Bundessozialgericht Urteil, 15. Juli 2015 - B 6 KA 28/14 R

bei uns veröffentlicht am15.07.2015

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 3. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt eine höhere Honorierung ihrer vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere für das Quartal II/2005.

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Die klägerische, aus drei Hals-, Nasen-, Ohrenärzten bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) ist seit dem 3. Quartal 2004 in der derzeitigen Zusammensetzung vertragsärztlich in N. tätig. Im streitbefangenen Quartal wurde nach dem für die Mitglieder der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung ab dem 1.4.2005 geltenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) der in Punkten anzuerkennende Leistungsbedarf des Vertragsarztes bzw der BAG in ein Individualvolumen (IV) und ein Restvolumen (RV) aufgeteilt. Der Leistungsbedarf des IV ergab sich je Arztpraxis bzw Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) aus der Multiplikation des arztgruppenbezogenen Durchschnittsvolumens mit dem individuellen Anpassungsfaktor und der Zahl der Ärzte der Praxis bzw des MVZ. Die Basis zur Berechnung des arztgruppenbezogenen Durchschnittsvolumens bildeten 72,50 % der im Vorjahresquartal gezahlten Ersatz- bzw Primärkassenhonorare der jeweiligen Fachgruppe. Diese Honoraranteile wurden im Bereich der Ersatzkassen durch einen Punktwert von 0,040 Euro und für den Bereich der Primärkassen durch einen Punktwert von 0,033 Euro dividiert. Die Division der Summe der so ermittelten Punkte für Ersatz- und Primärkassen durch die Arztzahl der Fachgruppe (einschließlich angestellte Ärzte, die im Rahmen der Bedarfsplanung berücksichtigt werden) im jeweiligen Vorjahresquartal, gerundet auf eine Dezimalstelle, bildete das Durchschnittsvolumen der Fachgruppe. Der individuelle Anpassungsfaktor ergab sich im Wege einer Günstigkeitsprüfung entweder aus einem Vergleich der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Quartal, höchstens jedoch der um 3 % erhöhten Fallzahl des jeweiligen Vorjahresquartals, zur Durchschnittsfallzahl je Arzt der Fachgruppe des Vorjahresquartals oder aus einem Vergleich der Leistungsanforderung der Arztpraxis im Vorjahresquartal zur Durchschnittsanforderung der Fachgruppe im Vorjahresquartal. Der jeweils höhere Faktor fand als individueller Anpassungsfaktor Eingang in die Berechnung des IV. Die Punktwerte für das IV waren für Ersatz- und Primärkassen auf 0,040 Euro und 0,033 Euro festgelegt.

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Mit Bescheid vom 25.10.2005 erteilte die Beklagte der Klägerin die Honorarabrechnung für das Quartal II/2005. Die Klägerin hatte bei 2912 Fällen einen Gesamt-Leistungsbedarf von 4 696 030,5 Punkten. Das Durchschnittsvolumen für die Fachgruppe der HNO-Ärzte laut Anlage 3 des HVV (857 045,8) wurde mit dem Anpassungsfaktor 1,25 auf für drei Ärzte insgesamt 3 213 921,8 Punkte fortgeschrieben und ergab das IV. Der Anpassungsfaktor für die Klägerin wurde aus dem Verhältnis ihrer Leistungsanforderung aus dem Vorjahresquartal zum durchschnittlichen Leistungsbedarf der Fachgruppe in diesem Quartal errechnet. Der prozentuale Anteil des IV am Leistungsbedarf lag bei 68,4391 %. Die übrige Leistungsanforderung von 1 482 108,7 Punkten wurde im RV honoriert. Die Leistungen im IV wurden im Ersatzkassenbereich mit 4,0958 Cent je Punkt und im Primärkassenbereich mit 3,3000 Cent je Punkt honoriert. Die Punktwerte für das RV betrugen im Bereich der Ersatzkassen 2,0000 Cent, im Bereich der Primärkassen 1,2719 Cent. Insgesamt ergab sich für Leistungen der Klägerin, die unter das IV/RV nach dem HVV fielen, ein Honorar von 139 660,01 Euro. Das Gesamthonorar der Klägerin unter Einbeziehung der Vergütung von Leistungen außerhalb des IV/RV lag bei 158 393,23 Euro.

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Den Antrag auf Erhöhung des Anpassungsfaktors auf 1,5 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.2005 ab, weil eine Analyse der Abrechnungsergebnisse der Klägerin keine Anhaltspunkte für eine Benachteiligung habe erkennen lassen. Da die Klägerin im streitbefangenen Quartal weniger Fälle als der Fachgruppendurchschnitt (3.411 Fälle) behandelt habe, werde für die Folgequartale die Fallzuwachsbegrenzung bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts ausgesetzt.

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Die gegen die Bescheide ohne Begründung erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.2.2006 zurück.

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Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11.3.2011 abgewiesen und ausgeführt, hinsichtlich des Bescheides vom 14.11.2005 fehle es der Klägerin an einem Rechtsschutzbedürfnis, sodass die Klage insoweit unzulässig sei. Ob der der Honorierung zugrunde gelegte Anpassungsfaktor nach dem im jeweils streitigen Quartal geltenden HVV rechtmäßig gewesen sei, sei stets im Rahmen der Überprüfung der angegriffenen Honorarbescheide zu beurteilen. Im Hinblick auf den (Honorar-)Bescheid vom 25.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2006 sei die Klage unbegründet. Die Regelungen des HVV der Beklagten beachteten den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit und seien rechtmäßige Vergütungsbegrenzungsregelungen. Sie stellten sich in ihren Auswirkungen als ein dem Regelleistungsvolumen (RLV) vergleichbares Steuerungsinstrument iS des III. Nr 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 dar. Kernpunkte der Regelleistungsvolumina seien die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; für darüber hinausgehende Leistungsmengen erfolge eine Abstaffelung der Punktwerte. Eben dies vollziehe der HVV der Beklagten nach. Im IV seien feste Punktwerte gewährleistet gewesen. Die Vorgabe der Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte erfülle der HVV durch die Bildung der arztgruppenspezifischen Durchschnittsvolumina. Die daran anknüpfende Errechnung praxisindividueller Grenzwerte sei zulässig. Da die Beklagte am 15.3.2005, also vor Beginn des Quartals II/2005, sowohl die Daten zu den Durchschnittsvolumina als auch die Daten zur Errechnung der Anpassungsfaktoren veröffentlicht habe, sei auch die prognostische Kalkulationssicherheit gegeben gewesen. Soweit die Klägerin vortrage, zwar eine unterdurchschnittliche Fallzahl zu haben, dafür aber je Fall eine größere Leistungsmenge abzurechnen, werde diesem Umstand gerade durch die Regelungen zum Anpassungsfaktor samt Günstigkeitsklausel Rechnung getragen. Eine weitergehende Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten würde letztlich auf eine Aussetzung der Honorarbegrenzung und damit einhergehend eine gleichheitswidrige Benachteiligung der weiteren Ärzte der klägerischen Fachgruppe hinauslaufen. Aus dem Leistungsdatenvergleich der Klägerin mit dem Fachgruppendurchschnitt zeige sich gerade, dass die höhere Punkteanforderung der Klägerin je Fall mit einer höheren Vergütung je Fall einhergehe; auch erreichten die Ärzte der Klägerin ein um 17,5 % über dem Fachgruppendurchschnitt liegendes Honorar.

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Das LSG hat mit Urteil vom 3.12.2013 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen. Die angegriffenen Regelungen des HVV genügten den Anforderungen des § 85 Abs 4 Satz 5 bis 8 SGB V aF. Die Beklagte habe zu Recht ausgeführt, dass der zum 1.4.2005 in Kraft getretene HVV die vorherige Systematik der arztgruppenspezifischen Grenzwerte mit festen Punktwerten und einem Anpassungsfaktor (Systematik IV/RV) beibehalten und lediglich durch einen weiteren fallzahlbezogenen Anpassungsfaktor ergänzt habe. Beide Vergütungsmodelle hätten sich am durchschnittlichen Abrechnungsverhalten der Arztgruppe orientiert. Im Rahmen eines "vergleichbaren Steuerelements" sei ein Aufschlag von 130 Punkten bei Gemeinschaftspraxen nicht zwingend erforderlich gewesen. Den geltend gemachten Praxisbesonderheiten habe der im HVV vorgesehene Anpassungsfaktor, der sich nach dem Günstigkeitsprinzip entweder an den Fallzahlen oder an dem abgerechneten Punktzahlvolumen orientiert habe, Rechnung getragen. Einer weiteren Erhöhung habe es nicht bedurft, zumal die einzelnen Ärzte der Klägerin Einkommen deutlich über dem Fachgruppenniveau erzielt hätten.

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Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin. Sie macht geltend, der HVV enthalte weder ein durch vorab festgelegte Werte bestimmtes RLV noch feste Punktwerte. Das Durchschnittsvolumen der Fachgruppe stelle sich je nach Quartal unterschiedlich dar, sodass nicht von festen Werten ausgegangen werde, weshalb eine Vergleichbarkeit mit den gesetzlichen Regelungen nicht gegeben sei. Das Ziel der Kalkulationssicherheit werde verfehlt, weil das auf der Grundlage der in jedem Quartal unterschiedlichen Fachgruppendurchschnittswerte gebildete IV und der darauf angewandte Anpassungsfaktor, der von den individuellen Verhältnissen der Praxis abhänge, dazu führe, dass die endgültige Höhe des Volumens nicht absehbar sei und nicht feststehe, wie die jeweilige ärztliche Leistung vergütet werde. Die Durchschnittswerte würden von der Beklagten gar nicht bzw erst nach Ablauf des entsprechenden Quartals veröffentlicht. Das System des RLV setze entscheidend bei den Fallzahlen an, eine vergleichbare Einwirkung auf das IV sei nicht zu erkennen. Das LSG habe gänzlich außer Acht gelassen, dass nur 72,5 % des Honorarkontingents des Vorjahresquartals zur Verfügung gestellt worden seien. Die Kürzung des Volumens um 27,5 % führe zu kontinuierlich geringer werdenden Grenzwerten. In den Quartalen II/2005 bis IV/2008 sei der obere Punktwert der Primärkassen mehrmals unterschritten worden, ebenso der untere Punktwert der Ersatzkassen, sodass keine festen Punktwerte gewährleistet gewesen seien. Auch hätten sich für unterschiedliche Facharztgruppen unterschiedliche Punktwerte ergeben. "Vergleichbare Steuerungsinstrumente" hätten nur bis zum 31.12.2005 fortgeführt werden dürfen, sodass der HVV jedenfalls ab dem 1.1.2006 rechtswidrig gewesen sei. Entgegen den Vorgaben des BewA sehe der HVV auch keinen Zuschlag für Gemeinschaftspraxen vor. Nicht berücksichtigt sei auch, dass nach den Vorgaben des BewA die Vergütung bestimmter Leistungen, wie etwa der belegärztlichen Leistungen, außerhalb der RLV vorgesehen sei. Es fehle im HVV der Beklagten an einer Härtefallregelung, in deren Rahmen sie Praxisbesonderheiten habe geltend machen können wie etwa die belegärztliche Tätigkeit, aus der 24 % der Leistungsanforderung resultierten. Der HVV verstoße gegen den Grundsatz der Normenklarheit, weil der Begriff des "Anpassungsfaktors" weder definiert werde, noch seine Auswirkungen erkennbar seien.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts für das Saarland vom 3. Dezember 2013 und des Sozialgerichts für das Saarland vom 11. März 2011 sowie die Bescheide der Revisionsbeklagten vom 25. Oktober 2005 und 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über ihren Honoraranspruch für das Quartal II/2005 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Honorarbescheid beruhte auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage dieser erging, verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Der HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen(-Verbände) mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten, entsprach - soweit dies im Streit steht - den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(in der seinerzeit maßgeblichen, vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) ebenso wie den Regelungen im Beschluss des BewA zur Festlegung von RLV vom 29.10.2004 ( DÄ 2004, A 3129 ff). Ein Anspruch der Klägerin auf Änderung des zugrunde gelegten Anpassungsfaktors oder auf Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten unter Härtegesichtspunkten bestand nicht.

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1. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF waren in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung waren nach der Rechtsprechung des Senates zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V aF waren außerdem für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen(stRspr seit BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 18 und Nr 70 RdNr 15; zuletzt BSG Urteil vom 19.2.2014 - B 6 KA 16/13 R - Juris RdNr 39; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 16; BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 37). Die Partner der HVV blieben berechtigt, ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzugeben, soweit damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wurde (vgl zuletzt BSG Urteil vom 19.2.2014 - B 6 KA 16/13 R - Juris RdNr 20 mwN). Der Senat hat wiederholt (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; Nr 70 RdNr 16; Nr 73 RdNr 17; BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 18) ausgeführt: "Die Formulierung 'insbesondere' in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften."

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Nach der Übergangsregelung, die der BewA durch Beschluss vom 29.10.2004 normiert hat (Teil III Nr 2.2 BRLV, DÄ 2004, A 3129 ff; - zur Vereinbarkeit mit der zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF s grundlegend BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 ff, und aus jüngerer Zeit BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 23 und Nr 70 RdNr 20) konnten Steuerungsinstrumente, die mit der gesetzlichen Regelung in ihren Auswirkungen vergleichbar waren, fortgeführt werden. Die Regelung des BewA über die "Fortführung" von Steuerungsinstrumenten stand zwar grundsätzlich Honorarverteilungsregelungen entgegen, die von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF wegführten(vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22 ff), hinderte aber nicht einzelne Änderungen der Honorarverteilung, soweit die wesentlichen Grundzüge des Steuerungsinstruments unverändert blieben (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 24; Nr 70 RdNr 21; Nr 73 RdNr 27).

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2. Nach diesen Maßstäben hat der zum 1.4.2005 geschlossene HVV die bis zum 31.3.2005 geltenden Steuerungsinstrumente in ausreichendem Maße "fortgeführt". Die fortgeführten Steuerungsinstrumente waren auch in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar, deren Kernvorgaben die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte waren(vgl zuletzt BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76 RdNr 37 mwN). Bereits zuvor sahen hier die Honorarverteilungsregelungen der Beklagten ein IV vor, das an arztgruppenspezifische Durchschnittswerte anknüpfte, die mit einem Anpassungsfaktor "individualisiert" wurden. Der individuelle Anpassungsfaktor ergab sich aus dem Verhältnis des anzuerkennenden Leistungsbedarfs zum arztgruppenbezogenen Durchschnittsvolumen. Der ab dem 1.4.2005 geltende HVV hat diese Systematik mit der Maßgabe fortgeführt, dass ein weiterer fallzahlbezogener Anpassungsfaktor eingefügt wurde, der alternativ zu dem am Leistungsbedarf orientierten Anpassungsfaktor zur Anwendung kam, wenn er für den Arzt günstiger war. Gleichzeitig entfiel die Leistungsbegrenzung durch das anerkannte Punktzahlvolumen des Vorjahresquartals.

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Die fortgeführten Steuerungsinstrumente waren "in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar"(Teil III Nr 2.2 BRLV, DÄ 2004, A 3129 ff). Der Senat hat mit Blick auf die Regelungskompetenz des BewA auf der Grundlage des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V aF mehrfach ausgeführt(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21 sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 28 und Nr 70 RdNr 23), dass nicht eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF erforderlich war. Ausgeschlossen war indessen eine Auslegung der Übergangsvorschrift, die faktisch zu einer vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben geführt haben würde. Deshalb konnte es im Rahmen der Übergangsvorschrift nicht gestattet sein, dass eine Honorarverteilungsregelung sich im Vergleich zu den bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF entfernte(BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68, RdNr 28 f; Nr 70 RdNr 23 f). Dies erforderte entweder, dass die zu prüfende Honorarverteilungsregelung dem gesetzlichen Ziel deutlich näher stand als die Vorgängerregelung, oder, dass die Regelung bereits - ohne dass es einer Änderung bedurfte - eine ausreichende Nähe zu den gesetzlichen Vorgaben aufwies (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 30; Nr 70 RdNr 24; Nr 73 RdNr 29). Der HVV hat hier eine ohnehin den RLV nahestehende Regelung weiter verfeinert.

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a) Das Honorarvolumen des Arztes wurde nicht im Sinne eines typischen Individualbudgets durch praxisindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen bestimmt, sondern in wesentlichem Ausmaß durch fachgruppenspezifische Werte geprägt. Ausgangspunkt war nach der Konzeption des HVV das Punktzahlvolumen des Fachgruppendurchschnitts im Vorjahresquartal. Dabei war Basis der Berechnung des arztgruppenbezogenen Durchschnittsvolumens 72,5 % des im Vorjahresquartal gezahlten Ersatz- und Primärkassen-Honorars der jeweiligen Fachgruppe. Ebenso wie bei der Berechnung der Fallpunktzahl für das RLV wurde damit nur ein Teil der abgerechneten Leistungen erfasst. Der zur Festlegung des mit einem festen Punktwert zu vergütenden Leistungsvolumens zugrunde gelegte Anteil des Leistungsbedarfs unterlag dem Faktor 0,8, mit dem nach dem BRLV die Fallpunktzahl für das RLV zu ermitteln war (Anlage 2 zum Teil III zum Beschluss vom 29.10.2004: arztgruppenspezifischer Leistungsbedarf in Punkten geteilt durch arztgruppenspezifische Anzahl der Behandlungsfälle multipliziert mit 0,8). Der hier nach dem HVV für die Berechnung des Fachgruppendurchschnitts anzusetzende Faktor lag hiervon nur etwa 10 % entfernt. Damit haben die Partner des HVV ihren Gestaltungsspielraums nicht überschritten. Mit der Einbeziehung von fast ¾ des durchschnittlichen Honorarvolumens wurde der ganz überwiegende Anteil der vertragsärztlichen Leistungen durch das IV erfasst. Auch in den Folgequartalen blieb Anknüpfungspunkt für die Berechnung des durchschnittlichen Leistungsbedarfs jeweils das gesamte im jeweiligen Referenzquartal gezahlte Honorar. Die von der Klägerin aufgezeigte Reduzierung des dem IV zugrunde gelegten durchschnittlichen Punktzahlvolumens in den Folgequartalen verläuft dementsprechend auch nicht exponentiell, sondern kontinuierlich. Deutlich wird damit, dass der intendierte Begrenzungseffekt tatsächlich eingetreten ist.

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Das Punktzahlvolumen des Fachgruppendurchschnitts wurde zwar mit einem individuellen Anpassungsfaktor multipliziert, dessen Berechnung in § 5 II D 4 (a) HVV im Einzelnen hinreichend klar vorgegeben war. Aus dieser individuellen Anpassung folgt jedoch noch nicht, dass ein Individualbudget gebildet wurde. Soweit der praxisindividuelle Leistungsbedarf und die individuelle Fallzahl in Relation zum durchschnittlichen Leistungsbedarf und der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe gesetzt wurden, wurde in zulässiger Weise der individuellen Ausrichtung der Praxis in Grenzen Rechnung getragen. Während bei dem RLV, wie der BRLV es vorsah, eine Multiplikation der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl mit der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal stattfand, legte der HVV der Beklagten das durchschnittliche Punktzahlvolumen der Fachgruppe zugrunde, das nur durch den Anpassungsfaktor individualisiert wurde. Insofern war die Vergütung nach dem HVV eher stärker am Fachgruppendurchschnitt orientiert als die RLV nach dem Beschluss des BewA. So wie der Senat angenommen hat, dass die Anpassung von persönlichen Punktzahlvolumina aus zurückliegenden Quartalen mittels eines einheitlichen Faktors der Arztgruppe die grundsätzliche Bindung an das individuelle Leistungsvolumen im Referenzzeitraum nicht aufhebt, sondern nur modifiziert (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 31), wird hier durch den individuellen Anpassungsfaktor die grundsätzliche Bindung an den Fachgruppendurchschnitt nicht in Frage gestellt.

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Der Anpassungsfaktor war auch nicht strikt an den konkreten Gegebenheiten der Praxis ausgerichtet, sondern wurde in zwölf Abstufungen mit einem Faktor von 0,125 bis 1,50 festgesetzt. Insofern erfolgte eine Verfeinerung des Anpassungsfaktors, der im davor geltenden HVV in sechs Stufen festgesetzt worden war. Der Umstand, dass der für die Praxis günstigste Anpassungsfaktor angewandt wurde, berücksichtigte den vom Senat herausgestellten Zusammenhang zwischen hoher Fallzahl und niedriger Fallpunktzahl einerseits - dann wird der Anpassungsfaktor für die Fallzahlen höher sein - und eher niedriger Fallzahl und hohem Fallwert in spezialisierten Praxen andererseits - dann wird der Anpassungsfaktor bei den Fallpunktzahlen höher sein (vgl BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 26 ff). Der Senat hat die weitere Untergliederung der im BRLV aufgeführten Arztgruppen in drei "fallwertbezogene" Untergruppen als zulässige weitere Steuerungsmaßnahme im RLV-System und ihre sachliche Rechtfertigung darin gesehen, dass arztgruppenspezifische Grenzwerte naturgemäß unterschiedlichen Praxisstrukturen nur unzureichend Rechnung tragen, sodass die HVV Regelungen über eine abweichende Festsetzung der RLV oder jedenfalls entsprechende Härtefallregelungen enthalten müssten. Die Vertragspartner des HVV waren danach im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums auch berechtigt, die ohnehin unvermeidliche besondere Behandlung von Praxen mit einer vom Regelfall abweichenden Praxisstruktur nicht auf einer späteren Stufe - über Sonderregelungen zum RLV für bestimmte Leistungen oder über Härtefallentscheidungen - zu realisieren, sondern bereits vorab bei der Ausgestaltung der Regelungen über die Bemessung der Fallpunktzahl. Eine vergleichbare Funktion kam hier dem Anpassungsfaktor zu. Der Klägerin ist zuzugeben, dass den Fallzahlen bei der im HVV geregelten alternativen Vorgehensweise eine geringere Bedeutung beigemessen wurde als bei dem im BRLV vorgesehenen Verfahren der Multiplikation der Fallpunktzahl mit der Fallzahl. Die Klägerin, die unterdurchschnittliche Fallzahlen hatte, hat allerdings von der Regelung profitiert und ist insoweit nicht beschwert. Im Übrigen fanden die Fallzahlen typisierend ausreichend Berücksichtigung durch den gestaffelten Anpassungsfaktor, der ab dem 1.4.2005 eben auch fallzahlbezogen ermittelt wurde. Die Untergliederung in zwölf Untergruppen je nach abgerechneter Fallzahl und Leistungsvolumen ist zwar wesentlich "kleinteiliger" als die Einteilung in drei fallwertbezogene Untergruppen, die der Senat im Hinblick auf eine typisierende Unterscheidung nach dem Leistungsspektrum der Praxen als ergänzende Steuerungsmaßnahme gebilligt hat. Strukturell steht die Konzeption des angegriffenen HVV den RLV-Regelungen aber ebenfalls nahe genug, um eine Vergleichbarkeit annehmen zu können.

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Sie gewährleistete hinsichtlich der Leistungsmenge auch eine hinreichende Kalkulationssicherheit. Zwar variierten naturgemäß die Durchschnittswerte der Fachgruppe in den jeweiligen Vorjahresquartalen als Berechnungsgrundlage für das IV. Die Werte wurden jedoch bekanntgegeben, für das streitbefangene Quartal II/2005 gleichzeitig mit den für das Quartal III/2005 ermittelten Werten mit Übersendung des HVV am 15.3.2005. Damit war bereits vor dem Quartal II/2005 klar, von welcher Leistungsmenge grundsätzlich auszugehen war. Da auch die für die Bestimmung des Anpassungsfaktors maßgeblichen individuellen Daten vom Vertragsarzt selbst unschwer zu ermitteln waren, konnte die im IV vergütete Leistungsmenge ausreichend bestimmt werden. Nicht erforderlich - und auch mit einem RLV nicht möglich - ist die genaue Berechnung des voraussichtlichen Honorars bereits zu Beginn eines Quartals.

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b) Es war auch in hinreichendem Maße ein fester Punktwert gewährleistet. Die Festlegung fester Punktwerte hat der Senat wiederholt als eine zentrale Vorgabe des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF bezeichnet(vgl BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17; Nr 70 RdNr 16; Nr 68 RdNr 19; Nr 58 RdNr 40; BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15). Der HVV der Beklagten sah für die Leistungen innerhalb des IV im Ersatzkassenbereich einen Punktwert von 0,040 Euro und im Primärkassenbereich von 0,033 Euro vor. Diese Vorgaben wurden im Quartal II/2005 eingehalten. Nach der von der Klägerin erstellten Auflistung der Punktwerte für die HNO-Ärzte in den Quartalen II/2005 bis IV/2008 wurde der obere Punktwert im Ersatzkassenbereich nur im Quartal III/2008 unterschritten, im Primärkassenbereich in insgesamt drei Quartalen (III/2007, III und IV/2008). Der Mindestpunktwert in Höhe von 10 % des festen Punktwertes des IV, dh im Ersatzkassenbereich mindestens 0,4 Cent und im Primärkassenbereich mindestens 0,33 Cent, mit dem das RV vergütet wurde, ist nach dieser Auflistung in keinem Quartal unterschritten worden.

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Damit waren sowohl für die Leistungen im IV als auch für die Leistungen im RV feste Punktwerte gegeben. Die gesetzliche Vorgabe "fester" Punktwerte ist dabei einschränkend dahingehend zu interpretieren, dass es ausreicht, wenn die Gewährung eines festen Punktwerts dem Grunde nach sichergestellt ist und es nicht regelhaft zu einer Abweichung von diesem Grundsatz kommt (BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 42; BSG Urteil vom 19.2.2014 - B 6 KA 16/13 R - Juris RdNr 44 mwN). Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen ist, weil bei gedeckelter Gesamtvergütung die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht wird, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen immer ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu einem immer weiter sinkenden Punktwert für die "freien Leistungen" führen müsste (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33). Ein gewisses Floaten der Punktwerte ist nicht zu vermeiden; das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung setzt vielmehr eine Quotierung voraus (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16; ebenso BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33). Dass sich, wie die Klägerin bemängelt, für die einzelnen Arztgruppen unterschiedliche Punktwerte ergaben, folgt daraus, dass für die einzelnen Fachgruppen Honorartöpfe gebildet waren. Die Bildung von Honorartöpfen ist aber auch im System der Vergütung nach RLV zulässig (vgl BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 25.3.2015 - B 6 KA 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

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Ist mithin die Systematik der IV als zulässige Fortführung bisheriger Steuerungsinstrumente zu sehen, ist unerheblich, dass der HVV keinen Aufschlag für Gemeinschaftspraxen vorsah, wie er im Teil III Nr 3.2.2 BRLV geregelt war. Aus Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA ergibt sich, dass die Bestimmungen zu den RLV keine Anwendung finden, wenn in zulässiger Weise vorhandene Steuerungsinstrumente fortgeführt werden (vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23; Nr 58 RdNr 21). Aus diesem Grund ist auch nicht zu beanstanden, dass der HVV die in Abschnitt III Nr 4.1 BRLV genannten Leistungen nicht aus dem IV ausgenommen hat. Im Übrigen enthält auch der hier maßgebliche HVV eine Liste von Leistungen, die vorab vergütet werden. Hierzu zählte etwa die Vergütung der im organisierten Notfallvertretungsdienst erbrachten Leistungen, die auch nach dem BRLV nicht dem RLV unterliegt. Soweit die Klägerin beanstandet, dass, anders als der BRLV dies für die RLV vorsieht, die belegärztlichen Leistungen dem IV unterliegen, begründet dies keinen Rechtsverstoß, weil ein rechtliches Gebot, die belegärztliche Tätigkeit stets außerhalb von Mengenbegrenzungsregelungen zu vergüten, nicht ersichtlich ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 4 RdNr 21 ff).

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Soweit die Klägerin vorträgt, "vergleichbare Steuerungsinstrumente" hätten nur bis zum 31.12.2005 fortgeführt werden dürfen, spielt dies für das streitbefangene Quartal keine Rolle. Im Übrigen ist die im Beschluss vom 29.10.2004 getroffene Regelung vom BewA in der Folgezeit verlängert worden (vgl für 2006: Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 16.12.2005, DÄ 2006, A 71 f).

25

3. Soweit die Klägerin geltend macht, es müsse für sie eine Härtefallregelung Anwendung finden, ist zunächst festzustellen, dass sie einen entsprechenden Antrag nicht gestellt hat. Ausdrücklich hat sie vielmehr die Änderung ihres Anpassungsfaktors beantragt. Insofern sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass der Anpassungsfaktor nur einer von zahlreichen Faktoren für die Honorarberechnung ist, die grundsätzlich nicht isoliert angefochten werden können (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11). In Anbetracht der durch den HVV vorgegebenen Berechnung des Anpassungsfaktors hat die Beklagte den Antrag als auf eine "Ausnahmeregelung" gerichtet interpretiert und eine solche mit Bescheid vom 14.11.2005 abgelehnt. Gleichzeitig hat sie die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung ausgesetzt. Einen Anspruch auf eine weitergehende begünstigende Regelung hat die Beklagte zu Recht verneint. Die Praxisstruktur der Klägerin mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen (vgl zu diesem Kriterium für die Annahme eines hohen Anteils an Spezialleistungen BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 23) wird - wenn auch nur grob - durch die Anwendung des leistungsbezogenen Anpassungsfaktors nachvollzogen.

26

Die weitere Berücksichtigung von "Praxisbesonderheiten", die die Klägerin im Übrigen nicht hinreichend anhand von Diagnosen spezifiziert hat, würde sich vom Konzept der RLV, wie es der Beschluss des BewA vom 29.10.2004 enthält, noch weiter entfernen. Die Annahme eines Härtefalles kommt nach der Rechtsprechung des Senats, soweit besondere Versorgungsstrukturen bereits grundsätzlich berücksichtigt werden, außerdem nur noch im seltenen Ausnahmefall in Betracht, wenn trotz entsprechender Mechanismen im HVV durch Umstände, die der Vertragsarzt nicht zu vertreten hat, ein unabweisbarer Stützungsbedarf entsteht (vgl SozR 4-2500 § 85 Nr 69 RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 29). Es müssten sowohl die wirtschaftliche Existenz der Praxis gefährdet sein als auch ein spezifischer Sicherstellungsbedarf bestehen (vgl BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 40; BSG Beschlüsse vom 28.10.2009 - B 6 KA 50/08 B - RdNr 11 und vom 8.12.2010 - B 6 KA 32/10 B - RdNr 17 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 29 mwN). Ansonsten könnten allenfalls noch gravierende Verwerfungen der regionalen Versorgungsstruktur zur Anerkennung einer Härte führen (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 148 f: Einziger auch konventionell arbeitender Radiologe im Landkreis). Für eine solche Situation fehlt es hier, nicht zuletzt im Hinblick auf das überdurchschnittliche Honorar, an jedem Anhaltspunkt.

27

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 85 Gesamtvergütung


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(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Februar 2013 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. September 2010 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für die Quartale II/2005 und III/2005, insbesondere die Rechtmäßigkeit des der Berechnung zugrundeliegenden Honorarverteilungsvertrages (HVV).

2

Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheiden vom 10.10.2005 sowie vom 6.1.2006 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für die Quartale II/2005 und III/2005 fest. Dabei legte sie den am 1.4.2005 in Kraft getretenen HVV zugrunde, welcher in seiner Anl 2 die Bildung von Regelleistungsvolumen (RLV) vorsah. Nach § 3 Abs 2 Nr 2 der Anl 2 waren für die dort genannten Arztgruppen mit mehr als 20 Mitgliedern jeweils drei Untergruppen mit unterschiedlichen Fallpunktzahlen (FPZ) zur Berechnung der RLV zu bilden. Maßstab für die Bestimmung der FPZ war der durchschnittliche Fallwert einer Arztpraxis in Punkten für RLV-relevante Leistungen in den Referenzquartalen III/2003 bis II/2004. Arztpraxen mit Fallwerten von bis zu 15 % über bzw unter dem Arztgruppendurchschnitt bildeten die Untergruppe U 2, Arztpraxen mit höheren Fallwerten die Untergruppe U 3 und die Praxen mit niedrigeren Fallwerten die Untergruppe U 1. Für die Fachgruppe der Klägerin (Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte, Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören) ergaben sich je nach Untergruppe sowie nach Alter des Patienten (0 - 5 Jahre/6 - 59 Jahre/ab 60 Jahre) folgende FPZ: U 1 = 420,1/464,1/872,1, U 2 = 453,6/550,6/996,5 und U 3 = 514,1/705,6/1165,6.

3

Widersprüche und Klage der in die Untergruppe U 1 eingestuften Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 8.3.2006, Urteil des SG vom 15.9.2010). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch der Klägerin für die Quartale II/2005 und III/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil des LSG vom 27.2.2013). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der HVV der Beklagten sei rechtswidrig, weil eine Unterteilung homogener Arztgruppen bei der Verteilung der Gesamtvergütungen weder mit den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V noch mit den Bestimmungen im Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 ( DÄ 2004, A-3129) vereinbar sei. Die vordergründige (Teil-)Umsetzung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben im HVV werde durch gesonderte Berechnungsvorgaben für die FPZ unterlaufen. Die Bildung von Untergruppen führe im Ergebnis zu einer Binnendifferenzierung der von dieser Regelung betroffenen Arztgruppen, weil die Größe des jeweiligen RLV neben der Behandlungsfallzahl im Abrechnungsquartal zusätzlich von einer vergangenheitsbezogenen Fallwertbetrachtung abhänge. Der Umfang des einer Arztpraxis zustehenden RLV bestimme sich nicht allein anhand arztgruppeneinheitlicher Grenzwerte, sondern vielmehr maßgeblich nach dem Umfang der Abweichung vom durchschnittlichen Fallwert der jeweiligen Arztgruppe in zurückliegenden Referenzquartalen. Demgegenüber sehe der Beschluss des BewA in Teil III Nr 3.2 BRLV vor, dass sich die FPZ einer Arztpraxis oder eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ausschließlich aus der Zugehörigkeit zu einer Arztgruppe gemäß der Anl 1 und der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen Berechnungsvorgabe in der Anl 2 zum Teil III BRLV bestimme. Hiervon weiche der HVV ab.

4

Eine Berechtigung der Beklagten zur Abweichung von den (gesetzlichen bzw vertraglichen) Vorgaben bestehe nicht. Die Einführung von Untergruppen stelle keine Ergänzung der Steuerungsinstrumente im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar, wie bereits aus der strukturellen Ausrichtung folge, die mit der Binnendifferenzierung verbunden sei. Durch die Einführung von Untergruppen nach Abschaffung der Praxis- und Zusatzbudgets solle eine individualisierte Leistungsbewertung anhand des spezifischen Leistungsspektrums einer Arztpraxis gewährleistet und so deren Status quo erhalten werden. Die im HVV der Beklagten vorgesehenen RLV bauten demnach maßgeblich auf den praxisindividuellen Abrechnungsergebnissen vergangener Zeiträume auf. Damit werde der vom Gesetzgeber mit der Einführung von RLV bezweckte Vorteil für die Vertragsärzte konterkariert und damit abgewandelt. Im Ergebnis führten die hier beanstandeten HVV-Bestimmungen dazu, dass die Größe des RLV einer Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal maßgeblich von deren Fallwerten in den zurückliegenden Referenzquartalen abhänge. Je stärker der Fallwert einer Arztpraxis in der Vergangenheit von dem durchschnittlichen Fallwert der jeweiligen Arztgruppe abgewichen sei, umso kleiner bzw größer sei die der Arztpraxis zuzuweisende FPZ. Unter Berücksichtigung der Abstaffelungsregelung bedeute dies, dass die Arztpraxen der Untergruppe U 1 auch durch eine Steigerung ihrer Fallzahlen um den Faktor 3 kein RLV erhielten, dass dem einer in die Untergruppe U 3 eingestuften Arztpraxis mit einer nur durchschnittlichen Fallzahl entspreche.

5

Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, dass die Honorarverteilung der Beklagten auf arztgruppeneinheitlichen FPZ bzw Grenzwerten aufbaue. Eine Berechtigung zur Einführung von Untergruppen könne auch nicht aus der in Satz 2 der Anl 1 zu Teil III BRLV eingeräumten Differenzierungsmöglichkeit hergeleitet werden, da sich diese nicht auf eine Modifizierung der arztgruppeneinheitlichen FPZ für die Bestimmung der RLV beziehe, sondern lediglich auf die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Zusammensetzung der Facharztgruppen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern. Zudem sei die inhaltliche Ausgestaltung des HVV mit den Vorgaben in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF sowie dem BRLV vereinbar. Die im HVV vorgesehene Differenzierung der in der Anl 1 zum Teil III BRLV genannten Arztgruppen in drei "Unterarztgruppen" beruhe auf der Rechtsgrundlage des Satzes 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV. Diese Differenzierung konterkariere auch nicht die arztgruppenbezogene Durchschnittsbetrachtung der RLV, sondern biete ebenfalls eine ausschließlich an arztgruppenbezogenen Durchschnittswerten orientierte Kalkulationssicherheit für die Praxis bzw das MVZ. Sie sei auch nicht mit Individualbudgets vergleichbar, denn im Gegensatz zu diesen errechne sich das RLV gemäß § 3 Abs 2 der Anl 2 des HVV nicht anhand arztindividueller in der Vergangenheit abgerechneter Punktzahlvolumina, sondern anhand der für die Arztgruppe der Klägerin maßgeblichen durchschnittlichen und einheitlichen FPZ.

7

Die Differenzierung innerhalb der Arztgruppen sei zudem sachgerecht gewesen. Bei der Betrachtung des Leistungsbedarfs der Arztgruppen zeige sich für die Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzte, Ärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören, ein abfallender Anteil der "Standardleistungen" (Kap 3.3.1, 3.3.2 und 1.4 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ) von U 1 zu U 3, während sich bei den spezialisierten Leistungen ein stark ansteigender Anteil zeige. So betrage der Anteil des gewichtigsten Leistungsbereichs der "Hausärztlichen Grundleistungen" (Kap 3.3.1 EBM-Ä), der "Besuche, Visiten, Prüfung der häuslichen Krankenpflege, Verwaltungsgebühr, Verweilen" (Kap 1.4 EBM-Ä) und der "Hausärztlichen Betreuungsleistungen bei chronischen Erkrankungen" (Kap 3.3.2 EBM-Ä) in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 1" ca 76 % und in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" ca 70 %. Demgegenüber betrage der Anteil der "Diagnostischen und therapeutischen Leistungen" (Kap 3.3.3 EBM-Ä), der "Gastroenterologischen Leistungen" (Kap 13.3.3 EBM-Ä), der "Schmerztherapie" (Kap 30.7 EBM-Ä), der "Ultraschalldiagnostik" (Kap 33 EBM-Ä) sowie der "Nicht antragspflichtigen Leistungen der Psychotherapie" (Kap 35.1 EBM-Ä) in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 1" nur 13 %, in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" hingegen insgesamt 21,4 %. Ärzte der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" erbrächten zudem bestimmte Leistungen, die die Ärzte der beiden anderen Untergruppen gar nicht bzw fast nicht abrechneten. Als Beispiel seien die "Hämato-/Onkologischen Leistungen" (Kap 13.3.4 EBM-Ä), die "Phlebologie" (Kap 30.5 EBM-Ä) sowie die "Proktologie" (Kap 30.6 EBM-Ä) genannt, welche in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" im Quartal II/2005 insgesamt ca 3000-mal, in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 1" hingegen nur 350-mal erbracht worden seien.

8

Es gehe bei der differenzierten Betrachtung der Arztgruppen im HVV demnach nicht um die Bewahrung von Besitzständen in Form von Individualbudgets, sondern um eine typisierende Einteilung nach dem Leistungsspektrum der Praxen, gemessen anhand der nach dem EBM-Ä abgerechneten Punkte je Behandlungsfall. Es erfolge zudem lediglich eine am Versorgungsbedarf orientierte feinere Differenzierung der Arztgruppen: Die so ermittelten RLV bildeten gerade Durchschnittswerte ab, die den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässig widerspiegelten. Durch die typisierende Ermittlung der Arztgruppen würden die in den differenzierten Arztgruppen bestehenden unterschiedlichen Praxisausrichtungen durch unterschiedliche Qualifikationen oder sachliche und personelle Ausstattungen berücksichtigt.

9

Die Schlussfolgerung des LSG, je stärker der Fallwert der Arztpraxis in der Vergangenheit von dem durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe abgewichen sei, umso kleiner bzw größer sei das der Arztpraxis zuzuweisende RLV, sei nicht zutreffend, denn eine niedrige FPZ sei nicht grundsätzlich gleichzusetzen mit einem geringeren RLV. Ärzte der Untergruppe U 1 wiesen in der Regel einen eher unterdurchschnittlichen Leistungsbedarf bei überdurchschnittlich hoher Fallzahl auf, während sich die Situation bei der Untergruppe U 3 genau umgekehrt darstelle. Nicht haltbar sei auch die Darstellung des LSG, Ärzte der Untergruppe U 1 könnten selbst bei einer starken Steigerung ihrer Fallzahlen kein RLV erhalten, das dem eines durchschnittlichen Arztes der Untergruppe U 3 entspreche. Zunächst ermittele sich die Fallzahlabstaffelungsgrenze gemäß § 3 Abs 3 der Anl 2 zum HVV unter Berücksichtigung der vorgenommenen Differenzierung der Arztgruppen gemäß Anl 1 zum Teil III BRLV. Nach dem HVV werde die für eine Arztpraxis bzw für ein MVZ zutreffende FPZ für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppen hinausgehenden Fall um 25 % gemindert. Insofern werde die Fallzahlabstaffelungsgrenze zunächst ausschließlich für die der Praxis zugeordnete Arztgruppe ermittelt. Da sich das RLV letztlich als Produkt aus FPZ und Fallzahl darstelle, zeige sich die grundsätzlich zutreffende Berechnung der Fallzahlabstaffelungsgrenze auf der Grundlage der durchschnittlichen Fallzahl der jeweiligen differenzierten Arztgruppe. Einer im Einzelfall erforderlichen Durchlässigkeit der differenzierten Arztgruppen trage der HVV dadurch Rechnung, dass auf Antrag eine Änderung der Arztgruppenzuordnung möglich sei. Darüber hinaus seien Erweiterungen des RLV aus Sicherstellungsgründen möglich gewesen.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.2.2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover vom 15.9.2010 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine Untergruppenbildung innerhalb der vom BewA benannten Arztgruppen könne allenfalls an fachliche Besonderheiten anknüpfen, nicht aber an Fallwerte aus der Vergangenheit. Den unterschiedlichen Versorgungsbedarf, den die Beklagte habe auffangen wollen, habe der BewA bereits bei der Arztgruppenbildung berücksichtigt. Auch der EBM-Ä berücksichtige den Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe. Die Untergruppenbildung im HVV verhindere die Anknüpfung an das typische Leistungsgeschehen in einer Arztgruppe. Sie verstoße gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, weil die ärztlichen Leistungen in den einzelnen Untergruppen ungleich bezahlt würden.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist begründet.

15

Das LSG hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Unrecht stattgegeben und die Beklagte zu Unrecht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch der Klägerin für die Quartale II/2005 und III/2005 verpflichtet. Die angefochtenen Honorarbescheide beruhten auf einer wirksamen Rechtsgrundlage, da die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage diese ergingen, nicht gegen höherrangiges Recht verstießen. Der Senat hat bereits mit Urteilen vom 5.6.2013 (B 6 KA 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - sowie B 6 KA 31/12 R und B 6 KA 33/12 R) entschieden, dass der HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen(-Verbände) mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten, den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(in der seinerzeit maßgeblichen, vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) ebenso wie den Regelungen im BRLV entsprach. Der Vortrag der Klägerin gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der Senat hält daher an seiner in diesen Urteilen gegebenen Begründung fest:

16

Die umstrittene differenzierende Zuweisung von FPZ an Arztpraxen derselben Arztgruppe je nach bisher abgerechneten Fallwerten fand ihre Rechtsgrundlage in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF, welcher die Partner der HVV ermächtigte, neben den RLV ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzusehen(1.). Die Untergruppenbildung stellt eine ergänzende Steuerungsmaßnahme in diesem Sinne dar (2.). Die entsprechenden Regelungen des HVV waren auch im Übrigen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF wie des BRLV vereinbar(3.).

17

1. Die Partner des maßgeblichen HVV (in der ab dem 2. Quartal 2005 geltenden Fassung) waren berechtigt, die im BRLV genannten Arztgruppen für die Zwecke der Zuweisung von FPZ als Element des RLV weiter auszudifferenzieren. Hierzu bedurfte es wegen des grundsätzlichen Vorrangs des BRLV einer ausdrücklichen Ermächtigung (a.), welche sich aus § 85 Abs 4 SGB V aF ergab(b.). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelung ihre Rechtfertigung auch in Satz 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV fand (c.).

18

a. Grundsätzlich gilt, dass die Regelungen des BewA - also auch der BRLV - denjenigen des HVV vorgehen (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19). Dies folgt nach der Senatsrechtsprechung (aaO) daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V aF vorgesehen war, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" zu bestimmen hatte; zudem war in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V aF normiert, dass die "vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" waren. Durch diese beiden Bestimmungen war klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hatte und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV waren. Aus beidem folgte jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA waren, sodass der HVV zurücktreten musste, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorlag (BSG aaO); nach den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie sind dem zuwiderlaufende Regelungen des im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen HVV rechtswidrig und damit unwirksam (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24). Dies gilt nur dann nicht, sofern der BRLV bzw höherrangiges Recht Spielräume für die Vertragspartner des HVV belässt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19).

19

Mit der Untergliederung der Arztgruppen (mit mehr als 20 Mitgliedern) in drei Bereiche je nach Abweichung vom durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe im Referenzzeitraum um mehr als 15 % nach oben oder unten gingen die Partner des HVV über die in der Anl 1 zum Teil III BRLV festgelegte Benennung der Arztgruppen hinaus. Darüber hinaus wich die Untergruppenbildung vom gesetzlichen Leitbild einer für alle Praxen einer Arztgruppe gleichen FPZ ab und führte bei gleicher Fallzahl zu unterschiedlich hohen RLV je nachdem, in welche Untergruppe die einzelne Praxis eingestuft war. Eine solche weitergehende Differenzierung durch die Partner des HVV bedurfte daher einer Ermächtigung, wie das LSG zutreffend dargestellt hat.

20

b. Eine solche Ermächtigung enthielt - insoweit entgegen der Auffassung des LSG - § 85 Abs 4 SGB V aF. Die HVV mussten nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF "insbesondere" arztgruppenspezifische Grenzwerte im Sinne von RLV festlegen. Damit war die Befugnis der (früheren) Partner der HVV zur Steuerung der Vergütung aber nicht erschöpft. Sie blieben vielmehr berechtigt, ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzugeben, soweit damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wurde. Der Senat hat wiederholt (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 73 RdNr 17)ausgeführt: "Die Formulierung 'insbesondere' in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften."

21

Schon unter der Geltung der Praxisbudgets hatte der Senat den Normgebern der Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) das Recht eingeräumt, etwa für nicht in die Praxisbudgets einbezogene Fachgruppen Honorartöpfe zu schaffen und/oder individuelle Budgetierungen vorzunehmen oder andere honorarbegrenzende Regelungen zu treffen, und dies damit begründet, die Praxisbudgets hätten grundsätzlich nichts an der Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geändert, im HVM auch mengensteuernde Regelungen zu treffen (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12). Nichts anderes gilt für RLV, nicht zuletzt deswegen, weil auch sie nur einen Teil der Leistungen erfassen, woraus zwangsläufig Bedarf für ergänzende Regelungen resultieren kann.

22

Die in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF enthaltene Ermächtigung zur Einführung weiterer Steuerungsinstrumente wendete sich nicht allein an den BewA, sondern galt gleichermaßen für die Partner der HVV. Zwar war der BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 Halbsatz 1 SGB V aF zur Konkretisierung der Regelungen nach § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V aF aufgerufen. Dies änderte aber nichts daran, dass Satz 6 aaO allgemein bestimmte, dass der HVV Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes zu enthalten hatte. Die Vertragspartner des HVV waren auch dazu berechtigt, die Vorgaben des BRLV in dem vom Senat angeführten Sinne zu ergänzen.

23

c. Ob die Regelung im HVV ihre Rechtfertigung auch in Satz 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV fand, wie die Beklagte meint, bedarf daher keiner Entscheidung. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass vieles für die Sicht des LSG spricht, dass mit der dort geregelten Ermächtigung, im HVV "weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der nachfolgenden Arztgruppen" zu vereinbaren, nicht eine weitere Differenzierung der Arztgruppen nach Fallwerten, sondern eher nach der fachlichen Subspezialisierung gemeint sein dürfte.

24

2. Die Regelung über die Untergliederung der Arztgruppen in drei Untergruppen stellt eine ergänzende Steuerungsmaßnahme iS des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF dar.

25

a. Nach den Vorgaben des BRLV wurde die KÄV-bezogene, arztgruppenspezifische FPZ im Wesentlichen so berechnet, dass der arztgruppenspezifische Leistungsbedarf der dem RLV unterliegenden Leistungen in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 durch die KÄV-bezogene, arztgruppenspezifische Anzahl der kurativ-ambulanten Behandlungsfälle im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 geteilt und mit 0,8 multipliziert wurde. Dem entsprach § 3 Abs 2 Nr 1 der Anl 2 zum HVV. Die Besonderheit der HVV-Regelung besteht darin, dass danach die vorgegebene Berechnung nicht einheitlich für die gesamte Arztgruppe iS der Anl 1 zu Teil III BRLV durchgeführt, sondern die jeweilige Arztgruppe zunächst in drei Untergruppen unterteilt wurde, für die diese Berechnung jeweils getrennt erfolgte (vgl § 3 Abs 2 Nr 2 der Anl 2 zum HVV). Die der Berechnung zugrundeliegenden Faktoren - Leistungsbedarf und Behandlungsfälle - wurden daher "unterarztgruppenspezifisch" ermittelt ("Für jede Untergruppe … erfolgt anschließend die Berechnung der FPZ gemäß Nr 1 dieses Abs"). Die Einstufung in eine der drei Untergruppen richtete sich nach dem durchschnittlichen Fallwert der Arztpraxis in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 für RLV-relevante Leistungen. Arztpraxen, deren Fallwert ungefähr dem Arztgruppendurchschnitt - bezogen auf die noch undifferenzierte Arztgruppe - entsprach, wurden in die Untergruppe U 2 eingestuft; dies waren die Praxen mit Fallwerten in der Bandbreite bis zu 15 % unter bzw über dem Durchschnitt. Ärzte mit höherem Fallwert wurden der Untergruppe U 3 zugeordnet, Ärzte mit niedrigerem Fallwert der Untergruppe U 1.

26

Begründet wurde die Bildung von Untergruppen damit, man habe der Kritik Rechnung getragen, dass frühere Regelungen, die eine Differenzierung innerhalb der Fachgruppe nach verschiedenen Leistungsschwerpunkten ermöglichten, wie zB die verschiedenen Zusatzbudgets, nicht mehr vorgesehen seien und der "Einheits-Arzt" das Aus für spezialisierte Praxen bedeute (Niedersächsisches Ärzteblatt 3/2005 S 59, 60/61). Mit der weitergehenden Differenzierung werde die bisherige Versorgungsrealität weitaus besser abgebildet (aaO S 61). Auf diese Weise werde erreicht, dass "als Ersatz für die bisherigen Praxisbudgets, Zusatzbudgets und die alte 4.3.-Regelung auch weiterhin eine differenzierte Abrechnung nach dem jeweiligen Leistungsspektrum und Leistungsbedarf der einzelnen Praxis" ermittelt werden könne (Niedersächsisches Ärzteblatt 5/2005 S 60, 62).

27

b. Die weitere Untergliederung der im BRLV aufgeführten Arztgruppen in drei "fallwertbezogene" Untergruppen ergänzt als weitere Steuerungsmaßnahme im Sinne der Rechtsprechung des Senats die Regelungen über die RLV. Sie findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass arztgruppenspezifische Grenzwerte naturgemäß unterschiedlichen Praxisstrukturen nur unzureichend Rechnung tragen (aa.), sodass die HVV Regelungen über eine abweichende Festsetzung der RLV oder jedenfalls entsprechende Härtefallregelungen enthalten müssen (bb.). In diesem Zusammenhang ist nicht zu beanstanden, wenn der Normgeber diesen Umstand im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bereits bei den Vorgaben für die Berechnung der RLV berücksichtigt (cc.); dies schließt die Möglichkeit ein, in typisierender Berücksichtigung der unterschiedlichen Strukturen nach dem Fallwert zu differenzieren (dd.).

28

aa. Die einer Arztgruppe im Sinne des BRLV angehörenden Praxen können je nach Spezialisierung und apparativer Ausrichtung ein sehr unterschiedliches Leistungsspektrum aufweisen. Praxen mit eher begrenztem Behandlungsspektrum und hohen Fallzahlen stehen solche mit sehr hohem diagnostischem oder therapeutischem Potential bei eher geringer Fallzahl gegenüber. Dieser Umstand ist dem BewA seit Jahren bekannt, weshalb in der Vergangenheit Regelungen über arztgruppenspezifische Praxisbudgets stets durch Zusatzbudgets ergänzt wurden und - zumindest im Kern - auch ergänzt werden mussten. Bezüglich dieser Zusatzbudgets war den KÄVen zudem eine Differenzierungs- und Verfeinerungsbefugnis der Art eingeräumt worden, anstelle einer einheitlichen FPZ eine Differenzierung in zwei FPZ vorzunehmen und dabei die berechtigten Ärzte in zwei Untergruppen - Ärzte mit unter- bzw mit überdurchschnittlicher Fallzahl aus den Leistungen des Zusatzbudgets - zu unterteilen (Abs 3 der Anl 4 zu den Allg Bestimmungen A I.Teil B des EBM-Ä idF vom 1.7.1997, DÄ 1997, A-872; s dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 30 S 162; BSG Urteil vom 2.4.2003 - B 6 KA 38/02 R - Juris RdNr 23 = USK 2003-138; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 1 RdNr 14).

29

Der die Regelungen des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF konkretisierende BRLV berücksichtigt diese unterschiedlichen Praxisstrukturen nur ansatzweise. Zwar hat der BewA in der Anl 1 zum Teil III BRLV insbesondere die Gruppe der Ärzte für Innere Medizin nicht einheitlich betrachtet, sondern in zehn Untergruppen unterteilt und hierbei auf den (Versorgungs-)Schwerpunkt abgestellt und damit den unterschiedlichen Praxisstrukturen der einzelnen (Unter-)Gruppen Rechnung getragen. Auch hat er dort zB die Gruppe der Fachärzte für Diagnostische Radiologie unter Berücksichtigung des Umstandes, ob diese bestimmte medizinisch-technische Geräte (CT, MRT) vorhalten, weiter ausdifferenziert. Für die hier relevante Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören bleibt jedoch - wie gleichermaßen für andere Arztgruppen - unberücksichtigt, dass auch innerhalb dieser Gruppe gewachsene, unterschiedliche Praxisstrukturen bestehen.

