Bundessozialgericht Urteil, 06. Sept. 2018 - B 2 U 3/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:060918UB2U317R0
bei uns veröffentlicht am06.09.2018

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Juli 2016 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztengeld (Vlg) anstatt des ihm bereits bewilligten Übergangsgelds (Übg).

2

Der Kläger erlitt 2004 einen Unfall bei seiner damaligen Tätigkeit als Fleischer. Nach mehreren operativen Eingriffen leidet er an Bewegungs- und Belastungseinschränkungen des rechten Arms. Er erhielt von der Beigeladenen bis einschließlich 24.5.2006 Vlg. Danach bewilligte die Beigeladene ihm ab 25.5.2006 Verletztenrente (Vlr) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 20 vH. Mit Bescheid vom 3.5.2007 wurde ihm die Verletztenrente sodann auf unbestimmte Zeit gewährt, und zwar für die Zeit ab 1.3.2007 nach einer MdE von 30 vH und später nach einer MdE von 40 vH. Die Beigeladene förderte zunächst eine Weiterbildung des Klägers zum Fachassistenten für Fleischhygiene. Für diese Maßnahme erhielt er in der Zeit vom 1.11.2006 bis 14.8.2007 auch Übg. Die geförderte Tätigkeit als Fachassistent für Fleischhygiene konnte der Kläger aufgrund seiner Schulterverletzung aber nicht ausüben. Deshalb stellte er einen Antrag auf Gewährung einer weiteren berufsqualifizierenden Rehabilitationsmaßnahme zum Lebensmittelkontrolleur. Die Beigeladene lehnte diese Weiterbildung des Klägers zum Lebensmittelkontrolleur zunächst ab. Erst nach Durchführung eines erfolgreichen Klageverfahrens wurde dem Kläger durch Bescheid vom 25.11.2011 Übg zur Teilnahme an einem Meisterkurs ab 29.8.2011 bewilligt. Der Unfallbetrieb war zum 1.1.2006 an die Beklagte überwiesen worden, sodass diese nunmehr für diese Bewilligung zuständig war.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 8.3.2011 bei der Beklagten die Zahlung von Vlg rückwirkend und durchgehend ab Mai 2006. Dies lehnte die Beklagte ab, weil die Einstellung des Vlg im Mai 2006 zu Recht erfolgt sei. Sie bewilligte dem Kläger dagegen für den Zeitraum vom 15.8.2007 bis 28.8.2011 Übg (Bescheid vom 2.12.2011). Der Widerspruch, mit dem der Kläger die Zahlung des höheren Vlg für die Zeit vom 1.5.2006 bis 28.8.2011 an Stelle des bereits bewilligten Übg begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5.3.2012).

4

Das SG hat durch Urteil vom 21.10.2015 die Beklagte unter Änderung der Bescheide verpflichtet, dem Kläger Vlg für die Zeit vom 15.8.2007 bis 28.8.2011 unter Anrechnung des gezahlten Übg zu gewähren. Der Anspruch auf Zahlung des Vlg habe nach § 46 Abs 3 SGB VII nicht geendet. Auch aus § 51 Abs 1 SGB IX aF folge, dass das Vlg weiter zu zahlen sei. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen, weil der Anspruch auf Vlg vom 25.5. bis 31.10.2006 entsprechend § 44 Abs 4 SGB X wegen des erst am 8.3.2011 gestellten Antrags frühestens ab 1.1.2007 zu gewähren sei.

5

Die Beklagte hat Berufung und der Kläger Anschlussberufung eingelegt. Im Einverständnis mit den Beteiligten hat anstelle des Senats der Berichterstatter (BE) des LSG als Einzelrichter gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG durch Urteil entschieden. Durch Urteil vom 13.7.2016 ist das Urteil des SG geändert und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide verurteilt worden, dem Kläger auch für den Zeitraum vom 25.5. bis 31.10.2006 Vlg zu zahlen. Die Berufung der Beklagten ist zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, der BE am LSG habe allein entscheiden können, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die Berufung der Beklagten sei unbegründet, weil keiner der Tatbestände für die Beendigung des Vlg nach § 46 Abs 3 SGB VII erfüllt sei. Zwar sei der Anspruch des Klägers auf Vlg für die Zeit ab 1.11.2006 bis 14.8.2007 zunächst beendet gewesen. Er sei jedoch für die anschließenden Zeiten nicht endgültig erloschen. Anderes würde sich aus dem Gesetzeswortlaut nur ergeben, wenn es in § 46 Abs 3 S 1 SGB VII hieße, dass der Anspruch auf Vlg mit der erstmaligen Bewilligung von Übg ende bzw mit der Entstehung eines Anspruchs auf Übg erlösche. Zum anderen komme ein Beendigungstatbestand gemäß § 46 Abs 3 S 2 SGB VII schon deshalb nicht in Betracht, weil ein feststellender Verwaltungsakt der Beklagten mit einer entsprechenden Prognoseentscheidung fehle. Auch sei der Anspruch auf Vlg nicht allein durch die rückwirkende Gewährung von Übg beendet worden, weil maßgebend sei, ob ein Anspruch auf Übg entstanden sei, was nur der Fall wäre, wenn der Versicherte aufgrund des Leistungsfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben tatsächlich erhalte. Die Berufung des Klägers habe hingegen Erfolg, weil § 44 Abs 4 SGB X in dem vorliegenden Fall nicht entsprechend angewandt werden dürfe.

6

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 20.12.2016 die Revision zugelassen. Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung der § 155 Abs 3 und 4 SGG sowie der § 46 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB VII und des § 51 SGB IX aF. Der BE habe nicht anstelle des Senats des LSG als Einzelrichter entscheiden dürfen, weil sich hier entscheidungserhebliche Rechtsfragen stellen würden, die höchstrichterlich nicht geklärt seien. Eine Entscheidung durch den BE komme bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig nicht in Betracht. Die zu klärende Frage, wann ein Anspruch auf Vlg gemäß § 46 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB VII ende, sei weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der bisherigen Rechtsprechung eindeutig zu beantworten. Ein Wiederaufleben des Anspruchs auf Vlg sei schon nicht mit § 51 SGB IX aF zu vereinbaren, weil dort die Weiterzahlung der Leistung abschließend geregelt sei. Das Wiederaufleben des Vlg-Anspruchs führe darüber hinaus zu erheblichen Wertungswidersprüchen bei einem gleichzeitigen Bezug von Vlr. Nach § 72 Abs 1 Nr 1 SGB VII werde Vlr von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folge, an dem der Anspruch auf Vlg ende. Bei Bezug von Übg könne gleichzeitig ein Anspruch auf Vlr bestehen. Würde man mit dem LSG den Anspruch auf Vlg wieder aufleben lassen, so würde der Kläger zeitgleich und systemwidrig für einen erheblichen Zeitraum in der Vergangenheit Vlr und Vlg erhalten. Dass dies nicht so gewollt sein könne, folge auch aus § 74 Abs 2 SGB VII.

7

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13.7.2016 und des SG Berlin vom 21.10.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

10

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht in der Sache geäußert.

11

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten ist gemäß § 170 Abs 2 S 2 SGG im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert, denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Denn über die Berufung hat der BE zwar im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 155 Abs 3 iVm Abs 4 SGG, aber dennoch ermessensfehlerhaft anstelle des gesamten Berufungssenats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung(§ 124 Abs 2 SGG) entschieden, obwohl die Rechtssache objektiv grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat (vgl BSG vom 20.3.2018 - B 2 U 176/17 B). Damit ist den Beteiligten ihr gesetzlicher Richter (Art 101 Abs 1 GG) entzogen worden (absoluter Revisionsgrund nach § 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO), was grundsätzlich zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper führt (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

13

Der BE hat ermessensfehlerhaft gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG anstelle des Senats des LSG durch Urteil über die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers entschieden, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Zwar hatten die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu gemäß § 155 Abs 3 iVm Abs 4 SGG erteilt. Die Rechtssache hat jedoch objektiv grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), sodass grundsätzlich allein der Senat zur Entscheidung berufen war (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen, unter denen das BSG ausnahmsweise trotz Vorliegens der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache einen Ermessensfehler verneint hat, lagen nicht vor (hierzu unter 2.). Der auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler (hierzu unter 3.) führt zur Zurückverweisung an das LSG (hierzu unter 4.).

14

1. Der BE am LSG durfte nicht alleine über die Streitsache entscheiden, weil sie objektiv von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist. Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) hat ein Senat des LSG, wenn er durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG), grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig zu werden. Abweichend hiervon kann gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG der Vorsitzende oder - sofern bestellt - der BE im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter").

15

a) Voraussetzung für eine Entscheidung gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG durch den Vorsitzenden oder BE anstelle des Senats ist zum einen das Einverständnis der Beteiligten, das hier unproblematisch gegeben ist. Darüber hinaus setzt die Entscheidung durch den Vorsitzenden oder BE anstelle des Senats bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) aber auch voraus, dass der Vorsitzende oder BE im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und/oder zumindest unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (vgl BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - SGb 2014, 557; vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN; vgl auch BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr 1; vom 25.6.2009 - B 3 KR 2/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 11; BSG vom 31.8.2011 - GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4). Die hiernach gebotene Ermessensausübung hat sich am Zweck der Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG zu orientieren, die zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beitragen wollen. Allerdings darf der Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz nicht vernachlässigt werden, sodass jeweils zu berücksichtigen ist, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass insbesondere der Teilnahme der ehrenamtlichen Richter an Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit ein hoher Stellenwert beizumessen ist (vgl hierzu Masuch/Spellbrink in Denkschrift 60 Jahre BSG, 2014, 437, 452 ff mwN). Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen. Dies stellt im Übrigen auch § 153 Abs 5 SGG durch seinen Verweis auf § 105 Abs 2 S 1 SGG ausdrücklich klar. Folglich ist bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder BE regelmäßig ausgeschlossen (vgl BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - Juris RdNr 14 ff mwN; vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN; auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7; vgl aber auch BSG vom 29.6.2015 - B 9 V 45/14 B - Juris RdNr 9).

