Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Juni 2011 - 1 B 7/11

bei uns veröffentlicht am23.06.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Kläger nicht gewährt werden.

2

Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist dem Prozessbevollmächtigten am 1. Februar 2011 zugestellt worden. Das ergibt sich aus dem im Original in den Gerichtsakten befindlichen Empfangsbekenntnis, das der Prozessbevollmächtigte handschriftlich mit dem Datum "01.02.11" und seiner Unterschrift versehen hat und das laut Eingangsstempel des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs am 2. Februar 2011 beim Berufungsgericht eingegangen ist. Demzufolge ist die Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO am 2. Februar 2011 angelaufen und am Freitag, den 1. April 2011 abgelaufen. Der Schriftsatz zur Begründung der Beschwerde ist aber erst am Montag, den 4. April 2011 beim Berufungsgericht eingegangen. Damit ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt.

3

Eine Wiedereinsetzung setzt nach § 60 Abs. 1 VwGO voraus, dass der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten; das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wird ihm zugerechnet (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die Wiedereinsetzungsgründe, d.h. sämtliche Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zu der Fristversäumnis gekommen ist, müssen bei einem Wiedereinsetzungsgesuch grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO dargelegt werden. Erforderlich ist eine rechtzeitige substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristsäumnis wesentlichen Tatsachen (Beschlüsse vom 6. Dezember 2000 - BVerwG 2 B 57.00 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236 und vom 3. Februar 1993 - BVerwG 6 B 4.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 183). Diesem Maßstab genügt das Vorbringen des Klägers zu den Umständen der Fristversäumnis nicht.

4

Der Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags geltend gemacht, die eingegangene Beschlussausfertigung und das Begleitschreiben des Berufungsgerichts seien mit dem Eingangsstempel seiner Kanzlei vom 2. Februar 2011 versehen worden. Eingangsstempel und Fristnotierungen würden von hierzu besonders geschultem Personal (hier: Frau H.-S.) vorgenommen. Empfangsbekenntnisse würden zusammen mit dem Vorgang und der Handakte dem Unterzeichner vorgelegt; er gebe diese nach der Unterschrift zusammen mit der Handakte und dem Vorgang zur Fristnotierung zurück an das hierfür besonders geschulte Personal. Dieser tagesübliche Ablauf habe bisher noch nie zu der hier aufgetretenen Situation geführt, dass das in der Handakte befindliche Original den Eingangsstempel eines Datums trage, auf dessen Grundlage das hierzu besonders geschulte Personal die Fristnotierung vornehme, das Empfangsbekenntnis jedoch offenbar einen Tag zuvor bereits von ihm unterzeichnet worden sei. Auch nach intensiven Besprechungen mit dem sorgfältig geschulten Kanzleipersonal bleibe es für ihn unverständlich, wie es zu dieser Abweichung zwischen Empfangsbekenntnis und Eingangsstempel habe kommen können. Dieses glaubhafte Vorbringen genügt nicht den o.g. Anforderungen, denn es lässt nicht erkennen, dass der Kläger unverschuldet daran gehindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten.

5

Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Dabei kann er zwar die Feststellung, Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Dazu zählt jedoch die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) nicht, da sie teilweise abweichend von entsprechenden Fristen in anderen Prozessordnungen geregelt ist und die Führung von Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im Allgemeinen für Rechtsanwälte keine Routineangelegenheit ist (Beschlüsse vom 15. August 1994 - BVerwG 11 B 68.94 - BayVBl 1995, 123 und vom 25. März 1998 - BVerwG 9 B 806.97 ). Des Weiteren hat ein Prozessbevollmächtigter durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Insbesondere muss er sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ermittelt wird; hierzu bedarf es eines besonderen Vermerks, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist. Den für eine ordnungsgemäße Fristermittlung unerlässlichen Vermerk über den Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils vermag ein Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil insbesondere im Fall der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht zu ersetzen, in dem Eingang in der Kanzlei und Entgegennahme durch den Rechtsanwalt zeitlich auseinanderfallen können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 und vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10 - NJW 2010, 3305). Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (BGH, Beschluss vom 26. März 1996 - VI ZB 1 und 2/96 - NJW 1996, 1900 <1901>).