30

bb. Aufgrund dieser unterschiedlichen Strukturen müssen die HVV Regelungen für abweichende Festsetzungen des RLV bei bestimmten besonderen Praxisausrichtungen oder zumindest entsprechende Härteregelungen enthalten. Das hat der Senat in vier Urteilen vom 29.6.2011 näher dargelegt (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 ua). Es liegt auf der Hand, dass die Umstellung des Vergütungssystems von einem über Praxis- und Zusatzbudgets stärker auf die einzelne Praxis ausgerichteten System hin zu einer (weitgehenden) Begrenzung des regelhaft vergüteten Leistungsvolumens auf die durchschnittlichen Werte der Arztgruppe bei spezialisierten Praxen zu erheblichen Verwerfungen führen kann. Daher war von vornherein absehbar, dass in einer Vielzahl von Einzelfällen eine Anpassung der RLV oder einer Änderung der Honorarfestsetzung auf der Grundlage von Ausnahme- und ggf Härteregelungen erforderlich werden würde.

31

cc. Die Vertragspartner des HVV durften im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums aus diesem Befund auch den Schluss ziehen, die ohnehin unvermeidliche besondere Behandlung von Praxen mit einer vom Regelfall abweichenden Praxisstruktur nicht auf einer späteren Stufe - über Sonderregelungen zum RLV für bestimmte Leistungen oder über Härtefallentscheidungen - zu realisieren, sondern bereits vorab bei der Ausgestaltung der Regelungen über die Bemessung der FPZ. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 22)steht den Partnern der HVV ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Diese Gestaltungsfreiheit gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 15). Den zur Normsetzung befugten Körperschaften ist es somit nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren (stRspr des BVerfG wie des BSG, vgl BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39; BVerfGE 116, 164, 182 f; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 21 mwN; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 28).

32

dd. Schließlich ist es jedenfalls nicht offensichtlich verfehlt, abweichenden Praxisstrukturen wie geschehen durch eine Unterteilung der vom BewA vorgegebenen Arztgruppen in fallwertbezogene Untergruppen - als Ausdruck einer typisierten Anpassung an die Versorgungssituation - sowie durch eine getrennte Berechnung der maßgeblichen FPZ für die jeweilige Untergruppe Rechnung zu tragen. Der Ansatz des hier zu beurteilenden HVV zur Lösung der Problematik signifikant vom Durchschnitt abweichender Praxisstrukturen besteht darin, von vornherein Praxen mit hohen Fallwerten höhere FPZ zuzuweisen als solchen, die in der Vergangenheit durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Fallwerte aufzuweisen hatten. Zur Rechtfertigung dieser - relativ groben - Typisierung hat die Beklagte angeführt, hohe Fallwerte korrelierten ganz regelmäßig mit dem Angebot bestimmter medizinisch-technischer Leistungen, die im EBM-Ä hoch bewertet sind.

33

Dass die Höhe des Fallwerts einen Hinweis auf die Struktur einer Praxis geben kann, liegt auf der Hand. Der EBM-Ä bestimmt nicht nur den Inhalt der abrechenbaren Leistungen, sondern auch ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (§ 87 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V). Mag im Einzelfall ein hoher Fallwert auch daraus resultieren, dass eine Vielzahl gering bewerteter Leistungen erbracht wird, indiziert eine Häufung hoher Fallwerte in einer Praxis, dass dort regelhaft höher bewertete - speziellere - Leistungen erbracht werden. Der Fallwert ist daher grundsätzlich geeignet, typisierend das Leistungsspektrum bzw die Leistungsstruktur einer Praxis wiederzugeben.

34

Die Beklagte hat den Zusammenhang zwischen Fallwert und Praxisstruktur auch für die hier zu beurteilende Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören, nachvollziehbar belegt. Dabei wird nicht verkannt, dass in gewissen Grenzen hohe Fallwerte auch mit tendenziell unwirtschaftlicher Leistungserbringung verbunden sein können. Dies entwertet jedoch nicht die erwähnte Indizwirkung des Fallwerts; zudem belegen die Darstellungen der Beklagten, dass dieser Zusammenhang hier von allenfalls untergeordneter Bedeutung ist.

35

Die Beklagte hat weiter dargestellt, dass der Anteil des Honorars, den Ärzte der drei Untergruppen mit dem fachgruppenbezogenen Ordinationskomplex erwirtschaften, deutlich differiert. Damit sind die Leistungen erfasst, die mutmaßlich jeder Arzt einer Arztgruppe erbringt und erbringen muss, wenn er seinen Versorgungsauftrag erfüllen will. Je höher dieser Anteil ist, desto weniger zusätzliche, in der Regel medizinisch-technische Leistungen bietet der Arzt an. Zudem korreliert die Zuweisung einer Praxis insbesondere in die Untergruppe U 3 in der Regel mit einer bestimmten apparativen Ausstattung, die die Erbringung von Leistungen des EBM-Ä ermöglicht, die für das jeweilige Fach erforderlich sind, aber nicht von allen Angehörigen des Fachs erbracht werden.

36

All dies lässt die getroffene Regelung trotz ihres relativ groben Ansatzes als noch vertretbar erscheinen. Dass auch feiner und vor allem zielgenauer hätte differenziert werden können - etwa unter Berücksichtigung spezieller, von der Praxis abgerechneter Leistungen oder der Nutzung spezieller medizinisch-technischer Geräte -, macht die getroffene - normativ wirkende - Entscheidung der Vertragspartner im Hinblick auf die ihnen zustehende Gestaltungsfreiheit nicht rechtswidrig.

37

Auch überzeugt der Einwand nicht, dass alternative Ansätze, insbesondere in Form von Konvergenz- und Härtefallregelungen, bestanden hätten. Zum einen schließt dies den gefundenen Lösungsansatz nicht aus; zum anderen sind den Alternativen ebenfalls mögliche Fehlwirkungen eigen. Namentlich Konvergenzregelungen beinhalten die Gefahr, dass sie die gesetzliche Regelung ad absurdum führen und diese in nicht geringerem Maße "unterlaufen", als dies gegen die Bildung von Untergruppen eingewandt wurde.

38

3. Die streitgegenständlichen Regelungen des HVV waren entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch im Übrigen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF sowie den Bestimmungen des BRLV vereinbar. Ergänzende Steuerungsmaßnahmen sind nur zulässig, soweit sie sich im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben halten und damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wird; insbesondere dürfen sie keine Regelungen enthalten oder Auswirkungen haben, die den übrigen Regelungen des BRLV zuwider laufen. Diesen Anforderungen wird die - umfangmäßig begrenzte - Differenzierung der FPZ je nach Fallwert der einzelnen Praxis noch gerecht.

39

a. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF waren in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung waren zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V aF waren außerdem für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen(stRspr seit BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 16).

40

Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) stellte eine zentrale Vorgabe dar (BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17; vgl hierzu schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16: "zentrale und strikte Vorgabe"). Zu der weiteren - ebenfalls zentralen - Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte" hat der Senat ausgeführt, dass diese nicht notwendigerweise arztgruppen"einheitliche" Festlegungen in dem Sinne fordert, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr entsprach dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den FPZ vorgab, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsah und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führte (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17).

41

Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V aF hatte der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften(Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") mit Wirkung ab 1.1.2004 zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hatte ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wurde in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF relativierte die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wurde damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17).

42

b. Diesen sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungen sowie deren Präzisierung durch den BRLV entsprach der HVV.

43

aa. Nach den Feststellungen des LSG sah der HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie die Vergütung der innerhalb des RLV liegenden ärztlichen Leistungen mit einem festen Punktwert vor (§ 2 Anl 2 HVV), genügte also grundsätzlich den genannten Vorgaben. Der Annahme eines "festen" Punktwerts steht auch nicht entgegen, dass der HVV in § 14 Abs 3 der Anl 3 eine Quotierung des in § 14 Abs 1 Buchst a aaO vorgegebenen RLV-Punktwerts von 3,4424 Cent vorsah, falls die im Arztgruppentopf vorhandenen Mittel nicht ausreichten. Der Senat hatte bislang die Frage nicht explizit entschieden, ob derartige Quotierungen mit den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu vereinbaren sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 32; BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 23), jedoch in diesen Entscheidungen bereits zu erkennen gegeben, dass eine gewisse Quotierung unausweichlich ist und die Forderung eines absolut festen Punktwerts bei begrenzter Gesamtvergütung lebensfremd wäre.

44

Nunmehr beantwortet der Senat die Frage ausdrücklich dahingehend, dass die gesetzliche Vorgabe "fester" Punktwerte einschränkend dahingehend zu interpretieren ist, dass es ausreicht, wenn die Gewährung eines festen Punktwerts dem Grunde nach sichergestellt ist und es nicht regelhaft zu einer Abweichung von diesem Grundsatz kommt. Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen ist, weil bei gedeckelter Gesamtvergütung die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht wird, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen immer ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu einem immer weiter sinkenden Punktwert für die "freien Leistungen" führen müsste (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33). Ein gewisses Floaten der Punktwerte ist nicht zu vermeiden; das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung setzt vielmehr eine Quotierung voraus (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16; ebenso BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33).

45

Da die mit festen Punktwerten zu vergütenden Leistungen durch den BewA vorgegeben sind, bestünde für die Partner des HVV als einzige ernsthafte Alternative zur Quotierung die Möglichkeit, den festen Punktwert von vornherein so niedrig anzusetzen, dass er ungeachtet der Entwicklung der Leistungsmenge mit den zur Verfügung stehenden Geldmitteln finanziert werden kann. Dass dies nicht der Kalkulationssicherheit dient, liegt auf der Hand. Eine strikte Beachtung der gesetzlichen Vorgaben hätte daher zur Folge, dass der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck, den Ärzten Kalkulationssicherheit zu geben, verfehlt würde. Dementsprechend hat der Senat seine (frühere) Aussage, dass die Vorgabe "feste Punktwerte" strikt und ohne jeden Spielraum sei (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16 mwN), modifiziert und in seinem Urteil vom 6.2.2013 (B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17)die Wendung, dass die Vorgabe "feste Punktwerte" eine "zentrale und strikte Vorgabe" darstelle, auf die Formel "zentrale Vorgabe" reduziert.

46

bb. Die Umsetzung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben im HVV wird entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht durch gesonderte Berechnungsvorgaben für die FPZ "unterlaufen". Das LSG geht davon aus, dass die Regelung, die Mitglieder der Arztgruppe in drei Untergruppen mit unterschiedlich großen FPZ zur Bestimmung des RLV einzustufen, unzulässigerweise dazu führt, dass die Größe des jeweiligen RLV neben der Behandlungsfallzahl im Abrechnungsquartal zusätzlich von einer "vergangenheitsbezogenen Fallwertbetrachtung" abhängt. Dem folgt der Senat nicht.

47

(1) Der "vergangenheitsbezogene" Bezugszeitraum für die Ermittlung der Fallwerte und damit für die Einstufung in die jeweilige Untergruppe ist als solcher nicht zu beanstanden, weil er dem Zeitraum entspricht, der durch den BRLV für die Berechnung der FPZ vorgegeben wurde; auch ohne die weitere Differenzierung beruhten die FPZ auf den Werten aus dem Zeitraum 2003/2004. Daher träfe auch bei einer arztgruppeneinheitlichen FPZ der Einwand zu, dass die Praxen an den Werten aus der Vergangenheit (2003/2004) "festgehalten" würden.

48

(2) Der Senat vermag auch nicht der Auffassung des LSG zu folgen, dass die Differenzierung bei den FPZ die Regelung des HVV unzulässig einem Individualbudget annäherte. Zutreffend ist, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass Individualbudgets nicht den Anforderungen des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF genügten, weil es an - auf (arztgruppen)durchschnittlichen Werten beruhenden - Grenzwerten fehlte, wenn das Honorarvolumen des Arztes im Sinne eines typischen Individualbudgets durch praxisindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen bestimmt wurde(BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 35 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 27 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 30).

49

Dies trifft auf die in Rede stehende Regelung des HVV hingegen nicht zu. Nicht der Fallwert der einzelnen Praxis wird über die FPZ prolongiert und geschützt, sondern es werden - wie unter 2.b. dargestellt - unterschiedliche Spezialisierungen, die in der unterschiedlichen Ansatzfrequenz bestimmter, hoch bewerteter Leistungen ihren Ausdruck gefunden haben, typisierend in das neue System der RLV transformiert. Die Untergliederung lässt den Grundgedanken der Arztgruppenorientierung unangetastet; arztgruppenspezifischen FPZ kommt weiterhin - wenn auch auf die jeweilige Untergruppe bezogen - prägende Bedeutung zu. Dass damit in bestimmten Konstellationen auch besitzstandsschützende Effekte verbunden sein können, trifft zu. Diese sind aber nicht so gravierend, dass die Entscheidung der Vertragspartner, zur Reduzierung einer Vielzahl von Ausnahme- und Härteregelungen, die bei einer einheitlichen FPZ für alle Ärzte einer Gruppe unvermeidlich gewesen wären, eine begrenzte Variation bei den FPZ vorzugeben, nicht hinzunehmen wäre.

50

4. Die von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen hingegen nicht durch. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist weder - im Sinne einer Überraschungsentscheidung - darin zu sehen, dass das LSG der Beklagten nicht durch einen vorab gegebenen gerichtlichen Hinweis die Möglichkeit eingeräumt hat, zu seiner Annahme vorzutragen, die Fallzahlabstaffelungsregelung in § 3 Abs 3 der Anl 2 zum HVV beruhe auf der Grundlage der undifferenzierten Arztgruppen aus Anl 1 zum Teil III BRLV, noch ist dieser Grundsatz dadurch verletzt, dass das Berufungsgericht zentrales Vorbringen der Beklagten entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Da keine absoluten Revisionsgründe geltend gemacht werden, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese vermeintlichen Verfahrensfehler (§ 170 Abs 3 SGG).

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Februar 2013 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. September 2010 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für die Quartale II/2005 und III/2005, insbesondere die Rechtmäßigkeit des der Berechnung zugrundeliegenden Honorarverteilungsvertrages (HVV).

2

Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheiden vom 10.10.2005 sowie vom 6.1.2006 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für die Quartale II/2005 und III/2005 fest. Dabei legte sie den am 1.4.2005 in Kraft getretenen HVV zugrunde, welcher in seiner Anl 2 die Bildung von Regelleistungsvolumen (RLV) vorsah. Nach § 3 Abs 2 Nr 2 der Anl 2 waren für die dort genannten Arztgruppen mit mehr als 20 Mitgliedern jeweils drei Untergruppen mit unterschiedlichen Fallpunktzahlen (FPZ) zur Berechnung der RLV zu bilden. Maßstab für die Bestimmung der FPZ war der durchschnittliche Fallwert einer Arztpraxis in Punkten für RLV-relevante Leistungen in den Referenzquartalen III/2003 bis II/2004. Arztpraxen mit Fallwerten von bis zu 15 % über bzw unter dem Arztgruppendurchschnitt bildeten die Untergruppe U 2, Arztpraxen mit höheren Fallwerten die Untergruppe U 3 und die Praxen mit niedrigeren Fallwerten die Untergruppe U 1. Für die Fachgruppe der Klägerin (Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte, Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören) ergaben sich je nach Untergruppe sowie nach Alter des Patienten (0 - 5 Jahre/6 - 59 Jahre/ab 60 Jahre) folgende FPZ: U 1 = 420,1/464,1/872,1, U 2 = 453,6/550,6/996,5 und U 3 = 514,1/705,6/1165,6.

3

Widersprüche und Klage der in die Untergruppe U 1 eingestuften Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 8.3.2006, Urteil des SG vom 15.9.2010). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch der Klägerin für die Quartale II/2005 und III/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil des LSG vom 27.2.2013). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der HVV der Beklagten sei rechtswidrig, weil eine Unterteilung homogener Arztgruppen bei der Verteilung der Gesamtvergütungen weder mit den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V noch mit den Bestimmungen im Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 ( DÄ 2004, A-3129) vereinbar sei. Die vordergründige (Teil-)Umsetzung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben im HVV werde durch gesonderte Berechnungsvorgaben für die FPZ unterlaufen. Die Bildung von Untergruppen führe im Ergebnis zu einer Binnendifferenzierung der von dieser Regelung betroffenen Arztgruppen, weil die Größe des jeweiligen RLV neben der Behandlungsfallzahl im Abrechnungsquartal zusätzlich von einer vergangenheitsbezogenen Fallwertbetrachtung abhänge. Der Umfang des einer Arztpraxis zustehenden RLV bestimme sich nicht allein anhand arztgruppeneinheitlicher Grenzwerte, sondern vielmehr maßgeblich nach dem Umfang der Abweichung vom durchschnittlichen Fallwert der jeweiligen Arztgruppe in zurückliegenden Referenzquartalen. Demgegenüber sehe der Beschluss des BewA in Teil III Nr 3.2 BRLV vor, dass sich die FPZ einer Arztpraxis oder eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ausschließlich aus der Zugehörigkeit zu einer Arztgruppe gemäß der Anl 1 und der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen Berechnungsvorgabe in der Anl 2 zum Teil III BRLV bestimme. Hiervon weiche der HVV ab.

4

Eine Berechtigung der Beklagten zur Abweichung von den (gesetzlichen bzw vertraglichen) Vorgaben bestehe nicht. Die Einführung von Untergruppen stelle keine Ergänzung der Steuerungsinstrumente im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar, wie bereits aus der strukturellen Ausrichtung folge, die mit der Binnendifferenzierung verbunden sei. Durch die Einführung von Untergruppen nach Abschaffung der Praxis- und Zusatzbudgets solle eine individualisierte Leistungsbewertung anhand des spezifischen Leistungsspektrums einer Arztpraxis gewährleistet und so deren Status quo erhalten werden. Die im HVV der Beklagten vorgesehenen RLV bauten demnach maßgeblich auf den praxisindividuellen Abrechnungsergebnissen vergangener Zeiträume auf. Damit werde der vom Gesetzgeber mit der Einführung von RLV bezweckte Vorteil für die Vertragsärzte konterkariert und damit abgewandelt. Im Ergebnis führten die hier beanstandeten HVV-Bestimmungen dazu, dass die Größe des RLV einer Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal maßgeblich von deren Fallwerten in den zurückliegenden Referenzquartalen abhänge. Je stärker der Fallwert einer Arztpraxis in der Vergangenheit von dem durchschnittlichen Fallwert der jeweiligen Arztgruppe abgewichen sei, umso kleiner bzw größer sei die der Arztpraxis zuzuweisende FPZ. Unter Berücksichtigung der Abstaffelungsregelung bedeute dies, dass die Arztpraxen der Untergruppe U 1 auch durch eine Steigerung ihrer Fallzahlen um den Faktor 3 kein RLV erhielten, dass dem einer in die Untergruppe U 3 eingestuften Arztpraxis mit einer nur durchschnittlichen Fallzahl entspreche.