16

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist dabei nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser selbst einer zu entscheidenden Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst. Eine Entscheidung gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG ist auch dann unzulässig, wenn über eine Rechtssache zu befinden ist, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte, entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft und deshalb grundsätzliche Bedeutung hat(vgl BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - SGb 2014, 557, Juris RdNr 14 ff mwN; BSG vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22).

17

b) Vorliegend hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Zwar hat das LSG der Rechtssache diese Bedeutung nicht beigemessen, objektiv stellen sich jedoch im Berufungsverfahren Rechtsfragen, die klärungsbedürftig und entscheidungserheblich sind.

18

Im vorliegenden Rechtsstreit ist die Auslegung des § 46 Abs 3 SGB VII streitentscheidend. Nach § 46 Abs 3 Nr 2 SGB VII endet das Vlg mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übg entsteht. Welche Vorstellungen der Gesetzgeber mit dem Entstehen eines Anspruchs auf Übg und dem "enden" des Anspruchs auf Vlg verbindet, lässt sich den Gesetzesmaterialien zum UVEG nicht zweifelsfrei entnehmen (vgl BT-Drucks 13/2204, S 87 zu § 46). Fraglich ist dabei zum einen der mit der Anschlussberufung des Klägers verfolgte Anspruch auf Zahlung von Vlg für den Zeitraum vom 25.5. bis 31.10.2006. Ob in der hier vorliegenden Fallkonstellation, in der für den streitigen Zeitraum eine Vlr als vorläufige Entschädigung mit bestandskräftigem Bescheid bewilligt und auch ausgezahlt wurde, der Anspruch auf Vlg endet, lässt sich allein anhand des Gesetzes nicht beantworten. Geregelt ist in § 72 Abs 1 Nr 1 SGB VII lediglich, dass die Vlr beginnt, wenn der Vlg-Anspruch endet. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu fehlt ebenfalls. Ebenso ergibt auch eine kursorische Durchsicht der wissenschaftlichen Fachliteratur, dass die vorliegende Konstellation weder besprochen noch als unproblematisch eingestuft wird.

19

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache besteht aber insbesondere im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf die Zahlung von Vlg anstatt des bereits gezahlten Übg für den Zeitraum vom 15.8.2007 bis 28.8.2011. Die hier zu entscheidende Frage, ob Vlg an Stelle des bereits bezogenen Übg zu zahlen ist, setzt ebenfalls voraus, dass geklärt wäre, was das Ende des Vlg gemäß § 46 Abs 3 Nr 2 SGB VII bedeutet. Ebenso ist unklar, ob gemäß § 50 SGB VII iVm § 51 SGB IX, jeweils in der hier anwendbaren, bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung, neben der bewilligten Verletztenrente Vlg oder lediglich Übg "weiter" zu zahlen ist. Antworten auf diese Fragen sind den gesetzlichen Regelungen nicht ohne Weiteres zu entnehmen und ebenso sind diese noch nicht höchstrichterlich entschieden. Schließlich ist auch zur vom SG befürworteten und vom BE am LSG abgelehnten entsprechenden Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X auf die vorliegende Fallkonstellation höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht ergangen.

20

2. Es lag hier auch keine Fallkonstellation vor, bei der nach der Rechtsprechung des BSG der BE am LSG trotz grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ermessensfehlerfrei anstelle des Senats des LSG entscheiden konnte. Nach der Rechtsprechung des BSG kann erkennbar in drei Fallgruppen ausnahmsweise eine Entscheidung durch den Einzelrichter anstelle des Senats des LSG trotz Vorliegens einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache in Betracht kommen. Dies ist zum einen der Fall, wenn ein Verfahren deshalb keine rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, weil einer ständigen Rechtsprechung - auch des eigenen Senats - gefolgt wird (vgl zB BSG vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22). Weiterhin kommt eine Entscheidung ausschließlich durch den BE gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG dann in Betracht, wenn die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung gerade auch für den Fall der Zulassung der Revision erklärt haben(vgl zB BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - SGb 2014, 557, Juris RdNr 15 mwN; BSG vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7; BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 15 ff). Schließlich ist in einer dritten Konstellation die Zulässigkeit des konsentierten Einzelrichters denkbar, wenn sich das Urteil auf eine bereits vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung des LSG oder auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht (vgl zB BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - SGb 2014, 557, Juris RdNr 15 mwN; BSG vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f mwN; BSG vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 11; BSG vom 25.6.2009 - B 3 KR 2/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11). Keiner dieser aufgezeigten Ausnahmefälle liegt vor. Der BE am LSG folgte erkennbar keiner gefestigten Rechtsprechung. Die Einverständniserklärung der Beteiligten vor dem LSG beinhaltete keinen Bezug auf eine mögliche Zulassung der Revision. Schließlich sind auch keine Parallelfälle beim BSG anhängig. Vielmehr liegt höchstrichterliche Rechtsprechung zu den aufgezeigten Fragen nicht vor. Schließlich ist auch der BE am LSG in seinem Urteil nicht von dem Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestands ausgegangen.

21

3. Auch ohne Rüge der Beteiligten ist ein Verstoß gegen § 155 Abs 3 iVm Abs 4 SGG von Amts wegen zu beachten. Der den Anspruch der Beteiligten auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 GG) verletzende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren nach § 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen(vgl BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - SGb 2014, 557, Juris RdNr 18 mwN; BSG vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13). Es muss daher hier nicht weiter geprüft werden, ob die Beklagte diesen Verfahrensfehler ordnungsgemäß gerügt hat.

22

4. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Grundsätzlich führt ein zur fehlerhaften Besetzung des Gerichts führender Verstoß gegen § 155 Abs 3 iVm Abs 4 SGG zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper(vgl zB BSG vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 24). Eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts soll allerdings auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht kommen, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; vgl BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - SGb 2014, 557 mwN; BSG vom 25.6.2009 - B 3 KR 2/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11). Dies gilt zB dann, wenn die auch durch das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfenden und festzustellenden Sachurteilsvoraussetzungen nicht gegeben sind, sodass die Klage in jedem Falle abgewiesen werden müsste.

23

Dagegen kann sich eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts nicht auf die von dem Einzelrichter des LSG verfahrensfehlerhaft festgestellten Tatsachen stützen, die - unabhängig davon, ob die Tatsachen unstreitig sind oder von den Beteiligten bestritten werden - jedenfalls verfahrensfehlerhaft wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter festgestellt wurden. Damit würde der Grundrechtsverstoß durch den konsentierten Einzelrichter ggf noch intensiviert und verfahrensentscheidend fortwirken, wenn die von ihm verfahrensfehlerhaft festgestellten Tatsachen einer Sachentscheidung zugrunde gelegt würden (vgl BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R - BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 11, 37). Diese Frage kann hier aber dahinstehen, weil der Senat auch auf Grundlage der insoweit durch den BE "festgestellten" Tatsachen zu keiner abschließenden und alternativlosen, dh inhaltlich nicht anders treffbaren Entscheidung, gelangen kann.

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

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Bundessozialgericht Urteil, 02. Mai 2012 - B 11 AL 18/11 R

bei uns veröffentlicht am 02.05.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Beschluss, 31. Aug. 2011 - GS 2/10

bei uns veröffentlicht am 31.08.2011

Tenor Der Leistungsträger darf die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten durchgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegend

Bundessozialgericht Urteil, 18. Mai 2010 - B 7 AL 43/08 R

bei uns veröffentlicht am 18.05.2010

Tatbestand 1 Im Streit ist die Minderung des an den Kläger in der Zeit ab 1.12.2005 für die Dauer von 65 Tagen gezahlten Arbeitslosengelds (Alg) um 16,17 Euro täglich we

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(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Leistungen werden durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, wenn Art oder Schwere der Behinderung der Leistungsberechtigten oder die Sicherung des Erfolges die besonderen Hilfen dieser Einrichtungen erforderlich machen. Die Einrichtung muss

1.
eine erfolgreiche Ausführung der Leistung erwarten lassen nach Dauer, Inhalt und Gestaltung der Leistungen, nach der Unterrichtsmethode, Ausbildung und Berufserfahrung der Leitung und der Lehrkräfte sowie nach der Ausgestaltung der Fachdienste,
2.
angemessene Teilnahmebedingungen bieten und behinderungsgerecht sein, insbesondere auch die Beachtung der Erfordernisse des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung gewährleisten,
3.
den Teilnehmenden und den von ihnen zu wählenden Vertretungen angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten an der Ausführung der Leistungen bieten sowie
4.
die Leistung nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, ausführen.
Die zuständigen Rehabilitationsträger vereinbaren hierüber gemeinsame Empfehlungen nach den §§ 26 und 37.

(2) Werden Leistungen zur beruflichen Ausbildung in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, sollen die Einrichtungen bei Eignung der Leistungsberechtigten darauf hinwirken, dass diese Ausbildung teilweise auch in Betrieben und Dienststellen durchgeführt wird. Die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation unterstützen die Arbeitgeber bei der betrieblichen Ausbildung und bei der Betreuung der auszubildenden Jugendlichen mit Behinderungen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Leistungen werden durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, wenn Art oder Schwere der Behinderung der Leistungsberechtigten oder die Sicherung des Erfolges die besonderen Hilfen dieser Einrichtungen erforderlich machen. Die Einrichtung muss

1.
eine erfolgreiche Ausführung der Leistung erwarten lassen nach Dauer, Inhalt und Gestaltung der Leistungen, nach der Unterrichtsmethode, Ausbildung und Berufserfahrung der Leitung und der Lehrkräfte sowie nach der Ausgestaltung der Fachdienste,
2.
angemessene Teilnahmebedingungen bieten und behinderungsgerecht sein, insbesondere auch die Beachtung der Erfordernisse des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung gewährleisten,
3.
den Teilnehmenden und den von ihnen zu wählenden Vertretungen angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten an der Ausführung der Leistungen bieten sowie
4.
die Leistung nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, ausführen.
Die zuständigen Rehabilitationsträger vereinbaren hierüber gemeinsame Empfehlungen nach den §§ 26 und 37.

(2) Werden Leistungen zur beruflichen Ausbildung in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, sollen die Einrichtungen bei Eignung der Leistungsberechtigten darauf hinwirken, dass diese Ausbildung teilweise auch in Betrieben und Dienststellen durchgeführt wird. Die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation unterstützen die Arbeitgeber bei der betrieblichen Ausbildung und bei der Betreuung der auszubildenden Jugendlichen mit Behinderungen.

