifkommission, deren Mitglieder sich ausschließlich aus den Mitgliedern des Arbeitgeberverbandes zusammensetzen.

                 

Der Vorstand legt in einer Geschäftsordnung für Große und Kleine Tarifkommission die Aufgabenbereiche sowie die Größe und Zusammensetzung der Kommission fest.

        

(2)     

Die Kleine Tarifkommission wird von einem Vorsitzenden geführt, der vom Vorstand berufen wird.

        

(3)     

Die Große Tarifkommission wird vom Präsidenten geführt.“

24

bb) Diese Satzungsregelungen genügen nicht den vorstehend genannten Anforderungen an die erforderliche Klarheit und Eindeutigkeit der Trennung zwischen den beiden Mitgliederbereichen. Dabei kann der Senat zugunsten der Beklagten unterstellen, dass der BDE mit den Regelungen in § 5 Abs. 2, § 17 Abs. 1 Satz 2 Satzung 2000 die Möglichkeit einer gesonderten Form der Mitgliedschaft im Verband ohne Tarifgebundenheit eröffnen wollte. Die Satzungsbestimmungen zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ schließen jedoch eine Einflussnahme auf tarifpolitische Entscheidungen des Verbandes auch dann nicht hinreichend aus.

25

(1) Die Satzung 2000 regelt in § 3 die unterschiedlichen Formen der Mitgliedschaften. Dabei ist eine differenzierende Bestimmung zwischen OT- und Vollmitgliedern gerade nicht vorgesehen. Beide unterfallen dem dort verwandten Begriff der „ordentlichen Mitglieder“.

26

(2) § 5 Abs. 2 Satz 2 Satzung 2000 lässt, anders als die in § 3 Abs. 2 Satzung 2000 aufgeführten unterschiedlichen Formen einer Mitgliedschaft, die Möglichkeit einer OT-Mitgliedschaft erkennen. Zwar ist für den nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Satzung 2000 vorgesehenen begrenzten Erwerb einer „Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband“ (wobei zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden kann, dass diese Form der Mitgliedschaft nicht nur beim erstmaligen „Erwerb“ erfolgen kann, sondern auch ein späterer Wechsel aus einer Vollmitgliedschaft zulässig ist) keine ausdrückliche Regelung enthalten, dass für diese Mitglieder keine Tarifgebundenheit besteht. Diese gewollte Rechtsfolge ergibt sich aber mittelbar aus § 17 Abs. 1 Satzung 2000. Die Mitgliedschaft in den Tarifkommissionen, die zur Wahrnehmung der Aufgaben des „Arbeitgeberverbandes“ gebildet werden, ist ausschließlich „Mitgliedern des Arbeitgeberverbandes“ vorbehalten. Zudem soll bei der Entscheidung über einen entsprechenden beschränkten Aufnahmeantrag in den „Wirtschaftsverband“ eine „tarifliche Bindung aufgrund eines anderen Tarifvertrags“ berücksichtigt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Satzung 2000).

27

(3) Diese Satzungsregelungen sehen eine hinreichende Trennung der beiden Bereiche „Wirtschaftsverband“ und „Arbeitgeberverband“ nicht vor.

28

(a) Eine allgemeine, alle Einzelkonstellationen abdeckende Formulierung des Ausschlusses der Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ von tarifpolitischen Entscheidungen des BDE (vgl. dazu oben I 1 a cc) enthält die Satzung 2000 nicht.

29

(b) Eine gleichwertig geregelte Trennung ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus § 17 Abs. 1 Satzung 2000. Dies wäre nur dann der Fall, wenn einerseits die tarifpolitischen Entscheidungen des BDE ausschließlich und vollständig den beiden dort genannten Kommissionen übertragen worden wären und andererseits bei der Zusammensetzung und den Entscheidungen dieser Kommissionen nur solche Mitglieder des BDE mitwirken können, die nicht nur dem „Wirtschaftsverband“ angehören. Zumindest die letztgenannten Voraussetzungen erfüllt die Satzung 2000 nicht.

30

(aa) Dabei kann zu Gunsten der Beklagten weiterhin unterstellt werden, dass sich nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Satzung 2000 jedenfalls die Bildung einer Kleinen und einer Großen Tarifkommission als solche dem Bundesvorstand des BDE nicht freigestellt ist, sondern die Erfüllung einer satzungsmäßig festgelegten Pflicht darstellt. Dasselbe gilt für die grundsätzliche Übertragung der Aufgaben eines „Arbeitgeberverbandes“ durch den Vorstand, unter der hier die Vorbereitung und Durchführung tarifpolitischer Entscheidungen zu verstehen sein mögen, auch wenn die Zuweisung der entsprechenden „Aufgabenbereiche“ durch den Vorstand ohne weitere Vorgaben durch die Satzung 2000 erfolgt.

31

(bb) Die Auswahl der Mitglieder der Tarifkommissionen aus den Vertretern tarifgebundener Unternehmen erfolgt nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Satzung 2000 durch den Vorstand(zu dessen Zusammensetzung vgl. § 12 Abs. 1 Satzung 2000) und damit durch ein Gremium, für das seinerseits die Beschränkung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Satzung 2000 gerade nicht gilt. Dessen Mitglieder müssen nicht zwingend tarifgebundenen Unternehmen angehören. Ebenso wenig ist eine Beschränkung der Mitgliedsrechte dieser Vorstandsmitglieder bei dem Erlass einer Geschäftsordnung für die Tarifkommissionen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 der Satzung 2000 ersichtlich.

32

(c) Der Bestimmung in § 17 Abs. 3 Satzung 2000, wonach die Große Tarifkommission vom Präsidenten des BDE geführt wird, fehlt es an einer Ausnahmeregelung für den Fall, dass dieser ein Unternehmen repräsentiert, das nur Mitglied im „Wirtschaftsverband“ ist. Eine solche folgt nicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 Satzung 2000. Dort ist ausschließlich von den Mitgliedern der Kommissionen, nicht aber vom Vorsitzenden die Rede. Zudem stellt § 17 Abs. 3 Satzung 2000 eine Spezialregelung dar, die § 17 Abs. 1 Satz 1 Satzung 2000 vorgeht. Darüber hinaus sieht § 7 Abs. 5 Satzung 2000 vor, dass alle Wahlämter und damit auch das des Präsidenten(§ 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satzung 2000) höchstpersönlich wahrzunehmen sind, sofern nicht in der Satzung ausdrücklich eine Ausnahme für zulässig erklärt wird. Eine solche ausdrückliche Vertretungsregelung besteht für die „Führung“ der Großen Tarifkommission nicht.

