Bundessozialgericht Urteil, 18. Juni 2013 - B 2 U 10/12 R

bei uns veröffentlicht am18.06.2013

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Überfalls am 2.3.2009 als Arbeitsunfall streitig.

2

Die Klägerin, die an einer Schule beschäftigt ist, lernte den Täter (im Folgenden: T.) 1993 kennen, während dieser in Untersuchungshaft saß. Nachdem T. eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt und am 19.9.2008 aus der Haft entlassen worden war, nahm er wieder Kontakt zu ihr auf. Die von T. angestrebte feste Beziehung kam nicht zustande. Die Klägerin beendete die Beziehung am 16.2.2009 endgültig. T. reiste am 1.3.2009 zum Wohnort der Klägerin, um nochmals mit ihr zu sprechen. Er wartete am Morgen des 2.3.2009 ab 8 Uhr vor dem Haus darauf, dass sie herauskam. Die Klägerin verließ das Haus um ca 8.50 Uhr und ging zu der nur von außen zugänglichen Garage, um zu ihrer Arbeitsstelle zu fahren. Nachdem sie die Garage betreten und ihre Tasche auf den Beifahrersitz ihres Autos gestellt hatte, zog sie das Garagentor weiter auf. In diesem Moment betrat T. die Garage, fesselte die Klägerin und brachte sie zunächst in die angrenzende Waschküche, dann in den Heizungskeller. Schließlich vergewaltigte er sie in der Garage in ihrem Kraftfahrzeug.

3

Der beklagte Unfallversicherungsträger lehnte mit Bescheid vom 27.5.2009 die Feststellung des Ereignisses vom 2.3.2009 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Den Widerspruch der Klägerin wies er mit Widerspruchsbescheid vom 4.3.2010 zurück. Der Überfall auf dem Weg zur Arbeit stehe nicht unter Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, weil die Motive für den Überfall allein im privaten Bereich der Klägerin gelegen hätten. Auch sei nicht erkennbar, dass T. sich bei seiner Tat besondere Gegebenheiten des Weges der Klägerin zu ihrer Tätigkeit zu Nutze gemacht habe.

4

Das SG hat mit Urteil vom 19.5.2011 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 2.3.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Es könne offenbleiben, ob der Versicherungsschutz der Klägerin in der gesetzlichen Versicherung deshalb entfalle, weil es sich um einen auf persönlichen Gründen beruhenden vorsätzlichen Angriff gehandelt habe. Denn besondere, dem versicherten Weg zuzuordnende Verhältnisse in den nach außen abgeschirmten Räumen der Garage, der Waschküche und des Heizungskellers hätten den Angriff erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt.

5

Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 16.1.2012 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, zwar bestehe bei tätlichen Angriffen Versicherungsschutz, wenn der Täter aus betriebsbezogenen Motiven handele oder dem Versicherungsschutz unterfallende Situationen ausnutze. Ein Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit entfalle jedoch dann, wenn die Motive - wie hier - aus der persönlichen Beziehung zwischen Opfer und Täter herrührten. Auf die objektiven Umstände und die Beschaffenheit des Weges komme es dann nicht an. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass die dem versicherten Bereich zuzuordnenden Verhältnisse die Tat wenigstens begünstigt hätten.

6

Die Klägerin rügt mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB VII iVm §§ 2, 3 und 6 SGB VII. Zwar habe sich bei dem Überfall kein typisches, über § 8 Abs 2 SGB VII abgesichertes Wegerisiko verwirklicht. Es entspreche jedoch dem Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung, Arbeitnehmer zu schützen, die auf dem Weg zu ihrer Arbeit Opfer eines Überfalles werden, zu dem sie keinen persönlichen Beitrag, zum Beispiel durch Provokation oder einen Streit, geleistet hätten. Da die Zufälligkeit des Geschehens eine typische Eigenschaft eines Unfalles darstelle, könne das Risiko, auf dem Weg zur Arbeit Opfer eines durch persönliche Beziehungen motivierten Überfalles zu werden, nicht anders behandelt werden als das Risiko, einen fremdverschuldeten Verkehrsunfall zu erleiden. Auch hätten die dem versicherten Bereich zuzuordnenden Verhältnisse den Angriff erst ermöglicht bzw begünstigt. T. habe die Tat ungestört und ohne die Gefahr vor Entdeckung wegen der ihm bekannten, zum geschützten Arbeitsweg gehörenden, nicht einsehbaren Räume begehen können und den versicherten Weg vom Verlassen des Hauses bis zum Auto als einzige Möglichkeit für die Tatbegehung gewählt.

7

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 19. Mai 2011 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zwar habe sich die Klägerin unmittelbar vor dem Überfall auf dem gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Weg zur Arbeit befunden. Es habe sich jedoch keine der versicherten Tätigkeit innewohnende Gefahr und auch kein typisches Wegerisiko, sondern eine unversicherte allgemeine Gefahr verwirklicht, so dass kein Arbeitsunfall vorliege. T. habe nämlich die Klägerin ausschließlich aus einer aus ihrer vorherigen Beziehung und deren Ende herrührenden Motivation angegriffen. Das Zurücklegen des Arbeitsweges habe die Tat nicht wesentlich verursacht oder auch nur wesentlich gefördert, weil T. nicht die besonderen räumlichen Gegebenheiten des Weges, sondern die des Privathauses der Klägerin für die Tatbegehung ausgenutzt habe.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.3.2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat durch den Überfall am 2.3.2009 keinen Arbeitsunfall erlitten.

