Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 16. Jan. 2014 - 1 BvR 3031/13

bei uns veröffentlicht am16.01.2014

Gründe

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Die Verfassungsbeschwerde, die die Verwerfung einer Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist betrifft, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unbegründet ist.

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1. Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG oder Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Das sächsische Landesarbeitsgericht hat noch vertretbar angenommen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter die entscheidende Sendung rechtzeitig in den Briefkasten eingeworfen habe. Ein Gericht muss insbesondere eidesstattliche Versicherungen Dritter, die einen Einwurf zwar plausibel erscheinen lassen, aber sich gerade nicht auf diesen beziehen, nicht genügen lassen.

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2. Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings hilfsweise auch das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen verneint hat, ist dies mit den Anforderungen an Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG nicht mehr vereinbar. Im Rahmen der Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, dürfen Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden. Bürgerinnen und Bürger dürfen darauf vertrauen, dass die nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Post für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden. Insofern durfte die Beschwerdeführerin darauf vertrauen, dass ihr - unterstellt am Freitag, 19. Juli 2013 gegen 15:00 Uhr eingeworfener - Brief sein Ziel am Montag, 22. Juli 2013 erreichen wird (vgl. BVerfGE 40, 42 <45>; 62, 334 <337>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Juni 1993 - 1 BvR 1240/92 -, juris, Rn. 12; Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Mai 2000 - 2 BvR 1557/98 -, juris, Rn. 4). Da der Einwurf selbst jedoch nicht glaubhaft gemacht worden ist, beruht die Entscheidung aber nicht auf diesem Verstoß.

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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

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Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2017 - AnwZ (Brfg) 26/16

bei uns veröffentlicht am 02.06.2017

Tenor Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

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(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.