Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Sept. 2017 - 1 BvR 2560/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170909.1bvr256015
bei uns veröffentlicht am09.09.2017

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) nicht den Darlegungsanforderungen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG genügt.

2

1. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens lässt sich nicht zuverlässig überprüfen, ob der Beschwerdeführer gemäß dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde durch hinreichenden Vortrag im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen hat, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113 f.>; 84, 203 <208>; 104, 65 <70>; stRspr).

3

Der Verfassungsbeschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hinreichend zur Entscheidungserheblichkeit der von ihm formulierten Vorlagefragen vorgetragen hat. Hierzu hätte deshalb Anlass bestanden, weil bereits das Finanzgericht unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Beschluss vom 27. November 2013 - VII B 87/12 -, juris, Rn. 25; vgl. auch BFH, Beschluss vom 27. November 2013 - VII B 86/12 -, juris, Rn. 25; Beschluss vom 16. April 2015 - VII B 44/14 -, juris, Rn. 9) darauf abgestellt hatte, dass im Falle der gerügten Nichtigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl L 299, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (ABl L 270, S. 123) die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl L 405, S. 1) weiter gegolten und damit eine Rechtsgrundlage für die Erhebung der Milchabgabe bestanden hätte, obwohl die Geltungsdauer der dann anwendbaren Verordnung Nr. 3950/92 gemäß Art. 1 Unterabsatz 1 in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl L 160, S. 73) bis zum 31. März 2008 begrenzt war. Wenn der Beschwerdeführer der Auffassung war, entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs komme es für das vorliegend maßgebliche Milchwirtschaftsjahr aus zeitlichen Gründen auf die Frage der Nichtigkeit der Verordnungen Nr. 1234/2007 und Nr. 1788/2003 an, so wäre es geboten gewesen, diese Frage mit dem Ziel der Zulassung der Revision auch dem Bundesfinanzhof zur Entscheidung zu unterbreiten (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Vor diesem Hintergrund hätte der Beschwerdeführer schon im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend machen können und müssen, dass die Heranziehung der Verordnung Nr. 3950/92 wegen ihrer zeitlich begrenzten Geltungsdauer im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt. Dass dies geschehen ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

4

2. Der Beschwerdeführer hat seiner Verfassungsbeschwerde auch nicht die entsprechenden Schriftsätze an den Bundesfinanzhof beigefügt. Der Beschwerdeführer erklärt zwar auf Seite 6 der Verfassungsbeschwerde, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde sei als Anlage Bf 4 beigefügt. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall. Bei der beigefügten Anlage Bf 4 handelt es sich um die Einspruchsentscheidung des Hauptzollamtes.

5

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Sept. 2017 - 1 BvR 2560/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Sept. 2017 - 1 BvR 2560/15

Referenzen - Gesetze

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Sept. 2017 - 1 BvR 2560/15 zitiert 4 §§.

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Sept. 2017 - 1 BvR 2560/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Sept. 2017 - 1 BvR 2560/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Apr. 2015 - VII B 44/14

bei uns veröffentlicht am 16.04.2015

Tenor Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 24. März 2014  4 K 1870/12 MOG wird als unbegründet zurückgewiesen.

Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Nov. 2013 - VII B 87/12

bei uns veröffentlicht am 27.11.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Milcherzeuger. Da er mit seinen Milchlieferungen im Zwölfmonatszeitraum 2007/2008 seine Anlieferungs-Referen

Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Nov. 2013 - VII B 86/12

bei uns veröffentlicht am 27.11.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Milcherzeuger. Da er mit seinen Milchlieferungen im Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 seine Anlieferungs-Referen

Referenzen

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Milcherzeuger. Da er mit seinen Milchlieferungen im Zwölfmonatszeitraum 2007/2008 seine Anlieferungs-Referenzmenge trotz Zuteilung nicht genutzter Anlieferungs-Referenzmengen (sog. Saldierung) überschritten hatte, meldete die Molkerei Milchabgabe beim Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) an.

2

Einspruch und Klage gegen die Abgabeanmeldung, mit denen der Kläger die Nichtigkeit der unionsrechtlichen sowie der nationalen Milchabgabevorschriften wegen Verletzung höherrangigen Rechts geltend machte bzw. macht, blieben ohne Erfolg.

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Er meint weiterhin, die im Streitfall maßgebenden unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften über die Erhebung der Milchabgabe seien nichtig, und bezeichnet insoweit 16 Fragen als grundsätzlich klärungsbedürftig.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die mit der Beschwerde formulierten Fragen sind höchstrichterlich geklärt bzw. lassen sich nur so beantworten, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat.

5

1. Die Vereinbarkeit der Vorschriften über die Milchabgabe mit höherrangigem Recht ist wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen. Die unter den Nrn. 5 und 7 bezeichneten Beschwerdefragen sind daher geklärt.

6

a) So hat der beschließende Senat bereits zur früheren Milch-Garantiemengen-Verordnung --MGV-- (i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994, BGBl I 1994, 586) entschieden, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen --MOG a.F.-- (i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1986, BGBl 1986, 1397) ausreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen i.S. des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) sind und dass die in jenen Vorschriften über § 1 Abs. 2 MOG a.F. enthaltene dynamische Verweisung auf das Unionsrecht verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht (vgl. Senatsbeschluss vom 25. September 2003 VII B 309/02, BFHE 203, 243, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2004, 17, m.w.N.; ebenso Senatsbeschluss vom 28. November 2006 VII B 54/06, BFHE 215, 418, ZfZ 2007, 54). Zum einen ist der Gesetzgeber befugt, mit einer Verweisung auf das Unionsrecht Inhalt, Zweck und Ausmaß einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen näher zu bestimmen. Zum anderen sind die für die Erhebung der Milchabgabe maßgeblichen unionsrechtlichen Vorschriften auch ausreichend bestimmt. Des Weiteren hat sich der beschließende Senat mit dem Beschluss in BFHE 203, 243, ZfZ 2004, 17 der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) angeschlossen, ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG sei nicht darin zu sehen, dass in einer Rechtsverordnung lediglich das zugrunde liegende einzelstaatliche förmliche Parlamentsgesetz, nicht jedoch auch die unionsrechtliche Rechtsgrundlage angegeben ist (vgl. BVerwG-Urteil vom 20. März 2003  3 C 10.02, BVerwGE 118, 70).