11

1. Die Klägerin hat ihre Klage zulässig auf die Anfechtung des Verwaltungsaktes der Beklagten sowie die Feststellung des Eintritts eines Versicherungsfalles beschränkt. Der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG steht in Fällen der vorliegenden Art, in denen allein die vom Versicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles als Versicherungsfall begehrt wird, die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen(vgl zB BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4 und vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - UV-Recht Aktuell 2010, 897, 899).

12

2. Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherte" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 25 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - UV-Recht Aktuell 2013, 251, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).

13

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin war vor dem als Arbeitsunfall allein in Betracht kommenden Überfall am Morgen des 2.3.2009 auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte in einer Schule kraft Gesetzes zwar nicht als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert, wohl aber in der Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII(dazu a). Die von der Klägerin auf diesem Weg durch den Überfall erlittenen Einwirkungen iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII begründeten jedoch keinen Arbeitsunfall, weil sie nicht iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII "infolge" des Zurücklegens des versicherten Weges auftraten und damit nach dem Schutzzweck der Norm nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen waren(dazu b).

14

a. Die Klägerin war während ihrer Tätigkeit in einer Schule als Beschäftigte iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert. Der Überfall und die Vergewaltigung durch T. ereigneten sich außerhalb dieser Tätigkeit und standen mit dieser auch nicht in Zusammenhang. Die Klägerin verrichtete jedoch unmittelbar vor dem Angriff des T. eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII und war deshalb Versicherte, denn sie befand sich auf dem unmittelbaren Weg von ihrer Wohnung zum Ort der versicherten Beschäftigung nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hatte sie unmittelbar vor dem Überfall in der Absicht, die Arbeitsstätte zu erreichen, am Morgen des 2.3.2009 die Außentür ihres Hauses durchschritten und ihre nur von außen zugängliche Garage betreten. Zwar ist eine direkt vom Haus aus zugängliche Garage dem unversicherten häuslichen Bereich zuzurechnen, so dass der Wegeunfallversicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten oder Durchfahren des Garagentors beginnt (vgl BSG vom 31.5.1988 - 2/9b RU 6/87 - BSGE 63, 212, 213 f = SozR 2200 § 550 Nr 80 mwN). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Garage - wie hier - nur von außen zugänglich ist. Wird eine solche Garage aufgesucht, um mit dem dort abgestellten Fahrzeug zur Arbeitsstätte zu gelangen, so beginnt der Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung bereits nach dem Durchschreiten der Außentür des Hauses und besteht in der Garage fort (vgl BSG vom 27.10.1976 - 2 RU 247/74 - BSGE 42, 293, 295 = SozR 2200 § 550 Nr 22 und vom 28.6.1988 - 2 RU 14/88 - USK 88112, jeweils mwN).

15

b. Wie der Senat in seinem Urteil vom 13.11.2012 (B 2 U 19/11 R - aaO mwN) ausgeführt hat, besteht die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung für versicherte Wege iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert zweistufig die Erfüllung 1. tatsächlicher und 2. darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung (und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod) sowohl objektiv (1. Stufe - hierzu aa) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe - hierzu bb) verursacht haben (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - aaO RdNr 30 ff). Vorliegend hat zwar das Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte objektiv die Einwirkungen durch den Überfall des T. verursacht, dieser Weg war jedoch nicht rechtlich wesentlich hierfür iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII(dazu cc).

16

aa. Auf der 1. Stufe muss die versicherte Verrichtung iS der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) sein. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur als (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung anzusehen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - aaO Juris RdNr 35 f).

17

bb. Auf der 2. Stufe ist festzustellen, ob sich die durch die versicherte Tätigkeit objektiv verursachte Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellt und deshalb die versicherte Tätigkeit "wesentlich" war, ob also sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird nur begründet, wenn die durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Einwirkung auf den Versicherten eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll.

18

Andere unversicherte Mitursachen können die rechtliche Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt. Die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile sind in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - aaO RdNr 36 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - aaO Juris RdNr 43).

19

cc. Nach diesen Maßstäben war das versicherte Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte auch während des Aufenthalts in der Garage eine Ursache für die Einwirkung durch den Überfall des T. Objektiv mitursächlich hierfür war aber auch die persönliche Beziehung zwischen der Klägerin und T. Den vom LSG bindend festgestellten Umständen ist zu entnehmen, dass T. die Klägerin allein deshalb aufsuchte, weil diese die frühere engere Beziehung zu ihm gegen seinen Willen beendet hatte, und es infolgedessen zu dem Überfall kam. Die sich damit auf der zweiten Stufe stellende Frage, ob sich durch den Überfall rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen eine in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fallende Gefahr realisiert hat, ist zu verneinen. Zwar schützt die Wegeunfallversicherung nach ständiger Rechtsprechung auch vor Überfällen, denn die Auslegung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ergibt, dass nach seinem Wortlaut und nach der historischen Entwicklung der Wegeunfallversicherung diese Gefahr vom Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung grundsätzlich erfasst wird (vgl zB BSG vom 10.12.1957 - 2 RU 270/55 - BSGE 6, 164, 167 mwN; vom 29.5.1962 - 2 RU 170/59 - BSGE 17, 75, 77 = SozR Nr 37 zu § 543 RVO; vom 15.12.1977 - 8 RU 58/77 - ErsK 1978, 111; vom 30.6.1998 - B 2 U 27/97 R - USK 98150; vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 27; so auch Krasney WzS 2012, 131, 132; aA wohl Mutschler SGb 2012, 684, 688; vgl auch das Urteil des Senats vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R mwN). Die weitere unversicherte Mitursache der persönlichen Beziehung zwischen der Klägerin und T. hat hier das Geschehen aber derart geprägt, dass auch unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten des Weges die versicherte Tätigkeit als Ursache zurücktritt und wesentliche Ursache allein die nicht vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung erfassten privaten Kontakte zwischen der Klägerin und T. waren.

