Bundessozialgericht Urteil, 08. Dez. 2016 - B 11 AL 5/15 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2016:081216UB11AL515R0
bei uns veröffentlicht am08.12.2016

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2015 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24. Oktober 2012 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung.

2

Der 1955 geborene Kläger war vom 1.6.1977 bis zum 30.9.2011 als Elektroinstallateur bei den amerikanischen Streitkräften zuletzt am Standort M beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden der Tarifvertrag für Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II), der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungseinheiten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVSozSich) sowie der Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) Anwendung.

3

Die US-Army beschloss die Umstrukturierung ihrer Streitkräfte in Deutschland. In einem sog Stufenkonzept war eine Verringerung der Beschäftigten um 1302 Mitarbeiter vorgesehen, was ua durch die Schließung der Standorte M, Heidelberg und Schwetzingen erreicht werden sollte. Am Standort M sind infolgedessen im Jahr 2011 alle 369 Arbeitsplätze weggefallen.

4

Die Arbeitgeberin kündigte auch das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 23.2.2011 ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zum 30.9.2011. Durch die Aufgabe des Standorts M sei der Arbeitsplatz des Klägers entfallen. Unter Bezugnahme auf § 1a KSchG ergebe sich für den Kläger bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung in Höhe von 17 Monatsgehältern, was 46 072 Euro entspreche. Der Kläger erhob keine Kündigungsschutzklage. Die Abfindung von 46 072 Euro wurde ausgezahlt.

5

Am 4.10.2011 meldete sich der Kläger zum 1.10.2011 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm Alg ab 1.10.2011 für 540 Tage, allerdings komme der Zahlbetrag des Alg für die Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 wegen des Bezugs einer Entlassungsentschädigung nicht zur Auszahlung (Bescheid vom 28.10.2011). Mit gesondertem Bescheid vom 28.10.2011 stellte die Beklagte das Ruhen des Alg wegen des Bezugs einer Entlassungsentschädigung für den fraglichen Zeitraum fest. Der Kläger erhob Widerspruch und vertrat die Auffassung, der Anspruch auf Alg ruhe nicht, weil er eine Abfindung nach Maßgabe des § 1a KSchG erhalten habe. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 7.12.2011).

6

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 Alg zu zahlen (Urteil vom 24.10.2012). Die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigungsfrist (§ 44 TV AL II) habe hier sieben Monate zum Monatsende betragen. Diese Frist sei bei der Kündigung eingehalten worden. Die fiktive Kündigungsfrist nach § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF finde demgegenüber keine Anwendung. Es sei schon zweifelhaft, ob die Zahlung einer Abfindung nach § 1a KSchG das Alg zum Ruhen bringe. Dies könne aber vorliegend dahinstehen, denn die fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr finde keine Anwendung, weil der Arbeitgeber zur fristgebundenen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist wegen Standortschließung berechtigt gewesen sei.

7

Die Beklagte hat Berufung zum LSG eingelegt. Das LSG hat das Urteil des SG Speyer vom 24.10.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.7.2015). Zwar habe nach dem TV AL II eine tarifliche ordentliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende bestanden. Diese Frist sei jedoch nicht maßgeblich, weil aus § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr folge. Eine kürzere Kündigungsfrist gelte nicht deshalb, weil der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist zu beenden. Auch sei eine Abfindung nach § 1a KSchG nicht in der Weise privilegiert, dass sie den Anspruch auf Alg nicht zum Ruhen bringe.

8

Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. § 143a SGB III aF sei auf eine nach Maßgabe des § 1a KSchG gezahlte Entlassungsentschädigung nicht anwendbar. Vielmehr wolle die Regelung Kündigungen privilegieren, die wegen Einhaltung der Vorgaben des § 1a KSchG nicht zu einer rechtlichen Überprüfung gelangten. Der Gesetzgeber habe damit einen Weg schaffen wollen, Zweifelsfragen zu beseitigen. Der Arbeitgeber habe die der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Frist eingehalten.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2015 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24. Oktober 2012 zurückzuweisen.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

11

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und schließt sich diesem inhaltlich an.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist zulässig und in der Sache begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Die angefochtenen Bescheide vom 28.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.12.2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Beklagte die Zahlung von Alg für die Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 abgelehnt hat.