5

Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, dass die Honorarverteilung der Beklagten auf arztgruppeneinheitlichen FPZ bzw Grenzwerten aufbaue. Eine Berechtigung zur Einführung von Untergruppen könne auch nicht aus der in Satz 2 der Anl 1 zu Teil III BRLV eingeräumten Differenzierungsmöglichkeit hergeleitet werden, da sich diese nicht auf eine Modifizierung der arztgruppeneinheitlichen FPZ für die Bestimmung der RLV beziehe, sondern lediglich auf die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Zusammensetzung der Facharztgruppen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern. Zudem sei die inhaltliche Ausgestaltung des HVV mit den Vorgaben in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF sowie dem BRLV vereinbar. Die im HVV vorgesehene Differenzierung der in der Anl 1 zum Teil III BRLV genannten Arztgruppen in drei "Unterarztgruppen" beruhe auf der Rechtsgrundlage des Satzes 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV. Diese Differenzierung konterkariere auch nicht die arztgruppenbezogene Durchschnittsbetrachtung der RLV, sondern biete ebenfalls eine ausschließlich an arztgruppenbezogenen Durchschnittswerten orientierte Kalkulationssicherheit für die Praxis bzw das MVZ. Sie sei auch nicht mit Individualbudgets vergleichbar, denn im Gegensatz zu diesen errechne sich das RLV gemäß § 3 Abs 2 der Anl 2 des HVV nicht anhand arztindividueller in der Vergangenheit abgerechneter Punktzahlvolumina, sondern anhand der für die Arztgruppe der Klägerin maßgeblichen durchschnittlichen und einheitlichen FPZ.

7

Die Differenzierung innerhalb der Arztgruppen sei zudem sachgerecht gewesen. Bei der Betrachtung des Leistungsbedarfs der Arztgruppen zeige sich für die Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzte, Ärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören, ein abfallender Anteil der "Standardleistungen" (Kap 3.3.1, 3.3.2 und 1.4 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ) von U 1 zu U 3, während sich bei den spezialisierten Leistungen ein stark ansteigender Anteil zeige. So betrage der Anteil des gewichtigsten Leistungsbereichs der "Hausärztlichen Grundleistungen" (Kap 3.3.1 EBM-Ä), der "Besuche, Visiten, Prüfung der häuslichen Krankenpflege, Verwaltungsgebühr, Verweilen" (Kap 1.4 EBM-Ä) und der "Hausärztlichen Betreuungsleistungen bei chronischen Erkrankungen" (Kap 3.3.2 EBM-Ä) in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 1" ca 76 % und in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" ca 70 %. Demgegenüber betrage der Anteil der "Diagnostischen und therapeutischen Leistungen" (Kap 3.3.3 EBM-Ä), der "Gastroenterologischen Leistungen" (Kap 13.3.3 EBM-Ä), der "Schmerztherapie" (Kap 30.7 EBM-Ä), der "Ultraschalldiagnostik" (Kap 33 EBM-Ä) sowie der "Nicht antragspflichtigen Leistungen der Psychotherapie" (Kap 35.1 EBM-Ä) in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 1" nur 13 %, in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" hingegen insgesamt 21,4 %. Ärzte der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" erbrächten zudem bestimmte Leistungen, die die Ärzte der beiden anderen Untergruppen gar nicht bzw fast nicht abrechneten. Als Beispiel seien die "Hämato-/Onkologischen Leistungen" (Kap 13.3.4 EBM-Ä), die "Phlebologie" (Kap 30.5 EBM-Ä) sowie die "Proktologie" (Kap 30.6 EBM-Ä) genannt, welche in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 3" im Quartal II/2005 insgesamt ca 3000-mal, in der Arztgruppe "Praktische Ärzte, Allgemeinärzte, hausärztliche Internisten U 1" hingegen nur 350-mal erbracht worden seien.

8

Es gehe bei der differenzierten Betrachtung der Arztgruppen im HVV demnach nicht um die Bewahrung von Besitzständen in Form von Individualbudgets, sondern um eine typisierende Einteilung nach dem Leistungsspektrum der Praxen, gemessen anhand der nach dem EBM-Ä abgerechneten Punkte je Behandlungsfall. Es erfolge zudem lediglich eine am Versorgungsbedarf orientierte feinere Differenzierung der Arztgruppen: Die so ermittelten RLV bildeten gerade Durchschnittswerte ab, die den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässig widerspiegelten. Durch die typisierende Ermittlung der Arztgruppen würden die in den differenzierten Arztgruppen bestehenden unterschiedlichen Praxisausrichtungen durch unterschiedliche Qualifikationen oder sachliche und personelle Ausstattungen berücksichtigt.

9

Die Schlussfolgerung des LSG, je stärker der Fallwert der Arztpraxis in der Vergangenheit von dem durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe abgewichen sei, umso kleiner bzw größer sei das der Arztpraxis zuzuweisende RLV, sei nicht zutreffend, denn eine niedrige FPZ sei nicht grundsätzlich gleichzusetzen mit einem geringeren RLV. Ärzte der Untergruppe U 1 wiesen in der Regel einen eher unterdurchschnittlichen Leistungsbedarf bei überdurchschnittlich hoher Fallzahl auf, während sich die Situation bei der Untergruppe U 3 genau umgekehrt darstelle. Nicht haltbar sei auch die Darstellung des LSG, Ärzte der Untergruppe U 1 könnten selbst bei einer starken Steigerung ihrer Fallzahlen kein RLV erhalten, das dem eines durchschnittlichen Arztes der Untergruppe U 3 entspreche. Zunächst ermittele sich die Fallzahlabstaffelungsgrenze gemäß § 3 Abs 3 der Anl 2 zum HVV unter Berücksichtigung der vorgenommenen Differenzierung der Arztgruppen gemäß Anl 1 zum Teil III BRLV. Nach dem HVV werde die für eine Arztpraxis bzw für ein MVZ zutreffende FPZ für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppen hinausgehenden Fall um 25 % gemindert. Insofern werde die Fallzahlabstaffelungsgrenze zunächst ausschließlich für die der Praxis zugeordnete Arztgruppe ermittelt. Da sich das RLV letztlich als Produkt aus FPZ und Fallzahl darstelle, zeige sich die grundsätzlich zutreffende Berechnung der Fallzahlabstaffelungsgrenze auf der Grundlage der durchschnittlichen Fallzahl der jeweiligen differenzierten Arztgruppe. Einer im Einzelfall erforderlichen Durchlässigkeit der differenzierten Arztgruppen trage der HVV dadurch Rechnung, dass auf Antrag eine Änderung der Arztgruppenzuordnung möglich sei. Darüber hinaus seien Erweiterungen des RLV aus Sicherstellungsgründen möglich gewesen.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.2.2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover vom 15.9.2010 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine Untergruppenbildung innerhalb der vom BewA benannten Arztgruppen könne allenfalls an fachliche Besonderheiten anknüpfen, nicht aber an Fallwerte aus der Vergangenheit. Den unterschiedlichen Versorgungsbedarf, den die Beklagte habe auffangen wollen, habe der BewA bereits bei der Arztgruppenbildung berücksichtigt. Auch der EBM-Ä berücksichtige den Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe. Die Untergruppenbildung im HVV verhindere die Anknüpfung an das typische Leistungsgeschehen in einer Arztgruppe. Sie verstoße gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, weil die ärztlichen Leistungen in den einzelnen Untergruppen ungleich bezahlt würden.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist begründet.

15

Das LSG hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Unrecht stattgegeben und die Beklagte zu Unrecht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch der Klägerin für die Quartale II/2005 und III/2005 verpflichtet. Die angefochtenen Honorarbescheide beruhten auf einer wirksamen Rechtsgrundlage, da die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage diese ergingen, nicht gegen höherrangiges Recht verstießen. Der Senat hat bereits mit Urteilen vom 5.6.2013 (B 6 KA 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - sowie B 6 KA 31/12 R und B 6 KA 33/12 R) entschieden, dass der HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen(-Verbände) mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten, den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(in der seinerzeit maßgeblichen, vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) ebenso wie den Regelungen im BRLV entsprach. Der Vortrag der Klägerin gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der Senat hält daher an seiner in diesen Urteilen gegebenen Begründung fest:

16

Die umstrittene differenzierende Zuweisung von FPZ an Arztpraxen derselben Arztgruppe je nach bisher abgerechneten Fallwerten fand ihre Rechtsgrundlage in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF, welcher die Partner der HVV ermächtigte, neben den RLV ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzusehen(1.). Die Untergruppenbildung stellt eine ergänzende Steuerungsmaßnahme in diesem Sinne dar (2.). Die entsprechenden Regelungen des HVV waren auch im Übrigen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF wie des BRLV vereinbar(3.).

17

1. Die Partner des maßgeblichen HVV (in der ab dem 2. Quartal 2005 geltenden Fassung) waren berechtigt, die im BRLV genannten Arztgruppen für die Zwecke der Zuweisung von FPZ als Element des RLV weiter auszudifferenzieren. Hierzu bedurfte es wegen des grundsätzlichen Vorrangs des BRLV einer ausdrücklichen Ermächtigung (a.), welche sich aus § 85 Abs 4 SGB V aF ergab(b.). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelung ihre Rechtfertigung auch in Satz 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV fand (c.).

18

a. Grundsätzlich gilt, dass die Regelungen des BewA - also auch der BRLV - denjenigen des HVV vorgehen (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19). Dies folgt nach der Senatsrechtsprechung (aaO) daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V aF vorgesehen war, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" zu bestimmen hatte; zudem war in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V aF normiert, dass die "vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" waren. Durch diese beiden Bestimmungen war klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hatte und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV waren. Aus beidem folgte jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA waren, sodass der HVV zurücktreten musste, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorlag (BSG aaO); nach den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie sind dem zuwiderlaufende Regelungen des im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen HVV rechtswidrig und damit unwirksam (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24). Dies gilt nur dann nicht, sofern der BRLV bzw höherrangiges Recht Spielräume für die Vertragspartner des HVV belässt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19).

19

Mit der Untergliederung der Arztgruppen (mit mehr als 20 Mitgliedern) in drei Bereiche je nach Abweichung vom durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe im Referenzzeitraum um mehr als 15 % nach oben oder unten gingen die Partner des HVV über die in der Anl 1 zum Teil III BRLV festgelegte Benennung der Arztgruppen hinaus. Darüber hinaus wich die Untergruppenbildung vom gesetzlichen Leitbild einer für alle Praxen einer Arztgruppe gleichen FPZ ab und führte bei gleicher Fallzahl zu unterschiedlich hohen RLV je nachdem, in welche Untergruppe die einzelne Praxis eingestuft war. Eine solche weitergehende Differenzierung durch die Partner des HVV bedurfte daher einer Ermächtigung, wie das LSG zutreffend dargestellt hat.

20

b. Eine solche Ermächtigung enthielt - insoweit entgegen der Auffassung des LSG - § 85 Abs 4 SGB V aF. Die HVV mussten nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF "insbesondere" arztgruppenspezifische Grenzwerte im Sinne von RLV festlegen. Damit war die Befugnis der (früheren) Partner der HVV zur Steuerung der Vergütung aber nicht erschöpft. Sie blieben vielmehr berechtigt, ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzugeben, soweit damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wurde. Der Senat hat wiederholt (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 73 RdNr 17)ausgeführt: "Die Formulierung 'insbesondere' in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften."

21

Schon unter der Geltung der Praxisbudgets hatte der Senat den Normgebern der Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) das Recht eingeräumt, etwa für nicht in die Praxisbudgets einbezogene Fachgruppen Honorartöpfe zu schaffen und/oder individuelle Budgetierungen vorzunehmen oder andere honorarbegrenzende Regelungen zu treffen, und dies damit begründet, die Praxisbudgets hätten grundsätzlich nichts an der Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geändert, im HVM auch mengensteuernde Regelungen zu treffen (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12). Nichts anderes gilt für RLV, nicht zuletzt deswegen, weil auch sie nur einen Teil der Leistungen erfassen, woraus zwangsläufig Bedarf für ergänzende Regelungen resultieren kann.

22

Die in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF enthaltene Ermächtigung zur Einführung weiterer Steuerungsinstrumente wendete sich nicht allein an den BewA, sondern galt gleichermaßen für die Partner der HVV. Zwar war der BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 Halbsatz 1 SGB V aF zur Konkretisierung der Regelungen nach § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V aF aufgerufen. Dies änderte aber nichts daran, dass Satz 6 aaO allgemein bestimmte, dass der HVV Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes zu enthalten hatte. Die Vertragspartner des HVV waren auch dazu berechtigt, die Vorgaben des BRLV in dem vom Senat angeführten Sinne zu ergänzen.

23

c. Ob die Regelung im HVV ihre Rechtfertigung auch in Satz 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV fand, wie die Beklagte meint, bedarf daher keiner Entscheidung. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass vieles für die Sicht des LSG spricht, dass mit der dort geregelten Ermächtigung, im HVV "weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der nachfolgenden Arztgruppen" zu vereinbaren, nicht eine weitere Differenzierung der Arztgruppen nach Fallwerten, sondern eher nach der fachlichen Subspezialisierung gemeint sein dürfte.

24

2. Die Regelung über die Untergliederung der Arztgruppen in drei Untergruppen stellt eine ergänzende Steuerungsmaßnahme iS des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF dar.

25

a. Nach den Vorgaben des BRLV wurde die KÄV-bezogene, arztgruppenspezifische FPZ im Wesentlichen so berechnet, dass der arztgruppenspezifische Leistungsbedarf der dem RLV unterliegenden Leistungen in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 durch die KÄV-bezogene, arztgruppenspezifische Anzahl der kurativ-ambulanten Behandlungsfälle im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 geteilt und mit 0,8 multipliziert wurde. Dem entsprach § 3 Abs 2 Nr 1 der Anl 2 zum HVV. Die Besonderheit der HVV-Regelung besteht darin, dass danach die vorgegebene Berechnung nicht einheitlich für die gesamte Arztgruppe iS der Anl 1 zu Teil III BRLV durchgeführt, sondern die jeweilige Arztgruppe zunächst in drei Untergruppen unterteilt wurde, für die diese Berechnung jeweils getrennt erfolgte (vgl § 3 Abs 2 Nr 2 der Anl 2 zum HVV). Die der Berechnung zugrundeliegenden Faktoren - Leistungsbedarf und Behandlungsfälle - wurden daher "unterarztgruppenspezifisch" ermittelt ("Für jede Untergruppe … erfolgt anschließend die Berechnung der FPZ gemäß Nr 1 dieses Abs"). Die Einstufung in eine der drei Untergruppen richtete sich nach dem durchschnittlichen Fallwert der Arztpraxis in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 für RLV-relevante Leistungen. Arztpraxen, deren Fallwert ungefähr dem Arztgruppendurchschnitt - bezogen auf die noch undifferenzierte Arztgruppe - entsprach, wurden in die Untergruppe U 2 eingestuft; dies waren die Praxen mit Fallwerten in der Bandbreite bis zu 15 % unter bzw über dem Durchschnitt. Ärzte mit höherem Fallwert wurden der Untergruppe U 3 zugeordnet, Ärzte mit niedrigerem Fallwert der Untergruppe U 1.

26

Begründet wurde die Bildung von Untergruppen damit, man habe der Kritik Rechnung getragen, dass frühere Regelungen, die eine Differenzierung innerhalb der Fachgruppe nach verschiedenen Leistungsschwerpunkten ermöglichten, wie zB die verschiedenen Zusatzbudgets, nicht mehr vorgesehen seien und der "Einheits-Arzt" das Aus für spezialisierte Praxen bedeute (Niedersächsisches Ärzteblatt 3/2005 S 59, 60/61). Mit der weitergehenden Differenzierung werde die bisherige Versorgungsrealität weitaus besser abgebildet (aaO S 61). Auf diese Weise werde erreicht, dass "als Ersatz für die bisherigen Praxisbudgets, Zusatzbudgets und die alte 4.3.-Regelung auch weiterhin eine differenzierte Abrechnung nach dem jeweiligen Leistungsspektrum und Leistungsbedarf der einzelnen Praxis" ermittelt werden könne (Niedersächsisches Ärzteblatt 5/2005 S 60, 62).

27

b. Die weitere Untergliederung der im BRLV aufgeführten Arztgruppen in drei "fallwertbezogene" Untergruppen ergänzt als weitere Steuerungsmaßnahme im Sinne der Rechtsprechung des Senats die Regelungen über die RLV. Sie findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass arztgruppenspezifische Grenzwerte naturgemäß unterschiedlichen Praxisstrukturen nur unzureichend Rechnung tragen (aa.), sodass die HVV Regelungen über eine abweichende Festsetzung der RLV oder jedenfalls entsprechende Härtefallregelungen enthalten müssen (bb.). In diesem Zusammenhang ist nicht zu beanstanden, wenn der Normgeber diesen Umstand im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bereits bei den Vorgaben für die Berechnung der RLV berücksichtigt (cc.); dies schließt die Möglichkeit ein, in typisierender Berücksichtigung der unterschiedlichen Strukturen nach dem Fallwert zu differenzieren (dd.).

28

aa. Die einer Arztgruppe im Sinne des BRLV angehörenden Praxen können je nach Spezialisierung und apparativer Ausrichtung ein sehr unterschiedliches Leistungsspektrum aufweisen. Praxen mit eher begrenztem Behandlungsspektrum und hohen Fallzahlen stehen solche mit sehr hohem diagnostischem oder therapeutischem Potential bei eher geringer Fallzahl gegenüber. Dieser Umstand ist dem BewA seit Jahren bekannt, weshalb in der Vergangenheit Regelungen über arztgruppenspezifische Praxisbudgets stets durch Zusatzbudgets ergänzt wurden und - zumindest im Kern - auch ergänzt werden mussten. Bezüglich dieser Zusatzbudgets war den KÄVen zudem eine Differenzierungs- und Verfeinerungsbefugnis der Art eingeräumt worden, anstelle einer einheitlichen FPZ eine Differenzierung in zwei FPZ vorzunehmen und dabei die berechtigten Ärzte in zwei Untergruppen - Ärzte mit unter- bzw mit überdurchschnittlicher Fallzahl aus den Leistungen des Zusatzbudgets - zu unterteilen (Abs 3 der Anl 4 zu den Allg Bestimmungen A I.Teil B des EBM-Ä idF vom 1.7.1997, DÄ 1997, A-872; s dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 30 S 162; BSG Urteil vom 2.4.2003 - B 6 KA 38/02 R - Juris RdNr 23 = USK 2003-138; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 1 RdNr 14).

29

Der die Regelungen des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF konkretisierende BRLV berücksichtigt diese unterschiedlichen Praxisstrukturen nur ansatzweise. Zwar hat der BewA in der Anl 1 zum Teil III BRLV insbesondere die Gruppe der Ärzte für Innere Medizin nicht einheitlich betrachtet, sondern in zehn Untergruppen unterteilt und hierbei auf den (Versorgungs-)Schwerpunkt abgestellt und damit den unterschiedlichen Praxisstrukturen der einzelnen (Unter-)Gruppen Rechnung getragen. Auch hat er dort zB die Gruppe der Fachärzte für Diagnostische Radiologie unter Berücksichtigung des Umstandes, ob diese bestimmte medizinisch-technische Geräte (CT, MRT) vorhalten, weiter ausdifferenziert. Für die hier relevante Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören bleibt jedoch - wie gleichermaßen für andere Arztgruppen - unberücksichtigt, dass auch innerhalb dieser Gruppe gewachsene, unterschiedliche Praxisstrukturen bestehen.

30

bb. Aufgrund dieser unterschiedlichen Strukturen müssen die HVV Regelungen für abweichende Festsetzungen des RLV bei bestimmten besonderen Praxisausrichtungen oder zumindest entsprechende Härteregelungen enthalten. Das hat der Senat in vier Urteilen vom 29.6.2011 näher dargelegt (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 ua). Es liegt auf der Hand, dass die Umstellung des Vergütungssystems von einem über Praxis- und Zusatzbudgets stärker auf die einzelne Praxis ausgerichteten System hin zu einer (weitgehenden) Begrenzung des regelhaft vergüteten Leistungsvolumens auf die durchschnittlichen Werte der Arztgruppe bei spezialisierten Praxen zu erheblichen Verwerfungen führen kann. Daher war von vornherein absehbar, dass in einer Vielzahl von Einzelfällen eine Anpassung der RLV oder einer Änderung der Honorarfestsetzung auf der Grundlage von Ausnahme- und ggf Härteregelungen erforderlich werden würde.

31

cc. Die Vertragspartner des HVV durften im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums aus diesem Befund auch den Schluss ziehen, die ohnehin unvermeidliche besondere Behandlung von Praxen mit einer vom Regelfall abweichenden Praxisstruktur nicht auf einer späteren Stufe - über Sonderregelungen zum RLV für bestimmte Leistungen oder über Härtefallentscheidungen - zu realisieren, sondern bereits vorab bei der Ausgestaltung der Regelungen über die Bemessung der FPZ. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 22)steht den Partnern der HVV ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Diese Gestaltungsfreiheit gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 15). Den zur Normsetzung befugten Körperschaften ist es somit nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren (stRspr des BVerfG wie des BSG, vgl BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39; BVerfGE 116, 164, 182 f; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 21 mwN; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 28).

32

dd. Schließlich ist es jedenfalls nicht offensichtlich verfehlt, abweichenden Praxisstrukturen wie geschehen durch eine Unterteilung der vom BewA vorgegebenen Arztgruppen in fallwertbezogene Untergruppen - als Ausdruck einer typisierten Anpassung an die Versorgungssituation - sowie durch eine getrennte Berechnung der maßgeblichen FPZ für die jeweilige Untergruppe Rechnung zu tragen. Der Ansatz des hier zu beurteilenden HVV zur Lösung der Problematik signifikant vom Durchschnitt abweichender Praxisstrukturen besteht darin, von vornherein Praxen mit hohen Fallwerten höhere FPZ zuzuweisen als solchen, die in der Vergangenheit durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Fallwerte aufzuweisen hatten. Zur Rechtfertigung dieser - relativ groben - Typisierung hat die Beklagte angeführt, hohe Fallwerte korrelierten ganz regelmäßig mit dem Angebot bestimmter medizinisch-technischer Leistungen, die im EBM-Ä hoch bewertet sind.

33

Dass die Höhe des Fallwerts einen Hinweis auf die Struktur einer Praxis geben kann, liegt auf der Hand. Der EBM-Ä bestimmt nicht nur den Inhalt der abrechenbaren Leistungen, sondern auch ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (§ 87 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V). Mag im Einzelfall ein hoher Fallwert auch daraus resultieren, dass eine Vielzahl gering bewerteter Leistungen erbracht wird, indiziert eine Häufung hoher Fallwerte in einer Praxis, dass dort regelhaft höher bewertete - speziellere - Leistungen erbracht werden. Der Fallwert ist daher grundsätzlich geeignet, typisierend das Leistungsspektrum bzw die Leistungsstruktur einer Praxis wiederzugeben.

34

Die Beklagte hat den Zusammenhang zwischen Fallwert und Praxisstruktur auch für die hier zu beurteilende Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören, nachvollziehbar belegt. Dabei wird nicht verkannt, dass in gewissen Grenzen hohe Fallwerte auch mit tendenziell unwirtschaftlicher Leistungserbringung verbunden sein können. Dies entwertet jedoch nicht die erwähnte Indizwirkung des Fallwerts; zudem belegen die Darstellungen der Beklagten, dass dieser Zusammenhang hier von allenfalls untergeordneter Bedeutung ist.

35

Die Beklagte hat weiter dargestellt, dass der Anteil des Honorars, den Ärzte der drei Untergruppen mit dem fachgruppenbezogenen Ordinationskomplex erwirtschaften, deutlich differiert. Damit sind die Leistungen erfasst, die mutmaßlich jeder Arzt einer Arztgruppe erbringt und erbringen muss, wenn er seinen Versorgungsauftrag erfüllen will. Je höher dieser Anteil ist, desto weniger zusätzliche, in der Regel medizinisch-technische Leistungen bietet der Arzt an. Zudem korreliert die Zuweisung einer Praxis insbesondere in die Untergruppe U 3 in der Regel mit einer bestimmten apparativen Ausstattung, die die Erbringung von Leistungen des EBM-Ä ermöglicht, die für das jeweilige Fach erforderlich sind, aber nicht von allen Angehörigen des Fachs erbracht werden.

36

All dies lässt die getroffene Regelung trotz ihres relativ groben Ansatzes als noch vertretbar erscheinen. Dass auch feiner und vor allem zielgenauer hätte differenziert werden können - etwa unter Berücksichtigung spezieller, von der Praxis abgerechneter Leistungen oder der Nutzung spezieller medizinisch-technischer Geräte -, macht die getroffene - normativ wirkende - Entscheidung der Vertragspartner im Hinblick auf die ihnen zustehende Gestaltungsfreiheit nicht rechtswidrig.

37

Auch überzeugt der Einwand nicht, dass alternative Ansätze, insbesondere in Form von Konvergenz- und Härtefallregelungen, bestanden hätten. Zum einen schließt dies den gefundenen Lösungsansatz nicht aus; zum anderen sind den Alternativen ebenfalls mögliche Fehlwirkungen eigen. Namentlich Konvergenzregelungen beinhalten die Gefahr, dass sie die gesetzliche Regelung ad absurdum führen und diese in nicht geringerem Maße "unterlaufen", als dies gegen die Bildung von Untergruppen eingewandt wurde.

38

3. Die streitgegenständlichen Regelungen des HVV waren entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch im Übrigen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF sowie den Bestimmungen des BRLV vereinbar. Ergänzende Steuerungsmaßnahmen sind nur zulässig, soweit sie sich im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben halten und damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wird; insbesondere dürfen sie keine Regelungen enthalten oder Auswirkungen haben, die den übrigen Regelungen des BRLV zuwider laufen. Diesen Anforderungen wird die - umfangmäßig begrenzte - Differenzierung der FPZ je nach Fallwert der einzelnen Praxis noch gerecht.

39

a. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF waren in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung waren zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V aF waren außerdem für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen(stRspr seit BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 16).

40

Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) stellte eine zentrale Vorgabe dar (BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17; vgl hierzu schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16: "zentrale und strikte Vorgabe"). Zu der weiteren - ebenfalls zentralen - Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte" hat der Senat ausgeführt, dass diese nicht notwendigerweise arztgruppen"einheitliche" Festlegungen in dem Sinne fordert, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr entsprach dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den FPZ vorgab, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsah und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führte (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17).

41

Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V aF hatte der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften(Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") mit Wirkung ab 1.1.2004 zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hatte ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wurde in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF relativierte die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wurde damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17).

42

b. Diesen sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungen sowie deren Präzisierung durch den BRLV entsprach der HVV.

43

aa. Nach den Feststellungen des LSG sah der HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie die Vergütung der innerhalb des RLV liegenden ärztlichen Leistungen mit einem festen Punktwert vor (§ 2 Anl 2 HVV), genügte also grundsätzlich den genannten Vorgaben. Der Annahme eines "festen" Punktwerts steht auch nicht entgegen, dass der HVV in § 14 Abs 3 der Anl 3 eine Quotierung des in § 14 Abs 1 Buchst a aaO vorgegebenen RLV-Punktwerts von 3,4424 Cent vorsah, falls die im Arztgruppentopf vorhandenen Mittel nicht ausreichten. Der Senat hatte bislang die Frage nicht explizit entschieden, ob derartige Quotierungen mit den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu vereinbaren sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 32; BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 23), jedoch in diesen Entscheidungen bereits zu erkennen gegeben, dass eine gewisse Quotierung unausweichlich ist und die Forderung eines absolut festen Punktwerts bei begrenzter Gesamtvergütung lebensfremd wäre.

44

Nunmehr beantwortet der Senat die Frage ausdrücklich dahingehend, dass die gesetzliche Vorgabe "fester" Punktwerte einschränkend dahingehend zu interpretieren ist, dass es ausreicht, wenn die Gewährung eines festen Punktwerts dem Grunde nach sichergestellt ist und es nicht regelhaft zu einer Abweichung von diesem Grundsatz kommt. Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen ist, weil bei gedeckelter Gesamtvergütung die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht wird, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen immer ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu einem immer weiter sinkenden Punktwert für die "freien Leistungen" führen müsste (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33). Ein gewisses Floaten der Punktwerte ist nicht zu vermeiden; das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung setzt vielmehr eine Quotierung voraus (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16; ebenso BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33).

45

Da die mit festen Punktwerten zu vergütenden Leistungen durch den BewA vorgegeben sind, bestünde für die Partner des HVV als einzige ernsthafte Alternative zur Quotierung die Möglichkeit, den festen Punktwert von vornherein so niedrig anzusetzen, dass er ungeachtet der Entwicklung der Leistungsmenge mit den zur Verfügung stehenden Geldmitteln finanziert werden kann. Dass dies nicht der Kalkulationssicherheit dient, liegt auf der Hand. Eine strikte Beachtung der gesetzlichen Vorgaben hätte daher zur Folge, dass der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck, den Ärzten Kalkulationssicherheit zu geben, verfehlt würde. Dementsprechend hat der Senat seine (frühere) Aussage, dass die Vorgabe "feste Punktwerte" strikt und ohne jeden Spielraum sei (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16 mwN), modifiziert und in seinem Urteil vom 6.2.2013 (B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17)die Wendung, dass die Vorgabe "feste Punktwerte" eine "zentrale und strikte Vorgabe" darstelle, auf die Formel "zentrale Vorgabe" reduziert.

46

bb. Die Umsetzung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben im HVV wird entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht durch gesonderte Berechnungsvorgaben für die FPZ "unterlaufen". Das LSG geht davon aus, dass die Regelung, die Mitglieder der Arztgruppe in drei Untergruppen mit unterschiedlich großen FPZ zur Bestimmung des RLV einzustufen, unzulässigerweise dazu führt, dass die Größe des jeweiligen RLV neben der Behandlungsfallzahl im Abrechnungsquartal zusätzlich von einer "vergangenheitsbezogenen Fallwertbetrachtung" abhängt. Dem folgt der Senat nicht.

47

(1) Der "vergangenheitsbezogene" Bezugszeitraum für die Ermittlung der Fallwerte und damit für die Einstufung in die jeweilige Untergruppe ist als solcher nicht zu beanstanden, weil er dem Zeitraum entspricht, der durch den BRLV für die Berechnung der FPZ vorgegeben wurde; auch ohne die weitere Differenzierung beruhten die FPZ auf den Werten aus dem Zeitraum 2003/2004. Daher träfe auch bei einer arztgruppeneinheitlichen FPZ der Einwand zu, dass die Praxen an den Werten aus der Vergangenheit (2003/2004) "festgehalten" würden.

48

(2) Der Senat vermag auch nicht der Auffassung des LSG zu folgen, dass die Differenzierung bei den FPZ die Regelung des HVV unzulässig einem Individualbudget annäherte. Zutreffend ist, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass Individualbudgets nicht den Anforderungen des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF genügten, weil es an - auf (arztgruppen)durchschnittlichen Werten beruhenden - Grenzwerten fehlte, wenn das Honorarvolumen des Arztes im Sinne eines typischen Individualbudgets durch praxisindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen bestimmt wurde(BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 35 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 27 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 30).

49

Dies trifft auf die in Rede stehende Regelung des HVV hingegen nicht zu. Nicht der Fallwert der einzelnen Praxis wird über die FPZ prolongiert und geschützt, sondern es werden - wie unter 2.b. dargestellt - unterschiedliche Spezialisierungen, die in der unterschiedlichen Ansatzfrequenz bestimmter, hoch bewerteter Leistungen ihren Ausdruck gefunden haben, typisierend in das neue System der RLV transformiert. Die Untergliederung lässt den Grundgedanken der Arztgruppenorientierung unangetastet; arztgruppenspezifischen FPZ kommt weiterhin - wenn auch auf die jeweilige Untergruppe bezogen - prägende Bedeutung zu. Dass damit in bestimmten Konstellationen auch besitzstandsschützende Effekte verbunden sein können, trifft zu. Diese sind aber nicht so gravierend, dass die Entscheidung der Vertragspartner, zur Reduzierung einer Vielzahl von Ausnahme- und Härteregelungen, die bei einer einheitlichen FPZ für alle Ärzte einer Gruppe unvermeidlich gewesen wären, eine begrenzte Variation bei den FPZ vorzugeben, nicht hinzunehmen wäre.

50

4. Die von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen hingegen nicht durch. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist weder - im Sinne einer Überraschungsentscheidung - darin zu sehen, dass das LSG der Beklagten nicht durch einen vorab gegebenen gerichtlichen Hinweis die Möglichkeit eingeräumt hat, zu seiner Annahme vorzutragen, die Fallzahlabstaffelungsregelung in § 3 Abs 3 der Anl 2 zum HVV beruhe auf der Grundlage der undifferenzierten Arztgruppen aus Anl 1 zum Teil III BRLV, noch ist dieser Grundsatz dadurch verletzt, dass das Berufungsgericht zentrales Vorbringen der Beklagten entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Da keine absoluten Revisionsgründe geltend gemacht werden, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese vermeintlichen Verfahrensfehler (§ 170 Abs 3 SGG).

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Punktwertes für probatorische Sitzungen in den Quartalen II/05 bis I/06.

2
        

Der Kläger nimmt als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit den Zusatzbezeichnungen Psychoanalyse und Psychotherapie mit Praxissitz in K. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er gehörte nach der Vereinbarung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur Honorarverteilung (HVV) der Honorar(unter)gruppe B 2.24 (Ärzte für Psychotherapeutische Medizin) an. Die Bewertung der Honorarforderungen erfolgte in den streitbefangenen Quartalen auf der Basis eines Regelleistungsvolumens (RLV). Der Kläger hatte nach den von der Beklagten erlassenen Honorarbescheiden folgende Abrechnungswerte:

                 
        

II/05 

III/05

IV/05 

I/06   

Abgerechnetes Honorarvolumen - in Punkten

55.200,0

40.175,0

43.530,0

59.370,0

Praxisbezogenes RLV (PK + EK)

33.750,0

36.766,6

40.681,2

41.049,5

RLV-Fallzahl

30    

26    

29    

29    

Rechnerischer Fallpunktwert (in Punkten)

1.125,0

1.414,1

1.402,08

1.415,5

Überschreitung RLV

21.450,0

3.408,4

2.848,8

18.320,5

                                            

Honoraranforderung oberer Pw (PK - in Punkten

12.072,3

9.136,5

14.360,8

17.499,4

Honoraranforderung oberer Pw (EK - in Punkten)

21.677,6

27.630,0

26.300,3

23.550,0

Honoraranforderung unterer Pw (PK - in Punkten)

7.672,7

848,5 

1.009,2

7.810,6

Honoraranforderung unterer Pw (EK - in Punkten)

13.777,4

2.560,0

1.839,7

10.510,0

Psychotherapie zum festen Pw (PK - in Punkten)

142.025,0

143.520,0

177.905,0

128.570,0

Psychotherapie zum festen Pw (EK - in Punkten)

267.605,0

324.415,0

337.870,0

364.780,0

                                            

Honorar oberer Pw (PK) - in Euro

224,67

196,43

312,35

299,50

Honorar oberer Pw (EK) - in Euro

437,24

637,14

618,07

470,29

Honorar unterer Pw (PK) - in Euro

19,90 

3,96   

4,71   

36,63 

Honorar unterer Pw (EK) - in Euro

36,04 

12,06 

8,65   

49,71 

Honorar Psychotherapie zum festen Pw (PK) - in Euro

6.280,34

6.346,45

7.866,95

5.698,21

Honorar Psychotherapie zum festen Pw (EK) - in Euro

11.911,10

14.439,72

15.038,59

16.269,18

Auffüllbetrag gem. 7.5 HVV - in Euro

167,44

-281,78

10,43 

-358,96

Nettohonorar - in Euro

18.603,86

20.819,13

23.156,09

21.922,82

                                            

Fallzahl (gesamt)

30    

30    

29    

29    

Anzahl Probatorische Sitzungen
(GO-Nr 35150)

13    

10    

10    

13    

3

Er legte jeweils Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/05 bis IV/08 ein. Unter anderem trug er vor, das BSG habe einen Mindestpunktwert von 2,56 Cent für die antragsfreien psychotherapeutischen Leistungen vorgegeben, der regelmäßig unterschritten worden sei.

