Bundesverwaltungsgericht Urteil, 09. Jan. 2019 - 1 C 36/18

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2019:090119U1C36.18.0
09.01.2019

Tatbestand

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Die Klägerin, eritreische Staatsangehörige, wendet sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unzulässig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.

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Die Klägerin reiste nach eigenen Angaben am 24. November 2016 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 30. November 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass sie zuvor illegal nach Italien eingereist war und dort bereits einen Asylantrag gestellt hatte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 19. Dezember 2016 ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 11. Januar 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).

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Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 30. März 2017 den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab.

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Gegen diesen Beschluss erhob die Klägerin fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung trug sie vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 30. März 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte der Klägerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu bestätigen, dass bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung der Klägerin erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erklärung ab und setzte mit Bescheid vom 17. August 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 11. Januar 2017 bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO aus.

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Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. April 2018 den Bescheid vom 11. Januar 2017 aufgehoben. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil durch die behördliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO die Überstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grundsätzlich könne zwar eine behördliche Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der Überstellungsfristen führen. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen hätten. Die Überstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.

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Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine behördliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. Für eine Beschränkung der Vollzugsaussetzung auf die Fälle, in welchen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestünden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangehörigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer zügigen Bearbeitung von Asylanträgen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekundärmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verzögerung durch das rechtliche Vorgehen der Klägerin verursacht worden sei.

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Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Behördliche Aussetzungsentscheidungen hätten auf den Ablauf der Überstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schließe § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von § 80 Abs. 4 VwGO aus. § 34a Abs. 1 AsylG setze für den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Komme die Behörde zu der Überzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden könne, sei diese aufzuheben.

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In der Annahme, dass mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2018 - 2 BvR 780/16 - der Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu erwarten sei, nicht aber absehbar sei, dass kurzfristig das bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängige Revisionsverfahren zum Abschluss kommen werde, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 3. Juli 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 11. Januar 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.

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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die behördliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach § 80 Abs. 4 VwGO habe die Überstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zuständiger Mitgliedstaat geworden sei, verstößt gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzulässigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zurückverweisung hindert eine abschließende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).

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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur Änderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr träfe, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

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1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gestützt. Ein Asylantrag ist hiernach unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (1.1). Diese Zuständigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen (1.2).

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1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Prüfung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - für die Durchführung des Asylverfahrens die Republik Italien originär zuständig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zuständigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen ließ und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zuständig war, in dem die Klägerin ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Wiederaufnahme der Klägerin ersucht (Art. 23 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Wiederaufnahmegesuch gilt nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO als angenommen.

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1.2 Diese Zuständigkeit ist auch nicht nachträglich auf die Beklagte übergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zuständigkeitsübergang durch Ablauf der Überstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der durch Fristablauf bewirkten Annahme des Wiederaufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die behördliche Aussetzung der Vollziehung (§ 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgeführt:

"1.2.1 In Fällen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufhält, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalitäten und Fristen der Überstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verzögert sich die Überstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zuständige Mitgliedstaat hierüber unverzüglich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist ). Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über.

1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige Überstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die österreichischen Behörden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte Überstellungsfrist durch den fristgemäß gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein Überstellungsverbot auslöst (vgl. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), worüber das Bundesamt die österreichischen Behörden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige Überstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die Überstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden Überstellungsverbots (§ 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen Fällen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gründen seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) hält es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiterhin für geklärt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in Fällen, in denen eine Überstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten über eine zusammenhängende Frist von sechs Monaten verfügen müssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung sollen nutzen dürfen.

1.2.3 Die Überstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den österreichischen Behörden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - Übergang der Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.

a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO durch die Behörde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene Überstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zuständigen Behörden beschließen können, von Amts wegen tätig zu werden, um die Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene Möglichkeit wird im nationalen Recht durch § 80 Abs. 4 VwGO eröffnet.

Nichts anderes folgt für die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine Überstellung nicht durchgeführt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, dass auch die zuständigen Behörden die Durchführung der Überstellungsentscheidung aussetzen können, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verlöre im Übrigen in weitem Maße seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden könnte, ohne dass die Gefahr bestünde, dass die Überstellungsfrist abläuft und ein Zuständigkeitsübergang die Folge wäre (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).

b) Die Wirkung, die Überstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entfällt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig wäre. Vielmehr hält sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.

aa) Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Behörden grundsätzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.

Regelungen des Asylgesetzes schließen eine behördliche Aussetzung nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. § 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (Abs. 1), und enthält Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die behördliche Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO weder ausdrücklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich können auch bei einer im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tatsächlich möglichen Abschiebung Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivität gerichtlichen Rechtsschutzes - vorübergehend bis zu einer abschließenden gerichtlichen Klärung auszusetzen. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen Fällen - entgegen der Auffassung der Klägerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endgültige gerichtliche Klärung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgründen ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach § 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vorübergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorläufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des § 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; § 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Maßstab für die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schließt weitergehende behördliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.

§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschränkt das behördliche Aussetzungsermessen für das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Maßstab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, § 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).

bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine behördliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also § 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (§ 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) eröffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschränkungen ergeben sich daraus, dass die behördliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur begünstigt, indem aufenthaltsbeendende Maßnahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zunächst nicht mehr erfolgen können, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die Überstellungsfrist unterbricht und so dazu führen kann, dass ein vom Antragsteller möglicherweise erstrebter Zuständigkeitsübergang nicht erfolgt; zu berücksichtigen sind auch die Belange des zuständigen Mitgliedstaats.

Mindestvoraussetzung einer behördlichen Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und der Ermöglichung einer raschen Bestimmung des für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats (vgl. Erwägungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den für die Prüfung ihres Asylbegehrens zuständigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekundärmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zuständigkeitsübergang nach Ablauf der Überstellungsfrist soll verhindern, dass Asylanträge monate- oder gar jahrelang nicht geprüft werden, zugleich soll das Ziel einer möglichst schnellen Prüfung nicht dazu führen, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenhängende Überstellungsfrist von sechs Monaten zur Verfügung steht, in der nur noch die Überstellungsmodalitäten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009- C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. § 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).

Eine behördliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ) erlaubt eine behördliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht missbräuchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschließenden Klärung dieser Willkür- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann überschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig eröffneter Überstellungsmöglichkeit die behördliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die Überstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund behördlicher Versäumnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden könnte.

cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grundsätzen beachtlich und hat die Überstellungsfrist neuerlich unterbrochen.

(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kläger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anhängigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kläger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen oder Überstellungsmaßnahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche Überprüfung der Überstellungsentscheidung nicht zur Gewährung aufschiebender Wirkung geführt hat, über den Rechtsbehelf gegen die Überstellungsentscheidung aber noch nicht endgültig entschieden ist.

(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kläger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerklärung sachlich gerechtfertigt.

Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als außerordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsmaßnahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualität einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden behördlichen Erklärung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdeführer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivität auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorgänge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass für eine behördliche Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegenüber einer behördlichen Aussetzungsanordnung nach § 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.

Die behördliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willkür und nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie die Berücksichtigung der Effektivität verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endgültige Veränderung der Rechtslage durch einen Zuständigkeitsübergang infolge Ablaufs der Überstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht führen die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - behördlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Klägers - erst mit der behördlichen Aussetzungsentscheidung stand für diesen fest, dass während des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu rechnen sei - dient die behördliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verhältnis zu dem zuständigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der Überstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.