13

Gegenstand der Revision ist das Urteil des LSG vom 23.7.2015, mit dem das zusprechende Urteil des SG Speyer vom 24.10.2012 aufgehoben und die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) abgewiesen worden ist. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Entscheidung des SG wiederherzustellen, weil sich diese im Ergebnis als zutreffend erweist.

14

1. Der Kläger hatte ab 1.10.2011 Anspruch auf Alg dem Grunde nach.

15

Nach § 118 Abs 1 SGB III aF(in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) setzt ein Anspruch auf Alg voraus, dass ein Arbeitnehmer arbeitslos ist (Nr 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (Nr 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr 3). Nach § 119 Abs 1 SGB III aF (in der Fassung desselben Gesetzes) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht(Beschäftigungslosigkeit - Nr 1), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen - Nr 2) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit - Nr 3).

16

Der Kläger hatte ab 1.10.2011 Anspruch auf Alg dem Grunde nach. Er war nach den Feststellungen des LSG ab 1.10.2011 arbeitslos. Zweifel an der Bereitschaft, seine Arbeitslosigkeit zu beenden, und seiner Verfügbarkeit im streitigen Zeitraum bestehen nicht. Er hatte sich am 4.10.2011 persönlich arbeitslos gemeldet. Diese Arbeitslosmeldung wirkt auf den 1.10.2011 zurück (§ 122 Abs 3 SGB III aF). Zwar hat sich der Kläger erst nach dem Tag des Beginns der Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit persönlich arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosmeldung am 4.10.2011 (Dienstag) wirkt aber gemäß § 122 Abs 3 SGB III aF auf den 1.10.2011 zurück, weil sich der Kläger am ersten Tag der Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit arbeitslos gemeldet hat. Der 4.10.2011 war der erste Tag der Dienstbereitschaft nach dem Wochenende vom 1. und 2.10.2011 und dem gesetzlichen Feiertag am 3.10.2011 (Montag). Der Kläger erfüllt zum 1.10.2011 auch die Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III aF).

17

2. Der Zahlungsanspruch des Klägers auf Alg hat nicht vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 wegen Bezugs einer Entlassungsentschädigung geruht.

18

Nach § 143a Abs 1 S 1 und 2 SGB III in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ruht der Anspruch des Arbeitslosen auf Alg, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) zu erhalten oder zu beanspruchen hat und dessen Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem dieses bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Die Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist das Arbeitsverhältnis ordentlich nur gegen Zahlung einer Abfindung kündbar, ist gemäß § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr zu beachten.

19

a) Die vom Kläger bezogene "Abfindung" nach § 1a KSchG (aa) ist keine Entlassungsentschädigung iS des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF (bb).

20

aa) Der Kläger hat eine Zahlung iS des § 1a KSchG erhalten. Gemäß § 1a KSchG hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs 2 S 1 KSchG kündigt und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 S 1 KSchG keine Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Nach § 1a Abs 1 S 2 KSchG ist Voraussetzung für den Anspruch, dass der Arbeitgeber die Kündigungserklärung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt und den Arbeitnehmer darauf hingewiesen hat, dass er bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Nach § 1a Abs 2 KSchG beträgt die Höhe der Abfindung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.

21

Es handelt sich um eine Zahlung nach § 1a KSchG, denn der Arbeitgeber hat sich in dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auslösenden Kündigungsschreiben vom 23.2.2011 auf dringende betriebliche Erfordernisse berufen und den Arbeitnehmer für den Fall des Verstreichenlassens der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage auf den Abfindungsanspruch in der näher konkretisierten Höhe hingewiesen. Die Zahlung hält sich auch in Bezug auf ihre Höhe in den durch § 1a Abs 2 KSchG gesetzten Grenzen.