4

Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 23.6.2010 beschränkt auf die Frage der Höhe des Punktwertes für probatorische Sitzungen in den Quartalen II/05 bis I/06 zurück. Eine Stützungsverpflichtung bestehe nur für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen. Der obere Bruttopunktwert (dh ohne Abzug für die Erweiterte Honorarverteilung und die Notdienstumlage) für probatorische Sitzungen der Honorar(unter)gruppe B 2.24 habe in allen streitbefangenen Quartalen den vom BSG geforderten Punktwert von 2,56 Cent überstiegen. Der Umfang zeitgebundener genehmigungspflichtiger Leistungen habe teilweise die zur Verfügung stehende Geldmenge im Honorartopf der Honorar(unter)gruppe B 2.24 überstiegen, sodass der Punktwert rechnerisch zunächst Minuswerte aufgewiesen habe. Erst nach Stützung dieser Punktwerte auf 85 % des mittleren Punktwertes der Fachärzte, wie in Ziffer 2.2 der Anlagen 1 und 2 zu Ziffer 7.2 HVV vorgesehen, hätten Punktwerte zwischen 2,818 Cent und 3,288 Cent ermittelt werden können. Eine weitere Stützung des Punktwertes würde zu Lasten der übrigen Fachgruppen des Honorarbereichs B gehen und eine unangemessene Belastung dieser Fachgruppen darstellen. Unberücksichtigt bleiben müsse auch, dass der Punktwert durch den Bedarf für die Ausgleichsregelung bei einer Fallwertminderung von mehr als 5 % gemäß Ziffer 7.5 HVV gemindert werde. Der Bedarf für diese Regelung, die dem Kläger in den Quartalen II/05 und IV/05 zugutegekommen sei, sei von allen an der Honorarverteilung Beteiligten gleichsam zu tragen.

5

Mit Urteil vom 21.3.2012 hat das SG die Honorarbescheide für die Quartale II/05 bis I/06 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.6.2010 aufgehoben, soweit die probatorischen Sitzungen mit einem effektiven Punktwert von unter 2,56 Cent vergütet wurden, und die Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

6

Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte vorgetragen: Nachdem sie zunächst die Vergütung der zeitgebundenen genehmigungspflichtigen Leistungen mit einem Mindestpunktwert bei der Ermittlung des RLV-Punktwertes berücksichtigt habe, habe das noch zur Verfügung stehende Honorar des Honorartopfes der Honorar(unter)gruppe B 2.24 nicht ausgereicht, um die darüber hinaus anerkannten Punktzahlen innerhalb des RLV mit dem oberen Punktwert von 4,0 Cent (Nr 6.4 HVV) zu vergüten. Die Punktwerte zur Vergütung der Leistungen innerhalb des RLV hätten nach Quotierung wie folgt ausgesehen:

        

Quartal

Pw EK in Cent

Pw PK in Cent

II/05 

-5,040

-5,531

III/05

0,709 

-0,849

IV/05 

1,418 

0,571 

I/06   

0,270 

-3,144

7

Die HVV sehe eine Stützung des Honorartopfes einer Honorar(unter)gruppe zu Lasten der Honorartöpfe anderer Facharztgruppen vor, sofern die festgestellten Quoten um mehr als 15 % von der über alle Honorar(unter)gruppen der Honorargruppe B 2 gebildeten (mittleren) Quote abweichen. Die zur Stützung des Honorartopfes der Honorar(unter)gruppe B 2.24 notwendigen Beträge hätten sich belaufen auf:

        

Quartal

EK in Euro

PK in Euro

II/05 

409.854,29

321.295,39

III/05

90.236,80

200.336,85

IV/05 

37.119,94

85.667,73

I/06   

106.340,53

184.192,93

8

Nach dieser Stützung hätten sich folgende Brutto-Punktwerte (vor Abzug EHV, Notdienst, Ausgleichsregelung gemäß Ziffer 7.5 HVV und Verwaltungskosten) ergeben:

        

Quartal

Pw EK in Cent

Pw PK in Cent

II/05 

3,168 

3,075 

III/05

3,202 

3,047 

IV/05 

3,288 

3,174 

I/06   

3,135 

2,818 

9

Unter Berücksichtigung des vom Kläger abgerechneten Punktzahlvolumens habe er folgende Brutto-Vergütungen innerhalb des RLV erhalten:

Quartal

Pw gemittelt
(PK/EK) in Cent

Anzahl Prob. Sitzungen zum ob. RLV-Pw

Euro pro Sitzung
(brutto)

II/05 

3,1215

13    

46,66 

III/05

3,1245

10    

46,71 

IV/05 

3,2310

10    

47,33 

I/06   

2,9765

13    

44,49 

10

Sie - die Beklagte - sei berechtigt, auf die Bruttopunktwerte weitere Abzüge für EHV, Notdienstumlage sowie die Finanzierung der Ausgleichsregelung nach Nr 7.5 HVV vorzunehmen. Bei letzterer handele es sich nicht um eine Mengenbegrenzungsmaßnahme, sondern um eine Härtefallregelung, die Veränderungen aufgrund des zum Quartal II/05 eingeführten EBM 2005 abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen ermöglichen solle. Sie komme insoweit folgerichtig erst nach Feststellung der Auszahlungsquoten und Punktwerte und somit nach Abschluss des Abrechnungsprozesses zur Anwendung. Auch die Honorar(unter)gruppe des Klägers sei an der Ausgleichsregelung und damit auch an ihrer Finanzierung beteiligt.

11

Für die streitbefangenen Quartale hat die Beklagte nach den Urteilen des Senats vom 3.2.2010 - B 6 KA 1/09 R und B 6 KA 31/08 R - und vom 18.8.2010 - B 6 KA 26/09 R - zur Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV eine Neuberechnung der Quartalsabrechnungen erstellt und entsprechende Honorarbescheide erlassen, die in den Quartalen II/05 und IV/05 zu einem geringeren Honoraranspruch des Klägers geführt haben. Auf eine Rückforderung der entsprechenden Honoraranteile hat die Beklagte verzichtet. Für die Quartale III/05 und I/06 hat der Kläger aufgrund der Neuberechnung eine Nachvergütung in Höhe von 39,83 Euro (III/05) bzw 186,79 Euro (I/06) erhalten. Nach Mitteilung der Beklagten ergaben sich nach der Neuberechnung folgende Punktwerte für die Honorargruppe des Klägers:

        

Quartal

Pw EK in Cent
vor Anwendung 7.5 HVV

Pw PK in Cent vor Anwendung 7.5 HVV

Pw EK in Cent nach Anwendung 7.5 HVV

Pw PK in Cent nach Anwendung 7.5 HVV

II/05 

2,970 

2,594 

2,031 

1,716 

III/05

2,848 

2,517 

1,827 

1,575 

IV/05 

3,122 

2,799 

2,063 

1,779 

I/06   

2,813 

2,329 

1,710 

1,349 

12

Das LSG hat das Urteil des SG geändert. Die Honorarbescheide für die Quartale II/05 bis I/06 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2010 seien rechtswidrig, soweit damit die probatorischen Sitzungen innerhalb des RLV mit einem oberen Punktwert von unter 2,56 Cent vergütet würden. Insoweit seien die Bescheide aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten. Soweit die Beklagte probatorische Sitzungen wegen Überschreitung des RLV mit einem Punktwert von unter 2,56 Cent vergütet habe, seien die Bescheide jedoch nicht zu beanstanden.

13

Die Regelungen zur Bildung von RLV der in den streitbefangenen Quartalen geltenden Honorarverteilungsverträge entsprächen den Vorgaben des Bewertungsausschusses (BewA) im Beschluss vom 29.10.2004 zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V mit Wirkung zum 1.1.2005 (BRLV) und seien mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Einbeziehung der probatorischen Sitzungen in die RLV sei nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu beanstanden. In seinem Urteil vom 8.2.2012 (B 6 KA 14/11 R) habe das BSG ausgeführt, dass der BewA nach der Konzeption der RLV davon habe ausgehen dürfen, dass im Regelfall innerhalb der RLV eine ausreichende Honorierung der probatorischen Sitzungen gewährleistet sei. Die rechnerisch vorgesehene Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem Punktwert von grundsätzlich 4,0 Cent sei vom BSG auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Punktwert einer Quotierung unterliege, soweit der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht ausreichte, nicht beanstandet worden.

14

Allerdings verstießen die Regelungen zur Honorarverteilung in den streitbefangenen Quartalen insoweit gegen § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V, als die Quotierung des Regelleistungspunktwerts (oberer Punktwert) in der Honorar(unter)gruppe B 2.24 des Klägers zu einem Punktwert von unter 2,56 Cent für die Leistungen der probatorischen Sitzungen geführt habe, was - soweit ersichtlich - nach der Neuberechnung durch die Beklagte im Quartal III/05 im Primärkassenbereich der Fall gewesen sei.

15

Die im HVV enthaltene Stützungsregelung, wonach ein Ausgleich zwischen den Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 mit dem Ziel der Erreichung einer maximalen Abweichung von 15 %-Punkten von der mittleren Quote des rechnerischen Punktwertes für alle Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 durchzuführen gewesen sei, sei unzureichend gewesen, soweit dies nicht zu dem für eine angemessene Vergütung je Zeiteinheit erforderlichen Punktwert von 2,56 Cent für die Leistungsanforderungen für probatorische Sitzungen innerhalb des RLV geführt habe.

16

Auch die Regelung der Ziffer 7.5 HVV, mit der die Veränderung des Fallwertes des aktuellen Abrechnungsquartals im Vergleich zum entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 auf 5 % begrenzt worden sei, verstoße gegen höherrangiges Recht, soweit sie zu einer Verminderung des (oberen) Regelleistungspunktwerts für Leistungen der probatorischen Sitzungen unter einen Wert von 2,56 Cent geführt habe. Der Charakter von Ziffer 7.5 HVV als einer Härtefallregelung ändere nichts daran, dass durch die Finanzierung der Ausgleichsregelung eine Honorarumverteilung vorgenommen worden sei, die in allen streitbefangenen Quartalen in beiden Kassenbereichen nach den von der Beklagten vorgelegten Berechnungen zu einer (weiteren) Quotierung des (oberen) Punktwerts geführt habe, in deren Folge der Punktwert auch für probatorische Sitzungen auf einen Wert von unter 2,56 Cent gesunken sei.

17

Die Unterschreitung des sog Mindestpunktwerts für probatorische Sitzungen sei hingegen nicht zu beanstanden, soweit die Vergütung von Leistungsanteilen betroffen sei, mit denen das RLV überschritten worden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei nicht jede probatorische Sitzung mit einem Punktwert von mindestens 2,56 Cent zu vergüten, sondern lediglich "die für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen". Deren Umfang werde in der Systematik der RLV durch den Anteil der probatorischen Sitzungen an dem Leistungsvolumen, das innerhalb des RLV zu einem oberen Punktwert vergütet werden müsse, bestimmt. Das durch die Vorgaben des BRLV zur Bestimmung des praxisindividuellen RLV definierte Leistungsvolumen berücksichtige rechnerisch auch den fachgruppendurchschnittlichen Anteil des pro Behandlungsfall erforderlichen Leistungsbedarfs für probatorische Sitzungen in der Fachgruppe des Klägers.

18

Gegen das Urteil haben beide Beteiligten Revision eingelegt. Der Kläger trägt vor, die Mindestvergütung von 2,56 Cent dürfe nicht auf die vom RLV umfassten probatorischen Sitzungen begrenzt werden. Es müsse vielmehr die für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen mit einem Punktwert von 2,56 Cent vergütet werden. Bei den RLV handele es sich um eine finanzpolitische Mengenbegrenzungsregelung, die nicht Maßstab einer sachgerechten psychotherapeutischen Versorgung sein könne. Allein regelungsbefugt sei insofern der Gemeinsame Bundesausschuss, der in der PsychothRL 5, bei der analytischen Psychotherapie bis zu 8 probatorische Sitzungen für sachgerecht halte. Bereits mit einer probatorischen Sitzung, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) mit 1495 Punkten bewertet sei, werde die im RLV zugewiesene Punktzahl pro Versichertem von 1411 (6 bis 59 Jahre EK) und 1421 (6 bis 59 Jahre PK) Punkten überschritten. Allein dies zeige, dass die Auffassung des LSG nicht richtig sein könne. Soweit bei der Ermittlung des Punktwertes ein Mittelwert gebildet werde, bedürfe es weitergehend einer Gewichtung je nach Anteil der PK- und EK-Patienten.

19

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 29.1.2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Marburg vom 21.3.2012 sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

20

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 29.1.2014 aufzuheben, soweit es die Honorarbescheide für die Quartale II/2005 bis I/2006 aufgehoben, die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt und ihre Berufung zurückgewiesen hat, das Urteil des SG Marburg vom 21.3.2012 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision des Klägers zurückzuweisen.

21

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Revision vor, sie habe die Vorgaben des BSG aus dem Urteil vom 28.5.2008 umgesetzt. Erst nach der Neuberechnung im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 3.2.2010 habe sich in den Quartalen III/2005 und I/2006 eine leichte Unterschreitung des Punktwertes von 2,56 Cent ergeben. Das sei Folge davon gewesen, dass Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5 nicht mehr möglich gewesen seien und das Volumen der außerhalb der RLV zu vergütenden Honoraranteile angestiegen sei. Da kein Honorar zurückgefordert worden sei, habe der Kläger tatsächlich in allen streitbefangenen Quartalen den Auszahlungspunktwert oberhalb von 2,56 Cent erhalten. Auch nach der Neuberechnung liege der Punktwert im arithmetischen Mittel oberhalb von 2,56 Cent, nämlich für das Quartal I/2006 bei 2,57 Cent (EK = 2,813; PK = 2,329) und für das Quartal III/2005 bei 2,68 Cent (EK = 2,848; PK = 2,517).

Entscheidungsgründe

22

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das LSG hat zu Recht die angefochtenen Honorarbescheide insoweit aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt, als die vom Kläger erbrachten probatorischen Sitzungen innerhalb des RLV nicht mit einem Punktwert von 2,56 Cent vergütet worden sind. Soweit der Kläger sein RLV überschritten hat, besteht kein Anspruch auf Vergütung der probatorischen Sitzungen mit einem Mindestpunktwert.

23

1. Die in den streitbefangenen Quartalen geltenden HVV (Vereinbarung vom 10.11.2005 und Ergänzungsvereinbarungen vom 22.6.2006, 15.9.2011 und 27.6.2012; vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 15 f) entsprachen strukturell mit der Bildung von RLV den Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz - vom 14.11.2003, BGBl I 2190, mWv 1.1.2004; Abs 4a aufgehoben durch Art 1 Nr 20 Buchst g durch Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983, mWv 1.1.2012) übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. In der Anlage 1 zum Teil III des Beschlusses waren tabellarisch die erfassten Arztgruppen aufgeführt, die dem RLV unterlagen. Hierzu zählt auch die in der Honorar(unter)gruppe B 2.24 der HVV genannte Fachgruppe.

24

2. Die Einbeziehung der probatorischen Sitzungen in die RLV ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu beanstanden (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 69 RdNr 20). Nach Teil III Nr 4.1 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 unterliegen nur die antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen nach den Nr 35200 bis 35225 EBM-Ä nicht dem RLV.

25

Der Senat hat zunächst in einer Entscheidung vom 29.8.2007 (B 6 KA 35/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 17-18) betont, dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehören. Diese durch strikte Zeitgebundenheit, aber fehlende Genehmigungsbedürftigkeit geprägten Leistungen würden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben (§ 28 Abs 3 Satz 2, § 92 Abs 6a Satz 1 SGB V), und zwischen ihnen und den sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr 871 ff EBM-Ä aF bestehe ein enger Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen werde die Diagnose gestellt und die Entscheidung getroffen, ob eine Behandlung im Sinne der Nr 871 ff EBM-Ä aF veranlasst und welche der verschiedenen Behandlungsmethoden die sachgerechte sei, sowie, ob zwischen dem Therapeuten und dem Versicherten eine ausreichende Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung bestehe. Aus dieser zentralen Funktion der probatorischen Sitzungen folgt nach der Rechtsprechung des Senats, dass die KÄV im Rahmen der ihr obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen für eine substanzielle Honorierung dieser Leistungen sorgen muss. Anlass für nähere Erörterungen zur erforderlichen Höhe des Punktwertes hat der Senat in diesem Verfahren bei Punktwerten von deutlich mehr als 3 Cent nicht gesehen.

26

Bei Punktwerten von 1,84 im Primär- bzw 2,13 Cent im Ersatzkassenbereich hatte der Senat dagegen in dem späteren Verfahren (Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42) Veranlassung, diese Rechtsprechung zu konkretisieren. Die genannten Punktwerte hätten zur Folge, dass für eine probatorische Sitzung von mindestens 50 Minuten Dauer ein Honorar von 26,68 Euro bzw von 30,89 Euro anfalle. Der nach Berücksichtigung der Betriebskosten verbleibende Ertrag von weniger als 20 Euro reiche nicht aus, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. Die für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen müsse deshalb so honoriert werden, dass - erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen oÄ - jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig, dh 2,56 Cent, für solche Leistungen nicht unterschritten werde (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 65).

27

Das schließt eine Einbeziehung der probatorischen Sitzungen in die RLV nicht aus (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 69 RdNr 20). Vielmehr sei, so der Senat, damit klargestellt, dass auch probatorische Sitzungen nicht losgelöst von Honorarbegrenzungsmechanismen zu honorieren seien. Zudem gewährleistet nach der Rechtsprechung des Senats gerade die Einbeziehung in das RLV die Vergütung mit einem festen Punktwert. Der BewA durfte nach der Konzeption der RLV davon ausgehen, dass im Regelfall innerhalb der RLV eine ausreichende Honorierung der probatorischen Sitzungen gewährleistet ist. Auch die hier maßgeblichen HVV sahen rechnerisch die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem Punktwert von grundsätzlich 4,0 Cent vor. Der Punktwert unterlag zwar einer Quotierung, soweit der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht ausreichte. Diese notwendige Folge begrenzter Gesamtvergütungen stellt die grundsätzliche Privilegierung der dem RLV unterfallenden Leistungen aber nicht in Frage (vgl BSG aaO). Die Privilegierung zeigte sich hier auch darin, dass dann, wenn der zur Verfügung stehende Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistung mit dem Regelleistungspunktwert nicht ausreichte und die deshalb gebildete Quote der Honorarforderungen innerhalb des RLV um mehr als 15 %-Punkte von der über alle fachärztlichen Honorar(unter)gruppen gebildeten mittleren Quote abwich, ein Ausgleich mit dem Ziel der Erreichung der maximalen Abweichung von 15 %-Punkten durchgeführt wurde (Ziffer 2.2 der Anlage 2 der HVV). Von dieser Regelung hat die Honorar(unter)gruppe des Klägers in den streitbefangenen Quartalen in hohem Maße profitiert. Ihr Honorartopf ist in den streitbefangenen Quartalen mit Beträgen zwischen ca 37 000 und 410 000 Euro gestützt worden. Diese Stützungsmaßnahmen führten überhaupt erst zu einer dem Regelleistungspunktwert angenäherten Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen im RLV.

