Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 11. März 2013 - 2 BvR 2000/12

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2013:rk20130311.2bvr200012
bei uns veröffentlicht am11.03.2013

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juli 2012 - 1 Ws 286/12 - und der Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 15. Mai 2012 - StVK 79/2010 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Nürnberg zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

...

Gründe

1

Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen Beschlüsse, welche die Fortdauer seiner nachträglich angeordneten Unterbringung in der Sicherungsverwahrung betreffen.

I.

2

1. Der 1979 geborene Beschwerdeführer wurde am 3. November 2005 durch Urteil des Landgerichts Kempten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 32 Fällen, in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Er hatte in einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren einen zunächst zehn Jahre alten Jungen in zahlreichen Fällen sexuell missbraucht. Insbesondere hatte er mehrfach an dem Jungen den Oralverkehr durchgeführt sowie den Jungen einige Male den Analverkehr und in zwei Fällen den Oralverkehr an sich ausführen lassen. In drei Fällen erfolgten die Taten unter Einbeziehung eines weiteren Kindes. Eine Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung wurde nicht angeordnet.

3

2. Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe ordnete das sachverständig beratene Landgericht Kempten am 23. März 2010 die nachträgliche Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl I S. 513) an. Bei dem Beschwerdeführer sei eine homosexuelle Kernpädophilie diagnostiziert worden. Im Laufe des Strafvollzugs habe sich zusätzlich eine schizophrene Psychose entwickelt, die zur Zeit der Anlassverurteilung jedenfalls nicht erkennbar gewesen sei. Sie habe dazu geführt, dass der Beschwerdeführer einer Behandlung seiner sexuellen Devianz nicht mehr zugänglich gewesen sei. In der Folge habe er keine Möglichkeit, seinem sexuellen Trieb zur Pädophilie etwas entgegenzusetzen. Die Rückfallwahrscheinlichkeit liege daher bei weit über 50 %, zumal der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls sei höher als diejenige, dass er nicht rückfällig werde. Die durch die Psychose bedingte Haltung des Beschwerdeführers, sich einer weiteren Therapie wegen seiner sexuellen Orientierung zu versperren, begründe eine Gefährlichkeit aufgrund neuer Tatsachen, welche die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 StGB rechtfertige.

4

3. Mit Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit Sitz in Straubing vom 26. Mai 2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung der Unterbringung abgelehnt und die Überweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus angeordnet.

5

4. Das aufnehmende Bezirkskrankenhaus Straubing führte in einer Stellungnahme vom 23. Januar 2012 aus, der Beschwerdeführer habe sich von Anfang an offen gegenüber therapeutischen Maßnahmen gezeigt. Auf seinen Wunsch hin habe er triebdämpfende Medikamente erhalten, welche er seinen Angaben zufolge als Entlastung empfunden habe. Alles in allem habe sich der Beschwerdeführer motiviert und introspektionsfähig präsentiert. Der bisherige Behandlungsverlauf sei tendenziell positiv zu beurteilen. Es stehe aber noch intensive therapeutische Arbeit bevor. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Aussetzung der Unterbringung nicht zu verantworten, da außerhalb des Maßregelvollzugs rechtswidrige Taten zu erwarten seien.

6

5. Mit angegriffenem Beschluss vom 15. Mai 2012 ordnete die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) stehe dem nicht entgegen. Der Beschwerdeführer habe eine ganze Reihe seiner Taten nach dem Inkrafttreten des § 66b Abs. 1 StGB am 29. Juli 2004 begangen. Ein Rückwirkungsfall liege somit nicht vor, so dass sich die Prüfung einer hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten erübrige. Ausreichend für die Fortführung der Sicherungsverwahrung sei, dass die Begehung schwerer Sexualstraftaten drohe. Dies sei der Fall, da die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers fortbestehe. Wie sich aus der jüngsten Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Straubing ergebe, sei eine Minderung des Rückfallrisikos zwischenzeitlich nicht eingetreten.

7

6. Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 27. Juli 2012 verwarf das Oberlandesgericht Nürnberg die vom Beschwerdeführer eingelegte sofortige Beschwerde und schloss sich vollumfänglich "der ausführlichen und alle verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtenden Entscheidung" des Landgerichts an.

II.