(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Leistungen werden durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, wenn Art oder Schwere der Behinderung der Leistungsberechtigten oder die Sicherung des Erfolges die besonderen Hilfen dieser Einrichtungen erforderlich machen. Die Einrichtung muss

1.
eine erfolgreiche Ausführung der Leistung erwarten lassen nach Dauer, Inhalt und Gestaltung der Leistungen, nach der Unterrichtsmethode, Ausbildung und Berufserfahrung der Leitung und der Lehrkräfte sowie nach der Ausgestaltung der Fachdienste,
2.
angemessene Teilnahmebedingungen bieten und behinderungsgerecht sein, insbesondere auch die Beachtung der Erfordernisse des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung gewährleisten,
3.
den Teilnehmenden und den von ihnen zu wählenden Vertretungen angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten an der Ausführung der Leistungen bieten sowie
4.
die Leistung nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, ausführen.
Die zuständigen Rehabilitationsträger vereinbaren hierüber gemeinsame Empfehlungen nach den §§ 26 und 37.

(2) Werden Leistungen zur beruflichen Ausbildung in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, sollen die Einrichtungen bei Eignung der Leistungsberechtigten darauf hinwirken, dass diese Ausbildung teilweise auch in Betrieben und Dienststellen durchgeführt wird. Die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation unterstützen die Arbeitgeber bei der betrieblichen Ausbildung und bei der Betreuung der auszubildenden Jugendlichen mit Behinderungen.

(1) Renten an Versicherte werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem

1.
der Anspruch auf Verletztengeld endet,
2.
der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist.

(2) Renten an Hinterbliebene werden vom Todestag an gezahlt. Hinterbliebenenrenten, die auf Antrag geleistet werden, werden vom Beginn des Monats an gezahlt, der der Antragstellung folgt.

(3) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder mitarbeitenden Lebenspartner und für den Unternehmern im Versicherungsschutz Gleichgestellte Rente für die ersten 13 Wochen nach dem sich aus § 46 Abs. 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Die Rente beginnt spätestens am Tag nach Ablauf der 13. Woche, sofern Verletztengeld nicht zu zahlen ist.

(4) (weggefallen)

(1) Der Anspruch auf eine Rente, die auf unbestimmte Zeit geleistet wird, kann aufgrund einer Änderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zuungunsten der Versicherten nur in Abständen von mindestens einem Jahr geändert werden. Das Jahr beginnt mit dem Zeitpunkt, von dem an die vorläufige Entschädigung Rente auf unbestimmte Zeit geworden oder die letzte Rentenfeststellung bekanntgegeben worden ist.

(2) Renten dürfen nicht für die Zeit neu festgestellt werden, in der Verletztengeld zu zahlen ist oder ein Anspruch auf Verletztengeld wegen des Bezugs von Einkommen oder des Erhalts von Betriebs- und Haushaltshilfe oder wegen der Erfüllung der Voraussetzungen für den Erhalt von Betriebs- und Haushaltshilfe nicht besteht.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.

(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Minderung des an den Kläger in der Zeit ab 1.12.2005 für die Dauer von 65 Tagen gezahlten Arbeitslosengelds (Alg) um 16,17 Euro täglich wegen einer verspäteten Meldung als arbeitsuchend.

2

Der Kläger bezog bis zum 24.7.2005 Alg. Bereits am 20.7.2005 hatte er der Beklagten angezeigt, dass er am 25.7.2005 eine unbefristete Beschäftigung aufnehmen werde. Tatsächlich war das Arbeitsverhältnis aber - was der Kläger erst später erkannt haben will - bis zum 30.11.2005 befristet. Am 8.8.2005 beantragte er unter Vorlage des Arbeitsvertrags die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe für seine Tätigkeit. Die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Befristung vermerkte die Beklagte in ihrer Datenbank. Auf den Antrag des Klägers vom 15.11.2005 bewilligte sie Alg ab 1.12.2005 mit der Maßgabe, dass sich der Anspruch wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung um 16,17 Euro täglich mindere (Bescheid vom 13.12.2005, Widerspruchsbescheid vom 6.2.2006).

3

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die ihm nach § 37b Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) obliegende Pflicht zur unverzüglichen Meldung als arbeitsuchend verletzt(Urteil vom 29.5.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers durch eine Entscheidung des Berichterstatters zurückgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Urteil vom 2.10.2008). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe spätestens am 8.8.2005 Kenntnis von der Befristung des Arbeitsverhältnisses gehabt; seine gegenteilige Behauptung sei nicht glaubhaft. Er hätte sich deshalb unverzüglich arbeitsuchend melden müssen. Dieser Obliegenheit sei er fahrlässig nicht nachgekommen. Unerheblich sei, dass die Beklagte von der Befristung des Arbeitsverhältnisses auf Grund des Antrags auf Fahrkostenhilfe Kenntnis erlangt habe.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 37b Satz 1 und 2 SGB III. Er ist insbesondere der Ansicht, eine (frühere) Arbeitsuchendmeldung sei in Hinblick auf die Vorlage des befristeten Arbeitsvertrags am 8.8.2005 nicht mehr erforderlich gewesen.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Sächsischen LSG vom 2.10.2008 und des SG Chemnitz vom 29.5.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12./13.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2006 aufzuheben.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nur durch den Berichtserstatter ist regelmäßig ein auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtender Verfahrensfehler; denn das LSG hat die Sache nicht in der vorschriftsmäßigen Besetzung entschieden (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 13).

9

Nach § 33 Satz 1 SGG werden die Senate des LSG jeweils in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung zählt zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens (BSGE 7, 230, 234 = SozR Nr 1 zu § 108 SGG; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 14). Abweichungen von diesem Grundsatz sind daher nur in Ausnahmefällen gestattet. Einen solchen regelt § 155 Abs 3, 4 SGG, wonach der Vorsitzende oder Berichterstatter eine (auch verfahrensabschließende) Entscheidung anstelle des Senats ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter treffen kann, wenn die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

10

Das dem Vorsitzenden/Berichterstatter hiernach eingeräumte Ermessen ist in gleicher Weise wie bei einer Entscheidung des erstinstanzlichen Richters - ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) in der Weise begrenzt, dass es sich um eine Sache ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art handeln muss (angedeutet in BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 45 f; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 22). Ist die Rechtssache mit besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden, muss der konsertierte Einzelrichter eine Entscheidung des Senats herbeiführen.

11

Von besonderen rechtlichen Schwierigkeiten ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Einzelrichter einer zu entscheidenden Rechtsfrage - subjektiv - grundsätzliche Bedeutung beimisst (BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 19; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 105 RdNr 6; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 105 RdNr 2). Will er mithin die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zulassen, weist die Sache regelmäßig "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" auf und schließt eine Entscheidung als Einzelrichter aus (BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 17). So liegt der Fall hier, wobei der Senat indes die Richtigkeit der materiell-rechtlichen Prüfung durch das LSG zum Erfordernis einer Arbeitsuchendmeldung trotz Vorlage des befristeten Arbeitsvertrags nicht in Zweifel zieht.

12

Eine von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zugelassene Ausnahme liegt nicht vor. Das Urteil des LSG bezieht sich weder auf eine ständige Rechtsprechung des eigenen Senats (vgl BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2 RdNr 22)noch auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim BSG anhängige Parallelfälle (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11)noch ist das Einverständnis des Klägers mit der Entscheidung durch den Einzelrichter auch für den Fall der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache protokolliert (hierzu: BSG, Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris, RdNr 14).

13

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Der Leistungsträger darf die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten durchgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Berechtigung der Beklagten, Ansprüche der Beigeladenen mit der Altersrente des Klägers durch Verwaltungsakt zu verrechnen.

2

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit Oktober 2003 Altersrente. Nachdem die Beigeladene die Beklagte im Oktober 2005 schriftlich zur Verrechnung einer Forderung in Höhe von damals über 53 000 Euro (Erstattung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sowie Ersatz von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen nebst Mahnkosten) mit Leistungsansprüchen des Klägers gegen die Beklagte ermächtigt hatte, erklärte diese gegenüber dem Kläger nach dessen Anhörung, der Anspruch der Beigeladenen werde "mit dem Anspruch auf Rente in der Weise verrechnet, dass ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt monatlich 436 Euro von der Rentenzahlung einbehalten und an die Beigeladene bis zur Tilgung der Forderung gezahlt" würden (Bescheid vom 21.11.2005; Widerspruchsbescheid vom 13.6.2006).

3

Die Klage hiergegen hatte erst- und zweitinstanzlich insoweit Erfolg, als der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben wurde, weil eine Verrechnung nicht durch Verwaltungsakt habe vorgenommen werden dürfen (Urteil des SG vom 27.7.2007; Urteil des LSG vom 7.2.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Prüfung beschränke sich darauf, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, die Verrechnungserklärung in Form eines Verwaltungsakts abzugeben. Hierfür fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigung; weil es sich bei der Verrechnungserklärung in der Sache nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung handele, müsse diese als rechtswidriger "formeller Verwaltungsakt" aufgehoben werden.

4

Der im Revisionsverfahren mit der Sache befasste 13. Senat des BSG beabsichtigt, das Berufungsurteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, sieht sich jedoch hieran durch das Urteil des 4. Senats vom 24.7.2003 (SozR 4-1200 § 52 Nr 1)gehindert, weil er, wenn er seiner Entscheidung die Rechtsauffassung dieses Urteils zugrunde legen würde, die Verrechnung nach § 52 SGB I erfolge nicht durch Verwaltungsakt, die Revision zurückweisen müsse.

5

Auf Anfrage hat der 4. Senat an seiner Rechtsprechung festgehalten (Beschluss vom 22.9.2009); der 13. Senat hat deshalb dem Großen Senat die Rechtsfrage vorgelegt (Beschluss vom 25.2.2010),

        

ob eine Verrechnung nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt zu erklären sei.

6

II. Die Vorlage ist zulässig (§ 41 Abs 2 und 3 SGG); insbesondere ist die vom 13. Senat aufgeworfene Frage bei sachgerechter Auslegung im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich.