28

3. Die Quotierung des Punktwertes für die vom RLV erfassten Leistungen sowie die Abzüge vom Punktwert für die Notdienstumlage und den Ausgleich von Honorarverlusten dürfen indes nicht dazu führen, dass die probatorischen Sitzungen im RLV tatsächlich mit einem niedrigeren Punktwert als 2,56 Cent vergütet werden.

29

a) Der Senat hat bislang nicht ausdrücklich entschieden, wie der Mindestpunktwert von 2,56 Cent angesichts unterschiedlicher Punktwerte in den einzelnen Kassenarten zu bestimmen ist. Er hat in der Vergangenheit ohne nähere Erläuterung der Berechnungsweise auf den arithmetischen Mittelwert zwischen den Primärkassen (PK)- und den Ersatzkassen (EK)-Punktwerten abgestellt (vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 49/07 R - Juris RdNr 58 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 20, 24; so auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 19.2.2014 - L 7 KA 10/11 - Juris RdNr 51 ff). Den niedrigen PK-Wert hat der Senat nicht isoliert betrachtet und beanstandet, sondern ausgeführt, es müsse die höhere Vergütung für EK-Patienten einbezogen werden. Er hat Bezug genommen auf ein Urteil vom 29.8.2007 (B 6 KA 43/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 20, 24), wonach sich der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Mit dieser Bezugnahme hat der Senat deutlich gemacht, dass die Gesamtbetrachtung der unterschiedlichen Punktwerte mit der Rechtsprechung korreliert, wonach die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe nur unzureichend widerspiegelt.

30

Ist somit für die Beurteilung der Vergütung der probatorischen Sitzungen eine Gesamtbetrachtung der Punktwerte erforderlich, kann grundsätzlich die Orientierung an einem Mittelwert erfolgen. Allerdings gilt dies nur so lange, als ohne weiteres erkennbar ist, dass auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nur ca 40 % der gesetzlich Versicherten Mitglied einer EK sind (vgl http://www.vdek.com/presse/daten/b_versicherte.html: 37,7 %), bezogen auf die Gesamtheit der Leistungen ein Mindestpunktwert von 2,56 Cent gewährleistet ist. So waren auch im Verfahren B 6 KA 49/07 R die EK-Werte mit 7,6672 Pfennig bzw 3,92 Cent deutlich höher als die PK-Werte (4,2372 Pfennig bzw 2,17 Cent) und es ergab sich ein arithmetischer Mittelwert weit oberhalb von 2,56 Cent (3,04 Cent). Ist bereits bei dieser Berechnung sichergestellt, dass der Mindestpunktwert nicht unterschritten wird, kann auf den arithmetischen Mittelwert abgestellt werden. Ist dies aber nicht gewährleistet, etwa weil der Wert von 2,56 Cent im arithmetischen Mittel nur knapp erreicht oder überschritten wird, wie das hier in den Quartalen III/2005 (2,517 Cent zu 2,848 Cent = 2,682 Cent) und I/2006 (2,329 Cent zu 2,813 Cent = 2,571 Cent) nach der Neuberechnung aufgrund der Senatsurteile vom 3.2.2010 der Fall war, muss die tatsächlich durch die jeweilige Arztpraxis für probatorische Sitzungen insgesamt erzielte Vergütung im PK- und EK-Bereich ermittelt und am Mindestpunktwert gemessen werden. Einer individuellen Betrachtung der Werte, wie sie auch das SG für erforderlich gehalten hat, bedarf es ebenfalls, wenn eine Praxis überdurchschnittlich viele Fälle abrechnet, in denen ein niedrigerer Punktwert zur Anwendung kommt. Damit tatsächlich ein Mindestpunktwert von 2,56 Cent erreicht wird, ist in diesen Fällen zwingend auf die Verhältnisse der einzelnen Praxis abzustellen und eine Gewichtung vorzunehmen. Bei dem Kläger stellte sich in den streitbefangenen Quartalen die Verteilung PK - EK wie folgt dar: I/2006 13:16, IV/2005 10:19, III/2005 8:22 und II/2005 11:19. Dementsprechend erzielte er den ganz überwiegenden Teil seines Honorars für die mit festem Punktwert honorierte Psychotherapie aus der durchweg höher bewerteten Behandlung von EK-Patienten. Eine Orientierung am arithmetischen Mittel wirkte sich damit nicht zu seinem Nachteil aus.

31

b) Ein Mittelwert in Höhe von 2,56 Cent für die probatorischen Leistungen wurde in den streitbefangenen Quartalen jedoch nicht erreicht. Zwar lag der von der Beklagten mitgeteilte "Bruttopunktwert" sowohl im PK- als auch im EK-Bereich oberhalb von 2,56 Cent. Soweit dies nach der Neuberechnung im PK-Bereich in den Quartalen II/2005 und I/2006 nicht mehr der Fall war (2,517 Cent und 2,329 Cent), ist dies unerheblich, weil zum einen die Abrechnung tatsächlich nicht nach diesen Punktwerten erfolgte und die Beklagte auch keine Rückforderung vornahm und zum anderen der gemittelte Wert in diesen Quartalen auch nach der Neuberechnung über 2,56 Cent lag (2,571 Cent und 2,682 Cent). Auf den "Bruttopunktwert" kommt es indes nicht an. Maßgeblich ist der tatsächliche Auszahlungspunktwert, nicht ein Punktwert, von dem noch Abzüge gemacht werden. Der Senat hat die Erforderlichkeit eines Mindestpunktwertes von 2,56 Cent für probatorische Leistungen ausdrücklich damit begründet, dass ein Honorar von 26,68 Euro bzw 30,89 Euro unter Berücksichtigung der Betriebskosten nicht ausreiche, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 65). Auch wenn der Senat weiter ausführt (aaO), dass erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen oÄ die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig (dh 2,56 Cent) für solche Leistungen nicht unterschritten werden dürfe, wird damit die Ausrichtung an dem "Nettopunktwert" deutlich. Die Ausführungen des Senats zur Bedeutung der Sicherung eines angemessenen Niveaus der tatsächlichen Honorierung der Leistung können nur so verstanden werden, dass ein Punktwert von 2,56 Cent auch realiter zur Auszahlung gelangen muss. Anders als bei dem durch die RLV nach der Vorstellung des Gesetzgebers - im Idealfall - gewährleisteten festen Punktwert, der stets unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Gesamtvergütung steht (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 25 ff), ist bei den probatorischen Sitzungen ein fester Centbetrag vorgegeben. Dieser Betrag darf nur noch um die Anteile für Verwaltungskosten, die als Vomhundertsatz von jedem vertragsärztlichen Leistungserbringer zu tragen sind, sowie - bei Vertragsärzten wie dem Kläger - durch die Quotierung der Punktwerte zur Finanzierung der besonderen Altersversorgung der hessischen Vertragsärzte durch die EHV gemindert werden. Mit diesen Abzügen wird die allgemeine Tätigkeit der KÄV wie etwa die Honorarabrechnung (vgl dazu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 8)bzw die Altersversorgung der Vertragsärzte (vgl dazu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 79 und Nr 80)finanziert. Alle anderen hier vorgenommenen Vorwegabzüge, mit denen die Mittel für Ausgleichsmaßnahmen und arztgruppenübergreifende Aufgaben generiert wurden, sind hingegen unzulässig.

32

aa) Der Mindestpunktwert für die probatorischen Sitzungen darf nicht durch den Abzug einer Notdienstabgabe unterschritten werden. Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass Psychologische Psychotherapeuten (PP) es hinzunehmen haben, dass aus den von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen auch die im Notdienst erbrachten Leistungen vergütet werden. Dies werde üblicherweise durch entsprechende Vorwegabzüge vor Aufteilung der Gesamtvergütungen auf die einzelnen Honorarbereiche umgesetzt. Der Senat hat den zur Entscheidung anstehenden Fall zurückverwiesen und dem SG (Marburg) aufgegeben, zu ermitteln, ob die Regelungstechnik der Beklagten, zunächst sämtliche Punktwerte ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für den Notdienst zu berechnen und diese erst anschließend entsprechend dem Finanzbedarf für die Notdienstleistungen zu quotieren, zu wesentlich abweichenden Verteilungsergebnissen führe und ob diese Regelungstechnik möglicherweise eine Benachteiligung einzelner Gruppen von Psychotherapeuten (je nach Umfang ihres Anteils an G IV-Leistungen) - oder auch dieser insgesamt im Verhältnis zu anderen Arztgruppen, deren Leistungen ebenfalls mit festen Punktwerten vergütet werden - bewirke (BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 41/07 R - Juris RdNr 52). Das SG hat im Anschluss hieran entschieden, dass das Verfahren der Beklagten die Psychotherapeuten nicht benachteilige, sondern eher begünstige (SG Marburg Urteil vom 31.3.2010 - S 11 KA 689/08 ZVW - Juris. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde zurückgenommen.).

33

Ist die Beklagte damit grundsätzlich berechtigt, die Leistungen im vertragsärztlichen Notdienst aus den Gesamtvergütungen zu vergüten, darf die Garantie von Mindestpunktwerten auf diese Weise doch nicht unterlaufen werden. Anders als bei den Verwaltungskosten und den Einbehaltungen im Rahmen der EHV, für die kein anderer Anknüpfungspunkt als das Gesamthonorar zur Verfügung steht, das alle Leistungen, mithin auch die mit einem festen Punktwert vergüteten Leistungen umfasst, können die Kosten des Notdienstes vor Verteilung der Gesamtvergütungen auf einzelne Honorarbereiche von den Gesamtvergütungen abgezogen werden oder - was dem Vorgehen der Beklagten entspricht - über eine Quotierung von Vergütungen aufgebracht werden, die zunächst ohne Berücksichtigung des Finanzbedarfs für den Notdienst ermittelt werden. Die Entscheidung der KÄV für den einen oder den anderen Weg lässt die Garantie eines Mindestpunktwertes für die probatorischen Sitzungen unberührt. Es steht der KÄV nicht frei, durch die Wahl eines bestimmten Verfahrens der Finanzierung des Notdienstes diese Garantie faktisch einzuschränken. Diese Grundsätze gelten auch für Ärzte für Psychotherapeutische Medizin, die insoweit nach ihren Leistungsbedingungen den PP entsprechen (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 14, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).

34

Allein die Quotierung zugunsten der Vergütung des Notdienstes (Honorarbereich C des HVV) hat im Übrigen hier aber noch nicht zur Unterschreitung des Punktwertes von 2,56 Cent für die probatorischen Sitzungen im RLV geführt. Sie betrug lediglich zwischen 2,510 % im EK-Bereich im Quartal II/2005 und 3,334 % im PK-Bereich im Quartal IV/2005 und lag im Mittel jeweils unter 3 % für die Angehörigen aller Fachgruppen und damit auch der Honorar(unter)gruppe des Klägers.

35

bb) Entscheidend für die Unterschreitung des Mindestpunktwertes war vielmehr die Anwendung der Ausgleichsregelung der Ziffer 7.5 HVV. Danach erfolgte zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterlagen und mit Ausnahme der zeitbezogenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5 % (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004), so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 %. Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % wurden mithin "gekappt" und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen. Hierzu hat der Senat mit Urteil vom 18.8.2010 entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt (B 6 KA 27/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 38 ff). Die Regelung entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Die unter Ziffer 6.3 HVV vorgesehene Bildung praxisindividueller RLV sowie die unter Ziffer 6.4 HVV vorgesehene Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert wurden durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars bestimmte sich infolge dieser Regelung im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert. Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war.

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Die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV war nicht Gegenstand des damaligen Revisionsverfahrens. Der Senat hat daher auch offengelassen, ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist und die Regelung von der Berechtigung der Vertragspartner des HVV gedeckt ist, zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt (BSG aaO RdNr 46).

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Zur Finanzierung der Ausgleichsregelung hat der Senat ausgeführt, dass die KÄV gehalten ist, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen (BSG aaO RdNr 47 ff; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 3 RdNr 30 ff). Insofern greife das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen bestehe nicht. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt seien, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen worden sei. Schon deshalb sei eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen. Erst recht gelte dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legten - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen habe. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5 HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißer-ähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

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Der Senat hat ausgeführt, die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssten gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten - auch berechtigt gewesen (SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 49). Die Heranziehung allein der Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet war, wie dies in Ziffer 7.5.1 der HVV seit der Ergänzungsvereinbarung vom 15.9.2011 in Reaktion auf die Urteile des Senats vom 18.8.2010 vorgesehen war, war mithin nicht zulässig.

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Die Beklagte hätte vielmehr die Honoraranteile zur Stützung bei Fallwertminderungen zu Lasten aller Vertragsärzte generieren müssen. Ungeachtet dessen durfte durch die Anwendung der Regelung der Punktwert für die probatorischen Sitzungen nicht unter 2,56 Cent gemindert werden. Da maßgeblich der effektive Punktwert für die Leistung ist, ist unabhängig davon, ob es sich bei der Regelung Ziffer 7.5 HVV in der Sache um eine Mengenbegrenzungsregelung iS der Rechtsprechung des Senats ("nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen oÄ" BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 65; vgl dazu auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 17) handelt, auf den Punktwert nach Abzug der Quote zugunsten des Honorarausgleichs abzustellen. Nicht zuletzt muss bei wertender Betrachtung der Gesichtspunkt des bezweckten Schutzes einzelner Praxen vor Honorarverlusten hinter dem Interesse an einer substantiellen Honorierung der probatorischen Leistungen zurücktreten.

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Dabei ist nicht zu verkennen, dass die Honorar(unter)gruppe des Klägers bereits erhebliche Punktwertstützungen erhalten hat. Ohne Anwendung der Stützungsregelung, nach der der Punktwert für die psychotherapeutischen Leistungen im RLV auf 85 % des Durchschnittspunktwerts aller Honoraruntergruppen der Honorargruppe B 2 (fachärztliche Versorgungsebene) angehoben wurde, wäre der Punktwert für die Leistungen im RLV des Klägers zeitweise sogar im negativen Bereich gewesen. Eine solche Mindestpunktwertregelung hindert aber zum einen nicht die Überprüfung, ob der gestützte Punktwert eine ausreichende Versorgung in dem betroffenen Sektor oder einem Teilbereich gewährleistet (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 62). Zum anderen hat die bestandssichernde Regelung der Ziffer 7.5 HVV eine weitergehende Zielsetzung als die Gewährleistung eines am Durchschnitt orientierten Mindestpunktwerts.

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4. Dem LSG ist auch darin zuzustimmen, dass der Kläger einen Punktwert von mindestens 2,56 Cent für probatorische Leistungen, die außerhalb des RLV vergütet werden, nicht verlangen kann. Innerhalb eines RLV werden die typischen und speziellen Leistungen einer Arztgruppe honoriert (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 26). Es ist davon auszugehen, dass die Leistungsmenge innerhalb des RLV - jedenfalls bei generalisierender Betrachtung - die jeweils notwendigen Leistungen umfasst (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 22 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 124 zu § 85b Abs 1). Das RLV, das das Leistungsvolumen der Fachgruppe im Referenzquartal abbildet, umfasst typisierend auch die für erforderlich gehaltene Anzahl an probatorischen Sitzungen. Das LSG hat insofern zu Recht ausgeführt, dass es nicht Aufgabe der Beklagten ist, die Zahl der für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung erforderlichen probatorischen Sitzungen zu konkretisieren, sondern dass der BewA eine Konkretisierung durch die Vorgaben für die Bestimmung des RLV anhand des arztgruppenspezifischen Leistungsbedarfs vorgenommen hat. Nur in diesem Rahmen ist im System der RLV Raum für eine Privilegierung der Vergütung probatorischer Sitzungen.

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Bei einer Überschreitung der durch das RLV vorgegebenen Mengenbegrenzung besteht auch für die probatorischen Sitzungen keine Veranlassung, eine feste Vergütung vorzugeben. Dem LSG ist zuzustimmen, dass ansonsten die zu Recht erfolgte Einbeziehung der probatorischen Sitzungen in die RLV-Systematik konterkariert würde. Dabei geht es nicht um die Bewertung der medizinischen Notwendigkeit dieser Leistungen und der Häufigkeit ihrer Anwendung, sondern allein um die - zulässige - Übertragung der mengenbegrenzenden Wirkung der RLV auch auf die probatorischen Sitzungen. Auf die Zahl der nach § 23a Abs 1 Nr 1 PsychothRL möglichen probatorischen Sitzungen kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Beurteilung des Klägers in seinen konkreten Behandlungsfällen. Dass probatorische Sitzungen anteilig in dem Umfang, in dem das RLV überschritten wurde, nur mit einem Restpunktwert vergütet werden, der nach Ziffer 6.4 HVV mindestens 0,51 Cent betrug, ist, wie das LSG zutreffend ausführt, einerseits auf die naturgemäß begrenzte Gesamtvergütung und andererseits auf die Systematik der RLV zurückzuführen, wonach ein fester Punktwert nur für Leistungen innerhalb des RLV gewährleistet werden soll. Soweit der Kläger beanstandet, dass die im RLV zugewiesene Punktzahl niedriger sei als die Bewertung der probatorischen Sitzung im EBM-Ä, verkennt er, dass ihm die Punktzahl pro Versichertem zugewiesen wurde. Dementsprechend lag das Punktzahlvolumen nur für die probatorischen Sitzungen jeweils deutlich unter dem praxisbezogenen RLV des Klägers.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach tragen der Kläger und die Beklagte als unterliegende Parteien die Kosten je zur Hälfte (§ 154 Abs 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.