Dem Interesse des Klägers an einer zeitnahen Klärung der internationalen Zuständigkeit für die Sachentscheidung über seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der behördlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorläufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endgültigen Klärung der internationalen Zuständigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zunächst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das mögliche Ziel, damit auch einen Zuständigkeitsübergang zu erwirken, wäre weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzwürdig.

1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der Überstellungsfrist während des Revisionsverfahrens berücksichtigen könnte, weil auch während des Revisionsverfahrens die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die Überstellung lediglich bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der Rücknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kläger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch Rücknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte Überstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach § 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung genügt angesichts der im Revisionsverfahren zu klärenden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begründet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willkürfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."

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Diese Erwägungen, an denen der Senat festhält, gelten auch im vorliegenden Verfahren.

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2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzulässig erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

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2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gemäß Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Betätigung des durch Art. 17 Dublin III-VO eingeräumten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Reduktion des den nationalen Behörden in Art. 17 Dublin III-VO eingeräumten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 ) nicht erfüllt.

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2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zuständigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zuständigkeit wegen sog. systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist.

19

2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Prüfung der internationalen Zuständigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die Überstellung in den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat als unmöglich erweist, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 <1040>).

20

2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zuständigkeit bereits durch Fristablauf übergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Verhältnissen getroffen, welche für die Beurteilung eines Zuständigkeitsübergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO maßgeblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 30. März 2017 einen Zuständigkeitsübergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien geprüft und verneint hatte, hat es sich diese Ausführungen in seinem Urteil nicht ausdrücklich zu eigen gemacht und auch nicht geprüft, ob sich die Verhältnisse in der Republik Italien bis zu dem für seine Entscheidung im Klageverfahren maßgeblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise verändert hatten.

21

Unabhängig von der Frage, ob die Beteiligten Umstände vorgetragen haben, welche die Vermutung für eine ordnungsgemäße Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell erschüttern könnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der veröffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien überwiegend - jedenfalls für gesunde, alleinstehende junge Personen - verneint worden (statt vieler OVG Münster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG Köln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erwägungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer Mängel verneint haben, belegen indes, dass Anlass für eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - für die Rückführung junger Volljähriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; für anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran ändert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn für das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tatsächliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist.

22

3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtmäßig ist, lässt auch keine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, nämlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).

23

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 137


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung1.von Bundesrecht oder2.einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des B

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 144


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwa

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Unzulässigkeit seines Asylantrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Androhung der Abschiebung nach Italien durch Bescheid vom 23.09.2016. Laut Mitteilung der italienischen Behörden

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 24. Aug. 2016 - 13 A 63/16.A

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Tenor Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 4. Dezember 2015 geändert. Die Klage wird (auch) abgewiesen, soweit sie sich gegen die Ziffe

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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 4. Dezember 2015 geändert. Die Klage wird (auch) abgewiesen, soweit sie sich gegen die Ziffern 2 und 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2015 richtet.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Unzulässigkeit seines Asylantrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Androhung der Abschiebung nach Italien durch Bescheid vom 23.09.2016. Laut Mitteilung der italienischen Behörden an das Bundesamt erhielt der Kläger in Italien internationaler Schutz.

2

Dier Kläger beantragt sinngemäß,

3

den Bescheid der Beklagten vom 23.09.2016 aufzuheben.

4

Die Beklagte beantragt,

5

die Klage abzuweisen

6

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid.

7

Mit Beschluss vom 11.10.2016 hat das Gericht den Eilantrag abgelehnt (8 B 673/16 MD).

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den bei der Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 76 AsylG) entschieden werden konnte, ist unbegründet.

10

1.) Der streitgegenständliche Bescheid über die Unzulässigkeit des Asylantrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger ist bereits in Italien internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuerkannt worden, so dass ihm kein Anspruch auf Durchführung eins weiteren Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland zusteht (BVerwG, Urteil v. 17.06.2014, 10 C 7.13; juris). Dabei ist gleichgültig, ob es sich hierbei um die Flüchtlingsanerkennung oder den subsidiären Schutzstatus handelt. Denn mehr an Schutzrechten kann er in Deutschland auch nicht erhalten. Wegen der Antragstellung in Deutschland nach dem 20.07.2015 liegt auch kein Fall der sogenannten "Aufstockung" des nur subsidiären Schutzes vor (vgl. nur: BVerwG, Beschluss v. 23.10.2015, 1 B 41.15; VG Magdeburg, Urteil v. 04.02.2016, 8 A 45/16 MD; juris). Abschiebungsverbote hinsichtlich Italien liegen nicht vor. Denn dem nicht mehr dem Dublin-Regime unterstehenden Ausländer ist die Rückkehr als international Schutzberechtigter nach Italien zumutbar. Das Gericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Flüchtlingen und Rückkehrern in Italien nicht aufgrund systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen - auch für anerkannte Flüchtlinge - mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, in dem Grundrecht aus Art. 4 GRCh bzw. in dem Menschenrecht aus Art. 3 EMRK bzw. dem Recht auf Freiheit aus Art. 6 GRCh und Art. 5 EMRK verletzt zu werden.

11

a.) Das Gericht schließt sich der diesbezüglichen Rechtsprechung anderer Gerichte an und hat zuletzt in dem Urteil vom 17.02.2016 (8 A 51/16; juris) ausgeführt:

12

"[…] Eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des sogenannten Selbsteintritts besteht nicht. Es gibt keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem anderen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 – 29217/12 – HUDOC Rdnr. 98;. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rdnr. 24).

13

Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylsystem in Italien derzeit an solchen systemischen Mängeln leidet, die gerade auch den hier um Abschiebungsschutz nachsuchenden Asylbewerber der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Fall einer Rücküberstellung nach Italien eine menschenunwürdige entwürdigende Behandlung zu erfahren. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt.

14

Mittlerweile ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Italien nur die Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sind, wenn sie, weil ausschließlich auf staatliche Hilfe angewiesen, sich in einer besonderen Situation befinden (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 98; BVerfG, Beschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris; s. a. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 – juris, United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) and others of the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 - Rn. 62.). Dies gilt insbesondere im Fall der Betroffenheit von Kindern. Hierbei ist entscheidend auf ihre besondere Verletzlichkeit abzustellen, der der Vorrang gegenüber dem Gesichtspunkt ihres Status als illegaler Einwanderer einzuräumen ist (EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 99).

15

Unzweifelhaft gehört der Kläger gehört keiner solchen schutzbedürftigen Personengruppe an. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht ebenfalls in seiner Entscheidung (Urteil 51428/10 vom 13.01.2015 - A.M.E. vs. The Netherlands) davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens in Italien für den Kreis der Personen, die nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis ("underprivileged and vulnerable population group in need of special protection", s. EGMR, Urteil vom 13.01.2015, a.a.O.) i. S. der Genfer Konvention und der ihr folgenden Richtlinien zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedsstaaten - Aufnahmerichtlinien - (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013) gehören, nicht den Schweregrad einer Verletzung von Art. 3 EMRK erreichen. D.h., gesunde Männer ohne Familienangehörige, die den Weg aus ihrer Heimat nach Italien allein geschafft haben, sind den dort vorzufindenden Schwierigkeiten und Engpässen bei der Unterbringung und Versorgung regelmäßig weit eher gewachsenen als dies für Familien mit Kindern oder für Minderjährige zutrifft. Sie sind grundsätzlich in der Lage, auch eine Übergangsfrist unter schwierigen Bedingungen auszuhalten, ohne dass dies zu einer Rechtsverletzung im oben dargelegten Sinne führt. Dieser Auffassung folgend, scheidet ein Selbsteintritt der Beklagten aus.