20

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt während des Zurücklegens des Weges nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit vorrangig gegen Gefahren, die sich während der gezielten Fortbewegung im Verkehr aus eigenem, gegebenenfalls auch verbotswidrigem Verhalten, dem Verkehrshandeln anderer Verkehrsteilnehmer oder Einflüssen auf das versicherte Zurücklegen des Weges ergeben, die aus dem benutzten Verkehrsraum oder Verkehrsmittel auf die Fortbewegung wirken (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - aaO RdNr 45 ff). In den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII fallen aber auch grundsätzlich Überfälle auf den Versicherten auf dem Weg zur Arbeit, soweit sie rechtlich wesentlich durch das Zurücklegen des Weges bedingt sind. Die Gefahr, aufgrund eigener privater Beziehungen, Kontakte oder sonstiger aus dem persönlichen Bereich stammender Umstände Opfer eines Überfalls (unabhängig vom Ort der Tat und dessen besonderen Verhältnissen) zu werden, wird dagegen nicht vom Schutzbereich der Wegeunfallversicherung erfasst. Denn eine solche Gefahr besteht nicht nur auf öffentlich zugänglichen Wegen, sondern auch im häuslichen Bereich und stellt keine beim Zurücklegen eines Weges spezifische Gefahr dar.

21

Bei der folglich im vorliegenden Verfahren erforderlichen Abwägung, welche Ursache rechtlich wesentlich für die Einwirkungen durch den Überfall auf die Klägerin war, tritt das versicherte Zurücklegen des Weges zur Schule als Mitursache hinter den nicht versicherten Angriff des T. aufgrund der persönlichen Beziehungen zwischen ihm und der Klägerin so weit zurück, dass der Weg nicht "wesentliche" Ursache und damit Ursache im rechtlichen Sinne für die durch den Überfall bewirkten Einwirkungen ist. Nach den vom LSG bindend festgestellten Umständen war die persönliche Beziehung zwischen Klägerin und T. sowohl für den Ort als auch für den Zeitpunkt und für die Art und Weise des Überfalls prägend. Wie auch die Klägerin selbst ausführt, waren T. aufgrund der in der Vergangenheit bestehenden Kontakte zur Klägerin die örtlichen Gegebenheiten und, soweit er hierüber Kenntnisse besaß, Zeitpunkt und die Art und Weise des Antritts des Weges zur Arbeitsstätte bekannt. Auch Grund und Art des Angriffs waren durch die Art der Kontakte zur Klägerin bestimmt.

22

Zwar wird dann, wenn die Verhältnisse des zurückzulegenden Weges von und zu der Arbeitsstätte einen grundsätzlich nicht unter den Versicherungsschutz fallenden Überfall erst begünstigen oder ermöglichen, angenommen, dass der Weg dann als rechtlich wesentliche Ursache den Versicherungsschutz in der Wegeversicherung begründen kann (vgl zB BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224, 226 = SozR 3-2202 § 548 Nr 41 mwN). Vorliegend waren jedoch die das Zurücklegen des versicherten Weges kennzeichnenden Umstände für den Überfall weit weniger bestimmend als die Gründe aus der persönlichen Beziehung der Klägerin zum T.

23

Anderes ergibt sich nicht aus den bindenden Feststellungen des LSG. Die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten der Tat, ua die lediglich halb geöffnete Garage mit den dahinter befindlichen Räumen ohne weiteren Zugang, waren keine Verhältnisse, die abweichend von der üblichen Beschaffenheit von Wegen ein erhöhtes Gefahrenpotential begründen konnten. Dass die Klägerin sich aus Furcht vor T. nur auf den Wegen nach und von ihrer Beschäftigung allein ohne Begleitung bewegte, ist den Feststellungen des LSG im Übrigen nicht zu entnehmen. Darüber hinaus wäre dies kein objektiv die Beschaffenheit des Weges betreffender Umstand, sondern würde auf der nicht in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fallenden, allein dem persönlichen Bereich der Klägerin zuzuordnenden Gefährdungslage beruhen.

24

Soweit die Klägerin geltend macht, der Ausschluss des Unfallversicherungsschutzes für Überfälle aufgrund persönlicher Beziehungen im Unterschied zu fremdverschuldeten Verkehrsunfällen benachteilige sie ohne rechtfertigenden Grund, und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG rügen will, verkennt sie, dass die Ungleichbehandlung durch den oben dargestellten Schutzzweck der Wegeunfallversicherung gerechtfertigt ist, die ausschließlich von den Arbeitgebern finanziert wird und schon deshalb Überfälle auf den Versicherten aus privaten Gründen nicht umfassen kann. Daher kann offenbleiben, ob es sich bei überfallenen und an einem Verkehrsunfall beteiligten Versicherten überhaupt um iS des Art 3 Abs 1 GG vergleichbare Personengruppen handelt.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

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(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
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6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der 1976 geborene Kläger war als Steinmetzgehilfe bei der Firma (Fa) B. GmbH in O. beschäftigt. Am 7. April 2005 trat er gegen 12:05 Uhr die 30-minütige betriebliche Mittagspause an und fuhr mit seinem Motorrad vom Betriebsgelände, auf dem er auch wohnte, auf die die Bundesstraße (B) 256, um sich nach Oberlahr zu seiner damaligen Freundin zu begeben. Auf dem Weg dorthin kollidierte er mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug (Kfz) und zog sich Verletzungen an seiner linken Hand und am linken Bein zu. Für die einfache Strecke benötigte der Kläger mit dem Motorrad üblicherweise etwa neun Minuten. Nachdem der Kläger der Beklagten mitgeteilt hatte, er habe trotz der knappen Zeit dorthin fahren wollen, um bei seiner Freundin das Mittagessen einzunehmen, und ihm sei jede Minute mit ihr lieber gewesen als mit seinen Arbeitskollegen, stellte die Beklagte fest, das Ereignis vom 7. April 2005 sei kein Arbeitsunfall und Entschädigungsleistungen seien nicht zu gewähren. Es habe sich nicht um einen versicherungsrechtlich geschützten Weg zur Nahrungsaufnahme gehandelt. Im Vordergrund habe die Motivation gestanden, die Mittagspause in der Gesellschaft der Freundin zu verbringen (Bescheid vom 12. September 2005; Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006).

