Bundessozialgericht Beschluss, 05. Juni 2013 - B 6 KA 2/13 B

bei uns veröffentlicht am05.06.2013

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. November 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 20 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung zur Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes. Der 1951 geborene Kläger war seit dem 1.11.2004 als ärztlicher Psychotherapeut in B. vertragsärztlich zugelassen. Mit Schreiben vom 18.6.2008 teilte er der Beklagten mit, er sei seit Mai 2008 erkrankt, die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit sei nicht abzusehen. Ab dem Quartal III/2008 rechnete er keine Leistungen mehr bei der Beklagten ab. Die Beklagte lehnte seinen am 27.7.2009 gestellten Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes mit Bescheid vom 29.7.2009 ab. Der Widerspruch hiergegen war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9.3.2010). Mit Beschluss vom 23.2.2011, gegen den kein Rechtsbehelf eingelegt wurde, hat der Berufungsausschuss dem Kläger die Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen. Das SG hat die Beklagte zur Ausschreibung verurteilt (Urteil vom 8.6.2011). Das LSG hat mit dem angefochtenen Urteil die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil es an einer fortführungsfähigen Praxis, insbesondere an dem erforderlichen Patientenstamm fehle, der sich auch bei ärztlichen Psychotherapeuten bilde. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat habe bereits seit über vier Jahren keine Praxis mehr bestanden.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er eine Divergenz sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) geltend macht.

3

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zum Teil bereits unzulässig, im Übrigen aber begründet.

4

1. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund der Divergenz geltend macht, ist die Beschwerde unzulässig. Für die Zulassung einer Revision wegen einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus einem LSG-Urteil und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Abweichung beruht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44). Für eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG reicht nicht aus, aus dem Berufungsurteil inhaltliche Schlussfolgerungen abzuleiten, die einem höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatz widersprechen. Das LSG-Urteil einerseits und die höchstrichterliche Entscheidung andererseits müssen vielmehr jeweils abstrakte Rechtssätze enthalten, die einander widersprechen. Eine solche Divergenz hat der Kläger hier nicht aufgezeigt. Er bezieht sich lediglich darauf, dass die vom LSG zitierten Entscheidungen des Senats (vom 29.9.1999 - B 6 KA 1/99 R - BSGE 85, 1 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5; vom 28.11.2007 - B 6 KA 26/07 R - BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3 und Beschluss vom 29.10.2009 - B 6 KA 42/09 B -) andere Sachverhalte betrafen. Maßgeblich sei aber das Urteil des Senats vom 14.12.2011 (B 6 KA 39/10 R - BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11), in dem erstmals die Faktoren für die Beurteilung des immateriellen Wertes einer psychotherapeutischen Praxis benannt worden seien. Der Kläger legt damit aber keine Divergenz dar, sondern kritisiert lediglich die aus seiner Sicht unzutreffende Rechtsauffassung des LSG. Sämtliche Ausführungen dazu, dass das LSG die besonderen Umstände seines Falles und die Bedeutung eines Patientenstammes für den Fortbestand einer psychotherapeutischen Praxis nicht richtig gewürdigt habe, richten sich gegen die Schlussfolgerungen des LSG, zeigen aber keine von der Rechtsprechung des Senats abweichenden abstrakten Rechtssätze auf. Die Zulassung der Revision kann jedoch nicht mit dem alleinigen Ziel der Überprüfung der Richtigkeit einer Entscheidung des LSG im Einzelfall erreicht werden.

5

2. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist die Beschwerde unbegründet. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wären in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren nicht zu entscheiden. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt. Das ist hier der Fall.

6

Der Kläger stellt die Frage:

        

"Hängt die Fortführungsfähigkeit einer psychotherapeutischen Praxis trotz der besonderen Höchstpersönlichkeit psychotherapeutischer Leistungen entscheidend vom Vorhandensein eines ihr selbst zuordbaren Patientenstammes ab?"

7

Nach den Grundsätzen der Senatsentscheidung vom 29.9.1999, an die der Senat in seinem Urteil vom 28.11.2007 (BSGE 99, 218 = SozR 4-1500 § 103 Nr 3) angeknüpft hat, ist nicht weiter klärungsbedürftig, dass grundsätzlich das Vorhandensein einer vertragsärztlichen Praxis Voraussetzung für das Eingreifen der Nachfolgeregelung des § 103 Abs 4 SGB V ist. Der Senat hat bereits wiederholt hervorgehoben, dass ein Vertragsarztsitz sich nur so lange für eine Praxisnachfolge eignet, als noch ein Praxissubstrat vorhanden und somit eine Praxis"fortführung" möglich ist (vgl dazu grundlegend BSGE 85, 1, 5 und 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31 f und 34; weitere Nachweise dazu in BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19; vgl ferner BSGE 87, 158, 170 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 118). Hieran anknüpfend hat der Senat in seinem Urteil vom 28.11.2007 (aus Anlass einer Streitigkeit darüber, ob ein ausscheidender Praxispartner einen Zulassungsverzicht hätte erklären müssen) dargelegt, dass Entscheidungen über Ausschreibung und Nachbesetzung "zeitnah und rechtssicher" getroffen werden müssen. Der Senat hat auch bereits entschieden, dass dann, wenn sich an die Auflösung einer Gemeinschaftspraxis eine längere Zeit des Ruhens der Zulassung des aus dieser Praxis ausgeschiedenen Mitglieds anschließt, grundsätzlich für ein Nachfolgezulassungsverfahren kein Raum ist (BSGE 85, 1, 10 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 37). Das LSG hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt, dass eine Praxisfortführung nicht notwendig verlangt, dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (vgl dazu auch Urteil des Senats vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine Praxis kann aber iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V nur dann von einem Nachfolger fortgeführt werden, wenn der ausscheidende Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Zulassung tatsächlich unter einer bestimmten Anschrift in nennenswertem Umfang (noch) vertragsärztlich tätig gewesen ist(vgl § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V). Das setzt ua die tatsächliche Entfaltung einer ärztlichen Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen voraus. Maßgeblich ist damit nicht allein, dass noch Praxisräume vorhanden sind, in den Räumlichkeiten müssen vielmehr noch nennenswerte vertragsärztliche Leistungen erbracht werden. Aus diesem Erfordernis ergibt sich ohne Weiteres das Bestehen eines Patientenstammes. Die besondere Bindung zwischen Therapeut und Patient innerhalb einer psychotherapeutischen Behandlung steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Das LSG hat insofern zu Recht keinen Raum für eine Privilegierung der psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer gesehen. Der Senat hat auch in seiner Entscheidung vom 14.12.2011, auf die der Kläger sich bezieht, das Bestehen eines Patientenstammes vorausgesetzt, als er Faktoren für die Bewertung psychotherapeutischer Praxen benannt hat (BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 23: "Art und Zusammensetzung des Patientenstamms"). Da Räumlichkeiten, Ausstattung, Internetauftritt uä erst durch den Bezug zur tatsächlichen vertragsärztlichen oder vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit einen spezifischen Praxiswert erlangen, ist diese für die Annahme eines Praxissubstrats unverzichtbar.

8

Die Frage des Klägers,

        

"Welcher Zeitraum für den Fortfall des Patientenstamms einer psychotherapeutischen Praxis - ohne dass das Ruhen der Zulassung des Vertragsarztes angeordnet war - für die Annahme der Fortführungsfähigkeit noch unschädlich ist, wenn daneben ihr Substanzwert (Praxisräume und -inventar) sowie außerdem alle anderen Faktoren ihres immateriellen Wertes, wie sie der 6. Senat in seinem Urteil vom 14.12.2011 (B 6 KA 39/10 R) benannt hatte (Infrastruktur des Standortes, Konkurrenzsituation, Warteliste, Ruf und Ansehen des bisherigen Praxisinhabers, Vernetzung mit potentiellen Überweisern), unverändert vorhanden sind?"

ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Wie genau die Länge des schädlichen Ruhenszeitraums bzw des Zeitraums der Nichtausübung zu bestimmen ist und welcher Stellenwert insoweit dem Umstand zukommen kann, dass der Kläger wegen seiner Erkrankung möglicherweise nicht in der Lage gewesen ist, rechtzeitig die notwendigen Vorkehrungen für eine Praxisübergabe nach dem faktischen Ende seiner Tätigkeit zu schaffen, hat keine über den hier zu beurteilenden Einzelfall hinausweisende Bedeutung (vgl Beschluss des Senats vom 29.10.2009 - B 6 KA 42/09 B -). Ab welcher Zeitspanne eine Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit vorliegt, die der Annahme einer fortführungsfähigen Praxis entgegensteht, entzieht sich einer generellen Bestimmung und ist stets von der Bewertung der gesamten Umständen des Einzelfalles abhängig. Es unterliegt keinem Zweifel, dass vier Jahre nach dem faktischen Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit ein Praxissubstrat nicht mehr vorhanden und eine Nachfolgezulassung nach § 103 Abs 4 SGB V ausgeschlossen ist. Hier kommt hinzu, dass nach Bestandskraft der Zulassungsentziehung keine Zulassung mehr auf einen Nachfolger übertragen werden kann. Soweit der Kläger vorträgt, das LSG hätte für die Beurteilung seines Fortsetzungsfeststellungsantrags auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellen müssen, trifft dies zwar zu. Der Kläger zeigt insoweit eine unzutreffende Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall auf, aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Im Ergebnis dürfte auch zu dem tatsächlich maßgeblichen Zeitpunkt keine fortführungsfähige Praxis mehr bestanden haben. Nach einem Zeitraum von mehr als einem Jahr, in dem keinerlei vertragsärztliche Leistungen mehr erbracht worden waren, kann angenommen werden, dass die noch vorhandenen Sachmittel keinen Bezug mehr zur vertragsärztlichen Tätigkeit aufweisen. Das gilt hier umso mehr, als zum Zeitpunkt der Antragstellung völlig offen war, ob die Tätigkeit in absehbarer Zeit erneut aufgenommen werden würde. Der Kläger hat im Übrigen zu den von ihm genannten wertbildenden Faktoren im Verfahren nicht näher vorgetragen. Er verweist lediglich auf die noch bestehenden Praxisräume, seinen Internetauftritt sowie auf Anfragen von potentiellen Patienten. Ein Fortbestand der Praxis ist damit nicht belegt.

9

Auch die weitere Frage:

        

"Ist die Fortführungsfähigkeit einer psychotherapeutischen Praxis beim Fehlen eines ihr zuordbaren Patientenstammes auch dann zu verneinen, wenn ihr Substanzwert (Praxisräume und Inventar) sowie außerdem alle anderen Faktoren ihres immateriellen Wertes, wie sie der 6. Senat in seinem Urteil vom 14.12.2011 (B 6 KA 39/10 R) benannt hatte (Infrastruktur des Standortes, Konkurrenzsituation, Warteliste, Ruf und Ansehen des bisherigen Praxisinhabers, Vernetzung mit potenziellen Überweisern), im Zeitpunkt der letzten möglichen Tatsachenverhandlung unverändert vorhanden sind?"

ist nicht klärungsbedürftig.

Wie dargelegt, kann der Rechtsprechung des Senats entnommen werden, dass eine ärztliche Tätigkeit in der zu übergebenden Praxis unverzichtbar ist. Die in der Entscheidung des Senats vom 14.12.2011 genannten Komponenten für die Feststellung eines immateriellen Wertes (BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 23)modifizieren die in früheren Entscheidungen aufgestellten Voraussetzungen nicht.

10

Schließlich ist auch die dritte Frage des Klägers:

        

"Gilt dies, ohne dass das Ruhen der Zulassung angeordnet war, auch dann, wenn das Fehlen des Patientenstammes nach jahrelanger vertragsärztlicher Tätigkeit am Vertragsarztsitz lediglich auf der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes beruht?"

nicht klärungsbedürftig. Der Rechtsprechung des Senats ist zu entnehmen, dass es auf den Grund für die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen der Nachfolgezulassung nicht ankommt (vgl Beschluss des Senats vom 29.10.2009 - B 6 KA 42/09 B -). Dass eine lang andauernde Erkrankung zu einer Minderung oder dem Wegfall des Praxiswertes führen kann, wenn der Praxisinhaber dem nicht - etwa durch den Einsatz eines Vertreters - begegnen kann, ist das typische Risiko einer selbstständigen Tätigkeit, die eine höchstpersönliche Leistungserbringung zu Gegenstand hat. Eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers, dieses unternehmerische Risiko in jedem Fall auszuschließen, ist nicht ersichtlich.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

12

Die Festsetzung des Streitwertes entspricht der von keinem der Beteiligten angegriffenen Festsetzung des LSG (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

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(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2010 sowie das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2008 aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2007 wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte den Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2940 Euro festgesetzt hat.

Die Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 4. je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. sowie zu 5. bis 9.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Verkehrswertes für ihre psychotherapeutische Praxis auf 2940 Euro durch den Beklagten.

2

Die 1952 geborene Klägerin war seit April 1999 als Psychologische Psychotherapeutin in T. zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Für diesen Planungsbereich besteht für die Fachgruppe der Psychologischen Psychotherapeuten eine Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung (591 % am 10.10.2007). Die Klägerin erklärte zunächst zum 31.12.2006, später zum 31.7.2007, ihren Verzicht auf ihre Zulassung unter dem Vorbehalt, dass ein Praxisnachfolger ihre Zulassung erhalte. Gleichzeitig beantragte sie die Ausschreibung ihres Vertragsarztsitzes. Um den ausgeschriebenen Sitz bewarben sich ua die Beigeladenen zu 1. bis 3. Die Klägerin schloss mit den Beigeladenen zu 1. und 2. Praxisübergabeverträge für den Fall einer Zulassung ab und vereinbarte mit ihnen einen Kaufpreis von 45 000 Euro. Mit der Beigeladenen zu 3. kam ein Praxisübergabevertrag nicht zustande, weil diese den geforderten Verkaufspreis ablehnte. In seiner Sitzung am 30.1.2007 beschloss der Zulassungsausschuss, die Anträge der Beigeladenen zu 1. und 2. abzulehnen und die Beigeladene zu 3. zur Fortführung der Praxis der Klägerin auszuwählen, die Entscheidung über ihre Zulassung aber zunächst zu vertagen. Die Beigeladene zu 3. sei unter fachlichen Gesichtspunkten die am besten geeignete Bewerberin zur Fortführung der Praxis. Da sie bereit sei, mindestens den Verkehrswert zu zahlen, und das Interesse der Klägerin nur insoweit zu berücksichtigen sei, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes nicht übersteige, habe die Beigeladene zu 3. ausgewählt werden müssen.

3

Gegen diese Entscheidung legten die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs legte die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Kaufmanns B., der den Wert der Praxis mit insgesamt 56 404 Euro bezifferte (3305 Euro materieller Praxiswert, 53 099 Euro immaterieller Praxiswert). Die zu 4. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) vertrat demgegenüber die Ansicht, der Wert der Praxis betrage höchstens 20 000 Euro.

4

In der Sitzung des beklagten Berufungsausschusses vom 12.6.2007 wurde die Verkehrswertfeststellung diskutiert und danach die Sitzung unterbrochen. Anschließend erklärte die Bevollmächtigte der Klägerin, die Beteiligten hätten sich auf einen Verkehrswert in Höhe von 40 000 Euro geeinigt. Der Vorsitzende des Beklagten teilte den Beteiligten sodann mit, dass ein Verkehrswert in Höhe von 40 000 Euro nicht als angemessen iS von § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V angesehen werden könne und Ermittlungen zum Verkehrswert angestellt werden sollten. Die Verhandlung wurde sodann vertagt. Der Beklagte holte eine Stellungnahme der Stadt T. zum Wert der Praxisräume ein sowie ein Gutachten des vereidigten Sachverständigen I. zum Verkehrswert der Praxis. Dieser Gutachter schätzte den Gesamtwert der Praxis auf 35 560 Euro, davon 2940 Euro für den materiellen Wert.

5

In der Sitzung vom 19.12.2007 legte der Beklagte den Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2940 Euro fest und bestätigte die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses. Die Widersprüche der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 1. und 2. wies er zurück, die Zulassungsanträge der Beigeladenen zu 1. und 2. lehnte er ab. Der Beigeladenen zu 3. erteilte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Zulassung für den Vertragsarztsitz B. Er folge dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen B. nicht, weil dieser das vom Ertrag abzuziehende Inhaberentgelt nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und nicht auf der Basis des nunmehr geltenden Tarifvertrages im öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet habe. Dem Gutachten des Sachverständigen I. folge er in der Berechnungsmethode, halte allerdings den Ansatz eines Unternehmerlohns für eine Vollzeittätigkeit in Höhe von 66 192 Euro für erforderlich. Ziehe man diesen Unternehmerlohn von dem Planertrag vor Steuern ab, den der Sachverständige mit 51 179 Euro beziffert habe, ergebe sich ein immaterieller Wert der Praxis von Null. Gleiches gelte, wenn man die Gesamttätigkeit der Klägerin als Teilzeittätigkeit im Umfang von 80 % werte. Es bleibe nur der materielle Verkehrswert in Höhe von 2940 Euro.

6

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.11.2008 abgewiesen. Die Zulassungsgremien dürften auch bei Einigkeit über den Kaufpreis die Übereinstimmung des vereinbarten Kaufpreises mit dem Verkehrswert prüfen und ggf festsetzen. Das LSG hat mit Urteil vom 20.10.2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Gleichzeitig hat es Ziffer 1 des Beschlusses des Beklagten hinsichtlich der Höhe des festgestellten Verkehrswertes aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Höhe des Verkehrswertes der Praxis der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Der Beklagte sei dem Grunde nach berechtigt gewesen, eine Entscheidung über den Verkehrswert der Praxis der Klägerin zu treffen. An eine Einigung der Beteiligten seien die Zulassungsgremien nicht gebunden. Jedenfalls dann, wenn der begründete Verdacht bestehe, dass der zwischen dem Praxisabgeber und den Übernahmebewerbern vereinbarte Praxiswert außerhalb einer plausiblen noch vertretbaren Größenordnung liege, habe der Beklagte den Verkehrswert zu ermitteln und festzusetzen.

7

Die Festsetzung des Verkehrswertes auf 2940 Euro sei jedoch rechtswidrig. Der Beklagte habe den ihm bei der Festsetzung des Verkehrswertes eingeräumten gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum nicht ausgeschöpft und bei der Würdigung der für die Ermittlung des Verkehrswertes maßgeblichen Annahmen die sich aus den eingeholten Gutachten ergebenden Widersprüche nur unvollständig ausgeräumt. Der Beklagte habe hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit der Klägerin außer Betracht gelassen, dass sie tatsächlich in den Jahren 2004 und 2005 nur mit reduzierter Stundenzahl tätig gewesen sei. Auch die außergewöhnliche Jahresurlaubszeit von 12 Wochen habe bei der Bewertung keinen Niederschlag gefunden. Das Ergebnis des Beklagten beruhe letztlich darauf, dass er entsprechend der vom Gutachter I. angewandten sog Ertragswertmethode vorgegangen sei und deshalb bei der Ermittlung des Wertes einen als angemessen erachteten Unternehmerlohn in Abzug gebracht habe. Gerade für die Berechnung des Verkehrswertes im Zusammenhang mit Zulassungsverfahren überzeuge das Vorgehen nach dieser Methode nicht. Der Abzug des Inhaberentgelts beruhe auf der Überlegung, dass eine Praxis nur dann einen Wert für den Übernehmer habe, wenn er damit ebenso viel verdiene wie in dem zuvor ausgeübten Beruf. Damit werde verkannt, dass nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Motive für den Erwerb einer Vertragsarztpraxis maßgebend seien. Der Abzug des Inhaberentgelts führe im vorliegenden Fall zu dem paradoxen Ergebnis, dass gerade bei Einzelpraxen wie der vorliegenden der erwirtschaftete Gewinn, der dem Inhaber in vollem Umfang zur Verfügung stehe und den Gegenwert seiner Tätigkeit darstelle, durch den Abzug eines durchschnittlichen Vergleichseinkommens in abhängiger Beschäftigung bis auf Null zusammenschmelze. Die Berücksichtigung eines Inhaberentgelts sähen zwar auch die Hinweise der Bundesärztekammer (BÄK) zur Bewertung von Arztpraxen vom 9.9.2008 vor. Das von der BÄK präferierte Verfahren trage der dargestellten Problematik aber zumindest in der Weise Rechnung, dass ein Abzug jeweils gestaffelt nach der Höhe des Umsatzes vorgenommen werde und deshalb auch bei kleineren Praxen ein zu bewertender Betrag verbleibe. Gegen die Anwendung der Ertragswertmethode spreche, dass sie mit variablen Größen arbeite, die der individuellen Einschätzung des jeweiligen Sachverständigen unterlägen und nicht objektivierbar seien.

8

Dagegen richten sich die Revisionen der Klägerin und des Beklagten. Die Klägerin trägt zur Be-gründung ihrer Revision vor, das LSG habe verkannt, dass der Verkehrswert der klägerischen Praxis nur so lange für die Auswahl eines Bewerbers entscheidungserheblich sei, als unter den Bewerbern unterschiedliche Kaufpreisvorstellungen bestünden. Das wirtschaftliche Interesse des abgebenden Vertragsarztes sei eingestellt in eine Reihe anderer Auswahlkriterien, und zwar dergestalt, dass zunächst anhand dieser anderen Auswahlkriterien vorrangig die Leistungsfähigkeit und Qualifikation der Bewerber - mit dem Ziel der besten Versorgung der Patienten durch den Nachfolger des abgebenden Vertragsarztes - zu prüfen und über die danach ermittelte Rangfolge eine Vorentscheidung zu treffen sei. Eine Eingriffsbefugnis für die Zulassungsgremien, überhöhte Verkaufspreise zu verhindern, gewähre die gesetzliche Regelung schon nach dem Wortlaut nicht. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, dem abgebenden Vertragsarzt die Möglichkeit zur Verwertung seiner Praxis im gesperrten Planungsbereich zu bewahren und damit dem verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsschutz Genüge zu tun. Nur wenn keine Einigung zwischen dem am besten geeigneten potentiellen Nachfolger und dem ausscheidenden Vertragsarzt über den Kaufpreis erzielt werde, sei der Zulassungsausschuss befugt und verpflichtet, den Verkehrswert zu ermitteln.

Entscheidungsgründe

9

Die Klägerin beantragt,

1.    

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 insoweit aufzuheben, als es die Berufung gegen das Urteil des SG Reutlingen vom 25.11.2008 zurückgewiesen hat,
dieses Urteil aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 insoweit aufzuheben, als hierin der Praxiswert auf 2940 Euro festgesetzt worden ist und

2.    

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,

1.    

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 insoweit aufzuheben, als es den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 über die Höhe des festgestellten Verkehrswertes der Praxis der Klägerin aufgehoben und den Beklagten verpflichtet hat, über die Höhe des Verkehrswertes unter Beachtung der Rechtsauffassung des LSG erneut zu entscheiden, und

2.    

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

11

Der Beklagte rügt zunächst die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Hilfsantrag der Klägerin, ihn - den Beklagten - zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden, habe eine unzulässige Klageänderung dargestellt. Sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil das LSG in der mündlichen Verhandlung keinen rechtlichen Hinweis gegeben habe, dass der festgesetzte Verkehrswert falsch sei. Insbesondere sei nicht die Rede davon gewesen, dass der Sachverhalt nicht vollständig ermittelt sein könnte. In der Sache habe er - der Beklagte - zu Recht den Wert der Praxis nach der Ertragswertmethode ermittelt. Die Angaben der Beigeladenen zu 3. vor dem LSG, dass sie von der Klägerin keine Patienten übernommen und auch keine Zuweisungen aus dem Netzwerk der Klägerin erhalten habe, verdeutlichten, dass die Praxis der Klägerin keinen immateriellen Wert gehabt habe.

12

Die Beigeladene zu 3. trägt vor, mangels einer unmittelbar privatrechtsgestaltenden Wirkung der Feststellung des Praxiswertes durch den Beklagten sei die Klägerin allenfalls mittelbar über § 141 Abs 1 Nr 1 SGG in ihren Rechten verletzt. Die besondere Bindung der Patienten an den Therapeuten stehe bereits im Ansatz der Berücksichtigung von Goodwill bei der Wertbestimmung einer psychotherapeutischen Praxis entgegen. Ungeachtet dessen zähle die Ertragswertmethode zu den anerkannten Bewertungsverfahren für eine freiberufliche Praxis. Bei jeder Ermittlung des Praxiswertes sei ein Unternehmerlohn in Abzug zu bringen, der allerdings in unterschiedlicher Weise ermittelt werden könne. Wenn der Beklagte sich bei der Berechnung des Inhaberentgelts an dem konkreten Tätigkeitsumfang der Klägerin orientiert habe, sei dies sachgerecht. Es sei insoweit auch kein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt worden. Zu Recht seien sämtliche Tätigkeiten der Klägerin zur Bemessung des Umfangs ihrer Arbeitsleistung herangezogen worden.

13

II. Die Revision der Klägerin ist begründet, die Revision des Beklagten ist unbegründet.

14

1. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht bereits wegen Verfahrensmängeln aufzuheben. Der Hilfsantrag der Klägerin, den Beklagten zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verurteilen, stellt keine Klageänderung dar, sondern lediglich eine Einschränkung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes, die nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG nicht als Klageänderung gilt(BSGE 91, 182 = SozR 4-3300 § 82 Nr 1, RdNr 13).

15

Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör aus § 62 SGG scheidet bereits deshalb aus, weil das Gericht nicht verpflichtet ist, darauf hinzuweisen, dass in einer bestimmten Weise entschieden werde. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG Beschlüsse vom 2.11.2011 - B 12 KR 34/11 B - juris RdNr 8, vom 17.8.2011 - B 6 KA 18/11 B - GesR 2011, 682 und vom 7.4.2011 - B 9 VJ 3/10 B - juris RdNr 9 f; SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3; BVerfGE 87, 1, 33; 86, 133, 144 f; 74, 1, 5; 66, 116, 147). Art 103 Abs 1 GG gebietet lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190). Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Da die Bestimmung des Verkehrswertes der psychotherapeutischen Praxis der Klägerin anhand der vorliegenden Gutachten und der darin angewandten Methoden Streitgegenstand im gesamten Verfahren gewesen ist, die Vorteile und Nachteile der verschiedenen Methoden auch nach dem Vortrag des Beklagten ausdrücklich vor dem LSG thematisiert worden sind, ist eine Überraschung des Beklagten durch die Ausführungen des LSG nicht nachvollziehbar.

16

2. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte nicht berechtigt war, den Verkehrswert der Praxis der Klägerin festzusetzen. Für eine Feststellung des Verkehrswertes iS des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V(in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378) bestand angesichts der Einigung der Klägerin mit den Beigeladenen zu 1. bis 3. von vornherein kein Anlass.

17

Die Regelungen des § 103 Abs 4 SGB V über die Praxisnachfolge hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Neuregelungen über die Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen getroffen(s Art 1 Nr 58 ff Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266, mit der Neufassung des § 103 SGB V in Art 1 Nr 60). Wenn für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet worden sind (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V), kann dort kein Arzt mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Eine Ausnahme davon lässt das Gesetz nur zu, wenn auf Antrag eines ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben dessen Vertragsarztsitz ausgeschrieben und ein Praxisnachfolger ausgewählt wird (§ 103 Abs 4 SGB V; zum Zulassungsverzicht unter der Bedingung bestandskräftiger Nachbesetzung vgl Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - RdNr 14 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das Verfahren der Nachbesetzung ist mehrstufig ausgestaltet. Nach § 103 Abs 4 SGB V wird, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, auf Antrag der frei gewordene Vertragsarztsitz durch die KÄV ausgeschrieben(aaO Satz 1 und 2). Dann erfolgen die Auswahl und Zulassung eines Bewerbers durch den Zulassungsausschuss (aaO Abs 4 Satz 3 bis 5 und Abs 5 Satz 3). Nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V hat der Zulassungsausschuss im Nachbesetzungsverfahren unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde (aaO Satz 5). Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt (aaO Satz 6). Die Vorschrift gilt gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auch für Psychologische Psychotherapeuten. In der Begründung zu § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V heißt es(BT-Drucks 12/3608 S 99): "Satz 6 trägt den schutzwürdigen Interessen des ausscheidenden Kassenarztes oder seiner Erben Rechnung. Es soll ausgeschlossen werden, dass sich durch die erhöhte Nachfrage nach Kassenpraxen und der mit der Praxisübernahme verbundenen Kassenzulassung der Kaufpreis für die Praxis ungerechtfertigt erhöht."

18

Damit ist klargestellt, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes bei der Entscheidung des Zulassungsausschusses nur insoweit eine Rolle spielen sollen, als der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert nicht übersteigt. Der Zulassungsausschuss soll aus einer Mehrheit von Bewerbern nicht denjenigen auswählen müssen, der den höchsten Kaufpreis zahlt. Lässt der Praxisabgeber die Übergabe scheitern, weil er keinen Kaufpreis oberhalb des Verkehrswertes erzielen kann, hat er kein Recht auf Wiederholung der Ausschreibung (vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 21). Andererseits sind die wirtschaftlichen Interessen des Abgebenden insoweit geschützt, als nur die Bewerber in die Auswahl einbezogen werden müssen, die bereit sind, den Verkehrswert als Kaufpreis zu zahlen. Zu dieser Konzeption der Nachfolgezulassung enthält auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz ) keine Änderung. Die Begründung zu dem erstmalig vorgesehenen Vorkaufsrecht der KÄVen bei der Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen nimmt vielmehr ausdrücklich auf die Regelung des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V(seit dem 1.1.2009 Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426 - im Gesetzentwurf zum GKV-VStG infolge der Einfügung eines weiteren Satzes als Satz 8 bezeichnet) Bezug und betont, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bei Ausübung des Vorkaufsrechts in derselben Weise geschützt werden wie bei dem Verkauf der Praxis an einen Nachfolger (BT-Drucks 17/6906 S 23 und 76; zum Schutz dieser Interessen vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 19 mwN).

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Der Senat hat zu § 103 Abs 4 SGB V ausgeführt, dass es bei der Übergabe einer vertragsärztlichen Praxis notwendig zu einem Ineinandergreifen von nicht übertragbarer öffentlich rechtlicher Zulassung mit dem darauf gegründeten Vertragsarztsitz und privatrechtlich übertragbarer Arztpraxis als Vermögensgegenstand kommt(vgl BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Dieses Ineinandergreifen habe jedoch nicht zur Konsequenz, dass zwischen Praxis und vertragsärztlicher Zulassung bzw Vertragsarztsitz nicht mehr zu unterscheiden wäre (vgl dazu auch BFHE 234, 286). Gegenstand des in § 103 Abs 4 SGB V geregelten Nachbesetzungsverfahrens könne lediglich die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit an einem bestimmten Ort sein. Die Entscheidung des Zulassungsausschusses, welcher von mehreren geeigneten Bewerbern als Nachfolger ausgewählt werden soll (§ 103 Abs 4 Satz 3 SGB V), habe deshalb nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen werde. Durch diesen Zulassungsakt werde der vom Zulassungsausschuss als Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes ausgewählte Bewerber nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setze vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw seinen Erben voraus. Die Beigeladene zu 3. weist zu Recht darauf hin, dass § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V keine Rechtsgrundlage für die Zulassungsgremien bietet, in diesen privatrechtlichen Vertrag rechtsgestaltend einzugreifen. Der im Übernahmevertrag vereinbarte Kaufpreis bedarf nicht etwa einer Genehmigung. Die Zulassungsgremien haben lediglich über die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entscheiden und dabei die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes bis zur Höhe des Verkehrswertes zu berücksichtigen. Sofern sie einen Verkehrswert festsetzen, kann der ausscheidende Vertragsarzt bzw seine Erben durch die Limitierung des im Zulassungsverfahren als schützenswert anzusehenden wirtschaftlichen Interesses materiell beschwert sein.

20

Der Senat hat weiter unter Hinweis auf die Begründungen im Gesetzgebungsverfahren zum Regelungszweck ausgeführt, es habe den Erfordernissen des Eigentumsschutzes dadurch Rechnung getragen werden sollen, dass dem Inhaber einer Praxis deren wirtschaftliche Verwertung auch in einem für Neuzulassungen gesperrten Gebiet ermöglicht werde (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 12/3937 S 7; vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 19 mwN; kritisch zum Umfang des Eigentumsschutzes hingegen Steiner, Verfassungsfragen des Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs 4 SGB V, NZS 2011, 681, 682 f). Der Gesetzgeber habe die Fortsetzung eines an sich unerwünschten Zustandes der Überversorgung nach der Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes nur deshalb hingenommen, weil andernfalls ein ausscheidender Vertragsarzt bzw seine Erben keine Möglichkeit hätten, die oft einen erheblichen Wert repräsentierende Praxis zu verwerten. Regelmäßig würde sich ein Arzt für die Übernahme einer (auch) vertragsärztlichen Praxis nicht interessieren, sofern er für den jeweiligen Vertragsarztsitz keine Zulassung erhalten könnte. Der die Vorschriften über die vertragsärztliche Bedarfsplanung prägende Grundsatz, wonach Überversorgung zu vermeiden und soweit möglich abzubauen ist, trete dann zurück, wenn und soweit die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bzw seiner Erben sowie die vom Gesetzgeber ebenfalls für schutzwürdig gehaltenen Belange der verbleibenden Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis (vgl § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V sowie BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 23 f; vgl auch Senatsurteil - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 23 mwN) die Erteilung einer Zulassung in einen gesperrten Gebiet als geboten erscheinen lassen.

21

Ist mithin das Verwertungsinteresse des ausscheidenden Vertragsarztes Schutzgut des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V, so ist diesem Interesse Genüge getan, wenn eine Einigung des bisherigen Praxisinhabers mit den Bewerbern über den Kaufpreis erzielt worden ist. In diesem Fall sind unabhängig von der Höhe des vereinbarten Kaufpreises wirtschaftliche Belange des Ausscheidenden nicht weiter zu berücksichtigen. Es ist augenfällig, dass in einer Situation, in der - wie hier - alle Bewerber zur Zahlung des gleichen Preises bereit sind, der Kaufpreis bei der dem Zulassungsausschuss allein obliegenden Auswahl unter den Bewerbern keine Rolle mehr spielen kann. Erst wenn keine Einigung zwischen dem Veräußerer und dem am besten geeigneten Bewerber über den Kaufpreis erzielt wird, stellt sich für die Zulassungsgremien die Frage des Verkehrswertes (vgl Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 1180). In dieser Situation ergibt sich die Notwendigkeit, die Berechtigung der Kaufpreisforderung des Veräußerers zu überprüfen und die Höhe des Verkehrswertes von Amts wegen zu ermitteln. Auch der auf diesem Wege festgestellte Verkehrswert gestaltet nicht die privatrechtliche Vereinbarung, sondern dient lediglich der Feststellung, zu welcher Zahlung ein möglicher Nachfolger mindestens bereit sein muss. Da diese Feststellung betriebswirtschaftliche Berechnungen erfordert, werden die Zulassungsgremien sich regelmäßig externen Sachverstandes bedienen müssen, sei es durch Einholung einer sachverständigen Stellungnahme der Beigeladenen zu 4. oder durch Einholung des Gutachtens eines geeigneten Sachverständigen. Danach bestand in der hier zu beurteilenden Situation eines Konsenses zwischen Praxisabgeber und allen Übernahmeinteressenten über den Praxiswert kein Anlass zu weiteren Ermittlungen.

22

3. In welcher Weise der Verkehrswert einer Praxis zu ermitteln ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Senat sieht zur Ermittlung des Verkehrswertes in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 188, 282) eine modifizierte Ertragswertmethode als grundsätzlich geeignet an, wie sie auch von den Sachverständigen B. und I. angewandt worden ist (zum Begriff vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt, Abgabe, Kauf und Bewertung psychotherapeutischer Praxen, 2008, S 149 ff). Dabei wird neben dem Substanzwert einer Praxis, dh dem Zeitwert der bewertbaren Wirtschaftsgüter (zum Begriff vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 145), der immaterielle Wert in Form eines Goodwill berücksichtigt. Auch die von Juristen der Ärztekammern und betriebswirtschaftlichen Beratern der KÄVen erarbeiteten "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" vom 9.9.2008 legen eine ertragswertorientierte Methode unter Berücksichtigung der Kosten zugrunde (DÄ 2008, A 2778, 2780). Eine Bemessung allein nach dem Substanzwert lässt zu Unrecht den auch bei psychotherapeutischen Praxen vorhandenen immateriellen Wert einer Praxis unberücksichtigt.

23

a) Die Annahme eines immateriellen Wertes bei psychotherapeutischen Praxen ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil eine besondere Abhängigkeit des Ertrags von der Person des Praxisinhabers besteht. Für alle Arztpraxen gilt, dass ihr die Person des Inhabers das Gepräge gibt. In den "Hinweisen zur Bewertung von Arztpraxen" ist zu Recht ausgeführt, dass der ideelle Wert einer Praxis seinem Wesen nach etwas anderes ist als der Geschäftswert eines gewerblichen Unternehmens. Vertragsärzte erbringen immer eine höchstpersönliche Leistung (vgl § 15 Abs 1 Satz 1 Bundemantelvertrag-Ärzte, § 14 Abs 1 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen), der Grad der Bindung der Patienten an die Person des Arztes ist lediglich in den einzelnen Arztgruppen unterschiedlich ausgeprägt. Die Bedeutung der Person des bisherigen Praxisinhabers ist umso größer, je enger die Bindung zwischen Behandler und Patient in einer Fachgruppe typischerweise ist. Auch wenn die Bindung im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung, insbesondere einer psychoanalytischen Behandlung, als besonders eng anzusehen ist, schließt das einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert einer Praxis nicht aus. Dieser kann sich etwa aus Faktoren wie der Infrastruktur des Standortes, der Art und Zusammensetzung des Patientenstamms, der Konkurrenzsituation, einer etwaigen Warteliste sowie dem Ruf und Ansehen des bisherigen Praxisinhabers und seiner Vernetzung etwa mit potentiellen Überweisern ergeben (vgl BGHZ 188, 282, 290 f). Auch eine psychotherapeutische Praxis wird als Wirtschaftsgut höher eingeschätzt, als es ihrem reinen Substanzwert entspricht (vgl Stellpflug, Niederlassung für Psychotherapeuten, 2005, RdNr 162; Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 129 ff).

24

b) Der immaterielle Wert ist nicht anhand von typisierten, sondern anhand der individuellen Praxisverhältnisse zu berechnen. Dementsprechend erheben auch die eher schematischen "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" der BÄK und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) nicht den Anspruch, Grundlage für eine abschließende Beurteilung im Einzelfall sein zu können.

25

Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn der immaterielle Wert grundsätzlich anhand der durchschnittlichen Erträge in der Vergangenheit unter Abzug eines Unternehmerlohns ermittelt wird (vgl BGHZ 188, 282, 291). Die durchschnittlich in der Vergangenheit erzielten Erträge sind eine geeignete Grundlage für die Prognose, welche zukünftigen Erwerbschancen durch den Kauf der Praxis eröffnet werden. Bei der Analyse der Vergangenheit ist ein angemessener Zeitraum festzulegen, der eine realistische Aussage zum Bewertungszeitpunkt ermöglicht. Ein Zeitraum von drei Jahren, wie er hier von beiden Sachverständigen zugrunde gelegt worden ist, erscheint insofern notwendig, aber auch ausreichend, um Schwankungen und bewusste Steigerungen kurz vor dem Bewertungszeitpunkt auszugleichen. Auch in den "Hinweisen" der BÄK und KÄBV wird der durchschnittliche Jahresumsatz aus den letzten drei Kalenderjahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalles zugrunde gelegt (DÄ 2008, A 2778, 2779, unter 4.3).

26

Zu berücksichtigen sind sämtliche Erlöse, die der bisherige Inhaber mit der Praxis erzielt hat, mithin nicht nur die Erlöse aus der vertragsärztlichen Tätigkeit, sondern auch aus privatärztlicher Tätigkeit. Nicht zu berücksichtigen dürften hingegen in der Regel Erlöse sein, die der bisherige Praxisinhaber aufgrund von personengebundenen besonderen Qualifikationen oder Berechtigungen erzielt hat. Die "Hinweise" der BÄK und der KÄBV nennen als Beispiele hierfür personenbezogene Abrechnungsgenehmigungen, Gutachtertätigkeit und eine Belegarzttätigkeit. Von dem auf diese Weise ermittelten Umsatz sind die in dem zugrunde gelegten Zeitraum entstandenen Kosten abzuziehen. Dabei sind nur die Kosten zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit dem prognoserelevanten Umsatz entstanden sind.

27

Der verbleibende Gewinn ist wiederum zu mindern um einen kalkulatorischen Unternehmerlohn. Dieser beschreibt die Honorierung für den Arbeitseinsatz des Praxisinhabers (vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 233). Entgegen der Auffassung des LSG geht es bei der Berücksichtigung eines kalkulatorischen Entgelts nicht um die Frage, ob ein materieller Anreiz für die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im Vergleich zur abhängigen Beschäftigung besteht, sondern darum, den auf den Übernehmer nicht übertragbaren Wert des persönlichen Einsatzes des derzeitigen Praxisinhabers in Abzug zu bringen (BGHZ 188, 282, 292). Insofern können sich erhebliche Unterschiede je nach Fachgebiet oder auch Region ergeben. Es wird in der Regel nicht zu beanstanden sein, wenn der Unternehmerlohn pauschalierend in Anlehnung an den TVöD in der jeweils aktuellen Fassung bestimmt wird, wobei auch der Arbeitgeberzuschlag für Lohnnebenkosten zu berücksichtigen ist. Allerdings muss der kalkulatorische Lohn vom Umfang der Tätigkeit des bisherigen Praxisinhabers abhängig sein (BGH aaO; Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO). Das LSG weist zu Recht darauf hin, dass die Berücksichtigung des individuellen kalkulatorischen Lohnes dazu führen kann, dass immaterielle Werte überhaupt keinen Niederschlag mehr finden. Das ist immer dann der Fall, wenn der bisherige Praxisinhaber einen bereinigten Erlös erzielt, der nicht über dem aus abhängiger Beschäftigung zu erzielenden Einkommen liegt. In diesem Fall eröffnet die Praxis aber auch keine übertragbaren Erwerbschancen, die über den persönlichen Einsatz des Inhabers hinausgehen. Soweit die "Hinweise" der BÄK und der KÄBV bei einem Umsatz von weniger als 40 000 Euro generell keinen Abzug eines Unternehmerlohns mehr vorsehen, wird dies nicht begründet.

28

Zur Beantwortung der Frage, welche Prognose für die Gewinnchancen des Praxisübernehmers die Erträge aus der Vergangenheit ermöglichen, bedient sich die Ertragswertmethode des sog Rentenbarwertfaktors. Zu seiner Bestimmung bedarf es ua der Festlegung eines Prognosezeitraums. Maßgeblich dafür ist einerseits die vorgefundene Struktur, andererseits aber auch der erforderliche Zeitaufwand für eine Neugründung. Der in den "Hinweisen" vorgeschlagene Zeitraum für eine Einzelpraxis von zwei Jahren (DÄ 2008, A 2778, 2779, unter 4.8) erscheint für den Regelfall sachgerecht, aber nicht zwingend (Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 159 schlägt vor, bei der Übernahme einer eingeführten psychotherapeutischen Praxis einen Zeitraum von 18 bis 36 Monaten anzunehmen). Weitere Grundlage für den Rentenbarwertfaktor ist der Kapitalisierungszinsfuß, dem als Basiszinssatz regelmäßig der Zinssatz für Bundesanleihen zugrunde liegt, der durch einen Risikozuschlag angepasst wird (vgl BGHZ 188, 282, 296 f).

29

Der Umstand, dass nicht alle Berechnungsschritte, wie etwa die Festlegung des Risikozuschlags, mathematisch genau bestimmt werden können, sondern vielfach auf nur begrenzt verifizierbaren betriebswirtschaftlichen Einschätzungen des Einzelfalls beruhen, disqualifiziert die Ertragswertmethode nicht. Derartige Unsicherheiten haften einer Prognoseentscheidung stets an. Immaterielle Faktoren entziehen sich einer exakten Messbarkeit und sind nur anhand objektivierbarer Anhaltspunkte näherungsweise bestimmbar. Dass im Einzelfall unterschiedliche Ergebnisse entstehen können, stellt die grundsätzliche Eignung der Methode zur Bewertung ärztlicher und psychotherapeutischer Praxen nicht in Frage. Soweit mit Einschätzungen gearbeitet wird, bedürfen diese allerdings einer nachvollziehbaren Begründung.

30

4. Entgegen der Auffassung des LSG kommt den Zulassungsgremien, soweit sie den Verkehrswert zu ermitteln haben, kein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Der Senat bejaht einen Beurteilungsspielraum der Zulassungsinstanzen in Zulassungsangelegenheiten regelmäßig wegen ihrer besonderen Sachkunde und der gruppenpluralen Zusammensetzung (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15 ff mwN). Diese Gesichtspunkte streiten bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht für einen Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Der Verkehrswert ist nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten, für die die Zulassungsgremien nicht aufgrund ihrer Zusammensetzung als in besonderem Maße qualifiziert anzusehen sind. Da aber auch die betriebswirtschaftliche Betrachtung keine einfache Rechenoperation, sondern von zahlreichen Faktoren abhängig und mit Wertungen verbunden ist, ist der Beklagte zu einer Schätzung befugt (so auch Hesral aaO, RdNr 1190). Diese Schätzung muss nachvollziehbar begründet werden. Das bedeutet, dass die Grundlagen festgestellt und alle zu berücksichtigenden Umstände gewürdigt werden müssen (vgl BSGE 62, 5, 8 = SozR 1750 § 287 Nr 1 S 4). Der Tatrichter hat diese Schätzung in vollem Umfang zu überprüfen und ggf zu korrigieren. Das LSG hätte daher, wenn ein Verkehrswert zu ermitteln und die Beurteilung durch den Beklagten fehlerhaft gewesen wäre, eine eigene Schätzung vornehmen müssen.

31

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, 2 und 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 4. vor dem SG und dem LSG die Abweisung der Klage bzw die Zurückweisung der Berufung beantragt hat, waren insoweit auch ihr Kosten aufzuerlegen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. und 5. bis 9. kommt nicht in Betracht, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. und 8.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Nachfolge bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes.

2

Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Von Juli 1976 bis Ende März 2004 war er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung zum 1.4.2004 verzichtete er auf seine Zulassung und übertrug seine im Kreis Pl gelegene Arztpraxis im Wege der Nachfolge auf seinen Sohn. Von April 2004 bis September 2006 war der Kläger in der Gemeinschaftspraxis "F H" und ab Oktober 2006 (bis zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sommer 2012) in der Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft "A und Partner" in K als angestellter Arzt tätig. Im Jahr 2007 bewarb sich der Kläger erfolgreich um die Praxisnachfolge der Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W in K; auf die ihm zum 1.4.2007 erteilte Zulassung verzichtete er mit Wirkung ebenfalls zum 1.4.2007 und brachte die Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner ein, um dort weiterhin als angestellter Arzt tätig zu sein.

3

Im April 2009 bewarb sich der Kläger abermals um eine Praxisnachfolge, diesmal des - zu 8. beigeladenen - Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. L in dem K. benachbarten Ort P, Kreis Pl. Neben dem Kläger bewarben sich die 1961 geborene Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. P - die Beigeladene zu 7. -, sowie der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Sch. In dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8. aufschiebend bedingt geschlossenen Praxisübergabevertrag wurde ua vereinbart, dass der Kläger beabsichtige, die Praxis nach Übernahme in anderen Räumen fortzuführen, und sich hierzu mit der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner zusammenschließen werde. Gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärte der Kläger, dass er auf die ihm als Nachfolger des Beigeladenen zu 8. erteilte Zulassung ggf verzichten wolle, um diese in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner einzubringen und anschließend an deren Standort in P als angestellter Arzt tätig zu werden. Mit Bescheid vom 4.8.2009 (aus der Sitzung vom 17.6.2009) wählte der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 7. als Nachfolgerin aus und erteilte ihr die Zulassung; zugleich lehnte er die Anträge des Klägers sowie des Dr. Sch (insoweit wegen Fehlens der Bereitschaft, den Verkehrswert für die Praxis zu zahlen) ab.

4

Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 1.12.2009 , Urteil des SG vom 12.5.2010). Der Berufungsausschuss begründete seine mit einer Vollziehungsanordnung verbundene Entscheidung damit, dass - obwohl Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit eindeutig für den Kläger sprächen - er mit Blick auf den Charakter der Regelungen über die Zulassung von Ärzten dennoch den Widerspruch habe zurückweisen müssen. Die Bestimmungen des § 103 Abs 4 SGB V beträfen einen staatlich regulierten Markt und seien Berufsausübungsregelungen. § 103 Abs 4 SGB V regele, wie der Zugang zum Beruf in einem gesperrten Bereich ausnahmsweise möglich sei. Diesen Zugang habe der Kläger - anders als die Beigeladene zu 7. - bereits inne. In diesem Verhältnis werde Art 12 GG nur dann hinreichend beachtet, wenn der bereits bestehende Zugang als Ausschlusskriterium zu Lasten des bereits Tätigen gewertet werde; dieser sei deshalb zwingend nachrangig. Dieser Nachrang bestehe unabhängig von besonderen Qualifikationen oder den in § 103 Abs 4 SGB V erwähnten Ermessenskriterien. Das SG hat sich im Wesentlichen der Argumentation des Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt, der Kläger strebe tatsächlich keine eigene vertragsärztliche Zulassung an und sei deshalb auch nicht in grundrechtlich relevanter Weise betroffen. Die in § 103 Abs 4 SGB V genannten Kriterien seien nur unzureichend an die mit der Einführung medizinischer Versorgungszentren und dem Wegfall der Altersgrenzen geänderte Rechtslage angepasst worden.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes nicht. Da auch Dr. Sch für die Praxisnachfolge nicht in Betracht komme, weil er sich ausdrücklich nicht bereit erklärt habe, einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts zu zahlen, bleibe als Nachfolgerin allein die Beigeladene zu 7. übrig. Ein Ermessensspielraum des Beklagten habe somit tatsächlich nicht bestanden, sodass es auf Fehler bei der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht ankomme. Aus der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs 4 SGB V, dass die Praxis "von einem Nachfolger fortgeführt werden solle", folge, dass Ärzte, die die Praxis nicht fortführen wollten oder könnten, auch nicht als Nachfolger in Betracht kämen. Dem erforderlichen Willen des Klägers stehe entgegen, dass er beabsichtige, auf die ihm im Wege der Praxisnachfolge erteilte Zulassung sofort wieder zu verzichten, um diese in die Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen und dort weiterhin als angestellter Arzt - allerdings am Standort P - für diese tätig zu sein. Damit stehe fest, dass der Kläger nicht - wie gesetzlich gefordert - die Nachfolge des Beigeladenen zu 8. antreten möchte.

6

Dass die geplante Einbringung der Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung durch den Kläger entgegenstehe, folge auch aus dem Wortlaut des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V. Im Ergebnis hätten nicht der Kläger, sondern die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft den Willen zur Fortführung der Praxis; diese seien jedoch von der Nachfolge ausgeschlossen, weil sie sich nicht beworben hätten. Bewerber um die Praxisnachfolge könne auch nach dem seit dem 1.1.2012 geltenden Recht nur der Arzt sein, der als Vertragsarzt tätig sei und auch bleiben möchte und der einen anderen Arzt anstellen möchte, nicht jedoch der künftig anzustellende Arzt.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG erfülle er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes. Das LSG beleuchte die einschlägigen Vorschriften maßgeblich im zivilrechtlichen Sinne; diese zivilrechtliche Interpretation finde jedoch im Gesetz keine Stütze. Indem es in den Fortführungswillen hineininterpretiere, dass dieser voraussetze, dass der Bewerber die Praxis im eigenen Namen und mit eigenem zivilrechtlichen Eigentum an der Praxis fortführen wolle, verkenne es, dass es im Rahmen der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ausschließlich auf die tatsächliche Fortführung der Praxis und einen faktischen Fortführungswillen ankomme. Der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V verhalte sich nicht zu der Frage, in welcher Form die Fortführung durch den Nachfolger zu erfolgen hat; daher sei es unbeachtlich, ob die Fortführung im eigenen oder fremden Namen, mit eigenen oder fremden Mitteln betrieben werden solle. Der Fortführungswille schließe den "Eigentumserwerbswillen" nicht ein.

8

Das LSG verkenne den eigentlichen Sinngehalt des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V, wenn es dieser Norm entnehme, dass die geplante Einbringung der Zulassung in eine Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung der Praxis entgegenstehe. Der Gesetzgeber habe lediglich sicherstellen wollen, dass der in das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) wechselnde Vertragsarzt seine Zulassung mitnehme, diese also nicht im Wege der Nachbesetzung bzw Praxisnachfolge erneut auf einen weiteren Arzt übergehen könne, da andernfalls trotz Zulassungsbeschränkungen weitere Ärzte zugelassen werden könnten. Im Übrigen ergebe sich auch aus § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V, dass ein angestellter Arzt die Praxis faktisch weiter fortführen könne. Dabei stütze insbesondere auch die Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), auf dessen Vorschlag die Regelung zurückgehe, die Auffassung, dass auch nach bisherigem Recht einem Arzt, der sich mit dem Ziel bewerbe, die Zulassung sofort an einen anderen Arzt weiterzugeben, eine Zulassung als Praxisnachfolger habe erteilt werden können. Die vom LSG vertretene Auffassung fördere die Manipulation von Zulassungsverfahren, indem schlicht die wahren Beweggründe für die Bewerbung nicht offengelegt würden. Die Unzulänglichkeit der Argumentation des LSG zeige sich auch an den Fragen, wie lange ein Bewerber selbstständig tätig sein müsse, damit eine Praxisnachfolge vorliege, sowie wie zu verfahren sei, wenn der ausgewählte Bewerber die erhofften Kredite zur Finanzierung der Übernahme nicht erhalte und sich deshalb anstellen lassen müsse.

9

Da er - der Kläger - somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung erfülle, sei von zentraler Bedeutung, ob die Zulassungsgremien ihre Auswahlentscheidung an den gesetzlich normierten Auswahlkriterien vorbei auf eigene neu erdachte Kriterien stützen könnten. Der Gesetzgeber habe die Auswahlkriterien trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen - Aufhebung der Altersgrenzen, Möglichkeit, auf die Zulassung zugunsten einer Anstellung zu verzichten, Einführung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften - keiner grundsätzlichen Änderung unterzogen, sondern vielmehr an den bisherigen Auswahlkriterien festgehalten. Folglich halte der Gesetzgeber die bestehenden Auswahlkriterien für sachgerecht und zeitgemäß. Das Kriterium des "Nachrangs" stelle kein Auswahlkriterium, sondern ein "Ausschlusskriterium" dar. Während es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, unter mehreren Bewerbern eine Bestenauslese vorzunehmen, sei das "Ausschlusskriterium" allein gesundheitspolitisch motiviert und diene im Wesentlichen dazu, die freiberufliche ärztliche Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen. Ein Vorrang der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit bestehe jedoch gerade nicht. Der Gesetzgeber habe das Ermessen der Zulassungsgremien durch gesetzlich fixierte Auswahlkriterien eingeschränkt, indem er klare Entscheidungskriterien vorgegeben habe, die bei der Auswahlentscheidung zwingend zu berücksichtigen seien. Dort nicht vorgesehene Auswahlkriterien dürften die Zulassungsgremien nicht aufstellen. Etwas anderes gelte nur bei Gleichwertigkeit der Bewerber.

10

Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 103 Abs 4 SGB V sei kein Raum, da die Norm trotz der zwischenzeitlich ergangenen Gesetzesänderungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. § 103 Abs 4 SGB V diene vorrangig der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Praxis; nur daneben betreffe die Bestimmung auch die Berufsfreiheit der sich um die Zulassung als Praxisnachfolger bewerbenden Ärzte. Die Beigeladene zu 7. könne jederzeit als angestellte Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Vertragsarztsitze in größere Berufsausübungsgemeinschaften zu integrieren, werde jüngeren Ärzten der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung gerade nicht verwehrt. Vielmehr sei zunehmend erforderlich, diesen Ärzten eine wirtschaftliche Absicherung durch eine entsprechend gut dotierte nichtselbstständige Tätigkeit zu bieten. Eine Ermessensentscheidung setze nach der gesetzlichen Regelung einen "Gleichstand" der Bewerber nach den gesetzlichen Kriterien voraus. Dieser Fall sei aber gerade nicht gegeben, sodass der Beklagte gar keine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt habe. Er - der Kläger - habe weiterhin die Absicht, noch langfristig an der Versorgung teilzunehmen, wenn auch nur im Angestelltenstatus.

11

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012 und des Sozialgerichts Kiel vom 12.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1.12.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Praxisnachfolger für den Beigeladenen zu 8. zuzulassen.

12

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 7. beantragen übereinstimmend,
die Revision zurückzuweisen.

13

Der Beklagte führt aus, der Kläger scheide als möglicher Nachfolger aus, weil er nach seinen offengelegten Absichten die Praxis nicht fortführen werde. Bereits der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V verdeutliche, dass der Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien nicht ausschließlich sei. Vielmehr flössen alle Umstände des Einzelfalls in die Auswahlentscheidung ein; dazu gehöre auch der Gesichtspunkt, dass § 103 Abs 4 SGB V den Zugang zu einem "staatlich regulierten Markt" sowohl ermögliche als auch begrenze. Der dort ausgesprochene Nachrang des bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Bewerbers stehe nicht im Widerspruch zu der anerkannten Möglichkeit, dass sich ein zugelassener Arzt auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz mit der erklärten Absicht bewerbe, auf eine bereits für ihn bestehende Zulassung zu verzichten. Die Bewerbung des Klägers diene allein der Mehrung der Vertragsarztsitze in der Hand der Partnergesellschaft; diese Möglichkeit sei bisher nur den MVZ eingeräumt.

14

Die Beigeladene zu 7. führt aus, das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mangels Fortführung der Praxis kein geeigneter Bewerber sei. Die Praxis des Beigeladenen zu 8. solle gerade nicht durch den Kläger, sondern durch die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner fortgeführt werden. Es sei nicht einmal sichergestellt, dass der Kläger überhaupt in P tätig werde. Die Entscheidung des Beklagten sei auch nicht ermessensfehlerhaft. § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V schreibe - als Ermessensgrenze - lediglich vor, dass die Zulassungsgremien die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit berücksichtigen müssten. Es werde nicht festgelegt, in welcher Weise das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen seien. Die Gewichtung der vom Gesetz vorgegebenen Kriterien sei genuiner Bestandteil der Ausübung des Ermessens und damit der gerichtlichen Überprüfung entzogen.

15

Ein höheres Alter begründe nur in einem zeitlich begrenzten Umfang einen qualitativen Vorrang, weil es ab einem bestimmten Zeitpunkt unter Eignungsgesichtspunkten in das Gegenteil umschlagen könne, sei es durch eine eingeschränkte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, eine durch Zeitablauf immer größer werdende Entfernung von dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dessen Fortschritt oder durch den Gesichtspunkt, dass ein sehr alter Arzt aus physischen Gründen der Krankenversorgung nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehe und deswegen für eine "kontinuierliche" Versorgung der Patienten gerade nicht in besserer Weise zur Verfügung stehe als ein jüngerer Arzt. Eine Auslegung des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V in dem Sinne, dass immer der nach Approbationsalter ältere und Dauer der ärztlichen Tätigkeit länger aktivere Bewerber gegenüber anderen Bewerbern zu bevorzugen sei, würde allein an das Alter anknüpfen und damit eine altersbedingte Diskriminierung darstellen. Auf die Qualifikation des Klägers komme es letztlich deswegen nicht an, weil dieser die Praxis gar nicht übernehmen, sondern seine Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Ziel einbringen wolle, den Vertragsarztsitz in einen Angestelltensitz umzuwandeln. Sein Antrag würde dazu führen, dass einer oder mehrere - bisher nicht bekannte - angestellte Ärzte neu in das GKV-System aufgenommen würden, über deren Qualifikation überhaupt nichts bekannt sei. Ein Eignungsvergleich sei daher überhaupt nicht möglich.

16

Der Kläger, der bereits als angestellter Arzt am GKV-Versorgungssystem beteiligt sei, begehre mit seinem Antrag keine Veränderungen seines verfassungsrechtlichen Status. Sein Ziel sei lediglich darauf gerichtet, der Berufsausübungsgemeinschaft seiner Söhne einen weiteren Vertragsarztsitz zu verschaffen, also das "Betriebsvermögen" der Berufsausübungsgemeinschaft zu mehren. Sie - die Beigeladene zu 7. - begehre hingegen mit ihrem Zulassungsantrag die erstmalige Zulassung zur Versorgung von GKV-Patienten. Auch eine verfassungskonforme Anwendung des § 103 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V zwinge daher dazu, ihre Bewerbung gegenüber dem Antrag des Klägers als vorrangig anzusehen.

17

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den Beschluss des Beklagten, im Wege der Nachfolgezulassung die zu 7. beigeladene Ärztin zuzulassen, nicht in seinen Rechten verletzt ist. Er selbst kommt für die Nachfolgezulassung nicht in Betracht, da er nicht die gesetzlichen Anforderungen für eine Nachfolgebewerbung erfüllt. Im Übrigen ist - im Ergebnis - auch die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

19

1. Die Revision ist als offensive Konkurrentenklage zulässig, da der Kläger als übergangener Bewerber geltend machen kann und geltend macht, dass die Auswahlentscheidung zu seinen Lasten fehlerhaft ist (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff). Streitgegenstand des Verfahrens ist damit die Entscheidung der Zulassungsgremien nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V, unter mehreren Bewerbern "den Nachfolger auszuwählen"(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 12).

20

2. In der Sache ist die Revision unbegründet. Einer Berücksichtigung des Klägers im Nachbesetzungsverfahren steht - unabhängig von der konkreten Bewerberauswahl - bereits entgegen, dass er schon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes nicht erfüllt, weil es ihm an dem für eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V erforderlichen Fortführungswillen fehlt.

21

a) Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge, in einem gesperrten Planungsbereich im Wege der Nachbesetzung eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten, ist § 103 Abs 4 SGB V.

22

aa) Das Klagebegehren ist dabei zunächst nach den ab dem 1.1.2013 geltenden Vorschriften des SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zu beurteilen; gegebenenfalls sind aber diese Vorschriften in ihrer im Jahre 2009 gültigen Fassung (des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426) ergänzend heranzuziehen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind für das auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtete Vornahmebegehren grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 f; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 29). Dies gilt auch für eine Zulassung im Wege der Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 SGB V. Eine Ausnahme gilt aber, sofern diesem Vornahmebegehren - wie vorliegend - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung der Beigeladenen zu 7. vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5 ).

23

bb) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und somit für das in 2009 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

24

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V (alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist.

25

b) Gesetzliche Voraussetzung für die Zulassung auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V ist neben der Erfüllung der allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen ua, dass der Bewerber den Willen hat, die zu übernehmende Praxis fortzuführen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

aa) Bereits der Ausnahmecharakter der mit einer Nachfolgebesetzung nach § 103 Abs 4 SGB V verbundenen Durchbrechung bestehender Zulassungsbeschränkungen rechtfertigt es, an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt.

27

In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 95 Abs 2 Satz 9 iVm § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen unerwünscht (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; vgl auch BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 23). Das Ausscheiden eines Arztes aus der vertragsärztlichen Versorgung in einem für Neuzulassungen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich führt grundsätzlich dazu, dass der Vertragsarztsitz dieses Arztes entfällt, weil dieser nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird. Das vermindert entweder die Zahl der zugelassenen Ärzte oder führt - auf kürzere oder längere Sicht - dazu, dass der Planungsbereich entsperrt wird. Damit ist er dann auch wieder für solche Ärztinnen und Ärzte offen, die sich niederlassen wollen, ohne eine Praxis zu übernehmen und die damit verbundenen Lasten auf sich zu nehmen.

28

Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs 4 SGB V getroffenen Regelung demgegenüber zu, dass ein bestehender - für die Versorgung nicht erforderlicher - Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Mit dieser Ausnahme berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (s hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar. Wo die Praxis in Wirklichkeit gar nicht veräußert werden soll, weil jedenfalls der neu zuzulassende Arzt sie nicht fortführen kann oder will, besteht kein Grund für eine Nachfolgezulassung. Diese dient dann lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (s hierzu etwa BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 28; vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff).

29

bb) § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V setzt nicht allein voraus, dass noch eine fortführungsfähige Praxis besteht, sondern erfordert - als subjektives Moment - von dem sich auf eine Praxisnachfolge bewerbenden Arzt auch einen "Fortführungswillen".

30

(1) Wie der Senat bereits dargelegt hat, ist § 103 Abs 4 SGB V (aF) schon gemäß seinem Einleitungssatz ausdrücklich darauf ausgerichtet, dass eine Praxis "fortgeführt" werden soll(BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21); eine gleichlautende Formulierung findet sich nach der Umgestaltung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG nunmehr in § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF. Ziel der Ausschreibung wie auch der Nachbesetzung ist die "Fortführung" der Praxis (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19); dies setzt voraus, dass überhaupt noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN) bzw dass es noch eine fortführungsfähige Praxis gibt (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Nur so kann dem bereits (unter 2.b aa) dargelegten Ausnahmecharakter der Praxisnachfolge in übersorgten Planungsbereichen Rechnung getragen werden (s insbesondere BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f).

31

Dies hat nicht allein zur Konsequenz, dass sich ein Vertragsarztsitz nur so lange für eine Praxisnachfolge eignet, als noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21 mwN), sondern impliziert auch eine weitestmögliche Kontinuität des Praxisbetriebs (BSG aaO). Gerade im Vergleich mit einer "Nach"besetzung einer frei gewordenen Arztstelle in einem MVZ wird deutlich, dass eine Praxis"fortführung" begrifflich dem vorherigen Praxisbetrieb eng verbunden ist (BSG aaO). Dass eine Praxisfortführung in diesem Sinne auch einen entsprechenden Willen des Nachfolgers voraussetzt, liegt damit auf der Hand, wird aber zusätzlich noch durch die in § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V verwendete Formulierung "Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen" betont.

32

Mithin muss ein Bewerber die in Rede stehende Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (zur Notwendigkeit eines Praxisfortführungswillens s Schleswig-Holsteinisches LSG - Beschluss vom 15.5.2008 - L 4 B 369/08 KA ER - Juris RdNr 28, 33 f = GesR 2008, 432 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 8.3.2011 - L 1 KA 22/11 B ER - Juris RdNr 11 = MedR 2011, 825 ff; in diesem Sinne schon LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 59, 60 = MedR 2006, 616 ff; ebenso Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 350; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 37; aA Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012 § 103 RdNr 77: keine hohen Anforderungen; ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 69).

33

(2) Eine Praxis wird nur dann im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V "fortgeführt", wenn der sich um eine Praxisnachfolge bewerbende Arzt am bisherigen Praxisort als Vertragsarzt - ggf auch als Mitglied einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft - tätig werden will bzw tätig wird. Es reicht nicht aus, wenn der Nachfolger lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ dort tätig werden will.

34

Eine Praxisfortführung beinhaltet sowohl eine "räumliche" als auch eine "personelle" Komponente. In räumlicher Hinsicht setzt sie - grundsätzlich - voraus, dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Andererseits verlangt eine Praxisfortführung im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht notwendig, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb in der dargestellten Art und Weise auf Dauer fortführt(BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Auch mag es im Einzelfall sachliche Gründe dafür geben, die Praxis zumindest nicht am bisherigen Ort oder nicht mit dem bisherigen Personal fortzuführen, etwa weil sich die Praxis im Einfamilienhaus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidenden Arztes befindet oder dessen Ehefrau als Arzthelferin beschäftigt war.

35

Unabhängig von der Standortkontinuität reicht es für eine "Fortführung" der Arztpraxis im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht aus, dass der bisher an die Praxis gebundene Vertragsarztsitz in irgendeiner Variante zur Grundlage der vertragsärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Planungsbereich genutzt wird. In "personeller" Hinsicht ist vielmehr erforderlich, dass der Nachfolger die Praxis in eigener Person weiter betreibt. Dabei genügt es nicht, dass dieser dort eine ärztliche Tätigkeit entfaltet, sondern der Begriff "Fortführung" beinhaltet auch, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb als Inhaber - zumindest als Mitinhaber - der Praxis fortsetzt. Denn nur so hat dieser auch die rechtliche Möglichkeit, seinen Fortführungswillen umzusetzen. Es genügt daher nicht, wenn ein Bewerber beabsichtigt, den Praxisbetrieb zwar am bisherigen Standort, jedoch lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ fortzusetzen, weil dann die Fortführung der Praxis tatsächlich ganz maßgeblich nicht von seinem Willen, sondern aufgrund des Direktionsrechts seines Arbeitgebers von dessen Willen abhängt (zum unterschiedlichen Status von zugelassenen und angestellten Ärzten vgl schon BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 21). Damit wäre nicht gewährleistet, dass der "Nachfolger" tatsächlich für längere Zeit - oder überhaupt - am bisherigen Standort der Praxis tätig werden kann.

36

Nicht außer Betracht bleiben kann auch, dass die Tätigkeit in einer am bisherigen Standort betriebenen Zweigpraxis im allgemeinen auch deswegen keine "Fortführung" der übernommenen Praxis garantiert, weil die Zweigpraxisgenehmigung durch eine andere Institution - die KÄV - erteilt wird, und die Genehmigung versagt werden kann, wenn hierdurch die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes (der Berufsausübungsgemeinschaft) mehr als geringfügig beeinträchtigt wird. Die Chance, eine solche Genehmigung zu erhalten, ist kein im Rahmen der Entscheidung über die Nachfolgezulassung relevanter Gesichtspunkt.

37

Für die Erforderlichkeit eines Fortführungswillens im dargestellten Sinne spricht schließlich auch der Gesichtspunkt, dass die Bewerberauswahl durch die Zulassungsgremien konterkariert würde, wenn es der ausgewählte Bewerber in der Hand hätte, seine im Wege der Nachfolgebesetzung erhaltene Zulassung im Wege des sofortigen Verzichts in eine Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen. Denn es wäre nicht sichergestellt, dass der von den Zulassungsgremien ausgewählte Bewerber in dem nachbesetzten Vertragsarztsitz tätig wird, sondern es bestünde die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Tätigkeit tatsächlich durch einen den Zulassungsgremien unbekannten, von der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewählten angestellten Arzt ausgeübt wird.

38

(3) Die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Betrachtung. Der Erforderlichkeit eines Fortführungswillens steht insbesondere nicht entgegen, dass nach § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF die Praxis von einem Praxisnachfolger auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis fortführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Unabhängig davon, ob diese zum 1.1.2013 in Kraft getretene Neuregelung überhaupt zu Lasten der Beigeladenen zu 7. Berücksichtigung finden könnte (siehe hierzu unter 2.a aa), folgt hieraus nichts zugunsten des Klägers, weil die Regelung voraussetzt, dass sich derjenige um die Praxisnachfolge bewirbt, der weiterhin als Vertragsarzt tätig sein will. Die vorliegend maßgebliche Konstellation, dass sich der zukünftig anzustellende Arzt (formal) um die Praxisnachfolge bewirbt, wird hiervon nicht erfasst.

39

Soweit der Kläger auf die Stellungnahme des Bundesrates zu dieser von ihm initiierten Regelung verweist, wonach einem Arzt wie dem Kläger eine Zulassung als Praxisnachfolger bereits nach bisherigem Recht erteilt werden könne (BR-Drucks 456/11 S 49: "Will ein Vertragsarzt einen weiteren Sitz übernehmen und mit einem Angestellten besetzen, müsste sich der anzustellende Arzt bewerben, den Praxisübernahmevertrag schließen und die Zulassung für eine juristische Sekunde innehaben, bevor er zugunsten einer Anstellung verzichten kann."), greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn es handelt sich dabei lediglich um die Äußerung einer - nach den vorstehenden Ausführungen des Senats unzutreffenden - Rechtsauffassung, die sich der Gesetzgeber des GKV-VStG allein durch die Übernahme des Regelungsvorschlags des Bundesrates nicht zu eigen gemacht hat. Im Gegenteil wird in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) betont, dass § 103 Abs 4b SGB V eine entsprechende Regelung für die Übernahme einer Praxis durch einen Vertragsarzt bislang nicht vorsehe und es mit der Änderung "künftig" auch Vertragsärzten möglich sein solle, ausgeschriebene Sitze zu übernehmen und mit angestellten Ärzten in der eigenen Praxis fortzuführen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF eine - teilweise - Durchbrechung der vorstehend dargestellten Grundsätze beinhaltet, weil die Vorschrift es Vertragsärzten - namentlich überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften - ermöglicht, eine im Wege der Nachbesetzung übernommene Praxis "in der eigenen Praxis"(Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) - also unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort - fortzuführen. Eine weitergehende Flexibilisierung des Nachfolgerechts kann jedoch aus dieser Regelung nicht abgeleitet werden. Es ist Sache des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung, die Bindung von Vertragsarztsitz und fortzuführender Praxis - wenn das gewünscht wird - zu lockern.

41

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Berücksichtigung eines Fortführungswillens die Manipulation von Zulassungsverfahren fördere, indem die Beweggründe der Zulassung nicht mehr offengelegt würden, so ist dem nicht weiter nachzugehen. Es ist Aufgabe der Zulassungsgremien aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen.

42

cc) Im Sinne der dargestellten gesetzlichen Anforderungen fehlt dem Kläger der Wille, die Praxis des zu 8. beigeladenen Arztes fortzuführen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob seinem Fortführungswillen bereits die erklärte Absicht entgegensteht, den Praxisbetrieb zwar weiterhin in P, jedoch in anderen Räumen - nämlich in den zur Zweigpraxis der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner gehörenden Räumlichkeiten - fortzuführen. Denn jedenfalls steht seinem Fortführungswillen entgegen, dass er dort erklärtermaßen nicht als zugelassener Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt tätig werden will. Dass es dem Kläger letztlich nicht darauf ankommt, die übernommene Praxis fortzuführen, sondern der Zweck seiner Nachfolgebewerbung allein darin besteht, der Berufungsausübungsgemeinschaft A und Partner einen weiteren Vertragsarztsitz zuzuführen, wird im Übrigen daraus deutlich, dass er die von ihm angestrebte Tätigkeit als angestellter Arzt auch ohne die begehrte Nachfolgezulassung in der bereits vorhandenen Zweigpraxis von A und Partner in P hätte ausüben können.

43

3. Unabhängig davon, dass damit der Kläger, der die Arztpraxis des Beigeladenen zu 8. erklärtermaßen nicht in dem dargestellten Sinne als Vertragsarzt fortführen will, ohnehin für die Nachfolgezulassung ausscheidet, ist die Entscheidung des Beklagten für die Beigeladene zu 7. als Praxisnachfolgerin auch in der Sache - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

44

a) Die Bewerberauswahl ist keine gebundene Entscheidung, sondern eine Ermessensentscheidung (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann auszuüben, wenn sich gleich geeignete Bewerber gegenüberstehen. Vielmehr haben die Zulassungsgremien stets eine Ermessensentscheidung zu treffen, die - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kriterien - die Bewerberlage wertend beurteilt, im Übrigen aber nur durch die der Ermessensausübung innewohnenden Schranken eingeschränkt ist. Dafür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Regelung, wonach der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat, den "Auswahlkriterien" vorangestellt ist. Zudem sind die in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V aufgeführten "Kriterien" nicht "zu beachten", sondern lediglich "zu berücksichtigen". Damit wird keine strikte Verbindlichkeit vorgegeben (vgl hierzu etwa die Relativierung des Vorrangs der Beitragssatzstabilität in vertragszahnärztlichen Vergütungsverhandlungen durch die Änderung in § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V - "berücksichtigen" statt "beachten" - durch das GKV-VStG; vgl dazu BSGE 110, 222 = SozR 4-2500 § 116b Nr 3, RdNr 64 aE mwN). Der Begriff "berücksichtigen" beinhaltet allein, dass die Zulassungsgremien die gesetzlich vorgegebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürfen, sondern sie in ihre Überlegungen mit einbeziehen - in Erwägung ziehen - müssen; es steht ihnen aber frei, hiervon aus Sachgründen abzuweichen.

45

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (s LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

46

b) Die Zulassungsgremien haben das ihr bei der Auswahlentscheidung zustehende Ermessen allerdings nicht nur "pflichtgemäß", sondern auch unter Berücksichtigung der in § 103 Abs 4 SGB V normierten gesetzlichen Vorgaben auszuüben. Hierbei geltende folgende Maßstäbe:

47

aa) Ein Vorrang einzelner der zu berücksichtigenden Kriterien lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut herleiten (so schon Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97- Juris RdNr 21; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 16b RdNr 102; vgl auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 118) noch entspräche dies dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Zusammenhang mit den durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in § 103 Abs 4 SGB V ausdrücklich betont, dass § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V "wie bisher keine Rangfolge der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu berücksichtigenden Faktoren" enthält, sondern deren Gewichtung im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc aE). Somit ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu § 103 Abs 4; Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97 - Juris RdNr 21); dies ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 23).

48

bb) Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien bedürfen ggf der Konkretisierung. Dies gilt insbesondere für die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Der Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 8.12.2010 (BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 39)darauf hingewiesen, dass diese Kriterien darauf abzielten, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründeten. Hieran hält der Senat fest. Die zeitliche Begrenzung des Umfangs der Berücksichtigung dieser Kriterien rechtfertigt sich dadurch, dass es keine belastbaren Hinweise dafür gibt, dass sich die Fähigkeiten eines Arztes ad infinitum mit zunehmender Approbations- und Tätigkeitsdauer verbessern. Vielmehr kann bei typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der weiterhin zunehmenden beruflichen Erfahrung auf der einen Seite eine mit fortschreitendem Alter des Arztes generell eher abnehmende Leistungsfähigkeit gegenübersteht.

49

Der Senat sieht sich im Hinblick auf die Unklarheiten, die seine Rechtsprechung zum Stellenwert der beruflichen Erfahrung der Bewerber um eine Nachfolgezulassung (auch) bei dem Berufungsgericht hervorgerufen hat, jedoch zu einer Klarstellung veranlasst. Die Ausführungen des Senats sind verschiedentlich so verstanden worden, dass der Fünfjahreszeitraum mit der Approbation beginnen sollte (so etwa das Berufungsgericht; ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 105 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R); das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr kommt es für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (wie auch für das Approbationsalter) auf die Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an. Eine mehr als fünfjährige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung begründet daher - im Regelfall - keinen (weiteren) Vorzug eines Bewerbers.

50

cc) Das Gesetz enthält keine abschließende Aufzählung der Auswahlkriterien, sondern es dürfen daneben auch nicht im Gesetz aufgeführte Gesichtspunkte bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden (so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 58 = GesR 2006, 456 ff = MedR 2006, 616 ff = Breithaupt 2006, 904 ff, unter Bezugnahme auf LSG Berlin, MedR 1997, 518 ff; bestätigt durch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 17.6.2009 - L 11 B 6/09 KA ER - Juris RdNr 36 = GesR 2010, 259 ff; ebenso SG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2006 - S 1 KA 240/06 - Juris RdNr 24 unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, MedR 1997, 143; SG Berlin Urteil vom 28.7.2010 - S 79 KA 514/09 - Juris RdNr 22 = GesR 2011, 19 f; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 57; aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff; differenzierend Bayerisches LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 - Juris RdNr 73 = Breithaupt 2008, 947 ff = MedR 2009, 491 ff: nur dann, wenn die gesetzlichen Kriterien eine Auswahlentscheidung nicht möglich machen; in diesem Sinne auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 115; Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 391).

51

Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Wortlaut der Norm, weil die hierauf hindeutende Formulierung - die Einleitung der Aufzählung mit dem Wort "insbesondere" - fehlt. Der Annahme, dass die Aufzählung der zu berücksichtigenden Kriterien in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V abschließend gemeint ist, steht jedoch insbesondere das den Zulassungsgremien eingeräumte - ansonsten uneingeschränkte - Ermessen entgegen. Dessen hätte es nicht - jedenfalls nicht in dieser Form - bedurft, wenn diesen Gremien keine Spielräume für eigene Erwägungen verblieben, sondern sie auf die abwägende Gewichtung der gesetzlich vorgegebenen Kriterien beschränkt wären. Für darüber hinausgehende Spielräume der Zulassungsgremien spricht auch der bereits erwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber diesen nicht die "Beachtung", sondern lediglich die "Berücksichtigung" der aufgeführten Kriterien vorgegeben hat. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber nur sicherstellen wollte, dass - jedenfalls - die genannten Kriterien in die Ermessenserwägungen einbezogen werden, er diese aber nicht abschließend verstanden wissen will. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes häufig auch allein anhand der im Gesetz aufgeführten Kriterien getroffen werden können.

52

Auch ansonsten gibt es keine zwingenden Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Kriterien abschließend sein sollen. Die Gesetzesbegründung zum Gesundheits-Strukturgesetz (, FraktE GSG, BT-Drucks 12/3608 S 99 zu § 103 Abs 4 und 5), mit dem die Vorgaben zur Bewerberauswahl konkretisiert wurden, lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung weiterer Kriterien zwingend ausschließen wollte. Dort heißt es lediglich, der Zulassungsausschuss habe durch eine Bewertung der genannten Auswahlkriterien eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen; er müsse alle maßgebenden Kriterien im Einzelfall gegeneinander abwägen. Auch die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc) lassen nichts für die Auffassung herleiten, die Zulassungsgremien seien strikt auf die Berücksichtigung der im Gesetz genannten Kriterien beschränkt.

53

Schließlich gebieten auch die verfassungsrechtlichen Erwägungen des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff), dass im Hinblick auf die Grundrechtsbetroffenheit der beteiligten Ärzte die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber zu treffen seien und dies auch für die Festlegung von Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen gelte, keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat die für eine Entscheidung wesentlichen Vorgaben in § 103 Abs 3 ff SGB V selbst festgelegt und nicht zuletzt mit den in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Auswahlkriterien den - wenn auch nicht abschließenden - Rahmen für die Auswahlentscheidung vorgegeben.

54

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien bei der Auswahl des Nachfolgers bzw der Nachfolgerin auch den Umstand berücksichtigen, ob ein bestimmter Bewerber deutlich mehr die (prognostische) Gewähr für eine länger andauernde kontinuierliche Patientenversorgung ("Versorgungskontinuität") bietet als andere (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 107 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19.10.2011 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28)darauf hingewiesen, dass bei einer Bewerberkonkurrenz der (dort) vorliegenden Art - nämlich zwischen einem 65-jährigen und einem zehn Jahre jüngeren Bewerber - Anlass zu der Prüfung bestanden hätte, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen wolle (zur Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Kontinuität in Bezug auf die Kooperation in einer Gemeinschaftspraxis s schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

55

Allein ausschlaggebend darf dieser Aspekt allerdings nicht sein, weil das auf eine - unter Diskriminierungsgesichtspunkten problematische - strukturelle Bevorzugung des jüngeren vor dem älteren Bewerber hinauslaufen könnte und weil auch der an sich für eine Kontinuität einstehende Bewerber rechtlich nicht gehindert ist, nach kürzerer oder längerer Zeit die übernommene Praxis zu verlegen.

56

dd) Demgegenüber stellt der vom Beklagten angenommene zwingende Nachrang eines bereits - in welcher Form auch immer - an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Bewerbers kein zulässiges zusätzliches "Auswahlkriterium" dar. Ein derartiger Nachrang ist rechtlich nicht zu begründen. Es steht grundsätzlich jedem (fachlich geeigneten) Arzt frei, sich auf eine Praxisnachfolge zu bewerben; eine Beschränkung auf Bewerber, die erstmals den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung anstreben, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch eine Rechtsfortbildung unter Berücksichtigung des Umstands, dass infolge der Aufhebung der früher geltenden Altersgrenzen von 55 Jahren für eine Zulassung bzw von 68 Jahren für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verstärkt Bewerberkonkurrenzen zwischen "mittelalten" und "alten" Ärzten auftreten, kommt nicht in Betracht. Da es der Gesetzgeber trotz nachfolgender Änderungen des § 103 SGB V - zuletzt durch das GKV-VStG mit Wirkung ab dem 1.1.2013 - nicht für erforderlich gehalten hat, die seit dem 1.1.1993 geltenden Auswahlkriterien neu zu fassen, sondern diese lediglich ergänzt hat (s RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc), fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme einer - durch die Gerichte zu schließenden - "Gesetzeslücke". Im Übrigen können die Zulassungsgremien - wie dargestellt - den Interessen jüngerer, erstmals den Zugang zum System der GKV begehrender Bewerber unter dem Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität Rechnung tragen.

57

Im Regelfall dürften einer Bewerbung bereits an der Versorgung beteiligter Ärzte auch anerkennenswerte Gesichtspunkte zugrunde liegen, sei es, dass ein bislang lediglich angestellter Arzt den Weg in die Selbstständigkeit gehen will oder dass ein zugelassener Vertragsarzt in einen aus seiner Sicht attraktiveren Versorgungsbereich wechseln möchte. Auch Verfassungsrecht gebietet eine Bevorzugung bislang noch nicht an der Versorgung der GKV-Versicherten beteiligter Ärzte nicht; etwas anderes würde allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Praxisnachfolge der einzige Weg wäre, um Zugang zu einem ansonsten geschlossenen System zu erhalten. Dies ist jedoch - außerhalb besonders attraktiver Versorgungsregionen - nicht der Fall.

58

c) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich die Entscheidung des Beklagten, die zu 7. beigeladene Ärztin als Nachfolgerin des Beigeladenen zu 8. auszuwählen, auch - im Ergebnis - als sachgerecht. Die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit sind vorliegend durch eine Begrenzung der maximal zu berücksichtigenden Zeit neutralisiert, weil auch die Beigeladene zu 7. ihre Weiterbildung vor mehr als fünf Jahren (1988) abgeschlossen hat. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass das Kriterium der beruflichen Eignung bzw Qualifikation für ihn spräche, wäre in einer solchen Konstellation nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien dem zusätzlichen Gesichtspunkt der "Versorgungskontinuität" ausschlaggebende Bedeutung beimessen. Es steht außer Zweifel, dass eine 1961 geborene Bewerberin prospektiv einen weitaus längeren Zeitraum für die kontinuierliche Versorgung der Patienten zur Verfügung stehen wird als ein 1944 geborener - also 17 Jahre älterer und zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits im regulären Rentenalter stehender - Bewerber.

59

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie zu 8. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2010 sowie das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2008 aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2007 wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte den Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2940 Euro festgesetzt hat.

Die Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 4. je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. sowie zu 5. bis 9.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Verkehrswertes für ihre psychotherapeutische Praxis auf 2940 Euro durch den Beklagten.

2

Die 1952 geborene Klägerin war seit April 1999 als Psychologische Psychotherapeutin in T. zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Für diesen Planungsbereich besteht für die Fachgruppe der Psychologischen Psychotherapeuten eine Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung (591 % am 10.10.2007). Die Klägerin erklärte zunächst zum 31.12.2006, später zum 31.7.2007, ihren Verzicht auf ihre Zulassung unter dem Vorbehalt, dass ein Praxisnachfolger ihre Zulassung erhalte. Gleichzeitig beantragte sie die Ausschreibung ihres Vertragsarztsitzes. Um den ausgeschriebenen Sitz bewarben sich ua die Beigeladenen zu 1. bis 3. Die Klägerin schloss mit den Beigeladenen zu 1. und 2. Praxisübergabeverträge für den Fall einer Zulassung ab und vereinbarte mit ihnen einen Kaufpreis von 45 000 Euro. Mit der Beigeladenen zu 3. kam ein Praxisübergabevertrag nicht zustande, weil diese den geforderten Verkaufspreis ablehnte. In seiner Sitzung am 30.1.2007 beschloss der Zulassungsausschuss, die Anträge der Beigeladenen zu 1. und 2. abzulehnen und die Beigeladene zu 3. zur Fortführung der Praxis der Klägerin auszuwählen, die Entscheidung über ihre Zulassung aber zunächst zu vertagen. Die Beigeladene zu 3. sei unter fachlichen Gesichtspunkten die am besten geeignete Bewerberin zur Fortführung der Praxis. Da sie bereit sei, mindestens den Verkehrswert zu zahlen, und das Interesse der Klägerin nur insoweit zu berücksichtigen sei, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes nicht übersteige, habe die Beigeladene zu 3. ausgewählt werden müssen.

3

Gegen diese Entscheidung legten die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs legte die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Kaufmanns B., der den Wert der Praxis mit insgesamt 56 404 Euro bezifferte (3305 Euro materieller Praxiswert, 53 099 Euro immaterieller Praxiswert). Die zu 4. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) vertrat demgegenüber die Ansicht, der Wert der Praxis betrage höchstens 20 000 Euro.

4

In der Sitzung des beklagten Berufungsausschusses vom 12.6.2007 wurde die Verkehrswertfeststellung diskutiert und danach die Sitzung unterbrochen. Anschließend erklärte die Bevollmächtigte der Klägerin, die Beteiligten hätten sich auf einen Verkehrswert in Höhe von 40 000 Euro geeinigt. Der Vorsitzende des Beklagten teilte den Beteiligten sodann mit, dass ein Verkehrswert in Höhe von 40 000 Euro nicht als angemessen iS von § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V angesehen werden könne und Ermittlungen zum Verkehrswert angestellt werden sollten. Die Verhandlung wurde sodann vertagt. Der Beklagte holte eine Stellungnahme der Stadt T. zum Wert der Praxisräume ein sowie ein Gutachten des vereidigten Sachverständigen I. zum Verkehrswert der Praxis. Dieser Gutachter schätzte den Gesamtwert der Praxis auf 35 560 Euro, davon 2940 Euro für den materiellen Wert.

5

In der Sitzung vom 19.12.2007 legte der Beklagte den Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2940 Euro fest und bestätigte die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses. Die Widersprüche der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 1. und 2. wies er zurück, die Zulassungsanträge der Beigeladenen zu 1. und 2. lehnte er ab. Der Beigeladenen zu 3. erteilte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Zulassung für den Vertragsarztsitz B. Er folge dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen B. nicht, weil dieser das vom Ertrag abzuziehende Inhaberentgelt nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und nicht auf der Basis des nunmehr geltenden Tarifvertrages im öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet habe. Dem Gutachten des Sachverständigen I. folge er in der Berechnungsmethode, halte allerdings den Ansatz eines Unternehmerlohns für eine Vollzeittätigkeit in Höhe von 66 192 Euro für erforderlich. Ziehe man diesen Unternehmerlohn von dem Planertrag vor Steuern ab, den der Sachverständige mit 51 179 Euro beziffert habe, ergebe sich ein immaterieller Wert der Praxis von Null. Gleiches gelte, wenn man die Gesamttätigkeit der Klägerin als Teilzeittätigkeit im Umfang von 80 % werte. Es bleibe nur der materielle Verkehrswert in Höhe von 2940 Euro.

6

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.11.2008 abgewiesen. Die Zulassungsgremien dürften auch bei Einigkeit über den Kaufpreis die Übereinstimmung des vereinbarten Kaufpreises mit dem Verkehrswert prüfen und ggf festsetzen. Das LSG hat mit Urteil vom 20.10.2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Gleichzeitig hat es Ziffer 1 des Beschlusses des Beklagten hinsichtlich der Höhe des festgestellten Verkehrswertes aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Höhe des Verkehrswertes der Praxis der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Der Beklagte sei dem Grunde nach berechtigt gewesen, eine Entscheidung über den Verkehrswert der Praxis der Klägerin zu treffen. An eine Einigung der Beteiligten seien die Zulassungsgremien nicht gebunden. Jedenfalls dann, wenn der begründete Verdacht bestehe, dass der zwischen dem Praxisabgeber und den Übernahmebewerbern vereinbarte Praxiswert außerhalb einer plausiblen noch vertretbaren Größenordnung liege, habe der Beklagte den Verkehrswert zu ermitteln und festzusetzen.

7

Die Festsetzung des Verkehrswertes auf 2940 Euro sei jedoch rechtswidrig. Der Beklagte habe den ihm bei der Festsetzung des Verkehrswertes eingeräumten gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum nicht ausgeschöpft und bei der Würdigung der für die Ermittlung des Verkehrswertes maßgeblichen Annahmen die sich aus den eingeholten Gutachten ergebenden Widersprüche nur unvollständig ausgeräumt. Der Beklagte habe hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit der Klägerin außer Betracht gelassen, dass sie tatsächlich in den Jahren 2004 und 2005 nur mit reduzierter Stundenzahl tätig gewesen sei. Auch die außergewöhnliche Jahresurlaubszeit von 12 Wochen habe bei der Bewertung keinen Niederschlag gefunden. Das Ergebnis des Beklagten beruhe letztlich darauf, dass er entsprechend der vom Gutachter I. angewandten sog Ertragswertmethode vorgegangen sei und deshalb bei der Ermittlung des Wertes einen als angemessen erachteten Unternehmerlohn in Abzug gebracht habe. Gerade für die Berechnung des Verkehrswertes im Zusammenhang mit Zulassungsverfahren überzeuge das Vorgehen nach dieser Methode nicht. Der Abzug des Inhaberentgelts beruhe auf der Überlegung, dass eine Praxis nur dann einen Wert für den Übernehmer habe, wenn er damit ebenso viel verdiene wie in dem zuvor ausgeübten Beruf. Damit werde verkannt, dass nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Motive für den Erwerb einer Vertragsarztpraxis maßgebend seien. Der Abzug des Inhaberentgelts führe im vorliegenden Fall zu dem paradoxen Ergebnis, dass gerade bei Einzelpraxen wie der vorliegenden der erwirtschaftete Gewinn, der dem Inhaber in vollem Umfang zur Verfügung stehe und den Gegenwert seiner Tätigkeit darstelle, durch den Abzug eines durchschnittlichen Vergleichseinkommens in abhängiger Beschäftigung bis auf Null zusammenschmelze. Die Berücksichtigung eines Inhaberentgelts sähen zwar auch die Hinweise der Bundesärztekammer (BÄK) zur Bewertung von Arztpraxen vom 9.9.2008 vor. Das von der BÄK präferierte Verfahren trage der dargestellten Problematik aber zumindest in der Weise Rechnung, dass ein Abzug jeweils gestaffelt nach der Höhe des Umsatzes vorgenommen werde und deshalb auch bei kleineren Praxen ein zu bewertender Betrag verbleibe. Gegen die Anwendung der Ertragswertmethode spreche, dass sie mit variablen Größen arbeite, die der individuellen Einschätzung des jeweiligen Sachverständigen unterlägen und nicht objektivierbar seien.

8

Dagegen richten sich die Revisionen der Klägerin und des Beklagten. Die Klägerin trägt zur Be-gründung ihrer Revision vor, das LSG habe verkannt, dass der Verkehrswert der klägerischen Praxis nur so lange für die Auswahl eines Bewerbers entscheidungserheblich sei, als unter den Bewerbern unterschiedliche Kaufpreisvorstellungen bestünden. Das wirtschaftliche Interesse des abgebenden Vertragsarztes sei eingestellt in eine Reihe anderer Auswahlkriterien, und zwar dergestalt, dass zunächst anhand dieser anderen Auswahlkriterien vorrangig die Leistungsfähigkeit und Qualifikation der Bewerber - mit dem Ziel der besten Versorgung der Patienten durch den Nachfolger des abgebenden Vertragsarztes - zu prüfen und über die danach ermittelte Rangfolge eine Vorentscheidung zu treffen sei. Eine Eingriffsbefugnis für die Zulassungsgremien, überhöhte Verkaufspreise zu verhindern, gewähre die gesetzliche Regelung schon nach dem Wortlaut nicht. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, dem abgebenden Vertragsarzt die Möglichkeit zur Verwertung seiner Praxis im gesperrten Planungsbereich zu bewahren und damit dem verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsschutz Genüge zu tun. Nur wenn keine Einigung zwischen dem am besten geeigneten potentiellen Nachfolger und dem ausscheidenden Vertragsarzt über den Kaufpreis erzielt werde, sei der Zulassungsausschuss befugt und verpflichtet, den Verkehrswert zu ermitteln.

Entscheidungsgründe

9

Die Klägerin beantragt,

1.    

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 insoweit aufzuheben, als es die Berufung gegen das Urteil des SG Reutlingen vom 25.11.2008 zurückgewiesen hat,
dieses Urteil aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 insoweit aufzuheben, als hierin der Praxiswert auf 2940 Euro festgesetzt worden ist und

2.    

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,

1.    

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 insoweit aufzuheben, als es den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 über die Höhe des festgestellten Verkehrswertes der Praxis der Klägerin aufgehoben und den Beklagten verpflichtet hat, über die Höhe des Verkehrswertes unter Beachtung der Rechtsauffassung des LSG erneut zu entscheiden, und

2.    

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

11

Der Beklagte rügt zunächst die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Hilfsantrag der Klägerin, ihn - den Beklagten - zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden, habe eine unzulässige Klageänderung dargestellt. Sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil das LSG in der mündlichen Verhandlung keinen rechtlichen Hinweis gegeben habe, dass der festgesetzte Verkehrswert falsch sei. Insbesondere sei nicht die Rede davon gewesen, dass der Sachverhalt nicht vollständig ermittelt sein könnte. In der Sache habe er - der Beklagte - zu Recht den Wert der Praxis nach der Ertragswertmethode ermittelt. Die Angaben der Beigeladenen zu 3. vor dem LSG, dass sie von der Klägerin keine Patienten übernommen und auch keine Zuweisungen aus dem Netzwerk der Klägerin erhalten habe, verdeutlichten, dass die Praxis der Klägerin keinen immateriellen Wert gehabt habe.

12

Die Beigeladene zu 3. trägt vor, mangels einer unmittelbar privatrechtsgestaltenden Wirkung der Feststellung des Praxiswertes durch den Beklagten sei die Klägerin allenfalls mittelbar über § 141 Abs 1 Nr 1 SGG in ihren Rechten verletzt. Die besondere Bindung der Patienten an den Therapeuten stehe bereits im Ansatz der Berücksichtigung von Goodwill bei der Wertbestimmung einer psychotherapeutischen Praxis entgegen. Ungeachtet dessen zähle die Ertragswertmethode zu den anerkannten Bewertungsverfahren für eine freiberufliche Praxis. Bei jeder Ermittlung des Praxiswertes sei ein Unternehmerlohn in Abzug zu bringen, der allerdings in unterschiedlicher Weise ermittelt werden könne. Wenn der Beklagte sich bei der Berechnung des Inhaberentgelts an dem konkreten Tätigkeitsumfang der Klägerin orientiert habe, sei dies sachgerecht. Es sei insoweit auch kein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt worden. Zu Recht seien sämtliche Tätigkeiten der Klägerin zur Bemessung des Umfangs ihrer Arbeitsleistung herangezogen worden.

13

II. Die Revision der Klägerin ist begründet, die Revision des Beklagten ist unbegründet.

14

1. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht bereits wegen Verfahrensmängeln aufzuheben. Der Hilfsantrag der Klägerin, den Beklagten zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verurteilen, stellt keine Klageänderung dar, sondern lediglich eine Einschränkung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes, die nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG nicht als Klageänderung gilt(BSGE 91, 182 = SozR 4-3300 § 82 Nr 1, RdNr 13).

15

Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör aus § 62 SGG scheidet bereits deshalb aus, weil das Gericht nicht verpflichtet ist, darauf hinzuweisen, dass in einer bestimmten Weise entschieden werde. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG Beschlüsse vom 2.11.2011 - B 12 KR 34/11 B - juris RdNr 8, vom 17.8.2011 - B 6 KA 18/11 B - GesR 2011, 682 und vom 7.4.2011 - B 9 VJ 3/10 B - juris RdNr 9 f; SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3; BVerfGE 87, 1, 33; 86, 133, 144 f; 74, 1, 5; 66, 116, 147). Art 103 Abs 1 GG gebietet lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190). Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Da die Bestimmung des Verkehrswertes der psychotherapeutischen Praxis der Klägerin anhand der vorliegenden Gutachten und der darin angewandten Methoden Streitgegenstand im gesamten Verfahren gewesen ist, die Vorteile und Nachteile der verschiedenen Methoden auch nach dem Vortrag des Beklagten ausdrücklich vor dem LSG thematisiert worden sind, ist eine Überraschung des Beklagten durch die Ausführungen des LSG nicht nachvollziehbar.

16

2. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte nicht berechtigt war, den Verkehrswert der Praxis der Klägerin festzusetzen. Für eine Feststellung des Verkehrswertes iS des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V(in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378) bestand angesichts der Einigung der Klägerin mit den Beigeladenen zu 1. bis 3. von vornherein kein Anlass.

17

Die Regelungen des § 103 Abs 4 SGB V über die Praxisnachfolge hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Neuregelungen über die Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen getroffen(s Art 1 Nr 58 ff Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266, mit der Neufassung des § 103 SGB V in Art 1 Nr 60). Wenn für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet worden sind (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V), kann dort kein Arzt mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Eine Ausnahme davon lässt das Gesetz nur zu, wenn auf Antrag eines ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben dessen Vertragsarztsitz ausgeschrieben und ein Praxisnachfolger ausgewählt wird (§ 103 Abs 4 SGB V; zum Zulassungsverzicht unter der Bedingung bestandskräftiger Nachbesetzung vgl Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - RdNr 14 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das Verfahren der Nachbesetzung ist mehrstufig ausgestaltet. Nach § 103 Abs 4 SGB V wird, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, auf Antrag der frei gewordene Vertragsarztsitz durch die KÄV ausgeschrieben(aaO Satz 1 und 2). Dann erfolgen die Auswahl und Zulassung eines Bewerbers durch den Zulassungsausschuss (aaO Abs 4 Satz 3 bis 5 und Abs 5 Satz 3). Nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V hat der Zulassungsausschuss im Nachbesetzungsverfahren unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde (aaO Satz 5). Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt (aaO Satz 6). Die Vorschrift gilt gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auch für Psychologische Psychotherapeuten. In der Begründung zu § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V heißt es(BT-Drucks 12/3608 S 99): "Satz 6 trägt den schutzwürdigen Interessen des ausscheidenden Kassenarztes oder seiner Erben Rechnung. Es soll ausgeschlossen werden, dass sich durch die erhöhte Nachfrage nach Kassenpraxen und der mit der Praxisübernahme verbundenen Kassenzulassung der Kaufpreis für die Praxis ungerechtfertigt erhöht."

18

Damit ist klargestellt, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes bei der Entscheidung des Zulassungsausschusses nur insoweit eine Rolle spielen sollen, als der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert nicht übersteigt. Der Zulassungsausschuss soll aus einer Mehrheit von Bewerbern nicht denjenigen auswählen müssen, der den höchsten Kaufpreis zahlt. Lässt der Praxisabgeber die Übergabe scheitern, weil er keinen Kaufpreis oberhalb des Verkehrswertes erzielen kann, hat er kein Recht auf Wiederholung der Ausschreibung (vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 21). Andererseits sind die wirtschaftlichen Interessen des Abgebenden insoweit geschützt, als nur die Bewerber in die Auswahl einbezogen werden müssen, die bereit sind, den Verkehrswert als Kaufpreis zu zahlen. Zu dieser Konzeption der Nachfolgezulassung enthält auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz ) keine Änderung. Die Begründung zu dem erstmalig vorgesehenen Vorkaufsrecht der KÄVen bei der Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen nimmt vielmehr ausdrücklich auf die Regelung des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V(seit dem 1.1.2009 Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426 - im Gesetzentwurf zum GKV-VStG infolge der Einfügung eines weiteren Satzes als Satz 8 bezeichnet) Bezug und betont, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bei Ausübung des Vorkaufsrechts in derselben Weise geschützt werden wie bei dem Verkauf der Praxis an einen Nachfolger (BT-Drucks 17/6906 S 23 und 76; zum Schutz dieser Interessen vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 19 mwN).

19

Der Senat hat zu § 103 Abs 4 SGB V ausgeführt, dass es bei der Übergabe einer vertragsärztlichen Praxis notwendig zu einem Ineinandergreifen von nicht übertragbarer öffentlich rechtlicher Zulassung mit dem darauf gegründeten Vertragsarztsitz und privatrechtlich übertragbarer Arztpraxis als Vermögensgegenstand kommt(vgl BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Dieses Ineinandergreifen habe jedoch nicht zur Konsequenz, dass zwischen Praxis und vertragsärztlicher Zulassung bzw Vertragsarztsitz nicht mehr zu unterscheiden wäre (vgl dazu auch BFHE 234, 286). Gegenstand des in § 103 Abs 4 SGB V geregelten Nachbesetzungsverfahrens könne lediglich die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit an einem bestimmten Ort sein. Die Entscheidung des Zulassungsausschusses, welcher von mehreren geeigneten Bewerbern als Nachfolger ausgewählt werden soll (§ 103 Abs 4 Satz 3 SGB V), habe deshalb nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen werde. Durch diesen Zulassungsakt werde der vom Zulassungsausschuss als Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes ausgewählte Bewerber nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setze vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw seinen Erben voraus. Die Beigeladene zu 3. weist zu Recht darauf hin, dass § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V keine Rechtsgrundlage für die Zulassungsgremien bietet, in diesen privatrechtlichen Vertrag rechtsgestaltend einzugreifen. Der im Übernahmevertrag vereinbarte Kaufpreis bedarf nicht etwa einer Genehmigung. Die Zulassungsgremien haben lediglich über die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entscheiden und dabei die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes bis zur Höhe des Verkehrswertes zu berücksichtigen. Sofern sie einen Verkehrswert festsetzen, kann der ausscheidende Vertragsarzt bzw seine Erben durch die Limitierung des im Zulassungsverfahren als schützenswert anzusehenden wirtschaftlichen Interesses materiell beschwert sein.

20

Der Senat hat weiter unter Hinweis auf die Begründungen im Gesetzgebungsverfahren zum Regelungszweck ausgeführt, es habe den Erfordernissen des Eigentumsschutzes dadurch Rechnung getragen werden sollen, dass dem Inhaber einer Praxis deren wirtschaftliche Verwertung auch in einem für Neuzulassungen gesperrten Gebiet ermöglicht werde (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 12/3937 S 7; vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 19 mwN; kritisch zum Umfang des Eigentumsschutzes hingegen Steiner, Verfassungsfragen des Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs 4 SGB V, NZS 2011, 681, 682 f). Der Gesetzgeber habe die Fortsetzung eines an sich unerwünschten Zustandes der Überversorgung nach der Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes nur deshalb hingenommen, weil andernfalls ein ausscheidender Vertragsarzt bzw seine Erben keine Möglichkeit hätten, die oft einen erheblichen Wert repräsentierende Praxis zu verwerten. Regelmäßig würde sich ein Arzt für die Übernahme einer (auch) vertragsärztlichen Praxis nicht interessieren, sofern er für den jeweiligen Vertragsarztsitz keine Zulassung erhalten könnte. Der die Vorschriften über die vertragsärztliche Bedarfsplanung prägende Grundsatz, wonach Überversorgung zu vermeiden und soweit möglich abzubauen ist, trete dann zurück, wenn und soweit die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bzw seiner Erben sowie die vom Gesetzgeber ebenfalls für schutzwürdig gehaltenen Belange der verbleibenden Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis (vgl § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V sowie BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 23 f; vgl auch Senatsurteil - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 23 mwN) die Erteilung einer Zulassung in einen gesperrten Gebiet als geboten erscheinen lassen.

21

Ist mithin das Verwertungsinteresse des ausscheidenden Vertragsarztes Schutzgut des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V, so ist diesem Interesse Genüge getan, wenn eine Einigung des bisherigen Praxisinhabers mit den Bewerbern über den Kaufpreis erzielt worden ist. In diesem Fall sind unabhängig von der Höhe des vereinbarten Kaufpreises wirtschaftliche Belange des Ausscheidenden nicht weiter zu berücksichtigen. Es ist augenfällig, dass in einer Situation, in der - wie hier - alle Bewerber zur Zahlung des gleichen Preises bereit sind, der Kaufpreis bei der dem Zulassungsausschuss allein obliegenden Auswahl unter den Bewerbern keine Rolle mehr spielen kann. Erst wenn keine Einigung zwischen dem Veräußerer und dem am besten geeigneten Bewerber über den Kaufpreis erzielt wird, stellt sich für die Zulassungsgremien die Frage des Verkehrswertes (vgl Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 1180). In dieser Situation ergibt sich die Notwendigkeit, die Berechtigung der Kaufpreisforderung des Veräußerers zu überprüfen und die Höhe des Verkehrswertes von Amts wegen zu ermitteln. Auch der auf diesem Wege festgestellte Verkehrswert gestaltet nicht die privatrechtliche Vereinbarung, sondern dient lediglich der Feststellung, zu welcher Zahlung ein möglicher Nachfolger mindestens bereit sein muss. Da diese Feststellung betriebswirtschaftliche Berechnungen erfordert, werden die Zulassungsgremien sich regelmäßig externen Sachverstandes bedienen müssen, sei es durch Einholung einer sachverständigen Stellungnahme der Beigeladenen zu 4. oder durch Einholung des Gutachtens eines geeigneten Sachverständigen. Danach bestand in der hier zu beurteilenden Situation eines Konsenses zwischen Praxisabgeber und allen Übernahmeinteressenten über den Praxiswert kein Anlass zu weiteren Ermittlungen.

22

3. In welcher Weise der Verkehrswert einer Praxis zu ermitteln ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Senat sieht zur Ermittlung des Verkehrswertes in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 188, 282) eine modifizierte Ertragswertmethode als grundsätzlich geeignet an, wie sie auch von den Sachverständigen B. und I. angewandt worden ist (zum Begriff vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt, Abgabe, Kauf und Bewertung psychotherapeutischer Praxen, 2008, S 149 ff). Dabei wird neben dem Substanzwert einer Praxis, dh dem Zeitwert der bewertbaren Wirtschaftsgüter (zum Begriff vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 145), der immaterielle Wert in Form eines Goodwill berücksichtigt. Auch die von Juristen der Ärztekammern und betriebswirtschaftlichen Beratern der KÄVen erarbeiteten "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" vom 9.9.2008 legen eine ertragswertorientierte Methode unter Berücksichtigung der Kosten zugrunde (DÄ 2008, A 2778, 2780). Eine Bemessung allein nach dem Substanzwert lässt zu Unrecht den auch bei psychotherapeutischen Praxen vorhandenen immateriellen Wert einer Praxis unberücksichtigt.

23

a) Die Annahme eines immateriellen Wertes bei psychotherapeutischen Praxen ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil eine besondere Abhängigkeit des Ertrags von der Person des Praxisinhabers besteht. Für alle Arztpraxen gilt, dass ihr die Person des Inhabers das Gepräge gibt. In den "Hinweisen zur Bewertung von Arztpraxen" ist zu Recht ausgeführt, dass der ideelle Wert einer Praxis seinem Wesen nach etwas anderes ist als der Geschäftswert eines gewerblichen Unternehmens. Vertragsärzte erbringen immer eine höchstpersönliche Leistung (vgl § 15 Abs 1 Satz 1 Bundemantelvertrag-Ärzte, § 14 Abs 1 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen), der Grad der Bindung der Patienten an die Person des Arztes ist lediglich in den einzelnen Arztgruppen unterschiedlich ausgeprägt. Die Bedeutung der Person des bisherigen Praxisinhabers ist umso größer, je enger die Bindung zwischen Behandler und Patient in einer Fachgruppe typischerweise ist. Auch wenn die Bindung im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung, insbesondere einer psychoanalytischen Behandlung, als besonders eng anzusehen ist, schließt das einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert einer Praxis nicht aus. Dieser kann sich etwa aus Faktoren wie der Infrastruktur des Standortes, der Art und Zusammensetzung des Patientenstamms, der Konkurrenzsituation, einer etwaigen Warteliste sowie dem Ruf und Ansehen des bisherigen Praxisinhabers und seiner Vernetzung etwa mit potentiellen Überweisern ergeben (vgl BGHZ 188, 282, 290 f). Auch eine psychotherapeutische Praxis wird als Wirtschaftsgut höher eingeschätzt, als es ihrem reinen Substanzwert entspricht (vgl Stellpflug, Niederlassung für Psychotherapeuten, 2005, RdNr 162; Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 129 ff).

24

b) Der immaterielle Wert ist nicht anhand von typisierten, sondern anhand der individuellen Praxisverhältnisse zu berechnen. Dementsprechend erheben auch die eher schematischen "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" der BÄK und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) nicht den Anspruch, Grundlage für eine abschließende Beurteilung im Einzelfall sein zu können.

25

Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn der immaterielle Wert grundsätzlich anhand der durchschnittlichen Erträge in der Vergangenheit unter Abzug eines Unternehmerlohns ermittelt wird (vgl BGHZ 188, 282, 291). Die durchschnittlich in der Vergangenheit erzielten Erträge sind eine geeignete Grundlage für die Prognose, welche zukünftigen Erwerbschancen durch den Kauf der Praxis eröffnet werden. Bei der Analyse der Vergangenheit ist ein angemessener Zeitraum festzulegen, der eine realistische Aussage zum Bewertungszeitpunkt ermöglicht. Ein Zeitraum von drei Jahren, wie er hier von beiden Sachverständigen zugrunde gelegt worden ist, erscheint insofern notwendig, aber auch ausreichend, um Schwankungen und bewusste Steigerungen kurz vor dem Bewertungszeitpunkt auszugleichen. Auch in den "Hinweisen" der BÄK und KÄBV wird der durchschnittliche Jahresumsatz aus den letzten drei Kalenderjahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalles zugrunde gelegt (DÄ 2008, A 2778, 2779, unter 4.3).

26

Zu berücksichtigen sind sämtliche Erlöse, die der bisherige Inhaber mit der Praxis erzielt hat, mithin nicht nur die Erlöse aus der vertragsärztlichen Tätigkeit, sondern auch aus privatärztlicher Tätigkeit. Nicht zu berücksichtigen dürften hingegen in der Regel Erlöse sein, die der bisherige Praxisinhaber aufgrund von personengebundenen besonderen Qualifikationen oder Berechtigungen erzielt hat. Die "Hinweise" der BÄK und der KÄBV nennen als Beispiele hierfür personenbezogene Abrechnungsgenehmigungen, Gutachtertätigkeit und eine Belegarzttätigkeit. Von dem auf diese Weise ermittelten Umsatz sind die in dem zugrunde gelegten Zeitraum entstandenen Kosten abzuziehen. Dabei sind nur die Kosten zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit dem prognoserelevanten Umsatz entstanden sind.

27

Der verbleibende Gewinn ist wiederum zu mindern um einen kalkulatorischen Unternehmerlohn. Dieser beschreibt die Honorierung für den Arbeitseinsatz des Praxisinhabers (vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 233). Entgegen der Auffassung des LSG geht es bei der Berücksichtigung eines kalkulatorischen Entgelts nicht um die Frage, ob ein materieller Anreiz für die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im Vergleich zur abhängigen Beschäftigung besteht, sondern darum, den auf den Übernehmer nicht übertragbaren Wert des persönlichen Einsatzes des derzeitigen Praxisinhabers in Abzug zu bringen (BGHZ 188, 282, 292). Insofern können sich erhebliche Unterschiede je nach Fachgebiet oder auch Region ergeben. Es wird in der Regel nicht zu beanstanden sein, wenn der Unternehmerlohn pauschalierend in Anlehnung an den TVöD in der jeweils aktuellen Fassung bestimmt wird, wobei auch der Arbeitgeberzuschlag für Lohnnebenkosten zu berücksichtigen ist. Allerdings muss der kalkulatorische Lohn vom Umfang der Tätigkeit des bisherigen Praxisinhabers abhängig sein (BGH aaO; Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO). Das LSG weist zu Recht darauf hin, dass die Berücksichtigung des individuellen kalkulatorischen Lohnes dazu führen kann, dass immaterielle Werte überhaupt keinen Niederschlag mehr finden. Das ist immer dann der Fall, wenn der bisherige Praxisinhaber einen bereinigten Erlös erzielt, der nicht über dem aus abhängiger Beschäftigung zu erzielenden Einkommen liegt. In diesem Fall eröffnet die Praxis aber auch keine übertragbaren Erwerbschancen, die über den persönlichen Einsatz des Inhabers hinausgehen. Soweit die "Hinweise" der BÄK und der KÄBV bei einem Umsatz von weniger als 40 000 Euro generell keinen Abzug eines Unternehmerlohns mehr vorsehen, wird dies nicht begründet.

28

Zur Beantwortung der Frage, welche Prognose für die Gewinnchancen des Praxisübernehmers die Erträge aus der Vergangenheit ermöglichen, bedient sich die Ertragswertmethode des sog Rentenbarwertfaktors. Zu seiner Bestimmung bedarf es ua der Festlegung eines Prognosezeitraums. Maßgeblich dafür ist einerseits die vorgefundene Struktur, andererseits aber auch der erforderliche Zeitaufwand für eine Neugründung. Der in den "Hinweisen" vorgeschlagene Zeitraum für eine Einzelpraxis von zwei Jahren (DÄ 2008, A 2778, 2779, unter 4.8) erscheint für den Regelfall sachgerecht, aber nicht zwingend (Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 159 schlägt vor, bei der Übernahme einer eingeführten psychotherapeutischen Praxis einen Zeitraum von 18 bis 36 Monaten anzunehmen). Weitere Grundlage für den Rentenbarwertfaktor ist der Kapitalisierungszinsfuß, dem als Basiszinssatz regelmäßig der Zinssatz für Bundesanleihen zugrunde liegt, der durch einen Risikozuschlag angepasst wird (vgl BGHZ 188, 282, 296 f).

29

Der Umstand, dass nicht alle Berechnungsschritte, wie etwa die Festlegung des Risikozuschlags, mathematisch genau bestimmt werden können, sondern vielfach auf nur begrenzt verifizierbaren betriebswirtschaftlichen Einschätzungen des Einzelfalls beruhen, disqualifiziert die Ertragswertmethode nicht. Derartige Unsicherheiten haften einer Prognoseentscheidung stets an. Immaterielle Faktoren entziehen sich einer exakten Messbarkeit und sind nur anhand objektivierbarer Anhaltspunkte näherungsweise bestimmbar. Dass im Einzelfall unterschiedliche Ergebnisse entstehen können, stellt die grundsätzliche Eignung der Methode zur Bewertung ärztlicher und psychotherapeutischer Praxen nicht in Frage. Soweit mit Einschätzungen gearbeitet wird, bedürfen diese allerdings einer nachvollziehbaren Begründung.

30

4. Entgegen der Auffassung des LSG kommt den Zulassungsgremien, soweit sie den Verkehrswert zu ermitteln haben, kein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Der Senat bejaht einen Beurteilungsspielraum der Zulassungsinstanzen in Zulassungsangelegenheiten regelmäßig wegen ihrer besonderen Sachkunde und der gruppenpluralen Zusammensetzung (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15 ff mwN). Diese Gesichtspunkte streiten bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht für einen Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Der Verkehrswert ist nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten, für die die Zulassungsgremien nicht aufgrund ihrer Zusammensetzung als in besonderem Maße qualifiziert anzusehen sind. Da aber auch die betriebswirtschaftliche Betrachtung keine einfache Rechenoperation, sondern von zahlreichen Faktoren abhängig und mit Wertungen verbunden ist, ist der Beklagte zu einer Schätzung befugt (so auch Hesral aaO, RdNr 1190). Diese Schätzung muss nachvollziehbar begründet werden. Das bedeutet, dass die Grundlagen festgestellt und alle zu berücksichtigenden Umstände gewürdigt werden müssen (vgl BSGE 62, 5, 8 = SozR 1750 § 287 Nr 1 S 4). Der Tatrichter hat diese Schätzung in vollem Umfang zu überprüfen und ggf zu korrigieren. Das LSG hätte daher, wenn ein Verkehrswert zu ermitteln und die Beurteilung durch den Beklagten fehlerhaft gewesen wäre, eine eigene Schätzung vornehmen müssen.

31

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, 2 und 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 4. vor dem SG und dem LSG die Abweisung der Klage bzw die Zurückweisung der Berufung beantragt hat, waren insoweit auch ihr Kosten aufzuerlegen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. und 5. bis 9. kommt nicht in Betracht, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2010 sowie das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2008 aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2007 wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte den Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2940 Euro festgesetzt hat.

Die Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 4. je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. sowie zu 5. bis 9.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Verkehrswertes für ihre psychotherapeutische Praxis auf 2940 Euro durch den Beklagten.

2

Die 1952 geborene Klägerin war seit April 1999 als Psychologische Psychotherapeutin in T. zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Für diesen Planungsbereich besteht für die Fachgruppe der Psychologischen Psychotherapeuten eine Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung (591 % am 10.10.2007). Die Klägerin erklärte zunächst zum 31.12.2006, später zum 31.7.2007, ihren Verzicht auf ihre Zulassung unter dem Vorbehalt, dass ein Praxisnachfolger ihre Zulassung erhalte. Gleichzeitig beantragte sie die Ausschreibung ihres Vertragsarztsitzes. Um den ausgeschriebenen Sitz bewarben sich ua die Beigeladenen zu 1. bis 3. Die Klägerin schloss mit den Beigeladenen zu 1. und 2. Praxisübergabeverträge für den Fall einer Zulassung ab und vereinbarte mit ihnen einen Kaufpreis von 45 000 Euro. Mit der Beigeladenen zu 3. kam ein Praxisübergabevertrag nicht zustande, weil diese den geforderten Verkaufspreis ablehnte. In seiner Sitzung am 30.1.2007 beschloss der Zulassungsausschuss, die Anträge der Beigeladenen zu 1. und 2. abzulehnen und die Beigeladene zu 3. zur Fortführung der Praxis der Klägerin auszuwählen, die Entscheidung über ihre Zulassung aber zunächst zu vertagen. Die Beigeladene zu 3. sei unter fachlichen Gesichtspunkten die am besten geeignete Bewerberin zur Fortführung der Praxis. Da sie bereit sei, mindestens den Verkehrswert zu zahlen, und das Interesse der Klägerin nur insoweit zu berücksichtigen sei, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes nicht übersteige, habe die Beigeladene zu 3. ausgewählt werden müssen.

3

Gegen diese Entscheidung legten die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs legte die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Kaufmanns B., der den Wert der Praxis mit insgesamt 56 404 Euro bezifferte (3305 Euro materieller Praxiswert, 53 099 Euro immaterieller Praxiswert). Die zu 4. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) vertrat demgegenüber die Ansicht, der Wert der Praxis betrage höchstens 20 000 Euro.

4

In der Sitzung des beklagten Berufungsausschusses vom 12.6.2007 wurde die Verkehrswertfeststellung diskutiert und danach die Sitzung unterbrochen. Anschließend erklärte die Bevollmächtigte der Klägerin, die Beteiligten hätten sich auf einen Verkehrswert in Höhe von 40 000 Euro geeinigt. Der Vorsitzende des Beklagten teilte den Beteiligten sodann mit, dass ein Verkehrswert in Höhe von 40 000 Euro nicht als angemessen iS von § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V angesehen werden könne und Ermittlungen zum Verkehrswert angestellt werden sollten. Die Verhandlung wurde sodann vertagt. Der Beklagte holte eine Stellungnahme der Stadt T. zum Wert der Praxisräume ein sowie ein Gutachten des vereidigten Sachverständigen I. zum Verkehrswert der Praxis. Dieser Gutachter schätzte den Gesamtwert der Praxis auf 35 560 Euro, davon 2940 Euro für den materiellen Wert.

5

In der Sitzung vom 19.12.2007 legte der Beklagte den Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2940 Euro fest und bestätigte die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses. Die Widersprüche der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 1. und 2. wies er zurück, die Zulassungsanträge der Beigeladenen zu 1. und 2. lehnte er ab. Der Beigeladenen zu 3. erteilte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Zulassung für den Vertragsarztsitz B. Er folge dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen B. nicht, weil dieser das vom Ertrag abzuziehende Inhaberentgelt nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und nicht auf der Basis des nunmehr geltenden Tarifvertrages im öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet habe. Dem Gutachten des Sachverständigen I. folge er in der Berechnungsmethode, halte allerdings den Ansatz eines Unternehmerlohns für eine Vollzeittätigkeit in Höhe von 66 192 Euro für erforderlich. Ziehe man diesen Unternehmerlohn von dem Planertrag vor Steuern ab, den der Sachverständige mit 51 179 Euro beziffert habe, ergebe sich ein immaterieller Wert der Praxis von Null. Gleiches gelte, wenn man die Gesamttätigkeit der Klägerin als Teilzeittätigkeit im Umfang von 80 % werte. Es bleibe nur der materielle Verkehrswert in Höhe von 2940 Euro.

6

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.11.2008 abgewiesen. Die Zulassungsgremien dürften auch bei Einigkeit über den Kaufpreis die Übereinstimmung des vereinbarten Kaufpreises mit dem Verkehrswert prüfen und ggf festsetzen. Das LSG hat mit Urteil vom 20.10.2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Gleichzeitig hat es Ziffer 1 des Beschlusses des Beklagten hinsichtlich der Höhe des festgestellten Verkehrswertes aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Höhe des Verkehrswertes der Praxis der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Der Beklagte sei dem Grunde nach berechtigt gewesen, eine Entscheidung über den Verkehrswert der Praxis der Klägerin zu treffen. An eine Einigung der Beteiligten seien die Zulassungsgremien nicht gebunden. Jedenfalls dann, wenn der begründete Verdacht bestehe, dass der zwischen dem Praxisabgeber und den Übernahmebewerbern vereinbarte Praxiswert außerhalb einer plausiblen noch vertretbaren Größenordnung liege, habe der Beklagte den Verkehrswert zu ermitteln und festzusetzen.

7

Die Festsetzung des Verkehrswertes auf 2940 Euro sei jedoch rechtswidrig. Der Beklagte habe den ihm bei der Festsetzung des Verkehrswertes eingeräumten gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum nicht ausgeschöpft und bei der Würdigung der für die Ermittlung des Verkehrswertes maßgeblichen Annahmen die sich aus den eingeholten Gutachten ergebenden Widersprüche nur unvollständig ausgeräumt. Der Beklagte habe hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit der Klägerin außer Betracht gelassen, dass sie tatsächlich in den Jahren 2004 und 2005 nur mit reduzierter Stundenzahl tätig gewesen sei. Auch die außergewöhnliche Jahresurlaubszeit von 12 Wochen habe bei der Bewertung keinen Niederschlag gefunden. Das Ergebnis des Beklagten beruhe letztlich darauf, dass er entsprechend der vom Gutachter I. angewandten sog Ertragswertmethode vorgegangen sei und deshalb bei der Ermittlung des Wertes einen als angemessen erachteten Unternehmerlohn in Abzug gebracht habe. Gerade für die Berechnung des Verkehrswertes im Zusammenhang mit Zulassungsverfahren überzeuge das Vorgehen nach dieser Methode nicht. Der Abzug des Inhaberentgelts beruhe auf der Überlegung, dass eine Praxis nur dann einen Wert für den Übernehmer habe, wenn er damit ebenso viel verdiene wie in dem zuvor ausgeübten Beruf. Damit werde verkannt, dass nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Motive für den Erwerb einer Vertragsarztpraxis maßgebend seien. Der Abzug des Inhaberentgelts führe im vorliegenden Fall zu dem paradoxen Ergebnis, dass gerade bei Einzelpraxen wie der vorliegenden der erwirtschaftete Gewinn, der dem Inhaber in vollem Umfang zur Verfügung stehe und den Gegenwert seiner Tätigkeit darstelle, durch den Abzug eines durchschnittlichen Vergleichseinkommens in abhängiger Beschäftigung bis auf Null zusammenschmelze. Die Berücksichtigung eines Inhaberentgelts sähen zwar auch die Hinweise der Bundesärztekammer (BÄK) zur Bewertung von Arztpraxen vom 9.9.2008 vor. Das von der BÄK präferierte Verfahren trage der dargestellten Problematik aber zumindest in der Weise Rechnung, dass ein Abzug jeweils gestaffelt nach der Höhe des Umsatzes vorgenommen werde und deshalb auch bei kleineren Praxen ein zu bewertender Betrag verbleibe. Gegen die Anwendung der Ertragswertmethode spreche, dass sie mit variablen Größen arbeite, die der individuellen Einschätzung des jeweiligen Sachverständigen unterlägen und nicht objektivierbar seien.

8

Dagegen richten sich die Revisionen der Klägerin und des Beklagten. Die Klägerin trägt zur Be-gründung ihrer Revision vor, das LSG habe verkannt, dass der Verkehrswert der klägerischen Praxis nur so lange für die Auswahl eines Bewerbers entscheidungserheblich sei, als unter den Bewerbern unterschiedliche Kaufpreisvorstellungen bestünden. Das wirtschaftliche Interesse des abgebenden Vertragsarztes sei eingestellt in eine Reihe anderer Auswahlkriterien, und zwar dergestalt, dass zunächst anhand dieser anderen Auswahlkriterien vorrangig die Leistungsfähigkeit und Qualifikation der Bewerber - mit dem Ziel der besten Versorgung der Patienten durch den Nachfolger des abgebenden Vertragsarztes - zu prüfen und über die danach ermittelte Rangfolge eine Vorentscheidung zu treffen sei. Eine Eingriffsbefugnis für die Zulassungsgremien, überhöhte Verkaufspreise zu verhindern, gewähre die gesetzliche Regelung schon nach dem Wortlaut nicht. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, dem abgebenden Vertragsarzt die Möglichkeit zur Verwertung seiner Praxis im gesperrten Planungsbereich zu bewahren und damit dem verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsschutz Genüge zu tun. Nur wenn keine Einigung zwischen dem am besten geeigneten potentiellen Nachfolger und dem ausscheidenden Vertragsarzt über den Kaufpreis erzielt werde, sei der Zulassungsausschuss befugt und verpflichtet, den Verkehrswert zu ermitteln.

Entscheidungsgründe

9

Die Klägerin beantragt,

1.    

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 insoweit aufzuheben, als es die Berufung gegen das Urteil des SG Reutlingen vom 25.11.2008 zurückgewiesen hat,
dieses Urteil aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 insoweit aufzuheben, als hierin der Praxiswert auf 2940 Euro festgesetzt worden ist und

2.    

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,

1.    

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 insoweit aufzuheben, als es den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 über die Höhe des festgestellten Verkehrswertes der Praxis der Klägerin aufgehoben und den Beklagten verpflichtet hat, über die Höhe des Verkehrswertes unter Beachtung der Rechtsauffassung des LSG erneut zu entscheiden, und

2.    

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

11

Der Beklagte rügt zunächst die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Hilfsantrag der Klägerin, ihn - den Beklagten - zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden, habe eine unzulässige Klageänderung dargestellt. Sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil das LSG in der mündlichen Verhandlung keinen rechtlichen Hinweis gegeben habe, dass der festgesetzte Verkehrswert falsch sei. Insbesondere sei nicht die Rede davon gewesen, dass der Sachverhalt nicht vollständig ermittelt sein könnte. In der Sache habe er - der Beklagte - zu Recht den Wert der Praxis nach der Ertragswertmethode ermittelt. Die Angaben der Beigeladenen zu 3. vor dem LSG, dass sie von der Klägerin keine Patienten übernommen und auch keine Zuweisungen aus dem Netzwerk der Klägerin erhalten habe, verdeutlichten, dass die Praxis der Klägerin keinen immateriellen Wert gehabt habe.

12

Die Beigeladene zu 3. trägt vor, mangels einer unmittelbar privatrechtsgestaltenden Wirkung der Feststellung des Praxiswertes durch den Beklagten sei die Klägerin allenfalls mittelbar über § 141 Abs 1 Nr 1 SGG in ihren Rechten verletzt. Die besondere Bindung der Patienten an den Therapeuten stehe bereits im Ansatz der Berücksichtigung von Goodwill bei der Wertbestimmung einer psychotherapeutischen Praxis entgegen. Ungeachtet dessen zähle die Ertragswertmethode zu den anerkannten Bewertungsverfahren für eine freiberufliche Praxis. Bei jeder Ermittlung des Praxiswertes sei ein Unternehmerlohn in Abzug zu bringen, der allerdings in unterschiedlicher Weise ermittelt werden könne. Wenn der Beklagte sich bei der Berechnung des Inhaberentgelts an dem konkreten Tätigkeitsumfang der Klägerin orientiert habe, sei dies sachgerecht. Es sei insoweit auch kein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt worden. Zu Recht seien sämtliche Tätigkeiten der Klägerin zur Bemessung des Umfangs ihrer Arbeitsleistung herangezogen worden.

13

II. Die Revision der Klägerin ist begründet, die Revision des Beklagten ist unbegründet.

14

1. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht bereits wegen Verfahrensmängeln aufzuheben. Der Hilfsantrag der Klägerin, den Beklagten zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verurteilen, stellt keine Klageänderung dar, sondern lediglich eine Einschränkung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes, die nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG nicht als Klageänderung gilt(BSGE 91, 182 = SozR 4-3300 § 82 Nr 1, RdNr 13).

15

Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör aus § 62 SGG scheidet bereits deshalb aus, weil das Gericht nicht verpflichtet ist, darauf hinzuweisen, dass in einer bestimmten Weise entschieden werde. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG Beschlüsse vom 2.11.2011 - B 12 KR 34/11 B - juris RdNr 8, vom 17.8.2011 - B 6 KA 18/11 B - GesR 2011, 682 und vom 7.4.2011 - B 9 VJ 3/10 B - juris RdNr 9 f; SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3; BVerfGE 87, 1, 33; 86, 133, 144 f; 74, 1, 5; 66, 116, 147). Art 103 Abs 1 GG gebietet lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190). Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Da die Bestimmung des Verkehrswertes der psychotherapeutischen Praxis der Klägerin anhand der vorliegenden Gutachten und der darin angewandten Methoden Streitgegenstand im gesamten Verfahren gewesen ist, die Vorteile und Nachteile der verschiedenen Methoden auch nach dem Vortrag des Beklagten ausdrücklich vor dem LSG thematisiert worden sind, ist eine Überraschung des Beklagten durch die Ausführungen des LSG nicht nachvollziehbar.

16

2. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte nicht berechtigt war, den Verkehrswert der Praxis der Klägerin festzusetzen. Für eine Feststellung des Verkehrswertes iS des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V(in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378) bestand angesichts der Einigung der Klägerin mit den Beigeladenen zu 1. bis 3. von vornherein kein Anlass.