16

Nichts anderes ergibt sich aus aktuellen Erkenntnissen. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind keine tagespolitischen Meldungen bekannt, wonach Italien – wie früher – im besonderen Focus der Berichterstattung hinsichtlich systemischer Mängel im Asyl- oder Unterbringungsverfahren steht.

17

Auch soweit einige Gerichte (VG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2015, 12 K 7303/15.A; juris; VG Darmstadt, Urteil v. 07.01.2016, 3 K 392/14.DA.A; VG Potsdam, Beschluss v. 19.10.2015, VG 12 L 816/15.A) in neuerer Rechtsprechung aufgrund eines erneuten Anstieges der Flüchtlingszahlen und der schlechten Witterung im Herbst/Winter Mängel im Unterbringungssystem annehmen, vermag dies nicht die erniedrigende unmenschliche Behandlung aufgrund eines Zusammenbruchs des italienischen Asyl- und Unterbringungssystems zu begründen. Denn auch diese Entscheidungen stellen nur eine temporäre Momentaufnahme dar und angesichts der bevorstehenden wärmeren Jahreszeit mag die Witterung nunmehr anders zu beurteilen sein.

18

Ohne Zweifel verlangt die hohe Zahl von Flüchtlingen nach wie vor enorme Anstrengungen von Italien. Es liegen jedoch keine verlässlichen Informationen darüber vor, dass Italien nicht auch unter diesen Bedingungen in der Lage wäre, darauf angemessen zu reagieren, zumal Italien mehrfach Unterstützung durch die EU und Hilfsorganisationen erfahren hat; noch im Februar 2015 erhielt Italien einen Notkredit der EU, um die Versorgung der Flüchtlinge sicherzustellen (http//www.tagesschau.de, 19.02.2015). Damit die ohne Zweifel in den bisherigen Aufnahmeeinrichtungen bestehende prekäre Situation nicht zu menschenunwürdigen Zuständen führt, bezieht Italien nunmehr im Zuge der Lösung des bislang bestehenden innerstaatlichen Verteilungsproblems alle Regionen in die Aufnahme von Flüchtlingen ein. Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Flüchtlinge in Italien auf sich alleine gestellt sind und besondere persönliche Anstrengungen zur Bewerkstelligung des täglichen Lebensalltags unternehmen müssen. Trotzdem bestehen funktionierende Strukturen zur Aufnahme, Behandlung und Unterbringung der Flüchtlinge in Italien. Neben den staatlichen Strukturen gibt es kirchliche und private Trägerschaften. Die Einbeziehung solcher nichtstaatlicher Träger kann und darf dem italienischen Staat auch zugerechnet werden, da sie in das Gesamtsystem eingebettet sind (vgl. OVG NRW, Urteil v. 07.03.2014, 1 A 21/12.A; juris). Eine Untätigkeit bzw. die willentliche, systemimmanente Zusteuerung auf einen Kollaps kann nicht angenommen werden.

19

Demnach ist davon auszugehen, dass in Italien vieles hinsichtlich der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen nicht optimal läuft. Selbiges ist aber auch in Deutschland zu verzeichnen, wie die hiesigen Verhältnisse am LaGeSo in Berlin beweisen. Trotzdem wird man diese - aufgrund der hohen Zahl der Flüchtlinge bedingten - Probleme nicht mit systemischen Mängeln in Verbindung bringen können.

20

Das Gericht schließt sich somit der entsprechenden Rechtsprechung der vormals zuständigen Kammer (vgl. Eilverfahren) und weiterer Gerichte an (vgl. zuletzt: VG Ansbach, Urteil v. 11.12.2015, AN 14 K 15.50316; juris)."

21

b.) Diese Einschätzung der Situation in Italien wurde nach dem Urteil durch die Auskunft des AA an das OVG NRW vom 23.02.2016 und durch den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016 bestätigt. Danach wurden und werden stetig zusätzlichen Aufnahmezentren geschaffen. Das Aufnahmesystem in Italien ist innerhalb von vier Jahren von ca. 5.000 Plätzen auf ca. 120.000 Plätze angewachsen.

22

c.) Aktuell gilt dies im Jahr 2017 fort. Denn die ganz überwiegende Meinung in der jedenfalls veröffentlichten Rechtsprechung folgt dem nach wie vor (vgl. z. B. nach juris-Recherche aktuell nur: VG München, Beschluss v. 04.04.2017, M 9 S 17.50786; Beschluss v. 08.11.2016, M 6 S 16.50615; mit Verweis auf: VG Hamburg, B. v. 08.02.2017, 9 AE 5887/16; VG Düsseldorf, B. v. 18.01.2017, 12 L 3754/16.A; VG Schwerin, U. v. 26.09.2016, 16 A 1757/15 As SN; OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14A – juris; U.v. 21.6.2016, 13 A 990/13.A; U.v. 19.5.2016 – 13 A 516/14.A – jeweils juris – m.w.N.; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14; juris).

23

Gegenwärtig ist auch nicht erkennbar, ob die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts München an der jedenfalls im Jahr 2016 bestehenden anderslautenden Rechtsprechung festhält (vgl. zuletzt: Urteil v. 26.09.2016, M 24 K 16.50512; Beschluss v. 01.08.2016, M 24 S 16.50487; beide juris). Das Verwaltungsgericht Hannover sieht die Situation für anerkannte Schutzberechtigte schwieriger als für noch im Asylverfahren befindliche Flüchtlinge (Beschluss v. 08.03.2017, 3 B 1492/17; juris).

24

Es ist mithin zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht davon auszugehen, dass die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung der Flüchtlinge in Italien überschritten wäre. Dies wäre erst dann der Fall, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Anzahl von Flüchtlingen keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden.