33

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf mindestens zwei Fälle hingewiesen hat, in denen in der Vergangenheit der jeweilige Präsident des BDE aus einem „tariffreien Mitgliedsunternehmen“ kam und deshalb „nicht Vorsitzender der Großen Tarifkommission (war), sondern ein einem tarifgebundenen Unternehmen angehöriges Mitglied des BDE“, im andern Fall „ein Vizepräsident“ des BDE, ist dies unerheblich. Es kommt regelmäßig nicht auf die praktizierte Übung, sondern auf die Rechtslage nach der Satzung an (BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 45, BAGE 130, 264). Zudem wird der Präsident beim Vorliegen eines - satzungsmäßig geregelten - Vertretungsfalles, der hier nicht vorgesehen ist, bei „seiner Verhinderung … durch einen Stellvertreter gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer vertreten“ (§ 11 Abs. 3 Satz 2 Satzung 2000). Gerade dies ist hier aber weder vorgesehen noch in den von der Beklagten geschilderten Fällen - die überdies ausweisen, dass es sich keineswegs um ein rechtlich zu vernachlässigendes, rein theoretisches Problem handelt - tatsächlich geschehen.

34

(4) Ein anderes Ergebnis folgt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus dem Umstand, dass die Gewerkschaft ver.di selbst von einer fehlenden Tarifgebundenheit der Beklagten ausgegangen sei. Die Wirksamkeit eines Wechsels in eine Mitgliedsform ohne Tarifgebundenheit ist allein von der satzungsrechtlichen Ausgestaltung und nicht von der Rechtsmeinung eines Dritten abhängig. Das gilt auch für die - dem Statuswechsel zustimmende oder ablehnende - Auffassung einer tarifzuständigen Gewerkschaft.

35

cc) Die Beklagte kann sich für ihre Annahme einer ausreichenden Trennung der beiden Mitgliederbereiche nicht auf Regelungen in der Geschäftsordnung für die Große und Kleine Tarifkommission des BDE berufen.

36

(1) Die Absicherung der erforderlichen Trennung der unterschiedlichen Mitgliederbereiche muss in der Verbandssatzung selbst erfolgen. „Unterrangiges Vereinsrecht“ - zB eine Geschäftsordnung - reicht dafür nicht aus.

37

(a) Nach ständiger Rechtsprechung sind die das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen als „Verfassung“ des Vereins in die Satzung aufzunehmen (arg. § 33 Abs. 1 BGB; vgl. BGH 24. Oktober 1988 - II ZR 311/87 - zu I 2 a der Gründe mwN, BGHZ 105, 306). Nur die Satzung selbst ist - jeweils - vom demokratisch legitimierten Organ des Vereins, der Mitgliederversammlung, beschlossen. Das betrifft im Falle eines Arbeitgeberverbandes iSv. § 2 Abs. 1 TVG nicht nur die Kontrolle der Mitglieder über solch grundlegende Fragen wie die wirksame Begründung der Möglichkeit einer Verbandsmitgliedschaft ohne Tarifgebundenheit(vgl. dazu Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 2 Rn. 95), sondern auch die Bestandsfestigkeit und Kontinuität und damit das Ausmaß der Verbindlichkeit einer solchen Ordnung. Deshalb können in „Geschäftsordnungen“ einzelner Gremien grundsätzlich nicht das Vereinsleben bestimmende Grundentscheidungen geregelt werden, die als „Verfassung“ des Vereins kraft zwingender Vorschrift in die Satzung aufgenommen werden müssen (so schon BGH 6. März 1967 - II ZR 231/64 - zu II 3 c der Gründe, BGHZ 47, 172; Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 19. Aufl. Rn. 151). Geschäftsordnungen werden regelmäßig von den Gremien selbst aufgestellt und können von ihnen verändert werden, ohne dass Verbandsmitglieder außerhalb des Gremiums hierauf unmittelbaren Einfluss haben.

38

(b) Ferner ist nur die Satzung selbst im Vereinsregister veröffentlicht und jedermann zugänglich. Auf diese vom Gesetz verlangte Publikation kann nicht nach den Umständen des Einzelfalls verzichtet werden (BGH 24. Oktober 1988 - II ZR 311/87 - zu I 2 a der Gründe mwN, BGHZ 105, 306). Die erforderliche Transparenz ist insbesondere für die Mitglieder selbst, für aufnahmeinteressierte Unternehmen, aber auch für die gegnerische Koalition von Bedeutung. Sie ist bei dem „unterrangigen“ Verbandsrecht in der Regel nicht gegeben. Geschäftsordnungen einzelner Vereinsgremien sind nicht ohne weiteres öffentlich einsehbar. Dass die Satzung selbst allein in der öffentlich zugänglichen Form der im Vereinsregister eingetragenen Fassung Grundlage für die rechtliche Überprüfung sein kann, hat der Senat bereits entschieden; erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung einer zuvor vereinsrechtlich beschlossenen Satzungsänderung gilt sie als maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob die Mitgliederbereiche hinreichend getrennt sind (BAG 26. August 2009 - 4 AZR 295/08 - Rn. 32 ff.).

39

(2) Schon deshalb kann sich die Beklagte nicht auf die „Geschäftsordnung für die Große und Kleine Tarifkommission“ stützen. Diese ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Satzung 2000 allein vom Vorstand zu beschließen. Die Befugnis des Vorstands erstreckt sich neben der Festlegung von Größe und Zusammensetzung ausdrücklich auf die „Aufgabenbereiche“ der beiden Kommissionen. Damit sind nach der Satzungslage wesentliche Regelungen, die für die rechtliche Überprüfung der Abgrenzung der dem „Wirtschaftsverband“ und dem „Arbeitgeberverband“ zustehenden Kompetenzen zentrale Bedeutung haben, dem Vorstand überlassen, der damit unabhängig von der Mitgliederversammlung und ohne Veröffentlichungszwang über den Status und den Einfluss der Mitgliederbereiche auf die tarifpolitischen Entscheidungen des Verbandes entscheiden kann.

40

(3) Selbst bei Berücksichtigung dieser Bestimmungen kann nicht von einer hinreichenden Trennung der beiden Mitgliederbereiche ausgegangen werden.

41

(a) Dies betrifft insbesondere die nach § 17 Abs. 1 der Satzung 2000 erlassene „Geschäftsordnung für die Große und Kleine Tarifkommission“, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

1.0 Größe und Zusammensetzung der Großen Tarifkommission (GTK)

        

1.1     

dem Vorstand (§ 12),

        

1.2     

den Vorständen der Regionalverbände (§ 14 Abs. 5),

        

1.3     

den Vorsitzenden der Fachbereiche (§ 15 Abs. 4), - soweit sie Mitglieder repräsentieren, die dem Arbeitgeberverband angehören -

        

1.4     

dem Hauptgeschäftsführer (§ 13),

        

1.5     

einen vom Verband bestellten fachkundigen Berater, der auch Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle (§ 20) sein kann.

        

2.0 Vorsitz, Abstimmung

        

Den Vorsitz führt der Präsident, im Verhinderungsfall der jeweils älteste Vizepräsident. Abstimmungen erfolgen gemäß § 8 der Verbandssatzung. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

        

...     

        

3.0 Richtlinien für die Kleine Tarifkommission (KTK)

        

Die Große Tarifkommission beschließt die Richtlinien für die Kleine Tarifkommission und entscheidet endgültig über die Annahme oder Ablehnung von Verhandlungsergebnissen, die die KTK vorlegt.

        

...     

        

6.0 Größe und Zusammensetzung der Kleinen Tarifkommission (KTK)

        

Die KTK besteht aus

        

6.1     

einem vom Präsidenten des Bundesverbandes zu berufenden Vorsitzenden.

        

6.2     

mindestens vier vom Verband zu benennenden Mitglieder des Verbandes, von denen einer vom korporativ angeschlossenen Mitgliedsverband VBS zu delegieren ist,

        

6.3     

dem Hauptgeschäftsführer

        

6.4     

einem vom Verband bestellten fachkundigen Berater.

        

7.0 Vorsitz, Abstimmungen

        

7.1 Ist der Vorsitzende der KTK verhindert, wählt die KTK einen Vorsitzenden aus ihren Mitgliedern.

        

7.2 Bei Abstimmungen ist das nach 6.4 zu bestellende Mitglied nicht stimmberechtigt. …

        

Die KTK führt die Tarifverhandlungen mit der zuständigen Gewerkschaft im Rahmen der von der Großen Tarifkommission beschlossenen Richtlinien. Ist ein Verhandlungsergebnis erzielt, so ist dieses unverzüglich der GTK zur Beschlussfassung über Annahme oder Ablehnung vorzulegen. …“

42

(b) In dieser „Geschäftsordnung“ ist der Ausschluss der Mitgliedsunternehmen, die lediglich Mitglied im „Wirtschaftsverband“ des BDE sind, nicht gewährleistet.

43

(aa) Für die Große Tarifkommission, der mit den ihr nach der „Geschäftsordnung“ zugewiesenen Aufgaben der Kern der tarifpolitischen Entscheidungen des BDE übertragen ist, ist ein Ausschluss der Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ lediglich für die Vorsitzenden der Fachkommissionen ausdrücklich geregelt worden. Für die übrigen Kommissionsmitglieder, darunter den gesamten Vorstand (§ 12 Abs. 1 Satzung 2000), ist eine derartige Beschränkung gerade nicht geregelt. Dann gilt § 8 Abs. 5 der Satzung 2000. Danach sind bevollmächtigte Repräsentanten eines Mitgliedsunternehmens ohne Beschränkung auf Mitglieder des „Arbeitgeberverbandes“ stimmberechtigt.

44

(bb) Für die Kleine Tarifkommission fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Trennung der Mitgliedsbereiche. Sie hat nach der „Geschäftsordnung“ die Aufgabe, Tarifverhandlungen mit der zuständigen Gewerkschaft „im Rahmen der von der Großen Tarifkommission beschlossenen Richtlinien“ zu führen und sie ggf. der Großen Tarifkommission zur endgültigen Entscheidung vorzulegen. Durch § 17 Abs. 1 Satzung 2000 soll zwar sichergestellt werden, dass die „mindestens“ vier Mitglieder der Kleinen Tarifkommission Unternehmen repräsentieren, die dem „Arbeitgeberverband“ im BDE angehören. Die „Geschäftsordnung“ enthält jedoch insoweit keine Regelungen über das in die Kommission vom Verband Bayerischer Entsorgungsunternehmen e. V. (§ 3 Abs. 2 Satzung 2000) zu delegierende Kommissionsmitglied. In jedem Fall ist die Auswahl nicht allein den Mitgliedern des „Arbeitgeberverbandes“ im BDE vorbehalten, sondern „dem Verband“ als solchem. Auch die Zuordnung des Hauptgeschäftsführers, der gleichfalls der Kleinen Tarifkommission angehört, zu einem Unternehmen des „Arbeitgeberverbandes“ im BDE ist weder in der „Geschäftsordnung“ noch in der Satzung (§ 13 Satzung 2000) zwingend geregelt.

45

dd) Die von der Beklagten angeführten Satzungsänderungen in den Jahren 2006/2007 und 2012/2013 sind für ihre Tarifgebundenheit ohne Bedeutung.

46

(1) Die Satzungsänderungen vom 26. Oktober 2006/6. Februar 2007 (Satzung 2006/2007) haben die vorstehend angeführten Bestimmungen über eine Einflussmöglichkeit der Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ auf tarifpolitische Entscheidungen des BDE nicht geändert. Soweit die Beklagte sich auf einen „neuen Satzungstext“ in § 3 Abs. 4 Satzung 2006/2007 stützt, führt dies zu keiner anderen Entscheidung.