17

Die Regelungen des § 103 Abs 4 SGB V über die Praxisnachfolge hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Neuregelungen über die Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen getroffen(s Art 1 Nr 58 ff Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266, mit der Neufassung des § 103 SGB V in Art 1 Nr 60). Wenn für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet worden sind (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V), kann dort kein Arzt mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Eine Ausnahme davon lässt das Gesetz nur zu, wenn auf Antrag eines ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben dessen Vertragsarztsitz ausgeschrieben und ein Praxisnachfolger ausgewählt wird (§ 103 Abs 4 SGB V; zum Zulassungsverzicht unter der Bedingung bestandskräftiger Nachbesetzung vgl Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - RdNr 14 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das Verfahren der Nachbesetzung ist mehrstufig ausgestaltet. Nach § 103 Abs 4 SGB V wird, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, auf Antrag der frei gewordene Vertragsarztsitz durch die KÄV ausgeschrieben(aaO Satz 1 und 2). Dann erfolgen die Auswahl und Zulassung eines Bewerbers durch den Zulassungsausschuss (aaO Abs 4 Satz 3 bis 5 und Abs 5 Satz 3). Nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V hat der Zulassungsausschuss im Nachbesetzungsverfahren unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde (aaO Satz 5). Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt (aaO Satz 6). Die Vorschrift gilt gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auch für Psychologische Psychotherapeuten. In der Begründung zu § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V heißt es(BT-Drucks 12/3608 S 99): "Satz 6 trägt den schutzwürdigen Interessen des ausscheidenden Kassenarztes oder seiner Erben Rechnung. Es soll ausgeschlossen werden, dass sich durch die erhöhte Nachfrage nach Kassenpraxen und der mit der Praxisübernahme verbundenen Kassenzulassung der Kaufpreis für die Praxis ungerechtfertigt erhöht."

18

Damit ist klargestellt, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes bei der Entscheidung des Zulassungsausschusses nur insoweit eine Rolle spielen sollen, als der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert nicht übersteigt. Der Zulassungsausschuss soll aus einer Mehrheit von Bewerbern nicht denjenigen auswählen müssen, der den höchsten Kaufpreis zahlt. Lässt der Praxisabgeber die Übergabe scheitern, weil er keinen Kaufpreis oberhalb des Verkehrswertes erzielen kann, hat er kein Recht auf Wiederholung der Ausschreibung (vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 21). Andererseits sind die wirtschaftlichen Interessen des Abgebenden insoweit geschützt, als nur die Bewerber in die Auswahl einbezogen werden müssen, die bereit sind, den Verkehrswert als Kaufpreis zu zahlen. Zu dieser Konzeption der Nachfolgezulassung enthält auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz ) keine Änderung. Die Begründung zu dem erstmalig vorgesehenen Vorkaufsrecht der KÄVen bei der Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen nimmt vielmehr ausdrücklich auf die Regelung des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V(seit dem 1.1.2009 Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426 - im Gesetzentwurf zum GKV-VStG infolge der Einfügung eines weiteren Satzes als Satz 8 bezeichnet) Bezug und betont, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bei Ausübung des Vorkaufsrechts in derselben Weise geschützt werden wie bei dem Verkauf der Praxis an einen Nachfolger (BT-Drucks 17/6906 S 23 und 76; zum Schutz dieser Interessen vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 19 mwN).

19

Der Senat hat zu § 103 Abs 4 SGB V ausgeführt, dass es bei der Übergabe einer vertragsärztlichen Praxis notwendig zu einem Ineinandergreifen von nicht übertragbarer öffentlich rechtlicher Zulassung mit dem darauf gegründeten Vertragsarztsitz und privatrechtlich übertragbarer Arztpraxis als Vermögensgegenstand kommt(vgl BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Dieses Ineinandergreifen habe jedoch nicht zur Konsequenz, dass zwischen Praxis und vertragsärztlicher Zulassung bzw Vertragsarztsitz nicht mehr zu unterscheiden wäre (vgl dazu auch BFHE 234, 286). Gegenstand des in § 103 Abs 4 SGB V geregelten Nachbesetzungsverfahrens könne lediglich die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit an einem bestimmten Ort sein. Die Entscheidung des Zulassungsausschusses, welcher von mehreren geeigneten Bewerbern als Nachfolger ausgewählt werden soll (§ 103 Abs 4 Satz 3 SGB V), habe deshalb nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen werde. Durch diesen Zulassungsakt werde der vom Zulassungsausschuss als Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes ausgewählte Bewerber nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setze vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw seinen Erben voraus. Die Beigeladene zu 3. weist zu Recht darauf hin, dass § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V keine Rechtsgrundlage für die Zulassungsgremien bietet, in diesen privatrechtlichen Vertrag rechtsgestaltend einzugreifen. Der im Übernahmevertrag vereinbarte Kaufpreis bedarf nicht etwa einer Genehmigung. Die Zulassungsgremien haben lediglich über die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entscheiden und dabei die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes bis zur Höhe des Verkehrswertes zu berücksichtigen. Sofern sie einen Verkehrswert festsetzen, kann der ausscheidende Vertragsarzt bzw seine Erben durch die Limitierung des im Zulassungsverfahren als schützenswert anzusehenden wirtschaftlichen Interesses materiell beschwert sein.

20

Der Senat hat weiter unter Hinweis auf die Begründungen im Gesetzgebungsverfahren zum Regelungszweck ausgeführt, es habe den Erfordernissen des Eigentumsschutzes dadurch Rechnung getragen werden sollen, dass dem Inhaber einer Praxis deren wirtschaftliche Verwertung auch in einem für Neuzulassungen gesperrten Gebiet ermöglicht werde (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 12/3937 S 7; vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 19 mwN; kritisch zum Umfang des Eigentumsschutzes hingegen Steiner, Verfassungsfragen des Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs 4 SGB V, NZS 2011, 681, 682 f). Der Gesetzgeber habe die Fortsetzung eines an sich unerwünschten Zustandes der Überversorgung nach der Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes nur deshalb hingenommen, weil andernfalls ein ausscheidender Vertragsarzt bzw seine Erben keine Möglichkeit hätten, die oft einen erheblichen Wert repräsentierende Praxis zu verwerten. Regelmäßig würde sich ein Arzt für die Übernahme einer (auch) vertragsärztlichen Praxis nicht interessieren, sofern er für den jeweiligen Vertragsarztsitz keine Zulassung erhalten könnte. Der die Vorschriften über die vertragsärztliche Bedarfsplanung prägende Grundsatz, wonach Überversorgung zu vermeiden und soweit möglich abzubauen ist, trete dann zurück, wenn und soweit die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bzw seiner Erben sowie die vom Gesetzgeber ebenfalls für schutzwürdig gehaltenen Belange der verbleibenden Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis (vgl § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V sowie BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 23 f; vgl auch Senatsurteil - B 6 KA 13/11 R - aaO RdNr 23 mwN) die Erteilung einer Zulassung in einen gesperrten Gebiet als geboten erscheinen lassen.

21

Ist mithin das Verwertungsinteresse des ausscheidenden Vertragsarztes Schutzgut des § 103 Abs 4 Satz 6 SGB V, so ist diesem Interesse Genüge getan, wenn eine Einigung des bisherigen Praxisinhabers mit den Bewerbern über den Kaufpreis erzielt worden ist. In diesem Fall sind unabhängig von der Höhe des vereinbarten Kaufpreises wirtschaftliche Belange des Ausscheidenden nicht weiter zu berücksichtigen. Es ist augenfällig, dass in einer Situation, in der - wie hier - alle Bewerber zur Zahlung des gleichen Preises bereit sind, der Kaufpreis bei der dem Zulassungsausschuss allein obliegenden Auswahl unter den Bewerbern keine Rolle mehr spielen kann. Erst wenn keine Einigung zwischen dem Veräußerer und dem am besten geeigneten Bewerber über den Kaufpreis erzielt wird, stellt sich für die Zulassungsgremien die Frage des Verkehrswertes (vgl Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 1180). In dieser Situation ergibt sich die Notwendigkeit, die Berechtigung der Kaufpreisforderung des Veräußerers zu überprüfen und die Höhe des Verkehrswertes von Amts wegen zu ermitteln. Auch der auf diesem Wege festgestellte Verkehrswert gestaltet nicht die privatrechtliche Vereinbarung, sondern dient lediglich der Feststellung, zu welcher Zahlung ein möglicher Nachfolger mindestens bereit sein muss. Da diese Feststellung betriebswirtschaftliche Berechnungen erfordert, werden die Zulassungsgremien sich regelmäßig externen Sachverstandes bedienen müssen, sei es durch Einholung einer sachverständigen Stellungnahme der Beigeladenen zu 4. oder durch Einholung des Gutachtens eines geeigneten Sachverständigen. Danach bestand in der hier zu beurteilenden Situation eines Konsenses zwischen Praxisabgeber und allen Übernahmeinteressenten über den Praxiswert kein Anlass zu weiteren Ermittlungen.

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3. In welcher Weise der Verkehrswert einer Praxis zu ermitteln ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Senat sieht zur Ermittlung des Verkehrswertes in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 188, 282) eine modifizierte Ertragswertmethode als grundsätzlich geeignet an, wie sie auch von den Sachverständigen B. und I. angewandt worden ist (zum Begriff vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt, Abgabe, Kauf und Bewertung psychotherapeutischer Praxen, 2008, S 149 ff). Dabei wird neben dem Substanzwert einer Praxis, dh dem Zeitwert der bewertbaren Wirtschaftsgüter (zum Begriff vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 145), der immaterielle Wert in Form eines Goodwill berücksichtigt. Auch die von Juristen der Ärztekammern und betriebswirtschaftlichen Beratern der KÄVen erarbeiteten "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" vom 9.9.2008 legen eine ertragswertorientierte Methode unter Berücksichtigung der Kosten zugrunde (DÄ 2008, A 2778, 2780). Eine Bemessung allein nach dem Substanzwert lässt zu Unrecht den auch bei psychotherapeutischen Praxen vorhandenen immateriellen Wert einer Praxis unberücksichtigt.

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a) Die Annahme eines immateriellen Wertes bei psychotherapeutischen Praxen ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil eine besondere Abhängigkeit des Ertrags von der Person des Praxisinhabers besteht. Für alle Arztpraxen gilt, dass ihr die Person des Inhabers das Gepräge gibt. In den "Hinweisen zur Bewertung von Arztpraxen" ist zu Recht ausgeführt, dass der ideelle Wert einer Praxis seinem Wesen nach etwas anderes ist als der Geschäftswert eines gewerblichen Unternehmens. Vertragsärzte erbringen immer eine höchstpersönliche Leistung (vgl § 15 Abs 1 Satz 1 Bundemantelvertrag-Ärzte, § 14 Abs 1 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen), der Grad der Bindung der Patienten an die Person des Arztes ist lediglich in den einzelnen Arztgruppen unterschiedlich ausgeprägt. Die Bedeutung der Person des bisherigen Praxisinhabers ist umso größer, je enger die Bindung zwischen Behandler und Patient in einer Fachgruppe typischerweise ist. Auch wenn die Bindung im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung, insbesondere einer psychoanalytischen Behandlung, als besonders eng anzusehen ist, schließt das einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert einer Praxis nicht aus. Dieser kann sich etwa aus Faktoren wie der Infrastruktur des Standortes, der Art und Zusammensetzung des Patientenstamms, der Konkurrenzsituation, einer etwaigen Warteliste sowie dem Ruf und Ansehen des bisherigen Praxisinhabers und seiner Vernetzung etwa mit potentiellen Überweisern ergeben (vgl BGHZ 188, 282, 290 f). Auch eine psychotherapeutische Praxis wird als Wirtschaftsgut höher eingeschätzt, als es ihrem reinen Substanzwert entspricht (vgl Stellpflug, Niederlassung für Psychotherapeuten, 2005, RdNr 162; Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 129 ff).

24

b) Der immaterielle Wert ist nicht anhand von typisierten, sondern anhand der individuellen Praxisverhältnisse zu berechnen. Dementsprechend erheben auch die eher schematischen "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" der BÄK und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) nicht den Anspruch, Grundlage für eine abschließende Beurteilung im Einzelfall sein zu können.

25

Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn der immaterielle Wert grundsätzlich anhand der durchschnittlichen Erträge in der Vergangenheit unter Abzug eines Unternehmerlohns ermittelt wird (vgl BGHZ 188, 282, 291). Die durchschnittlich in der Vergangenheit erzielten Erträge sind eine geeignete Grundlage für die Prognose, welche zukünftigen Erwerbschancen durch den Kauf der Praxis eröffnet werden. Bei der Analyse der Vergangenheit ist ein angemessener Zeitraum festzulegen, der eine realistische Aussage zum Bewertungszeitpunkt ermöglicht. Ein Zeitraum von drei Jahren, wie er hier von beiden Sachverständigen zugrunde gelegt worden ist, erscheint insofern notwendig, aber auch ausreichend, um Schwankungen und bewusste Steigerungen kurz vor dem Bewertungszeitpunkt auszugleichen. Auch in den "Hinweisen" der BÄK und KÄBV wird der durchschnittliche Jahresumsatz aus den letzten drei Kalenderjahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalles zugrunde gelegt (DÄ 2008, A 2778, 2779, unter 4.3).

26

Zu berücksichtigen sind sämtliche Erlöse, die der bisherige Inhaber mit der Praxis erzielt hat, mithin nicht nur die Erlöse aus der vertragsärztlichen Tätigkeit, sondern auch aus privatärztlicher Tätigkeit. Nicht zu berücksichtigen dürften hingegen in der Regel Erlöse sein, die der bisherige Praxisinhaber aufgrund von personengebundenen besonderen Qualifikationen oder Berechtigungen erzielt hat. Die "Hinweise" der BÄK und der KÄBV nennen als Beispiele hierfür personenbezogene Abrechnungsgenehmigungen, Gutachtertätigkeit und eine Belegarzttätigkeit. Von dem auf diese Weise ermittelten Umsatz sind die in dem zugrunde gelegten Zeitraum entstandenen Kosten abzuziehen. Dabei sind nur die Kosten zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit dem prognoserelevanten Umsatz entstanden sind.

27

Der verbleibende Gewinn ist wiederum zu mindern um einen kalkulatorischen Unternehmerlohn. Dieser beschreibt die Honorierung für den Arbeitseinsatz des Praxisinhabers (vgl Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 233). Entgegen der Auffassung des LSG geht es bei der Berücksichtigung eines kalkulatorischen Entgelts nicht um die Frage, ob ein materieller Anreiz für die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im Vergleich zur abhängigen Beschäftigung besteht, sondern darum, den auf den Übernehmer nicht übertragbaren Wert des persönlichen Einsatzes des derzeitigen Praxisinhabers in Abzug zu bringen (BGHZ 188, 282, 292). Insofern können sich erhebliche Unterschiede je nach Fachgebiet oder auch Region ergeben. Es wird in der Regel nicht zu beanstanden sein, wenn der Unternehmerlohn pauschalierend in Anlehnung an den TVöD in der jeweils aktuellen Fassung bestimmt wird, wobei auch der Arbeitgeberzuschlag für Lohnnebenkosten zu berücksichtigen ist. Allerdings muss der kalkulatorische Lohn vom Umfang der Tätigkeit des bisherigen Praxisinhabers abhängig sein (BGH aaO; Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO). Das LSG weist zu Recht darauf hin, dass die Berücksichtigung des individuellen kalkulatorischen Lohnes dazu führen kann, dass immaterielle Werte überhaupt keinen Niederschlag mehr finden. Das ist immer dann der Fall, wenn der bisherige Praxisinhaber einen bereinigten Erlös erzielt, der nicht über dem aus abhängiger Beschäftigung zu erzielenden Einkommen liegt. In diesem Fall eröffnet die Praxis aber auch keine übertragbaren Erwerbschancen, die über den persönlichen Einsatz des Inhabers hinausgehen. Soweit die "Hinweise" der BÄK und der KÄBV bei einem Umsatz von weniger als 40 000 Euro generell keinen Abzug eines Unternehmerlohns mehr vorsehen, wird dies nicht begründet.

28

Zur Beantwortung der Frage, welche Prognose für die Gewinnchancen des Praxisübernehmers die Erträge aus der Vergangenheit ermöglichen, bedient sich die Ertragswertmethode des sog Rentenbarwertfaktors. Zu seiner Bestimmung bedarf es ua der Festlegung eines Prognosezeitraums. Maßgeblich dafür ist einerseits die vorgefundene Struktur, andererseits aber auch der erforderliche Zeitaufwand für eine Neugründung. Der in den "Hinweisen" vorgeschlagene Zeitraum für eine Einzelpraxis von zwei Jahren (DÄ 2008, A 2778, 2779, unter 4.8) erscheint für den Regelfall sachgerecht, aber nicht zwingend (Mittelstaedt in Rüping/Mittelstaedt aaO, S 159 schlägt vor, bei der Übernahme einer eingeführten psychotherapeutischen Praxis einen Zeitraum von 18 bis 36 Monaten anzunehmen). Weitere Grundlage für den Rentenbarwertfaktor ist der Kapitalisierungszinsfuß, dem als Basiszinssatz regelmäßig der Zinssatz für Bundesanleihen zugrunde liegt, der durch einen Risikozuschlag angepasst wird (vgl BGHZ 188, 282, 296 f).

29

Der Umstand, dass nicht alle Berechnungsschritte, wie etwa die Festlegung des Risikozuschlags, mathematisch genau bestimmt werden können, sondern vielfach auf nur begrenzt verifizierbaren betriebswirtschaftlichen Einschätzungen des Einzelfalls beruhen, disqualifiziert die Ertragswertmethode nicht. Derartige Unsicherheiten haften einer Prognoseentscheidung stets an. Immaterielle Faktoren entziehen sich einer exakten Messbarkeit und sind nur anhand objektivierbarer Anhaltspunkte näherungsweise bestimmbar. Dass im Einzelfall unterschiedliche Ergebnisse entstehen können, stellt die grundsätzliche Eignung der Methode zur Bewertung ärztlicher und psychotherapeutischer Praxen nicht in Frage. Soweit mit Einschätzungen gearbeitet wird, bedürfen diese allerdings einer nachvollziehbaren Begründung.

30

4. Entgegen der Auffassung des LSG kommt den Zulassungsgremien, soweit sie den Verkehrswert zu ermitteln haben, kein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Der Senat bejaht einen Beurteilungsspielraum der Zulassungsinstanzen in Zulassungsangelegenheiten regelmäßig wegen ihrer besonderen Sachkunde und der gruppenpluralen Zusammensetzung (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15 ff mwN). Diese Gesichtspunkte streiten bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht für einen Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Der Verkehrswert ist nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten, für die die Zulassungsgremien nicht aufgrund ihrer Zusammensetzung als in besonderem Maße qualifiziert anzusehen sind. Da aber auch die betriebswirtschaftliche Betrachtung keine einfache Rechenoperation, sondern von zahlreichen Faktoren abhängig und mit Wertungen verbunden ist, ist der Beklagte zu einer Schätzung befugt (so auch Hesral aaO, RdNr 1190). Diese Schätzung muss nachvollziehbar begründet werden. Das bedeutet, dass die Grundlagen festgestellt und alle zu berücksichtigenden Umstände gewürdigt werden müssen (vgl BSGE 62, 5, 8 = SozR 1750 § 287 Nr 1 S 4). Der Tatrichter hat diese Schätzung in vollem Umfang zu überprüfen und ggf zu korrigieren. Das LSG hätte daher, wenn ein Verkehrswert zu ermitteln und die Beurteilung durch den Beklagten fehlerhaft gewesen wäre, eine eigene Schätzung vornehmen müssen.

31

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, 2 und 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 4. vor dem SG und dem LSG die Abweisung der Klage bzw die Zurückweisung der Berufung beantragt hat, waren insoweit auch ihr Kosten aufzuerlegen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. und 5. bis 9. kommt nicht in Betracht, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.