25

Dabei sieht das Gericht die aktuelle Situation durchaus als kritisch und grenzwertig an. Allein an Ostern 2017 sind in Sizilien und Kalabrien rund 8.000 bis 8.500 Flüchtlinge angelandet. Seit Jahresbeginn 2017 sind offiziellen Angaben zufolge etwa 35.000 Migranten angekommen – deutlich mehr, rund 40 %, als im Rekordjahr 2016, als Italien insgesamt 181.000 Flüchtlinge aufnahm. In den vergangenen Monaten sind in Italien im Schnitt jeden Tag 500 Migranten gelandet (derStandard.at/tFluechtlinge-Rekordzahl; 20.04.2017; FOCUS Online; Flüchtlingskrise kehrt fast unbemerkt zurück, 20.04.2017). Nach Regierungsangaben sind derzeit 175.385 Asylsuchende in Italien in Aufnahmezentren untergebracht. 136.706 von ihnen kamen in sogenannten „temporären außerordentlichen“ Zentren unter, während nur 25.563 in besser eingerichteten Zentren leben (Pro Asyl; Die schwierige Situation von Flüchtlingen in Italien; 06.04.2017). Der Umverteilungsplan der EU für 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien wird von vielen Mitgliedstaaten schlicht ignoriert (tagesspiegel.de; mehr Flüchtlinge aus Afrika, 03.04.2017). 3.000 Flüchtlinge möchte die EU jeden Monat von Griechenland und Italien auf andere EU-Länder verteilen. Tatsächlich liegt die Übernahmequote aber nur bei 1.682 schutzbedürftigen Menschen; im Februar 2017 waren nur ca. 12.000 Flüchtlinge statt der versprochenen 160.000 umverteilt worden (Handelsblatt; Kaum Solidarität mit Italien und Griechenland, 08.02.2017; Internet). In Sizilien ist immer wieder zu beobachten, dass Menschen aus den Unterkünften fliehen, da die Geflüchteten nach der langen Wartezeit nicht mehr an eine Umverteilung (Relocation) glauben. Auch der Europarat konstatiert, dass das Relocation-Programm nicht funktioniert und die Normen, die für die Aufnahmezentren gelten, seien stark zu verbessern, da sie nicht an die Bedürfnisse der Asylsuchenden angepasst sind. Weitere Kritik gilt der Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen (PRO ASYL; Die schwierige Situation von Flüchtlingen in Italien; 06.04.2017, Internet).

26

Trotz dieser bekannten unsolidarischen Haltung einzelner EU-Staaten sowie der zweifellos erschreckenden - aktuellen - Zahlen und in Anbetracht der Tatsache, dass die Flüchtlingsströme über das Mittelmeer aufgrund des besseren Wetters eher ansteigen werden, kann gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden, dass Italien seinen solidarischen Verpflichtungen innerhalb der EU nicht nachkommt und quasi die „Hände in den Schoß legt“, so dass das Asyl- und Unterbringungssystem - erneut - zu kollabieren droht. Denn PRO ASYL berichtet davon, dass die italienische Regierung neben der - bedenklichen - verstärkten Maßnahme von Abschiebungen, der Beschneidung des Rechtschutzes und der finanziellen Unterstützung auch und gerade das Unterbringungssystem neu regeln will. Seit Anfang 2017 sind 6.000 Unterbringungsplätze mehr in den Kommunen geschaffen worden. Ca. 200 Bürgermeister haben sich bereit erklärt, Erstaufnahmezentren in SPRAR-Zentren (Zweitaufnahme) umzuwandeln. Der neue Unterbringungsplan der Regierung sieht eine genau ausgearbeitete Unterbringung in den einzelnen Regionen und Kommunen abhängig von den Einwohnerzahlen vor. Am 22.03.2017 erklärte der italienische Innenminister, dass durch die Zusage Deutschlands, jeden Monat 500 Flüchtlinge aufzunehmen, sich die Lage deutlich entspannt hat, zudem auch Österreich und die Schweiz erklärten, sich an der Relocation zu beteiligen (PRO ASYL; Die schwierige Situation von Flüchtlingen in Italien; 06.04.2017; Internet).

27

Das Gericht wird die Lage in Italien weiter im Blick behalten.

28

Der Kläger gehört keiner besonders schutzwürdigen Personengruppe an, wonach es einer besonderen Zusicherung Italiens bedarf.

29

d.) Dies gilt auch vorliegend im Falle der Zuerkennung des internationalen Schutzes in einem Dublin-Staat. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in der er vor Verfolgung sicher war.

30

e.) Es liegen auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in Bezug auf Italien vor (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Denn in Italien drohen weder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK noch eine sonstige konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

31

Nach der Rechtsprechung stellen sich die Lebensverhältnisse anerkannter Flüchtlinge in Italien nicht allgemein als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK dar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien grundsätzlich italienischen Staatsbürgern gleichgestellt sind und erforderlichenfalls staatliche Hilfen in Anspruch nehmen können, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie die Hilfe caritativer Organisationen erhalten. (vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -, juris, Rn. 51ff., und vom 19. Mai 2016 - 13 A 1490/13.A -, juris, Rn. 89ff).

1

32

2.) Der gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gerichtete Antrag hat keinen Erfolg.

33

Über die Dauer der Sperrfrist entscheidet die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Das Gericht hat nur zu prüfen, ob die in § 114 VwGO genannten besonderen Voraussetzungen eingehalten werden, d.h. ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes – hier der behördlichen Befristungsentscheidung – gegeben sind, ob der Erlass des Verwaltungsaktes auf Ermessensfehlern beruht und ob eine Unterlassung einer rechts- und ermessensfehlerfreien Entscheidung der Behörde beim betroffenen Ausländer zu einer Rechtsverletzung führt (VG Oldenburg, B. v. 02.10.2015 – 5 B 3636/15 -, juris, Rdnr. 40).

34

Die von der Antragsgegnerin getroffene Befristung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beklagte war nach § 11 Abs. 2 i. V. m. § 75 Nr. 12 AufenthG zur Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots im Falle der Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG berufen. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen ist auch ermessensfehlerfrei innerhalb der von § 11 Abs. 3 AufentG aufgezeigten gesetzlichen Grenzen getroffen worden. Das Vorliegen besonderer Umstände ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

35

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter dem Aktenzeichen 5 K 7777/17.TR geführten Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin enthaltene Abschiebungsandrohung hat keinen Erfolg.

2

Mit Ihrem Bescheid hat die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers unter Bezugnahme auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 Asylgesetz – AsylG – als unzulässig abgelehnt, festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – bestehen, und auf der Grundlage der §§ 35 und 36 Abs. 1 AsylG die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angedroht. Außerdem hat sie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

3

Soweit sich das Begehren des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auch auf die zuletzt genannte und gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Befristungsentscheidung beziehen sollte, ist der Antrag unzulässig, denn im Falle eines Obsiegens würde das nach § 11 Abs. 1 AufenthG entstehende gesetzliche Einreise– und Aufenthaltsverbot unbefristet gelten, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 2 AufenthG die Rechtsstellung des betroffenen Ausländers nicht verbessern kann und von daher das für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vergleiche VG München, Beschluss vom 21. September 2016 –M 17 S 16.32997 –, VG Oldenburg, Beschluss vom 8. Januar 2016 – 5 B 4510/15 –, juris, unter Hinweis auf OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14. Dezember 2015 – 8 PA 199/15 –, alle veröffentlicht bei juris). Eine Verkürzung der Befristung könnte vielmehr allenfalls mit einer Verpflichtungsklage verfolgt werden, so dass diesbezüglich vorläufiger Rechtsschutz nur mittels eines Antrages nach § 123 VwGO erreicht werden könnte, den der Antragsteller indessen nicht gestellt hat.

4

Im Übrigen ist der Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz unbegründet.

5

Bei der Entscheidung darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die insoweit gemäß § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Entscheidung der Antragsgegnerin anzuordnen ist, ist das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse der Betroffenen an einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuwägen, wobei allerdings gemäß §§ 36 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AsylG eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheides in Betracht kommt. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen dann vor, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einer rechtlichen Überprüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 23 L 503.17 A – mit Verweis auf BVerfG, Urteil vom 11. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 -, juris).