3

Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 7. April 2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen (Urteil vom 4. Dezember 2008). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe sich auf einem nach § 8 Abs 2 Nr 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherten Weg befunden(Urteil vom 10. August 2009). Die Essenseinnahme sei wesentlich mitursächlich für den unternommenen Weg gewesen.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte, ein iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII während der Arbeitszeit unternommener Weg sei nach der Entscheidung des BSG vom 26. April 1977 (8 RU 76/76 - SozR 2200 § 550 Nr 28) nur dann versichert, wenn die Zeit für die Erholung einschließlich Essenseinnahme den überwiegenden Teil der zur Verfügung stehenden Pause in Anspruch nehme. Die Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit diene der Erholung und Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Nur wenn diese zwei betriebsbezogenen Merkmale zusammentreffen würden, bestünde ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg und der betrieblichen Tätigkeit. Dem Zweck einer Pause zur Regeneration der Kräfte würde es widersprechen, wenn die zurückgelegten Wege den überwiegenden Teil der Pause in Anspruch nehmen würden, so dass zur Erholung einschließlich der Essenseinnahme nur noch der geringere Teil der Pause zur Verfügung stünde. So habe auch das BSG im Urteil vom 11. Mai 1995 (2 RU 30/94 - NJW 1995, 2942 f) ausgeführt, dass es für ein eigenwirtschaftliches Handlungsziel spreche, wenn die zurückgelegte Wegstrecke gemessen am Handlungsziel unverhältnismäßig weit oder anstrengend sei. Dann könne die Handlungstendenz der Nahrungsaufnahme eher als unwesentlich in den Hintergrund treten.

5

Die Beklagte beantragt,

        

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. August 2009 und des Sozialgerichts Koblenz vom 4. Dezember 2008 die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet, soweit das LSG die Berufung der Beklagten hinsichtlich deren Verurteilung durch das SG, die Beklagte zu verpflichten, den Arbeitsunfall vom 7. April 2005 als Versicherungsfall anzuerkennen, sowie zu entschädigen, zurückgewiesen hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Denn entsprechend dem Begehren des Klägers ist das Ereignis vom 7. April 2005 als Arbeitsunfall festzustellen.

8

1. Soweit das SG, auf den Antrag des Klägers hin, die Beklagte verurteilt hat, seinen Unfall vom 7. April 2005 zu entschädigen, handelt es sich um ein unzulässig unbestimmtes unechtes Grundurteil ohne einen bezüglich der "Entschädigung" vollstreckungsfähigen Inhalt (BSG vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 8 mwN). In diesem Umfang ist die Revision begründet.

9

Ebenfalls aufzuheben ist der durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten bestätigte Verpflichtungsausspruch des SG ihr gegenüber, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Denn der Kläger hat vor dem BSG klarstellend erklärt, dass er nur die Feststellung des Versicherungsfalls begehre. Die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des 2. Senats des BSG in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4, SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Begehrt der Versicherte nämlich allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage unmittelbar eine rechtskräftige, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen. Damit wird in diesen Fällen sein Begehren jedenfalls genauso wirksam durchgesetzt wie mit einer (die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts umfassenden) Verpflichtungsklage, so dass die Klageart in solchen Fällen von dem Begehren des Klägers abhängt, ob er eine behördliche oder unmittelbar eine gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls erstrebt.

10

2. Im Übrigen ist die Revision nicht begründet. Denn das Ereignis vom 7. April 2005 ist ein Arbeitsunfall.

11

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 30 mwN). Diese Voraussetzungen sind nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllt.

12

Der Kläger war zur Zeit des Unfallereignisses als Steinmetzgehilfe Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Er hat am 7. April 2005 bei dem Zusammenstoß als Motorradfahrer mit einem Kfz, der zu Verletzungen an seiner linken Hand und am linken Bein führte, auch einen Unfall erlitten.

13

Die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls - die Fahrt zur Freundin zum Mittagessen - stand auch im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit. Zwar war die Fahrt keine Verrichtung im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnisses und damit keine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 SGB VII. In eng begrenzten Ausnahmefällen wurde dies zwar angenommen, sofern betriebliche Interessen bzw Umstände die Essenseinnahme wesentlich beeinflussten (vgl BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 11 S 48 f mwN). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil deren besondere Voraussetzungen nicht festgestellt sind, der Kläger die Fahrt vielmehr in der für die Essenseinnahme vorgesehenen betrieblichen Mittagspause unternahm.

14

Die Fahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war jedoch eine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Danach sind versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Wie schon in der Vorgängervorschrift des § 550 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII als End- bzw Ausgangspunkt des Weges nur der Ort der Tätigkeit festgelegt. Wo der Weg nach dem Ort der Tätigkeit beginnt und wo der Weg von dem Ort der Tätigkeit endet, ist nicht umschrieben. Auch regelt die Norm nicht, ob der Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit - etwa in Bezug auf § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII hinsichtlich einer zusammenhängenden Arbeitszeit (Arbeitsschicht) - jeweils nur einmal oder mehrmals täglich zurückgelegt werden kann(vgl dazu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 23). Begründet wird der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13; BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 RdNr 21).

