Bundessozialgericht Beschluss, 27. Aug. 2018 - B 9 SB 24/18 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:270818BB9SB2418B0
27.08.2018

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. Januar 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt die am 23.10.2008 geborene Klägerin die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B (ständige Begleitung). Diesen Anspruch hat das LSG mit Urteil vom 30.1.2018 verneint, weil nach Teil D Nr 2a der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs B vorliegen, bei einem behinderten Kleinkind dieselben Kriterien wie bei einem Erwachsenen zugrunde zu legen seien. Die Klägerin leide an einem instabilen, insulinpflichtigen Diabetes Mellitus Typ I, ohne dass es bisher zu signifikanten Hypoglykämien (Unterzuckerungen) gekommen sei. Trotz Insulinpumpentherapie sei der Zuckerstoffwechsel extrem instabil geblieben, die Einstellung der Stoffwechsellage sei nicht zufriedenstellend. Die Klägerin sei nicht zuverlässig in der Lage, den Stoffwechsel während der Schulzeit alleine zu führen, auch nicht mit allen verordneten Hilfsmitteln. Allerdings komme es nicht auf die altersbedingt eingeschränkte Fähigkeit des Kindes an, Stoffwechselentgleisungen zu erkennen und zu behandeln; die Voraussetzungen des Merkzeichens B seien unabhängig vom Alter zu bewerten. Deshalb lägen die Voraussetzungen für das Merkzeichen B bei der Klägerin nicht vor, weil ein Erwachsener mit entsprechenden Einschränkungen keinen Anspruch auf das Merkzeichen habe.

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und macht den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl zum Ganzen: BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

5

Die Klägerin hält folgende Frage für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung:

        

"Verstößt die Beurteilung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Erteilung des Merkzeichens B für Kinder nach denselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen gegen die Vorschriften der §§ 2 Abs. 1 und 229 Abs. 2 SGB IX, in der Fassung ab dem 01.01.2018 (vormals § 146 Abs. 2 SGB IX)?"

6

Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der oben dargestellten Frage um eine Rechtsfrage handelt, zeigt die Beschwerdebegründung bereits deren Klärungsbedarf nicht auf. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das BSG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Rechtsfrage ergeben (vgl BSG Beschluss vom 29.5.2018 - B 8 SO 5/18 B - Juris RdNr 9 mwN). Deshalb muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem geltend gemachten Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (stRspr, zB BSG Beschluss vom 14.9.2017 - B 5 R 258/17 B - Juris RdNr 10).

7

Dies ist hier nicht in gebotenem Maße geschehen. Anlass hierzu hätte aber schon deshalb bestanden, weil das LSG in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich auf das Senatsurteil vom 12.2.1997 (9 RVs 1/95 - BSGE 80, 97 = SozR 3-3870 § 4 Nr 18) Bezug genommen hat. Dort hat der Senat unter anderem entschieden, dass die Zuerkennung des Merkzeichens B nicht von der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres abhängt, weil Maßstab für dieses Merkzeichen ausnahmsweise nicht der Vergleich mit gleichaltrigen, nicht behinderten Kindern ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die festgestellten Gesundheitsstörungen bei Erwachsenen die Zuerkennung der genannten Nachteilsausgleiche rechtfertigen würden (vgl BSG, aaO, BSGE 80, 97, 99 f = SozR 3-3870 § 4 Nr 18 S 72 f). Insoweit führt die Beschwerdebegründung jedoch lediglich aus, dass das BSG in der genannten Entscheidung über die Zuerkennung des Merkzeichens RF entschieden habe, ohne auf die Ausführungen des BSG in dieser Entscheidung auf die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B einzugehen. Damit fehlt es bereits an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG unter Darstellung der Frage, ob sich aus der genannten Entscheidung nicht bereits eine Antwort der von der Beschwerde genannten Frage ergibt. Darüber hinaus fehlt es aber auch an der Darstellung des Bedeutungsgehalts der in Frage stehenden Regelung in Teil D Nr 2a der Anlage zur VersMedV und der Erörterung der Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung, wie sie sich unter anderem auch aus der Entscheidung des BSG vom 12.2.1997 (aaO) ergibt. Die bloße Behauptung in der Beschwerdebegründung, dass das LSG ohne vorliegende Belege angenommen habe, dass die Voraussetzung für das Merkzeichen B auch im Falle eines Erwachsenen nicht vorgelegen hätte, genügt insoweit nicht. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht unter Kritik an der Beweiswürdigung auf § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussichten begründen (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2012 - B 14 AS 251/11 B - SozR 4-1750 § 78b Nr 1 RdNr 5 f mwN).

8

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

9

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

10

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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bei uns veröffentlicht am 29.03.2012

Tenor Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2011 ein

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2011 einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers, ihm für dieses Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das vorgenannte Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2011 hat der Kläger durch seinen früheren Prozessbevollmächtigten form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt hatte, dass er den Kläger nicht mehr vertrete, hat der Kläger während der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Notanwalts beantragt, weil er keinen Rechtsanwalt gefunden habe, der bereit sei ihn zu vertreten, und mehrere Anfragen seinerseits und Absagen von Rechtsanwälten vorgelegt.

2

1. Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des LSG einen Notanwalt beizuordnen, ist abzulehnen.

3

Nach § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 78b Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) hat das Prozessgericht, insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

4

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2011 erscheint aussichtslos.

5

Wie sich aus dem Verb "erscheinen" ergibt, ist keine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussichten erforderlich, sondern eine summarische Prüfung ähnlich wie im Verfahren der PKH (§ 73a SGG, § 114 ZPO). Im Unterschied zur PKH ist der Entscheidungsmaßstab aber nicht eine hinreichende Erfolgsaussicht, sondern "Aussichtslosigkeit" als solche. Aussichtslosigkeit besteht, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Beiordnung eines Notanwalts soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von vornherein aussichtslosen Sachen bewahren (Bundessozialgericht vom 3.1.2005 - B 9a/9 SB 39/04 B - RdNr 5; Bundesgerichtshof vom 29.9.2011 - V ZA 14/11 - RdNr 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 70. Aufl 2012, § 78b RdNr 5; von Mettenheim in Münchener Kommentar zur ZPO, Bd 1, 3. Aufl 2008, § 78b RdNr 5; Weth in Musielak, ZPO, 8. Aufl 2011, § 78b RdNr 6; Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 78b RdNr 3).

6

Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a SGG gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des LSG liegt eine solche Aussichtslosigkeit vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen der in § 160 Abs 2 SGG enumerativ aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - offenbar nicht vorliegen. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussichten begründen.

7

Der Kläger selbst hat seinen Antrag und seine Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet. Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist auch nach summarischer Prüfung des Streitstoffes offenbar nicht gegeben. Das LSG hat seine Ablehnung der vom Kläger begehrten höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung auf medizinische Gründe gestützt und dabei das im Gerichtsverfahren eingeholte medizinische Gutachten und die Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte zugrunde gelegt. Weder erscheint die Rechtssache aufgrund der zu § 21 Abs 5 SGB II ergangenen Rechtsprechung(vgl nur BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) von grundsätzlicher Bedeutung noch enthält die Entscheidung des LSG eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Ebenso wenig ist ein Verfahrensmangel zu erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte.

8

2. Der Antrag des Klägers, ihm für dieses Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde PKH zu bewilligen, ist abzulehnen.

9

Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier aus den oben aufgezeigten Gründen nicht erfüllt, zumal schon die Beiordnung eines Notanwalts abzulehnen ist (vgl zum Verhältnis von § 114 und § 78b ZPO nur BGH vom 6.7.1988 - IVb ZB 147/87 - FamRZ 1988, 1152).

10

Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO).

11

3. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im oben genannten Urteil des LSG ist als unzulässig zu verwerfen.

12

Die Beschwerde ist zwar durch den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers form- und fristgerecht eingelegt worden, wurde aber bisher nicht begründet. Nach § 160a Abs 2 Satz 1, 2 SGG hätte die Beschwerde innerhalb der bis zum 17.2.2012 verlängerten Frist durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten begründet werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, muss das Rechtsmittel als unzulässig verworfen werden (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

13

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.