6

Ausgehend hiervon kann der vorliegende Antrag keinen Erfolg haben, da es an eben solchen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ermangelt.

7

Insbesondere ist die von dem Antragsteller zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens allein vorgebrachte pauschale Verweisung auf den Vorlagebeschluss des VGH Baden-Württemberg vom 15. März 2017 – A 11 S 2151/16 – nicht geeignet, durchgreifende Bedenken an der angefochtenen Entscheidung der Antragsgegnerin zu begründen.

8

Soweit der VGH Baden-Württemberg in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 15. März 2017 – A 11 S 2151/16 –, juris, die Auffassung vertritt, dass eine Überstellung nach Italien unzulässig sei, wenn den Asylantragsteller in Italien im Falle der Zuerkennung internationalen Schutzes unzumutbare Lebensumstände erwarteten, vermag die Kammer sich dem nicht anzuschließen. Die Kammer ist nämlich davon überzeugt, dass in Italien anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte grundsätzlich menschenrechtskonform behandelt werden und in der Lage sind, ihre Grundbedürfnisse zu decken, zumal sie in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt sind und auch tatsächlich die Möglichkeit des Zugangs zu ausreichender gesundheitlicher Versorgung haben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10656/13.OVG -, juris, gegen das das BVerwG mit Beschluss vom 21. Mai 2014 – 10 B 31/14 – die Revision nicht zugelassen hat; s.a. Beschluss der Kammer vom 8. März 2017 – 5 L 2283/17.TR –, VG München, Urteil vom 6. Dezember 2016 – M 12 K 16.33413 – und Beschluss vom 6. März 2017 – M 17 S 17.33096 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 22. September 2016 – 13 A 2448/15.A – und insbesondere vom 7. Juli 2016 – 13 A 2132/15.A – mit weiteren Nachweisen; siehe auch VG Oldenburg, Urteil vom 17. November 2016 – 1 A 142/15 –; alle – bis auf den zitierten Beschluss der Kammer – veröffentlicht bei juris).

9

Des Weiteren ist eine in Italien im Einzelfall eventuell drohende Obdachlosigkeit nicht geeignet, generell eine mit den Grundsätzen des europäischen Asylrechts unvereinbare Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Italien anzunehmen (vgl. eingehend OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Juli 2016 - 13 A 1859/14.A – und OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014, a.a.O., juris), zumal Art. 3 EMRK die Signatarstaaten nicht dazu verpflichtet, anerkannten Flüchtlingen eine Wohnungsunterkunft zur Verfügung zu stellen, sie finanziell zu unterstützen oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteile vom 18. Dezember 2014 – C 542/13 – und vom 21. Januar 2011 – 30696/09 -, beide veröffentlicht bei juris).

10

Dass die wirtschaftliche Situation in dem Zielstaat der Überstellung schlechter ist als diejenige in der Bundesrepublik Deutschland, stellt für sich genommen keine Verletzung von Art. 3 EMRK dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. August 2016 – 13 A 63/16.A -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014, a.a.O).

11

Schlussendlich vermag sich die Kammer auch der Auffassung des VGH Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 15. März 2017, a.a.O. Rd.-Nr. 25, wonach das Erfordernis der Inländergleichbehandlung gemäß Art. 3 EMRK im Bereich des Asylrechts durch die Anforderungen der Richtlinie 2011/95/EU („Qualifikationsrichtlinie“) und insbesondere das Erfordernis hinreichender Integrationsmaßnahmen konkretisiert werde, nicht anzuschließen, da dieser Schlussfolgerung die Systematik des Unionsrechts entgegensteht.

12

Gemäß Art. 288 UA. 3 AEUV sind Richtlinien der Europäischen Union allein an die jeweiligen Mitgliedstaaten gerichtet (vgl. insoweit auch Art. 42 der Richtlinie 2011/95/EU). Sie beinhalten für die adressierten Mitgliedstaaten einen jeweils durch ihren Regelungsgehalt konkretisierten Umsetzungsauftrag. Kommt ein Mitgliedstaat dieser primärrechtlichen Umsetzungspflicht nicht innerhalb der jeweiligen Umsetzungsfrist nach, bieten die Art. 258 ff. AEUV die Möglichkeit zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, in dessen Rahmen allein der EuGH zur Entscheidung über die mangelnde Umsetzung der jeweiligen Richtlinie berufen ist (Art. 260 Abs. 1 AEUV). Aufgrund des unionsrechtlichen Charakters der Richtlinien ist die Kontrolle über die rechtmäßige Umsetzung der jeweiligen Richtlinie damit grundsätzlich ausschließlich den unionalen Gerichten vorbehalten.

13

Aus dieser inneren Systematik des Unionsrechts folgt, dass es den nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten verwehrt ist, die Anforderungen an die Behandlung international Schutzberechtigter gemäß Art. 3 EMRK an den Anforderungen der Richtlinie 2011/95/EU zu messen. Ein solches Vorgehen liefe nämlich schlussendlich auf eine wechselseitige Kontrolle der Erfüllung der Umsetzungspflicht der Mitgliedstaaten untereinander hinaus. Die Überprüfung der Frage, ob und inwieweit ein Mitgliedstaat seinem primärrechtlichen Umsetzungsauftrag entsprochen hat, obliegt jedoch, wie dargestellt, grundsätzlich ausschließlich dem Europäischen Gerichtshof. In das durch die Richtlinie hervorgerufene tripolare Verhältnis zwischen dem unionalen Gesetzgeber, dem durch die Richtlinie jeweils adressierten Mitgliedstaat und dem durch die einzelnen Bestimmungen der Richtlinie gegebenenfalls Begünstigten vermögen die nationalen Gerichte eines anderen Mitgliedstaates nicht dergestalt hineinzuwirken, dass sie die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie – auch nicht inzident im Rahmen der rechtlichen Überprüfung einer nationalen Behördenentscheidung – zur Entscheidung stellen.

14

Im Hinblick auf die Struktur des europäischen Asylsystems bedeutet dies, dass ein Asylbegehrender aus der unterlassenen oder mangelnden Umsetzung eines Richtlinienauftrags durch den Mitgliedstaat, durch den ihm internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in einem anderen Mitgliedstaat keine über den Gehalt des Art. 3 EMRK hinausreichenden Rechte herleiten kann (vgl. mit ähnlicher Argumentation auch VG Berlin, Beschluss vom 12. Juli 2017 a.a.O.). Europäische Richtlinien beinhalten nämlich als Rechtsakte des unionalen Sekundärrechts, anders als Verordnungen, grundsätzlich keine unmittelbar wirkende Anspruchsgrundlage für das Begehren einzelner Personen. Sie sind vielmehr Akt der mittelbaren Rechtssetzung, dessen Regelungsgehalt für den Einzelnen erst durch die entsprechenden Umsetzungsakte des jeweiligen Mitgliedstaates rechtliche Wirkung entfaltet (vgl. VG Mainz, Urteil vom 16. Februar 2009 – 6 K 678/02-MZ – m.w.N.). Etwas anderes gilt in Ausnahme zu diesem Grundsatz nur dann, wenn die Frist zur Umsetzung der jeweiligen Richtlinie verstrichen ist, die Vorgaben der Richtlinie durch den jeweiligen Mitgliedstaat nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden sind und die jeweilige Richtlinienbestimmung, auf die sich der Einzelne beruft, unbedingt und hinreichend genau ist. In diesem Falle ist es dem Einzelnen möglich, sich auf einzelne Richtlinienbestimmungen, die die genannten Voraussetzungen erfüllen, zu berufen (vgl. VG Mainz, Urteil vom 16. Februar 2009 a.a.O.) Daher ist der Asylbegehrende im Falle einer unzureichenden Umsetzung einer Richtlinie, die ihm entsprechende Individualrechte vermittelt, aufgefordert, diese Rechte vor den nationalen Gerichten des ihm Schutz gewährenden Staates oder den europäischen Gerichten einzufordern (vgl. auch EuGH, Urteil vom 17. März 2016 – C-695/15 PPU – juris). Die Möglichkeit, eine unzureichende Richtlinienumsetzung außerhalb des die Umsetzungspflicht verletzenden Mitgliedstaates geltend zu machen und hieraus unmittelbare Rechtspositionen gegen einen anderen Mitgliedstaat herzuleiten, sieht das Unionsrecht hingegen nicht vor.