8

Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sieht sich durch die angegriffenen Beschlüsse vor allem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt. Der Sachverhalt sei nicht bestmöglich aufgeklärt worden. Die in Bezug genommenen Sachverständigengutachten seien über zwei Jahre alt und vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) erstellt worden. Wegen der nun geltenden strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung gebe es andere Anforderungen an die Gefahrprognose und die gefährdeten Rechtsgüter. Die vom Bezirkskrankenhaus geschilderte hohe Therapiemotivation des Beschwerdeführers sei ebenso wenig gewürdigt worden wie die Einnahme triebdämpfender Medikamente.

III.

9

1. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat von einer Stellungnahme abgesehen.

10

2. Der Generalbundesanwalt vertritt in seiner Stellungnahme die Ansicht, das Vertrauensschutzgebot sei nicht verletzt. Auch wenn fraglich sei, ob der Ansatz der Fachgerichte den verfassungsrechtlichen Vorgaben vor dem Hintergrund der Wertungen von Art. 5 EMRK vollständig gerecht werde, lägen jedenfalls eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualstraftaten sowie eine psychische Störung vor. Auch ein Verstoß gegen das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung sei nicht gegeben. Die Instanzgerichte hätten sich auf die vor zwei Jahren erfolgte Begutachtung stützen dürfen, zumal sie die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen gewürdigt hätten.

11

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

IV.

12

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) und auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung vorliegen. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 128, 326 <388 ff.>; 129, 37 <45 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

13

1. Die auf § 66b Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl I S. 513) gestützte Anordnung der Fortdauer der nachträglichen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG.

14

a) Das Bundesverfassungsgericht hat - neben den anderen Vorschriften über die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung - auch § 66b Abs. 1 StGB in der hier maßgeblichen Fassung wegen Verstoßes gegen das Abstandsgebot für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG erklärt (BVerfGE 128, 326). Zugleich hat es gemäß § 35 BVerfGG die Weitergeltung der Norm bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 31. Mai 2013, angeordnet. Danach darf § 66b Abs. 1 StGB während seiner Fortgeltung nur nach Maßgabe einer - insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Gefahrenprognose und die gefährdeten Rechtsgüter - strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angewandt werden (BVerfGE 129, 37 <45 f.>).

15

aa) Die Verhältnismäßigkeit der Sicherungsverwahrung wird in der Regel nur unter der Voraussetzung gewahrt sein, dass eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfGE 128, 326 <405 f.>; 129, 37 <46>).

16

bb) Soweit darüber hinaus ein nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG schutzwürdiges Vertrauen auf ein Unterbleiben der Anordnung einer Sicherungsverwahrung beeinträchtigt wird, ist dies angesichts des damit verbundenen Eingriffs in das Freiheitsrecht des Betroffenen verfassungsrechtlich nur zum Schutz höchster Verfassungsgüter zulässig. Der mit einer nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung verbundene Eingriff in das Vertrauen des Betroffenen auf das Unterbleiben einer entsprechenden Unterbringung kann deshalb nur dann als verhältnismäßig angesehen werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erfüllt sind. Da die Bestimmung der Voraussetzungen einer psychischen Störung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK in erster Linie dem Gesetzgeber obliegt, ist während der Weitergeltung der Vorschriften über die Sicherungsverwahrung bis zu einer Neuregelung insoweit auf das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) zurückzugreifen (BVerfGE 128, 326 <388 ff.>; 129, 37 <46 f.>).

17

Die Gerichte sind bis zu einer Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung gehalten, über die in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 genannten Fälle (vgl. BVerfGE 128, 326 <332>) hinaus auch in den Fallkonstellationen, in denen die Anwendung einer Norm nach Maßgabe der Urteilsgründe (vgl. BVerfGE 128, 326 <388 ff.>) in grundrechtlich geschütztes, durch die Wertungen von Art. 5 und Art. 7 EMRK gestärktes Vertrauen eingreift, die Sicherungsverwahrung nur noch dann anzuordnen beziehungsweise aufrechtzuerhalten, wenn die genannten erhöhten Verhältnismäßigkeitsanforderungen erfüllt sind (vgl. BVerfGE 129, 37 <47>).

18

cc) § 66b Abs. 1 StGB ermöglicht die nachträgliche Anordnung und Aufrechterhaltung der Sicherungsverwahrung, obwohl im Ausgangsurteil des erkennenden Gerichts hiervon abgesehen und dies auch nicht vorbehalten wurde. Damit greift die Norm in das Vertrauen des Betroffenen auf ein Unterbleiben dieser Maßregel ein (vgl. BVerfGE 128, 326 <389 f.>; 129, 37 <47>).