7

Unabhängig von der Formulierung der Anfrage des 13. Senats scheitert die Bejahung der Entscheidungserheblichkeit nicht bereits daran, dass das Urteil des LSG wegen Verstoßes gegen § 155 Abs 3 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen wäre, weil in der Berufungsinstanz der Vorsitzende als Einzelrichter entschieden, gleichzeitig aber die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt hierin zwar regelmäßig ein absoluter Revisionsgrund (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 11 ff und 22 f); jedoch rechtfertigen vorliegend besondere Umstände die Entscheidung des Vorsitzenden, sodass die Handhabung des § 155 Abs 3 SGG nicht ermessensfehlerhaft ist(vgl zu solchen Gründen: BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11 f; SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14).

8

Zum einen ist in der vorausgegangenen Anfrage an die Beteiligten, ob einer Entscheidung durch den Vorsitzenden als Einzelrichter zugestimmt werde, bereits ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass "aller Voraussicht nach die Revision zuzulassen sein" werde. Zum anderen hat der für den Senat entscheidende Vorsitzende keine von der Rechtsprechung seines Senats abweichende eigenständige Rechtsprechung begründet, sondern ist vielmehr ausdrücklich jener und der des 4. Senats des BSG gefolgt; die Revision wurde lediglich mit der Erwägung zugelassen, angesichts der zwischen dem 4. und 13. Senat des BSG zu Tage getretenen Unterschiede in der Bewertung der Rechtsnatur der Verrechnungserklärung rasch eine höchstrichterliche Klärung der Streitfrage ermöglichen zu wollen. Dies entzieht den Beteiligten jedenfalls nicht die für die letztverbindliche Entscheidung der Streitfrage zuständigen Richter des BSG, sondern öffnet den Weg zu ihnen in Übereinstimmung mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung (vgl hierzu: BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 21).

9

Der Klage kann auch nicht das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 43/07 R - RdNr 16). Im Hinblick darauf, dass die Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen noch nicht insgesamt beglichen ist, haben alle Beteiligten ein berechtigtes Interesse an der Klärung, ob ein Verwaltungsakt hat ergehen dürfen.

10

Die Entscheidung des Großen Senats erfordert indes eine Auslegung der Anfrage des 13. Senats. Sie kann bereits vom Ansatz her und unter Beachtung des Erfordernisses der Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren nicht so umfassend gemeint sein, wie der Wortlaut nahelegen könnte. Eine Divergenz misst sich immer an der zugrundeliegenden Fallgestaltung; darauf fußend kann der 13. Senat nur geklärt wissen wollen, ob bei der konkreten Konstellation für die Verrechnung die Handlungsform des Verwaltungsakts rechtmäßig gewählt wurde. Seine in der Anfrage gewählte Formulierung ("ob eine Verrechnung nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt zu erklären ist") ist vor diesem Hintergrund streitgegenständlich zu konkretisieren.

11

Dies bedeutet, dass eine Antwort bezogen auf den Verrechnenden nur für die einseitige, nicht für die vertraglich zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungsempfänger geregelte, Verrechnung verlangt wird; erfasst wird auch nur die Verrechnung mit einer öffentlich-rechtlichen, nicht mit einer privatrechtlichen, Forderung. Auszuklammern sind - bezogen auf den Verrechnungsgegner - zudem die Sachverhaltsvarianten,

        

- dass dieser nicht Inhaber eines Sozialleistungsanspruchs (§ 11 SGB I) ist

        

- oder den Sozialleistungsanspruch im Wege einer Rechtsnachfolge erworben hat.

Es kann deshalb offen bleiben, ob bzw inwieweit die bezeichneten Konstellationen überhaupt von § 52 SGB I erfasst werden. Nicht entscheidungserheblich für das Ausgangsverfahren - deshalb vom 13. Senat zu Recht nicht angefragt - ist außerdem die Rechtsnatur einer Aufrechnung im Sinne des § 51 SGB I bzw sonstiger sozialrechtlicher Vorschriften.

12

Wie der Tenor des Anfragebeschlusses des 13. Senats vom 5.2.2009 gegenüber dem 4. Senat zeigt (nicht Erklärung durch Verwaltungsakt, sondern Ausübung durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung), ist das Anliegen des 13. Senats dabei nicht isoliert die Klärung der rechtlichen Qualität der bloßen Erklärung "zu verrechnen", sondern die des Gesamtaktes der Verrechnung. Diese ist in der Praxis nämlich regelmäßig mit (notwendigen) Konkretisierungen der Rechtsfolge (zB Umfang und Beginn) verbunden. Was im Einzelnen unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Empfängerhorizonts (vgl dazu: BSGE 67, 104, 110 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; vgl auch BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - RdNr 18) zu verlangen ist, bzw ob die gewählte Formulierung hinreichend bestimmt ist (§ 33 Abs 1 SGB X), um überhaupt einen Verwaltungsakt bzw einen rechtmäßigen Verwaltungsakt annehmen zu können, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall und unterliegt nicht der Beurteilung des Großen Senats.

13

Es ist auch nicht darüber zu befinden, ob das gegenseitige Erlöschen der verrechneten Forderungen ausdrücklich erklärt werden muss oder ob es genügt, dass sich diese Rechtsfolge in entsprechender Anwendung des § 389 BGB aus dem Gesetz ergibt. Ebenso wenig ist zu entscheiden, ob bzw inwieweit trotz ggf rechtswidrigen Verwaltungsakts eine darin enthaltene wirksame Verrechnung durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung zu sehen sein kann (vgl zum Form-Verwaltungsakt: BSG, Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 43/07 R - RdNr 16; BFHE 157, 8 ff) oder ob sich die Annahme einer Verwaltungsaktqualität und die einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung nicht gegenseitig ausschließen, weil auch die Willenserklärung eine hinreichend konkrete Angabe der gewollten Rechtsfolgen enthalten muss. Die Vorlagefrage ist schließlich unter dem Blickwinkel der Entscheidungserheblichkeit nur dahin zu verstehen, ob eine Verrechnung erklärt werden darf; denn im Ausgangsfall ist die Handlungsform des Verwaltungsakts gewählt worden.

14

Unter diesen Vorgaben und mit den beschriebenen Einschränkungen ist die Anfrage an den Großen Senat im Ausgangsverfahren des 13. Senats entscheidungserheblich. Wäre der Entscheidung des 4. Senats zu folgen, wären die Revisionen der Beklagten und Beigeladenen zurückzuweisen; wäre die Rechtsfrage im Sinne der Anfrage zu entscheiden, müsste der 13. Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, weil es zumindest an erforderlichen Tatsachenfeststellungen für die Beantwortung folgender Rechtsfragen fehlt:

        

-       

Bestehen der von der Beigeladenen gegen den Kläger geltend gemachten Forderungen,

        
        

-       

Pfändbarkeit der Rentenansprüche des Klägers gegen die Beklagte (§ 52 SGB I iVm § 51 Abs 1 SGB I),

        
        

-       

Voraussetzungen des § 51 Abs 2 SGB I (Verrechnung höchstens zur Hälfte; keine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII oder dem SGB II),

        
        

-       

ordnungsgemäße Ausübung des der Beklagten zustehenden Ermessens.

        
15

Geht man vom umschriebenen Verständnis zur Durchführung der einseitigen Verrechnung aus, so kann diese alle Voraussetzungen eines Verwaltungsakts nach § 31 SGB X erfüllen. Die Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen liegt schon darin, dass die im Bescheid enthaltene (konkretisierte) Verrechnungserklärung eine unmittelbare Wirkung auf den Auszahlungsanspruch des Berechtigten hat, indem sie diesen, soweit die Verrechnungserklärung reicht, erlöschen lässt (vgl BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 17 f). Dass sich dies bereits aus dem Gesetz (entsprechend § 389 BGB) ergibt, ändert hieran nichts; die Rechtsfolge tritt jedenfalls ohne weiteren Umsetzungsakt ein (vgl zu dieser Voraussetzung BSGE 75, 97, 107 = SozR 3-4100 § 116 Nr 2 S 56; vgl auch BSG SozR 3-2200 § 306 Nr 2 S 7). Das Tatbestandsmerkmal "auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" ist erfüllt, weil § 52 SGB I eine spezifische Gestaltung von Beziehungen zwischen Leistungsempfängern und Sozialleistungsträgern durch mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Leistungsträger ermöglicht. Die Erklärung einer Verrechnung nach § 52 SGB I enthält schließlich eine hoheitliche Maßnahme, also eine einseitige behördliche Handlung, die nur dem Sozialleistungsträger, nicht aber ihrem Adressaten, dem Sozialleistungsempfänger, in dieser Form ihrer Art nach zusteht(vgl zu diesem Merkmal nur U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 35 RdNr 104 mwN); dahinstehen kann, ob diesem Gesichtspunkt gegenüber den anderen Voraussetzungen überhaupt ein eigenes Gewicht zukommt.

16

Die Verwaltung bedarf zum Erlass des Verwaltungsaktes keiner über § 52 SGB I hinausgehenden Ermächtigung. Wie für die Aufrechnung (vgl nur: BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; BSGE 78, 132, 134 = SozR 3-1200 § 51 Nr 5 S 16) hat das BSG für die Verrechnung (vgl nur: BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; BSG SozR 3-1200 § 52 Nr 3 S 32) als besonderer Form der Aufrechnung (BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; BSGE 67, 143, 155 f = SozR 3-1200 § 52 Nr 1 S 15; SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 14) lange Zeit mehr oder minder selbstverständlich angenommen, dass die Handlungsform des Verwaltungsakts gewählt werden darf (vgl dazu auch den Vorlagebeschluss des 13. Senats unter RdNr 26); es hat dabei eine unmittelbare Anwendung der §§ 387 ff BGB, die eine Durchführung der Aufrechnung oder der Verrechnung durch (öffentlich-rechtliche) Willenserklärung nahelegen könnten, abgelehnt und stattdessen formuliert, die Vorschriften bzw Grundsätze des BGB seien (nur) entsprechend anwendbar(BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, jeweils RdNr 17; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, jeweils RdNr 11; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 11 S 55 f; SozR 3-1200 § 52 Nr 1 S 15; SozR 3-1200 § 52 Nr 3 S 32; SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 8 mwN).

17

Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung eines SGB I (BT-Drucks 7/868, S 22) ist von demselben Verständnis getragen. Darin wird hervorgehoben, die Vorschriften des Dritten Abschnitts des SGB I gingen davon aus, dass die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, die durch Konkretisierung von Verfassungsnormen und durch entsprechende Anwendung von Regelungen anderer Rechtsgebiete, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, von Wissenschaft und Rechtsprechung erarbeitet worden seien, auch in das Sozialrecht (nur) ausstrahlten. Die zivilrechtlichen Normen sind aber von § 52 SGB I die Rechtsnatur der Verrechnung gestaltend überlagert. § 52 SGB I enthält ein spezifisches "Sonderrecht"; eine vergleichbare Regelung, mit der das Erfordernis der Personenidentität für die Gegenseitigkeit der Forderungen aufgehoben wird, ist im öffentlichen Recht ansonsten bzw im Zivilrecht nicht ersichtlich. § 52 SGB I beseitigt damit eine für die Aufrechnung nach §§ 387 ff BGB strukturwesentliche Voraussetzung. Es kann dahinstehen, ob § 52 SGB I allein schon deshalb als Ermächtigungsnorm zum Erlass eines Verwaltungsaktes zu verstehen ist; jedenfalls bedarf die Verwaltung über § 52 SGB I hinaus für ein Handeln durch Verwaltungsakt keiner weiteren (ausdrücklichen) Ermächtigungsgrundlage, weil sich die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts zumindest aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des Rechtsverhältnisses ergibt(vgl dazu in anderem Zusammenhang: BSG SozR 3-3100 § 62 Nr 4 S 16 mwN; BVerwG, Urteil vom 3.3.2011 - 3 C 19/10).

18

Dies sieht der Gesetzgeber in § 24 Abs 2 Nr 7 SGB X ebenso; dort ist ein Verzicht auf die Anhörung vor Erlass eines Verwaltungsaktes vorgesehen, wenn gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro (aufgerechnet oder) verrechnet werden soll. Die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes wird mithin stillschweigend vorausgesetzt. Dem widerspricht nicht, dass der Gesetzgeber in § 42a Abs 2, § 43 Abs 4 SGB II mit Wirkung ab 1.4.2011 expressis verbis den Erlass eines (schriftlichen) Verwaltungsakts für die Aufrechnung vorgeschrieben hat. Abgesehen davon, dass diese Vorschriften inhaltlich für eine Verrechnung keine Bedeutung gewinnen können, sind diese Neuregelungen des SGB II kein Beleg dafür, dass für die Verrechnung eine über § 52 SGB I hinausgehende Ermächtigung erforderlich sein soll.

19

Mit seiner Entscheidung weicht der Große Senat des BSG schließlich nicht von Entscheidungen des BGH (Beschluss vom 22.3.2004 - NotZ 16/03 -, NJW-RR 2004, 1432 ff), des BVerwG (BVerwGE 66, 218 ff; 132, 250 ff) oder des BFH (BFHE 149, 482, 489 f; 178, 306 ff) ab, die bei der einseitigen Ausübung der hier ohnedies nicht streitgegenständlichen Aufrechnung die Rechtsnatur als öffentlich-rechtliche Willenserklärung bestimmen. Die bezeichneten Entscheidungen beruhen auf anderen Rechtsgrundlagen und sind nicht zu den einschlägigen sozialrechtlichen Vorschriften, insbesondere nicht zur Verrechnung nach § 52 SGB I, ergangen.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 25. August 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 25.8.2014 hat das LSG Hamburg im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin anstelle des Senats anders als vor ihm das SG einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung eines Impfschadens und die darauf gestützte Gewährung von Versorgung verneint. Nach umfangreicher Beweisaufnahme in beiden Instanzen lasse sich ein kausaler Zusammenhang zwischen der Hepatitis-B Impfung des Klägers und dem im zeitlichen Zusammenhang damit aufgetretenen Hirninfarkt nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der er Verfahrensfehler rügt. Das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten. So habe es Parteivortrag mit Sachverständigenbeweis vermengt und versorgungsärztliche Stellungnahmen zu Unrecht als sachverständige Äußerungen behandelt. Zuletzt hat der Kläger noch ergänzend vorgetragen, der Fall sei tatsächlich schwierig gelagert; die Berichterstatterin hätte ihn deshalb trotz des Einverständnisses der Beteiligten nicht anstelle des Senats entscheiden dürfen.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Daran fehlt es.

5

1. Der Vorwurf, das LSG habe Parteivortrag und Sachverständigenbeweis vermengt und auch sonst die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, kann der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn auf die damit geltend gemachte Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG kann ein Verfahrensmangel gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht gestützt werden(vgl Karmanski in Roos/Warendorf, SGG, 2014, § 160 RdNr 58 mwN). Der Ausschluss von Verletzungen des § 128 Abs 1 S 1 SGG aus den zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensmängeln duldet keine Ausnahme; die Würdigung der dem Tatsachengericht vorliegenden Beweise obliegt allein diesem Gericht (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 16 mwN).

6

Unabhängig davon ist das LSG in der Würdigung der Beweise weitgehend frei und nicht verpflichtet, der Äußerung eines bestimmten Sachverständigen zu folgen oder ihr Vorrang gegenüber anderen Beweismitteln einzuräumen. Das Gericht muss zwar beachten, dass ärztliche Gutachten, die nicht als gerichtliche Sachverständigengutachten erstellt wurden, grundsätzlich eine andere Aussagekraft haben und damit einen anderen Beweiswert als gerichtliche Gutachten besitzen (vgl BSG SozR 1500 § 128 Nr 24). Mit dieser Maßgabe ist es aber in seiner Beweiswürdigung frei und kann deshalb zB einem Verwaltungsgutachten entgegen einem Gerichtsgutachten folgen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 128 RdNr 4a unter Verweis auf BSG Beschluss vom 26.5.2000 - B 2 U 90/00 B - Juris ). An diese Vorgaben hat sich das LSG gehalten. Soweit es teilweise die Aussagen der Versorgungsmedizinerin in einem Atemzug mit denjenigen der als Sachverständigen gehörten Medizinern genannt hat, erscheint dies nur auf den ersten Blick missverständlich. Denn das LSG hat ersichtlich alle im Laufe des Verfahrens vorgebrachten medizinischen Argumente unvoreingenommen gewürdigt und abgewogen und sich insbesondere gründlich mit dem für den Kläger günstigen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. auseinandergesetzt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich das LSG dabei des besonderen Beweiswerts dieses Gutachtens nicht bewusst gewesen wäre.

7

2. Ebenso wenig hat der Kläger innerhalb der Begründungsfrist des § 160a Abs 2 S 1 SGG eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter dargetan. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde muss das BSG allein anhand der Begründung darüber entscheiden können, ob ein Verfahrensmangel in Betracht kommt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 4; BSG Beschluss vom 21.8.2009 - B 11 AL 21/09 B - Juris; BSG Beschuss vom 9.9.2013 - B 12 R 64/12 B - Juris). Das gilt auch für Verfahrensmängel, die im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen wären, wie die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 16 unter Hinweis auf BVerwG Buchholz 310 § 132 VwGO Nr 50; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, Stand 48. Lieferung August 2007, § 160a RdNr 33).

8

Ohnehin lässt die erst deutlich nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet (vgl BSG Beschluss vom 28.7.2005 - B 13 RJ 178/05 B - SozR 4-1500 § 178a Nr 3; BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 1 KR 19/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 10) nachgeschobene Begründung des Klägers, mit dem er die Entscheidung durch die Berichterstatterin rügt, keine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter in seiner einfachgesetzlichen Ausprägung erkennen. Nach der Leitentscheidung des Senats im Urteil vom 8.11.2007 (B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189-197 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2 = SozR 4-3250 § 69 Nr 7) soll der bestellte Berichterstatter nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden, ob er von der durch § 155 Abs 3 und Abs 4 SGG eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, oder ob es aus sachlichen Gründen bei der Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat verbleibt(vgl auch BSG Urteil vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - Juris; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris; differenzierend BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4). Bei einer Rechtssache von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung bzw beim Vorliegen einer Divergenz hat der Senat eine Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des LSG-Senats in der Vergangenheit regelmäßig trotz Einverständnis der Beteiligten als ermessens- und verfahrensfehlerhaft angesehen. Zur Begründung hat er angeführt, die ausnahmsweise mögliche Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Kollegium auf den Vorsitzenden bzw Berichterstatter sei auf die Vielzahl der Verfahren zugeschnitten, die insbesondere aus dem Grunde keine rechtlichen Schwierigkeiten aufwiesen, weil einer ständigen Rechtsprechung gefolgt werden solle. Diese Senatsentscheidung ist damit ersichtlich allein im Kontext von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung ergangen (vgl insbesondere die in B 9/9a SB 3/06 R in Bezug genommene Entscheidung des BVerfG Kammerbeschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - Juris; ausführlich Knispel SGb 2010, 357-361). Die Beschwerde legt nicht dar, dass und warum dem Fall des Klägers eine solche grundsätzliche rechtliche Bedeutung zukäme.

9

Soweit sie die genannte Senatsrechtsprechung auf allein tatsächlich nicht einfach gelagerte Fälle ausdehnen will, hat sie sich zur Begründung wiederum auf - im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde aber unerhebliche - Angriffe gegen die Beweiswürdigung des LSG beschränkt. Der Senat braucht wegen dieser unzureichenden Darlegung nicht zu entscheiden, ob er angesichts der in der Literatur geäußerten Kritik (vgl Wenner in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 159 SGG RdNr 17: weder richtig noch praktikabel; ausführlich auch zur abweichenden Rechtsprechung anderer Bundesgerichte Knispel SGb 2010, 357-361) an der genannten Rechtsprechung zur Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters bei Fällen von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung in Zukunft uneingeschränkt festhalten will; sie sogar noch auf nur tatsächlich nicht einfach gelagerte Fälle auszudehnen liefert die Beschwerde jedenfalls erst recht keinen Anlass und kein überzeugendes rechtliches Argument.

10

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

11

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Renten an Versicherte werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem

1.
der Anspruch auf Verletztengeld endet,
2.
der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist.

(2) Renten an Hinterbliebene werden vom Todestag an gezahlt. Hinterbliebenenrenten, die auf Antrag geleistet werden, werden vom Beginn des Monats an gezahlt, der der Antragstellung folgt.

(3) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder mitarbeitenden Lebenspartner und für den Unternehmern im Versicherungsschutz Gleichgestellte Rente für die ersten 13 Wochen nach dem sich aus § 46 Abs. 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Die Rente beginnt spätestens am Tag nach Ablauf der 13. Woche, sofern Verletztengeld nicht zu zahlen ist.

(4) (weggefallen)

(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes bestimmen sich nach den §§ 66 bis 71 des Neunten Buches, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt; im Übrigen gelten die Vorschriften für das Verletztengeld entsprechend.

(1) Leistungen werden durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, wenn Art oder Schwere der Behinderung der Leistungsberechtigten oder die Sicherung des Erfolges die besonderen Hilfen dieser Einrichtungen erforderlich machen. Die Einrichtung muss

1.
eine erfolgreiche Ausführung der Leistung erwarten lassen nach Dauer, Inhalt und Gestaltung der Leistungen, nach der Unterrichtsmethode, Ausbildung und Berufserfahrung der Leitung und der Lehrkräfte sowie nach der Ausgestaltung der Fachdienste,
2.
angemessene Teilnahmebedingungen bieten und behinderungsgerecht sein, insbesondere auch die Beachtung der Erfordernisse des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung gewährleisten,
3.
den Teilnehmenden und den von ihnen zu wählenden Vertretungen angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten an der Ausführung der Leistungen bieten sowie
4.
die Leistung nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, ausführen.
Die zuständigen Rehabilitationsträger vereinbaren hierüber gemeinsame Empfehlungen nach den §§ 26 und 37.

(2) Werden Leistungen zur beruflichen Ausbildung in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, sollen die Einrichtungen bei Eignung der Leistungsberechtigten darauf hinwirken, dass diese Ausbildung teilweise auch in Betrieben und Dienststellen durchgeführt wird. Die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation unterstützen die Arbeitgeber bei der betrieblichen Ausbildung und bei der Betreuung der auszubildenden Jugendlichen mit Behinderungen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine zwölfwöchige Sperrzeit und deren Rechtsfolgen.

2

Die 1961 geborene Klägerin bezog ab 1.8.2001 bis zur Erschöpfung des Anspruchs Arbeitslosengeld (Alg). Danach bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 27.7.2002 bis 26.7.2003 (Bescheid vom 15.8.2002).

3

Zum 24.10.2002 erhielt sie von der Beklagten ein Stellenangebot als Produktionshelferin bei der H. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber); der Stundenlohn sollte hiernach 5,37 Euro betragen. Beim Vorstellungsgespräch erklärte sie, dass sie sich statt des angebotenen Stundenlohns 8 bis 9 Euro pro Stunde vorstelle und noch das Ergebnis zweier weiterer Bewerbungen abwarten wolle, weshalb sie sich erst ab dem 18.11.2002 zu einer Arbeitsaufnahme imstande sehe. Daraufhin stellte die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit mit der Folge des Ruhens des Alhi-Anspruchs vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 fest, minderte die Anspruchsdauer um 84 Tage, hob die Leistungsbewilligung rückwirkend ab 25.10.2002 auf und forderte zu Unrecht erbrachte Leistungen für den Zeitraum vom 25.10.2002 bis 30.11.2002 in Höhe von insgesamt 825,45 Euro (Alhi in Höhe von 712,99 Euro; Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 112,46 Euro) zurück (Bescheid vom 12.12.2002; Widerspruchsbescheid vom 15.1.2003).

4

Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass die Sperrzeit nur drei Wochen betrage und den Erstattungsbetrag entsprechend (auf 468,05 Euro) herabgesetzt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.12.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert, die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe die Arbeitsaufnahme ohne wichtigen Grund abgelehnt; deswegen habe die Beklagte noch unter der Geltung alten Rechts zu Recht eine zwölfwöchige Sperrzeit festgestellt mit der Folge, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Alhi um 84 Tage mindere und nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Bewilligung von Alhi zurückzunehmen gewesen sei. Auch die Rückforderung erbrachter Alhi-Leistungen zuzüglich gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 sei rechtmäßig.

5

Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Feststellungen einer Sperrzeit (auch) von drei Wochen lägen nicht vor. Das Arbeits- und Vermittlungsangebot der Beklagten habe nicht den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen; denn das Lohnangebot von 5,37 bzw 6 Euro brutto pro Stunde bei einer tariflichen 35-Stunden-Woche hätte monatlich nur 814 bzw 910 Euro betragen, sodass bei möglicherweise wechselnden Einsatzorten mit entsprechendem Fahrkostenaufwand der Klägerin das erzielbare monatliche Nettoeinkommen nicht höher gewesen wäre als ihr Anspruch auf Alhi. Selbst wenn aber eine Sperrzeit eingetreten sei, dürfe diese statt 12 nur drei Wochen betragen, weil sonst ein gleichheitswidriger Zustand gegenüber solchen Versicherten bestünde, die den Sperrzeittatbestand (erst) ab 1.1.2003 verwirklichten. Zumindest biete die vorliegende Fallgestaltung ausreichend Argumente für eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung einer besonderen Härte. Als Verfahrensmangel hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, das Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen; die Entscheidung durch den bestellten Berichterstatter sei ermessens- und verfahrensfehlerhaft erfolgt.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 11.2.2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 13.12.2006 zurückzuweisen sowie auf ihre Anschlussberufung das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 13.12.2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.5.2012 hat sie den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass die darin verfügte Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alhi um 84 Tage aufgehoben wird.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG ist zutreffend von der Zulässigkeit der Berufung der Beklagten ausgegangen (zu 1), der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor (zu 2) und das LSG hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist (zu 3).

10

1. Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen, beginnend ab 25.10.2002, festgestellt, Leistungen in Höhe von 825,45 Euro zurückgefordert und die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 15.8.2002 verfügt hat. Mit dem Berufungsbegehren der Beklagten, keine Leistungen für weitere neun Wochen erbringen zu müssen, wird der Wert des Beschwerdegegenstands nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG in der bis zum 31.3.2008 gültigen Fassung (alte Fassung - aF) iHv 500 Euro (12 Wochen - 3 Wochen = 9 Wochen x 7 Tage x 19,27 Euro täglich = 1214,01 Euro) überschritten.

11

2. Entgegen der Rüge der Klägerin konnte das LSG durch den Berichterstatter entscheiden. Die formellen Voraussetzungen des § 155 Abs 3 und 4 SGG für eine Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats sind erfüllt.

12

Zwar entscheidet das LSG gemäß § 33 S 1 SGG regelmäßig in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern und die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung zählt zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens(BSGE 7, 230, 234 = SozR Nr 1 zu § 108 SGG; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 14). Gemäß § 155 Abs 3 SGG(in Kraft seit 1.3.1993) kann der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats entscheiden; ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet nach Abs 4 der Vorschrift dieser anstelle des Vorsitzenden.

13

Durch die jeweiligen Verfügungen des Vorsitzenden vom 25.6.2007, 2.5.2008, 9.3.2010 und 1.7.2010 war für das Berufungsverfahren ein Berichterstatter bestellt. Mit dessen Entscheidung haben sich die Beteiligten durch schriftliche Erklärungen vom 1. bzw 4.2.2011 ausdrücklich einverstanden erklärt.

14

Das LSG war auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht gehindert, durch den Berichterstatter zu entscheiden. Zwar ist eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter nach § 155 Abs 3, 4 SGG in der Weise begrenzt, als es sich um eine Sache ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art handeln muss. Selbst wenn der Einzelrichter die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässt, ist aber ein Verfahrensfehler nicht anzunehmen, wenn er der Sache keine nennenswerte Breitenwirkung beimisst und die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung auch für den Fall der Zulassung der Revision erklärt haben (vgl Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; GS SozR 4-1200 § 52 Nr 4 RdNr 7). Erst recht ist die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Kollegium auf den Berichterstatter jedenfalls in den Fällen zulässig, in denen keine Zulassung der Revision veranlasst ist, weil einer ständigen Rechtsprechung gefolgt werden soll (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 15 ff), oder wenn sich das Urteil des LSG auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Parallelfälle bezieht (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11 f).

15

So aber liegt der Fall hier. Das LSG verweist in seiner Urteilsbegründung nicht nur auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats im Urteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19), wonach die Anwendung des neuen, ab 1.1.2003 geltenden Rechts, allein vom Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses abhängt. Es führt vielmehr zusätzlich aus, dass es seine frühere gegenteilige Rechtsansicht aufgegeben habe, und bezieht sich hierzu auf das eigene Senatsurteil vom 28.1.2011 (L 7 AL 75/09 - Revision anhängig zum Az: B 11 AL 8/11 R). Damit verweist es einerseits auf eine - nunmehr - gefestigte Rechtsprechung des eigenen Senats zur Frage der Sperrzeitdauer in den Fällen vorliegender Art; andererseits bezieht es sich auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung.

16

3. Das LSG hat auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 in vollem Umfang rechtmäßig ist. Es hat deshalb zu Recht die Anschlussberufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

17

a) Nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III idF des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten hat oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

18

Nach den den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG hat die schon längerfristig arbeitslose Klägerin von der Beklagten am 10.10.2002 ein Stellenangebot als Produktionshelferin an ihrem Wohnort O. erhalten und ist über die Rechtsfolgen bei Nichtannahme der angebotenen Beschäftigung ohne wichtigen Grund oder Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten belehrt worden. Nach den weiteren - von der Klägerin unwidersprochenen - Feststellungen des LSG hat sie während ihres Vorstellungsgesprächs am 24.10.2002 angegeben, sie wolle erst noch den Ausgang anderer Bewerbungsgespräche abwarten und stehe daher nicht vor dem 18.11.2002 und damit erst mehr als drei Wochen nach dem Bewerbungsgespräch zur Verfügung. Während der angebotene Stundenbruttolohn 5,37 Euro bzw 6 Euro betragen hat, hat sie Lohnvorstellungen in Höhe von 8 bis 9 Euro pro Stunde geäußert.

19

Es spricht vieles dafür, dass die Klägerin durch ihr Verhalten im Vorstellungsgespräch am 24.10.2002 die angebotene Beschäftigung konkludent abgelehnt hat; zumindest aber hat sie durch ihr Verhalten die Anbahnung eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses verhindert, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

20

Einem Arbeitslosen sind grundsätzlich alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit nicht entgegenstehen; aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung (ua) gegen gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen über Arbeitsbedingungen verstößt (§ 121 Abs 1 und 2 SGB III; vgl Senatsurteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 31/01 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 7 S 8 f zur Leiharbeit). Nach § 121 Abs 3 S 3 SGB III aF iVm § 198 S 4 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist einem Arbeitslosen vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an eine Beschäftigung aus personenbezogenen Gründen nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als die Alhi. Allgemein darf das erzielbare Entgelt nicht sittenwidrig sein (vgl Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 121 RdNr 24, 72, 82, Stand Einzelkommentierung Juni 2004). Letzteres ergibt sich auch aus § 36 Abs 1 SGB III, wonach die Agentur für Arbeit nicht in ein Arbeitsverhältnis vermitteln darf, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt(vgl hierzu Rixen in Eicher/Schlegel, SGB III, § 36, RdNr 38, RdNr 53 ff, Stand Einzelkommentierung Februar 2007 bzw November 2009, mwN). Eine arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ( BAGE 110, 79 = AP Nr 59 zu § 138 BGB) aber erst dann gegen die guten Sitten iS von § 138 Bürgerliches Gesetzbuch, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt(vgl Rixen, aaO, RdNr 54). Anhaltspunkte dafür, dass der angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro im Jahr 2002 zu dem Wert der hier in Frage stehenden Tätigkeit einer Produktionshelferin in einem auffälligen Missverhältnis stand, liegen nicht vor; dies behauptet auch die Klägerin nicht. Für das Verhältnis unerheblich ist die im streitigen Zeitraum maßgebliche sozialhilferechtliche Bedarfsbemessung (vgl Rixen, aaO, RdNr 54 mwN).

21

Das aus der angebotenen Beschäftigung erzielbare Nettoeinkommen überstieg auch die von der Klägerin bezogene Alhi (zur Maßgeblichkeit der gezahlten bzw bezogenen Alhi, vgl ua Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 121 RdNr 72, Stand Einzelkommentierung Juni 2004; Valgolio in Hauck/Noftz, K SGB III, § 121 RdNr 44, 46, Stand Januar 2004). Unerheblich ist dabei, ob der schriftlich angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro oder aber ein angeblich mündlich angebotener Stundenlohn von 6 Euro zugrunde gelegt wird. Jedenfalls hätte die Klägerin nach ihrer eigenen, auch vom LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegten und rechnerisch nachvollziehbaren Berechnung (berechnet über http://www.steuerlinks.de/lohngehalt/ ; Abruf am 17.4.2012) bei Berücksichtigung der tariflichen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und einem Stundenlohn von 5,37 Euro einen monatlichen Nettolohn von 645,76 Euro bzw (bei einem Stundenlohn von 6 Euro) iHv 712,72 Euro erzielt. Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob für den Einkommensvergleich auf die von der Klägerin tatsächlich bezogene Alhi oder auf die ihr dem Grunde nach zustehende Alhi abzustellen ist. Denn selbst wenn nicht auf die tatsächlich gezahlte Alhi iHv 578,10 Euro (30 x 19,27 Euro) abzustellen wäre, sondern auf den Anspruch der Klägerin ohne Partnereinkommen, ergäbe sich kein für sie günstigeres Ergebnis. Auch ausgehend von dem ohne Partnereinkommen zustehenden Betrag der monatlichen Alhi iHv 606,87 Euro (578,10 Euro + 28,77 Euro) ist das erzielbare Nettoeinkommen der Klägerin höher als die Alhi. Der Bescheid über die Bewilligung von Alhi vom 15.8.2002 weist lediglich einen Anrechnungsbetrag aus dem Einkommen des Lebenspartners der Klägerin iHv 6,69 Euro wöchentlich (= im Monat: 6,69 Euro x 4,3 = 28,77 Euro) aus.

22

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach § 121 Abs 3 S 3 SGB III die mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen abzusetzen sind. Absetzbare Fahrkosten wären der Klägerin bei Annahme der angebotenen Beschäftigung nach den Feststellungen des LSG nicht erwachsen, weil sie von ihrem Wohnort aus den Sitz des Arbeitgebers zu Fuß hätte erreichen können und ihr für Fahrten zu auswärtigen Einsatzorten wegen des Bestehens eines Fahrdienstes ebenfalls keine Fahrkosten entstanden wären. Mit der Beschäftigung "zusammenhängende" Aufwendungen sind aber nur solche, die der Klägerin tatsächlich erwachsen wären, weil insoweit auf das Einkommensteuerrecht zurückzugreifen ist (vgl BSGE 63, 237 = SozR 4100 § 138 Nr 19 und zur Definition des Begriffs der Werbungskosten iS des § 138 Abs 2 AFG anhand der Definition des § 9 Abs 1 S 1 EStG: BSGE 45, 60 = SozR 4100 § 138 Nr 2; zu Berechnungsfragen vgl Steinmeyer in Gagel, SGB II/SGB III, § 121 RdNr 76, Stand Einzelkommentierung Januar 2005). Soweit die Klägerin in der Revisionsbegründung angibt, vom Nettolohn wären Fahrkosten zu den entsprechenden, möglicherweise wechselnden Einsatzorten in Abzug zu bringen, handelt es sich nicht um gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG gerichtete "begründete Revisionsgründe" iS des § 163 SGG, sondern um nicht näher substanziierte Behauptungen, die die auf Angaben des potentiellen Arbeitgebers beruhenden Feststellungen des LSG negieren.

23

Da es sich bei der angebotenen Tätigkeit als Produktionshelferin bei dem Arbeitgeber um ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat, stand der Klägerin für ihr Verhalten beim Vorstellungsgespräch vom 24.10.2002 kein wichtiger Grund zur Seite (vgl Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 144 RdNr 55 und 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 64). Damit hat die Klägerin die Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III aF erfüllt.

24

b) Das LSG hat auch ohne Rechtsfehler entschieden, dass die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt hat. Denn nach dem vorliegend noch anwendbaren § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III aF tritt in den Fällen der Arbeitsablehnung eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, während § 144 SGB III in der am 1.1.2003 in Kraft getretenen Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) in Abs 4 Nr 1 Buchst c im Falle der erstmaligen Ablehnung einer Arbeit eine Sperrzeitdauer von nur (noch) drei Wochen vorsieht.

25

Zutreffend hat das LSG hinsichtlich der Geltung des § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) auf die Grundsätze des intertemporalen Rechts verwiesen. Danach ist ein Rechtssatz grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Dementsprechend hat das BSG - worauf der Senat bereits in seinem Urteil vom 27.8.2008 (B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13 mit zahlreichen Nachweisen)hingewiesen hat - in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt. Offengelassen hat der Senat in der Entscheidung vom 27.8.2008, inwieweit dieser Grundsatz im Recht des SGB III durch den Grundsatz abgelöst worden ist, dass neues Recht immer schon, aber auch noch den Sachverhalt erfasst, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen (Geltungszeitraumprinzip - s hierzu Senatsurteil vom 6.5.2009 - B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - info also 2010, 171; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12; SozR 4-4100 § 119 Nr 1 RdNr 7 und SozR 4-4300 § 434j Nr 2; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, vor § 422 RdNr 2 ff, Stand: Einzelkommentierung März 2010; Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 335 Nr 37). Denn auch unter Berücksichtigung des Geltungszeitraumprinzips werden bereits vor einer Rechtsänderung eingetretene Rechtswirkungen nicht mehr erfasst; auf bereits eingetretene Rechtsfolgen wirkt das neue Recht nicht zurück (BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - info also 2010, 171; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, vor § 422 RdNr 3). Daher entfaltet die Änderung des § 144 SGB III zum 1.1.2003 auch in Anwendung des Geltungszeitraumprinzips keine Wirkung auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt.

26

Unerheblich ist, dass es sich bei der Klage um eine reine Anfechtungsklage handelt, bei der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Bescheids bzw des Widerspruchsbescheids maßgeblich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass allein wegen des Erlasses des Widerspruchsbescheids erst im Jahr 2003 (am 15.1.2003) das am 1.1.2003 in Kraft getretene Recht anwendbar wäre. Denn der Rückgriff auf die Klageart zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts entspricht nach der Rechtsprechung des BSG lediglich einer Faustregel mit praktisch einleuchtenden Ergebnissen bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, ist im Übrigen aber nicht Ausdruck eines abschließenden Rechtssatzes (vgl Senatsurteile vom 13.3.1997 - 11 RAr 51/96 - SozR 3-4100 § 152 Nr 7 und vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 12 mwN). Die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vielmehr eine Frage des materiellen, nicht des Prozessrechts (BVerwG Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 218; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 32).

27

Wie der Senat bereits im Urteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 16)ausgeführt hat, ist materiell-rechtlich durch § 144 Abs 2 S 1 SGB III - sowohl aF als auch in der ab 1.1.2003 geltenden Fassung - geregelt, dass die Sperrzeit grundsätzlich mit dem Tag nach dem Ereignis beginnt, das die Sperrzeit begründet. Sperrzeitbegründendes Ereignis für die nach den getroffenen Feststellungen allein in Betracht kommende Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung (§ 144 Abs 1 Nr 2 SGB III) ist aber das als Arbeitsablehnung zu wertende Verhalten der Klägerin anlässlich ihres Vorstellungsgesprächs vom 24.10.2002 (vgl zur Bestimmung des sperrzeitbegründenden Ereignisses BSGE 97, 73, 79 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15, RdNr 23). Die Beklagte und ihr folgend auch die Vorinstanzen sind somit zu Recht davon ausgegangen, dass eine Sperrzeit - gleich welcher Dauer - am 25.10.2002 begonnen hat.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG tritt eine Sperrzeit kraft Gesetzes ein und läuft unabhängig vom Bestehen eines Leistungsanspruchs kalendermäßig ab (ua BSGE 84, 225, 229 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 376; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 88, Stand Einzelkommentierung November 2006; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 577, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach § 144 Abs 1 SGB III aF fällt also kalendermäßig in die Zeit vom 25.10.2002 bis zum 16.1.2003. Damit sind die Rechtsfolgen des sperrzeitbegründenden Verhaltens der Klägerin bereits im Jahre 2002 eingetreten; alle Voraussetzungen für den Eintritt der Sperrzeit mit seinen Folgen lagen bereits im Jahre 2002 vor. Deshalb ist auch für die Beurteilung der Wirkungen und der Folgen der Sperrzeit - wobei hier aufgrund der im Termin vom 2.5.2012 erfolgten Änderung des angefochtenen Bescheids eine Minderung der Anspruchsdauer unterbleibt - allein die Rechtslage maßgeblich, die beim Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses gegolten hat.

29

Gegen die Anwendung der die Klägerin im Vergleich zu der ab 1.1.2003 geltenden Fassung des § 144 Abs 1 SGB III schlechter stellenden aF sprechen - wie bereits im Senatsurteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 21)ausgeführt - auch keine Gründe des Vertrauensschutzes oder sonstige verfassungsrechtliche Erwägungen. Da es Sinn und Zweck der Sperrzeit ist, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat (ua BSGE 67, 26, 29 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3, S 11; SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12), ist es auch für den hier zu entscheiden Fall, dass ein Teil der zwölfwöchigen Sperrzeit noch in das Jahr 2003 fällt, nicht unverhältnismäßig oder unangemessen, den Versicherten nach dem Recht zu behandeln, das zur Zeit des den Risikofall herbeiführenden Verhaltens gilt. Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung hat die Klägerin erhalten. Die Anwendung des § 144 Abs 1 SGB III aF auf den 2002 eingetretenen Sperrzeittatbestand führt - entgegen der Ansicht der Klägerin - für sie ab 1.1.2003 auch nicht zu einem gleichheitswidrigen Zustand, weil die bereits ab 25.10.2002 bestehende Sperrzeit im Jahre 2003 noch annähernd drei Wochen andauerte, während bei Eintritt des die Sperrzeit begründenden Ereignisses erst im Jahre 2003 nur eine Sperrzeit von insgesamt drei Wochen eingetreten wäre. Art 3 Abs 1 Grundgesetz ist schon deshalb nicht tangiert, weil es sich bei Sperrzeitereignissen im Jahr 2002 und im Jahr 2003 um nicht vergleichbare Sachverhaltsgestaltungen handelt.

30

Soweit die Klägerin davon ausgeht, es "dürften ausreichende Argumente dafür vorhanden sein, von einer besonderen Härte auszugehen", trifft dies ebenfalls nicht zu. Zwar halbiert sich die Sperrzeit nach § 144 Abs 3 S 1 SGB III aF im Fall einer solchen Härte auf sechs Wochen. Die gesetzliche Regelung entzieht sich aber einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist insoweit eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12, S 38), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11, S 51; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12, S 27 f). Es ist aber weder ersichtlich, dass in der Person der Klägerin besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigten, die sie treffenden gesetzlichen Folgen einer Arbeitsablehnung, über die sie entsprechend belehrt worden ist, als besondere Härte anzusehen, noch dass sie einem unverschuldeten Rechtsirrtum über die Rechtsfolgen unterlegen ist. Dies gilt umso mehr, als an die Entschuldbarkeit des Irrtums hohe Anforderungen gestellt werden, die nur erfüllt sind, wenn sich der Arbeitnehmer die Rechtsansicht aufgrund einer (objektiv) sorgfältigen Prüfung - ggf nach Rückfrage bei einer Dienststelle der Beklagten - der Rechtslage gebildet hat.

31

c) Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 misst sich an § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III. Nach § 48 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

32

Der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; er hatte die Bewilligung von Alhi vom 27.7.2002 bis 26.7.2003 zum Gegenstand. Wesentlich iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt(vgl nur BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 15). Hier ist wegen des Eintritts einer Sperrzeit ein Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 144 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB III aF eingetreten. Schließlich sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X gegeben. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15, RdNr 24 mwN). Das Revisionsgericht prüft insoweit lediglich, ob das LSG den Begriff der groben Fahrlässigkeit als solchen verkannt hat sowie, ob es beachtet hat, dass sich die Bösgläubigkeit grundsätzlich auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsakts erstrecken muss (vgl ua Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R RdNr 13, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14 mwN). Insofern ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden und entzieht sich die Würdigung der tatsächlichen Feststellungen durch das LSG der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sie nicht mit zulässigen Verfahrensrügen (zB Verstoß gegen Denkgesetze) angegriffen wird (vgl § 163 SGG), was hier nicht der Fall ist.

33

Aufgrund der Aufhebung der Leistungsbewilligung war die Beklagte zur Rückforderung der für die Zeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 geleisteten Alhi verpflichtet. Nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die rechtmäßige Leistungsaufhebung betraf den vorbezeichneten Zwölf-Wochen-Zeitraum. Die in dieser Zeit erbrachten Leistungen hat die Beklagte zutreffend mit 825,45 Euro beziffert.

34

Der Rückforderungsbetrag betrifft die bewilligte Alhi in Höhe von 712,99 Euro sowie die während des Zwölf-Wochen-Zeitraums erbrachten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Rechtsgrundlage für die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 112,46 Euro ist § 335 Abs 1, 5 SGB III in der bei Aufhebung der Bewilligung von Alhi gültigen Fassung bis 31.12.2004 (aF), wonach Bezieher von Alhi der Beklagten die von ihr gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen haben, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Die Beklagte hat für die Klägerin Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 112,46 Euro entrichtet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung und/oder Abführung dieser Beiträge bestehen nicht. Die Klägerin hat sich nach den bindenden Feststellungen des LSG auch hinsichtlich dieser Leistungen pflichtwidrig verhalten (vgl BSGE 104, 285 = SozR 4-4300 § 335 Nr 2, RdNr 31 mwN).

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Minderung des an den Kläger in der Zeit ab 1.12.2005 für die Dauer von 65 Tagen gezahlten Arbeitslosengelds (Alg) um 16,17 Euro täglich wegen einer verspäteten Meldung als arbeitsuchend.

2

Der Kläger bezog bis zum 24.7.2005 Alg. Bereits am 20.7.2005 hatte er der Beklagten angezeigt, dass er am 25.7.2005 eine unbefristete Beschäftigung aufnehmen werde. Tatsächlich war das Arbeitsverhältnis aber - was der Kläger erst später erkannt haben will - bis zum 30.11.2005 befristet. Am 8.8.2005 beantragte er unter Vorlage des Arbeitsvertrags die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe für seine Tätigkeit. Die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Befristung vermerkte die Beklagte in ihrer Datenbank. Auf den Antrag des Klägers vom 15.11.2005 bewilligte sie Alg ab 1.12.2005 mit der Maßgabe, dass sich der Anspruch wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung um 16,17 Euro täglich mindere (Bescheid vom 13.12.2005, Widerspruchsbescheid vom 6.2.2006).

3

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die ihm nach § 37b Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) obliegende Pflicht zur unverzüglichen Meldung als arbeitsuchend verletzt(Urteil vom 29.5.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers durch eine Entscheidung des Berichterstatters zurückgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Urteil vom 2.10.2008). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe spätestens am 8.8.2005 Kenntnis von der Befristung des Arbeitsverhältnisses gehabt; seine gegenteilige Behauptung sei nicht glaubhaft. Er hätte sich deshalb unverzüglich arbeitsuchend melden müssen. Dieser Obliegenheit sei er fahrlässig nicht nachgekommen. Unerheblich sei, dass die Beklagte von der Befristung des Arbeitsverhältnisses auf Grund des Antrags auf Fahrkostenhilfe Kenntnis erlangt habe.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 37b Satz 1 und 2 SGB III. Er ist insbesondere der Ansicht, eine (frühere) Arbeitsuchendmeldung sei in Hinblick auf die Vorlage des befristeten Arbeitsvertrags am 8.8.2005 nicht mehr erforderlich gewesen.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Sächsischen LSG vom 2.10.2008 und des SG Chemnitz vom 29.5.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12./13.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2006 aufzuheben.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nur durch den Berichtserstatter ist regelmäßig ein auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtender Verfahrensfehler; denn das LSG hat die Sache nicht in der vorschriftsmäßigen Besetzung entschieden (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 13).

9

Nach § 33 Satz 1 SGG werden die Senate des LSG jeweils in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung zählt zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens (BSGE 7, 230, 234 = SozR Nr 1 zu § 108 SGG; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 14). Abweichungen von diesem Grundsatz sind daher nur in Ausnahmefällen gestattet. Einen solchen regelt § 155 Abs 3, 4 SGG, wonach der Vorsitzende oder Berichterstatter eine (auch verfahrensabschließende) Entscheidung anstelle des Senats ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter treffen kann, wenn die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

10

Das dem Vorsitzenden/Berichterstatter hiernach eingeräumte Ermessen ist in gleicher Weise wie bei einer Entscheidung des erstinstanzlichen Richters - ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) in der Weise begrenzt, dass es sich um eine Sache ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art handeln muss (angedeutet in BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 45 f; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, jeweils RdNr 22). Ist die Rechtssache mit besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden, muss der konsertierte Einzelrichter eine Entscheidung des Senats herbeiführen.

11

Von besonderen rechtlichen Schwierigkeiten ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Einzelrichter einer zu entscheidenden Rechtsfrage - subjektiv - grundsätzliche Bedeutung beimisst (BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 19; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 105 RdNr 6; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 105 RdNr 2). Will er mithin die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zulassen, weist die Sache regelmäßig "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" auf und schließt eine Entscheidung als Einzelrichter aus (BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 17). So liegt der Fall hier, wobei der Senat indes die Richtigkeit der materiell-rechtlichen Prüfung durch das LSG zum Erfordernis einer Arbeitsuchendmeldung trotz Vorlage des befristeten Arbeitsvertrags nicht in Zweifel zieht.

12

Eine von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zugelassene Ausnahme liegt nicht vor. Das Urteil des LSG bezieht sich weder auf eine ständige Rechtsprechung des eigenen Senats (vgl BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2 RdNr 22)noch auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim BSG anhängige Parallelfälle (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11)noch ist das Einverständnis des Klägers mit der Entscheidung durch den Einzelrichter auch für den Fall der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache protokolliert (hierzu: BSG, Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris, RdNr 14).

13

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.