22

Die nach § 1a KSchG erhaltene Zahlung in Höhe von 46 072 Euro ist auch für die Beurteilung maßgeblich, ob der Kläger eine Entlassungsentschädigung erhalten hat. Nur für diese Zahlung ist zu prüfen, ob es sich um eine Entlassungsentschädigung iS der Legaldefinition des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF handelt. Dagegen kommt es auf die dem Kläger nach Tarifvertrag zustehende (deutlich geringere) Abfindung nicht an, weil die nach § 1a KSchG geleistete Zahlung den Anspruch auf die tarifliche Abfindung verdrängt. Diese ist auch nicht in der Abfindung nach § 1a KSchG versteckt oder kann neben dieser beansprucht werden(BAG Urteil vom 16.12.2010 - 6 AZR 423/09 - DB 2011, 766 - Juris RdNr 12, 17 f). Die nach Tarifvertrag zustehende Abfindung kann mithin das Ruhen des Alg nach § 143a Abs 1 S 1 SGB III nicht auslösen.

23

bb) Die bezogene Leistung ist aber keine Entlassungsentschädigung iS des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF.

24

Zwar spricht für eine Einordnung der Leistung nach § 1a KSchG als Entlassungsentschädigung iS der Vorschrift zunächst, dass die Leistung im KSchG selbst als "Abfindungsanspruch" bezeichnet wird (so zB Küttner/Eisemann, Personalbuch, 23. Aufl 2016, Abfindung RdNr 3). Auch kann ein Zusammenhang allgemeiner Art zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung der Abfindung aufgrund der Systematik des § 1a KSchG nicht in Abrede gestellt werden(vgl auch Schweiger, NZS 2013, 767, 772).

25

Gegen eine Berücksichtigung der Abfindung nach § 1a KSchG als Entlassungsentschädigung spricht aber, dass es an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Entstehung des Abfindungsanspruchs fehlt. Nach seinem Sinn und Zweck löst § 143a SGB III aF nicht aufgrund jeder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbrachten Leistung das Ruhen des Zahlungsanspruchs auf Alg aus. Der Anspruch ruht nur, wenn entweder das Arbeitsverhältnis vorzeitig, dh ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, beendet wird oder im Falle eines qualifizierten Kündigungsschutzes die fiktiven Fristen nach Abs 1 S 3 und 4 nicht eingehalten werden. Der Anspruch auf Alg ruht allerdings nicht, wenn es an dem gesetzlich vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung fehlt.

26

Für die Abfindung nach § 1a KSchG kann dieser Kausalzusammenhang schon deshalb ausgeschlossen werden, weil der Abfindungsanspruch erst entsteht, nachdem die Arbeitgeberkündigung aufgrund der gesetzlichen Fiktion der §§ 7, 4 S 1 KSchG als rechtswirksam gilt und zudem die ordentliche Kündigungsfrist abgelaufen ist(BAG Urteil vom 10.5.2007 - 2 AZR 45/06 - NJW 2007, 3086 = BAGE 122, 257). Zu diesem Zeitpunkt und in dieser rechtlichen Situation hat der Arbeitgeber keinen Grund mehr, dem (wirksam gekündigten) Arbeitnehmer Arbeitsentgelt (nach) zu zahlen. Die Zahlung nach § 1a KSchG verfolgt schließlich nicht den Zweck, noch bestehende oder streitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abzugelten oder die Zahlung von Arbeitsentgelt zu verschleiern, sondern enthält generell kein Arbeitsentgelt(zum Fehlen des Ursachenzusammenhangs: Voelzke, SGb 2007, 713, 716 f; Peters-Lange/Gagel, NZA 2005, 740, 742; zur Anwendung fiktiver Kündigungsfristen auch Lüdtke in LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 157 RdNr 9; aA LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31.7.2013 - L 1 AL 65/12 - Juris; Schweiger, NZS 2013, 767, 772; Mutschler in KKW, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 158 SGB III RdNr 11; Siefert in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 158 RdNr 21).

