Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Mai 2018 - 1 C 17/17

ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2018:290518U1C17.17.0
published on 29/05/2018 00:00
Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Mai 2018 - 1 C 17/17
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Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich - nach inzwischen bestandskräftiger Rücknahme einer ihm erteilten Niederlassungserlaubnis - gegen eine gleichzeitig verfügte Abschiebungsandrohung. Außerdem begehrt er die behördliche Feststellung, dass ihm ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB 1/80 zusteht, und die Ausstellung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis.

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Der Kläger, ein 1969 geborener türkischer Staatsangehöriger, reiste erstmals 2001 in das Bundesgebiet ein. Nach Heirat einer deutschen Staatsangehörigen erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis, die 2002 nach Trennung der Eheleute auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung befristet wurde. 2004 wurde er in die Türkei abgeschoben. Dort heiratete er im August 2004 erneut eine deutsche Staatsangehörige und kehrte mit einem Visum zur Familienzusammenführung in das Bundesgebiet zurück. Im Oktober 2005 wurde ihm eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Auf seinen Antrag vom 28. Juli 2008 erhielt er am 13. August 2008 eine Niederlassungserlaubnis, nachdem er zuvor schriftlich erklärt hatte, dass die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau fortbestehe. Am 25. August 2008 erhob er in der Türkei Scheidungsklage. Mit Urteil des Familiengerichts Kayseri vom 27. August 2008 wurde die Ehe geschieden. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Täuschung der Ausländerbehörde wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Im September 2008 heiratete der Kläger seine jetzige Ehefrau, eine in der Türkei lebende türkische Staatsangehörige, mit der er vier - 1998, 2002, 2007 und 2016 geborene - Kinder hat.

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In Deutschland war der Kläger von Oktober 2005 bis Mai 2006 bei der Fa. K. und von Juli 2007 bis November 2008 bei der Zeitarbeitsfirma R. beschäftigt. Seit Mai 2011 arbeitet er ununterbrochen bei der Fa. G.

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Nach Anhörung nahm die Ausländerbehörde der Beklagten mit Bescheid vom 9. Januar 2014 die Niederlassungserlaubnis zurück, forderte den Kläger auf, das Bundesgebiet spätestens 30 Tage nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. bei Einlegung eines Rechtsbehelfs nach Eintritt der Bestandskraft zu verlassen und drohte ihm für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung in die Türkei an. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit der zweiten Ehefrau bei Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht mehr bestanden und der Kläger über seine familiären Verhältnisse getäuscht habe. Wegen der Täuschung habe er auch kein Recht aus Art. 6 ARB 1/80 erworben. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die hiergegen erhobene (Anfechtungs-)Klage mit Urteil vom 6. Juli 2016 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 17. Mai 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die - rückwirkend auf den Tag der Erteilung ausgesprochene - Rücknahme der Niederlassungserlaubnis sei rechtmäßig. Der Kläger habe auf der Grundlage seiner Einlassungen und der Angaben seiner als Zeugin vernommenen zweiten Ehefrau mit dieser zu keinem Zeitpunkt in einer familiären Lebensgemeinschaft gelebt. Die Ehe sei allein zu dem Zweck geschlossen worden, ihm Einreise und Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Mit seiner Erklärung vom 28. Juli 2008 zum Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft habe er die Ausländerbehörde arglistig getäuscht. Die Abschiebungsandrohung finde ihre Rechtsgrundlage in § 59 AufenthG. Der Kläger sei ausreisepflichtig. Er besitze kein Aufenthaltsrecht aus Art. 6 ARB 1/80. Durch die Tätigkeiten vor 2011 habe er kein Aufenthaltsrecht erworben, weil er keine drei Jahre beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei. Bei der 2011 aufgenommenen Tätigkeit handele es sich nicht um eine ordnungsgemäße Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) könne die Ausübung einer Beschäftigung auf der Grundlage einer Aufenthaltserlaubnis, welche aufgrund einer Täuschung erteilt worden sei, die zu einer Verurteilung geführt habe, keine Rechte nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 begründen. In Auslegung der Entscheidungen des EuGH gehe das Bundesverwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass ein türkischer Staatsangehöriger sich auch dann nicht auf ein Aufenthaltsrecht aus Art. 6 ARB 1/80 berufen könne, wenn er wegen der Täuschung der Ausländerbehörde strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen worden sei. Soweit sich die Klage gegen die Abschiebungsandrohung richtet, hat das Berufungsgericht die Revision mit der Begründung zugelassen, dass es sich bei der Auslegung des Begriffs der ordnungsgemäßen Beschäftigung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht um einen "acte clair" handele. Angesichts der konstanten Betonung der strafrechtlichen Verurteilung in Folge der Täuschung in der Rechtsprechung des EuGH bedürfe es einer Klarstellung durch diesen, insbesondere weil der Hinweis auf eine strafrechtliche Verurteilung einen Hinweis auf den Grad der Überzeugungsgewissheit hinsichtlich der Täuschung beinhalten könnte.

6

Mit der Revision begehrt der Kläger neben der Aufhebung der Abschiebungsandrohung im Wege der Klageerweiterung auch die Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass ihm ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB 1/80 zusteht, und zur Ausstellung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis. Er macht im Wesentlichen geltend, dass er aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung zuletzt bei der Fa. G. ein Aufenthaltsrecht aus Art. 6 ARB 1/80 besitze. Dem Tatbestandsmerkmal der Täuschung komme im System des Assoziationsrechts eine besondere Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei eine Täuschung nur beachtlich, wenn sie im Rahmen eines Strafverfahrens rechtskräftig festgestellt worden sei, hilfsweise werde insoweit zur Klarstellung eine Vorlage an den EuGH angeregt. Im Übrigen sei er bei Erteilung der Niederlassungserlaubnis bereits über ein Jahr bei der Fa. R. beschäftigt gewesen, so dass er nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gehabt habe. Er genieße auch deshalb Vertrauensschutz, weil er erst Ende 2012 wegen der beabsichtigten Rücknahme angehört worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich erneut seit über einem Jahr beim gleichen Arbeitgeber - der Fa. G. - befunden.

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Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Einer Vorlage an den EuGH bedürfe es nicht.

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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und schließt sich der Auffassung der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht die Berufung des Klägers, soweit sie die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2014 betraf, zurückgewiesen (1.). Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit der Kläger nach bestandskräftiger Rücknahme der ihm erteilten Niederlassungserlaubnis im Wege der Klageerweiterung die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts und zur Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG begehrt (2.).

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1. Die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts. Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 12). Maßgeblich sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch das am 16. März 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten vom 8. März 2018 (BGBl. I S. 342). Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen aber nicht geändert. Damit findet die Abschiebungsandrohung ihre Rechtsgrundlage in § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

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a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger ausreisepflichtig ist (§ 50 AufenthG).

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aa) Als türkischer Staatsangehöriger bedarf er für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht aufgrund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei - Assoziationsabkommen EWG/Türkei - (BGBl. 1964 II S. 509) ein Aufenthaltsrecht besteht (§ 4 Abs. 1 AufenthG). Nach (rückwirkender) Rücknahme der ihm erteilten Niederlassungserlaubnis besitzt der Kläger keinen nationalen Aufenthaltstitel. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ihm auch kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht zusteht. Als Rechtsgrundlage für ein solches Recht kommt hier nur Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation - ARB 1/80 - in Betracht. Danach hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat

- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht, weiterhin eine unselbständige Erwerbstätigkeit bei dem gleichen Arbeitgeber auszuüben,

- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl zu bewerben,

- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

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Türkische Staatsangehörige, die sich auf die in Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 vorgesehenen Rechte berufen wollen, müssen mithin drei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen Arbeitnehmer sein, dem regulären Arbeitsmarkt im Aufnahmemitgliedstaat angehören und dort - über einen gewissen Zeitraum - einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nachgehen (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 1 C 10.11 - BVerwGE 143, 38 Rn. 13 mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - C-14/09 [ECLI:EU:C:2010:57], Genc - Rn. 16).

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Als Anknüpfungspunkt für ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht kommt hier nur die Beschäftigung bei der Fa. G. in Betracht. Die früheren Beschäftigungen bei der Fa. K. und der Fa. R. konnten dem Kläger schon deshalb kein - arbeitgeberunabhängiges - Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 2 oder 3 ARB 1/80 vermitteln, weil er bei keiner der beiden Firmen ununterbrochen über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren tätig war, ohne dass es auf die - von der Beklagten aufgeworfene - Frage ankommt, ob bei einem Leiharbeitsverhältnis hinsichtlich der Beschäftigungsdauer auf die Leiharbeitsfirma oder auf den tatsächlichen Arbeitgeber abzustellen ist. Auch die vom Kläger seit 2011 ununterbrochen ausgeübte Beschäftigung bei der Fa. G. hat indes nicht zu einem Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 geführt, da sie zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß war.