15

Da aus Sicht der Kammer keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der EuGH in Beantwortung der Vorlagefragen des VGH Baden-Württemberg vom 15. März 2017 – A 11 S 2151/16 – und des BVerwG vom 27. Juni 2017 – 1 C 26.16 -, wobei in Bezug auf den zuletzt genannten Beschluss bislang nur die Pressemitteilung des BVerwG Nr. 47/2017 zugänglich ist, die keine Rückschlüsse dahingehend zulässt, zu welcher Auffassung das BVerwG tendiert, von dieser primärrechtlich determinierten Systematik abrückt, bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin, sodass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage keinen Erfolg haben kann.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig, die Abschiebungsanordnung nach Italien sowie die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen.

Der am ... 1999 in ... (Irak) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit und islamischem Glauben.

Seinen Angaben zufolge reiste der Kläger am 4. September 2017 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 20. September 2017 Asylerstantrag stellte.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß Verordnung (VO) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Für den Kläger liegen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 und 2 für die Schweiz bzw. Italien vor. Am 28. September richtete die Beklagte ein Übernahmeersuchen an die Schweiz. Dieses wurde am 3. Oktober 2017 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Übernahmeerklärung der Republik Italien vom 30. August 2017 vorliege und die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert worden sei.

Die Beklagte hat daraufhin am 4. Oktober 2017 ein Übernahmeersuchen an die Republik Italien gerichtet. Dieses blieb im Folgenden unbeantwortet.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 6. November 2017 wurde der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids). Nr. 2 des Bescheids bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG im Falle des Klägers nicht vorliegen. In Nr. 3 des Bescheids wird die Abschiebung nach Italien angeordnet. Nr. 4 setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheides ist u.a. ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig sei, da Italien auf Grund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Die aktuellen gerichtlichen Entscheidungen gingen davon aus, dass Italien gegenüber Drittstaatsangehörigen, die dort einen Asylantrag stellten, die Mindeststandards erfüllten und keine systemischen Mängel vorlägen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen und ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfüge, welches trotz nach wir vor bestehender Mängel des Aufnahmeverfahrens prinzipiell funktionsfähig sei.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 6. November 2017 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid am 14. November 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes vom 6. November 2017 aufzuheben (Az. Au 5 K 17.50400).

Zur Begründung verwies der Kläger auf seinen Asylantrag vom 20. September 2017.

Ein vom Kläger ebenfalls angestrengtes Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S. 17.50401) bliebt mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. November 2017 ohne Erfolg. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird verwiesen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Dezember 2017 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Am 22. Januar 2018 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2018 form- und fristgerecht geladen worden.

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 6. November 2017 ist rechtmäßig und nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch besitzt der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die unter Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes getroffene Ablehnung des Asylantrages des Klägers als unzulässig bleibt rechtlich unbeanstandet.

Ein Asylantrag ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da die Republik Italien gemäß Art. Art. 18 Abs. 1 lit. b. der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Entscheidung über den Asylantrag der Kläger zuständig ist.

(1) Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Prüfung des Asylantrags ist im gegebenen Fall die Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutzes zuständig ist (Dublin III-VO), die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Abs. 1 Dublin-III-VO). Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO findet diese Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten (mithin ab 1. Januar 2014) gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Klägern (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.6.2014 – 10 C 7/13 – juris Rn. 27). Vorliegend sind sowohl der gegenständliche Asylantrag und damit auch der Antrag auf internationalen Schutz i.S.v. Art. 2 lit. b Dublin III-VO (20. September 2017) als auch das Aufnahmegesuch an die Republik Italien (4. Oktober 2017) nach dem vorgenannten Stichtag gestellt worden.

(2) Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist in Fällen, in denen ein Kläger aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze illegal überschreitet, dieser Mitgliedstaat – hier Italien – für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag gestellt worden ist, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO wird bei der Bestimmung des nach den Kriterien des Kapitels III zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Kläger seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO ist, wenn sich anhand der Kriterien der Dublin-III-VO der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Hier hat sich der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen zunächst in Italien aufgehalten und ist erst im Anschluss über die Schweiz nach Deutschland gelangt. Nach den im Verfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger sich illegal in Italien aufgehalten. Für den Kläger liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 in Bezug auf Italien vor. Auch hat die Republik Italien auf ein Übernahmeersuchen der Schweiz ihre Zuständigkeit zur Wieder-Aufnahme des Klägers erklärt (30. August 2017). Auf dieser Grundlage hat die Beklagte am 4. Oktober 2017 ein Übernahmeersuchen an die Republik Italien gerichtet, welches im Folgenden unbeantwortet geblieben ist. Damit ist nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Dublin III-VO die Zuständigkeit zur Behandlung des Asylantrages des Klägers auf die Republik Italien übergegangen.

Gründe dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland als Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Prüfung des Asylantrags des Klägers im Wege des Selbsteintrittsrechts übernehmen und das Ermessen der Beklagten insoweit auf Null reduziert sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bb) Die Abschiebungsanordnung nach Italien in Nr. 3 des Bescheides begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

(1) Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 AsylG. Hiernach ordnet das Bundesamt bei – wie hier – beabsichtigter Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 AsylG) die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamts zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.

(2) Die Abschiebung des Klägers in die Republik Italien ist grundsätzlich auch rechtlich möglich.

Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO kann es sich als unmöglich erweisen, einen Kläger an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, soweit es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Kläger in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 der EU–Grundrechtecharta – GR-Charta – mit sich bringen (vgl. hierzu EuGH vom 21.12.2011, Rs. C-411/10 u.a., juris; vom 14.11.2013, Rs. C-4/11, juris; vom 10.12.2013, Rs. C-394/12, juris). Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen einschlägige EU-Richtlinien genügen somit, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln; nur soweit das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, ist eine Überstellung mit Art. 4 GR-Charta unvereinbar (BVerwG vom 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Leitsatz und Rn. 6).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist festzustellen, dass im Fall des Klägers eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bei Rücküberstellung in die Republik Italien – bei der es sich als Mitglied der Europäischen Union bereits kraft Gesetzes um einen sicheren Drittstaat i.S.v. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG handelt – nicht ernsthaft zu befürchten ist. Systemische Mängel im italienischen Asylverfahren hat der Kläger bereits nicht aufzeigt. Solche sind auch für das Gericht nicht erkennbar. In dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht zu erkennen, dass die Verhältnisse in Italien hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, das der Kläger dort mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein würden.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Grundsätzlich erhalten auch Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung. Sofern sie einen Asylantrag stellen, wird ein Asylverfahren durchgeführt. Zusätzliche Aufnahmezentren sind geschaffen worden. Aktuelle Erkenntnisse diesbezüglich liegen den neueren Entscheidungen zugrunde (vgl. jeweils m.w.N. VG Osnabrück, B.v. 8.8.2017 – 5 B 212/17 – juris; VG München, B.v. 12.7.2017 – M 9 S. 17.51545 – juris; B.v. 11.7.2017 – M 9 S. 17.51549 – juris; VG Cottbus, B.v. 12.7.2017 – 5 L 442/17.A – juris; OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 41 ff.; U.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A – juris Rn. 41; OVG Lüneburg, U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14 – DÖV 2015, 807). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrages in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Entwicklung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedsstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GR-Charta mit dem dafür notwendigen Schwergrad nahe lägen (vgl. OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 41 ff.). Probleme bei der Unterbringung in der zweiten Jahreshälfte 2015 rechtfertigen keine andere Einschätzung, da diesbezügliche Schwierigkeiten nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas bestanden. Aus diesen Gründen bestand für die Antragsgegnerin auch keine Veranlassung, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben.

Auch die gegenwärtige hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien wird erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann nicht ausgegangen werden. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. auch VG München, B.v. 2.5.2017 – M 9 S. 17.50821 – juris, sowie BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Italien, v. 16.7.2017, S. 6 ff., 12 ff.). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich demnach auch nicht mit Blick auf die Situation des Klägers annehmen. Vielmehr geht das Gericht von einer hinreichenden Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeit in Italien aus.

Konkret sind des Weiteren keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich bzw. vorgebracht. Es ist nicht erforderlich, dass eine eventuell erforderliche medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).

Zudem verfügt Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge, wobei Asylsuchende sowie international Schutzberechtigte mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung gleichgestellt sind (vgl. VG München, B.v. 2.5.2017 – M 9 S. 17.50821 – juris m.w.N.). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Italien allgemein ein hoher medizinischer Standard gewährleistet ist (vgl. zum Ganzen: VG München, B.v. 11.7.2017 – M 9 S. 17.51549 – juris; Gb. v. 4.7.2017 – M 9 K 17.50585 – juris; VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 – A 6 K 1356/15 – juris; jeweils m.w.N.).

Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht wegen Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO entfallen und auf die Beklagte übergegangen. Die Überstellungsfrist wird zwar grundsätzlich mit der Erklärung des anderen Mitgliedstaates in Lauf gesetzt, den Schutzsuchenden zur Durchführung des Asylverfahrens aufzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterbricht jedoch ein vor Ablauf der Überstellungsfrist gestellter, zulässiger Eilantrag gegen die Abschiebungsanordnung den Lauf der Überstellungsfrist, weil dann bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine Überstellung kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Demzufolge hat der vom Antragsteller am 14. November 2017 eingereichte Eilantrag den Lauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist unterbrochen. Die Überstellungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vollständig neu zu laufen (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2016 - 1 C 22.15 - und U.v. 26.5.2016 - 1 C15.15 - juris; Sächs.OVG, B. 5.10.2015 - 5 B 259/15.A -, juris, Rn. 10, VG Augsburg, U.v. 22.10.2014 – Au 3 K 14.50135 – juris Rn. 31, 33; VG Regensburg, B.v. 21.11.2014 – RN 5 S. 14.50276 – juris Rn. 15).

Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Beklagte selbst zu berücksichtigen hätte, sind nicht ersichtlich. Diesbezüglich fehlt jeglicher Vortrag des Klägers.

Somit ist die Abschiebung des Klägers nach Italien rechtlich zulässig und möglich.

Damit war die Klage als unbegründet abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antragsteller begehrt die Aufhebung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 16. Januar 2018. Darüber hinaus begehrt er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

Der Antragsteller, geb. am 1973, ist russischer Staatsangehöriger mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens.

Ihm wurde von der italienischen Vertretung in Moskau am 19. September 2017 ein Schengen-Visum für einen Aufenthalt von 20 Tagen mit einem Gültigkeitszeitraum vom 28. September 2017 bis 1. November 2017 erteilt (Bl. 28 f. der Behördenakte). Der Antragsteller reiste nach eigenen Angaben auf dem Luftweg am 4. Oktober 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nachdem er am 24. Oktober 2017 ein Asylgesuch geäußert hatte, stellte der Antragsteller am 02.11.2017 einen förmlichen Asylantrag.

Gegenüber dem Bundesamt für ... (im Folgenden Bundesamt) gab der Antragsteller an, er sei mit dem PKW nach Aserbaidschan gereist, von dort in die Türkei und dann weiter nach Deutschland geflogen. Er habe Gastritis und die rechte Hand funktioniere nicht richtig. Darüber hinaus habe er hormonelle Probleme. Er habe keine ärztlichen Nachweise bei sich, befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung und nehme keine Medikamente – außer ab und zu Schmerzmittel.

Am 14. November 2017 stellte das Bundesamt ein Aufnahmegesuch nach der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) an Italien, das unbeantwortet blieb.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.01.2018 wurde der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1 des Bescheides) und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliegen (Ziffer 2 des Bescheides). Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet (Ziffer 3 des Bescheides) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4 des Bescheides). Gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO sei Italien für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig. Der in der Bundesrepublik gestellte Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig. Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestünden nicht. Es lägen keine Gründe zu der Annahme von systemischen Mängeln im italienischen Asylverfahren vor. Dem Antragsteller drohe keine verfahrenswidrige Abschiebung in sein Heimatland. Die Frist von sechs Monaten für das Einreise- und Aufenthaltsverbot sei im vorliegenden Fall angemessen. Die Zustellung des Bescheides erfolgte ausweislich der Empfangsbestätigung am19. Januar 2018.

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 23. Januar 2018 Klage erheben (B 5 K 18.50037). Gleichzeitig stellte er den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

Zur Begründung verwies er auf sein bisheriges Vorbringen und bestritt, bereits in Italien gewesen zu sein. Er habe in Italien keinen Asylantrag gestellt und beantrage die Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland. Insbesondere lägen Abschiebungsverbote nach Italien vor.

