Tatbestand

1

Umstritten ist die Berechtigung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), dem klagenden Vertragsarzt die Vergütung für eine Substitutionsbehandlung zu versagen.

2

Der 1940 geborene und bis Ende 2007 als Arzt ohne Gebietsbezeichnung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger verfügte über die Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Methadon-Substitutionsbehandlungen bei manifest Opiatabhängigen. Seit 1995 führte er bei dem Versicherten G. H. eine Substitutionsbehandlung durch, die G. H. zu Beginn des Jahres 2005 von sich aus beendete. Nachdem G. H. zwischenzeitlich bei einem anderen Arzt in Behandlung gewesen war, meldete ihn der Kläger im Juli 2005 erneut zur Substitutionsbehandlung an. Die Beklagte ließ eine Evaluierung des Behandlungsfalls durch ihre Qualitätssicherungskommission durchführen. Diese gelangte auf der Grundlage der mitgeteilten Befunde und der Angaben des Klägers zu der Auffassung, die Substitutionsbehandlung könne wegen des hohen Benzodiazepin-Konsums des Versicherten G. H. nicht weitergeführt werden.

3

Mit Bescheid vom 16.1.2006 gab die Beklagte dem Kläger auf, die Substitutionsbehandlung des Versicherten durch Ausschleichen spätestens bis zum 13.2.2006 zu beenden. Danach werde eine Vergütung der Substitutionsbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr erfolgen.

4

Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als dem Kläger aufgegeben wurde, die Substitutionsbehandlung des Versicherten zu beenden. Für eine derartige Regelung bestehe zumindest seit der Neufassung der Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen (Substitutions-RL) zum 1.1.2003 keine Grundlage mehr. Die KÄV dürfe nicht unmittelbar durch Verwaltungsakt in das Rechtsverhältnis zwischen einem Vertragsarzt und dem Versicherten eingreifen. Soweit die Beklagte dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid aber zugleich mitgeteilt habe, nach dem Ablauf des 13.2.2006 werde die Substitutionsbehandlung vertragsärztlich nicht mehr vergütet, sei diese Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Fortführung der Substitutionsbehandlung habe der nach wie vor bestehende hohe Beikonsum des Versicherten hinsichtlich eines anderen Suchtstoffs entgegengestanden. Der Kläger habe mehrere Wochen Zeit gehabt, mit dem betroffenen Versicherten sowie mit potenziellen Kostenträgern zu klären, ob die Substitution auf anderer Rechtsgrundlage als derjenigen einer Behandlung zu Lasten der Krankenkasse fortgeführt werden könne (Urteil vom 11.3.2009).

5

Nur der Kläger hat Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung der Substitutions-RL. Die Annahme des LSG, zwar dürfe die KÄV einen Vertragsarzt nicht durch Verwaltungsakt auffordern, die Substitutionsbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten zu beenden, gleichwohl sei sie aber berechtigt, die Vergütung für eine solche Substitutionsbehandlung zu versagen, sei widersprüchlich. Aus der allein maßgeblichen Perspektive des Versicherten mache es keinen Unterschied, ob die KÄV dem substituierenden Arzt untersage, die Behandlung als vertragsärztliche Behandlung fortzuführen, oder ob sie ihm ankündige, ab einem bestimmten Termin die Behandlung nicht mehr zu honorieren. Die Reaktion des Arztes sei in beiden Varianten die gleiche, nämlich die Beendigung der Behandlung; ein heroinabhängiger Patient verfüge typischerweise nicht über die Mittel, die Behandlung privat zu bezahlen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht unter Hinweis auf die Ausführungen der Qualitätssicherungskommission der Beklagten angenommen, die Substitutionsbehandlung des G. H. hätte über den 13.2.2006 hinaus nicht fortgeführt werden dürfen. Zwar habe dieser Versicherte weiterhin Benzodiazepin konsumiert, weil er anders seine Schlafstörungs- und Unruhezustände nicht habe beherrschen können, doch sei das nach dem einhellig vertretenen Standpunkt der medizinischen Wissenschaft kein Grund, eine für den Versicherten lebensnotwendige Substitutionsbehandlung nicht fortzuführen. Das Berufungsurteil beruhe auch auf einer Verletzung des Art 12 Abs 1 GG sowie der Berufsordnung für Ärzte, weil es der KÄV das Recht gebe, mittelbar über die Art und Weise der Behandlung eines Versicherten zu entscheiden. Nach der einschlägigen Richtlinie der Bundesärztekammer über Drogensubstitution entscheide allein der Arzt über die Fortführung einer medizinischen Behandlung und dürfe nach ärztlichem Berufsrecht insoweit keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen. Schließlich habe das LSG § 9 der Substitutions-RL sowie die Regelung der KÄV Hessen zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Rahmen der substitutionsgeschützten Behandlung Opiatabhängiger vom Juli 2004 falsch angewandt.

6

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Hessischen LSG vom 11.3.2009 insoweit aufzuheben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Marburg vom 22.8.2007 zurückgewiesen worden ist, und auf die Berufung des Klägers dieses Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2007 insgesamt aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen

8

Sie verweist darauf, dass sie nach den Abrechnungsbestimmungen ihres Honorarverteilungsmaßstabs berechtigt sei, Leistungen von der Abrechnung auszuschließen, wenn die vorgeschriebenen Abrechnungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Leistungen, die ohne die entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen erbracht worden seien, dürfe bzw müsse sie sachlich rechnerisch richtigstellen. Das geschehe durch Verwaltungsakt. Deshalb sei sie auch berechtigt, vorab durch Verwaltungsakt vertragsärztliche Leistungen von der Honorierung auszunehmen, wenn sie diese ohnehin nicht vergüten dürfe. Auch in der Sache habe das Berufungsgericht zutreffend entschieden. Die Substitutionsbehandlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dürfe nur im Rahmen der dazu erlassenen Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bzw des Gemeinsamen Bundesausschusses durchgeführt werden. Behandlungen, die dieser Richtlinie nicht (mehr) entsprächen, dürften nicht als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung honoriert werden. Das gelte unabhängig davon, ob ihre Fortführung mit ärztlichem Berufsrecht in Übereinstimmung stehe oder nicht.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist - soweit der Senat darüber auf die nur vom Kläger eingelegte Revision zu entscheiden hat - nicht rechtswidrig.

10

1. Nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V in der seit dem 1.1.2004 geltenden Fassung stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Gegenstand des Richtigstellungsverfahrens ist, die Abrechnung des Vertragsarztes auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - zu überprüfen. Auf der Grundlage dieses nunmehr in § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V kodifizierten und zuvor in § 45 Abs 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte-Ersatzkassen geregelten Prüfungs- und Richtigstellungsrechts klärt die KÄV die Übereinstimmung der vertragsärztlichen Abrechnung mit allen maßgeblichen Vorschriften, also nicht nur mit den Leistungstatbeständen der vertragsärztlichen Gebührenordnungen, sondern prüft etwa auch die Beachtung der Fachgebietsgrenzen bei vertragsärztlichen Leistungen, das Vorliegen von Genehmigungserfordernissen und die Erfüllung von Qualitätsvorgaben(vgl zuletzt BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15, und BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13, 16, 21 sowie Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 21/09 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beklagte auf dieser Rechtsgrundlage berechtigt ist, die Abrechnung der Substitutionsleistungen, die der Kläger in der Zeit nach dem 13.2.2006 durchführte, richtigzustellen und zu Unrecht gezahltes vertragsärztliches Honorar gegebenenfalls zurückzufordern, soweit er die Substitutionsbehandlung nicht im Einklang mit den maßgeblichen gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorschriften durchführte. § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V setzt als selbstverständlich und typisch voraus, dass vertragsärztliche Leistungen zunächst erbracht werden und im Anschluss an die Vorlage der Quartalsabrechnung durch den Vertragsarzt die Prüfung bei der KÄV vorgenommen wird.

11

In besonders gelagerten Fällen können nach der Rechtsprechung des Senats indessen Bestandteile der Honorarabrechnung losgelöst vom konkreten Honorarbescheid für ein bestimmtes Quartal zum Gegenstand von Entscheidungen der KÄV gemacht werden, soweit sie sich auf abgrenzbare Fragen beziehen und für mehrere Quartale von Bedeutung sind (vgl BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das hat praktische Bedeutung für die Fachfremdheit bestimmter Leistungen, soweit diese zwischen dem Vertragsarzt und seiner KÄV umstritten ist, weiterhin für die Frage, ob bestimmte Leistungen einem Genehmigungsvorbehalt nach Qualitätssicherungsvereinbarungen auf der Grundlage des § 135 Abs 2 SGB V unterliegen und ggf, ob der betroffene Vertragsarzt die Voraussetzungen für die Erbringung der entsprechenden Leistungen nachgewiesen hat. Im Interesse der Begrenzung des Streitstoffs bei der Anfechtung von Honorarberichtigungen und der ökonomischen Steuerung und Entlastung der Verfahren von immer wiederkehrenden Streitfragen hat der Senat es gebilligt, dass bestimmte Grundfragen der Honorarabrechnung gleichsam vor die Klammer gezogen und zum Gegenstand eines eigenen Verwaltungsverfahrens gemacht werden (Urteil vom 3.2.2010, aaO, zur Einbeziehung von Nephrologen in das System der Regelleistungsvolumina). Von dieser Möglichkeit hat die KÄV hier sinngemäß mit dem Bescheid vom 16.1.2006 Gebrauch gemacht und dem Kläger mit einer Frist von knapp vier Wochen mitgeteilt, dass sie Substitutionsbehandlungen bei dem Versicherten G. H. ab dem 13.2.2006 nicht mehr für vergütungsfähig hält. Durch diese Entscheidung ist der Kläger insoweit (auch) begünstigt, als er rechtzeitig vor der Leistungserbringung den Standpunkt der Beklagten erfahren hat, sich darauf einstellen kann und nicht dem Risiko ausgesetzt ist, dass erst Monate nach der Leistungserbringung seine Abrechnung richtiggestellt und Honorar zurückgefordert wird.

12

2. Für die Vorabentscheidung der Beklagten über die Berechnungsfähigkeit der Substitutionsleistungen des Klägers gegenüber dem Versicherten G. H. über den 13.2.2006 hinaus und für eine nachträgliche Richtigstellung von (unterstellt) weiterhin erbrachten Substitutionsleistungen gelten dieselben rechtlichen Maßstäbe. Leistungen, die den maßgeblichen vertragsärztlichen Vorschriften nicht entsprechen, dürfen Vertragsärzte nicht erbringen und die KÄVen dürfen sie nicht honorieren. Zutreffend hat das LSG dazu dargelegt, dass Substitutionsleistungen des Klägers gegenüber dem intravenös heroinabhängigen Versicherten G. H. über den 13.2.2006 hinaus von der Beklagten nicht zu vergüten sind. Die Fortsetzung der Behandlung hätte nämlich im Widerspruch zu § 8 Nr 3 der Anlage A Nr 2("substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger") der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V (im Folgenden: Substitutions-RL) gestanden. Nach dieser Vorschrift ist die Substitution zu beenden, wenn der Gebrauch von Suchtstoffen neben der Substitution ausgeweitet oder verfestigt wird.

13

Die Bestimmungen der Substitutions-RL sind nach § 91 Abs 6 SGB V für den klagenden Vertragsarzt, die beklagte KÄV, die Krankenkasse des Versicherten G. H. sowie diesen selbst verbindlich. Die Vorschriften der Substitutions-RL, die als Anlage zu einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V erlassen worden sind, stehen - soweit das hier von Bedeutung ist - mit höherrangigem Recht im Einklang(vgl näher BSG vom 6.11.2002 - B 6 KA 39/01 R - USK 2002-100, S 607, 610 ff, zur bis Ende 2002 geltenden Fassung der Substitutions-RL sowie grundlegend BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6). Das bedarf hier keiner näheren Ausführungen, weil die Beteiligten dies nicht in Frage stellen.

14

Aus der Präambel der Substitutions-RL ergibt sich, dass die Krankenbehandlung iS des § 27 SGB V auch die Behandlung von Suchterkrankungen umfasst, dass aber das alleinige Ersetzen des Opiates durch ein Substitutionsmittel keine Behandlungsmethode darstellt und von der Leistungspflicht der Krankenversicherung nicht umfasst ist. Daran hat sich auch durch die Aufnahme der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung in die Leistungspflicht der Krankenversicherung als Folge der Neufassung der Substitutions-RL durch Beschluss des G-BA vom 18.3.2010 (BAnz Nr 85 vom 11.6.2010) nichts geändert. Der verbindlichen Zielvorgabe in der Präambel trägt ua § 9 Abs 5 Substitutions-RL Rechnung. Danach hat der Arzt bei allen Substitutionsbehandlungen gemäß dieser Richtlinie mit Ablauf von jeweils fünf Behandlungsjahren die patientenbezogenen Dokumentationen gemäß § 7 mit den jeweiligen umfassenden Therapiekonzepten und den Behandlungsdokumentationen an die Qualitätssicherungskommission zur Prüfung zu übermitteln. Diese Qualitätssicherungskommissionen werden nach § 9 Abs 1 Satz 1 Substitutions-RL bei den KÄVen eingerichtet. Die Verpflichtung zur Vorlage aller Dokumentationen bei einer Substitutionsdauer von mehr als fünf Jahren dient der Überprüfung, ob nach Ablauf dieses Zeitpunktes das Behandlungsziel der Drogenfreiheit mit dem vom Arzt praktizierten Behandlungskonzept auf der Basis der persönlichen Situation des Versicherten noch erreicht werden kann. Entsprechend dieser Vorschrift teilte der Kläger, der den Versicherten G. H. von 1995 bis Ende des Jahres 2004 schon zehn Jahre substituiert hatte, der Beklagten dessen Wiedereinstieg in eine methadongestützte Substitution mit. Daraufhin hat die Qualitätssicherungskommission der Beklagten auf der Grundlage der Angaben des Klägers zum bisherigen Behandlungsverlauf, zum derzeitigen Gesundheitszustand des Versicherten G. H. und zu dessen Suchtstoffkonsum den Sachverhalt beurteilt und ist zu der Einschätzung gelangt, wegen des noch ausgeweiteten dauerhaften und kontinuierlichen Konsums von Benzodiazepin durch G. H. könne eine weitere Methadon-Substitution nicht befürwortet werden. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Wenn die Beklagte auf dieser Grundlage dem Kläger durch den angefochtenen Bescheid mitgeteilt hat, ab einem Zeitpunkt von knapp vier Wochen nach dessen Bekanntgabe seien die Voraussetzungen für eine Methadon-Substitution bei dem Versicherten G. H. als vertragsärztliche Leistung nicht mehr erfüllt, so ist auch das nicht zu beanstanden.

15

Ob die Beklagte einen Vertragsarzt, der eine Substitutionsbehandlung bei einem bestimmten Versicherten fortsetzen will, obwohl er sie nach § 8 Nr 3 Substitutions-RL abbrechen müsste, zur Beendigung auffordern darf, kann der Senat in diesem Verfahren nicht entscheiden. Das LSG hat eine dahingehende Befugnis der Beklagten verneint und deren angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben. Die Beklagte hat die zur Klärung dieser Frage auch für sie zugelassene Revision nicht eingelegt. Die KÄV ist jedenfalls nicht gehindert, durch Verwaltungsakt die Vergütungsfähigkeit von Substitutionsleistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu verneinen, soweit sie entsprechende vertragsärztliche Leistungsabrechnungen auch nachträglich richtigstellen dürfte.

16

a) Der Kläger macht gegenüber dieser Berechtigung der Beklagten zunächst geltend, allein der Arzt entscheide, ob und ggf wie lange er einen Opiatabhängigen trotz fortgesetzten Beigebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution mit Methadon versorgen wolle. Damit bezieht sich der Kläger auf Nr 11 letzter Satz der Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger in der Fassung vom 22.3.2002 (DÄ 2002, A 1458); die derzeit geltende Fassung der Richtlinien der BÄK vom 19.2.2010 (DÄ 2010, A 511) enthält eine solche Regelung in Nr 11 "Therapiekontrolle" nicht mehr. Aus den Richtlinien der BÄK kann jedoch nichts für die Auslegung und Anwendung der Regelung des § 8 Nr 3 Substitutions-RL abgeleitet werden. Die in Ausführung des § 5 Abs 11 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) von der BÄK beschlossenen Richtlinien beschreiben die Voraussetzungen, unter denen Ärzte Betäubungsmittel im Rahmen von Substitutionsbehandlungen straf- bzw berufsrechtlich verschreiben dürfen. Insoweit ergibt sich aus Nr 11 letzter Satz der Richtlinien der BÄK in der seit 2002 geltenden Fassung nur, dass ein Arzt trotz Beigebrauchs nicht gezwungen ist, die Verschreibung eines Opiatersatzes sofort zu beenden. In Nr 11 Satz 7 der Richtlinien der BÄK in der Fassung vom 19.2.2010 ist im Übrigen formuliert, bei einem die Substitution gefährdenden Konsum weiterer psychotroper Substanzen sei deren Entzug - ggf unter stationären Bedingungen - einzuleiten. Zu den Regelungen des G-BA über die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 27 SGB V) verhält sich die Richtlinie der BÄK nicht. Der BÄK steht keine Befugnis zur Regelung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung zu, und sie nimmt eine solche auch für den Sachbereich der Substitution nicht für sich in Anspruch.

17

Der Senat hat bereits in seinem Urteil zur Methadon-Substitution dargelegt, dass die Ermöglichung der Heroin-Substitution durch Regelungen im Betäubungsmittelrecht nicht notwendig zur Folge hat, das jede strafrechtlich zulässige Therapie Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung wird (BSGE 78, 70, 86 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 42). Deren Gegenstand wird eine Substitutionstherapie als "neue" Behandlungsmethode iS des § 135 Abs 1 SGB V nur nach einer positiven Richtlinienempfehlung des G-BA. Wenn dieser die Leistungspflicht der Krankenkassen für Substitutionsbehandlungen nur vorschreibt, soweit diese dem Ziel dienen, den Gebrauch von Drogen zu beenden, und zugleich dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (BSGE aaO S 87 = SozR aaO S 43), steht das mit den gesetzlichen Vorgaben im Einklang.