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bb) Eine ordnungsgemäße Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 setzt eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus. Außerdem muss die Beschäftigung im Einklang mit den aufenthaltsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats stehen. Eine nur vorläufige Position kann sich zum einen aus verfahrensrechtlichen Vorschriften (etwa der Fiktionswirkung eines Antrags oder der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels) ergeben. Beschäftigungszeiten können folglich so lange nicht als ordnungsgemäß angesehen werden, wie nicht endgültig feststeht, dass dem Betroffenen während des fraglichen Zeitraums das Aufenthaltsrecht von Rechts wegen aus materiellen Gründen zustand (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 16.12 - BVerwGE 146, 271 Rn. 18 m.w.N.; EuGH, Urteil vom 30. September 1997 - C-98/96 [ECLI:EU:C:1997:446], Ertanir - Rn. 47 ff. m.w.N.). Zum anderen beruhen auch Beschäftigungszeiten, die ein türkischer Arbeitnehmer während der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis zurückgelegt hat, die ihm nur aufgrund einer Täuschung der Behörden erteilt worden ist, nicht auf einer gesicherten Rechtsposition. Sie sind vielmehr als nur aufgrund einer vorläufigen Position zurückgelegt zu betrachten, da dem Ausländer während dieser Zeiten von Rechts wegen kein Aufenthaltsrecht zustand (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 16.12 - BVerwGE 146, 271 Rn. 18; EuGH, Urteile vom 5. Juni 1997 - C-285/95 [ECLI:EU:C:1997:280], Kol - Rn. 26 f.; vom 30. September 1997 - C-36/96 [ECLI:EU:C:1997:445], Günaydin - Rn. 45; vom 30. September 1997 - C-98/96 - Rn. 51; vom 26. November 1998 - C-1/97 [ECLI:EU:C:1998:568], Birden - Rn. 59; vom 11. Mai 2000 - C-37/98 [ECLI:EU:C:2000:224], Savas - Rn. 61 f.; vom 29. September 2011 - C-187/10 [ECLI:EU:C:2011:623], Unal - Rn. 45 und vom 8. November 2012 - C-268/11 [ECLI:EU:C:2012:695], Gülbahce - Rn. 50 f.).

17

cc) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht - bezogen auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung - zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschäftigung bei der Fa. G. schon wegen der vom Kläger durch Täuschung erwirkten Niederlassungserlaubnis zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß war, ohne dass es darauf ankommt, dass diese Täuschung nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat. In der Rechtssache Kol hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erstmals entschieden, dass der vorgenannten ersten Fallgruppe eines lediglich verfahrensrechtlich bedingten vorläufigen Aufenthaltsrechts die Fälle "erst recht" gleichzustellen sind, in denen die Aufenthaltserlaubnis nur aufgrund unrichtiger Angaben erteilt worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - C-285/95 - Rn. 24 ff.). Soweit der Gerichtshof dabei auf eine strafrechtliche Verurteilung Bezug nimmt, erklärt sich dies aus dem Umstand, dass der Kläger in jenem Verfahren wegen unrichtiger Angaben bei der Beschaffung der Aufenthaltserlaubnis mit einer Geldstrafe belegt worden war und das vorlegende Gericht diese Verurteilung in seine Vorlagefragen einbezogen hat. In späteren Urteilen hat der Gerichtshof die Sentenz zur Nichtberücksichtigung von Aufenthaltszeiten während der Geltungsdauer einer nur aufgrund einer Täuschung erteilten Aufenthaltserlaubnis in zwei Entscheidungen zunächst ohne (EuGH, Urteile vom 30. September 1997 - C-36/96 - Rn. 45 und vom 30. September 1997 - C-98/96 - Rn. 51), später dann durchgängig mit der "verbalen" Einschränkung in den Urteilsgründen auf Täuschungen, die zu einer Verurteilung geführt haben, referiert (EuGH, Urteile vom 26. November 1998 - C-1/97 - Rn. 59; vom 11. Mai 2000 - C-37/98 - Rn. 61 f.; vom 18. Dezember 2008 - C-337/07 [ECLI:EU:C:2008:744], Altun - Rn. 54 f. ; vom 29. September 2011 - C-187/10 - Rn. 45 und vom 8. November 2012 - C-268/11 - Rn. 50 f.). Dabei hat er aber nicht ansatzweise zu erkennen gegeben, dass es sich hierbei um ein entscheidungserhebliches Unterscheidungsmerkmal handelt, da entweder eine Verurteilung vorlag oder es bereits an einer Täuschungshandlung oder einem sonstigen Rechtsmissbrauch fehlte. Auch den Schlussanträgen der Generalanwälte ist hierzu nichts zu entnehmen. Im Gegenteil, in der Rechtssache Kol verweist Generalanwalt Elmer in seinen Schlussanträgen vom 6. März 1997 ausdrücklich darauf, dass es Sache der nationalen Gerichte sei, zu entscheiden, ob im konkreten Fall eine Täuschung vorliege (Rn. 22). Auch Generalanwältin Sharpston geht in ihren Schlussanträgen vom 21. Juli 2011 in der Rechtssache Unal davon aus, dass die nationalen Behörden und Gerichte zur Feststellung eines betrügerischen Verhaltens befugt sind (Rn. 48).