Die Antragsgegnerin hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Behörden- und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anordnen, wenn die Klage – wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG – keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen. Die angegriffene Abschiebungsanordnung stellt sich unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar, so dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurückzutreten hat. Nach § 34a Abs. 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung stellt sich als Festsetzung eines Zwangsmittels dar, die erst dann ergehen darf, wenn alle Voraussetzungen für die Abschiebung erfüllt sind. Dies ist in erster Linie die Zuständigkeit des anderen Staates, daneben muss aber auch feststehen, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist. Die notwendigen Voraussetzungen liegen hier im Hinblick auf die beabsichtigte Abschiebung des Antragstellers nach Italien vor.

b) Rechtsgrundlage für die Erklärung der Asylanträge als unzulässig ist § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AsylG, wonach ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Zwar regelt im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Bundesamtes nicht Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO, sondern Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO die Zuständigkeit Italiens, denn Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO betrifft nur den Fall, dass das Visum, das der Antragsteller besitzt, bereits abgelaufen ist. Dies ist jedoch im Ergebnis ohne Bedeutung, da der Antragsteller im Besitz eines gültigen Visums war und sich die Zuständigkeit Italiens daher aus Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ergibt. Nach Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ist für die Prüfung eines Asylantrags eines Inhabers eines gültigen Visums der Mitgliedsstaat zuständig, der das jeweilige Visum erteilt hat. Dieser Fall liegt hier vor, denn der Antragsteller ist mit von italienischen Behörden ausgestelltem, gültigem Schengen-Visum in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Italien hat das Aufnahmegesuch des Bundesamtes vom 14. November 2017 nicht innerhalb der Frist des Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO beantwortet. Damit ist nach Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird.

c) Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht durch den Ablauf der Überstellungsfrist wieder entfallen. Die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO von sechs Monaten ab der nach Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO anzunehmenden Annahme des Aufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedsstaat ist vorliegend noch nicht abgelaufen.

d) Es besteht auch keine Pflicht der Antragsgegnerin, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin-III-VO fortzusetzen und gegebenenfalls eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 – C-4/11 – NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem Italiens bestehen nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCh) ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 14.11.2013 – C-4/11 – NVwZ 2014, 129 Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B.v. 6.6.2014 – 10 B 35.14 – juris Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (NdsOVG, B.v. 1.4.2014 – 13 LA 22/14 – juris).

Bei Anlegung dieses Maßstabs ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht (so auch VG München, B.v. 11.1.2017 – M 8 S 16.51193 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 – 12 L 3754/16.A – juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 – 9 AE 5887/16 – juris). Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris m.w.N.; U.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A – juris). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad nahelegt. (vgl. OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der überstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“ bzw. „Dublin-Überstellte“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 – juris m.w.N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 – juris). Auch „Dublin-Überstellte“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften. Es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. – wenn sie das noch nicht getan haben – einen Asylantrag oder – falls das Asylverfahren in Italien mit negativem Ergebnis bereits abgeschlossen sein sollte – einen Folgeantrag stellen können (OVG NW, U.v. 19.5.2016 – 13 A 516/14.A – juris).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U. v. 30.6.2015 – 39350/13 – A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 – juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der Bericht von AIDA (Asylum Information Database, vgl. Consiglio Italiano per i Rifugiati – CIR – Dezember 2015), bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.1.2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B. v. 19.9.2015 – Au 7 S 15.50412 – juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B. v. 5.11.2014 – M 18 S 14.50356 – juris). Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat. Nichts anderes folgt aus dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Aufnahmebedingungen in Italien, Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien, https://www...ch/...pdf) vom August 2016 (ebenso VG Schwerin, U.v. 26.9.2016 -16 A 1757/15 As SN – juris). Auch der genannte Bericht liefert keine Hinweise darauf, dass Italien zur Bewältigung der Probleme durch die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen ergreift. Vielmehr reagiert Italien gerade im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sehr flexibel auf den steigenden Zustrom. Dies bestätigen auch die von der Österreichischen Botschaft Rom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich übermittelten Zahlen über die in Italien in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen, die auf Auskünften des italienischen Innenministeriums beruhen (Länderreport von Österreich vom 2.8.2016 und vom 29.9.2016). Aus dem Bericht folgt, dass das italienische Sozialsystem die Deckung der Elementarbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung in noch ausreichender Weise gewährleistet.

Darüber hinaus spielt eine möglicherweise vorhandene oder zu erwartende Entscheidung seitens des Abschiebungszielstaates über den Asylantrag im Rahmen der Bestimmung des für die Entscheidung über den Asylantrag zuständigen Zielstaates keine Rolle. Wie Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO ausdrücklich regelt, ist grundsätzlich nur ein Mitgliedstaat für die Entscheidung über den Asylantrag zuständig. Die Regelungen der Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2, Art. 17 Dublin III-VO sorgen nicht dafür, dass inzident bei der Frage des zuständigen Mitgliedstaates geprüft werden müsste, wie der zuständige Zielstaat entschieden hat oder entscheiden würde und ob diese Entscheidung den eigenen nationalen Voraussetzungen entsprechen würde, sodass quasi in eine hypothetische materielle Prüfung einzusteigen wäre.

e) Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Antragsteller einzutreten. Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 – C-4/11 – NVwZ 2014, 129 Rn. 37). Hierfür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Der EGMR hat in seiner „Tarakhel“-Entscheidung zwar ausgeführt, dass insbesondere minderjährige Asylbewerber eines besonderen Schutzes bedürften, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien. Das gelte auch, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet würden. Eine Überstellung nach Italien in solchen Fällen verstoße deshalb nur dann nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn die italienischen Behörden eine individuelle Garantieerklärung abgeben, wonach die Betroffenen eine Unterkunft erhalten und ihre elementaren Bedürfnisse abgedeckt sind (vgl. EGMR, U.v. 4.11.2014 – Nr. 29217/12 – Tarakhel gegen Schweiz – juris). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 17.9.2014 (2 BvR 732/14) festgestellt, dass auf Grund der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG im Dublin-System zur Vermeidung erheblicher konkreter Gesundheitsgefahren für Neugeborene und Kleinstkinder bis drei Jahren eine ausreichende Versorgung im Zielstaat sicherzustellen ist. Hierzu sei es notwendig, sich mit den Behörden des Zielstaates abzustimmen. Der Antragsteller fällt aber ersichtlich nicht unter diesen besonders schutzbedürftigen Personenkreis. Eine Ausweitung der „Tarakhel“- Rechtsprechung erscheint auch unter Berücksichtigung der deutschen Grundrechte nicht geboten. Insoweit sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb sich die Lage in Italien soweit verändert haben sollte, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auszuweiten wäre. Dies widerspräche letztendlich dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens, das aus der uneingeschränkten und umfassenden Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta und der Genfer Flüchtlingskonvention resultiert (vgl. VG Lüneburg, U.v. 13.12.2016 – 8 A 175/16 – juris; VG Bayreuth, U.v. 2.2.2017 – B 3 K 16.30085).

f) Ein der Abschiebung nach Italien entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG ausnahmsweise von der Antragsgegnerin auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen wäre (vgl. BVerfG, B.v. 17.09.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 11 f.), ist ebenfalls nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich.

g) Auch wenn man neben der Frage des Vorliegens systemischer Mängel i.S.d. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO in Dublin-Verfahren nach dem Wortlaut von § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG eine Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG für erforderlich hält (a.A. VG Potsdam, B.v. 19.10.2016 – 6 L 977/16.A – juris), führt dies im Ergebnis nicht dazu, dass hier solche Abschiebungsverbote anzuerkennen wären. Das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG ist nicht ersichtlich, insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Bescheides verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG. Hieran ändern auch die Ausführungen des Bevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 23. Januar 2018 nichts.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

3. Abzulehnen war damit auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten hatte, § 166 VwGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.