6

Diesen Sorgfaltsanforderungen genügt die von dem Prozessbevollmächtigten beschriebene Vorgehensweise in seiner Kanzlei nicht. Denn sein Vorbringen lässt nicht erkennen, dass er den Zustellungszeitpunkt auf eine andere Weise als durch den Eingangsstempel auf dem Beschluss und dem Begleitschreiben hat dokumentieren lassen. Bei dem von ihm beschriebenen tagesüblichen Ablauf in der Kanzlei hätte er sich bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses von der Fixierung des darin angegebenen Zustellungszeitpunkts in den Handakten vergewissern müssen. Schließlich fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise der Prozessbevollmächtigte in seiner Kanzlei die Fixierung des maßgeblichen Zeitpunkts der Zustellung von Entscheidungen und die Notierung von Fristen kontrolliert. In dem Fehlen einer stichprobenartigen Überwachung liegt ein entscheidender Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 und vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 133


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 12/10
vom
22. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 B, Fb, Fd
Zur einer ordnungsgemäßen Organisation des Fristenwesens in einem Anwaltsbüro
gehört nicht nur die Anweisung an das zuständige Büropersonal, den
für den Beginn der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist maßgeblichen
Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils anhand der Datumsangabe im unterzeichneten
Empfangsbekenntnis oder auf dem Zustellungsumschlag zu ermitteln.
Dem Büropersonal muss auch aufgegeben werden, das Datum der Zustellung
gesondert und deutlich abgehoben von dem nicht maßgeblichen Aufdruck
des Eingangsdatums zu vermerken (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom
17. Oktober 1990 - XII ZB 73/90, VersR 1991, 124, und 15. Juli 1998 - XII ZB
37/98, NJW-RR 1998, 1442).
BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 23. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 7.068,50 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat den Beklagten auf Räumung einer Mietwohnung und auf Zahlung von 2.436,26 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 29. September 2009 zur Räumung und zur Zahlung von 2.098,50 € nebst Zinsen sowie zur Erstattung der verlangten Anwaltskosten verurteilt. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten ausweislich der vom Zusteller unterzeichneten Postzustellungsurkunde am 2. Oktober 2009 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist rechtzeitig am 2. November 2009, die Berufungsbegründung dagegen verspätet am Freitag, dem 4. Dezember 2009, per Telefax beim Landgericht eingegangen.
2
Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2009, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Beklagte - nach telefonischem Hinweis des Landgerichts - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat er vorgetragen und durch die eidesstattliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht, dieser sei in Anbetracht des sich in der Handakte befindlichen Eingangsstempels davon ausgegangen, dass die Zustellung des angefochtenen Urteils (erst) am Montag, den 5. Oktober 2009, und nicht bereits am zurückliegenden Freitag erfolgt sei. Für die Divergenz zwischen dem Eingangsstempel und dem Vermerk auf der Postzustellungsurkunde kämen letztlich nur zwei Ursachen in Betracht, von denen keine seinem Prozessbevollmächtigten als Verschulden anzurechnen sei: Entweder habe der Zusteller auf dem Umschlag das Datum der Zustellung unrichtig notiert oder die mit dem Fristenwesen beauftragte Kanzleiangestellte habe einen falschen Eingangsstempel auf die zugestellte Urteilsausfertigung aufgebracht.
3
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Fristversäumung sei auf ein dem Beklagten zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen. Anders als bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 Abs. 1 ZPO), bei dessen Unterzeichnung der Anwalt abgleichen könne und müsse, ob das Eingangsdatum zutreffend in seinen Handakten vermerkt sei, existiere ein vergleichbarer Arbeitsschritt bei einer Zustellung mittels Postzustellungsurkunde nach §§ 177 ff. ZPO nicht. Da der Anwalt in einem solchen Fall an der amtlichen Dokumentation des Zustellungszeitpunktes nicht mitwirken müsse, habe er durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass kein falsches Zustellungsdatum vermerkt werde. Dies habe dadurch zu geschehen, dass er den Umschlag, in dem sich das zugestellte Schriftstück befunden habe und auf dem der Zeitpunkt der Zu- stellung vermerkt sei, zu seinen Akten nehme. Da sich der Beklagte zum Verbleib dieses Umschlags nicht geäußert habe, sei davon auszugehen, dass sein Prozessbevollmächtigter es unterlassen habe, Vorsorge gegen den Verlust dieser für die Bestimmung der Frist wertvollen Urkunde zu treffen.
4
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Er macht geltend, als Ursache für die Versäumung der Begründungsfrist komme ausschließlich ein einmaliges Versehen der zuverlässigen Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten oder eventuell ein ungenauer Vermerk des Datums auf dem Zustellumschlag in Betracht. Dass die Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten die Frist aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen versehentlich falsch notiert habe, gereiche weder ihm noch seinem Prozessbevollmächtigten zum Verschulden. Ein Rechtsanwalt dürfe auf die ordnungsgemäße Fristnotierung vertrauen und brauche nicht zu überprüfen, ob das Fristende auch tatsächlich im Fristenkalender richtig eingetragen sei. Andernfalls werde die zulässige Einschaltung von Bürokräften bei der Notierung und Überwachung von Fristen weitgehend sinnlos.