47

(a) § 3 Abs. 4 Satzung 2006/2007 lautet nun:

        

„Ordentliche und ihnen gleichgestellte Mitglieder können die Mitgliedschaft in folgenden Formen erwerben:

        

•       

Mitgliedschaft mit Verbandstarifbindung (Mitglied T),

        

•       

Mitgliedschaft ohne Verbandstarifbindung (Mitglied OT).

        

Für die Mitglieder mit Verbandstarifbindung ist der Verband berechtigt, Verbandstarifverträge abzuschließen. Die Mitglieder ohne Verbandstarifbindung werden von den Verbandstarifen nicht erfasst.“

48

(b) Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte als ordentliches Mitglied (§ 3 Abs. 2 Buchst. a Satzung 2000) von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die durch Satzung neu geschaffene Mitgliedschaftsform „Mitgliedschaft ohne Verbandstarifbindung (Mitglied OT)“ nach deren Inkrafttreten (dazu oben I 1 a aa) zu begründen. Es ist anhand der Satzung auch nicht ersichtlich, dass Mitglieder des BDE, die zu diesem Zeitpunkt „nur die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband erworben“ hatten (§ 5 Abs. 2 Satzung 2000)- wie es die Beklagte meint - „automatisch“ in den „neuen“ Mitgliedschaftsstatus eines „Mitglied OT“ überführt worden sind. Vielmehr sieht § 5 Abs. 2 Satz 3 Satzung 2006/2007 für einen Wechsel der Mitgliedschaftsform eine Kündigung vor.

49

(c) Zudem führt auch § 3 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 Satzung 2006/2007 zu keinem anderen Ergebnis. Der BDE schließt als eingetragener Verein und damit - entgegen der Beklagten - als „einheitlicher Verband“ im Außenverhältnis mit Gewerkschaften Tarifverträge ab. Vertragspartner der geschlossenen Tarifverträge ist der BDE. Die sich daran anschließende Frage der Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG aufgrund bestehender Mitgliedschaft(§ 3 Abs. 1 TVG)bestimmt sich allein danach, ob die Satzung des BDE ausreichende Vorkehrungen enthält, die vereinsrechtlich eine Einflussnahme von Mitgliedern ohne Tarifgebundenheit auf tarifpolitische Entscheidungen ausschließt. Dies ist bezogen auf die Satzung 2006/2007 nach wie vor nicht der Fall.

50

(d) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich in § 3 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 Satzung 2006/2007 nicht um eine Regelung der Tarifzuständigkeit des BDE. Eine Arbeitgeber- oder Arbeitnehmervereinigung kann ihre Tarifzuständigkeit nicht wirksam auf ihre jeweiligen (T-)Mitglieder beschränken. Eine Satzungsbestimmung, welche den Umfang der Tarifzuständigkeit einer Vereinigung vom Ein- und Austritt einzelner Mitglieder abhängig macht, ist mit den Erfordernissen eines funktionierenden Tarifvertragssystems und der darauf bezogenen Ausgestaltung der Tarifautonomie durch die gesetzlichen Regelungen unvereinbar (ausf. BAG 18. Juli 2006 - 1 ABR 36/05 - Rn. 43 ff. mwN, BAGE 119, 103).

51

(2) Die Satzungsänderung vom 9. Mai 2012, die am 23. Januar 2013 in Kraft getreten ist, ist für den Anspruch des Klägers auf eine Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2011 ohne Einfluss.

52

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann das Schreiben der Beklagten vom 22. April 2002 nicht dahingehend ausgelegt werden, in ihm sei für den Fall, dass der Wechsel in den „Wirtschaftsverband“ nicht zu einem Wegfall der Tarifgebundenheit führe, zumindest hilfsweise ein vollständiger Austritt aus dem Verband erklärt worden. Diese Auslegung ist auch nach Maßgabe einer nur eingeschränkten Überprüfung in der Revisionsinstanz (zum Überprüfungsmaßstab individueller atypischer Willenserklärungen vgl. etwa BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23 mwN; 27. Februar 2013 - 4 AZR 78/11 - Rn. 16) rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat Auslegungsregeln verletzt und dadurch eine gebotene Auslegung unterlassen.

53

a) Für die Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung sind der Zeitpunkt des Zugangs und die Verständnismöglichkeit des Erklärungsempfängers maßgebend (st. Rspr., vgl. nur BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 23 mwN). Später eingetretene Umstände können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Lediglich soweit sich aus der folgenden Praxis der Beteiligten Rückschlüsse auf ihren tatsächlichen Willen und ihr tatsächliches Verständnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Willenserklärung ergeben, können sie von Bedeutung sein (vgl. nur BGH 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05 - zu II 1 der Gründe mwN).

54

b) Die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 22. April 2002 ist gestaltend auf die Beendigung eines bestimmten und auf die Begründung eines anderen Mitgliedsstatus innerhalb des BDE gerichtet. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Erklärung. Insbesondere sollte der Bestand der Mitgliedschaft im BDE - als Mitglied des „Wirtschaftsverbandes“ - ausdrücklich nicht betroffen sein. Das ist vom Erklärungsempfänger, dem BDE, auch so verstanden worden. Dementsprechend hat er in seinem die Beklagte betreffenden Beschluss vom 5. Juni 2002 deren Statuswechsel bestätigt. Dieser neu begründete Mitgliedsstatus wurde in den folgenden Jahren zudem tatsächlich umgesetzt, wie sich zB an der Aushändigung des neuen Mitgliedsausweises des BDE mit dem Zusatz „Mitglied nur im Wirtschaftsverband“ zeigt.

55

Selbst wenn die Beklagte in nachfolgend geführten Telefongesprächen mit Vertretern des BDE deutlich gemacht haben sollte, dass es ihr auf den mit dem beabsichtigten Statuswechsel angestrebten Rechtserfolg - den Wegfall der Tarifgebundenheit - ankomme, hat dessen fehlender Eintritt auf die gewollte und tatsächlich bewirkte Statusänderung keine Auswirkung. Der in seiner Begründung und Beendigung geregelte Status eines „ordentlichen Mitglieds“ des BDE iSv. § 3 Abs. 1 Buchst. a Satzung 2000 ist damit nicht durch eine - nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Satzung 2000 weiterhin an die Schriftform gebundene - Kündigungserklärung der Beklagten beendet worden.

56

3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es dem Kläger nicht verwehrt, sich auf die weiterhin bestehende Tarifgebundenheit der Beklagten zu berufen.

57

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auch deshalb als unbegründet angesehen, weil ein Arbeitnehmer sich nach dem Ablauf von drei Jahren nicht mehr auf die Unwirksamkeit eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband berufen könne. Ein satzungsrechtlich nicht wirksamer Wechsel in eine Mitgliedschaft ohne Tarifgebundenheit berühre keine Interessen von Dritten, sondern lediglich diejenigen des einzelnen Mitglieds und des Verbandes. Ein solcher Zeitraum erscheine „angemessen und notwendig“, um einerseits mögliches Vertrauen bezüglich der Tarifgebundenheit zu schützen und andererseits Missbrauch zu verhindern. Damit sei ausdrücklich keine Verwirkung gemeint, die für tarifliche Ansprüche nach § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG ohnehin ausgeschlossen sei. Das Vertrauen der Arbeitsvertragsparteien darauf, dass es bei einer vor mehr als drei Jahren erklärten Beendigung einer Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband bleibe, erscheine „auch im Hinblick auf denkbare Arbeitskampfmaßnahmen“ schützenswert.

58

b) Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Sie entbehrt jeder rechtlichen Grundlage.

59

aa) Der Statuswechsel der Beklagten ist gerade nicht „satzungsrechtlich nicht wirksam“, sondern die Satzung selbst ist im Hinblick auf eine damit möglicherweise beabsichtigte OT-Mitgliedschaft „tarifrechtlich nicht wirksam“. Sie genügt nicht den Anforderungen, um durch eine Begründung der Mitgliedschaft allein im „Wirtschaftsverband“ des BDE die Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG zu beenden. Es geht daher bei der rechtlichen Beanstandung der Satzung nicht um eine bloße innerverbandliche Regelung, die lediglich die Interessen der Mitglieder mit den Verbandsinteressen zum Ausgleich bringt, wie das Landesarbeitsgericht meint. Es kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf eine Wertung des Senats im Urteil vom 4. Juni 2008 (- 4 AZR 419/07 - Rn. 56, BAGE 127, 27) stützen. Im damaligen Entscheidungsfall ging es um eine Satzungsbestimmung, die einen Übertritt in die OT-Mitgliedschaft davon abhängig machte, dass die Aufrechterhaltung der Tarifgebundenheit für das Mitgliedsunternehmen „unzumutbar“ ist; demgegenüber hatte der Kläger seinerzeit geltend gemacht, eine solche Unzumutbarkeit sei in Wirklichkeit nicht gegeben gewesen. Das ist eine gänzlich andere Konstellation, weil sie das Vorliegen einer nach der Satzung selbst bestimmten rechtlichen Voraussetzung für einen solchen Statuswechsel zum Gegenstand hatte, nicht aber - wie hier - dessen rechtliche Folgen.

60

bb) Zudem setzt ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten, von dem das Landesarbeitsgericht ohne Angabe einer Rechtsgrundlage ausgeht, die Kenntnis des Klägers über eine den Wegfall der Tarifgebundenheit auslösende Erklärung der Beklagten voraus. Da eine solche Erklärung objektiv nicht vorliegt, hätte zumindest der Wechsel der Beklagten in den „Wirtschaftsverband“ des BDE und die von der Beklagten diesem Übertritt subjektiv - fälschlicherweise - beigemessene rechtliche Folge vom Kläger zur Kenntnis genommen werden müssen. Hierzu und über deren Zeitpunkt fehlt es an jedweder tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts. Nähere Ausführungen über den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Zusammenhang zwischen dem „Vertrauen der Arbeitsvertragsparteien“ mit eventuellen Arbeitskampfmaßnahmen enthält das Berufungsurteil nicht.

61

4. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien von der Geltungsbereichsbestimmung des BMTV 2009 erfasst. Soweit die Beklagte eingewandt hat, das Arbeitsverhältnis falle nicht unter den fachlich-persönlichen Geltungsbereich des BMTV 2009, da dieser sich nur auf „alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft sind“, erstrecke und sie selbst lediglich dem „Wirtschaftsverband“ angehöre, ist dies unzutreffend. Der BMTV 2009 gilt für alle tarifgebundenen Mitglieder des BDE, und damit auch für die Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ des BDE.

62

a) Bei der Auslegung von Geltungsbereichsbestimmungen eines Tarifvertrags ist nur beim Vorliegen besonderer Anhaltspunkte von einer mitgliederbezogenen Regelung auszugehen.

63

aa) Grundsätzlich ist die Beschränkung des (persönlichen) Geltungsbereichs eines Tarifvertrags auf einen bestimmten Teil der Mitglieder einer Tarifvertragspartei möglich. Den Koalitionen steht im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich verbürgten Tarifautonomie bei der Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrags ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der auch die Festlegung der vom Tarifvertrag erfassten Unternehmen beinhaltet (BAG 24. April 2007 - 1 AZR 252/06 - Rn. 57 mwN, BAGE 122, 134).

64

bb) Ob sich der Geltungsbereich eines mitgliedschaftsbezogenen Tarifvertrags tatsächlich auf aktuelle Mitglieder - oder gar nur einen Teil derselben - beschränken soll oder ob mit einer dem Wortlaut nach mitgliederbezogenen Geltungsbereichsbestimmung lediglich ein Hinweis auf die ohnehin gesetzlich in § 3 Abs. 1 TVG geregelte Tarifgebundenheit der Verbands- und Gewerkschaftsmitglieder als Voraussetzung für eine Tarifgeltung und damit die bestehende Rechtslage erfolgen soll, ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln. Wenn von ihm nur ein bestimmter Teil der Mitglieder des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes erfasst sein soll, muss sich das aus dem Tarifvertrag selbst ergeben (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 235). Eine lediglich verbandsinterne Zuordnung kann dafür nicht ausreichen (Buchner NZA 1994, 2, 3).

65

cc) Bei der Auslegung einer solchen Geltungsbereichsbestimmung ist zunächst zu beachten, dass die Tarifvertragsparteien mit einer mitgliederbezogenen Bereichsbestimmung regelmäßig Abgrenzungsprobleme und Streitigkeiten vermeiden, die sich aus einer branchenbezogenen Festlegung insbesondere für Mischbetriebe und beim Herauswachsen eines Betriebs aus dem bisherigen Wirtschaftszweig ergeben (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe mwN, BAGE 114, 162). Einzubeziehen sind jedoch weiterhin die weitreichenden Folgen, die bei einer konstitutiven Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs eintreten. Der Geltungsanspruch des Tarifvertrags hat Auswirkungen auf die Folgen eines Austritts aus dem Verband, weil damit der Geltungsbereich des Tarifvertrags verlassen wird und die ansonsten gesetzlich vorgesehene Nachbindung gem. § 3 Abs. 3 TVG nicht eintritt. Eine solche Auslegung hinderte ferner eine Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrags nach § 5 TVG, weil diese sich nur auf die nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse innerhalb seines Geltungsbereichs beziehen kann; gleiches gilt für eine mögliche Erstreckung auf die Arbeitsverhältnisse eines ausländischen Arbeitgebers nach § 3, § 4(zB Nr. 7: Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst), § 7 AEntG. Weiterhin wäre sein Geltungsanspruch gegenüber einem branchenbezogenen Tarifvertrag erheblich reduziert, weil die Sperrwirkung von § 77 Abs. 3 BetrVG insoweit auf die unmittelbaren aktuellen Mitglieder des Verbandes beschränkt würde. Würde ein solcher Tarifvertrag von anderen Branchenunternehmen oder nichttarifgebundenen Verbandsmitgliedern arbeitsvertraglich in Bezug genommen, unterlägen die tariflichen Bestimmungen in diesen Arbeitsverhältnissen unmittelbar der Angemessenheitskontrolle nach §§ 305 ff. BGB, weil sie außerhalb ihres Geltungsbereichs angewandt würden und deshalb nicht einschlägig wären. Er wäre weiterhin nicht geeignet, die gesetzlich ermöglichte Unterschreitung von Mindestschutzbestimmungen (zB in § 622 Abs. 4 BGB, § 5 Abs. 3 ArbZG, § 4 Abs. 4 EFZG, § 13 Abs. 1 BUrlG)durch Inbezugnahme „einschlägiger“ Tarifverträge zu bewirken. Selbst die in § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB vorgesehene Möglichkeit einer Abkürzung der einjährigen Sperrfrist für die Abänderung transformierter Tarifregelungen nach einem Betriebsübergang setzt die Verweisung auf einen Tarifvertrag voraus, von dessen Geltungsbereich der - tarifungebundene - Erwerber erfasst ist. Diese Gestaltungsmöglichkeiten entfallen bei einer konstitutiven mitgliedschaftsbezogenen Geltungsbereichsbestimmung.

66

dd) Aufgrund dieser Einschränkungen kann ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag nicht angenommen werden, dass dessen Geltungsbereich auf die - jeweils aktuellen - Mitglieder des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes beschränkt werden soll. Fehlt es daran, geht die übereinstimmende Interessenlage der Tarifvertragsparteien typischerweise dahin, den Geltungsbereich des Tarifvertrags auf diejenigen branchenangehörigen Unternehmen zu erstrecken, die durch den Beitritt zum tarifschließenden Arbeitgeberverband eine Tarifgebundenheit herbeiführen können (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe, BAGE 114, 162). Im vorliegenden Entscheidungsfall kommt hinzu, dass die Geltungsbereichsbestimmung nicht nur die aktuellen tarifgebundenen Mitglieder des Verbandes, sondern nur einen nach innerverbandlichen Regelungen umgrenzten Teil von ihnen erfasst.

67

b) Danach nimmt die Geltungsbereichsbestimmung des BMTV 2009 nicht diejenigen Mitgliedsunternehmen des tarifschließenden Verbandes BDE aus, die nur dem „Wirtschaftsverband“ angehören.

68

aa) Die nach dem Wortlaut des BMTV 2009 erfolgte Beschränkung des Geltungsbereichs auf die Verbandsmitglieder hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie weist - wie es in Tarifverträgen häufig geschieht - auf die tarifexternen Geltungsvoraussetzungen der Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1 TVG hin. Ebenfalls wird bei der Bezeichnung des „persönlichen“ Geltungsbereichs auf die „tarifgebundenen Arbeitnehmer“ Bezug genommen, was lediglich auf die an anderer Stelle, nämlich in § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG geregelte Tarifgebundenheit verweist. Für die hiervon abweichende Annahme einer konstitutiven Regelung fehlt es an einem, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderlichen „deutlichen Anhaltspunkt“. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die tarifschließende Partei auf Arbeitgeberseite im „Rubrum“ des Tarifvertrags ohne die Bezeichnung Arbeitgeberverband genannt ist, ist dies ohne Bedeutung; die den Tarifvertrag schließenden juristischen Personen werden dort konkret bezeichnet. Ebenso wird die dort genannte Gewerkschaft ver.di in der Geltungsbereichsbestimmung nicht erneut ausdrücklich benannt.