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Vor diesem Befund hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass dem Verweis auf eine strafrechtliche Verurteilung in der Rechtsprechung des EuGH keine konstitutive Bedeutung als kumulativ erforderliche Voraussetzung neben einer Täuschung zukommt. Vielmehr kann sich ein türkischer Staatsangehöriger in Täuschungsfällen auch dann nicht auf ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 6 ARB 1/80 berufen, wenn er wegen der Täuschung der Ausländerbehörde nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden ist (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 16.12 - BVerwGE 146, 271 Rn. 19 mit Verweis auf Urteile vom 12. April 2005 - 1 C 9.04 - BVerwGE 123, 190 <199 f.> und vom 17. Juni 1998 - 1 C 27.96 - BVerwGE 107, 58 <71 ff.>). Begründet hat der Senat dies damit, dass der tragende Grund für den EuGH, die aufenthaltsrechtliche Position des Betroffenen als nicht gefestigt, sondern nur vorläufig anzusehen, der durch die Täuschung begründete, objektiv vorliegende materielle Mangel des von der Behörde erteilten Aufenthaltstitels war, da dem Ausländer während dessen Laufzeit von Rechts wegen kein Aufenthaltsrecht zustand (unter Hinweis auf EuGH, Urteile vom 5. Juni 1997 - C-285/95 - Rn. 27; vom 11. Mai 2000 - C-37/98 - Rn. 61 und vom 29. September 2011 - C-187/10 - Rn. 45). Ebenso ist geklärt - ohne dass es hierauf im vorliegenden Verfahren ankommt -, dass es in Fällen einer durch Täuschung erwirkten Aufenthaltserlaubnis keiner Rücknahme des nationalen Aufenthaltstitels bedarf, um mit Blick auf Art. 6 ARB 1/80 von einer fehlenden ordnungsgemäßen Beschäftigung auszugehen (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 16.12 - BVerwGE 146, 271 Rn. 19 m.w.N.).

19

Diese Sichtweise, die für das Entstehen eines durch Art. 6 ARB 1/80 begründeten assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts allein auf das (fehlende) materielle Recht abstellt, wird auch in der systematischen Einordnung der Fallgruppe täuschungsbedingter Nichtentstehung eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts deutlich. In seinem Urteil vom 22. Dezember 2010 - C-303/08 [ECLI:EU:C:2010:800], Bozkurt - (Rn. 47 ff.) hat der EuGH seine o.g. Rechtsprechungslinie in den größeren systematischen Zusammenhang missbräuchlicher Berufung auf Normen des Unionsrechts gestellt. Für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Erwerbs eines Aufenthaltsrechts kommt es weder auf eine strafrechtliche Sanktionierung des missbräuchlichen Verhaltens noch auf die rückwirkende Aufhebung des dadurch erwirkten nationalen Aufenthaltstitels an (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 16.12 - BVerwGE 146, 271 Rn. 19). In diese Richtung geht im Übrigen auch der Hinweis des EuGH in der Rechtssache Günaydin, wonach es grundsätzlich keinen Rechtsmissbrauch darstellt, wenn ein türkischer Arbeitnehmer seinen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat verlängern will, obwohl er sich zuvor ausdrücklich mit einer Beschränkung seines Aufenthalts in diesem Mitgliedstaat einverstanden erklärt hatte. In diesem Fall könne ihm die Inanspruchnahme der Rechte aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nur dann verwehrt sein, wenn das vorlegende Gericht feststellen sollte, dass er diese Erklärung nur zu dem Zweck abgegeben hat, unberechtigterweise die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat zu erlangen (EuGH, Urteil vom 30. September 1997 - C-36/96 - Rn. 61). An dieser - vom Berufungsgericht im Ergebnis geteilten - Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung des Vorbringens des Klägers im vorliegenden Verfahren fest.

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dd) Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedarf es - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Klägers - nicht. Allein der wiederholte Hinweis in der Rechtsprechung des EuGH auf eine Täuschung mit strafrechtlicher Verurteilung begründet nach dem Vorstehenden weder eine unionsrechtliche Zweifelsfrage noch zumindest einen Klarstellungsbedarf. Das Berufungsgericht weist in seiner Entscheidung selbst auf die tragende Begründung des EuGH (durch Täuschung erlangter Aufenthaltstitel ohne materielles Aufenthaltsrecht), das Fehlen von geschriebenen oder aus der sonstigen Rechtsprechung des EuGH ableitbaren Gründen aus dem Assoziationsrecht, die erklären könnten, weshalb nur Täuschungen, die zu strafrechtlichen Verurteilungen geführt haben, schädlich sein sollten, und den Umstand hin, dass in der Rechtssache Kol eine strafrechtliche Verurteilung vorlag und den wiederholenden Hinweisen in den nachfolgenden Entscheidungen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukam. Auch soweit es - unter Bezugnahme auf die von Oberhäuser (in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, Assoziation EU/Türkei, ARB 1/80 Art. 6 Rn. 17 f.) geäußerte Kritik, die sich aber ausschließlich auf den Beweismaßstab in einem Eilverfahren ohne Beweisaufnahme bezieht - anmerkt, dass der Hinweis auf die strafrechtliche Verurteilung einen Hinweis auf den Grad der Überzeugungsbildung enthalten könnte, ergibt sich hieraus keine im vorliegenden Hauptsacheverfahren entscheidungserhebliche Zweifelsfrage. Die Beweislast für das Vorliegen einer aufenthaltsrechtlich beachtlichen Täuschung liegt nach nationalem Verfahrensrecht zweifelsfrei bei der Behörde. Das Beweismaß für die richterliche Überzeugungsbildung ergibt sich in einem Klageverfahren aus dem in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO festgeschriebenen Überzeugungsgrundsatz. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In Anwendung dieses Grundsatzes ist das Berufungsgericht nach Anhörung des Klägers und Vernehmung seiner (zweiten) Ehefrau als Zeugin zu der "vollen" Überzeugung gelangt, dass die Eheleute zu keinem Zeitpunkt in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt haben und die Ehe allein zu dem Zweck geschlossen wurde, dem Kläger die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Mit seiner Erklärung vom 28. Juli 2008, wonach die eheliche Lebensgemeinschaft fortbestehe, habe er die Ausländerbehörde arglistig getäuscht. Auf der Grundlage dieser nicht mit beachtlichen Verfahrensrügen angegriffenen, das Revisionsgericht bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatrichterlichen Feststellungen, stellt sich damit im vorliegenden Hauptsacheverfahren schon im Ansatz nicht die Frage nach einem "höheren" Grad der Überzeugung.

21

ee) Dessen ungeachtet bedarf es einer Vorlage auch deshalb nicht, weil das Erfordernis einer strafrechtlichen Verurteilung für die Annahme eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht (mehr) entscheidungserheblich ist. Denn die - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erteilung ausgesprochene - Rücknahme der Niederlassungserlaubnis ist inzwischen in Bestandskraft erwachsen, nachdem die Klage in den Vorinstanzen keinen Erfolg hatte und das Urteil des Berufungsgerichts, soweit es die Rücknahme der Niederlassungserlaubnis betrifft, rechtskräftig geworden ist. Damit steht zwischen den Beteiligten verbindlich und endgültig fest, dass der Kläger seit August 2008 über kein nationales Aufenthaltsrecht verfügt und die seit Mai 2011 ausgeübte Beschäftigung bei der Fa. G. schon aus diesem Grund zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß war. Der etwaige Erwerb eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon bei der rückwirkenden Aufhebung eines nationalen Aufenthaltstitels zu berücksichtigen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 12. April 2005 - 1 C 9.04 - BVerwGE 123, 190 <198>; EuGH, Urteil vom 8. November 2012 - C-268/11 - Rn. 56).