7

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die gegen den vorgenannten Senatsbeschluss gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Zum anderen hat das BVerfG mit Beschluss vom 29. April 2010  2 BvR 871/04 und 2 BvR 414/08 (ZfZ 2010, 217) zwei gegen Urteile ordentlicher Gerichte erhobene Verfassungsbeschwerden ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen und in der Begründung seines Beschlusses die Vereinbarkeit der auf § 8 Abs. 1 Satz 1 sowie § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG a.F. gestützten MGV mit den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG umfassend geprüft und bejaht.

8

Die im Streitfall anzuwendende Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (MilchAbgV) vom 7. März 2007 (BGBl I 2007, 295) nennt (u.a.) § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen --MOG-- (i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005, BGBl I 2005, 1847 - mit späteren Änderungen) als Ermächtigungsgrundlage. Diese Vorschriften entsprechen denjenigen des MOG a.F., welche die MGV seinerzeit als Ermächtigungsgrundlage bezeichnete. Es ist daher kein Grund erkennbar, die Vereinbarkeit der MilchAbgV mit Art. 80 Abs. 1 GG anders zu beurteilen, als es das BVerfG hinsichtlich der MGV entschieden hat.

9

b) Es bedarf auch keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass der Ansicht der Beschwerde nicht zu folgen ist, mit der MilchAbgV habe der Verordnungsgeber das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verletzt, weil die Verordnung § 12 Abs. 3 MOG nicht als Ermächtigungsgrundlage bezeichne und der angeführte § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG nur das "Bundesministerium" ohne weitere Spezifizierung nenne.

10

Wie das BVerfG mit dem Beschluss in ZfZ 2010, 217 ausführt, ist der Zweck des Zitiergebots erfüllt, wenn sich der Verordnungsgeber auf die Nennung der Verordnungsermächtigung beschränkt. Diese Ermächtigungen finden sich in § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG. Ebenso wenig wie die MilchAbgV die Milchabgaberegelungen des Unionsrechts, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung (mit-) bestimmen und auf welche die Verordnungsermächtigung in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (BVerfG-Beschluss in ZfZ 2010, 217) verweist, bezeichnen muss, sind sämtliche Inhalt, Zweck und Ausmaß regelnden Vorschriften des MOG in der Verordnung zu zitieren. Das in § 12 Abs. 3 Satz 1 MOG als Gegenstand der Verordnung genannte Einbehalten, Abführen und Erstatten von Abgaben zu Marktordnungszwecken durch Abnehmer von Marktordnungswaren ist lediglich eine spezielle Gestaltung des in § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG ohnehin bereits erwähnten "Verfahrens bei Abgaben zu Marktordnungszwecken", das außerdem bereits im Unionsrecht vorgezeichnet ist.

11

Im Übrigen ist § 12 Abs. 3 MOG bereits i.d. Fassung der Bekanntmachung des Gesetzes vom 20. September 1995 (BGBl I 1995, 1146) enthalten, die Gegenstand der Prüfung des BVerfG im Beschluss in ZfZ 2010, 217 war. Gleichwohl hat das BVerfG das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG als gewahrt angesehen und nicht verlangt, die MGV müsse auch § 12 Abs. 3 MOG als Ermächtigungsgrundlage nennen.

12

Dass § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG lediglich von einer Ermächtigung des "Bundesministeriums" sprechen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil das "Bundesministerium" in § 3 Abs. 2 MOG als das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft legal definiert ist. Die einmalige gesetzliche Definition eines Begriffs in seiner Kurzform, die dann im weiteren Verlauf verwendet wird, ist eine übliche Technik in der Gesetzgebung. Für den Normadressaten des MOG ist hinreichend deutlich erkennbar, welches Bundesministerium durch § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt wird. Entsprechende Bezeichnungen des ermächtigten Ministeriums fanden sich bereits im MOG a.F.: Auch dort war der in verschiedenen Vorschriften zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigte "Bundesminister" am Anfang des Gesetzes legal definiert. Das BVerfG hat hierin in seinem Beschluss in ZfZ 2010, 217 keinen Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gesehen.

13

2. Die nach Ansicht der Beschwerde auf unionsrechtlicher Ebene eingetretenen sog. Paradigmenwechsel, die --so die Beschwerde-- wegen der Bedeutung der erforderlichen nationalen Vorschriften durch den parlamentarischen Gesetzgeber und nicht lediglich durch den Verordnungsgeber in nationales Recht hätten umgesetzt werden müssen (vgl. Nr. 16 der Beschwerdefragen), betreffen die (im Streitfall allein streitige) Heranziehung des seine Referenzmenge überschreitenden Milcherzeugers zur Milchabgabe nicht.

14

3. Klärungsbedürftige Fragen zur sog. Saldierung (vgl. Nrn. 8, 9 und 14 der Beschwerdefragen) wirft der Streitfall nicht auf. Es gibt keinen unionsrechtlichen Anspruch auf Saldierung (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2006 VII B 37/05, BFH/NV 2007, 285; Senatsurteil vom 16. April 2013 VII R 9/12, BFHE 242, 380, ZfZ 2013, 189) und auch keinen Anspruch auf ein bestimmtes Saldierungsverfahren, soweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten entsprechende Spielräume lässt. Durch § 34 MilchAbgV ist die in Art. 10 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/123) unionsrechtlich (als Alternative) vorgegebene Saldierungsweise, nämlich zunächst auf der Ebene des Käufers und anschließend auf einzelstaatlicher Ebene, gewählt worden. Zu den rechtlichen Einwendungen der Beschwerde gegen dieses Saldierungsverfahren hat der Senat das Erforderliche bereits hinsichtlich der Vorgängervorschrift zu § 34 MilchAbgV mit Beschluss vom 21. April 2009 VII B 66/08 (BFH/NV 2009, 1679, ZfZ 2009, 251) ausgeführt. Träfe es zu, dass § 34 MilchAbgV --wie die Beschwerde meint-- wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichtig ist, gäbe es überhaupt keine Möglichkeit, Milcherzeugern nicht genutzte Quoten zuzuteilen. An der Höhe der im Streitfall festgesetzten Milchabgabe änderte sich dadurch zu Gunsten des Klägers nichts.

15

Abgesehen davon, dass es --wie ausgeführt-- keinen Anspruch auf eine vom jeweiligen Mitgliedstaat zu treffende Wahl eines bestimmten, für den einzelnen Milcherzeuger besonders günstigen Saldierungsverfahrens gibt, dürfte es zudem von stets veränderlichen Umständen, wie der Höhe der Überlieferungen innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums und der Zusammensetzung der Gruppe der einen Käufer beliefernden Milcherzeuger, abhängen, ob im Einzelfall die Molkereisaldierung oder die Saldierung auf nationaler Ebene zu einer geringeren Abgabenbelastung führt. Die für einen bestimmten Milcherzeuger günstige Art der Saldierung kann sich bei einem anderen Milcherzeuger ungünstig auswirken.

16

Die nach Ansicht der Beschwerde erforderliche Saldierung auf Unionsebene ist nach § 34 MilchAbgV nicht möglich. Der Unionsgesetzgeber hat den Mitgliedstaaten einzelstaatliche Referenzmengen zugewiesen und ihnen deren Verteilung auf die Milcherzeuger überlassen. Dass er die Möglichkeit der Saldierung auf den Bereich des jeweiligen Mitgliedstaats beschränkt und von einer Zuweisung ungenutzter einzelstaatlicher Referenzmengen an Mitgliedstaaten, in denen die einzelstaatliche Referenzmenge überschritten wird, abgesehen hat, ist eine sich im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens haltende Entscheidung. All dies bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.

17

4. Daraus mag sich für bestimmte Zwölfmonatszeiträume ergeben, dass in einem Mitgliedstaat ansässige Milcherzeuger trotz Überlieferung ihrer verfügbaren Referenzmenge keine Milchabgaben entrichten müssen, weil sie aufgrund nationaler Saldierungsmöglichkeiten ihre Überlieferungen mit ungenutzten Referenzmengen ausgleichen können, während überliefernden Milcherzeugern in anderen Mitgliedstaaten keine Saldierung zugutekommt. Anders als die Beschwerde meint (vgl. Nr. 15 der Beschwerdefragen), liegt hierin aber keine Diskriminierung, da Milcherzeuger bestimmter Mitgliedstaaten nicht strukturell gegenüber anderen benachteiligt werden. Es bleibt jedem Mitglied der Union überlassen, die allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise zur Verfügung stehenden unionsrechtlichen Saldierungsmöglichkeiten zu nutzen.

18

5. Das Beschwerdevorbringen, die Molkereien könnten "weisungsungebunden und ohne konkrete Vorgaben frei darüber entscheiden", ob und wann sie im Fall einer Überlieferung eine Vorauszahlung auf die Milchabgabe einbehalten (vgl. Nrn. 6 und 13 der Beschwerdefragen), trifft zum einen nicht zu. Zum anderen ist unklar, was die Ausführungen der Beschwerde zum Vorauseinbehalt gemäß § 39 Abs. 2 MilchAbgV mit dem vorliegenden Fall zu tun haben. Die Molkerei hat im Streitfall keine Vorauszahlung einbehalten, sondern nach dem Ablauf des Zwölfmonatszeitraums 2007/2008 die entstandene Milchabgabe beim HZA angemeldet, wie es § 40 MilchAbgV vorschreibt. Die Ansicht der Beschwerde, die Datenübermittlung durch die Molkerei an das HZA sei "nicht geeignet, eine Abgabenfestsetzung für einen Dritten (Landwirt) zu bewirken", entspricht nicht der Rechtslage.

19

6. Aus den Ausführungen der Beschwerde zur angeblichen Unverhältnismäßigkeit des Milchabgabensystems nach Aufgabe des Milchrichtpreises (vgl. Nrn. 10 bis 12 der Beschwerdefragen) ergeben sich keine grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfragen. Auch insoweit kann auf Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sowie des beschließenden Senats verwiesen werden.

20

Der EuGH hat mit Urteil vom 14. Mai 2009 C-34/08 --Azienda Agricola Disaro Antonio-- (Slg. 2009, I-4023, ZfZ 2009, 219) entschieden, die Prüfung der VO Nr. 1788/2003 im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe nichts ergeben, was ihre Gültigkeit beeinträchtigen könnte. Der EuGH betont in dieser Entscheidung, dass der Gesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 33 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG--) über ein weites Ermessen verfüge, das er mit dem Erlass der VO Nr. 1788/2003 nicht überschritten habe, indem er das in Art. 33 Abs. 1 Buchst. c EG ausdrücklich erwähnte Ziel der Stabilisierung der Märkte verfolgt und diesem Ziel Vorrang eingeräumt habe. Die gerichtliche Kontrolle des Ermessensspielraums des Unionsgesetzgebers im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik sei auf die Überprüfung beschränkt, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme zur Erreichung des jeweils verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sei. Dies sei bei der VO Nr. 1788/2003 jedoch nicht der Fall. Ihr Erlass sei erforderlich gewesen, um das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und dadurch ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Mit den in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a und b EG genannten Zielen sei die VO Nr. 1788/2003 vereinbar.

21

Wenn die Beschwerde insoweit meint, ein solches Ungleichgewicht auf dem Milchmarkt bestehe nicht und die Milchabgaberegelungen hätten in Wahrheit einen rein fiskalischen Zweck, seien auf Begrenzung der Haushaltsausgaben der Union, nicht aber als Hilfsmittel zur Herstellung eines Marktgleichgewichts angelegt, so setzt sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle der Ermessenserwägungen des Verordnungsgebers.

22

Dass der Verordnungsgeber den Richtpreis aufgegeben hat, rechtfertigt ebenfalls keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Milchabgaberegelungen. Mit seinem Urteil vom 25. März 2004 C-231/00 --Cooperativa Lattepiù u.a.-- (Slg. 2004, I-2869) hat der EuGH ausgeführt, es könne nicht hingenommen werden, dass in einem Mitgliedstaat die zugeteilte Referenzmenge überschritten werde, ohne dass dies die Zahlung der Milchabgabe nach sich ziehe, da ansonsten Erzeuger, deren Überproduktion von der Milchabgabe befreit wäre, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber Erzeugern in anderen Mitgliedstaaten erlangten und zudem die Solidarität unter den Mitgliedstaaten insofern gestört werde, als Erzeuger von den durch die Festlegung eines Richtpreises für Milch verschafften Vorteilen profitierten, ohne die Einschränkungen hinnehmen zu müssen, durch die ein solcher Richtpreis beibehalten werden könne. Diese Ausführungen des EuGH geben --anders als die Beschwerde meint-- keinen Anlass zu der Annahme, die unionsrechtlichen Milchabgaberegelungen seien nur unter der Voraussetzung der Beibehaltung eines bestimmten Milchrichtpreises zu rechtfertigen. Vielmehr liegt es im Ermessen des Verordnungsgebers, die Milcherzeuger auch unabhängig von einem Richtpreis zur Einhaltung einer bestimmten Produktionsmenge mithilfe einer Milchabgabe anzuhalten.

23

Auf die Einhaltung dieser in Gestalt einer sog. Quote zugeteilten Produktionsmenge kann und muss sich jeder Milch erzeugende Betrieb einstellen. Dass es --wie die Beschwerde behauptet-- schwierig ist, an der Milchquotenbörse weitere Quoten zu einem angemessenen Preis zu erwerben, ändert nichts daran, dass der Unionsgesetzgeber berechtigt ist, die Milchproduktion in der Union zu beschränken, indem er Überproduktionen mit einer Abgabe belegt.

24

7. Anders als die Beschwerde meint, ist es auch nicht klärungsbedürftig, ob Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1788/2003 den Mitgliedstaaten eine Abgabeschuld in Höhe von 99 % der zu erhebenden Milchabgabe auferlegen durfte (vgl. Nr. 4 der Beschwerdefragen), denn im Streitfall geht es allein um eine gegen den Kläger festgesetzte Abgabe. Der beschließende Senat hat insoweit bereits mit Beschluss vom 13. Juli 2011 VII B 223/10 (BFH/NV 2011, 1732) ausgeführt, die Union sei jedenfalls berechtigt, zur Organisation der Agrarmärkte den jeweiligen Marktteilnehmern eine Abgabe aufzuerlegen. Hieran ist festzuhalten. Der Ansicht der Beschwerde, gegen eine der Bundesrepublik Deutschland unzulässig auferlegte unionsrechtliche Abgabe könne sich ein deutscher Staatsbürger auf Art. 38 Abs. 1 GG berufen, ist nicht zu folgen. Ein Revisionsverfahren ist zur Klärung dieser Frage nicht erforderlich.

25

8. Schließlich rechtfertigen auch die nach Ansicht der Beschwerde zur Nichtigkeit der VO Nr. 1788/2003 führenden Verstöße gegen wesentliche Formvorschriften im europäischen Gesetzgebungsverfahren (vgl. Nrn. 1 bis 3 der Beschwerdefragen) die Zulassung der Revision nicht. Träfe es zu --wie die Beschwerde meint--, dass die gesamte (inzwischen außer Kraft getretene) VO Nr. 1788/2003 wegen Missachtung des Konzertierungsverfahrens durch den Rat sowie des nicht einstimmig gefassten Beschlusses über ihre Verabschiedung nichtig war, wäre auch Art. 25 VO Nr. 1788/2003 über die Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 (VO Nr. 3950/92) des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 405/1) nichtig. Die VO Nr. 3950/92 hätte weiter gegolten und wäre weiterhin die unionsrechtliche Grundlage für die Erhebung der Milchabgabe geblieben. Dass bei Fortgeltung der VO Nr. 3950/92 keine oder eine geringere Milchabgabe gegen den Kläger festzusetzen gewesen wäre, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Vielmehr sind gerade unter der Geltung der VO Nr. 1788/2003 ab dem 1. April 2004 die vom Milchrichtpreis entkoppelten Abgabensätze ständig gesunken.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Milcherzeuger. Da er mit seinen Milchlieferungen im Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 seine Anlieferungs-Referenzmenge trotz Zuteilung nicht genutzter Anlieferungs-Referenzmengen (sog. Saldierung) überschritten hatte, meldete die Molkerei Milchabgabe beim Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) an.

2

Einspruch und Klage gegen die Abgabeanmeldung, mit denen der Kläger die Nichtigkeit der unionsrechtlichen sowie der nationalen Milchabgabevorschriften wegen Verletzung höherrangigen Rechts geltend machte bzw. macht, blieben ohne Erfolg.

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Er meint weiterhin, die im Streitfall maßgebenden unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften über die Erhebung der Milchabgabe seien nichtig, und bezeichnet insoweit 16 Fragen als grundsätzlich klärungsbedürftig.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die mit der Beschwerde formulierten Fragen sind höchstrichterlich geklärt bzw. lassen sich nur so beantworten, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat.

5

1. Die Vereinbarkeit der Vorschriften über die Milchabgabe mit höherrangigem Recht ist wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen. Die unter den Nrn. 5 und 7 bezeichneten Beschwerdefragen sind daher geklärt.

6

a) So hat der beschließende Senat bereits zur früheren Milch-Garantiemengen-Verordnung --MGV-- (i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994, BGBl I 1994, 586) entschieden, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen --MOG a.F.-- (i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1986, BGBl I 1986, 1397) ausreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen i.S. des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) sind und dass die in jenen Vorschriften über § 1 Abs. 2 MOG a.F. enthaltene dynamische Verweisung auf das Unionsrecht verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht (vgl. Senatsbeschluss vom 25. September 2003 VII B 309/02, BFHE 203, 243, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2004, 17, m.w.N.; ebenso Senatsbeschluss vom 28. November 2006 VII B 54/06, BFHE 215, 418, ZfZ 2007, 54). Zum einen ist der Gesetzgeber befugt, mit einer Verweisung auf das Unionsrecht Inhalt, Zweck und Ausmaß einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen näher zu bestimmen. Zum anderen sind die für die Erhebung der Milchabgabe maßgeblichen unionsrechtlichen Vorschriften auch ausreichend bestimmt. Des Weiteren hat sich der beschließende Senat mit dem Beschluss in BFHE 203, 243, ZfZ 2004, 17 der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) angeschlossen, ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG sei nicht darin zu sehen, dass in einer Rechtsverordnung lediglich das zugrunde liegende einzelstaatliche förmliche Parlamentsgesetz, nicht jedoch auch die unionsrechtliche Rechtsgrundlage angegeben ist (vgl. BVerwG-Urteil vom 20. März 2003  3 C 10.02, BVerwGE 118, 70).

7

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die gegen den vorgenannten Senatsbeschluss gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Zum anderen hat das BVerfG mit Beschluss vom 29. April 2010  2 BvR 871/04 und 2 BvR 414/08 (ZfZ 2010, 217) zwei gegen Urteile ordentlicher Gerichte erhobene Verfassungsbeschwerden ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen und in der Begründung seines Beschlusses die Vereinbarkeit der auf § 8 Abs. 1 Satz 1 sowie § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG a.F. gestützten MGV mit den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG umfassend geprüft und bejaht.

8

Die im Streitfall anzuwendende Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (MilchAbgV) i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 2004 (BGBl I 2004, 2143) nennt (u.a.) § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen --MOG-- (i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995, BGBl I 1995, 1146 - mit späteren Änderungen) als Ermächtigungsgrundlage. Diese Vorschriften entsprechen denjenigen des MOG a.F., welche die MGV seinerzeit als Ermächtigungsgrundlage bezeichnete. Es ist daher kein Grund erkennbar, die Vereinbarkeit der MilchAbgV mit Art. 80 Abs. 1 GG anders zu beurteilen, als es das BVerfG hinsichtlich der MGV entschieden hat.

9

b) Es bedarf auch keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass der Ansicht der Beschwerde nicht zu folgen ist, mit der MilchAbgV habe der Verordnungsgeber das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verletzt, weil die Verordnung § 12 Abs. 3 MOG nicht als Ermächtigungsgrundlage bezeichne und der angeführte § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG nur das "Bundesministerium" ohne weitere Spezifizierung nenne.

10

Wie das BVerfG mit dem Beschluss in ZfZ 2010, 217 ausführt, ist der Zweck des Zitiergebots erfüllt, wenn sich der Verordnungsgeber auf die Nennung der Verordnungsermächtigung beschränkt. Diese Ermächtigungen finden sich in § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG. Ebenso wenig wie die MilchAbgV die Milchabgaberegelungen des Unionsrechts, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung (mit-) bestimmen und auf welche die Verordnungsermächtigung in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (BVerfG-Beschluss in ZfZ 2010, 217) verweist, bezeichnen muss, sind sämtliche Inhalt, Zweck und Ausmaß regelnden Vorschriften des MOG in der Verordnung zu zitieren. Das in § 12 Abs. 3 Satz 1 MOG als Gegenstand der Verordnung genannte Einbehalten, Abführen und Erstatten von Abgaben zu Marktordnungszwecken durch Abnehmer von Marktordnungswaren ist lediglich eine spezielle Gestaltung des in § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG ohnehin bereits erwähnten "Verfahrens bei Abgaben zu Marktordnungszwecken", das außerdem bereits im Unionsrecht vorgezeichnet ist.

11

Im Übrigen ist § 12 Abs. 3 MOG bereits in der o.g. Fassung der Bekanntmachung des Gesetzes vom 20. September 1995 enthalten, die Gegenstand der Prüfung des BVerfG im Beschluss in ZfZ 2010, 217 war. Gleichwohl hat das BVerfG das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG als gewahrt angesehen und nicht verlangt, die MGV müsse auch § 12 Abs. 3 MOG als Ermächtigungsgrundlage nennen.

12

Dass § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG lediglich von einer Ermächtigung des "Bundesministeriums" sprechen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil das "Bundesministerium" in § 3 Abs. 2 MOG (in der hier maßgeblichen Änderungsfassung) als das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft legal definiert ist. Die einmalige gesetzliche Definition eines Begriffs in seiner Kurzform, die dann im weiteren Verlauf verwendet wird, ist eine übliche Technik in der Gesetzgebung. Für den Normadressaten des MOG ist hinreichend deutlich erkennbar, welches Bundesministerium durch § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt wird. Entsprechende Bezeichnungen des ermächtigten Ministeriums fanden sich bereits im MOG a.F.: Auch dort war der in verschiedenen Vorschriften zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigte "Bundesminister" am Anfang des Gesetzes legal definiert. Das BVerfG hat hierin in seinem Beschluss in ZfZ 2010, 217 keinen Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gesehen.

13

2. Die nach Ansicht der Beschwerde auf unionsrechtlicher Ebene eingetretenen sog. Paradigmenwechsel, die --so die Beschwerde-- wegen der Bedeutung der erforderlichen nationalen Vorschriften durch den parlamentarischen Gesetzgeber und nicht lediglich durch den Verordnungsgeber in nationales Recht hätten umgesetzt werden müssen (vgl. Nr. 16 der Beschwerdefragen), betreffen die (im Streitfall allein streitige) Heranziehung des seine Referenzmenge überschreitenden Milcherzeugers zur Milchabgabe nicht.

14

3. Klärungsbedürftige Fragen zur sog. Saldierung (vgl. Nrn. 8, 9 und 14 der Beschwerdefragen) wirft der Streitfall nicht auf. Es gibt keinen unionsrechtlichen Anspruch auf Saldierung (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2006 VII B 37/05, BFH/NV 2007, 285; Senatsurteil vom 16. April 2013 VII R 9/12, BFHE 242, 380, ZfZ 2013, 189) und auch keinen Anspruch auf ein bestimmtes Saldierungsverfahren, soweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten entsprechende Spielräume lässt. Durch § 14 MilchAbgV ist die in Art. 10 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/123) unionsrechtlich (als Alternative) vorgegebene Saldierungsweise, nämlich zunächst auf der Ebene des Käufers und anschließend auf einzelstaatlicher Ebene, gewählt worden. Zu den rechtlichen Einwendungen der Beschwerde gegen dieses Saldierungsverfahren hat der Senat das Erforderliche bereits hinsichtlich der Vorgängervorschrift zu § 14 MilchAbgV mit Beschluss vom 21. April 2009 VII B 66/08 (BFH/NV 2009, 1679, ZfZ 2009, 251) ausgeführt. Träfe es zu, dass § 14 MilchAbgV --wie die Beschwerde meint-- wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichtig ist, gäbe es überhaupt keine Möglichkeit, Milcherzeugern nicht genutzte Quoten zuzuteilen. An der Höhe der im Streitfall festgesetzten Milchabgabe änderte sich dadurch zu Gunsten des Klägers nichts.

15

Abgesehen davon, dass es --wie ausgeführt-- keinen Anspruch auf eine vom jeweiligen Mitgliedstaat zu treffende Wahl eines bestimmten, für den einzelnen Milcherzeuger besonders günstigen Saldierungsverfahrens gibt, dürfte es zudem von stets veränderlichen Umständen, wie der Höhe der Überlieferungen innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums und der Zusammensetzung der Gruppe der einen Käufer beliefernden Milcherzeuger, abhängen, ob im Einzelfall die Molkereisaldierung oder die Saldierung auf nationaler Ebene zu einer geringeren Abgabenbelastung führt. Die für einen bestimmten Milcherzeuger günstige Art der Saldierung kann sich bei einem anderen Milcherzeuger ungünstig auswirken.

16

Die nach Ansicht der Beschwerde erforderliche Saldierung auf Unionsebene ist nach § 14 MilchAbgV nicht möglich. Der Unionsgesetzgeber hat den Mitgliedstaaten einzelstaatliche Referenzmengen zugewiesen und ihnen deren Verteilung auf die Milcherzeuger überlassen. Dass er die Möglichkeit der Saldierung auf den Bereich des jeweiligen Mitgliedstaats beschränkt und von einer Zuweisung ungenutzter einzelstaatlicher Referenzmengen an Mitgliedstaaten, in denen die einzelstaatliche Referenzmenge überschritten wird, abgesehen hat, ist eine sich im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens haltende Entscheidung. All dies bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.

17

4. Daraus mag sich für bestimmte Zwölfmonatszeiträume ergeben, dass in einem Mitgliedstaat ansässige Milcherzeuger trotz Überlieferung ihrer verfügbaren Referenzmenge keine Milchabgaben entrichten müssen, weil sie aufgrund nationaler Saldierungsmöglichkeiten ihre Überlieferungen mit ungenutzten Referenzmengen ausgleichen können, während überliefernden Milcherzeugern in anderen Mitgliedstaaten keine Saldierung zugutekommt. Anders als die Beschwerde meint (vgl. Nr. 15 der Beschwerdefragen), liegt hierin aber keine Diskriminierung, da Milcherzeuger bestimmter Mitgliedstaaten nicht strukturell gegenüber anderen benachteiligt werden. Es bleibt jedem Mitglied der Union überlassen, die allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise zur Verfügung stehenden unionsrechtlichen Saldierungsmöglichkeiten zu nutzen.

18

5. Das Beschwerdevorbringen, die Molkereien könnten "weisungsungebunden und ohne konkrete Vorgaben frei darüber entscheiden", ob und wann sie im Fall einer Überlieferung eine Vorauszahlung auf die Milchabgabe einbehalten (vgl. Nrn. 6 und 13 der Beschwerdefragen), trifft zum einen nicht zu. Zum anderen ist unklar, was die Ausführungen der Beschwerde zum Vorauseinbehalt gemäß § 19 Abs. 2 MilchAbgV mit dem vorliegenden Fall zu tun haben. Die Molkerei hat im Streitfall keine Vorauszahlung einbehalten, sondern nach dem Ablauf des Zwölfmonatszeitraums 2004/2005 die entstandene Milchabgabe beim HZA angemeldet, wie es § 19 Abs. 4 MilchAbgV vorschreibt. Die Ansicht der Beschwerde, die Datenübermittlung durch die Molkerei an das HZA sei "nicht geeignet, eine Abgabenfestsetzung für einen Dritten (Landwirt) zu bewirken", entspricht nicht der Rechtslage.

19

6. Aus den Ausführungen der Beschwerde zur angeblichen Unverhältnismäßigkeit des Milchabgabensystems nach Aufgabe des Milchrichtpreises (vgl. Nrn. 10 bis 12 der Beschwerdefragen) ergeben sich keine grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfragen. Auch insoweit kann auf Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sowie des beschließenden Senats verwiesen werden.

20

Der EuGH hat mit Urteil vom 14. Mai 2009 C-34/08 --Azienda Agricola Disaro Antonio-- (Slg. 2009, I-4023, ZfZ 2009, 219) entschieden, die Prüfung der VO Nr. 1788/2003 im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe nichts ergeben, was ihre Gültigkeit beeinträchtigen könnte. Der EuGH betont in dieser Entscheidung, dass der Gesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 33 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG--) über ein weites Ermessen verfüge, das er mit dem Erlass der VO Nr. 1788/2003 nicht überschritten habe, indem er das in Art. 33 Abs. 1 Buchst. c EG ausdrücklich erwähnte Ziel der Stabilisierung der Märkte verfolgt und diesem Ziel Vorrang eingeräumt habe. Die gerichtliche Kontrolle des Ermessensspielraums des Unionsgesetzgebers im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik sei auf die Überprüfung beschränkt, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme zur Erreichung des jeweils verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sei. Dies sei bei der VO Nr. 1788/2003 jedoch nicht der Fall. Ihr Erlass sei erforderlich gewesen, um das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und dadurch ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Mit den in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a und b EG genannten Zielen sei die VO Nr. 1788/2003 vereinbar.

21

Wenn die Beschwerde insoweit meint, ein solches Ungleichgewicht auf dem Milchmarkt bestehe nicht und die Milchabgaberegelungen hätten in Wahrheit einen rein fiskalischen Zweck, seien auf Begrenzung der Haushaltsausgaben der Union, nicht aber als Hilfsmittel zur Herstellung eines Marktgleichgewichts angelegt, so setzt sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle der Ermessenserwägungen des Verordnungsgebers.

22

Dass der Verordnungsgeber den Richtpreis aufgegeben hat, rechtfertigt ebenfalls keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Milchabgaberegelungen. Mit seinem Urteil vom 25. März 2004 C-231/00 --Cooperativa Lattepiù u.a.-- (Slg. 2004, I-2869) hat der EuGH ausgeführt, es könne nicht hingenommen werden, dass in einem Mitgliedstaat die zugeteilte Referenzmenge überschritten werde, ohne dass dies die Zahlung der Milchabgabe nach sich ziehe, da ansonsten Erzeuger, deren Überproduktion von der Milchabgabe befreit wäre, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber Erzeugern in anderen Mitgliedstaaten erlangten und zudem die Solidarität unter den Mitgliedstaaten insofern gestört werde, als Erzeuger von den durch die Festlegung eines Richtpreises für Milch verschafften Vorteilen profitierten, ohne die Einschränkungen hinnehmen zu müssen, durch die ein solcher Richtpreis beibehalten werden könne. Diese Ausführungen des EuGH geben --anders als die Beschwerde meint-- keinen Anlass zu der Annahme, die unionsrechtlichen Milchabgaberegelungen seien nur unter der Voraussetzung der Beibehaltung eines bestimmten Milchrichtpreises zu rechtfertigen. Vielmehr liegt es im Ermessen des Verordnungsgebers, die Milcherzeuger auch unabhängig von einem Richtpreis zur Einhaltung einer bestimmten Produktionsmenge mithilfe einer Milchabgabe anzuhalten.

23

Auf die Einhaltung dieser in Gestalt einer sog. Quote zugeteilten Produktionsmenge kann und muss sich jeder Milch erzeugende Betrieb einstellen. Dass es --wie die Beschwerde behauptet-- schwierig ist, an der Milchquotenbörse weitere Quoten zu einem angemessenen Preis zu erwerben, ändert nichts daran, dass der Unionsgesetzgeber berechtigt ist, die Milchproduktion in der Union zu beschränken, indem er Überproduktionen mit einer Abgabe belegt.

24

7. Anders als die Beschwerde meint, ist es auch nicht klärungsbedürftig, ob Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1788/2003 den Mitgliedstaaten eine Abgabeschuld in Höhe von 99 % der zu erhebenden Milchabgabe auferlegen durfte (vgl. Nr. 4 der Beschwerdefragen), denn im Streitfall geht es allein um eine gegen den Kläger festgesetzte Abgabe. Der beschließende Senat hat insoweit bereits mit Beschluss vom 13. Juli 2011 VII B 223/10 (BFH/NV 2011, 1732) ausgeführt, die Union sei jedenfalls berechtigt, zur Organisation der Agrarmärkte den jeweiligen Marktteilnehmern eine Abgabe aufzuerlegen. Hieran ist festzuhalten. Der Ansicht der Beschwerde, gegen eine der Bundesrepublik Deutschland unzulässig auferlegte unionsrechtliche Abgabe könne sich ein deutscher Staatsbürger auf Art. 38 Abs. 1 GG berufen, ist nicht zu folgen. Ein Revisionsverfahren ist zur Klärung dieser Frage nicht erforderlich.

25

8. Schließlich rechtfertigen auch die nach Ansicht der Beschwerde zur Nichtigkeit der VO Nr. 1788/2003 führenden Verstöße gegen wesentliche Formvorschriften im europäischen Gesetzgebungsverfahren (vgl. Nrn. 1 bis 3 der Beschwerdefragen) die Zulassung der Revision nicht. Träfe es zu --wie die Beschwerde meint--, dass die gesamte (inzwischen außer Kraft getretene) VO Nr. 1788/2003 wegen Missachtung des Konzertierungsverfahrens durch den Rat sowie des nicht einstimmig gefassten Beschlusses über ihre Verabschiedung nichtig war, wäre auch Art. 25 VO Nr. 1788/2003 über die Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 (VO Nr. 3950/92) des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 405/1) nichtig. Die VO Nr. 3950/92 hätte weiter gegolten und wäre weiterhin die unionsrechtliche Grundlage für die Erhebung der Milchabgabe geblieben. Dass bei Fortgeltung der VO Nr. 3950/92 keine oder eine geringere Milchabgabe gegen den Kläger festzusetzen gewesen wäre, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Vielmehr sind gerade unter der Geltung der VO Nr. 1788/2003 ab dem 1. April 2004 die vom Milchrichtpreis entkoppelten Abgabensätze ständig gesunken.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 24. März 2014  4 K 1870/12 MOG wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs und Milcherzeuger. Er verfügt über eine eigene Anlieferungsreferenzmenge (ARM). Ab Januar 2004 belieferte der Kläger zusätzlich die ungenutzte ARM einer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen landwirtschaftlichen GbR; zugrunde lagen verschiedene Pacht- und Anstellungsverträge zwischen dem Kläger und der GbR, die jedoch alle nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sind. Der Kläger führte die Milcherzeugung unverändert fort, belieferte die Molkerei jedoch nicht nur unter der eigenen, sondern auch unter der Kannennummer der GbR. Infolge eines Vergleichs zwischen dem Kläger und der GbR endete deren Zusammenarbeit am 31. Januar 2007.

2

Im streitigen Zwölfmonatszeitraum (ZMZ) 2006/2007 hatte der Kläger von seinem Hof … kg Milch unter dem Namen der GbR an die Molkerei geliefert, woraufhin der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) mit Abgabebescheid vom 9. Dezember 2011 von dem Kläger eine Milchabgabe in Höhe von … € forderte mit der Begründung, die Pachtverträge mit der GbR könnten nicht anerkannt werden und die gesamte Milcherzeugung sei somit dem Kläger zuzurechnen. In Anbetracht der Unvollständigkeit bzw. Unrichtigkeit der Angaben über die Milcherzeugung finde auch keine Saldierung statt.

3

Einspruch und Klage gegen den Abgabebescheid blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Kläger sei für die der Molkerei im ZMZ 2006/2007 im Namen der GbR gelieferte Milch Schuldner der vom HZA erhobenen Milchabgabe geworden. Der Kläger habe in diesem Zeitraum Milch in der im Namen der GbR gelieferten Menge überliefert und sei auch Erzeuger dieser Milch gewesen. Der Kläger habe gerade wegen der unrichtigen oder unvollständigen Angaben über seine tatsächliche Milchlieferung zudem keinen Anspruch auf eine nachträgliche Saldierung. Eine Verletzung höherrangigen Rechts sei in der Erhebung der Milchabgabe nicht zu sehen. Weder die Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 2004 (BGBl I 2004, 2143) noch das Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen verletzten das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Grundgesetzes. Selbst wenn die Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/123) rechtswidrig zustande gekommen wäre, hätte die Abgabe aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 (VO Nr. 3950/92) des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 405/1) erhoben werden können. Der Abgabesatz des Art. 2 VO Nr. 1788/2003 sei mit Blick auf das Ziel der Verordnung, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern, sowie dank der Möglichkeit, geringfügige Überlieferungen durch Saldierungen abzufangen, auch verhältnismäßig. Selbst wenn der Verzicht auf eine Saldierung auf Unionsebene zu einer unterschiedlichen Behandlung der überliefernden Milcherzeuger in den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Möglichkeit der Teilnahme an der Saldierung sowie die Pflicht zur Entrichtung der Milchabgabe führe, sei darin keine Diskriminierung im Sinne einer strukturellen Benachteiligung zu sehen; es stehe jedem Mitgliedstaat frei, die in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen zur Verfügung stehenden unionsrechtlichen Saldierungsmöglichkeiten zu nutzen.

4

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Er macht weiterhin geltend, die im Streitfall maßgebenden unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften über die Erhebung der Milchabgabe seien nichtig und die ersatzweise Anwendung der VO Nr. 3950/92 als Grundlage zur Berechnung einer festzusetzenden Milchabgabe sei ausgeschlossen. Er bezeichnet diesbezüglich fünf Fragen als grundsätzlich klärungsbedürftig.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die mit der Beschwerde formulierten Fragen sind höchstrichterlich geklärt bzw. lassen sich nur so beantworten, wie es das FG getan hat.

6

1. Die Vereinbarkeit der Vorschriften über die Milchabgabe mit höherrangigem Recht ist wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 14. Mai 2009 C-34/08 --Azienda Agricola Disarò Antonio u.a.-- Slg. 2009, I-4023, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2009, 219, und Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2009 VII B 253/08, BFH/NV 2010, 267, m.w.N.). An der Gültigkeit der der Milchabgabe zugrunde liegenden unionsrechtlichen Vorschriften bestehen keine Zweifel (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 VII B 86/12, BFH/NV 2014, 585, und VII B 87/12, BFH/NV 2014, 741).

7

a) Wie vom EuGH in seinem Urteil in Slg. 2009, I-4023 Rz 44 ff., ZfZ 2009, 219, 221 ausgeführt, verfügt der Gesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 33 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG--) über ein weites Ermessen, das er mit Erlass der VO Nr. 1788/2003 nicht überschritten hat, indem er das in Art. 33 Abs. 1 Buchst. c EG ausdrücklich erwähnte Ziel der Stabilisierung der Märkte verfolgt und diesem Ziel Vorrang eingeräumt hat. Die in der VO Nr. 1788/2003 vorgesehene Abgabenregelung zielt darauf ab, auf dem durch strukturelle Überschüsse gekennzeichneten Milchmarkt durch eine Beschränkung der Milcherzeugung das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen, und hält sich daher im Rahmen der Ziele, die Milcherzeugung zu rationalisieren und für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung aufrechtzuerhalten. Auch mit den in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a und b EG genannten Zielen ist die VO Nr. 1788/2003 vereinbar (s. auch Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2014, 585, 587, und in BFH/NV 2014, 741, 743).

8

b) Dass der Unionsgesetzgeber berechtigt ist, die Milchproduktion in der Union zu beschränken, indem er Überproduktion mit einer Abgabe belegt, steht also nach der Rechtsprechung des EuGH und des Senats fest. Dabei liegt es im Ermessen des Verordnungsgebers, die Milcherzeuger auch unabhängig von einem Milchrichtpreis zur Einhaltung einer bestimmten Produktionsmenge mithilfe einer Milchabgabe anzuhalten (vgl. EuGH-Urteile vom 25. März 2004 C-231/00 u.a. --Cooperativa Lattepiù u.a.--, Slg. 2004, I-2869, und in Slg. 2009, I-4023, ZfZ 2009, 219; Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2010, 267, 268; vom 13. Juli 2011 VII B 223/10, BFH/NV 2011, 1732, sowie in BFH/NV 2014, 585, 588, und in BFH/NV 2014, 741, 743). Eine Überschreitung des diesbezüglich unionsrechtlich eingeräumten Ermessensspielraums ist nicht erkennbar.

9

2. Wie bereits in den Senatsbeschlüssen in BFH/NV 2014, 585, 588 und in BFH/NV 2014, 741, 743 f. ausgeführt, rechtfertigen selbst etwaige zur Nichtigkeit der VO Nr. 1788/2003 führende Verstöße gegen wesentliche Formvorschriften im europäischen Gesetzgebungsverfahren die Zulassung der Revision nicht. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Selbst wenn die gesamte (inzwischen außer Kraft getretene) VO Nr. 1788/2003 wegen Missachtung des Konzertierungsverfahrens durch den Rat sowie des nicht einstimmig gefassten Beschlusses über ihre Verabschiedung nichtig gewesen sein sollte, wäre auch Art. 25 VO Nr. 1788/2003 über die Aufhebung der VO Nr. 3950/92 nichtig. Die VO Nr. 3950/92 hätte weiter gegolten und wäre weiterhin die unionsrechtliche Grundlage für die Erhebung der Milchabgabe geblieben. Dass bei Fortgeltung der VO Nr. 3950/92 keine oder eine geringere Milchabgabe gegen den Kläger festzusetzen gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Vielmehr wäre auch die im Zusammenhang mit der VO Nr. 1788/2003 erlassene Verordnung (EG) Nr. 1787/2003 des Rates vom 29. September 2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse in diesem Fall nichtig und der Milchrichtpreis nicht aufgehoben worden. Es wäre der Richtpreis gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 (VO Nr. 1255/1999) des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse anzuwenden. Der sich daraus ergebende Milchabgabensatz wäre --wie vom FG zu Recht dargelegt-- letztlich höher als der sich aus Art. 2 VO Nr. 1788/2003 ergebende Abgabensatz.

10

3. Vom Kläger vorgetragene Bedenken hinsichtlich der Fortgeltung der VO Nr. 1255/1999 über den 1. April 2004 hinaus und somit nach dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur EU spielen im Streitfall bereits mangels Betroffenheit des Klägers keine Rolle. Eine etwaige Diskriminierung von Milcherzeugern anderer Länder kann der Kläger nicht geltend machen. Darüber hinaus haben sich die Beitrittsländer 2004 dem System der Milchabgabenpflicht für Erzeuger im Fall einer Überproduktion unterworfen, indem sie auf der Grundlage der Beitrittsakte seit dem 1. Mai 2004 als neue Mitgliedstaaten den EU-Besitzstand einschließlich der vollständigen Milchquotenregelung anwenden. Entgegen der Auffassung des Klägers, die Erhebung einer Milchabgabe entspreche für die Zeit nach 2004 nicht mehr der gemeinsamen Agrarpolitik aller Mitgliedstaaten, ist die Festsetzung einer Milchabgabe nach der Rechtsprechung des EuGH also weiterhin ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel zur Einhaltung einer bestimmten Produktionsmenge.

11

Der Hinweis auf die kritische Stellungnahme des juristischen Dienstes des Rates zur Rechtsgrundlage der Milchabgabe kann die Argumentation des Klägers nicht stützen, da sie sich lediglich auf das Quotenjahr 2014/2015 bezieht und somit die Besonderheit des letzten ZMZ vor Ende der Milchquotenregelung betrifft.

12

4. Im Übrigen ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.