69

bb) Darüber hinaus ist eine Auslegung, die nicht nur eine Beschränkung auf die tarifgebundenen Mitglieder des Verbandes BDE vorsieht, zu denen im Streitzeitraum die Beklagte als Teil des „Wirtschaftsverbandes“ gehörte (vgl. oben I 1), sondern darüber hinaus aus dem Tarifvertrag selbst den Ausschluss der - grundsätzlich tarifgebundenen - Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrags schlussfolgerte, nicht möglich. Bereits der Wortlaut der Bestimmung lässt einen solchen Schluss nicht zu. Die Bezeichnung der an den BMTV 2009 gebundenen Arbeitgeber als „alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft sind“, begründet aus sich heraus keine Zweifel an der Erstreckung auf alle tarifgebundenen BDE-Mitgliedsunternehmen. Der tarifschließende Verband BDE ist ein Arbeitgeberverband. Dass hier mit der entsprechenden Bezeichnung gerade nicht der Arbeitgeberverband BDE als solcher, sondern ein institutionell abgegrenzter Teil des Arbeitgeberverbandes BDE, der (ebenfalls) „Arbeitgeberverband“ heißt, aber nur einen Teil des Arbeitgeberverbandes BDE umfasst, gemeint sein könnte, erschließt sich aus dem Wortlaut nicht.

70

Insoweit beruft sich die Beklagte zu Unrecht auf die Entscheidung des Senats vom 24. Februar 1999 (- 4 AZR 62/98 -). Dort war lediglich bestätigt worden, dass eine ausdrückliche Beschränkung des Geltungsbereichs auf die „ordentlichen Mitglieder“ des Arbeitgeberverbandes möglich und wirksam ist. Gerade eine solche ausdrückliche Beschränkung ist vorliegend aber, wie dargelegt, nicht gegeben.

71

5. Die Beklagte kann sich schließlich nicht darauf stützen, der BMTV 2009 sei wegen fehlender Tarifzuständigkeit unwirksam, wenn er sich auf die Mitglieder des „Wirtschaftsverbandes“ im BDE erstrecke.

72

a) Die Tarifzuständigkeit eines Verbandes richtet sich nach dem in der Verbandssatzung festgelegten Organisationsbereich (BAG 27. September 2005 - 1 ABR 41/04 - zu B II 2 b aa der Gründe mwN, BAGE 116, 45). Eine satzungsmäßige Beschränkung der Tarifzuständigkeit auf die jeweiligen Mitglieder ist unwirksam, weil sich dadurch die Tarifzuständigkeit nicht, wie es den Erfordernissen eines funktionierenden Tarifvertragssystems entspricht, aus der Satzung zuverlässig entnehmen lässt, sondern vom jeweils aktuellen Mitgliederbestand abhängig ist und sich deshalb mit jedem Aus- und Eintritt ändert. Die bloße Bereitstellung der Möglichkeit einer OT-Mitgliedschaft oder ein solcher Versuch stellt keine eigenständige Regelung der Tarifzuständigkeit, sondern allein der Tarifgebundenheit dar (grdl. BAG 18. Juli 2006 - 1 ABR 36/05 - zu B II 2 a ee und b der Gründe, BAGE 119, 103).

73

b) Danach ist der BDE grundsätzlich für Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft einschließlich der mit diesen verbundenen Servicebetriebe tarifzuständig. Das folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 2 Buchst. a Satzung 2000. Ordentliche Mitglieder des BDE sind auch die des „Wirtschaftsverbandes“.

74

II. Die Klage ist auch der Höhe nach begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine weitere Jahressonderzahlung für das Jahr 2011 in Höhe von 735,00 Euro brutto.

75

1. Die Höhe des tariflichen Sonderzahlungsanspruchs beträgt nach § 13 BMTV 2009 75 vH des „sich aus dem Durchschnitt des aufgrund der tariflichen Regelungen gezahlten Entgelts der letzten vorausgegangenen 13 Wochen“, wobei die Fälligkeit betrieblich geregelt werden soll.

76

2. Daraus ergibt sich der Anspruch des Klägers in der geltend gemachten Höhe.

77

a) Maßgebend für die Bemessung der Jahressonderzahlung ist das „aufgrund der tariflichen Regelung gezahlte Entgelt“. Entgegen der Auffassung der Beklagten bezieht sich die Kausalität zwischen der tariflichen Regelung und dem gezahlten Entgelt nicht auf die subjektive Willensrichtung des Arbeitgebers, sondern lediglich auf den objektiven Zusammenhang zwischen für das Arbeitsverhältnis geltenden tariflichen Entgeltregelung und einer Entgeltzahlung. Ein tarifgebundener Arbeitgeber kann einer entsprechenden Berechnung der Jahressonderzahlung - und somit dem Anspruch selbst - nicht dadurch ausweichen, dass er den Arbeitnehmer nicht nach der tariflichen Entgelttabelle vergütet, sondern untertariflich oder ohne jeden Bezug zum Tarifvertrag. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer sich für die Berechnung lediglich auf die Heranziehung des ihm tatsächlich gezahlten Entgelts beruft und dies nicht höher ist als das ihm tariflich zustehende, kann der Arbeitgeber sich nicht erfolgreich darauf berufen, der Arbeitnehmer werde nicht nach den tariflichen Regelungen vergütet.

78

b) Danach kann der Kläger jedenfalls auf Grundlage des ihm monatlich gezahlten Entgelts iHv. 1.900,00 Euro brutto, welches geringer ist als die ihm tariflich zustehende Vergütung, einen weiteren Betrag iHv. 735,00 Euro brutto verlangen.

79

aa) Der Kläger hat von der Beklagten im Jahr 2011 monatlich 1.900,00 Euro brutto erhalten. Diese Vergütung hat er für seine Berechnung der ihm nach § 13 BMTV 2009 zustehenden Jahressonderzahlung als Grundlage herangezogen.

80

bb) Das vom Kläger in Rechnung gestellte Monatsentgelt von 1.900,00 Euro brutto ist niedriger als das ihm tariflich zustehende Entgelt.

81

(1) Der Kläger ist nach der VergGr. 5 BERT (idF vom 1. Mai 2008) zu vergüten. Er erfüllt das im BERT zu dieser VergGr. ausdrücklich genannte Richtbeispiel („Lader/Müllwerker“). Er ist für die Beklagte als Müllwerker tätig. Das ergibt sich aus seinem Arbeitsvertrag, der diese Tätigkeitsbezeichnung ausdrücklich aufweist. Es entspricht ferner der Eingruppierungsmitteilung der Beklagten, mit der sie dem Kläger am 27. April 2000 mitgeteilt hatte, er sei ab dem 1. Juni 2000 in der „Vergütungsgruppe V/1“ eingestuft. Sie hat den Kläger ab dem 14. Mai 2001 weiter „mit den Aufgaben eines Müllwerkers“ betraut und ihm für die Zeit ab dem 1. Mai 2001 erneut eine Erhöhung der Vergütung nach der „Tarifgruppe 5/1“ zugesagt. In den Tatsacheninstanzen hat der Kläger unwidersprochen dargelegt, er sei als Müllwerker tätig. Die Beklagte hat dies ausdrücklich bestätigt und selbst mehrfach vorgetragen, der Kläger sei als Müllwerker eingesetzt. Soweit die Beklagte zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe die Erfüllung der tariflichen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. 5 BERT nicht schlüssig dargelegt, erstmals in der Revision abweichenden Sachvortrag zur konkreten Tätigkeit des Klägers erbracht hat, handelt es sich um unzulässiges neues Vorbringen, das nicht zu berücksichtigen ist (§ 559 Abs. 1 ZPO).

82

(2) In dem ab dem 1. Januar 2011 gültigen Bundes-Entgelttarifvertrag (BETV) derselben Tarifvertragsparteien ist in § 2 die Monatsvergütung für die VergGr. 5 (100,0 %) in der für den Kläger für eine Betriebszugehörigkeit ab dem 7. Jahr zutreffende Stufe 5 auf 2.198,63 Euro festgelegt.

83

cc) Danach kann der Kläger jedenfalls 75 vH des ihm geleisteten Monatsentgelts von 1.900,00 Euro brutto, mithin 1.425,00 Euro brutto verlangen. Da die Beklagte ihm für das Jahr 2011 - anders als in den Vorjahren - nicht 1.425,00 Euro, sondern lediglich 690,00 Euro geleistet hat, verbleibt ein restlicher Anspruch auf die eingeklagten 735,00 Euro brutto.

84

3. Der Kläger hat die für die Geltendmachung in § 19 BMTV 2009 tariflich geregelte Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit eingehalten.

85

a) Für die Fälligkeit des Anspruchs auf die Jahressonderzahlung sieht der BMTV 2009 eine betriebliche Regelung vor. In Ermangelung einer solchen ist - mit den Parteien - davon auszugehen, dass die Jahressonderzahlung bei der Beklagten jeweils mit dem November-Entgelt gezahlt werden soll. Die tarifliche Verfallfrist ist daher mit Zugang des klägerischen Geltendmachungsschreibens am 22. Dezember 2011 eingehalten.

86

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Forderung des Klägers hinreichend präzise bezeichnet worden.

87

aa) Der Zweck tariflicher Ausschlussfristen besteht darin, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Dabei soll dem Schuldner der gegen ihn gerichtete Anspruch deutlich gemacht werden. Diese Funktion kann eine Geltendmachung nur erfüllen, wenn der Anspruch seinem Grunde nach - auch bezüglich des Streitzeitraums - hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe wenigstens ungefähr ersichtlich gemacht wird. Deshalb müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein. Der Schuldner soll anhand der Geltendmachung erkennen können, welche Forderung gegen ihn erhoben wird, damit er in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob er der Forderung entsprechen will oder welche Einwände ihm dagegen zur Verfügung stehen (BAG 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 b der Gründe; 20. April 2011 - 4 AZR 467/09 - Rn. 33 mwN, BAGE 138, 1).

88

bb) Diesen Anforderungen wird das Schreiben des Klägers gerecht. Er macht darin geltend, die ihm mit dem November-Lohn 2011 gezahlte Jahressonderzahlung sei zu gering ausgefallen, weil ihm ein Anspruch in Höhe von 75 vH eines Monatsentgelts zustehe. Soweit er sich - zutreffend - auf § 13 BMTV 2009 stützt, diesen jedoch - fehlerhafterweise - als „noch nachwirkend“ bezeichnet, macht dies die Forderung für die Beklagte nicht „unidentifizierbar“. Für sie war hinreichend erkennbar, dass es um die manteltarifliche Regelung der Jahressonderzahlung für das Jahr 2011 ging, hinsichtlich derer sie eine Teilzahlung bereits geleistet und die sie in den Vorjahren in dem vollen Umfang des klägerischen Begehrens gezahlt hatte.

89

Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht auf die Entscheidung des Senats vom 20. April 2011 (- 4 AZR 467/09 -) stützen. Der dort entschiedene Fall der Geltendmachung einer Forderung aus dem Tarifvertrag über den Mindestlohn im Abbruch- und Abwrackgewerbe, die der Kläger als Geltendmachung einer Forderung aus dem Tarifvertrag über den Mindestlohn einer anderen Branche, nämlich des Baugewerbes gelten lassen wollte, ist mit der vorliegenden Konstellation, in der sich der Kläger möglicherweise auf einen unmittelbaren Vorgängertarifvertrag des aktuellen Tarifvertrags zwischen denselben Tarifvertragsparteien und nahezu identischem Wortlaut der Anspruchsnorm bezieht, nicht zu vergleichen.

90

4. Aus demselben Grund geht der Einwand der Beklagten fehl, der Kläger habe die ihm nach § 13 BMTV 2009 zustehende Forderung nicht zum Streitgegenstand der Klage gemacht. Die genaue Bezeichnung der Anspruchsgrundlage gehört - jedenfalls im hier maßgebenden Bereich einer manteltariflich geregelten Jahressonderzahlung - weder zur Kennzeichnung der Forderung in einem Geltendmachungsschreiben noch zur Abgrenzung des Streitgegenstandes.

91

5. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich angesichts der im Geltendmachungsschreiben gesetzten Zahlungsfrist bis zum 5. Januar 2012 aus § 286 Abs. 1, § 288 BGB.

92

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie in ihm unterlegen ist (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Steding    

        

    Fritz    

                 

Stimmberechtigt in der Innungsversammlung sind die Mitglieder der Handwerksinnung im Sinne des § 58 Abs. 1. Für eine juristische Person oder eine Personengesellschaft kann nur eine Stimme abgegeben werden, auch wenn mehrere vertretungsberechtigte Personen vorhanden sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.