22

ff) Auch das weitere Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung. Insbesondere ist unerheblich, ob ihm bei Erteilung der Niederlassungserlaubnis im August 2008 wegen der damaligen Beschäftigung bei der Zeitarbeitsfirma R. ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 zustand. Denn das Aufenthaltsrecht aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erstreckt sich vor Ablauf einer Beschäftigungsdauer von drei Jahren beim gleichen Arbeitgeber nur auf die Fortführung dieser Beschäftigung und endet mit deren Aufgabe. Da die Tätigkeit des Klägers bei der Fa. R. keine drei Jahre andauerte, hätte sich ein bei Erteilung der (bestandskräftig zurückgenommenen) Niederlassungserlaubnis möglicherweise bereits erworbenes arbeitgeberabhängiges Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 jedenfalls nicht in ein arbeitgeberunabhängiges und zur Aufnahme der Beschäftigung bei der Fa. G. berechtigendes Aufenthaltsrecht verfestigt. Da der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit seiner zweiten Ehefrau zu keinem Zeitpunkt in einer ehelichen Lebensgemeinschaft gelebt hat, dürften im Übrigen alle Beschäftigungen nach der dem Kläger aufgrund vorgetäuschter ehelicher Lebensgemeinschaft ermöglichten Wiedereinreise im Jahr 2005 im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht ordnungsgemäß gewesen sein.

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gg) Täuscht ein türkischer Arbeitnehmer - wie hier - die Ausländerbehörde vorsätzlich über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines nationalen Aufenthaltstitels und nimmt die Ausländerbehörde diesen Aufenthaltstitel deshalb zurück, geht es - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht um den (nachträglichen) Entzug "wohlerworbener Rechte" nach dem ARB 1/80, sondern um die vorgelagerte Frage, ob bei dieser Sachlage ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 entstehen kann, obwohl der der Beschäftigung zugrunde liegende Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat auf einer Täuschung der Ausländerbehörde beruhte. In diesen Fällen fehlt es auch assoziationsrechtlich an einem schutzwürdigen Vertrauen, ohne dass es darauf ankommt, ob und wann die Ausländerbehörde den erschlichenen Aufenthaltstitel zurücknimmt und wie lange der Betroffene im Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt war.

24

b) Die Abschiebungsandrohung begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Sie steht - wie sich aus der Tenorierung zur Ausreisefrist ergibt - unter dem Vorbehalt der Bestandskraft als aufschiebende (Rechts-)Bedingung und knüpft damit an eine vollziehbare Ausreisepflicht an (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Die festgesetzte Ausreisefrist von 30 Tagen entspricht den Vorgaben des § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Als Rückkehrentscheidung steht die Abschiebungsandrohung auch im Einklang mit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 - Rückführungsrichtlinie (ABl. L 348 S. 98). Sie ist nach nationalem Recht nicht mit einem gesetzlichen Einreiseverbot verbunden (vgl. § 11 AufenthG). Offenbleiben kann, welche zeitlichen Anforderungen an die Anordnung eines Einreiseverbots im - hier nur in Betracht kommenden - Fall des Art. 11 Abs. 1 Buchst. b Richtlinie 2008/115/EG aus der Richtlinie folgen, ob das Einreiseverbot also etwa bereits zusammen mit der Rückkehrentscheidung (aufschiebend bedingt) angeordnet oder jedenfalls im Zusammenhang mit der Abschiebung festgesetzt werden muss. Denn das Fehlen einer Entscheidung zum Einreiseverbot belastet den Kläger nicht und hat keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung als Rückkehrentscheidung (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - BVerwGE 159, 296 Rn. 36 und vom 27. März 2018 - 1 A 4.17 - juris Rn. 87, wonach selbst die Rechtswidrigkeit eines angeordneten Einreiseverbots nicht zur Rechtswidrigkeit einer Rückkehrentscheidung führen würde).

25

2. Hat der Kläger - aus den vorstehenden Gründen - kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht, kann die Klage auch bezüglich der erstmals im Revisionsverfahren begehrten Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG und zur Feststellung eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben.

26

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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published on 10/07/2018 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis bzw. die Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis und er wendet sich gegen die ihm anged
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Annotations

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.