27

Zudem ist die Regelung des § 1a KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) zum 1.1.2004 mit dem Ziel in das KSchG eingefügt worden, eine einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess zu schaffen. Sie dient vorrangig der Entlastung der Arbeitsgerichtsbarkeit, indem gegen Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Leistung erbracht wird, wie sie im arbeitsgerichtlichen Verfahren sonst üblicherweise vereinbart oder erstritten wird (Voelzke, SGb 2007, 713, 716 f). Mit Einfügung der Vorschrift in das KSchG war die Erwartung verbunden, dass arbeitsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten teilweise vermieden werden könnten. Die Regelung soll also Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Kündigung vermeiden. Die Gerichte sollen sich mit der Klärung dieser Frage nicht beschäftigen müssen (vgl BT-Drucks 15/1204, 12). Insofern wäre es widersprüchlich, den vor den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit vermiedenen Rechtsstreit im Rahmen der Prüfung des § 143a SGB III aF vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nachzuholen.

28

Da die Zahlung nach § 1a KSchG keine Entlassungsentschädigung iS des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF ist, bringt sie den Zahlungsanspruch auf Alg nicht in der Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 zum Ruhen.

29

b) Dieses Ergebnis lässt sich ergänzend mit der Erwägung stützen, dass das BSG wiederholt entschieden hat, dass § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF(damals noch § 117 Abs 2 S 3 Nr 2 AFG) einschränkend auszulegen ist (vgl zB BSG Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 62/99 R - BSGE 87, 250, 260 = SozR 3-4100 § 117 Nr 22 S 161 f mit Anm Kreßel, SGb 2002, 392; Lüdtke in LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 158 RdNr 13).

30

Die einschränkende Auslegung dieser Regelung ist zutreffend damit begründet worden, dass sie innerhalb des Systems des § 143a SGB III aF eine Ausnahme darstellt. Außerhalb des Anwendungsbereichs von Abs 1 S 4 findet bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers eine Anrechnung der Entlassungsentschädigung nicht statt. Selbst für Fälle, in denen nur eine außerordentliche Kündigung möglich ist, gibt es Regelungen, die eine Abfindung von der Anrechnung freistellen, wenn die fiktive ordentliche Kündigungsfrist (sog soziale Auslauffrist) eingehalten worden ist. Abs 1 S 4 soll deshalb keine Anwendung finden, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen ist, den Arbeitnehmer außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zu kündigen, weil sonst ein "Wertungswiderspruch" zwischen den Regelungen des Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2 und des Abs 1 S 4 entstehen könnte (BSG Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 62/99 R - BSGE 87, 250, 260 = SozR 3-4100 § 117 Nr 22 S 161 f).

31

Zwar stellt die Rechtsprechung des BAG an eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist strenge Anforderungen (BAG Urteil vom 29.3.2007 - 8 AZR 538/06 - AP Nr 4 zu § 613a BGB Widerspruch; BAG Urteil vom 18.3.2010 - 2 AZR 337/08 - NZA-RR 2011, 18). Der Arbeitgeber muss alle denkbaren Lösungsversuche erfolglos unternommen haben, dass er ausnahmsweise eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist auszusprechen berechtigt ist (BAG Urteil vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 mwN; BAG Urteil vom 18.3.2010 - 2 AZR 337/08 - NZA-RR 2011, 18). Andererseits sind Betriebsstilllegungen typische Situationen, in denen die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist in Betracht kommt (BAG aaO; Schmitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 158 RdNr 30; Mutschler in KKW, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 158 SGB III RdNr 18).

