Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 29. Nov. 2017 - 1 BvR 1904/17

ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20171129.1bvr190417
published on 29/11/2017 00:00
Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 29. Nov. 2017 - 1 BvR 1904/17
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

1

Die unmittelbar gegen eine erfolglose Richterablehnung im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren zweiter Instanz gerichtete Verfassungsbeschwerde ist mangels Subsidiarität nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).

2

Der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass Beschwerdeführende alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreifen, um eine fachgerichtliche Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder diese zu verhindern (vgl. BVerfGE 81, 22 <27>; 104, 65 <70>; stRspr). Das gilt auch für Verletzungen durch gerichtliche Zwischenentscheidungen, die noch mit der Anfechtung der Endentscheidung gerügt und behoben werden können und nicht bereits zu einem bleibenden rechtlichen Nachteil für die Betroffenen führen (vgl. BVerfGE 21, 139 <143 f.>; 24, 56 <60 f.>; 101, 106 <120>; 119, 292 <294>), namentlich auch im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGK 9, 449 <451 f.>; 13, 72 <75 f.>).

3

Die Beschwerdeführerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe "Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG" bei der Zwischenentscheidung über ihr Ablehnungsgesuch "grundlegend verkannt". Hierzu sind jedoch nicht sämtliche fachgerichtlichen Rechtsbehelfe erschöpft.

4

§ 49 Abs. 3 ArbGG bestimmt zwar, dass gegen Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen kein Rechtsmittel stattfindet. Jedenfalls soweit es wie hier um Ablehnungsentscheidungen in der Berufungsinstanz geht, überprüft das Bundesarbeitsgericht aber im Rahmen der § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG in Verbindung mit § 547 Nr. 1 ZPO vorschriftsgemäße Gerichtsbesetzungen darauf, ob Ablehnungsgesuche in der Vorinstanz unter grundlegender Verkennung von Bedeutung und Tragweite des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG behandelt wurden (vgl. BAG, Beschluss vom 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 -, juris, Rn. 6; Beschluss vom 17. März 2016 - 6 AZN 1087/15 -, juris, Rn. 7; Beschluss vom 29. August 2016 - 9 AZN 533/16 -, BeckRS 2016, 72260, Rn. 7).

5

Es ist hier nicht ersichtlich, dass dieser Rechtsbehelf unzumutbar sein sollte (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Die Beschwerdeführerin hat nichts dazu ausgeführt, dass ihr nach Durchführung eines ersten Termins bei einstweiliger Fortführung des Berufungsverfahrens ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entsteht.

6

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

7 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 17/03/2016 00:00

Tenor 1. Auf die Beschwerde des Beklagten wird das zweite Versäumnisurteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 22. Oktober 2015 - 9 Sa 108/15 - aufgehoben.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Über die Ablehnung von Gerichtspersonen entscheidet die Kammer des Arbeitsgerichts.

(2) Wird sie durch das Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das Landesarbeitsgericht.

(3) Gegen den Beschluß findet kein Rechtsmittel statt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.