18

Dieser Beurteilung der Rechtslage entspricht auch die im Jahr 2009 erfolgte Erweiterung der zur Substitution zugelassenen Stoffe um Diamorphin (= synthetisches Heroin). Der Gesetzgeber hat mit dem "Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung" vom 15.7.2009 (BGBl I, 1801) durch Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes und der BtMVV den Weg zum Einsatz von verschreibungspflichtigen Diamorphin freigegeben. Mit den sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen dieser Freigabe hat er sich nicht befasst. Diese sind erst im Nachhinein durch den G-BA in Form des Änderungsbeschlusses zu der Substitutions-RL vom 18.3.2010 gezogen worden, nachdem im Gesetzgebungsverfahren eine dahingehende Erwartung formuliert worden war (vgl Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/11515 S 3). Seit dem Inkrafttreten dieses Beschlusses am 12.6.2010 gilt (auch) für die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht allein die Substitutions-RL. Auch nach der Aufnahme der diamorphingestützten Substitution in die Substitutions-RL sind im Übrigen Reichweite und Zielsetzung jeder Substitutionsbehandlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sie ua in der Präambel der Substitutions-RL beschrieben sind, unverändert geblieben.

19

Aus vergleichbaren Erwägungen treffen auch die Schlussfolgerungen nicht zu, die die Revision aus § 2 der Berufsordnung für Ärzte ableitet. Dort ist bestimmt, dass Ärzte keine Anweisungen beachten dürfen, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können, und dass sie hinsichtlich ihrer Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen dürfen. Zu diesen berufsrechtlichen Vorgaben hat sich die Beklagte nicht in Widerspruch gesetzt, wenn sie dem Kläger mitteilt, die Substitutionsbehandlung des G. H. ab dem 13.2.2006 nicht mehr zu vergüten. Zahlreiche ärztliche Leistungen dürfen Ärzte berufsrechtlich erbringen, ohne dafür eine Vergütung von der KÄV erhalten zu können, weil insoweit keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Das betrifft etwa Leistungen der ästhetischen Chirurgie und der Reproduktionsmedizin, soweit die Voraussetzungen des § 27a SGB V nicht gegeben sind. In der Entscheidung der KÄV, derartige Leistungen nicht als vertragsärztliche Leistungen iS des § 85 Abs 2 Satz 2 SGB V anzusehen und zu vergüten, liegt schon von vornherein keine berufsrechtswidrige Weisung eines Nichtarztes. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass in vertragsärztlichen Regelungen Anforderungen an die Qualifikation von Ärzten für die Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen normiert werden dürfen, die über berufsrechtliche Anforderungen hinausgehen (BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27; BSG vom 28.10.2009 - B 6 KA 26/08 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 19 RdNr 12 f). Soweit die KÄV einem Vertragsarzt in Anwendung entsprechender vertragsärztlicher Bestimmungen mitteilt, sie werde bestimmte Leistungen - im Fall des Senatsurteils vom 28.10.2009 (aaO) auf proktologischem Gebiet - künftig nicht mehr honorieren, muss der Vertragsarzt das hinnehmen, auch wenn er die betroffenen Leistungen medizinisch für notwendig hält und sie berufsrechtlich erbringen darf. Für den hier zu beurteilenden Fall, dass eine Behandlung wegen in der Person des Patienten liegender Umstände jedenfalls als vertragsärztliche Behandlung von keinem Arzt mehr durchgeführt werden darf, gilt im Ergebnis nichts anderes.

20

b) Soweit der Kläger rügt, das LSG hätte den Sachverhalt weiter aufklären und die Richtigkeit der Feststellungen der Qualitätssicherungskommission der Beklagten weiter überprüfen müssen, folgt der Senat dem nicht. Der Kläger selbst hat alle Unterlagen und Befunde der Beklagten zur Verfügung gestellt, die für die Beurteilung des verfestigten Gebrauchs von Suchtstoffen neben dem Heroinkonsum iS des § 8 Nr 3 Substitutions-RL von Bedeutung sind. Soweit die Qualitätssicherungskommission, die nach § 9 Abs 1 Substitutions-RL mit Fachleuten von Seiten der Vertragsärzte und der Krankenkassen besetzt ist und die besondere Erfahrung im Bereich der Behandlung heroinabhängiger Personen hat, aus dem dauerhaftem Nachweis einer hohen Benzodiazepinkonzentration im Urin des Versicherten den Schluss zog, dass dieser nicht nur gelegentlich bei auftretenden persönlichen Krisen, sondern fortdauernd neben dem Opiatersatz einen weiteren Suchtstoff konsumiert, durfte das LSG dies seiner Entscheidung zugrunde legen. Der Kläger hat nicht aufgezeigt, inwieweit die Feststellungen der Qualitätssicherungskommission fehlerhaft sein könnten. Die Auslegung, dass auch die Einnahme von Benzodiazepin einen Beikonsum iS des § 8 Nr 3 Substitutions-RL darstellt, ist nicht zu beanstanden. Der Ansicht des Klägers, die Regelung des § 8 Nr 3 Substitutions-RL sei zu unbestimmt, vermag der Senat nicht zu folgen; denn ihr Inhalt ist ohne Weiteres durch Auslegung näher bestimmbar, ohne dass unzuträgliche Ungewissheiten verbleiben (vgl BVerfGE 110, 33, 56 f mwN).

21

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eingewandt und im Revisionsverfahren bekräftigt hat, der Versicherte G. H. habe nur wenig Benzodiazepin konsumiert, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Verschiedene Regelungen der Substitutions-RL lassen hinreichend deutlich erkennen, dass jeder dauerhafte Beigebrauch ua von Benzodiazepin der Aufnahme bzw Weiterführung einer Substitution des Konsums von Heroin entgegensteht. So ist in § 3 Abs 5 Satz 3 Substitutions-RL bestimmt, dass bei Beigebrauch die Indikation für eine Substitution wegen der möglichen Lebensgefahr eine sorgfältige Abwägung voraussetzt. Nach § 4 Nr 1 Substitutions-RL ist die primäre Abhängigkeit ua von Benzodiazepinen sogar ein strikter Ausschließungsgrund für eine Substitutionsbehandlung. In Verbindung mit der oben näher dargestellten Vorschrift des § 8 Nr 3 Substitutions-RL über die Notwendigkeit eines Abbruchs der Substitution hat das LSG daraus zutreffend abgeleitet, dass es für die Unvereinbarkeit von Beigebrauch und Substitution nicht auf die einmalige oder seltene Einnahme von Benzodiazepinen und auch nicht primär auf die Menge der eingenommenen Tabletten, sondern auf die Dauer des Beigebrauchs und die Chancen seiner Beendigung ankommt. Von diesen rechtlichen Ausgangspunkten her bedarf weder der Umfang eines prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums der Qualitätssicherungskommission der Beklagten (§ 9 Abs 1 Substitutions-RL) noch der Umfang der Amtsermittlungspflicht des LSG (§ 103 SGG) näherer Erörterung. Der Kläger stellt selbst nicht in Frage, dass G. H. bis zur Entscheidung der Beklagten regelmäßig Benzodiazepine eingenommen hat und dass er als Arzt keinen Versuch zur Entziehung durchgeführt hat, der mindestens vorübergehenden Erfolg gebracht hätte.

22

c) Im Zentrum des Vorbringens des Klägers stehen daher auch nicht Zweifel an der medizinisch-fachlichen Richtigkeit der Feststellung der Qualitätssicherungskommission, sondern er ist der Auffassung, selbst ein konstanter Beigebrauch eines anderen Suchtstoffs (hier: Benzodiazepin) stelle auch nach 10jähriger Substitution den Sinn der Fortsetzung der Substitutionsbehandlung nicht in Frage. Diese Beurteilung steht im Grundsatz nicht im Einklang mit der Richtlinie, wonach die Substitutionsbehandlung nur dann Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung ist, wenn sie das Ziel eines Lebens ohne Abhängigkeit von Suchtstoffen verfolgt. Dauerhafter hoher Beikonsum eines anderen Suchtstoffs, für den der behandelnde Arzt keinen Zeitpunkt benennt, zu dem dieser mutmaßlich eingestellt werden wird, schließt die Substitutionsbehandlung nach den Vorgaben der Substitutions-RL aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

23

Der Kläger hat weder gegenüber der Beklagten noch in den Vorinstanzen erläutert, welche Bemühungen er unternahm, seinen Patienten G. H. von der kontinuierlichen Einnahme von Benzodiazepin zu entwöhnen und welche Aussichten entsprechende therapeutische Bemühungen nach seiner Einschätzung haben würden. So musste die Kommission nach § 9 Substitutions-RL den Eindruck gewinnen, der Versicherte sei (auch) abhängig von Benzodiazepin, oder der Kläger sehe jedenfalls keine Notwendigkeit bzw Möglichkeit, selbst in einer längeren zeitlichen Perspektive therapeutisch auf eine Reduzierung und schließlich Vermeidung des entsprechenden Beigebrauchs hinzuwirken. Weist ein Vertragsarzt gegenüber der Qualitätssicherungskommission solche Bemühungen nach, wird die KÄV ihm hinreichend Zeit zubilligen müssen, diese Absicht umzusetzen, bevor sie die Vergütung für die Behandlung versagt. Auch gelegentliche Rückschläge im gemeinsamen Bemühen von Arzt und Patient um eine Vermeidung des Beikonsums dürften im Hinblick auf die Schwere der Erkrankungen und die Schwierigkeiten erfolgreichen therapeutischen Einwirkens auf den betroffenen Patientenkreis einer Vergütung der substitutionsvertragsärztlichen Leistung nicht entgegenstehen. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor.

24

d) Soweit der Kläger pauschal eine fehlerhafte Anwendung der "Regelung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Rahmen der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger gemäß § 136 Abs. 1 SGB"(Anlage 3 zum Landesrundschreiben vom 16.7.2004) rügt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Der Revisionsbegründung ist schon nicht iS des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG hinreichend deutlich zu entnehmen, welche Vorschrift genau der Kläger als rechtswidrig oder falsch angewandt, rügen will. Im Übrigen stellt die Regelung Landesrecht iS des § 162 SGG dar, dessen Verletzung mit der Revision grundsätzlich nicht gerügt werden kann. Einer der Sachverhalte, in denen landesrechtliche Regelungen ausnahmsweise revisibel sind (dazu zuletzt Senatsurteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen), liegt nicht vor.

25

Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 iVm § 154 Abs 2 VwGO.

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Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juni 2010 - B 6 KA 12/09 R zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 85 Gesamtvergütung


(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärzt

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 91 Gemeinsamer Bundesausschuss


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 162


Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 164


(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das an

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV 1998 | § 5 Substitution, Verschreiben von Substitutionsmitteln


(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapieko

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27a Künstliche Befruchtung


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Bundessozialgericht Urteil, 23. Juni 2010 - B 6 KA 12/09 R zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 05. Mai 2010 - B 6 KA 6/09 R

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Tatbestand 1 Umstritten ist ein Arzneikostenregress wegen der Verordnung des Arzneimittels Polyglobin in den Quartalen II/1999 bis IV/1999.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Okt. 2016 - L 5 KA 1494/14

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.02.2014 wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 12.260,67 EUR festg

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. März 2016 - L 5 KA 3957/12

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, für das Berufungsverfahren mit Ausnahme der auße

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Okt. 2014 - L 5 KA 3990/13 ER-B

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Tenor Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.08.2013 wird zurückgewiesen.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 28.347,22 EUR fes

Referenzen

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Tatbestand

1

Im Streit stehen degressionsbedingte Honorarkürzungen.

2

Die Klägerin ist eine in G. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft) von Vertragszahnärzten.

3

Der Kieferorthopäde drs. A., der im ersten Quartal 1999 (mit der Abrechnungs-Nr 1940-7) in Einzelpraxis tätig war, begründete im zweiten Quartal 1999 mit der - im ersten Quartal 1999 ebenfalls in Einzelpraxis zugelassenen - Zahnärztin L. eine Gemeinschaftspraxis (Abrechnungs-Nr 0099-5). Zu dieser Gemeinschaftspraxis trat - unter erneuter Änderung der Abrechnungsnummer 2722-2 - im vierten Quartal 1999 der Zahnarzt Dr. K. hinzu, welcher zuvor (in der Zeit vom 9.8. bis 30.9.1999) ebenfalls in Einzelpraxis tätig gewesen war. In der Folgezeit sind die Zahnärzte L. und Dr. K. aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden und andere Zahnärzte eingetreten.

4

Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) nahm für das Jahr 1999 zunächst keine Degressionsberechnungen vor. Erst im Herbst 2001 machte sie mit der - an die "Gemeinschaftspraxis Zahnärzte drs. B. A., J. L. u. N. K." gerichteten und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - "Vierteljahresabrechnung: II/2001" vom 29.10.2001 eine Honorarrückforderung in Höhe von 450 884,11 DM (umgerechnet 230 533,38 Euro) wegen Überschreitung der Degressionsgrenzwerte geltend. Zugleich übersandte die Beklagte einen "Zahnarzt-Punktekonto-Auszug 1999 bis 2.2001" vom 4.10.2001 sowie unter demselben Datum ein mit "Degressionsbedingte Honorarabzüge 1999 bis 2001.2" bezeichnetes, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenes Schreiben. Danach waren von den drei an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Zahnärzten (sowie von der in der Zeit vom 22.4.1999 bis zum Jahresende tätigen, genehmigten Assistentin) im Jahre 1999 insgesamt 2.049.792 Punkte abgerechnet worden; hiervon waren 899.929 Punkte degressionsfrei. Berücksichtigt wurden sämtliche Leistungen, die von den drei Zahnärzten sowie der Assistentin während ihrer gesamten Tätigkeit im Jahre 1999 abgerechnet worden waren. Die Gesamtpunktmenge beinhaltet 652.434 Punkte, die durch die im Quartal I/1999 bestehende Einzelpraxis drs. A., sowie 94.159 Punkte, die durch die Einzelpraxis Dr. K. im Quartal III/1999 abgerechnet worden waren; von Frau L. waren im Rahmen ihrer im Quartal I/1999 bestehenden Einzelpraxis keine Leistungen abgerechnet worden.

5

Widerspruch, Klage (Urteil des SG vom 12.12.2005) und Berufung der Klägerin, die zwischenzeitlich ihrer Zahlungsverpflichtung nachgekommen war, sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Degressionsregelungen, die den angefochtenen Bescheiden der Beklagten zugrunde lägen, seien rechtmäßig. Nicht zu beanstanden sei auch die Umsetzung der Honorarkürzungen. Insbesondere komme der Klägerin kein Vertrauensschutz zu, denn über den reinen Zeitablauf hinaus seien Vertrauenstatbestände weder erkennbar noch konkret vorgetragen worden. Nicht zu beanstanden sei auch, dass die Honorarrückforderung gegenüber der Gemeinschaftspraxis drs. A./L./K. geltend gemacht worden sei, da das im Kalenderjahr 1999 insgesamt abgerechnete Honorar der Degressionsregelung unterliege und die für dieses Jahr der damaligen Gemeinschaftspraxis erteilten Honorarbescheide dieser gegenüber berichtigt würden. Ungeachtet der nachfolgenden personellen Änderungen sei auch die Kontinuität und rechtliche Identität der Gemeinschaftspraxis gewahrt und fortgeführt worden. Dass die Klägerin die Honorarrückforderung als Gemeinschaftspraxis unabhängig vom Wechsel in ihrem Mitgliederbestand schulde, könne nicht mit Berufung auf die Entscheidungen des BSG vom 21.5.2003 (B 6 KA 33/02 R) und vom 7.2.2007 (B 6 KA 6/06 R) in Abrede gestellt werden. Es liege keine vergleichbare Fallgestaltung vor, weil während der Tätigkeit von drs. A. in Einzelpraxis im Quartal I/1999 noch keine tatsächliche Grundlage für degressionsbedingte Honorarkürzungen entstanden sei (Urteil vom 13.2.2008).

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Das Urteil des LSG berücksichtige nicht hinreichend den Vertrauensschutz nachträglich in die Gemeinschaftspraxis eingetretener Mitglieder. Diese müssten davor geschützt werden, für Rückforderungen und Regresse aus der Zeit vor ihrem Praxiseintritt in Anspruch genommen zu werden. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um einen nachträglich in eine Gemeinschaftspraxis eintretenden Partner handele oder ob zugleich mit dem Eintritt des Praxispartners eine Gemeinschaftspraxis überhaupt erst begründet werde. Es bestehe auch kein praktisches Bedürfnis für die umstrittene Vorgehensweise der Beklagten, weil angesichts der regelmäßigen Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer Rückforderungen jeweils quartalsweise auch gegen die jeweilige Einzelpraxis bzw Gemeinschaftspraxis geltend gemacht werden könnten. Die Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer stelle im Übrigen eine Zäsur im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar. Es fehle auch an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderungen. Im ersten Quartal 1999 sei sehr wohl eine tatsächliche Grundlage für degressionsbedingte Honorarkürzungen entstanden, denn die von drs. A. in diesem Quartal erbrachten Punkte hätten insgesamt Anteil an der festgestellten Überschreitung.