32

Die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist haben hier zwar nicht vorgelegen, wie das LSG - entgegen dem SG - festgestellt hat (zur eingeschränkten Überprüfbarkeit dieser Feststellung: BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17 jeweils RdNr 26). Andererseits sind Betriebsstilllegungen typische Fälle, die zu einer außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB)mit sozialer Auslauffrist berechtigen. Es liegt auch hier ein Wertungswiderspruch vor, wenn im Falle der außerordentlichen Kündigung wegen Betriebsschließung bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist die Entlassungsentschädigung von der Anrechnung auf das Alg freigestellt wird (Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2), während die mit geringerem arbeitsrechtlichem Schutz versehene ordentliche Kündigung unter Einhaltung der wiedereröffneten Kündigungsfrist, aber ohne Einhaltung der Jahresfrist, nach Abs 1 S 4 zur Anrechnung der Abfindung führen würde.

33

Der Entscheidung des Senats vom 2.5.2012 (B 11 AL 6/11 R - BSGE 111, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 23) kann nichts anderes entnommen werden. Dort wird zutreffend darauf hingewiesen, dass im Rahmen eines Rechtsstreits wegen Zahlung von Alg neben dem Ruhen nach Eintritt einer Sperrzeit auch das Ruhen des Alg nach Maßgabe des § 143a SGB III aF zu prüfen ist(aaO RdNr 34 f). Ein Ruhen nach dieser Vorschrift ist dort aber schon deshalb verneint worden, weil ein Fall des § 143a Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2 SGB III aF vorgelegen hatte. Ein Ruhen nach Abs 1 S 4 der Vorschrift hatte der Senat folglich nicht zu prüfen und musste auch über die Anwendbarkeit der Norm nicht entscheiden.

34

3. Die Kostentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Mit dem Urteil des SG ist auch dessen Kostenentscheidung wiederhergestellt worden, sodass der Senat nur über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu entscheiden hat.

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(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Die besonderen Leistungen umfassen

1.
das Übergangsgeld,
2.
das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann,
3.
die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Ausbildungsgeld während

1.
einer Berufsausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme einschließlich einer Grundausbildung,
2.
einer individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches und
3.
einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches,
wenn Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann.

(2) Für das Ausbildungsgeld gelten die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

Bei einer Berufsausbildung und bei einer individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung wird folgender Bedarf zugrunde gelegt:

1.
bei Unterbringung im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils der jeweils geltende Bedarf nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zuzüglich des jeweils geltenden Bedarfs für die Unterkunft nach § 13 Absatz 2 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes,
2.
bei Unterbringung in einem Wohnheim, einem Internat oder einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen 126 Euro monatlich, wenn die Kosten für Unterbringung und Verpflegung von der Agentur für Arbeit oder einem anderen Leistungsträger übernommen werden,
3.
bei anderweitiger Unterbringung der jeweils geltende Bedarf nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zuzüglich des jeweils geltenden Bedarfs für die Unterkunft nach § 13 Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes; § 128 ist mit Ausnahme der Erstattung behinderungsbedingter Mehraufwendungen nicht anzuwenden.
Bei einer Berufsausbildung ist in den Fällen der Nummern 1 und 3 mindestens ein Betrag zugrunde zu legen, der der Ausbildungsvergütung nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes nach Abzug der Steuern und einer Sozialversicherungspauschale nach § 153 Absatz 1 entspricht. Übersteigt in den Fällen der Nummer 2 die Ausbildungsvergütung nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes nach Abzug der Steuern und einer Sozialversicherungspauschale nach § 153 Absatz 1 den Bedarf zuzüglich der Beträge nach § 2 Absatz 1 und 3 Nummer 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung, so wird die Differenz als Ausgleichsbetrag gezahlt.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2009 - 13 Sa 1473/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger eine Abfindung nach dem Tarifvertrag vom 2. Juli 1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) in rechnerisch unstreitiger Höhe von 5.228,84 Euro brutto zusteht.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit Mai 1973 bei den US-Stationierungsstreitkräften in G gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 2.614,42 Euro beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung ua. die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 16. Dezember 1966 (TV AL II), des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV Soziale Sicherung) und des SchutzTV Anwendung.