15

Das Zurücklegen eines Weges durch einen in Vollzeit Beschäftigten in der betrieblichen Mittagspause mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel für die Mittagsmahlzeit zu besorgen oder, wie vorliegend, dort das Mittagessen einzunehmen, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, ist bereits nach Einführung des (damaligen) § 545a RVO durch das Zweite Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14. Juli 1925 (RGBl I 97) in einer Entscheidung des Reichsversicherungsamts vom 18. Oktober 1927 (EuM 21, 281 f) als eine solche regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlung angesehen worden, die geeignet ist, die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und ihm damit zu ermöglichen, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Diese Auffassung ist in ständiger Rechtsprechung beibehalten worden (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN). Daran hält der Senat fest.

16

Aus dem Umstand, dass der Kläger auf dem Betriebsgelände wohnte, folgt nichts Anderes. Der zum Ort der Essenseinnahme zurückzulegende Weg ist nicht mit demjenigen von der Wohnung zur versicherten Tätigkeit zu vergleichen, weil § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII den Weg zwischen der Wohnung und dem Ort der Tätigkeit nicht privilegiert(vgl BSG SozR 2200 § 550 Nr 28 S 68). Davon abgesehen hat das BSG diesem Merkmal in der genannten Entscheidung ohnehin für die Konstellation eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, dass der Versicherte ein danach unverhältnismäßig weit entfernt liegendes Ziel mit einem Kfz zu erreichen versucht und deswegen hierfür nur eine relativ kurze Zeit aufbringen muss. Dies gilt auch vorliegend, da der Kläger die Wohnung seiner damaligen Freundin mit dem Motorrad in etwa neun Minuten erreichen konnte.

17

Dass mit der Essenseinnahme am 7. April 2005 auch ein Besuch der Freundin und damit das Verbringen der Zeit mit ihr verbunden sein sollte, führt vorliegend nicht dazu, dass die Wesentlichkeit der durch die Beschäftigung bedingten Motivation "Mittagessen" zu verneinen ist (vgl BSG, Urteil vom 12. Mai 2009 - B 2 U 12/09 R -SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16). Dazu hat das LSG festgestellt, dass der Kläger nur zu seiner Freundin gefahren sei, wenn diese vorgekocht habe, und dass der wesentliche Grund für den Weg das Einnehmen des Mittagessens gewesen sei.

18

Dem sachlichen Zusammenhang steht auch nicht die Zeitdauer des Weges von zweimal neun Minuten im Verhältnis zur verbleibenden Essenszeit von zwölf Minuten entgegen. Bei seiner Erwägung, für Wege, die den überwiegenden Teil der Pause in Anspruch nehmen, den Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht mehr als wesentlich zu erachten, stellte der 8. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 26. April 1977 (8 RU 76/76 - SozR 2200 § 550 Nr 28 S 68) auf den Zweck der Pause ab. Der Begriff der Ruhepause findet sich mittlerweile im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl I 1170), das aber in § 4 Satz 1 ArbZG den Begriff voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitrechts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei darüber entscheiden kann, wo und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist (BAGE 103, 197, 201 mwN). Der Bundesgesetzgeber hat sich demzufolge dafür entschieden, die mit dem ArbZG verbundenen Zwecke allein dadurch zu erreichen, dass die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebende Hauptpflicht des Arbeitnehmers für die Zeit der Ruhepause suspendiert wird; dem Arbeitnehmer werden hingegen keine Vorgaben gemacht, durch bestimmte Verhaltensweisen hierbei mitzuwirken.

19

Bei einer Fahrzeit von 18 Minuten und einer für die Essenseinnahme zur Verfügung stehenden Zeit von zwölf Minuten führt jedenfalls ein Verhältnis von drei Fünftel (Fahrzeit) zu zwei Fünftel (Essenseinnahme) nicht zwingend dazu, dass die durch die Beschäftigung bedingte und den sachlichen Zusammenhang begründende Handlungstendenz in den Hintergrund tritt.

20

Die Kostenentscheidung beurteilt sich nach den §§ 183, 193 SGG.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der Kläger ließ sich für seinen Bruder am 17.10.2002 operativ die linke Niere entnehmen. Während der Operation wurde zur Nierenentfernung ua ein Flankenschnitt gesetzt, der zu einer partiellen Bauchwandparese links führte. Im Übrigen zeigten sich die stationäre Behandlung vom 16. bis zum 29.10.2002, die primäre Wundheilung und der weitere postoperative Verlauf unauffällig.

3

Die Beklagte lehnte es ab, das "Ereignis vom 17.10.2002" als Arbeitsunfall anzuerkennen (Bescheid vom 21.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.9.2005). Das SG Halle hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.11.2007). Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2011). Der zu Organentnahme notwendige operative Eingriff erfülle schon den Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII und scheide damit als Unfallereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII aus. Ein Arbeitsunfall komme nur bei einem weiteren von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Betracht. Eine über die versicherte Tätigkeit der Organspende hinausgehende äußere Ursache für die partielle Bauchwandparese links liege aber nicht vor. Zudem habe sich der Kläger dem Eingriff freiwillig unterzogen. Die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung sei aber dem Unfallbegriff immanent.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII. Nach der Systematik des SGB VII stelle die Organspende als die den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit zwar keinen Unfall dar. Damit wären aber zahlreiche mittel- und langfristig eintretenden Komplikationen nicht geschützt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die gesetzliche Krankenversicherung allein für die Organentnahme an sich und die mit ihr zwangsläufig einhergehenden Folgen eintrittspflichtig. In allen anderen Fällen einer im Zusammenhang mit der Organspende stehenden Gesundheitsbeeinträchtigung greife hingegen die gesetzliche Unfallversicherung ein. Als Unfall sei jede Komplikation anzusehen, mit der sich - wie bei der partiellen Bauchwandparese links - nicht lediglich das durch die Organentnahme erhöhte allgemeine Krankheitsrisiko verwirkliche.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 9. November 2007 abzuändern sowie die Ablehnung der Feststellung eines Versicherungsfalls im Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass infolge der Organspende vom 17. Oktober 2002 am 27. Mai 2004 ein Arbeitsunfall eingetreten ist.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Auf das Tatbestandsmerkmal "Unfall" könne ohne Gesetzesänderung nicht verzichtet werden.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

9

Die Ablehnung der Beklagten, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung dieses Versicherungsfalls aus § 102 SGB VII iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat infolge der Organspende vom 17.10.2002 einen Arbeitsunfall erlitten. Allerdings lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob sich der Arbeitsunfall bereits vor dem 5.11.2009 ereignet hat.

10

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls (genauer: davor) durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität im engeren Sinn; vgl BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen).

11

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat dadurch, dass er seinem Bruder eine Niere spendete, als (Lebend-)Organspender iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII eine versicherte Tätigkeit verrichtet(dazu 1.). Diese Verrichtung hat den zur Organentnahme durchgeführten Flankenschnitt als das Unfallereignis (dazu 2.) und dieses hat die partielle Bauchwandparese links als Gesundheitserstschaden (dazu 3.) rechtlich wesentlich verursacht (dazu 4.). Die Freiwilligkeit der Organspende und die Vorhersehbarkeit der mit der Operation notwendig verbundenen Körperschäden schließen den Arbeitsunfall nicht aus (dazu 5.). Anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann jedoch nicht entschieden werden, wann infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist (dazu 6.).

12

1. Nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII sind Personen versichert, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Der Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit des "Spendens eines Organs" setzt folgende Verrichtungen voraus: Der Spender muss freiwillig und nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes (TPG) in seiner jeweils gültigen Fassung in die Entnahme seines Organs durch ein anerkanntes Transplantationszentrum und in die Übertragung des Organs auf einen gesetzlich zugelassenen Empfänger eingewilligt, sich in ein Transplantationszentrum begeben und sich dort der Entnahmeoperation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung unterworfen haben. Denn das Gesetz soll nur solchen Lebendorganspendern Unfallversicherungsschutz gewähren, die sich zu einer nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes rechtmäßigen Organspende bereitfinden.

13

Der Kläger hat diesen Tatbestand erfüllt, die dafür notwendigen Handlungen vorgenommen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (zumindest auch) auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet (sog objektivierte Handlungstendenz) ist (BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen). Der Kläger hat sich freiwillig der Operation unterzogen, um iS der §§ 8 bis 10 TPG (hier in der vor dem 1.8.2007 geltenden Fassung) für seinen Bruder, einen Verwandten zweiten Grades, die linke Niere, ein körpereigenes Organ, in einem dafür zugelassenen Transplantationszentrum entfernen zu lassen. Durch das Entgegennehmen der insoweit erforderlichen ärztlichen Behandlung war das Verhalten des Klägers darauf gerichtet, das Ziel der ärztlichen Maßnahme, die Übertragung seiner Niere auf seinen Bruder zu erreichen.

14

Entgegen dem LSG ist die Verrichtung einer Organspende nicht in der operativen Nierenentnahme durch Ärzte und andere Kräfte des Krankenhauses zu erblicken. Denn der Tatbestand einer versicherten Tätigkeit kann nur durch Verrichtungen/Handlungen des Verletzten selbst erfüllt werden. Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist eine höchstpersönliche Handlung. Eine Zurechnung des Handelns anderer Personen ist hierbei ausgeschlossen.

15

2. Infolge dieser Verrichtung einer Organspende ist es zu einem Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und damit zu einem Arbeitsunfall gekommen. Nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Das im Wesentlichen durch das Handeln des Klägers verursachte (Unfall-)Ereignis bestand hinsichtlich des hier umstrittenen Gesundheitserstschadens der Bauchwandparese links entgegen dem LSG in dem zur operativen Nierenentnahme durchgeführten chirurgischen Flankenschnitt des Transplantationschirurgen. Er war ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis, das unmittelbar den physiologischen Zustand des Körpers verändert und die körperliche Integrität des Klägers verletzt hat. Auch dann, wenn die Einwirkung auf den Körper nicht nur zu einer Veränderung seines physiologischen Zustandes, sondern auch zu einer Verletzung der körperlichen (seelischen oder geistigen) Integrität führt, ist zwischen der Einwirkung auf den Körper als mögliche Ursache und dem Gesundheitserstschaden (oder dem Tod) als mögliche Wirkung der Einwirkung auf den Körper zu unterscheiden (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 42 vorgesehen).

16

Das einwirkende Ereignis erfasst (auch) Geschehnisse, die aufgrund der jeweiligen versicherten Tätigkeit "üblich" sind. Es bedarf keines außergewöhnlichen Vorgangs. Vielmehr genügt jedes Ereignis, bei dem ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu absichtlichen Selbstschädigungen. Die Einwirkung des Transplantationschirurgen auf den Körper des rechtmäßigen Organspenders, die dessen Körper notwendig verletzt, ist nach dem Tatbestand der versicherten Tätigkeit des Spendens von Organen die Einwirkung, die rechtlich wesentlich Gesundheitserstschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII verursachen kann, aber nicht muss(dazu 3.).

17

Keiner Darlegung bedarf, dass die unfallversicherte Verrichtung des Klägers den Flankenschnitt des Transplantationschirurgen rechtlich wesentlich verursacht hat.

18

3. Der Gesundheitserstschaden besteht in der Bauchwandparese links, die durch den Flankenschnitt (rechtlich wesentlich) verursacht wurde.

19

Gesundheitserstschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE 108, 274 und SozR 4-2700 § 11 Nr 1 vorgesehen).

20

Die Bauchwandparese des Klägers ist keine Unfallfolge, sondern der Gesundheitserstschaden. Zwar hat bereits der Flankenschnitt, also die Einwirkung auf den Körper, unmittelbar zu einer Verletzung des Körpers geführt. Schon durch ihn ist in die körperliche Integrität eingegriffen worden. Dies wird grundsätzlich rechtlich missbilligt. Nach dem sog natürlichen Schadensbegriff liegt daher ein Gesundheitsschaden vor. Es handelt sich aber nicht um einen Gesundheitsschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Denn der natürliche Schadensbegriff bedarf hier einer wertenden Korrektur, die sich aus dem Zweck der den Versicherungsschutz begründenden Vorschrift ergibt (vgl stellv zu solchen Korrekturen BGH vom 8.4.2008 - VI ZR 49/07 - BGHZ 176, 109, 114).

21

Die Gesundheitsschäden, die beim Lebendorganspender durch eine rechtmäßige Transplantation (einschließlich Vor- und Nachbehandlung für die Durchführung der Organentnahme) notwendig verursacht werden, sind nach dem Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII keine missbilligten Wirkungen des Eingriffs, sondern gehören notwendig zur Organspende, die durch den das Transplantationsgesetz ergänzenden Unfallversicherungsschutz gebilligt wird und gefördert werden soll. Deshalb setzt der Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII die Hinnahme der zur Organspende erforderlichen Körperverletzung voraus. Sieht aber schon der Tatbestand der versicherten Tätigkeit den operativen Eingriff zur Organentnahme vor, ist der Gesundheitserstschaden im Falle einer Organspende nach Maßgabe des Schutzzwecks dieser Vorschrift zu bestimmen.

22

Die Organtransplantation ist grundsätzlich Teil der dem Organempfänger von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zu gewährenden Krankenbehandlung; die ambulante und stationäre Behandlung des Organspenders stellen eine Nebenleistung zu der dem Organempfänger zu erbringenden Behandlungsmaßnahme dar (BSG vom 16.7.1996 - 1 RK 15/95 - BSGE 79, 53 = SozR 3-2500 § 27 Nr 7).

23

In Abgrenzung zur gesetzlichen Krankenversicherung greift die gesetzliche Unfallversicherung erst dann ein, wenn im Zusammenhang mit der Organentnahme beim Organspender gesundheitliche Schäden auftreten, die über die durch die Organentnahme notgedrungen entstehenden Beeinträchtigungen hinausgehen und in ursächlichem Zusammenhang mit der Organentnahme stehen, oder wenn der Organspender an der Organentnahme verstirbt (vgl BT-Drucks 15/5050 S 62 zu Abschn 7.2.2.1). § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII soll (freiwillige) Lebendorganspender gegen alle Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich des Todes schützen, die durch die Organentnahme verursacht sind und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht zwingend mit dem operativen Eingriff und einer erforderlichen Vor- und Nachbehandlung einhergehen.

24

Versicherte Gesundheitserstschäden sind daher nur diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die gerade nicht im Eingriff zu Organentnahme selbst bestehen, also Gesundheitsschäden, die durch die Organentnahme zusätzlich zu den mit ihr notgedrungen verbundenen Beeinträchtigungen wesentlich verursacht wurden. Das operative Geschehen nebst einer Vor- und Nachbehandlung ist hingegen, wie gesagt, das durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit wesentlich bedingte einwirkende Ereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Eine damit zwingend verbundene Integritätseinbuße (hier der Flankenschnitt) scheidet demnach als Gesundheitserstschaden aus.

25

Als ein durch die Organentnahme hervorgerufener Gesundheitserstschaden kommt vielmehr nur eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Betracht, die nach den derzeit anerkannten medizinischen Erfahrungssätzen nicht notwendig allein schon durch die operative Organentnahme verursacht wird. Dass eine Bauchwandparese zwingend mit einer Nierenentfernung verbunden ist, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Es hat jedoch für das BSG bindend festgestellt, dass beim Kläger infolge des Flankenschnitts eine Bauchwandparese links aufgetreten ist.

26

4. Nach dem genannten Schutzzweck des in § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII geregelten Versicherungstatbestandes war der Flankenschnitt auch die rechtlich wesentliche Ursache für die Bauchwandparese. Denn der Unfallversicherungsschutz soll gerade eingreifen, wenn eine rechtmäßige Organspende zu weiteren (üblichen oder unüblichen) Gesundheitsschäden führt, die über die mit der Organentnahme (einschließlich Vor- und Nachbehandlung) notwendig verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen hinausgehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Unfallereignis oder der Gesundheitserstschaden durch andere Umstände allein rechtlich wesentlich verursacht worden sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten offenkundig nicht gegeben.

27

5. Dem Anspruch auf Feststellung des Arbeitsunfalls steht auch nicht entgegen, dass der Kläger "freiwillig" in die Entnahme seiner Niere eingewilligt hat (§ 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b TPG), er sich damit freiwillig dem operativen Eingriff unterzogen und die Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität durch die Transplantation vorhergesehen hat.

28

Die Freiwilligkeit der rechtmäßigen (Lebend-)Organspende und die Vorhersehbarkeit der damit notwendig verbundenen Körperverletzungen sind schon Tatbestandsvoraussetzungen der versicherten Tätigkeit ("Organe…spenden") und können schon deshalb den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht ausschließen. Zudem sind die wie auch immer zu verstehende "Freiwilligkeit" der das einwirkende Ereignis verursachenden Verrichtung oder die "Unvorhersehbarkeit" des Gesundheitsschadens keine Tatbestandsvoraussetzungen des gesetzlichen Unfallbegriffs des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Maßgeblich für die Erheblichkeit oder Unbeachtlichkeit dieser Aspekte ist grundsätzlich der Schutzzweck des jeweiligen Versicherungstatbestandes.

29

Das BSG hat unter Hinweis auf eine Entscheidung zu § 1252 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) über die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung gesagt, dass die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung dem Unfallbegriff immanent sei, weil ihm ein geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung widerspreche(vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - Juris RdNr 17 mwN). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ausführungen zum Unfallbegriff tragend für die damalige Entscheidung waren. Jedenfalls hat es ausdrücklich nur ein "geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung" als mit dem Arbeitsunfall unvereinbar bezeichnet. Dem ist mit der Klarstellung beizupflichten, dass ein Versicherungsfall "wegen Freiwilligkeit oder Vorhersehbarkeit" nur dann nicht vorliegen kann, wenn es dem Verletzten gerade darauf ankam (Absicht als dolus directus ersten Grades), durch sein Handeln eine Einwirkung auf seinen Körper und dadurch seinen eigenen Gesundheitsschaden zu verursachen. Dabei kann offen bleiben, ob je nach Versicherungstatbestand schon eine "Verrichtung" der versicherten Tätigkeit mangels einer (auch) auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit gerichteten objektivierten Handlungstendenz abzulehnen ist oder die rechtliche Wesentlichkeit der Verrichtung für die Verursachung des Schadens fehlt.

30

Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu geplanten willentlichen, also absichtlichen, Selbstschädigungen (vgl BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 7). Auch bei der Entscheidung zu § 1252 Abs 2 RVO war ein Fall der versuchten Selbsttötung zu beurteilen und darüber zu entscheiden, ob die Erkrankung "infolge" eines Unfalls eingetreten war. Die früheren Ausführungen zum Unfallbegriff stehen daher im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, die absichtlich ausgeübt wird, um ein Unfallereignis herbeizuführen, gerade in rechtlicher Wertung wesentliche Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung für den dadurch verursachten Gesundheitserstschaden oder Tod sein kann.

31

Unabhängig davon sind, wie gesagt, die Unfreiwilligkeit und Unvorhersehbarkeit keine ausdrücklich genannten oder ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des gesetzlich definierten Unfallbegriffs. § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII beschreibt den Unfall nicht als "unfreiwilliges", "unvorhergesehenes" oder "unvorhersehbares", sondern nur als ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für eine Einengung des Anwendungsbereichs dieser für Unfälle infolge sämtlicher versicherten Tätigkeiten geltenden Vorschrift fehlt es an einem dies rechtfertigenden Zweck. Verschiedene in § 2 SGB VII aufgeführte Tatbestände einer versicherten Tätigkeit gehen gerade mit der freiwilligen Inkaufnahme eines vorhersehbaren und vorhergesehenen Gesundheitsschadens oder sogar des Todes einher. Nicht nur Helfer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not oder Retter aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit anderer (§ 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII; vgl zum Unglückshelfer BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen), auch Beschäftigte, die sich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gefährlichen Einwirkungen aussetzen, handeln freiwillig und im Bewusstsein einer vorhersehbaren und ggf vorhergesehenen Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität.

32

Gerade auch bei der Organspende iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII würde durch eine Beschränkung des Unfallbegriffs auf lediglich unfreiwillig erlittene Einwirkungen der Regelungszweck dieses Versicherungstatbestandes vereitelt. Diese Vorschrift schützt gerade diejenigen Personen, die sich freiwillig einer operativen Organentnahme unterziehen. Ihr Schutzzweck, das von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckte gesundheitliche Risiko des Organspenders im Zusammenhang mit der Organspende abzusichern (hierzu unter 3.), bliebe weitgehend unerfüllt, wenn lediglich eine zusätzlich zum operativen Eingriff zur Organentnahme (mit Vor- und nachfolgender Heilbehandlung) hinzutretende weitere Einwirkung geeignet wäre, ein Unfallereignis zu begründen. Anhaltspunkte für eine andere Intention des Gesetzes ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII noch aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung und ihrer Vorläuferregelung des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO. Die Freiwilligkeit der Organspende und des insoweit notwendigen operativen Eingriffs ist bereits Bestandteil dieser versicherten Tätigkeit und kann schon deshalb nicht den Versicherungsfall ausschließen.

33

Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG seine partielle Bauchwandparese nicht absichtlich herbeiführen wollte, liegt ein Arbeitsunfall vor.

34

6. Zu welchem Zeitpunkt infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist, lässt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von Dr. J am 5.11.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung davon ausgegangen, dass der Flankenschnitt zu einer Vorwölbung der Bauchwand im kranialen Bereich iS einer partiellen Parese geführt hat. Damit ist lediglich festgestellt, dass jedenfalls am 5.11.2009 der Gesundheitserstschaden entstanden war. Ein davor liegender Zeitpunkt der Entstehung der Bauchwandparese wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Diesen wird das LSG daher noch zu klären haben.

35

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

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Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

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aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

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bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

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Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

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e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

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Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

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Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

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5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

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Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

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Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

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6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.