7

Die angefochtenen Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, weil sie - die Klägerin - Anspruch auf Vertrauensschutz habe. Vertrauensschutz sei auch in Fällen des erstmaligen Erlasses eines Degressionsbescheides zu gewähren. Dementsprechend wäre das Vorliegen der Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X zu prüfen gewesen. Ihr - der Klägerin - sei aber weder positiv bekannt gewesen noch sei von ihr infolge grober Fahrlässigkeit unbemerkt geblieben, dass die Degressionsgrenze überschritten worden sei. Es habe 1999 - anders als in früheren Jahren - auch keine degressionsbezogenen Vorwarnungen durch die Beklagte gegeben. Hierdurch habe sie - die Klägerin - sich in dem Vertrauen gestärkt gesehen, dass keine Honorarrückforderung erfolgen werde. Durch die Nichtberücksichtigung ihres diesbezüglichen Vortrags habe das LSG auch ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Schließlich sei die Degressionsregelung weder mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Da umsatzstarke Praxen regelmäßig deswegen umsatzstark seien, weil sie dementsprechend qualitative Arbeit leisteten, führe es eher zu einer Verschlechterung der Qualität der zahnärztlichen Versorgung, wenn diese durch die Degressionsregelung "gezwungen" würden, Patienten an weniger umsatzstarke Praxen abzugeben.

8

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 2008 und des Sozialgerichts Münster vom 12. Dezember 2005 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 2001 über die Festsetzung der degressionsbedingten Honorarabzüge aufzuheben und die Vierteljahresabrechnung II/2001 vom 29. Oktober 2001 abzuändern - beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2005 - und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 230 533,38 Euro nebst 5% Punkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts vom 13. Februar 2008 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Die Argumentation des BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 (B 6 KA 6/06 R) sei auf degressionsbedingte Honorarrückforderungen nicht anwendbar. Jedem Partner stehe das gesetzlich definierte Jahreskontingent zur Verfügung, worauf sich die Berufsausübungsgemeinschaft einstellen könne und müsse. Da eine vertragszahnärztliche Gemeinschaftspraxis rechtlich gesehen unabhängig vom Mitgliederwechsel bestehe, sei auch die erforderliche Gegenseitigkeit der Forderungen gegeben. Bei Überschreitung der gemeinsam zuerkannten degressionsfreien Punktmenge sei ein gemeinsamer Degressionsbescheid zu erteilen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begründet.

12

1. Die Klägerin ist ungeachtet nachfolgender personeller Veränderungen für die Klage, die sie gegen den an sie in ihrer damaligen Zusammensetzung adressierten Kürzungsbescheid erhoben hat, klagebefugt und aktiv legitimiert (BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17). Den im Laufe des Verfahrens eingetretenen Änderungen in der Zusammensetzung der klagenden Gemeinschaftspraxis ist durch eine entsprechende Anpassung der Bezeichnung der Klägerin Rechnung zu tragen.

13

2. Rechtsgrundlage der nachträglichen degressionsbedingten Honorarkürzung sind hier noch die Vorschriften im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) und im Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) über die sachlich-rechnerische Richtigstellung (§ 19 Buchst a BMV-Z vom 13.11.1985 bzw § 12 Abs 1 EKV-Z in der ab 1.1.1989 bis 31.12.2004 geltenden Fassung ). Nach diesen Vorschriften der Bundesmantelverträge ( vgl nunmehr § 106a Abs 1 und 2 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 ) obliegt es der KZÄV, von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse die vom Vertragszahnarzt vorgelegten Honorarabrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu überprüfen und im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit richtig zu stellen. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch - als sog nachgehende Richtigstellung - für bereits erlassene Honorarbescheide (stRspr, vgl zum zahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10 mwN; zum ärztlichen Bereich: BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5 RdNr 13). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich weiter, dass der Vertragsarzt das Honorar, das ihm nach sachlich-rechnerischer Abrechnungskorrektur nicht mehr zusteht, zurückzahlen muss (BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11).

14

Die Anwendung der Vorschriften über die Richtigstellung der Abrechnungen ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil hier kein Verstoß gegen Abrechnungsbestimmungen im engeren Sinne in Rede steht, sondern eine Überschreitung der in § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V normierten Degressionsgrenzwerte. Denn der Senat versteht die entsprechenden bundesmantelvertraglichen Vorschriften in ständiger Rechtsprechung in umfassendem Sinne und billigt deren Anwendung etwa bei Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15)sowie bei Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, abgerechnet worden sind (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15; s schon BSG SozR 5557 Nr 5451 Nr 1 S 2; vgl jetzt auch § 5 Abs 1 iVm Abs 3 der "Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen" nach § 106a SGB V, zm 2008, S 111 ff). Dies war vorliegend (teilweise) nicht der Fall, denn die Klägerin konnte in Höhe der gesetzlich vorgegebenen Degressionskürzungsbeträge kein vertragszahnärztliches Honorar beanspruchen.

15

3. Zu Recht hat die Beklagte ihre Rückforderung überzahlten Honorars gegen die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung gerichtet. Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung der vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis (vgl § 33 Abs 2 S 1 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte aF), dass diese etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse zu tragen hat (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSG, Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; s auch BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17). Der Senat hat dies damit begründet, dass die Gemeinschaftspraxis durch die gemeinsame Ausübung der (zahn)ärztlichen Tätigkeit geprägt ist und rechtlich gesehen eine Praxis darstellt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). So wird die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise einer Gemeinschaftspraxis nicht bezogen auf den einzelnen Arzt, sondern bezogen auf die Gemeinschaftspraxis als Einheit geprüft (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 aaO); ebenso treffen sie die wirtschaftlichen Folgen von Falschabrechnungen bzw rechtswidrigen Verordnungen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 22). Die Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen eines Vertragsarztes im Rechtssinne sind solche der Gemeinschaftspraxis, solange er seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt; lösen diese Abrechnungen oder Verordnungen Rückzahlungs- und Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung aus, hat dafür die Gemeinschaftspraxis und auch jedes ihrer Mitglieder einzustehen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 aaO; BSG, Urteil vom 3.2.2010 aaO RdNr 16). Diese Einstandspflicht kann durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis nicht im Außenverhältnis zu diesen Institutionen ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 aaO).

16

Nichts anderes gilt auch für die Folgen einer Überschreitung der Degressionsgrenzwerte, zumal das Gesetz ausdrücklich eine zusammenfassende Berechnung der Degressionsgrenzwerte bei Gemeinschaftspraxen fordert (vgl § 85 Abs 4b Satz 3 SGB V). Es ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile dieser Form der Patientenbehandlung zu Gute kommen zu lassen, im Falle eines nicht den Bestimmungen des Vertragsarztrechtes entsprechenden Verhaltens jedoch den Status der Gemeinschaftspraxis außer Betracht zu lassen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). Nach den von der Klägerin im Revisionsverfahren nicht gerügten Feststellungen des LSG ist die seit dem Quartal II/1999 bestehende Gemeinschaftspraxis in Kontinuität und rechtlicher Identität fortgeführt worden, so dass es sich rechtlich gesehen um eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis handelt. Dass sie ihre Zusammensetzung im Vergleich zum "Degressionsjahr" 1999 geändert hat und somit die Haftung - im Innenverhältnis - (auch) Vertragsärzte trifft, die seinerzeit an der "Verursachung" der Degressionsüberschreitung nicht beteiligt waren, ist ohne Bedeutung.

17

4. Die Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b bis 4f SGB V sind, wie das BSG und das BVerfG bereits wiederholt entschieden haben, mit Art 12 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG sowie mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar(grundlegend BSGE 80, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 sowie dazu BVerfG NJW 2000, 3413 und NVwZ-RR 2002, 802; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 27 RdNr 11; zuletzt BSG, Urteile vom 16.12.2009, - B 6 KA 10/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 12 f sowie - B 6 KA 39/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 49, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Wie in diesen Entscheidungen ausgeführt ist, ist die mit den Degressionsregelungen verbundene Begrenzung der vertragszahnärztlichen Vergütung rechtmäßig, weil sie wichtigen Gemeinwohlbelangen dient. Ihr Ziel ist es vor allem, Einsparungen bei den Krankenkassen zu erreichen und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. Die Bestimmungen sollen zusätzlich Fehlentwicklungen bei der Qualität der zahnärztlichen Versorgung entgegensteuern, indem Zahnärzten mit umsatzstarken Praxen ein Anreiz gegeben wird, Patienten an andere, die Punktmengengrenzen nicht erreichende Zahnärzte abzugeben und so der Gefahr von Qualitätsdefiziten infolge übermäßiger Leistungserbringung entgegenzuwirken. Der Senat hat ferner darauf hingewiesen, dass große Umsätze im Allgemeinen Rationalisierungsmöglichkeiten und Kostenvorteile zur Folge haben. Die Betriebskosten entwickeln sich bei größeren Leistungsmengen degressiv, da die Mitarbeiter und die Geräte produktiver eingesetzt werden können. Der Senat hat im Rahmen der Gesamtabwägung dargelegt, dass bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit solcher Regelungen eine generalisierende Betrachtung von deren Auswirkungen auf den betroffenen Berufszweig insgesamt zugrunde zu legen ist (BSGE 80, 223, 226-229 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 136-140 und BSG MedR 2000, 49, 50; vgl auch BVerfG NJW 2000, 3413). Das BVerfG hat ausdrücklich ausgesprochen, dass die eine Punktwertdegression rechtfertigenden Zwecke, die Qualität vertragszahnärztlicher Leistungen zu verbessern und die Beitragssatzstabilität und damit die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten, ausreichend gewichtige Gründe des Gemeinwohls sind (BVerfG NVwZ-RR 2002, 802).

18

Die Bewertung als verfassungsgemäß gilt auch für die Neuregelungen ab dem 1.1.1999 (zuletzt BSG, Urteile vom 16.12.2009 - B 6 KA 10/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 13 sowie - B 6 KA 39/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 49, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Daran ist auch unter Berücksichtigung der Argumentation der Klägerin festzuhalten. Mit den von ihr vorgebrachten Argumenten hat sich der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14.5.1997 (BSGE 80, 223, 229 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 140) sowie vom 21.5.2003 (SozR 4-2500 § 85 Nr 2 RdNr 16)auseinandergesetzt.

19

5. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der degressionsbedingten Honorarrückforderung nicht entgegen.

20

a) Hierfür fehlt es bereits an einer rechtlichen Grundlage. Dem Vertrauen der Vertragszahnärzte darauf, nicht unbegrenzt degressionsbedingten Honorarkürzungen ausgesetzt zu sein, wird dadurch Rechnung getragen, dass der eine solche Honorarkürzung umsetzende Bescheid innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Jahren ergehen muss (BSG MedR 2008, 100 RdNr 15 ff und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff - für degressionsbedingte Honorarminderungen). Diese Ausschlussfrist hat der das Jahr 1999 betreffende, im Herbst 2001 ergangene Kürzungsbescheid unzweifelhaft eingehalten.

21

Die Klägerin kann sich auch nicht auf die zum Vertrauensschutz bei der nachträglichen Korrektur von Honorar- und Degressionsbescheiden ergangene Rechtsprechung des Senats (vgl ua BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 14 ff; BSG Urteil vom 8.2.2006, B 6 KA 27/05 R = GesR 2006, 365 = USK 2006-88) berufen. Der Senat hat dazu entschieden, dass dann, wenn die ursprüngliche Fehlerhaftigkeit eines Degressionsbescheides nicht auf generellen Berechnungsfehlern, sondern auf einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KZÄV bei Erlass des ursprünglichen Honorarminderungsbescheides beruht, die KZÄV den inzwischen als rechtswidrig erkannten Degressionsbescheid zwar unter Anwendung der bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden richtig stellen kann, aber im Rahmen des Richtigstellungsverfahrens die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranziehen muss(BSGE 93 aaO = SozR aaO, RdNr 18; BSG Urteil vom 8.2.2006 aaO, RdNr 13 ).

22

Ein derartiger Fall ist jedoch nicht gegeben. Dabei kann offenbleiben, ob diese Rechtsprechung überhaupt auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, da es vorliegend nicht um die Korrektur eines fehlerhaften Degressionsbescheides geht, sondern um dessen erstmaligen Erlass. Selbst wenn man sie unter dem Gesichtspunkt, dass im (nachträglichen) Erlass eines Degressionsbescheides zugleich die Korrektur des Honorarbescheides liegt, für anwendbar hielte, fehlte es am Vorliegen der vom Senat genannten Voraussetzungen. Denn ungeachtet des nicht zeitnahen Erlasses des Degressionsbescheides sind keine Anhaltspunkte für eine bis dahin individuell fehlerhafte Rechtsanwendung seitens der Beklagten gegeben. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass diese etwa rechtsirrig davon ausging, keine Degressionsberechnung vornehmen zu müssen. Bloße Verzögerungen im Verwaltungsablauf genügen insoweit (grundsätzlich) nicht.

23

b) Im Übrigen fehlte es auch an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin (bzw ihre Mitglieder) darauf vertraut haben könnte, im Jahr 1999 keinen degressionsbedingten Honorarkürzungen zu unterliegen. Es ist davon auszugehen, dass ihnen bekannt war, dass die - bereits in der Zeit bis zum 30.6.1997 geltenden - Degressionsregelungen zum 1.1.1999 wieder Geltung erlangt hatten; denn die Klägerin macht ja gerade geltend, sie habe angesichts der fehlenden Vorwarnung seitens der Beklagten darauf vertrauen können, das diese - ihr somit bekannten - Regelungen auf sie im Jahr 1999 keine Anwendung finden werden. Angesichts der erheblichen Auswirkungen dieser Regelungen auf die vertragszahnärztliche Berufsausübung wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass die Mitglieder der Klägerin die Degressionsgrenzwerte und den Umfang der von ihnen erbrachten Leistungen nicht im Blick gehabt haben sollten. Dies gilt umso mehr, als die Grenzwerte von ihnen ganz erheblich überschritten wurden. Im Übrigen lässt gerade der Umstand, dass sich drs. A. zum zweiten Quartal 1999 veranlasst sah, eine - seither fortbestehende - Gemeinschaftspraxis zu gründen, darauf schließen, dass diese Entscheidung durch die von ihm im Quartal I/1999 in Einzelpraxis abgerechneten extrem hohen Punktmengen wesentlich mitbestimmt war; denn dieses Quartalsergebnis überstieg selbst den Jahreswert einer Einzelpraxis noch um beinahe das Doppelte. Schließlich hat die Klägerin nicht plausibel darzulegen vermocht, inwiefern sich bei ihr bzw ihren Mitgliedern allein aufgrund der unterbliebenen Vorwarnung durch die Beklagte, jedoch entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung ein Vertrauen darauf habe bilden können, trotz gravierender Überschreitung der Degressionsgrenzwerte im Jahre 1999 von einer Honorarkürzung verschont zu bleiben.

24

6. Allerdings hat die Beklagte die Vorschriften über die Punktwertminderung nicht zutreffend umgesetzt. Dabei hat sie im Grundsatz zu Recht vertragszahnärztliches Honorar zurückgefordert, da die betroffenen Zahnärzte im streitbefangenen Jahr 1999 die maßgeblichen Degressionsgrenzen überschritten. Jedoch hat die Beklagte die Höhe des Rückforderungsbetrages unzutreffend berechnet. Sie hat zwar die gesetzlichen Vorgaben über die degressionsfreie Gesamtpunktmenge und die Degressionsgrenzwerte zutreffend angewandt (a). Ebenso ist sie im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass die Degressionsberechnung nicht quartalsbezogen, sondern jahresbezogen zu erfolgen hat (b). Sie hat jedoch nicht berücksichtigt, dass in Ausnahmefällen, zu denen die vorliegende Konstellation gehört, ein Abweichen von diesem Grundsatz geboten ist (c).

25

a) Die Höhe der degressionsbedingten Honorarrückforderung ist anhand der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen. Nach § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen - ab dem 1.1.1999 geltenden - Fassung (vom 19.12.1998, BGBl I 3853) verringert sich ab einer Gesamtpunktmenge je Vertragszahnarzt aus vertragszahnärztlicher Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung von 350.000 Punkten je Kalenderjahr der Vergütungsanspruch für die weiteren vertragszahnärztlichen Behandlungen im Sinne des § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V um 20 vH, ab einer Punktmenge von 450.000 Punkten je Kalenderjahr um 30 vH und ab einer Punktmenge von 550.000 Punkten je Kalenderjahr um 40 vH Die Degressionsgrenzwerte bei Gemeinschaftspraxen (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaften) richten sich nach der Zahl der gleichberechtigten zahnärztlichen Mitglieder (§ 85 Abs 4b Satz 3 SGB V); die Degressionsberechnung ist mithin nicht zahnarztbezogen, sondern (grundsätzlich) praxisbezogen durchzuführen.

26

b) Die Beklagte hat im Grundsatz zu Recht eine das gesamte Jahr 1999 erfassende Berechnung der Punktmengen und Degressionsgrenzwerte vorgenommen. Denn die Degressionsberechnung hat jahresbezogen zu erfolgen; eine quartalsbezogene Degressionsberechnung der Art, dass die im jeweiligen Quartal erbrachte Leistungsmenge in Punkten den zeitanteiligen Degressionsgrenzwerten gegenübergestellt wird, ist im Gesetz nicht angelegt (ebenso Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2007, K § 85 RdNr 273 ff; Freudenberg in jurisPK-SGB V, Stand Februar 2008, § 85 RdNr 186; s auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 10.5.2006, L 11 KA 52/04 und L 11 KAL 11 KA 53/04 - juris, dort RdNr 29 bzw 28). Im Regelfall ist daher die innerhalb eines Jahres vom Zahnarzt in Einzelpraxis bzw von der Gemeinschaftspraxis erbrachte Leistungsmenge den jahresbezogenen Degressionsgrenzwerten gegenüber zu stellen.

27

Schon nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V ("je Kalenderjahr") ist Bezugspunkt für die Anwendung der Degressionsvorschriften die Gesamtpunktmenge für alle vertragsärztlichen Leistungen, die im Laufe eines Kalenderjahres erbracht werden (vgl auch BSG Urteil vom 13.5.1998 - SozR 3-2500 § 85 Nr 25 S 181: "die gesetzliche Regelung des § 85 Abs 4b SGB V stellt auf die Jahresleistung des Zahnarztes ab"). Zudem hat der Gesetzgeber in Kenntnis des Umstandes, dass Abrechnungen im Vertrags(zahn)arztrecht üblicherweise quartalsweise erfolgen, die maßgeblichen Werte jahresbezogen festgelegt. Dass im Gesetz von einer jahresbezogenen Berechnung ausgegangen wird, bestätigt auch der Umkehrschluss aus § 85 Abs 4b Satz 5 SGB V(idF des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes vom 22.12.2006, BGBl I 3440 mit Wirkung vom 1.1.2007); danach hat bei nicht ganzjähriger Beschäftigung eine Verringerung der Punktmengengrenze zu erfolgen. Im Übrigen würde eine quartalsbezogene Degressionsberechnung Praxen mit stark schwankenden Umsätzen benachteiligen und zudem erheblichen Verwaltungsaufwand bedingen. Überschritte etwa eine Praxis im ersten Quartal den (anteiligen) degressionsfreien Betrag, so wäre sie mit entsprechenden Honorarkürzungen belastet und es müssten (zunächst) entsprechende Beträge an die Krankenkassen abgeführt werden. Ergäbe sich im Nachhinein, dass die Praxis im Jahresdurchschnitt die Degressionsgrenzwerte eingehalten hat, wären sowohl die Honorarkürzungen als auch die Abführungen an die Krankenkasse rückabzuwickeln.

28

Der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung steht nicht entgegen, dass die Verpflichtungen der KZÄVen im Verhältnis zu den Krankenkassen einen gewissen Quartalsbezug aufweisen. So haben die KZÄVen den Krankenkassen "bei jeder Rechnungslegung" (dh quartalsweise - vgl BSG USK 98151 S 901 f) mitzuteilen, welche Vertragszahnärzte die Punktmengengrenzen überschreiten (§ 85 Abs 4d Satz 1 SGB V). Zudem erfolgt die Durchführung der Vergütungsminderung (dh die Absenkung der Punktwerte) im Verhältnis KZÄVen-Krankenkassen gemäß § 85 Abs 4e Satz 2 SGB V "ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Grenzwertüberschreitungen nach Absatz 4b", wobei die entsprechend abgesenkten Punktwerte bei den "folgenden Abrechnungen" zugrunde zu legen sind(§ 85 Abs 4e Satz 3 SGB V). Letztlich stützen jedoch auch diese Regelungen die Annahme einer Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung. Denn sie sind so zu verstehen, dass Mitteilung und Vergütungsminderung (erst) dann zu erfolgen haben, wenn feststeht, dass ein Zahnarzt seinen jahresbezogenen degressionsfreien Betrag überschritten hat (also ggf erst im vierten Quartal eines Jahres). Bezüglich der Vergütungsminderung folgt dies zwingend aus der Inbezugnahme des § 85 Abs 4b SGB V ("Grenzwertüberschreitungen nach Absatz 4b"), der jahresbezogene Werte nennt. Auch wäre eine Verpflichtung zur Mitteilung quartalsbezogener Überschreitungen angesichts der jahresbezogenen Grenzwerte und der Möglichkeit, Überschreitungen in einzelnen Quartalen in anderen auszugleichen (siehe hierzu auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 15 RdNr 13, 16), wenig sinnvoll.

29

c) Der Jahresbezug der Degressionsberechnungen gilt jedoch nicht ausnahmslos. Vielmehr sind in Ausnahmefällen aus Sachgründen Abweichungen geboten.

30

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordert allerdings die bloße Änderung der Abrechnungsnummer keine vom Regelfall abweichende Degressionsberechnung, weil dieser lediglich eine Ordnungsfunktion zukommt (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2007, K § 85 RdNr 276).

31

bb) Offen bleiben kann, ob bereits der Umstand einer formalen Änderung des Praxisstatus an sich - wozu auch die Begründung einer Gemeinschaftspraxis gehört (BSG, Urteil vom 21.5.2003 - B 6 KA 33/02 R = MedR 2004, 172 = USK 2003-135) - eine Abweichung vom Grundsatz der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung erfordert. Zwar hat der Senat mit Urteil vom 21.5.2003 (aaO) ausgeführt, auch der Schutz eines neuen Praxispartners spreche dafür, Einzel- und Gemeinschaftspraxis im Zeitablauf nicht als Einheit zu sehen, da sich andernfalls möglicherweise die Folgerung ergebe, dass der erst später eingetretene Praxispartner für eventuelle Regresse oder Honorarrückforderungen mit zu haften hätte. Abgesehen davon, dass der Senat diese Ausführungen in einem anderen Kontext - der Verrechnung von Über- mit Unterschreitungen im Rahmen von Honorarverteilungsmaßstabs-Kontingentgrenzen - gemacht hat, kann nicht außer Betracht bleiben, dass eine Berücksichtigung derartiger Statuswechsel auch Nachteile für Vertragszahnärzte mit sich brächte. So würde ihnen die Möglichkeit genommen, nach einem Statuswechsel etwaige Überschreitungen im ersten Quartal in nachfolgenden Quartalen auszugleichen.

32

cc) Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht, weil eine abweichende Berechnung ohnehin in bestimmten Konstellationen zur Beseitigung von Wertungswidersprüchen geboten ist. Dies betrifft auch die vorliegende Fallgestaltung.

33

(1) Wie der Senat bereits entschieden hat (SozR 4-2500 § 85 Nr 15), verbietet sich eine jahresbezogene Degressionsberechnung etwa dann, wenn die Degressionsvorschriften - wie im Jahr 1997 - nur für einen Teil eines Jahres Geltung beanspruchen. Ebenso steht außer Zweifel; dass bei nur zeitanteiliger Mitgliedschaft eines Partners in einer Gemeinschaftspraxis dessen degressionsfreier Betrag dort ebenfalls nur anteilig in Ansatz zu bringen ist (BSG Urteil vom 3.12.1997 - 6 RKa 79/96 - USK 97155 S 955 f; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 10; BSG Urteil vom 8.2.2006 - B 6 KA 27/05 R - GesR 2006, 365 f). Auch wenn ein Vertragszahnarzt erst im Laufe eines Jahres seine Tätigkeit aufnimmt oder vor Ablauf des Jahres aufgibt, kommt naturgemäß nur eine zeitanteilige Berücksichtigung bzw Degressionsberechnung in Betracht.

34

(2) Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen ein Vertragszahnarzt im Laufe eines Kalenderjahres die Praxis wechselt, etwa von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder zwischen verschiedenen Gemeinschaftspraxen. In derartigen Fällen bedarf es zwingend einer zeitanteiligen sowie nach Praxen getrennten Degressionsberechnung. So ist eine "Gesamtdegressionsberechnung" - dh eine jahresbezogene Berechnung unter Einbeziehung sämtlicher Leistungen aller im Laufe des Jahres in der Praxis tätigen Zahnärzte - von vornherein nicht durchführbar, wenn auch nur einer der Zahnärzte innerhalb desselben Jahres verschiedenen Gemeinschaftspraxen angehörte. Wäre er bei beiden Gemeinschaftspraxen mit seinen Jahreswerten zu berücksichtigen, würde die Degressionsberechnung durch die Mehrfachberücksichtigung insgesamt verfälscht. Aber auch bei einem im Laufe eines Kalenderjahres vorgenommenen Wechsel zwischen Einzelpraxis und Gemeinschaftspraxis steht einer "Gesamtdegressionsberechnung" entgegen, dass dieses Vorgehen - wie im vorliegenden Fall - dazu führt, dass die Gemeinschaftspraxis mit (anteiligen) Degressionsüberschreitungen belastet wird, die auf die Tätigkeit ihres Mitgliedes in Einzelpraxis zurückzuführen sind.

35

(3) Die Notwendigkeit einer Abweichung vom Grundsatz einer jahresbezogenen Degressionsberechnung ergibt sich in Fällen der vorliegenden Art zugleich daraus, dass die geltend gemachte Honorarrückforderung andernfalls - bezüglich der in die Gesamtforderung einbezogenen, tatsächlich jedoch von den Einzelpraxen geschuldeten Anteile - Teilforderungen beinhalten würde, bei denen es sich um Altschulden handelte, für die die Gemeinschaftspraxis keine Haftung träfe.

36

(a) Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 6/06 R - BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31), dürfen Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis nicht mit Forderungen verrechnet werden, die der K(Z)ÄV gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Tätigkeit in Einzelpraxis zustehen. Dies würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Erweiterung des Kreises der Schuldner führen. Auch hätte der Umstand, dass in der vertragsärztlichen Versorgung Honorarrückforderungen und Regresse gegen einen Vertrags(zahn)arzt auch noch längere Zeit nach Ablauf des betreffenden Quartals festgesetzt werden können, andernfalls zur Folge, dass zum Zeitpunkt der Gründung einer Gemeinschaftspraxis für die Beteiligten überhaupt noch nicht feststellbare Verbindlichkeiten der Einzelvertragsärzte die gemeinschaftliche Berufsausübung belasten würden (BSG aaO RdNr 23 f).

37

Auch im Falle einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung aufgrund einer nachträglich durchgeführten Degressionsberechnung dürfen gegen eine Gemeinschaftspraxis nur Forderungen geltend gemacht werden, für die sie die Haftungsverantwortung trägt. Altverbindlichkeiten eines später in die Gemeinschaftspraxis eingetretenen Vertrags(zahn)arztes gehören nicht hierzu; die Gemeinschaftspraxis trifft insofern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Haftung (siehe BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, RdNr 19 ff). Dies entspricht auch den weiteren in der Rechtsprechung für eine Haftung der Gemeinschaftspraxis herausgestellten Grundsätzen. So hat der Senat im Urteil vom 20.10.2004 (SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 22) betont, dass die Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen eines Vertrags(zahn)arztes im Rechtssinne solche der Gemeinschaftspraxis sind, solange er seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt. Die Haftung der Gemeinschaftspraxis erstreckt sich daher nicht auf vertragsärztliche Tätigkeiten, die vor dem Beitritt zu oder nach dem Austritt aus einer Gemeinschaftspraxis ausgeübt worden sind.

38

(b) Die streitbefangene Honorarrückforderung enthält derartige, als Altverbindlichkeiten zu qualifizierende Anteile. Denn in die - die Grundlage der Honorarrückforderung bildenden - "Gesamtdegressionsberechnung" für das Jahr 1999 sind auch die Punktmengen eingeflossen, die von drs. A. (im Quartal I/1999) und von Dr. K. (im Quartal III/1999) jeweils in Einzelpraxis abgerechnet wurden. Da diese Einzelpraxen ihre zeitanteiligen Degressionsgrenzwerte jeweils überschritten haben, haben auch sie anteilig Honorar zurückzuzahlen. Entgegen der Auffassung des LSG entfällt die Charakterisierung eines Teils der Rückforderung als "Altschulden" nicht etwa deshalb, weil während der Tätigkeit von drs. A. im Quartal I/1999 - trotz der von ihm abgerechneten 652.434 Punkte - überhaupt noch keine (Degressions-)Verbindlichkeiten entstanden seien. Wenn das LSG ausführt, dass damit die Degressionsgrenze im Quartal I/1999 noch nicht überschritten worden sei, weil diese für 1999 bei 899.929 Punkten gelegen habe, ist dies schon deshalb unzutreffend, weil es dabei den degressionsfreien Betrag aller Mitglieder der (späteren) Gemeinschaftspraxis zugrunde gelegt hat, obwohl - wie dargelegt - eine "Gesamtdegressionsberechnung" vorliegend unzulässig ist. Das LSG hätte die jahresbezogene Degressionsberechnung aber auch deshalb nicht akzeptieren dürfen, weil die dabei zugrunde gelegte Gesamtüberschreitung im Jahre 1999 durch den Tätigkeitsumfang des drs. A. im Quartal I/1999 wesentlich mit verursacht war, was im Ergebnis einer Anrechnung von Altschulden gleichkam.

39

7. Demgemäß ist die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegende "Gesamtdegressionsberechnung" zu beanstanden. Die von den Einzelpraxen drs. A. und Dr. K. erbrachten Leistungen dürfen nicht mit den von der klagenden Gemeinschaftspraxis berechneten Leistungen zusammengefasst werden. Die degressionsfreien Punktmengen und die Degressionsbeträge müssen rechnerisch neu auf die Klägerin und auf die in den Quartalen I/1999 bzw III/1999 betriebenen Einzelpraxen der Zahnärzte drs. A. und Dr. K. verteilt werden; bezüglich der im Quartal I/1999 bestehenden Einzelpraxis der Zahnärztin L. erübrigt sich dies, weil von ihr keine Leistungen erbracht wurden. Dies erfordert eine andere Zuordnung der jeweiligen Beträge, zeitanteilig und getrennt nach Gemeinschaftspraxis sowie Einzelpraxen.

40

Soweit in den angefochtenen Bescheiden die degressionsbedingten Rückforderungsbeträge fehlerhaft berechnet worden sind, liegt zumindest ein Begründungsmangel iS des § 35 Abs 1 Satz 2 SGB X vor. Die Beklagte hat die Zuordnung der Honorarminderung zu den einzelnen Praxen und Ärzten jedenfalls anders begründet, als es der gesetzlichen Regelung entsprochen hätte. Ob das zur Rechtswidrigkeit und damit zur Aufhebung der Bescheide und weiterhin zu einer Beschwer der Klägerin im Sinne des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG führt, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

41

a) Eine Gemeinschaftspraxis (heute: Berufsausübungsgemeinschaft) kann - und wird auch regelmäßig - beschwert sein, wenn ihr gegenüber Vergütungsminderungen vorgenommen werden, die richtigerweise zumindest teilweise gegenüber einem ihrer ehemaligen oder aktuellen Mitglieder realisiert werden müssten. Hier besteht aber die Besonderheit, dass alle auch für die korrekte Verteilung der degressionsbedingten Honorarminderungen wichtigen Daten sowie alle von Rückforderungen betroffenen Zahnärzte mit ihren jeweiligen Abrechnungsergebnissen in den angefochtenen Bescheiden bezeichnet sind. Alle betroffenen Zahnärzte haben demnach erkennen können, von wem rein rechnerisch welcher Anteil an den von der Beklagten festgesetzten Honorarminderungen "verursacht" worden ist. Da zudem der streitbefangene Betrag schon an die Beklagte gezahlt worden ist, kann jedenfalls im Revisionsverfahren nicht ausgeschlossen werden, dass die Mitglieder der Klägerin - insbesondere drs. A. als Hauptverursacher der Honorarminderung - den Rückforderungsbetrag im Innenverhältnis bereits so aufgeteilt haben, wie es sich bei zutreffender Berechnung ergeben würde. Dann wäre die Nachlieferung dieser Berechnung durch die Beklagte als Nachholung der zutreffenden Begründung iS des § 41 Abs 2 SGB X eine bloße Förmlichkeit. In der Sache hätten die von den angefochtenen Verwaltungsakten betroffenen Zahnärzte erkennen können, wie diese sich wirtschaftlich auf sie auswirken.

42

b) Dem wird das LSG, an das der Rechtsstreit gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zurückverwiesen wird, im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachgehen müssen. Zu diesem Verfahren sind drs. A. sowie Dr. K. beizuladen, weil die streitbefangenen Honorarminderungen auch ihre Belange als zeitweilig in Einzelpraxis tätige Zahnärzte betreffen und ihnen die Möglichkeit gegeben werden muss, sich zur rechnerischen Aufteilung der degressionsbedingten Kürzungen auf die Klägerin und sie persönlich zu äußern. Unter Berücksichtigung einer neuen, von der Beklagten dem Berufungsgericht vorzulegenden Berechnung, der Äußerungen der beteiligten Zahnärzte und auf der Grundlage der erforderlichen Feststellungen des LSG zu den tatsächlichen Veränderungen der Neuberechnung im Verhältnis zur Berechnung der Rückforderung in den angefochtenen Bescheiden wird das Berufungsgericht dann zu beurteilen haben, ob nur ein heilbarer und nach § 41 Abs 2 SGB X geheilter Begründungsmangel vorliegt, oder ob die Auswirkungen der richtigen Berechnung so gravierend sind, dass der Bestand der Bescheide selbst betroffen ist. Dann wären diese aufzuheben und die Beklagte müsste neue Bescheide zur Auswirkung der Degressionsregelungen auf die betroffenen Praxen im Jahr 1999 erlassen.

43

Das Berufungsgericht ist - wenn es zur Annahme von Defiziten lediglich der Begründung der angefochtenen Bescheide gelangen sollte - nicht an einer Abweisung der Klage gehindert, weil die Quartalsabrechnung II/2001 vom 29.10.2001 in Verbindung mit dem "Degressionsbescheid" vom 4.10.2001, mit der die Beklagte die (Gesamt-)Degressionskürzung geltend gemacht hat, dem ersten Anschein nach allein an die "Gemeinschaftspraxis drs. A./L./K." bzw an die "Sozietät drs. A." gerichtet war. Adressat war jedoch, wie das LSG unter Inbezugnahme entsprechender Ausführungen des SG festgestellt hat, neben der Gemeinschaftspraxis selbst auch jedes einzelne ihrer Mitglieder. Dies ergibt sich nach den Feststellungen des LSG daraus, dass der Bescheid sämtliche in der Gemeinschaftspraxis im Jahre 1999 tätigen Zahnärzte mit ihrem Namen aufführt, und entspricht auch dem Willen der Beklagten. Zudem konnten die betroffenen Zahnärzte aus der detaillierten Degressionsberechnung im - dem "Degressionsbescheid" wie dem Honorarkürzungsbescheid beigefügten - "Zahnarzt-Punktekonto-Auszug" vom 4.10.2001, insbesondere anhand der dort aufgeführten Arztnummern, unzweifelhaft erkennen, dass auch ihre in Einzelpraxis (drs. A. im Quartal I/1999, Dr. K. in der Zeit vom 9.8. - 30.9.1999) erbrachten zahnärztlichen Leistungen in die Berechnung der Degressionsgrenzwerte wie auch des Überschreitungs- und Rückforderungsbetrages Eingang gefunden haben. Die Nennung (allein) der klagenden Gemeinschaftspraxis stellt sich somit als partielle, aber unschädliche Falschbezeichnung dar (zur revisionsgerichtlichen Befugnis, Verwaltungsakte auszulegen, s BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 16 mwN).

44

c) Sollte das LSG zu der Auffassung gelangen, die fehlerhafte Zuordnung der Honorarminderungen zu der klagenden Gemeinschaftspraxis und den Einzelpraxen führe zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, muss es die Beklagte verpflichten, neu zu entscheiden. Einer solchen neuen Entscheidung stünde nicht die - auch im Falle degressionsbedingter Honorarkürzungen zu beachtende (vgl BSG MedR 2008, 100 RdNr 15 ff und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff - für degressionsbedingte Honorarminderungen)- Ausschlussfrist von vier Jahren entgegen. Diese Ausschlussfrist hat die Beklagte durch den Erlass bezüglich der angefochtenen Bescheide gewahrt. Im Falle gerichtlicher Aufhebung des bisherigen Prüf- oder Richtigstellungsbescheides und der Verpflichtung zur Neubescheidung wirkt die Fristwahrung im bisherigen Verfahren für das neue Verfahren weiter (stRspr des Senats, vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 294; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12). Dies würde auch im Hinblick auf die beiden am Verfahren bislang nicht beteiligten Zahnärzte drs. A. und Dr. K. gelten. Auch die auf sie entfallenden Honorare sind der Sache nach Gegenstand der hier angefochtenen Bescheide, die die Beklagte durch neue, auf richtiger rechnerischer Grundlage erstellte Bescheide ersetzen würde.

45

8. Das Berufungsgericht wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit, die durch den Missbrauch von erlaubt erworbenen oder durch den Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden begründet ist, angewendet werden.

(2) Im Rahmen der ärztlichen Therapie soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden. Wesentliche Ziele der Substitution sind dabei insbesondere

1.
die Sicherstellung des Überlebens,
2.
die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
3.
die Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
4.
die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder
5.
die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt.

(3) Ein Arzt darf einem Patienten Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn er die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (suchtmedizinisch qualifizierter Arzt). Zudem muss er die Meldeverpflichtungen nach § 5b Absatz 2 erfüllen.

(4) Erfüllt der Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation nach Absatz 3 Satz 1 (suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt), muss er zusätzlich zu der Voraussetzung nach Absatz 3 Satz 2

1.
sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
2.
sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.
Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(5) Im Vertretungsfall soll der substituierende Arzt von einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt vertreten werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 1 zu bestellen, so kann er von einem suchtmedizinisch nicht qualifizierten Arzt vertreten werden. In diesem Fall darf die Vertretung einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu vier Wochen und höchstens insgesamt zwölf Wochen im Jahr umfassen. Der Vertreter hat sich mit dem zu vertretenden Arzt grundsätzlich vor Beginn des Vertretungsfalles abzustimmen. Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. Der Vertreter fügt den Schriftwechsel sowie die sonstigen Aufzeichnungen zwischen den an der Vertretung beteiligten Ärzten der Dokumentation nach Absatz 11 bei. Der Vertreter nach Satz 2 darf im Rahmen seiner Vertretung keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(6) Als Substitutionsmittel im Sinne von Absatz 1 darf der substituierende Arzt nur Folgendes verschreiben:

1.
ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
2.
eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
3.
in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.
Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines in Satz 1 genannten Substitutionsmittels ist mit dem Buchstaben „S“ zu kennzeichnen. Für die zur Substitution zugelassenen Arzneimittel mit dem Stoff Diamorphin gilt § 5a.

(7) Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel von den in Absatz 9 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten Personal in den in Absatz 9 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden. Im Fall des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen ausgehändigt und ihm die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden, sofern dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße Einnahme des Substitutionsmittels vorliegen.

(8) Abweichend von Absatz 7 Satz 1 darf der substituierende Arzt dem Patienten Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme gemäß den Feststellungen der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b verschreiben,

1.
sobald und solange er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach Absatz 7 nicht mehr erforderlich ist, oder
2.
ausnahmsweise, wenn
a)
die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten nicht anderweitig gewährleistet werden kann,
b)
der Verlauf der Behandlung dies zulässt,
c)
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und
d)
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden.
Der substituierende Arzt darf dem Patienten Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Im Fall von Satz 1 Nummer 1 darf er dem Patienten in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel in der für bis zu 30 aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Ein begründeter Einzelfall im Sinne des Satzes 3 kann nur durch einen medizinischen oder einen anderen Sachverhalt begründet sein. Ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall liegt vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen, die seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder seine Erwerbstätigkeit betreffen, darauf angewiesen ist, eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für bis zu 30 Tage zu erhalten. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu machen. Medizinische Sachverhalte, die einen Einzelfall begründen, werden durch die Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b festgestellt. Der substituierende Arzt darf die Verschreibung nach Satz 1 im Rahmen einer persönlichen Konsultation an den Patienten aushändigen oder infolge einer telemedizinischen Konsultation an ihn übermitteln; die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden sind einzuhalten. In einem Zeitraum von 30 Tagen hat mindestens eine persönliche Konsultation stattzufinden. Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. Der substituierende Arzt kann patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder an die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden sollen.

(9) Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dürfen nur von folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden:

1.
dem substituierenden Arzt in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist,
2.
dem vom substituierenden Arzt in der Einrichtung nach Nummer 1 eingesetzten medizinischen Personal oder
3.
dem medizinischen, pharmazeutischen, pflegerischen oder in begründeten Fällen, in denen die Abgabe nicht anderweitig gewährleistet werden kann, auch anderem geeigneten Personal, das vom substituierenden Arzt eingewiesen wurde, in
a)
einer stationären Einrichtung der medizinischen Rehabilitation,
b)
einem Gesundheitsamt,
c)
einem Alten- oder Pflegeheim,
d)
Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs,
e)
einem Hospiz oder
f)
einer anderen geeigneten Einrichtung, die zu diesem Zweck von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein muss,
sofern der substituierende Arzt nicht selber in der jeweiligen Einrichtung tätig ist und er mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Außerdem darf ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden
1.
bei einem Hausbesuch
a)
vom substituierenden Arzt oder dem von ihm eingesetzten medizinischen Personal oder
b)
vom medizinischen oder pflegerischen Personal, das von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer Einrichtung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung eingesetzt wird, sofern der substituierende Arzt für diesen Pflegedienst oder diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit diesem Pflegedienst oder dieser Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat,
2.
in einer Apotheke von dem Apotheker oder von dem dort eingesetzten pharmazeutischen Personal, sofern der substituierende Arzt mit dem Apotheker eine Vereinbarung getroffen hat,
3.
in einem Krankenhaus von dem dort eingesetzten medizinischen oder pflegerischen Personal, sofern der substituierende Arzt für dieses Krankenhaus nicht selber tätig ist und er mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung getroffen hat, oder
4.
in einer staatlich anerkannten Einrichtung der Suchtkrankenhilfe von dem dort eingesetzten und dafür ausgebildeten Personal, sofern der substituierende Arzt für diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit der Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Der substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das Personal nach den Sätzen 1 und 2 fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, in dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren eingewiesen wird; eine invasive Verabreichung darf nur durch das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen. Die Vereinbarung nach den Sätzen 1 und 2 hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen und muss bestimmen, wie das eingesetzte Personal einer Einrichtung nach den Sätzen 1 und 2 fachlich eingewiesen wird und muss daneben mindestens eine verantwortliche Person in der jeweiligen Einrichtung benennen sowie Regelungen über die Kontrollmöglichkeiten durch den substituierenden Arzt enthalten. Der substituierende Arzt darf die benötigten Substitutionsmittel in den in den Sätzen 1 und 2 genannten Einrichtungen unter seiner Verantwortung lagern. Die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten Verfügungsberechtigten bleibt unberührt.

(10) Der substituierende Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 9 sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 gemäß den von der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 3 bestimmten Anforderungen zu dokumentieren. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.

(11) Die Bundesärztekammer stellt den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution in einer Richtlinie fest, insbesondere für

1.
die Ziele der Substitution nach Absatz 2,
2.
die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution nach Absatz 1 Satz 1,
3.
die Erstellung eines Therapiekonzeptes nach Absatz 1 Satz 2, insbesondere
a)
die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 6,
b)
die Voraussetzungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme nach den Absatz 8,
c)
die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psychosozialer Betreuungsmaßnahmen sowie
d)
die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs.
Daneben kann die Bundesärztekammer nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten wesentliche Ziele der Substitution in dieser Richtlinie feststellen. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach Absatz 10 Satz 1 in dieser Richtlinie. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn und soweit die Feststellungen nach den Sätzen 1 und 2 beachtet worden sind.

(12) Vor der Entscheidung der Bundesärztekammer über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution zu geben. Die Stellungnahme ist von der Bundesärztekammer in ihre Entscheidung über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 einzubeziehen.

(13) Die Bundesärztekammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 zur Genehmigung vorzulegen. Änderungen der vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigten Richtlinie sind dem Bundesministerium für Gesundheit von der Bundesärztekammer ebenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann von der Bundesärztekammer im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern. Das Bundesministerium für Gesundheit macht die genehmigte Richtlinie und genehmigte Änderungen der Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt.

(14) Die Absätze 3 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxis- oder Stationsbedarfs zum unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 7 Satz 2 ausgehändigt wird.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn

1.
diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind,
2.
nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, daß durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist,
3.
die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind,
4.
ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und
5.
sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a erteilt worden ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für Inseminationen, die nach Stimulationsverfahren durchgeführt werden und bei denen dadurch ein erhöhtes Risiko von Schwangerschaften mit drei oder mehr Embryonen besteht. Bei anderen Inseminationen ist Absatz 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz und Nr. 5 nicht anzuwenden.

(3) Anspruch auf Sachleistungen nach Absatz 1 besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben; der Anspruch besteht nicht für weibliche Versicherte, die das 40. und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Vor Beginn der Behandlung ist der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorzulegen. Die Krankenkasse übernimmt 50 vom Hundert der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahmen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden.

(4) Versicherte haben Anspruch auf Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder von Keimzellgewebe sowie auf die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen, wenn die Kryokonservierung wegen einer Erkrankung und deren Behandlung mit einer keimzellschädigenden Therapie medizinisch notwendig erscheint, um spätere medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach Absatz 1 vornehmen zu können. Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(5) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 4.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Tatbestand

1

Umstritten ist ein Arzneikostenregress wegen der Verordnung des Arzneimittels Polyglobin in den Quartalen II/1999 bis IV/1999.

2

Der in diesen Quartalen als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger verordnete insgesamt 17-mal "Polyglobin 5 %" für die 1932 geborene Versicherte H. Diese litt an einem metastasierenden Karzinom der Eileiter, das auch die Leber befallen hatte, und ist 2001 verstorben. Die Kosten je Verordnung beliefen sich auf 3209,02 DM. Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der zu 2. beigeladenen Krankenkasse vom 1.12.2000 setzte der Prüfungsausschuss auf der Grundlage des § 14 der für den Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geltenden Prüfvereinbarung eine Schadensersatzpflicht des Klägers wegen der Verordnung von "Polyglobin" in Höhe von 51 553 DM fest. Dieser Betrag ergab sich auf der Grundlage der Bruttoverordnungskosten unter Abzug eines fünfprozentigen Apothekenrabatts und der von der Versicherten geleisteten Zuzahlungen. Der beklagte Beschwerdeausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, Polyglobin sei nicht im Rahmen der Zulassungsindikationen verordnet worden, und für eine Verordnung außerhalb der zugelassenen Indikationen - der Kläger hatte die Behandlung eines Antikörpermangels bei der Versicherten als Grund für die Verordnungen angeführt - habe keine rechtliche Grundlage bestanden.

3

Das SG hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben, soweit die Verordnungen im Quartal II/1999 ausgestellt worden sind, weil die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2. die Antragsfrist versäumt habe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil für einen zulassungsüberschreitenden Einsatz von Polyglobin die rechtlichen Voraussetzungen, die inzwischen von der Rechtsprechung des BSG geklärt seien, nicht vorgelegen hätten.

4

Dieses Urteil haben der Kläger am 15.4.2005 mit der Berufung und die Beigeladene zu 2. am 28.11.2006 mit der Anschlussberufung angegriffen. Der Kläger hat geltend gemacht, die Verordnung von Polyglobin in den streitbefangenen Quartalen habe den Behandlungserfolg der Chemotherapie absichern sollen und sei damit zur erfolgreichen Behandlung des inoperablen metastasierenden Tubenkarzinoms notwendig gewesen. Nach der Entscheidung des BSG vom 5.7.1995 (Remedacen) habe er darauf vertrauen können, verschreibungspflichtige Medikamente auch außerhalb ihres Zulassungsbereichs verordnen zu dürfen. Der durch dieses höchstrichterliche Urteil ausgelöste Vertrauensschutz sei frühestens durch das Urteil des BSG vom 30.9.1999 (SKAT) eingeschränkt worden. Dieses Urteil habe er bei Ausstellung der hier betroffenen Verordnungen nicht kennen können; insoweit sei ihm zumindest Vertrauensschutz zuzubilligen. Im Übrigen seien die von ihm vorgenommenen Verordnungen auch nach den heute geltenden Maßstäben nicht zu beanstanden, weil die Voraussetzungen für einen indikationsüberschreitenden Einsatz von Polyglobin nach den im Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 formulierten Maßstäben erfüllt seien.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. das Urteil des SG geändert und die Klage auch hinsichtlich der Verordnungen aus dem Quartal II/1999 abgewiesen. Die Anschlussberufung sei zulässig, obwohl diese sich nicht auf den Teil des Streitgegenstandes beziehe, der Gegenstand der Berufung des Klägers sei (Quartale III und IV/1999). Soweit das BSG die Auffassung vertrete, eine Anschlussberufung müsse sich innerhalb des Streitgegenstandes der Hauptberufung bewegen, sei dem nicht zu folgen. Dem Gegner des Berufungsführers müsse es möglich sein, durch Anschließung an die Berufung des Hauptberufungsführers eine Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils zu erreichen, auch soweit ein Streitgegenstand betroffen sei, der von der Berufung des Klägers nicht erfasst werde.

6

Die Berufung der beigeladenen Krankenkasse sei aus denselben Gründen begründet wie diejenige des Klägers unbegründet. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, auf der Grundlage des § 14 der für Berlin geltenden Prüfvereinbarung Arzneikostenregresse gegen den Kläger wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel festzusetzen. Das setze nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG kein Verschulden des Vertragsarztes voraus. Auch ein Antrag der jeweils betroffenen Krankenkasse sei nicht erforderlich gewesen; soweit die Prüfvereinbarung etwas anderes vorschreibe, sei das nach der Rechtsprechung des BSG mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und deshalb unwirksam. Aus diesem Grund habe das SG der Klage hinsichtlich des Quartals II/1999 zu Unrecht stattgegeben. Auf Vertrauensschutz könne der Kläger sich nicht berufen. Soweit der 8. Senat des BSG im Jahr 1999 ausgeführt habe, die Versicherten hätten im Anschluss an das Urteil des 1. Senats des BSG vom 15.7.1995 zumindest bis zur Veröffentlichung des Urteils aus dem Jahre 1999 darauf vertrauen dürfen, dass sie mit Arzneimitteln auch außerhalb des durch die Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) bestimmten Indikationsbereichs versorgt werden dürften, könne dem nicht gefolgt werden. Schließlich führe auch der Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 nicht zu einer anderen Beurteilung, weil die Wirksamkeit von Polyglobin zur Behandlung der nach Auffassung des Klägers bei der Patientin H. vorhandenen Antikörperstörung nicht belegt sei (Urteil vom 26.11.2008).

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Anschlussrevision der Beigeladenen zu 2. als zulässig anzusehen. Diese Berufung sei nach Ablauf der auch für diese Beigeladene geltenden Berufungsfrist von einem Monat nach Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils eingelegt worden. Als unselbstständige Anschlussberufung sei sie nicht zulässig, weil sie sich nicht auf den Gegenstand der von ihm - dem Kläger - eingelegten Hauptberufung beziehe. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe nach Ablauf der für die Beteiligten geltenden Berufungsfrist der Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nicht mehr erweitert werden. Seine - des Klägers - Verordnungen in den drei streitbefangenen Quartalen bildeten jeweils unterschiedliche Streitgegenstände, was das SG im Ausgangspunkt zutreffend dadurch zum Ausdruck gebracht habe, dass es den Regressbescheid hinsichtlich des Quartals II/1999 aufgehoben und hinsichtlich der in den beiden folgenden Quartalen ausgestellten Verordnungen für rechtmäßig gehalten habe. Deshalb sei der angefochtene Regressbescheid hinsichtlich der Verordnungen aus dem Quartal II/1999 dem Berufungsgericht mit seiner - des Klägers - (Haupt)Berufung nicht angefallen und habe durch die zu 2. beigeladene Krankenkasse nach Ablauf der Berufungsfrist nicht mehr in das Berufungsverfahren einbezogen werden können.

8

Im Übrigen sei das Urteil des LSG fehlerhaft, soweit es die Regresse für rechtmäßig gehalten habe. Der vom Berufungsgericht herangezogene § 14 Abs 1 der Prüfvereinbarung sei schon generell keine tragfähige Grundlage für einen Regress wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel. Die Prüfvereinbarung regele lediglich Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sowie Regresse wegen schuldhafter Verursachung eines "sonstigen Schadens". Der in der Rechtsprechung des BSG zugelassene Regress wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Mittel hätte in der Prüfvereinbarung zwar geregelt werden können, sei dort tatsächlich aber nicht geregelt worden.

9

Weiterhin sei der angefochtene Bescheid fehlerhaft, weil im Prüfungsausschuss wie im Beschwerdeausschuss jeweils unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen entschieden worden sei. Die Krankenkassenvertreter hätten eine Vertagung der Entscheidung des Beklagten in einer Sitzung unter Vorsitz eines Vertreters der Ärzte herbeigeführt, um so zu erreichen, dass über die Widersprüche des Klägers gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen getroffen worden sei, erneut unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen entschieden werde. Das sei unzulässig. Die Vorschriften über den wechselnden Vorsitz im Prüfungs- und Beschwerdeausschuss nach § 106 SGB V aF könnten nur so verstanden werden, dass jedenfalls über Entscheidungen des Prüfungsausschusses, bei denen ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz gehabt habe, in der Besetzung des Beschwerdeausschusses mit einem Vorsitzenden aus den Reihen der Vertragsärzte entschieden werden müsse.

10

Die Verordnung von Polyglobin sei zur Behandlung der bei der Versicherten H. vorhandenen lebensbedrohlichen Karzinomerkrankung notwendig gewesen. Zwar sei der Einsatz von Polyglobin nicht unmittelbar zur Heilung der Tumorerkrankung bzw zur Linderung der damit verbundenen Beschwerden erfolgt, doch habe die Versicherte unter einer Antikörperstörung gelitten, die eine Chemotherapie unmöglich gemacht habe, die ihrerseits zur Behandlung des Tumorgrundleidens erforderlich gewesen sei. Der Einsatz von Polyglobin habe die Voraussetzungen für eine Fortsetzung der Chemotherapie schaffen sollen, und seine Rechtmäßigkeit müsse deshalb aus medizinischen Gründen nach denselben Maßstäben beurteilt werden wie die Verordnung von Arzneimitteln zur kausalen Krebstherapie. Jedenfalls habe er - der Kläger - darauf vertrauen dürfen, dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG auch der die Indikationsgrenzen überschreitende Einsatz generell zugelassener Arzneimittel (Off-Label-Use) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung möglich gewesen sei. Das habe der 1. Senat des BSG im Juli 1995 zum Einsatz des Codeinpräparates Remedacen zur Drogensubstitution entschieden, und der 8. Senat des BSG, der mit dieser Rechtsprechung nicht einverstanden gewesen sei, habe im Jahr 1999 für die Zeit bis zur Verkündung seiner Entscheidung den Versicherten Vertrauensschutz zugebilligt. Auf diesen Vertrauensschutz könne er - der Kläger - sich hier auch berufen. Soweit der 6. Senat des BSG im Mai 2006 entschieden habe, Vertrauensschutzaspekte spielten insoweit keine Rolle, weil Vertragsärzte, die Arzneimittel außerhalb der Zulassungsindikationen einsetzen wollten, gehalten seien, ein Privatrezept auszustellen und die Versicherten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Krankenkasse zu unterstützen, sei das auf die hier maßgebliche Rechtslage des Jahres 1999 nicht übertragbar. Zu diesem Zeitpunkt sei nach § 29 Abs 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) die Genehmigung von Verordnungen durch eine Krankenkasse unzulässig gewesen. In Verbindung mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG zu Remedacen habe sich daraus die Berechtigung von Vertragsärzten ergeben, den Off-Label-Use-Einsatz im regulären Verfahren durch Ausstellen von vertragsärztlichen Verordnungen zu praktizieren. Soweit das LSG bemängelt habe, das bei der Versicherten H. vorliegende Antikörpermangelsyndrom, das letztlich den Einsatz von Polyglobin erforderlich gemacht habe, sei nicht ausreichend belegt, könne dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung des LSG seien laborchemische Untersuchungen zum Nachweis dieses Antikörpermangelsyndroms verzichtbar.

11

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.11.2008 und des Sozialgerichts Berlin vom 9.2.2005, soweit hier die Klage abgewiesen wurde, sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.12.2001 aufzuheben,

hilfsweise, die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.11.2008 und des Sozialgerichts Berlin vom 9.2.2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.12.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden,

weiter hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.11.2008 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

13

Zutreffend habe das Berufungsgericht entschieden, dass die Partner der Prüfvereinbarungen nicht einmal berechtigt gewesen wären, Arzneikostenregresse wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel vom Verschulden des Vertragsarztes abhängig zu machen. Entgegen der Auffassung des Klägers habe die maßgebliche Prüfvereinbarung aus dem Jahre 1994 nicht vorgeschrieben, dass eine unter dem Vorsitz eines Kassenvertreters getroffene Entscheidung vom Beschwerdeausschuss nur unter dem Vorsitz eines Vertreters der Ärzte überprüft werden dürfe. Eine solche Regelung wäre auch nicht praktikabel gewesen und hätte die Dauer der Prüfverfahren erheblich verlängert. Die Ausführungen des Klägers hinsichtlich seines Vertrauens auf bestimmte Entscheidungen des BSG seien irrelevant. Es sei lebensfremd, dass ein Vertragsarzt die einzelnen Entwicklungsschritte der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Kenntnis nehme und sein Verordnungsverhalten daran ausrichte. Eine Ausnahmelage im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG vom 6.12.2005 habe in den streitbefangenen Quartalen bei der Versicherten H. nicht bestanden.

14

Die zu 2. beigeladene Krankenkasse hält das Urteil des LSG ebenfalls für zutreffend. Zu Recht habe das LSG ihre Anschlussberufung als zulässig angesehen. Folge man der Auffassung des Klägers, gebe es für die Anschlussberufung im sozialgerichtlichen Verfahren überhaupt keinen Anwendungsbereich, weil die Hauptberufung regelmäßig nur insoweit erhoben werde, als der Rechtsmittelführer durch das sozialgerichtliche Urteil beschwert sei. Für eine Anschlussberufung sei dann kein Raum, weil im Rahmen der Beschwer des Klägers der Anschlussberufungsführer selbst mit dem angefochtenen Urteil einverstanden sei. Ein Grund für eine derart restriktive Handhabung entgegen der Rechtsprechung in den anderen Gerichtszweigen sei nicht erkennbar.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Zu Recht rügt er, dass das Berufungsgericht über den angefochtenen Bescheid des Beklagten hinsichtlich der Verordnungen aus dem Quartal II/1999 in der Sache entschieden habe. Insoweit ist die zugunsten des Klägers ergangene Entscheidung des SG rechtskräftig geworden, weil die Beigeladene zu 2. innerhalb der Berufungsfrist keine Berufung eingelegt hat. Ihre Anschlussberufung war unzulässig (1). Keinen Erfolg hat die Revision dagegen hinsichtlich der Verordnungen in den Quartalen III und IV/1999. Insoweit hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das sozialgerichtliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig (2).

16

1. Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. vom 28.11.2006 war unzulässig. Das Berufungsgericht hätte auf diese Anschlussberufung hin nicht in eine Sachprüfung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Verordnungen des Klägers aus dem Quartal II/1999 eintreten dürfen. Insoweit war das der Klage stattgebende Urteil des SG nämlich bereits rechtskräftig geworden.

17

a. Die Berufung der beigeladenen Krankenkasse hätte nur als Anschlussberufung iS des § 202 SGG iVm § 524 ZPO zulässig sein können. Eine eigenständige Berufung wäre wegen Versäumung der Berufungsfrist des § 151 Abs 1 SGG unzulässig. Das Urteil des SG ist der Beigeladenen zu 2. am 16.3.2005 zugestellt worden; die Monatsfrist des § 151 Abs 1 SGG ist durch die Einlegung der Berufung am 28.11.2006 nicht gewahrt worden.

18

Die Berufungsfrist des § 151 Abs 1 SGG gilt nicht für die Anschlussberufung, die nach der Rechtsprechung des BSG auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft ist(BSGE 63, 167, 169 = SozR 1500 § 54 Nr 85; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg), SGG 9. Aufl 2008, § 143 RdNr 5). Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. war hier aber unzulässig, weil sie nicht den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung des Klägers betroffen, sondern einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt hat. Das ist nach der Rechtsprechung aller mit dieser Rechtsfrage bisher befassten Senate des BSG ausgeschlossen (zB Urteil des 9. Senats vom 8.7.1969 = SozR Nr 12 zu § 521 ZPO; 6. Senat vom 19.6.1996 - 6 RKa 24/95 - = USK 96131) Diese Entscheidungen sind zu Ansprüchen ergangen, die Gegenstand des Klageverfahrens, aber nicht der Hauptberufung waren. Das Urteil des 4. Senats vom 10.2.2005 - B 4 RA 48/04 R - betrifft einen mit der Anschlussberufung geltend gemachten Anspruch, der nicht einmal Gegenstand des Klageverfahrens gewesen ist. Die Rechtsauffassung des BSG zur Begrenzung der Anschlussberufung auf den Streitgegenstand der Hauptberufung wird in den Kommentaren zum SGG - soweit ersichtlich ohne Ausnahme - geteilt (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 143 RdNr 5d; Eckertz in: Lüdtke, Handkommentar Sozialgerichtsgesetz, 3. Aufl 2009, § 143 RdNr 37; Behn in: Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 87. Ergänzungslieferung, Stand: Mai 2009 - Gesamtwerk, § 143 RdNr 68 f; Frehse in: Jansen, SGG, 3. Aufl 2009, § 143 RdNr 7; Waschull in: Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2009, § 6 RdNr 130). Nach Bernsdorff (in: Hennig, SGG, Stand Februar 2009 - Gesamtwerk - § 143 RdNr 27) liegt keine Anschlussberufung vor, wenn sich der Antrag des Berufungsbeklagten bei teilbarem Streitgegenstand gegen einen anderen als den mit der Berufung angegriffenen Teil des erstinstanzlichen Urteils richtet (ähnlich Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 143 RdNr 24).

19

b. Bei Anwendung dieser Rechtsauffassung ist die Anschlussberufung unzulässig, wie das LSG zutreffend angenommen hat. Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. betrifft einen anderen Streitgegenstand als die Hauptberufung, weil diese die Verordnungen des Klägers aus den Quartalen III/1999 und IV/1999, jene aber solche aus dem Quartal II/1999 erfasst. Vertragsärztliche Honorarbescheide sowie Bescheide der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergehen quartalsbezogen und enthalten, wenn Entscheidungen mehrere Quartale betreffen (vgl zB BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 30/08 R - RdNr 24 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), verschiedene Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X. Selbst innerhalb eines Bescheides für ein Quartal können zahlreiche eigenständige "Regelungen" ergehen, die selbstständig anfechtbar sind. Das hat der Senat in einem Urteil vom 23.2.2005 (SozR 4-1500 § 92 Nr 2) für einen Honorarbescheid näher dargelegt; in dem schon zitierten Urteil vom 19.6.1996 (6 RKa 24/95) hat der Senat das in Bezug auf einen Bescheid zur Wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich von Kürzungen für bestimmte Leistungen bzw Leistungssparten als selbstverständlich vorausgesetzt und im Urteil vom 16.7.2008 ausdrücklich ausgesprochen (BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 25 am Ende).

20

Diese Rechtsprechung kann allerdings nicht ohne Weiteres auf Kostenregresse wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel übertragen werden. Derartige Regressbescheide können quartalsbezogen ergehen, etwa wenn ein Arzt über einen längeren Zeitraum hinweg bestimmte Medikamente für zahlreiche Patienten verordnet. Zwingend ist die Bindung eines Kostenregresses ebenso wie eines Regresses wegen eines sog "sonstigen Schadens" an den Quartalsturnus indessen nicht und bietet sich gerade in Konstellationen nicht an, in denen es um die Behandlung eines Versicherten mit einem umstrittenen Medikament über mehrere Quartale geht. Ein solcher Fall ist hier zu beurteilen, und sowohl der Regressantrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2. wie die Entscheidungen des Prüfungsausschusses und des Beklagten haben nicht nach den drei betroffenen Quartalen differenziert und mussten das auch nicht.

21

Ursprünglich bildete deshalb der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung der - Verordnungen aus drei Quartalen erfassenden - Entscheidung des Beklagten vom 12.12.2001 den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Das SG hat diesen einheitlichen Streitgegenstand jedoch getrennt und die Regressfestsetzung je nach Zuordnung der beanstandeten Verordnungen des Klägers zu den Quartalen II/1999 einerseits sowie III und IV 1999 andererseits unterschiedlich beurteilt. Anlass dazu hat dem SG die (mittelbar) quartalsbezogene Regelung über die Antragsfrist der Krankenkasse in § 14 Abs 2 der maßgeblichen Prüfvereinbarung gegeben. Weil offenbar die Krankenkassen die Verordnungen aus jedem Quartal zusammengefasst zu einem bestimmten Termin erhalten, der wiederum für den Beginn der Antragsfrist nach § 14 Abs 2 von Bedeutung ist, konnte nach Ansicht des SG die Prüfung der Einhaltung dieser Frist nur differenziert für jedes Quartal erfolgen. Das Urteil des SG hat inzident die angefochtene Entscheidung des Beklagten in zumindest zwei Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X aufgespalten, nämlich hinsichtlich der aus dem Quartal II/1999 und hinsichtlich der aus den Quartalen III/1999 sowie IV/1999 stammenden Verordnungen des Klägers. Bundesrecht ist dadurch nicht verletzt, und das SG hat durch den Tenor seines Urteils die Beteiligten über das gerichtliche Vorgehen hinreichend deutlich informiert.

22

Damit bestand bei Zustellung des SG-Urteils eine Rechtslage, wie sie derjenigen bei Honorarfestsetzungen oder Kürzungs- bzw Regressbescheiden entspricht, die von vornherein mehrere Quartale erfassen. Für jedes dieser Quartale ist (mindestens) eine Regelung angefochten, deren prozessuales Schicksal von demjenigen für die anderen Quartale abweichen kann; die Regelung für jedes Quartal bildet einen eigenständigen Streitgegenstand. Als Folge der Hauptberufung des Klägers war der angefochtene Bescheid des Beklagten Gegenstand des Berufungsverfahrens nur hinsichtlich der aus den Quartalen III/1999 und IV/1999 stammenden Verordnungen; das ist dem Antrag des Klägers im LSG-Verfahren deutlich zu entnehmen. Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. hat mit der Entscheidung des Beklagten über die aus dem Quartal II/1999 stammenden Verordnungen einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt. Das ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht zulässig. Ein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, ist nicht ersichtlich.

23

c. Kein durchgreifendes Bedenken ergibt sich aus dem Hinweis der Beigeladenen zu 2., auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG bleibe für die Anschlussberufung nur ein sehr begrenzter Anwendungsbereich. Wenn die Anschlussberufung nur innerhalb des prozessualen Anspruchs erhoben werden kann, der Gegenstand der Hauptberufung ist, kommt im vertragsärztlichen Bereich bei Honorarkürzungen bzw Arzneikostenregressen eine Anschlussberufung typischerweise nur dann in Betracht, wenn das SG auf die Klage die zuständige Behörde zur Neubescheidung nach bestimmten Maßgaben verurteilt und der Kläger mit seiner Berufung die endgültige Aufhebung der ihn belastenden Bescheide begehrt. Dieser Berufung können sich dann die KÄV, der Beschwerdeausschuss oder die beigeladenen Krankenkassen (bzw Krankenkassenverbände) mit dem Antrag anschließen, die Klage in vollem Umfang abzuweisen, auch nachdem die für sie laufende Berufungsfrist abgelaufen ist. Alle übrigen Regelungen der ursprünglich angefochtenen Entscheidung, über die das SG entschieden hat, ohne dass ein Beteiligter das mit der Berufung angefochten hat, die also etwa andere Leistungspositionen oder andere Quartale betreffen, werden dagegen bestandskräftig. Das ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts im vertragsärztlichen Bereich richtig und praktikabel.

24

Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bliebe dagegen möglicherweise während der gesamten Dauer eines Berufungsverfahrens offen, ob Regelungen in Kürzungs- oder Regressbescheiden, die nicht Gegenstand der Hauptberufung sind, bestandskräftig werden oder nicht. Soweit etwa in einer Entscheidung des Beschwerdeausschusses Honorarkürzungen oder Arzneikostenregresse für eine größere Zahl von Quartalen auf der Grundlage einer Vielzahl von Entscheidungen des Prüfungsausschusses (oder der Prüfungsstelle iS des § 106 Abs 4 Satz 1 SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007) zusammengefasst worden sind, bleibt deren Bestandskraft über Jahre hinweg offen, auch wenn nur eine Detailregelung hinsichtlich eines einzelnen Quartals Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Das ist sowohl für den beteiligten Vertragsarzt wie für die KÄV und die Krankenkassen als Kostenträger schwierig zu handhaben, weil ggf Rückstellungen gebildet werden müssten und Beträge nicht verbucht werden könnten.

25

Ein tatsächliches Bedürfnis, diese Rechtsfolgen in Kauf zu nehmen, um den Beteiligten bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz die Möglichkeit der Anschlussberufung auch außerhalb des prozessualen Anspruchs, der Gegenstand der Hauptberufung ist, offen zu halten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Ob Honorarkürzungs- oder Regressbescheide, die verschiedene Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X zum Inhalt haben und häufig mehrere Quartale betreffen, einzeln angegriffen oder durch die Widerspruchsstelle zusammengefasst bzw im gerichtlichen Verfahren auf der Grundlage des § 113 Abs 1 SGG verbunden werden, ist eine Frage der Praktikabilität. Jeder Verfahrensbeteiligte hat nach Bekanntgabe des das Verwaltungsverfahren abschließenden Bescheides oder des erstinstanzlichen Urteils eine Frist von einem Monat, innerhalb der er prüfen und entscheiden kann, ob und ggf inwieweit er die Entscheidung der Behörde bzw des erstinstanzlichen Gerichts hinnehmen will oder nicht. Ein berechtigtes Interesse, Monate oder sogar Jahre nach Einlegung der Berufung des Gegners noch Regelungen der gerichtlichen Überprüfung des LSG zuführen zu können, zu denen die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts zunächst hingenommen worden ist, besteht nicht.

26

d. Zudem kann die prozessuale Sicht des Berufungsgerichts die Entscheidungsreife der Berufung in Frage stellen, jedenfalls soweit keine Frist für die Anschlussberufung normiert ist. Während nach § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO die Anschließung nur bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift zugelassen wird, besteht keine ebensolche Bestimmung im SGG. Die VwGO-Vorschrift soll nach vorherrschender Auffassung auf das sozialgerichtliche Verfahren nicht übertragen werden können, weil dafür eine rechtliche Grundlage fehlt. Vergleichbares wird hinsichtlich der ähnlichen Frist des § 524 Abs 2 Satz 2 ZPO angenommen, die immerhin über § 202 SGG grundsätzlich im sozialgerichtlichen Verfahren angewandt werden könnte(vgl Leitherer, aaO, § 143 RdNr 5 f). Nach dieser Vorschrift ist die Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Eine dem § 521 Abs 1 ZPO entsprechende Vorschrift über die Zustellung der Berufungsschrift und der Berufungsbegründungsschrift an den Gegner kennt das SGG nicht. Die entsprechende Anwendung des § 524 Abs 2 Satz 2 ZPO über § 202 SGG setzt aber die Zustellung mindestens der Berufungsbegründung an den Gegner voraus, damit Klarheit über den Beginn der Frist für die Einlegung der Anschlussberufung besteht. Die Anwendung von Ausschlussfristen im sozialgerichtlichen Verfahren ohne explizite normative Grundlage ist unter dem Gesichtspunkt der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Satz 1, Art 103 Abs 1 GG) problematisch, sodass ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, die auch in der Anordnung einer entsprechenden Geltung des § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO im SGG bestehen könnte, die Ausschlussfrist für die Anschlussberufung wohl nicht entsprechend angewandt werden kann. Das dürfte auch deshalb anzunehmen sein, weil im Berufungsverfahren der Sozialgerichtsbarkeit im Unterschied zu demjenigen in der Verwaltungs- und in der Zivilgerichtsbarkeit kein Vertretungszwang herrscht, und die Vorschriften über die Zustellung von Berufungs- und Berufungsbegründungsschriften sowie daran anknüpfende Fristen auf einen durch professionelle Bevollmächtigte geführten Prozess zugeschnitten sind.

27

Würde - was das LSG nicht erwogen hat - auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO im sozialgerichtlichen Verfahren auf den Nachweis der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift verzichtet und der Nachweis ihrer tatsächlichen Kenntnis für ausreichend gehalten, wäre die Anschlussberufung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse hier ebenfalls unzulässig. Diese hat, wie sich aus ihrer Reaktion im Berufungsverfahren vom 4.4.2006 ergibt, Monate vor Einlegung der Anschlussberufung am 28.11.2006 Kenntnis von der Berufungsbegründung des Klägers gehabt. Die entsprechende Anwendung der Monatsfrist des § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO würde dann ebenfalls zur Unzulässigkeit ihrer Berufung führen. Demgegenüber hätte die vom Berufungsgericht offenbar befürwortete unbefristete Zulassung der Anschlussberufung bis zur mündlichen Verhandlung zur Folge, dass das LSG trotz Entscheidungsreife der Hauptberufung den Rechtsstreit vertagen müsste, wenn zum Gegenstand der Anschlussberufung noch Sachaufklärungsbedarf besteht. Das könnte zu Verzögerungen der Entscheidung führen, die auch im Hinblick auf das Gebot der Gewährung von Rechtsschutz in angemessener Zeit (Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention) möglichst zu vermeiden sind.

28

Diese Erwägungen geben dem Senat Anlass, trotz der gewichtigen Einwände des Berufungsgerichts an der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Anschlussberufung festzuhalten und von einer andernfalls gebotenen Anrufung des Großen Senats nach § 41 Abs 2 SGG im Hinblick auf die Rechtsprechung anderer Senate zum Gegenstand der Anschlussberufung im sozialgerichtlichen Verfahren abzusehen.

29

2. Im Übrigen erweist sich die Revision des Klägers aber als unbegründet.

30

a. Das Berufungsgericht hat angenommen, § 14 Abs 1 iVm Abs 3 der seit dem Jahre 1994 geltenden und für die Verordnungen des Klägers im Jahre 1999 noch anwendbaren Prüfvereinbarung für den Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV Berlin gestatte die Festsetzung von Arzneikostenregressen, soweit der Vertragsarzt Arzneimittel verordnet hat, die in der vertragsärztlichen Versorgung nicht verordnungsfähig sind. Die Kenntnis des Vertragsarztes von der fehlenden Verordnungsfähigkeit oder generell ein Verschulden des Arztes sei insoweit nicht Voraussetzung für die Festsetzung eines Regresses. Soweit der Kläger § 14 der Prüfvereinbarung anders versteht und annimmt, diese Norm erfasse nur Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw die Festsetzung eines verschuldensabhängigen "sonstigen Schadens" und nicht die Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel, ist dem im Revisionsverfahren nicht weiter nachzugehen. Die Prüfvereinbarung stellt Landesrecht iS des § 162 SGG dar, das das Revisionsgericht in der Auslegung des Berufungsgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Von diesem Grundsatz sind in der Rechtsprechung des BSG zwei Ausnahmen anerkannt. Danach können landesrechtliche Normen vom Revisionsgericht eigenständig ausgelegt und angewandt werden, wenn es sich um Normen handelt, die inhaltsgleich in Bezirken verschiedener LSG gelten, soweit die Übereinstimmung im Interesse der Rechtsvereinheitlichung bewusst und gewollt ist (BSG vom 8.9.2009 - B 1 KR 8/09 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Es ist weder geltend gemacht noch gerichtsbekannt, dass die Berliner Prüfvereinbarung aus dem Jahr 1994 inhaltsgleich in anderen KÄV-Bezirken gilt.

31

Landesrechtliche Normen sind weiterhin einer eigenständigen Auslegung und Anwendung des BSG zugänglich, wenn das LSG entscheidungserhebliche Vorschriften unberücksichtigt gelassen hat (BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, jeweils RdNr 15). Hier hat jedoch das LSG die als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ersichtlich einschlägige Vorschrift des § 14 der Prüfvereinbarung zutreffend herangezogen und unter Anwendung der allgemein anerkannten juristischen Auslegungskriterien ausgelegt. Der Kläger rügt auch keinen Verstoß gegen diese Auslegungsgrundsätze oder die Denkgesetze, sondern setzt der Auslegung des Berufungsgerichts seine abweichende Auslegung entgegen. Das führt nicht dazu, dass entgegen der Vorgabe des § 162 SGG das Revisionsgericht zu einer eigenständigen Auslegung berufen wäre.

32

Soweit § 14 der Prüfvereinbarung in der Auslegung des LSG eine hinreichende Grundlage für die Festsetzung von Arzneikostenregressen wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel darstellt, steht die Vorschrift mit Bundesrecht in Einklang. Der Senat hat mehrfach entschieden, dass auf der Grundlage des § 106 Abs 2 SGB V in den Prüfvereinbarungen Rechtsgrundlagen für Arzneikostenregresse festgeschrieben werden dürfen, soweit Vertragsärzte Arznei- und Heilmittel verordnet haben, die nicht Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung sind(zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52; vgl zuletzt BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 17 ff mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das stellt der Kläger selbst nicht in Abrede.

33

b. Soweit der Kläger in formeller Hinsicht weiter rügt, der angefochtene Bescheid des Beklagten sei fehlerhaft, weil er in einer Sitzung gefasst worden sei, in der ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz innegehabt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Weder die Prüfvereinbarung im Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV noch Bundesrecht haben vorgeschrieben, dass in den Jahren, in denen Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse alternierend von einem Vertreter der Krankenkassen und der Vertragsärzte geleitet worden sind, Entscheidungen des Prüfungsausschusses, die unter ärztlichem Vorsitz getroffen worden sind, vom Beschwerdeausschuss nur unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen und umgekehrt überprüft werden dürfen.

34

Nach § 106 Abs 4 Satz 3 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 führte in den von Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl besetzten Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen jährlich wechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen den Vorsitz. Die Stimme des Vorsitzenden gab bei Stimmengleichheit den Ausschlag (aaO, Satz 4). Diese als defizitär bewertete Regelung war manipulationsanfällig (vgl näher BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5 auch zur Neuregelung im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung)und ist deshalb zum 1.1.2004 ohne Übergangsregelung in der Weise geändert worden, dass die Gremien nunmehr von einem neutralen Vorsitzenden geleitet werden. Für die Zeit bis zum 31.12.2003 galten aber die früheren Regelungen über den im Jahresturnus wechselnden Vorsitz fort, und diesen lag die Auffassung der Revision von einem notwendigen Wechsel im Vorsitz zwischen den beiden Verwaltungsinstanzen nicht zugrunde.

35

Der Kläger verweist selbst auf früher geltende Prüfvereinbarungen im Bezirk der KÄV Bayerns und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin, in denen bestimmt war, den Vorsitz im Beschwerdeausschuss führe ein Vertreter der Ärzte (Zahnärzte), wenn in dem zu entscheidenden Fall ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz im Prüfungsausschuss inne hatte und umgekehrt. Dass eine solche Regelung im Bezirk der Beigeladenen zu 1. gegolten habe, macht der Kläger nicht geltend. Seine Auffassung, auch ohne ausdrückliche Regelung in der maßgeblichen Prüfvereinbarung ergebe sich dieser Grundsatz unmittelbar als Folge des § 106 Abs 4 Satz 3 SGB V aF über den turnusmäßigen Wechsel im Vorsitz von Prüfungs- und Beschwerdeausschuss, trifft nicht zu. Die Annahme einer solchen bundesrechtlichen Vorgabe hätte das Prüfverfahren verkompliziert und wäre ohne nähere Regelungen in den Prüfvereinbarungen kaum umsetzbar gewesen. Die Beschwerdeausschüsse hätten Beschlüsse über Entscheidungen der Prüfungsausschüsse möglicherweise zurückstellen müssen, weil im jeweiligen Jahr die "richtige" Besetzung nicht verfügbar gewesen wäre; alternativ hätte immer ein Vorsitzender der "Bank", die im jeweiligen Jahr im Beschwerdeausschuss nicht den Vorsitzenden stellt, zur Verfügung stehen müssen, um über Entscheidungen des Prüfungsausschusses zu beraten, die unter anderem Vorsitz getroffen worden sind. Ob die damit verbundenen formellen Erschwerungen des Prüfungsverfahrens bundesrechtlich unbedenklich gewesen wären, bleibt offen (zu den Grenzen des Gestaltungsspielraums der Gesamtvertragspartner bei Ausgestaltung der Prüfvereinbarung vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 290 f). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, ohne explizite Regelung in der Prüfvereinbarung so zu verfahren, hat jedenfalls nicht bestanden.

36

c. Soweit der Kläger geltend macht, die Entscheidung durch den Beklagten am 12.12.2001 sei nur deshalb unter dem Vorsitz eines Krankenkassenvertreters gefallen, weil die Kassenvertreter die ursprünglich vorgesehene Sitzung am 24.9.2001 boykottiert hätten, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Da ein Arzt keinen Anspruch darauf hat, dass über seine Angelegenheit immer unter dem Vorsitz eines Arztes im Beschwerdeausschuss entschieden wird, wenn der Prüfungsausschuss unter dem Vorsitz eines Krankenkassenvertreters entschieden hat, stellt die Vertagung einer Sitzung auch dann grundsätzlich keinen Rechtsverstoß dar, wenn diese zur Folge haben sollte, dass der Vorsitz in der tatsächlich entscheidenden Sitzung wechselt. Im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht iS des § 163 SGG festgestellt, dass die Vertagung der Entscheidung vom 24.9.2001 allein darauf beruht hat, dass die Krankenkassenvertreter erreichen wollten, dass über die Angelegenheit des Klägers in der Besetzung des Beschwerdeausschusses mit einem Vorsitzenden aus ihren Reihen entschieden wird. Schließlich ist im Hinblick auf die Rügen des Klägers zur Zusammensetzung des Beklagten bei der Beschlussfassung darauf hinzuweisen, dass die Krankenkassen nach der Rechtsprechung des Senats gegen Entscheidungen der Prüfgremien, mit denen ua Anträge auf Festsetzung von Honorarkürzungen oder Arzneikostenregressen abgelehnt werden, Rechtsmittel ergreifen können (zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 und BSG MedR 2004, 577, jeweils zu unzureichenden Kürzungen vertragszahnärztlichen Honorars; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 zum Sprechstundenbedarfsregress). Da vorliegend Ermessens- und Beurteilungsspielräume allenfalls am Rande in Rede stehen, spricht wenig dafür, dass die zu 2. beigeladene Krankenkasse eine - unterstellt für den Kläger positive - Entscheidung des Beklagten unter anderem Vorsitz auf sich hätte beruhen lassen.

37

d. Der Kläger durfte über "Polyglobin 5 %" in den streitbefangenen Quartalen keine vertragsärztliche Verordnung ausstellen. Er hat dieses Arzneimittel außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung verordnet.

38

Die Zulassung von Polyglobin war nach den Feststellungen des LSG auf die Behandlung der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (Hautblutungen) beschränkt, und an dieser Erkrankung hat die Versicherte H. nicht gelitten. Ein Arzneimittel darf grundsätzlich nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung für einen Einsatz außerhalb der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikation verordnet werden. Das hat der 1. Senat des BSG mit Urteil vom 19.3.2002 (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden und daran bis heute festgehalten (zB BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1). Der 6. Senat des BSG ist dem für die Festsetzung von Arzneikostenregressen gefolgt (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 19; vgl auch BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

39

Der Kläger kann sich zur Rechtfertigung seiner Verordnungen von Polyglobin weder auf Vertrauensschutz noch auf einen der Annahmetatbestände stützen, unter denen Arzneimittel vertragsärztlich auch außerhalb der zugelassenen Indikation verordnet werden dürfen. Der Kläger ist der Auffassung, Vertragsärzte hätten in der Zeit zwischen dem Urteil des 1. Senats vom 5.7.1995 zur Drogensubstitution mit dem Codein-Präparat Remedacen (BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5) und dem Bekanntwerden des Urteils des 8. Senats vom 30.9.1999 zur SKAT-Therapie (BSGE 85, 36 = SozR 3-2500 § 27 Nr 11) generell darauf vertrauen dürfen, Arzneimittel im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch außerhalb der Zulassungsindikationen nach dem Arzneimittelrecht verordnen zu dürfen. Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht nicht.

40

Es ist bereits fraglich, ob ein Vertragsarzt im Hinblick auf das zu der sehr speziellen Situation der Drogensubstitution ergangene Urteil des 1. Senats vom 5.7.1995 generell darauf vertrauen durfte, Arzneimittel auch außerhalb ihrer Zulassungsindikation verordnen zu dürfen. Allenfalls kommt ein Vertrauen darauf in Betracht, dass die Bindung der vertragsärztlichen Verordnung an die Zulassung des jeweiligen Fertigarzneimittels nach dem AMG in dem Sinne gelockert ist, dass in bestimmten Konstellationen eine die arzneimittelrechtliche Zulassung überschreitende Verordnung, die medizinisch sinnvoll oder sogar geboten ist, auch krankenversicherungsrechtlich zulässig sein kann. In diesem Sinne ist das Urteil des 8. Senats vom 30.9.1999 richtigerweise zu verstehen. Weitergehende Schlussfolgerungen aus diesem Urteil im Sinne eines uneingeschränkt erlaubten indikationsfremden Einsatzes von Fertigarzneimitteln liegen eher fern, zumal ein beliebiger, allein nach Gutdünken jedes einzelnen Arztes erfolgender, Einsatz eines Medikaments außerhalb der Zulassung nicht ernsthaft für sachgerecht gehalten werden kann .

41

e. Im Übrigen sind schon kurz nach Veröffentlichung des Urteils des 1. Senats vom 5.7.1995 zur Drogensubstitution in der Rechtsprechung des BSG Zweifel an der allgemeinen Aussagekraft dieses Urteils über den entschiedenen Fall hinaus artikuliert worden. Schon drei Monate nach dem Urteil des 1. Senats hat der allein für das Vertragsarztrecht zuständige erkennende Senat Bedenken gegen die Zulässigkeit des Einsatzes von Remedacen zur Drogensubstitution geäußert und auf die Problematik der Beachtung der Richtlinien des (früheren) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Zusammenhang mit sog Außenseitermethoden hingewiesen (Urteil vom 18.10.1995, SozR 3-5550 § 17 Nr 2 S 5). In der Sache sind sodann die Grundsätze des Urteils vom 5.7.1995 durch die neuere Rechtsprechung des 6. und des 1. Senats zur Rechtsqualität der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, zur Methodenanerkennung nach § 135 Abs 1 SGB V und zum Zusammenhang zwischen dieser Anerkennung und den Prinzipien der Arzneimitteltherapie deutlich modifiziert worden(Urteil des 6. Senats vom 20.3.1996, BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 "Methadon"; Urteile des 1. Senats vom 16.9.1997, BSGE 81, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4, BSGE 81, 73 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7). Spätestens nach Bekanntwerden dieser Urteile war deutlich, dass die ältere Rechtsprechung des BSG zu den (untergesetzlichen) Vorgaben des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr uneingeschränkt fortgeführt werden würde. Kein Vertragsarzt musste die aufgezeigten Wendungen der Rechtsprechung kennen oder nachvollziehen. Wer aber - wie der Kläger - geltend macht, Verordnungen aus dem Jahre 1999 im Vertrauen auf eine zu einer Sonderkonstellation ergangene und vereinzelt gebliebene Rechtsprechung des BSG aus dem Jahre 1995 getätigt zu haben, muss sich entgegenhalten lassen, dass sich die Rechtsprechung weiterentwickelt hat. Jedenfalls im Jahr 1999 hat es für einen Vertragsarzt erkennbar keine hinreichende Sicherheit mehr gegeben, nach eigener Einschätzung Off-Label-Use-Verordnungen ausstellen zu dürfen, ohne Gefahr zu laufen, insoweit in Regress genommen zu werden.

42

f. Zudem sind sowohl das Urteil des 1. Senats vom 5.7.1995, auf das sich der Kläger beruft, wie auch die folgenden Entscheidungen des 1. und des 8. Senats des BSG zu den Rechtsansprüchen von Versicherten gegen ihre Krankenkasse ergangen. Aus diesen Urteilen ergibt sich nicht unmittelbar, wie sich ein Vertragsarzt zu Arzneimittelverordnungen verhalten sollte, die erkennbar außerhalb der Zulassungsindikation des jeweiligen Arzneimittels erfolgten, von denen er aber annahm, sie könnten vom Patienten beansprucht werden. Dazu ist dem Urteil des erkennenden Senats vom 18.10.1995 (6 RKa 3/93) zur Drogensubstitution zu entnehmen, dass in solchen Fällen jedenfalls eine exakte Dokumentation und eine engmaschige Verlaufskontrolle der Behandlung geboten waren (SozR 3-5550 § 17 Nr 2 S 8; vgl auch BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 39, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Damit ist es zB nicht vereinbar, auf laborchemische Untersuchungen zum Nachweis eines - vermeintlichen oder tatsächlich bestehenden - "Antikörpermangelsyndroms" zu verzichten, wenn die umstrittene Off-Label-Verordnung von Immunglobulinen gerade auf diese Diagnose reagiert.

43

Ein Vertragsarzt, der Medikamente außerhalb ihrer zugelassenen Indikationen verordnet, kann weder sich noch der Krankenkasse Gewissheit darüber verschaffen, dass die Verordnung den Vorgaben des Wirtschaftlichkeitsgebotes genügt, also notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Bei Off-Label-Verordnungen hat nämlich gerade keine Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des jeweiligen Arzneimittels stattgefunden, die seinen Einsatz (auch) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigt. Eine solche Prüfung ist im AMG nur indikationsbezogen vorgeschrieben und durchführbar; die von der Zulassung nach dem AMG ausgehende Schutzwirkung und Qualitäts- wie Wirksamkeitserwartung greift bei einem Einsatz des Medikaments außerhalb der Zulassung gerade nicht ein (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 19; s auch BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 - RdNr 27 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Soweit danach ein Vertragsarzt Verordnungen ohne gesicherten Nachweis von Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels ausstellt, muss zwingend nachträglich geprüft werden dürfen, ob die jeweilige Verordnung den Regeln des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Wenn der Vertragsarzt davon absieht, in Fällen eines Off-Label-Use die Krankenkasse vor Ausstellung der Verordnung einzuschalten, wie es der Senat in einem Beschluss vom 31.5.2006 dargestellt hat (B 6 KA 53/05 B, MedR 2007, 557, 560), muss er hinnehmen, dass die Einhaltung der Vorgaben der vertragsärztlichen Versorgung im Nachhinein geprüft wird.

44

Der Beklagte hält dem Kläger - anders als dieser nahe legen will - keine schuldhafte Verletzung vertragsärztlicher Pflichten vor, die nunmehr sanktioniert wird. Der Beklagte hat lediglich die Position der zu 2. beigeladenen Krankenkasse bestätigt, dass sie objektiv zu Unrecht erhebliche Kosten für die Versorgung ihrer Versicherten H. mit einem Immunglobulin aufgewandt hat. Weil der Kläger der Beigeladenen zu 2. keine Gelegenheit gegeben hat, ihre Auffassung zur Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Immunglobulinen bei der Versicherten H. vor Einlösung der Verordnungen darzulegen, muss es der Krankenkasse möglich sein, ihren Standpunkt nachträglich durchzusetzen, soweit er rechtlicher Prüfung standhält. Dazu sieht die Prüfvereinbarung im Einklang mit Bundesrecht das Verfahren der Regressfestsetzung vor. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem im Jahr 1999 geltenden Recht habe er zu Gunsten der H. kein Privatrezept ausstellen dürfen, weil das gegen § 29 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä verstoßen hätte, folgt der Senat dem nicht. Der Beschluss des Senats vom 31.5.2006 (MedR 2007, 557), der diesen Weg aufgezeigt hat, ist zu Off-Label-Use-Verordnungen aus dem Jahr 1997 ergangen. Auch 1997 und 1999 galt das Verbot, sich als Vertragsarzt vertragsärztliche Verordnungen einzeln genehmigen zu lassen; dieses Verbot hat sich - wie der Senat dargelegt hat - immer nur auf Verordnungen im Rahmen der Leistungspflicht der Krankenkassen bezogen. Wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn der Kläger im Sommer 1999 vergeblich bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2. angefragt und explizit um eine Entscheidung über das aus Sicht dieser Krankenkasse richtige Vorgehen gebeten hätte, kann offen bleiben. Der Kläger macht selbst nicht geltend, diesen Weg beschritten zu haben.

45

g. Der vom Beklagten aufrecht erhaltene Regress gegen den Kläger ist schließlich nicht deshalb rechtswidrig, weil der Versicherten H. bei Ausstellung der umstrittenen Verordnungen nach den Grundsätzen des Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) gegen die Rechtsvorgängerin der zu 2. beigeladenen Krankenkasse ein Anspruch auf Versorgung mit Polyglobin 5 % zugestanden hätte. Nach den Feststellungen des LSG liegen die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen, auf §§ 27 und 31 SGB V iVm Art 2 Abs 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip bzw Art 2 Abs 2 Satz 1 GG und der hieraus abzuleitenden Schutzpflicht gegründeten Anspruchs nicht vor. Diese Feststellungen des LSG sind für den Senat nach § 163 SGG bindend, weil der Kläger dazu keine zulässigen Revisionsrügen angebracht hat.

46

Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt der Revision: Wenn feststünde, dass H. nach den tatsächlichen Verhältnissen des Jahres 1999 einen Anspruch auf Versorgung mit Polyglobin als Sachleistung der Krankenkasse gehabt hätte, dürfte wegen der für diese Versorgung angefallenen Kosten kein Regress gegen den Kläger festgesetzt werden. Diese Konsequenz aus der Entscheidung des BVerfG hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 5.11.2008 zu Wobe Mugos (SozR 4-2500 § 106 Nr 21; ebenso BSG MedR 2010, 276) inzident angesprochen und hält daran fest. Der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegen einen Vertragsarzt wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen beruht im Kern darauf, dass die Krankenkasse einen Ausgleich für die Bezahlung von Medikamenten erhält, die sie bei korrekten Verhalten des Arztes nicht hätte finanzieren müssen. Wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Versicherte, zu dessen Gunsten der Vertragsarzt die umstrittenen Verordnungen ausgestellt hat, auf die Versorgung mit dem verordneten Arzneimittel einen Anspruch gegen seine Krankenkasse hatte, ist dieser durch die Bezahlung dieses Arzneimittels dem Grunde nach jedenfalls kein Schaden entstanden, den der Vertragsarzt nunmehr ersetzen müsste. Lässt sich allerdings nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, dass die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise gerechtfertigten Off-Label-Use vorgelegen haben, geht das zu Lasten des Arztes. Er rückt, obwohl er sich nach der Ausrichtung des Verfahrens gegen einen Regress wendet, hinsichtlich der Verteilung von Darlegungs- und Beweislast in die Stellung ein, die der Versicherte gehabt hätte, wenn er seinen Standpunkt zur der Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels gegen die Krankenkasse nach § 13 Abs 3 SGB V im Wege der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs durchsetzen müsste. Wer geltend machen will, der Versorgungsanspruch umfasse in einer bestimmten Konstellation auch die Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln außerhalb der Zulassungsindikationen, dringt damit nicht durch, wenn sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die dafür insbesondere in der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG und inzwischen auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 30 der Arzneimittel-Richtlinie iVm Anlage VI) formulierten Voraussetzungen vorgelegen haben. Das ist auch hier der Fall und geht zu Lasten des Klägers.

47

h. Das LSG ist in Übereinstimmung mit der Revision zutreffend davon ausgegangen, dass die Versicherte H. an einer lebensbedrohlichen Erkrankung (metastasierendes Karzinom der Eileiter) gelitten hat. Zu dessen kausaler Behandlung hätte bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethode nach der Rechtsprechung des BVerfG ein Arzneimittel auch außerhalb seiner Zulassungsindikation eingesetzt werden dürfen, wenn nach der vorhandenen Studienlage auf diese Weise die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf positive Behandlungserfolge bestanden hätten (BVerfGE 115, 25, 49 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 33). Das nimmt der Kläger selbst für die Verordnung von Polyglobin nicht an. Er geht vielmehr davon aus, dass die Versicherte H. an einem Antikörpermangel litt, der unbehandelt eine Fortführung der überlebensnotwendigen Chemotherapie ausgeschlossen hätte oder hat. Wenn die Rechtsprechung des BVerfG auf diese Konstellation Anwendung finden sollte, was der Senat entgegen der Auffassung des LSG nicht von vornherein für ausgeschlossen hält, müssen jedenfalls die Anforderungen an einen zulässigen Off-Label-Use entsprechend erfüllt sein. Es muss deshalb feststehen, dass der Patient neben der lebensbedrohlichen Erkrankung an einer weiteren Gesundheitsstörung leidet, die die Anwendung aller zur Behandlung des Hauptleidens in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten ausschließt. Weiterhin muss der Off-Label-Einsatz des anzuwendenden Arzneimittels mit gewisser Wahrscheinlichkeit die zweite Erkrankung so beeinflussen, dass eine Erfolg versprechende Behandlung des Hauptleidens wieder oder erstmals möglich wird. Schließlich darf es für die zweite Erkrankung keine anerkannten Behandlungsmöglichkeiten - zB mit entsprechend zugelassenen Arzneimitteln - geben. Diese Voraussetzungen sind hier jedenfalls nicht - wie es notwendig wäre, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen - kumulativ erfüllt.

48

i. Erhebliche Zweifel bestehen bereits daran, ob das vom Kläger so bezeichnete "sekundäre Antikörpermangelsyndrom" eine eigenständige und hinreichende spezifische Erkrankung ist, die abgegrenzt vom Karzinomleiden behandelt werden kann und muss. Der Kläger hat dazu in den Tatsacheninstanzen nicht Präzises vorgetragen. Zudem steht nicht fest, dass die Patientin H. an einem Antikörpermangelsyndrom litt, das schulmedizinisch nicht behandelbar war. Die zur Abstützung dieser Diagnose und des Ausmaßes der Erkrankung möglichen laborchemischen Untersuchungen hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht durchgeführt oder veranlasst. Dazu mag er - wie die Revision geltend macht - berufsrechtlich nicht verpflichtet gewesen sein. Er hat damit aber im Hinblick auf den Off-Label-Use zur Unaufklärbarkeit des genauen Gesundheitszustandes der Versicherten H. in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 beigetragen. Das geht zu seinen Lasten.

49

j. Außerdem fehlt es an ausreichenden Feststellungen bzw Belegen für das vom Kläger geltend gemachte Dilemma, die lebensbedrohliche Ersterkrankung nur durch die Behandlung der Zweiterkrankung mit Polyglobin 5 % therapieren zu können. Der Kläger setzt schon die Anforderungen an den Nachweis einer eigenständigen Zweiterkrankung zu niedrig an. Die Versicherte H. litt nach den Ausführungen des Klägers an einer "Verminderung der Immunitätslage" als Folge sowohl des Karzinomleidens als auch der aggressiven Chemotherapien. Darauf habe sie mit wiederholten schweren bakteriellen und viralen Infektionen reagiert, die er - der Kläger - als "Zeichen eines sekundären Antikörpermangels" gedeutet habe. Für keine dieser "wiederholten" Infektionen hat der Kläger im Verwaltungsverfahren oder in den Vorinstanzen jedoch konkret und eingehend belegt, dass diesen durch anerkannte Behandlungsverfahren nicht hätten effektiv entgegengewirkt werden können. Spezifische Darlegungen dazu, die dann dem LSG ggf Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätten geben können, waren vor allem deshalb unerlässlich, weil der Kläger selbst einen Zusammenhang zwischen dem Krebsleiden und der Chemotherapie mit der geschwächten Immunitätslage der H. herstellt. Da nicht alle Patienten, deren Abwehrsystem durch Krebs und Chemotherapie geschwächt sind, mit Immunglobulin behandelt werden bzw nach dem gebotenen Behandlungsstandard behandelt werden müssen oder im Jahr 1999 so behandelt wurden oder behandelt werden mussten, hätte der Kläger fallbezogen und detailliert darlegen müssen, inwieweit sich die gesundheitliche Lage der H. von derjenigen anderer chemotherapeutisch behandelter Krebspatienten unterschied, und auf der Basis welcher exakten Befunde er die Anwendung von Polyglobin 5 % für unerlässlich hielt. Das ist nicht geschehen und spricht dafür, dass sich der Kläger von der Gabe eines Immunglobulins ganz generell eine Stärkung der Abwehrlage der H. und damit mutmaßlich eine bessere Resistenz gegen Infektionen versprach. Das reicht für einen Off-Label-Use, dessen Zulässigkeit jedenfalls in Fällen der hier vorliegenden Art von dem Gesundheitszustand des konkreten Patienten abhängt, nicht aus.

50

k. Schließlich ist die positive Wirkung, die der Kläger dem Einsatz von Immunglobulin bei fortgeschrittener Krebserkrankung zuschreibt, nach den Feststellungen des LSG auch nicht hinreichend belegt.

51

Das LSG hat im Einzelnen dargestellt, dass die bis 1999 zum Einsatz von Immunglobulinen vorhandenen Studien und publizierten Forschungsergebnisse nicht darauf hindeuten, dass die Gesundheitsstörungen der Versicherten H. durch den Einsatz von Polyglobin erfolgreich behandelt werden konnten. Das LSG ist zutreffend von den in der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG ermittelten Grundsätzen zum Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit (in Deutschland oder der EU) nicht zugelassenen Arzneimitteln (dazu BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4) oder mit Arzneimitteln außerhalb zugelassener Indikationen (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8) ausgegangen. Es hat näher ausgeführt, dass keine wissenschaftliche Arbeit vorliege oder vom Kläger benannt sei, in der der zulassungsüberschreitende Einsatz von Immunglobulinen zur Behandlung einer auf der Intoleranz von Chemotherapeutika beruhenden Erkrankung als medizinisch geboten bewertet wird. Einen Konsens der einschlägigen Fachkreise, dass Polyglobin ein sekundäres Antikörpersyndrom positiv beeinflussen könne, hat das LSG gerade nicht feststellen können. Soweit die Revision die vorhandenen medizinischen Unterlagen lediglich anders würdigt, vermag sie damit die Feststellungen iS des § 163 SGG nicht zu entkräften.

52

Soweit der Kläger die Sachaufklärung des LSG zu den Erfolgsaussichten der Behandlung mit Immunglobulinen für unzureichend hält, berücksichtigt er nicht hinreichend, dass sich der 1. Senat des BSG bereits mehrfach mit dem Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Immunglobulinen befasst hat. In den Urteilen vom 19.3.2002 (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8), vom 27.3.2007 (B 1 KR 17/06 R) und vom 28.2.2008 (SozR 4-2500 § 13 Nr 16), die sämtlich die Versorgung mit Immunglobulinpräparaten - jeweils bezogen auf die Indikation Multiple Sklerose - zum Gegenstand hatten, wird der Stand der medizinischen Forschung zu dieser Wirkstoffgruppe für die streitbefangenen Jahre 1997 bis 2003 eingehend aufgearbeitet. Zwar können die Forschungsergebnisse zur Möglichkeit, durch die Gabe von Immunglobulinen die Multiple Sklerose günstig zu beeinflussen, nicht ohne Weiteres auf die hier zu beurteilende Situation der unterstützenden Behandlung bei Krebserkrankungen übertragen werden, doch sind die Wirkungen und die in Frage kommenden Indikationen für Immunglobulin bezogen auf den hier relevanten Zeitraum gut erforscht und die Forschungsergebnisse - soweit krankenversicherungsrechtlich von Bedeutung - in der Rechtsprechung des BSG umfassend rezipiert worden. Zudem sind die Urteile des 1. Senats des BSG vom 27.3.2007 und vom 28.2.2008 Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung gewesen. Mit Kammerbeschlüssen vom 30.6.2008 (1 BvR 1665/07 zum BSG-Urteil B 1 KR 17/06 R) und vom 8.7.2009 (1 BvR 1531/09 zum BSG-Urteil B 1 KR 15/07 R) sind die Verfassungsbeschwerden der unterlegenen Kläger jeweils nicht zur Entscheidung angenommen worden. Beide Kammerbeschlüsse sind auf der Basis der grundlegenden Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 ergangen und billigen insbesondere, dass die Rechtsprechung des BSG strenge Anforderungen an den Nachweis stellt, dass mit dem zulassungsüberschreitenden Einsatz des jeweils betroffenen Arzneimittels hinreichende Erfolgsaussichten verbunden sein müssen (BVerfG vom 30.6.2008 - 1 BvR 1665/07 - NJW 2008, 3556 f RdNr 9 bis 11). Es reicht danach als Grundlage für einen Off-Label-Use von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht aus, dass positive Folgen einer solchen Behandlung nach dem Wirkungsmechanismus von Immunglobulinen nicht schlechthin ausgeschlossen werden können, dass Patienten in Einzelfällen nach Verabreichung der umstrittenen Medikamente eine Verbesserung ihres Befindens beschreiben und dass einzelne Ärzte oder Wissenschaftler mit plausiblen Gründen einen von der verbreiteten Auffassung abweichenden Standpunkt zu den Erfolgsaussichten einer Behandlung vertreten. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe und im Hinblick auf die schon vorliegende Rechtsprechung des 1. Senats des BSG ist die Sachverhaltsermittlung des Berufungsgerichts ausreichend.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 iVm § 155 Abs 1 VwGO und berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten. Die außergerichtlichen Kosten der zu 1. beigeladenen KÄV sind nach § 162 Abs 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil diese keine Anträge gestellt hat(vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.