II.

5
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die nach § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
6
Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt nicht den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Es hat dem Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; BGHZ 151, 221, 227; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08, MDR 2010, 100, Tz. 8; jeweils m.w.N.).
7
Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung mit Recht abgelehnt, weil nach dem vorgetragenen Sachverhalt die Versäumung der Frist auf einem dem Beklagten zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO).
8
1. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht.
9
a) Dabei ist er zwar nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs befugt, die Feststellung, Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Angestellten zu überlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 - VII ZB 20/99, NJW 2000, 1872, unter [4] a; Senatsbeschluss vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02, NJW 2003, 1815, unter II 3 a m.w.N.). Jedoch hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Insbesondere muss ein Rechtsanwalt sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ermittelt wird (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95, NJW 1996, 1968, unter II 1; vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, unter II 1 a; jeweils m.w.N.). Hierzu bedarf es eines besonderen Vermerks, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist.
10
aa) Eine verlässliche Grundlage für die Ermittlung des Zustellungsdatums bieten allein die Angaben in der die Zustellung dokumentierenden Urkunde , also in dem vom Anwalt unterzeichneten Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO) oder aber - wie hier - in der Postzustellungsurkunde nebst Umschlag (§§ 180, 182 ZPO). Damit nach Rücksendung eines unterzeichneten Empfangsbekenntnisses nicht jeder tragfähige Anhalt für den Zeitpunkt der Zustellung verloren geht, gehört es zu den Sorgfaltspflichten eines Anwalts, durch besondere Anordnungen dafür Sorge zu tragen, dass sein Personal nach der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses das dort angegebene Zustellungsdatum in den Handakten oder anderweitig festhält und sich nicht auf die Richtigkeit eines Eingangsstempels verlässt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 73/90, VersR 1991, 124; vom 15. Juli 1998 - XII ZB 37/98, NJW-RR 1998, 1442, unter II 2 b, c). Entsprechendes gilt, wenn die Zustellung durch Postzustellungsurkunde bewirkt und das Datum der Zustellung auf dem Postumschlag vermerkt worden ist. Da auch hier die Gefahr besteht, dass das abgestempelte Eingangsdatum nicht mit dem Zeitpunkt der Zustellung übereinstimmt , muss durch organisatorische Vorkehrungen sichergestellt sein, dass der Fristenlauf nicht anhand des Eingangsstempels, sondern aufgrund des Zustellervermerks auf dem Umschlag des zugestellten Schriftstücks (vgl. § 180 Satz 3 ZPO) berechnet und notiert wird.
11
bb) Den für eine ordnungsgemäße Fristermittlung unerlässlichen Vermerk über den Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils vermag ein Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996, aaO; vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, NJW 1992, 574, unter 2 b). Er gibt keine Auskunft über den Zeitpunkt der Zustellung, weil das Datum auf dem im Anwaltsbüro angebrachten Eingangsstempel nicht mit dem Datum übereinzustimmen braucht, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 29. April 1987 - VIII ZB 5/87, VersR 1987, 1013, unter [2] b; BGH, Beschlüsse vom 13. März 1991 – XII ZB 22/91, VersR 1992, 118, unter II 2, und vom 16. April 1996, aaO; jeweils m.w.N.), oder unter dem auf sonstige Weise die Zustellung des Urteils bewirkt worden ist.
12
b) Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten dem nicht nachgekommen ist, hat er weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Dabei kann offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht annimmt - ein Rechtsanwalt sein Personal anzuweisen hat, den Umschlag eines mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Schriftstücks zu verwahren. Jedenfalls hat er der für das Fristenwesen zuständigen Kanzleikraft eindeutige Anweisungen hinsichtlich der Feststellung, Berechnung und Notierung von Fristen zu erteilen, die so beschaffen sein müssen , dass die Einhaltung einer Frist auch bei unerwarteten Störungen des Geschäftsablaufs gewährleistet ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 5. Februar 2003, aaO, unter II 3 a, c, m.w.N.). Dazu gehört nicht nur die Anweisung an das zuständige Büropersonal, den für den Beginn der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils anhand der Datumsangabe im unterzeichneten Empfangsbekenntnis oder auf dem Zustellungsumschlag zu ermitteln. Dem Büropersonal muss auch aufgegeben werden, das Datum der Zustellung gesondert und deutlich abgehoben von dem nicht maßgeblichen Aufdruck des Eingangsdatums zu vermerken (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 1998, aaO, unter II 2 c). Dem Vortrag des Beklagten ist nicht zu entnehmen, dass solche Maßnahmen integraler Bestandteil der Organisationsabläufe im Büro seines Prozessbevollmächtigten waren und sind.
13
aa) Im Berufungsverfahren hat er sich mit dem Vorbringen begnügt, es könne nicht mehr festgestellt werden, warum ein vom Zustellungszeitpunkt abweichendes Eingangsdatum aufgestempelt worden sei. Entweder habe die Kanzleikraft die Eingangspost versehentlich unter dem Datum 5. Oktober 2009 abgestempelt, was diese bestreite, oder die Datumsangabe auf dem Postumschlag sei ungenau oder falsch gewesen. Damit hat der Beklagte bereits nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten die Berechnung der Frist anhand der allein maßgeblichen Angaben in dem die Zustellung dokumentierenden Schriftstück und nicht auf der Grundlage des Eingangsstempels vorzunehmen ist. Er hat auch weder geltend noch glaubhaft gemacht, dass das Büropersonal außerdem angewiesen ist, das Datum der Zustellung gesondert vom Eingangsstempel zu vermerken. Ohnehin hat der Beklagte zur Organisation des Fristenwesens im Büro seines Prozessbevollmächtigten keine konkreten Angaben gemacht. Der Kläger hat fehlenden Vortrag zur Identität der mit dem Fristenwesen betrauten Mitarbeiterin, deren Ausbildungsstand und Zuverlässigkeit, den Inhalt der dieser erteilten Anweisungen sowie die ergriffenen Kontrollmaßnahmen gerügt. Hierauf hat der Beklagte nicht reagiert. Es fehlt damit auch jeder Vortrag zu diesen grundlegenden Voraussetzungen für ein funktionierendes Fristenwesen (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 5. Februar 2003, aaO, unter II 3 a). Mit Recht hat das Berufungsgericht daher aufgrund des ihm unterbreiteten Sachverhalts angenommen , dass ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten an der Fristversäumung nicht ausgeräumt ist.
14
bb) Ein an der Fristversäumung mitwirkendes Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist auch nicht aufgrund des im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzten Vortrags auszuschließen. Dabei kann offen bleiben, ob dieses Vorbringen berücksichtigungsfähig ist. Grundsätzlich müssen alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein kön- nen, innerhalb der Antragsfrist von einem Monat (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 ZPO) vorgetragen werden (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 2000 - XI ZB 9/00, juris, Tz. 9; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00, BGHReport 2001, 483, unter II; vom 4. Juni 2002 - I ZB 28/01, BGHReport 2002, 1114, II 1 b; jeweils m.w.N.). Ein Nachschieben von Gründen ist unzulässig; lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 Abs. 1 ZPO geboten wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden. Selbst wenn die Sachdarstellung des Beklagten in der Beschwerdebegründung nach diesen Maßstäben zu berücksichtigen wäre, wäre dadurch ein Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten nicht ausgeräumt. Denn der Beklagte hat nur ergänzende Angaben zur Identität und zur Zuverlässigkeit der in Fristensachen eingesetzten Kanzleimitarbeiterin, nicht dagegen dazu gemacht, welche Vorkehrungen getroffen worden sind, um si- cherzustellen, dass der Lauf einer Rechtsmittelfrist anhand des allein maßgeblichen Zeitpunkts der Urteilszustellung - und nicht aufgrund eines aufgestempelten Eingangsdatums - ermittelt wird. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 29.09.2009 - 35 C 669/09 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 23.12.2009 - 13 S 220/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll