Bundessozialgericht Beschluss, 29. März 2012 - B 14 AS 251/11 B

bei uns veröffentlicht am29.03.2012

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2011 einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers, ihm für dieses Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das vorgenannte Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2011 hat der Kläger durch seinen früheren Prozessbevollmächtigten form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt hatte, dass er den Kläger nicht mehr vertrete, hat der Kläger während der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Notanwalts beantragt, weil er keinen Rechtsanwalt gefunden habe, der bereit sei ihn zu vertreten, und mehrere Anfragen seinerseits und Absagen von Rechtsanwälten vorgelegt.

2

1. Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des LSG einen Notanwalt beizuordnen, ist abzulehnen.

3

Nach § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 78b Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) hat das Prozessgericht, insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

4

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2011 erscheint aussichtslos.

5

Wie sich aus dem Verb "erscheinen" ergibt, ist keine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussichten erforderlich, sondern eine summarische Prüfung ähnlich wie im Verfahren der PKH (§ 73a SGG, § 114 ZPO). Im Unterschied zur PKH ist der Entscheidungsmaßstab aber nicht eine hinreichende Erfolgsaussicht, sondern "Aussichtslosigkeit" als solche. Aussichtslosigkeit besteht, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Beiordnung eines Notanwalts soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von vornherein aussichtslosen Sachen bewahren (Bundessozialgericht vom 3.1.2005 - B 9a/9 SB 39/04 B - RdNr 5; Bundesgerichtshof vom 29.9.2011 - V ZA 14/11 - RdNr 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 70. Aufl 2012, § 78b RdNr 5; von Mettenheim in Münchener Kommentar zur ZPO, Bd 1, 3. Aufl 2008, § 78b RdNr 5; Weth in Musielak, ZPO, 8. Aufl 2011, § 78b RdNr 6; Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 78b RdNr 3).

6

Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a SGG gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des LSG liegt eine solche Aussichtslosigkeit vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen der in § 160 Abs 2 SGG enumerativ aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - offenbar nicht vorliegen. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussichten begründen.

7

Der Kläger selbst hat seinen Antrag und seine Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet. Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist auch nach summarischer Prüfung des Streitstoffes offenbar nicht gegeben. Das LSG hat seine Ablehnung der vom Kläger begehrten höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung auf medizinische Gründe gestützt und dabei das im Gerichtsverfahren eingeholte medizinische Gutachten und die Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte zugrunde gelegt. Weder erscheint die Rechtssache aufgrund der zu § 21 Abs 5 SGB II ergangenen Rechtsprechung(vgl nur BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) von grundsätzlicher Bedeutung noch enthält die Entscheidung des LSG eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Ebenso wenig ist ein Verfahrensmangel zu erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte.

8

2. Der Antrag des Klägers, ihm für dieses Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde PKH zu bewilligen, ist abzulehnen.

9

Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier aus den oben aufgezeigten Gründen nicht erfüllt, zumal schon die Beiordnung eines Notanwalts abzulehnen ist (vgl zum Verhältnis von § 114 und § 78b ZPO nur BGH vom 6.7.1988 - IVb ZB 147/87 - FamRZ 1988, 1152).

10

Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO).

11

3. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im oben genannten Urteil des LSG ist als unzulässig zu verwerfen.

12

Die Beschwerde ist zwar durch den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers form- und fristgerecht eingelegt worden, wurde aber bisher nicht begründet. Nach § 160a Abs 2 Satz 1, 2 SGG hätte die Beschwerde innerhalb der bis zum 17.2.2012 verlängerten Frist durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten begründet werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, muss das Rechtsmittel als unzulässig verworfen werden (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

13

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78b Notanwalt


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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZA 14/11
vom
29. September 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Prof. Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterin
Weinland

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 24. August 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

1
Die Beklagten sind auf einen Antrag der Klägerin durch Urteil des Amtsgerichts verurteilt worden, die Fütterung wilder Tauben und anderer Vögel von ihrem Haus aus zu unterlassen. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten mit Beschluss vom 10. Mai 2011 als unzulässig verworfen, weil der Wert der Beschwer nicht den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bestimmten Betrag von 600 € übersteige. Die Beschwer der Beklagten durch das Verbot, von ihrer Wohnung aus Vögel zu füttern, sei allenfalls auf 300 € zu schätzen.
2
Der Senat hat mit Beschluss vom 24. August 2011 den Antrag der Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts für eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts zurückgewiesen. In einem als Widerspruch gegen den Beschluss des Senats bezeichneten Schreiben vom 19. September 2011 haben die Beklagten sieben Rechtsanwälte am Bundesgerichtshof benannt , welche die Vertretung der Sache vor dem Bundesgerichtshof abgelehnt hätten.

II.

3
Der als zulässige Gegenvorstellung auszulegende Widerspruch gegen den Beschluss des Senats ist unbegründet.
4
Eine richterliche Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig oder aussichtslos erscheint. Das ist dann anzunehmen, wenn ein der Partei günstigeres Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung nicht erreicht werden kann (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1988 - IVb ZB 147/87, FamRZ 1988, 1152, 1153). Diese Einschränkung der gerichtlichen Notanwaltsbeiordnung soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von vornherein aussichtlosen Sachen bewahren (vgl. MünchKomm-ZPO/v. Mettenheim, 3. Aufl., § 78b Rn. 5; Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 78b Rn. 6; PG/Burgermeister, ZPO, 3. Aufl., § 78b Rn. 5).
5
So ist es hier. Eine Rechtsbeschwerde gegen den die Berufung nach § 522 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verwerfenden Beschluss wäre nur dann nicht aussichtslos, wenn der Wert der Beschwer der Beklagten unter irgendeinem denkbaren Gesichtspunkt über dem Betrag von 600 € liegen könnte. Daran fehlt es jedoch.
6
Die Beschwer eines zu einer Unterlassung verurteilten Beklagten richtet sich nämlich nach den Nachteilen, die aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen, und nicht nach dem im Falle einer Zuwiderhandlung festzu- setzenden Ordnungsgeld (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 - IX ZR 107/08, NJW-RR 2009, 549). Die Erfüllung des Anspruchs, das Füttern von Vögeln von ihrer Wohnung aus zu unterlassen, entwertet weder deren Wohnung noch müssen die Beklagten irgendwelche Aufwendungen vornehmen, um dem Verbot nachzukommen. Vor diesem Hintergrund sind Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwer den von dem Berufungsgericht geschätzten Betrag von 300 € übersteigen könnte, nicht erkennbar, so dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos ist. Krüger Schmidt-Räntsch Stresemann Czub Weinland
Vorinstanzen:
AG Baden-Baden, Entscheidung vom 01.02.2011 - 22 C 74/10 WEG -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.05.2011 - 11 S 50/11 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Mai 2008 aufgehoben, der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, soweit der Rechtsstreit den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 umfasst.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

2

Die 1958 geborene, alleinstehende Klägerin bezog von der Beklagten als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) laufend eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro ua für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 (Bescheid vom 3.5.2006), vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 (Bescheid vom 28.11.2006) und vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 (Bescheid vom 25.4.2007), daneben bezog sie von dem Rhein-Neckar-Kreis Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Vom 13.9.2007 bis zum 16.12.2007 befand sie sich in Haft, woraufhin die Beklagte die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung vom 13.9.2007 aufhob (Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.1.2008; hiergegen ist eine Klage vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim anhängig ). Außerdem hob die Beklagte die Entscheidung vom 25.4.2007 über die Bewilligung von Leistungen im September 2007 wegen der Inhaftierung gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch in Höhe von 208,20 Euro auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück(Bescheid vom 11.1.2008). Mit Bescheid vom 20.12.2007 bewilligte die Beklagte erneut Leistungen in Höhe von 347 Euro monatlich vom 17.12.2007 bis zum 31.5.2008 (für Dezember 2007 anteilig für die Zeit ab 17.12.2007).

3

Am 30.5.2006 legte die Klägerin bei der Beklagten eine ärztliche Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung von Dr. W/Dr. B vor, wonach sie wegen einer Allergie gegen Konservierungsstoffe ausschließlich biologische Kost von Biobauern benötige. Nach Einholung einer Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 13.11.2006, wonach ein Mehrbedarf für Ernährung wegen der vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht erforderlich sei, lehnte die Beklagte die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ab (Bescheid vom 21.12.2006; Widerspruchsbescheid vom 8.1.2007). Die Klage zum SG Mannheim, mit der die Klägerin einen ernährungsbedingten Mehrbedarf von mindestens 200 Euro monatlich geltend gemacht hatte, blieb ohne Erfolg (Urteil vom 28.11.2007). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund ihrer durch zwei Allergiepässe nachgewiesenen Allergie zwar in ihrer Lebensführung eingeschränkt und müsse ihre Ernährungsgewohnheiten entsprechend anpassen. Für die Stoffe, auf die die Klägerin allergisch reagiere, bestehe aber eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht, sodass sie sich ohne Zusatzkosten geeignete Lebensmittel aus dem Warenangebot heraussuchen könne. Dass die Klägerin bei unbehandelten Produkten, die überhaupt nicht durch Zusatzstoffe verändert seien, auf besondere Kost angewiesen sei, habe sie weder dargetan noch sei dies ersichtlich. Mangelerscheinungen seien offenbar nicht aufgetreten, wie sich aus den beigezogenen medizinischen Unterlagen ergebe. Das vorgelegte Attest, wonach "biologische Kost vom Biobauern ausschließlich" angezeigt sei, sei nicht nachvollziehbar, denn nicht konservierte Lebensmittel könnten nicht nur beim Biobauern, sondern in jedem Supermarkt erworben werden.

4

Mit ihrer Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg trug die Klägerin unter Wiederholung ihres Vorbringens vor, die bisherigen ärztlichen Gutachten seien unzureichend, da sie alle keine Angaben über ihr Untergewicht enthielten. Es bedeute einen erhöhten Kostenaufwand, wenn sie auf nicht konservierte Lebensmittel zurückgreifen müsse. Hierzu sei ein Gutachten einzuholen, wenn nötig mithilfe eines Ernährungsberaters.

5

Mit Urteil vom 9.5.2008 änderte das LSG das Urteil des SG und verurteilte die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.4.2007 für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 31.8.2007 zur Zahlung von weiteren 2 Euro monatlich und für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 12.9.2007 zur Zahlung von 1 Euro. Den Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2008 und des Bescheides vom 11.1.2008 hob es auf, soweit der Erstattungsbetrag auf mehr als 207 Euro festgesetzt worden sei. Die weitergehende Berufung und die Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg. Streitgegenstand sei der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen für die Zeit vom 30.5.2006 bis zum 31.5.2008. Die Beklagte habe über den geltend gemachten Mehrbedarf nicht isoliert mit Bescheid vom 21.12.2006 entscheiden dürfen, da eine Beschränkung des Streitgegenstands auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung nicht zulässig sei. Gegenstand des Verfahrens seien vielmehr sämtliche Bescheide, die die dem Antrag folgenden Bewilligungszeiträume beträfen (Bescheide vom 3.5.2006, vom 28.11.2006, vom 25.4.2007 und vom 20.12.2007). Gegenstand nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien ebenfalls die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 28.9.2007 und vom 11.1.2008, mit denen die Beklagte in Änderung des Bescheides vom 25.4.2007 im Hinblick auf die Inhaftierung der Klägerin vom 13.9.2007 bis zum 16.12.2007 die ihr gewährten Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft aufgehoben habe. Ein Anspruch auf höhere Leistungen ergebe sich nur in geringfügiger Höhe, weil der Klägerin für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 13.9.2007 eine Regelleistung in Höhe von 347 Euro statt lediglich 345 Euro zustehe. Ein Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf ergebe sich aus den vom SG ausgeführten Gründen nicht. Im Übrigen werde die Auffassung des SG durch eine von ihm eingeholte telefonische Auskunft des Dr. T bestätigt, über die der Senat die Klägerin zuvor schriftlich in Kenntnis gesetzt hatte. Vor dem Hintergrund dieser Auskunft halte der Senat den maßgeblichen Sachverhalt für geklärt, weshalb kein Anlass zu weiteren Ermittlungen insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bestehe. Die Klage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei unbegründet, da die Voraussetzungen für die Aufhebung der Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit vorlägen, was das LSG unter Bezugnahme auf den Inhalt beigezogener Akten im Einzelnen ausgeführt hat.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das LSG habe in unzulässiger Weise unter dem Gesichtspunkt des "Heraufholens von Prozessresten" den Streitstoff erweitert. Ihr sei so eine Tatsacheninstanz abgeschnitten worden. Es habe ferner mit der Bezugnahme auf eine vom SG eingeholte telefonische Auskunft des Dr. T gegen das Verbot der antizipierten Beweiswürdigung verstoßen. Die Verwertung einer telefonischen Auskunft verstoße gegen das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Indem das LSG unter Hinweis auf diese, vom SG eingeholte Auskunft den Beweisantrag der Klägerin abgelehnt habe, habe es gegen § 103 SGG verstoßen. Sie habe wegen der verspäteten Zusendung einer Fahrkarte an dem Termin vor dem Berufungsgericht nicht teilnehmen können. Insoweit habe das Berufungsgericht auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Mai 2008 und das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2007 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 3. Mai 2006 und vom 28. November 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Mai 2007 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 200 Euro zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bestehe nur, wenn wegen einer Erkrankung aus medizinischen Gründen zwingend eine besondere Ernährung einzuhalten sei und diese teurer sei als eine sogenannte Vollkost. Bei einer Allergie gegen Stoffe aus der Gruppe der "paraben mix" würden keine besonderen Lebensmittel erforderlich, sondern lediglich eine Vollkost. Das Allergen könne durch gezielten Einkauf gut vermieden werden. Dies habe auch die Untersuchung durch ihren ärztlichen Dienst ergeben.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG, soweit er den Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.5.2007 betrifft, Erfolg. Bei Auslegung des klägerischen Vorbringens vor dem SG richtet sich das im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Begehren allein auf höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in diesem Zeitraum. Soweit das LSG dennoch über Ansprüche für folgende Bewilligungsabschnitte entschieden hat, hat es den Streitgegenstand verkannt und damit § 123 SGG verletzt. Sein Urteil war schon deshalb insoweit aufzuheben (vgl § 170 Abs 2 Satz 1 SGG; hierzu unter 1). Die Feststellungen des LSG lassen im Übrigen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht und ihr im Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.5.2007 über die Regelleistung in Höhe von 345 Euro hinaus ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht(vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG; hierzu unter 2).

11

1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens waren bei zutreffender Auslegung des klägerischen Vortrags von Klageerhebung an ausschließlich Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit vom 30.5.2006 (Einreichung des Attests bei der Beklagten) bis zum 31.5.2007, soweit sie von der Beklagten erbracht werden (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II), wobei die Klägerin Ansprüche für den 30. und 31.5.2006 im Revisionsverfahren zuletzt nicht mehr geltend gemacht hat.

12

Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG). Im Übrigen muss dann, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften; die Auslegung von Anträgen richtet sich vielmehr danach, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (stRspr, zuletzt etwa BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 3).

13

a) Auf dieser Grundlage ist das LSG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem Klageantrag höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung begehrt. Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung allein kann nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Die Regelungen der Beklagten über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft, über die vorliegend vom zuständigen Landkreis in getrennter Trägerschaft entschieden worden ist) lassen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten (vgl etwa BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, jeweils RdNr 11; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11).

14

b) Unzutreffend ist allerdings die weitergehende Auslegung durch das LSG, damit habe die Klägerin (in zulässiger Weise) einerseits den gesamten Zeitraum vom 30.5.2006 bis zur Entscheidung des SG am 28.11.2007 und andererseits auch den anschließenden Zeitraum bis zum 31.5.2008, über den das LSG kraft Klage zu entscheiden gehabt habe, zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Lediglich sofern der Träger der Grundsicherung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gänzlich ablehnt, kann zulässiger Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens - je nach Klageantrag - die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit sein (stRspr seit BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 30). Ist dagegen - wie hier - lediglich die Höhe der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts streitig, kann einer Entscheidung des Trägers der Grundsicherung wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte zukommen(so ausdrücklich zum Mehrbedarf BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 16). Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2007 lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt nicht erkennen. Dies allein lässt aber - aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11) -nicht den Schluss zu, die Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Vernünftigerweise ergibt sich für den Bescheidempfänger in diesem Fall vielmehr die Auslegung, die rechtlich die einzig zulässige ist, mithin eine (ablehnende) Regelung der Beklagten über eine höhere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nur für solche Bewilligungsabschnitte, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit bzw der Gegenwart lagen. Nur auf diesen Zeitraum bezieht sich damit der im Wege der Auslegung gewonnene Klageantrag.

15

c) Gegenstand des Verfahrens sind damit neben dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2007 der Bescheid vom 3.5.2006 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 und der Bescheid vom 28.11.2006 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007. Diese Bescheide regeln für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt die laufenden, von der Beklagten zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und bilden deshalb mit dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid eine Einheit.

16

Die übrigen Bescheide, die die anschließenden Bewilligungszeiträume ab dem 1.6.2007 regeln, sind entgegen der Annahme des LSG aus den dargestellten Gründen nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden(vgl bereits BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 30). Dem Vorbringen der Klägerin in den Instanzen lässt sich auch nicht entnehmen, sie hätte wegen der Zeiträume ab dem 1.6.2007 im Wege der Klageerweiterung eine Klage gegen Folgebescheide erheben wollen unabhängig davon, ob insoweit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klageänderung und die dann geänderte Klage vorgelegen hätten (dazu BSG aaO). Sie hat insbesondere den Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2008 gesondert mit einer Klage zum SG Mannheim (Az S 8 AS 90/08) angefochten. Im Revisionsverfahren hat sie schließlich - nunmehr rechtskundig vertreten - den Leistungsantrag ausdrücklich begrenzt und wegen der Zeiträume ab dem 1.6.2007 lediglich die Aufhebung des Urteils des LSG beantragt, soweit ihr nicht weitergehende Leistungen zugesprochen worden sind.

17

Da bei verständiger Würdigung des klägerischen Vortrags Ansprüche für Zeiträume nach dem 31.5.2007 nicht Streitgegenstand des Verfahrens vor dem SG waren und das SG zutreffend nur für Zeiträume davor eine Entscheidung getroffen hat, ist unerheblich, in welchem Umfang ein so genanntes "Heraufholen von Prozessresten" zulässig sein kann. Das Berufungsurteil war für Zeiträume nach dem 31.5.2007 schon deshalb aufzuheben, weil das LSG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer Entscheidung über Folgebescheide befugt war (vgl etwa BSG SozR 4-2700 § 9 Nr 13).

18

2. Die Revision im Übrigen ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Feststellungen des LSG lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum über die Regelleistung in Höhe von 345 Euro hinaus ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht.

19

a) Die Beklagte ist nach den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Änderungen des SGB II durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) weiterhin passiv legitimiert. Im Rhein-Neckar-Kreis, in dem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, werden die Aufgaben nach dem SGB II nach wie vor in getrennter Trägerschaft wahrgenommen; eine gemeinsame Einrichtung zur Aufgabenwahrnehmung (vgl § 44b Abs 1 Satz 1 SGB II in der seither geltenden Fassung) ist bislang noch nicht gebildet. Dies ist übergangsweise noch bis Ende des Jahres 2011 zulässig (vgl § 76 Abs 1 SGB II).

20

b) Ein Anspruch insbesondere für den zweiten streitigen Bewilligungsabschnitt scheitert nicht daran, dass die Klägerin lediglich am 30.5.2006 gegenüber der Beklagten ausdrücklich auf den geltend gemachten Mehrbedarf hingewiesen hat. Ausreichend ist, dass sie wegen der Folgezeiträume, für die ein Fortzahlungsantrag rechtzeitig gestellt worden ist (dazu BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), angegeben hat, maßgebliche Änderungen in ihren persönlichen Verhältnissen hätten sich nicht ergeben. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung, bei dem es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt, muss nicht gesondert beantragt werden (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN).

21

c) Nach § 21 Abs 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Das Gesetz begründet damit beim medizinischen Erfordernis kostenaufwändiger Ernährung einen Rechtsanspruch des Hilfebedürftigen. Voraussetzung ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher ("aufwändiger") sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (vgl Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand November 2010, § 21 SGB II RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 34 f; Münder in ders, SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25). Ein solches besonderes, medizinisch begründetes Ernährungsbedürfnis führt zu einem Anspruch auf einen Mehrbedarf in angemessener Höhe (zum Ganzen bereits BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, jeweils RdNr 39 und BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 24).

22

Das LSG hat sich zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung im Hinblick auf den begehrten Mehrbedarf unter Hinweis auf § 153 Abs 2 SGG "voll umfänglich" den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil angeschlossen. Damit ist dem Erfordernis an eine Begründung des Urteils aus § 136 Abs 1 Nr 6 SGG(dazu zuletzt Urteil des Senats vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07AS 3/07 R - Juris RdNr 13) noch Genüge getan. Ein Berufungsgericht kann dann pauschal auf die Begründung des angefochtenen Urteils nach § 153 Abs 2 SGG verweisen, wenn es dem Urteil des SG nichts hinzuzufügen hat und es keinen neuen Vortrag tatsächlicher oder rechtlicher Art gibt(BSGE 87, 95, 99 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 1 mwN). So liegt der Fall hier. Der klägerische Vortrag im Berufungsverfahren ist gegenüber dem Vortrag im Klageverfahren unverändert. Dies schließt insbesondere die Beweisanträge ein, die die Klägerin bereits in der ersten Instanz hinreichend zum Ausdruck gebracht hat.

23

Die damit in Bezug genommenen Feststellungen des SG genügen jedoch zur abschließenden Entscheidung über den geltend gemachten Mehrbedarf nicht. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das SG davon aus, dass bei der Klägerin als gesundheitliche Beeinträchtigung, die Auswirkungen auf ihre Ernährungsweise hat, eine Allergie gegen Paraben besteht. Es handelt sich nach den Feststellungen des SG insoweit um eine Allergie gegen para-Hydroxybenzoesäure (kurz PHB-Ester; auch Parahydroxybenzoat), die insbesondere in Kosmetika und bestimmten Lebensmitteln häufig als Konservierungsmittel eingesetzt werden. Zutreffend hat das SG schließlich unter Bezugnahme auf die Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke (vom 29.1.1998 , zuletzt geändert mit Verordnung vom 11.6.2009 ) dargelegt, dass die entsprechenden Konservierungsstoffe (also die Verbindungen, die Parahydroxybenzoat enthalten) bei ihrer Verwendung in der Lebensmittelverarbeitung eine Kennzeichnungspflicht auslösen.

24

Die dargestellten Ausgangsannahmen konnte das SG allesamt als allgemeinkundige Tatsachen bei seiner Entscheidung zugrunde legen. Allgemeinkundige Tatsachen sind solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen unschwer überzeugen können oder auch solche, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (vgl BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - ZfS 2002, 237). Die Klassifizierung von Parahydroxybenzoat als Konservierungsmittel, das in den Zusatzstoffen E 214 bis E 219 nach der Anlage Liste B Teil I zur Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke enthalten ist, ist eine solche allgemeinkundige Tatsache. Entsprechende Informationen sind etwa über die Internetpräsenz des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz allgemein verfügbar (http://www.aktionsplan-allergien.de; Suchbegriff "Parabene"). Über besondere Sachkunde musste das Gericht insoweit nicht verfügen.

25

Die auf Grundlage dieser Ausgangsannahmen getroffene abschließende Würdigung des SG, die Klägerin könne durch aufmerksames und lediglich zeitaufwändiges, aber nicht kostenintensives Verbraucherverhalten das Allergen gut vermeiden, sodass die erforderliche Ernährungsweise sich nicht als kostenaufwändig darstelle, ist dagegen weder eine allgemeinkundige Tatsache im dargestellte Sinne noch wird aus dem Urteil sonst erkennbar, worauf das SG diese Schlussfolgerung stützt. Die Annahme, auch bei strikter Vermeidung von Lebensmitteln, die Parahydroxybenzoat enthielten, würden keine weitergehenden Kosten im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung entstehen, kann nicht als allgemeines Erfahrungswissen des Gerichts unterstellt werden. Es ist durchaus denkbar, dass eine so große Anzahl von Lebensmitteln vermieden bzw ersetzt werden muss, dass dies nicht kostenneutral erfolgen kann. Auch aus der ärztlichen Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Beklagten wird nicht erkennbar, auf welchen ernährungswissenschaftlichen Erfahrungen und Grundannahmen sie beruht. Dies gilt schließlich auch für die vom LSG ergänzend in Bezug genommene telefonische Auskunft eines Dr. T Ohnehin kann nach der älteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine sachkundige Einschätzung zum streitigen Sachverhalt im sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig nur durch Begutachtung durch einen Sachverständigen (§ 106 Abs 3 Nr 5 SGG) oder seine Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung bzw - in eng begrenzten, geeigneten Fällen - im Wege der Vernehmung durch den Kammervorsitzenden erfolgen (vgl § 106 Abs 3 Nr 4 SGG; dazu bereits BSGE 2, 197, 199). Ob daneben die Verwertung einer telefonisch von einem Arzt eingeholten Auskunft iS des § 106 Abs 3 Nr 3 SGG in jedem Fall ausscheidet(so ausdrücklich BSG, aaO und im Anschluss Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 106 RdNr 11), kann offen bleiben. Entscheidend ist vorliegend auch insoweit, dass unklar geblieben ist, über welche Sachkunde Dr. T verfügte und auf welche medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Grundlagen er seine Aussagen stützt.

26

Das LSG wird nach Zurückverweisung des Rechtsstreits eine gutachterliche Stellungnahme (ggf nach Aktenlage) einholen müssen, wobei der Sachverständige in erster Linie über besondere Kenntnisse auf ernährungswissenschaftlichem Gebiet verfügen sollte. Erst wenn geklärt ist, wie konsequent die Klägerin die fraglichen Konservierungsstoffe vermeiden muss, um gesundheitliche Beeinträchtigungen auszuschließen, wie häufig die fraglichen, von der Klägerin ggf strikt zu vermeidenden Konservierungsmittel eingesetzt werden, welche Möglichkeiten bestehen, auf andere Lebensmittel auszuweichen bzw auf welche Lebensmittel bei einer ausgewogenen Ernährung verzichtet werden kann, kann entschieden werden, ob und ggf welche Mehrkosten für eine solche Ernährungsweise entstehen.

27

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

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1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

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2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

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a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

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Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

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b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

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aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

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Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

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Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

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Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

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bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

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Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

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cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

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dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

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3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

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c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

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Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

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In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

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4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

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Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.