19

Das Gewicht der hierbei berührten Vertrauensschutzbelange wird durch die Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verstärkt (vgl. BVerfGE 128, 326 <391 f.>). Diese enthält in Art. 5 EMRK eine abschließende Auflistung zulässiger Gründe für eine Freiheitsentziehung (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009, Beschwerde-Nr. 19359/04, M. ./. Deutschland, Rn. 86; BVerfGE 128, 326 <394>). Nach der Rechtsprechung der Kammer der 5. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kommt dabei eine Rechtfertigung der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK nur in Betracht, wenn das Ausgangsurteil zumindest die Möglichkeit der späteren Maßregelanordnung vorsehe. Ansonsten fehle der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Verurteilung und fortgesetzter Freiheitsentziehung. Die nachträgliche Entscheidung, der betroffenen Person weiterhin die Freiheit zu entziehen, erfülle das Erfordernis einer "Verurteilung" im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK nicht, weil sie "keine Schuldfeststellung" mehr enthalte (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011, Beschwerde-Nr. 6587/04, Haidn ./. Deutschland, Rn. 84, 86; Urteil vom 19. April 2012, Beschwerde-Nr. 61272/09, B. ./. Deutschland, Rn. 85 f.; BVerfGE 128, 326 <395>).

20

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) festgestellt, dass für die nachträgliche Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 2 StGB und § 7 Abs. 2 JGG eine Rechtfertigung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK generell ausgeschlossen ist. Dies gelte unabhängig vom zeitlichen Anwendungsbereich dieser Vorschriften, also auch in sogenannten "Neufällen", da diese Vorschriften bereits tatbestandlich die nachträgliche Anordnung einer Freiheitsentziehung ermöglichten. Diese erfolge zwar durch ein eigenständiges (zweites) Urteil, das aber keine neuerliche Schuldfeststellung enthalte, sondern eine solche voraussetze (BVerfGE 128, 326 <395>).

21

Für den Fall einer nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 StGB kann nichts anderes gelten. Auch insoweit erfolgt die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung durch ein Urteil, das keine neuerliche Schuldfeststellung enthält. Sie ist daher - unabhängig davon, ob die Anlasstaten vor oder nach Inkrafttreten der Vorschriften zur nachträglichen Sicherungsverwahrung begangen wurden - mit den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK nicht vereinbar. Eine Rechtfertigung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 StGB kommt daher im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention nur unter der Voraussetzung einer psychischen Störung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK in Betracht (vgl. BVerfGE 128, 326 <393 f.>).

22

Unter Berücksichtigung dieser Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und in Anbetracht des erheblichen Eingriffs in das Vertrauen der in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG betroffenen Sicherungsverwahrten tritt folglich auch im Falle der nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 StGB der legitime gesetzgeberische Zweck, die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern zu schützen, weitgehend hinter das grundrechtlich geschützte Vertrauen auf ein Unterbleiben der Maßregel zurück (vgl. BVerfGE 128, 326 <399>). Eine nachträglich angeordnete oder verlängerte Freiheitsentziehung durch Sicherungsverwahrung kann daher unabhängig vom Zeitpunkt der Begehung der Anlasstaten nur noch dann als verhältnismäßig angesehen werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) leidet (BVerfGE 128, 326 <392>, Nummer III.2. Buchstabe a des Tenors; 129, 37 <47 f.>).

23

b) Diesen Maßstäben werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Die Gerichte verkennen die Anforderungen, die sich für eine verfassungsgemäße Entscheidung auf der Grundlage der weiter geltenden Vorschrift des § 66b Abs. 1 StGB aus den Maßgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 ergeben. Entgegen der in den angefochtenen Beschlüssen vertretenen Auffassung liegt ein Eingriff in grundrechtlich geschütztes Vertrauen bei der Entscheidung über die Anordnung und Fortdauer der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 StGB auch dann vor, wenn die Anlasstaten, auf denen das Ausgangsurteil beruht, nach Inkrafttreten der Vorschriften über die Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Juli 2004 begangen wurden. Die Gerichte haben nicht geprüft, ob die sich hieraus für die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung ergebenden erhöhten Verhältnismäßigkeitsanforderungen erfüllt sind. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen daher den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg ist aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

24

2. Mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

25

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

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(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

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(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsb

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 104


(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden. (2) Über die Zuläss

Strafgesetzbuch - StGB | § 66b Nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidu

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 35


Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 7 Maßregeln der Besserung und Sicherung


(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werd

Referenzen

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.