3

Das Department of the Army, US Army Installation Management Command Headquarters, United States Army Garrison, G (Department of the Army), kündigte mit einem Schreiben vom 28. März 2007 das Arbeitsverhältnis ordentlich wegen Schließung der Beschäftigungsdienststelle und Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers aus dringenden betriebsbedingten Gründen zum 31. Oktober 2007. Der Kläger wurde in dem Kündigungsschreiben unter der Überschrift „Abfindungsanspruch wegen betriebsbedingter Kündigung gemäß § 1a KSchG“ darauf hingewiesen, dass er bei Verstreichenlassen der dreiwöchigen Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann, die Höhe der Abfindung mindestens 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses beträgt und Zeiträume von mehr als sechs Monaten in diesem Zusammenhang auf ein Jahr aufgerundet werden. Zur Höhe der Abfindung nach § 1a KSchG und zur Abfindung gemäß § 7 SchutzTV heißt es in dem Kündigungsschreiben ferner:

        

„Nach unserer obigen Berechnung ergibt sich daher bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage ein Abfindungsanspruch für Sie in Höhe von € 43.702,41.

        

Zum Vergleich: Der tarifliche Anspruch auf Abfindung gemäß § 7 SchutzTV beträgt 2 Monatsverdienste.

        

Mit der Zahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von € 43.702,41 sind sämtliche wechselseitigen finanziellen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, einschließlich des Anspruches auf eine Abfindungszahlung gemäß § 7 SchutzTV, erledigt.

        

...“   

4

Der SchutzTV regelt ua.:

        

„§ 2   

        

Sachlicher Geltungsbereich

        

1.    

Anspruch auf Leistungen nach §§ 4 bis 7 dieses Tarifvertrages haben Arbeitnehmer, wenn sie infolge einer organisatorischen Maßnahme (Ziffer 2) auf Veranlassung der Stationierungsstreitkräfte ihren bisherigen Arbeitsplatz verlieren (auch durch Verdrängung infolge von Sozialauswahl) oder wenn sich aus diesen Gründen die Wertigkeit ihres Arbeitsplatzes mindert.

        

2.    

Organisatorische Maßnahmen im Sinne dieses Tarifvertrages sind

                 

...     

                 

e)    

Maßnahmen, die die Voraussetzungen des § 2 Ziffer 1 des Tarifvertrages vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Soziale Sicherung) erfüllen.

                 

...     

        
        

§ 7     

        

Abfindungszahlung

        

...     

        

2.    

Wird das Beschäftigungsverhältnis aus den in § 2 Ziffer 1 TV Soziale Sicherung genannten Gründen (§ 2 Ziffer 2e) durch Kündigung seitens des Arbeitgebers oder durch schriftlichen Aufhebungsvertrag beendet, so erhalten Arbeitnehmer, die am Tage der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

                 

-       

das 40. Lebensjahr vollendet haben,

                 

-       

eine anrechenbare Beschäftigungszeit von mindestens 10 Jahren erreicht haben,

                 

-       

seit mindestens einem Jahr vollbeschäftigt im Sinne des § 2 Ziffer 2a TV Soziale Sicherung sind und denen

                 

-       

keine anderweitige zumutbare Verwendung im Sinne des § 2 Ziffer 3 TV Soziale Sicherung angeboten worden ist,

                 

abweichend von vorstehender Ziffer 1 eine einmalige Abfindung in Höhe von drei Monatsbeträgen
– Beschäftigte bei den US-Stationierungsstreitkräften in Höhe von zwei Monatsbeträgen – ihres letzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes [§ 17 TV AL II/TV AL II (Frz)].

        

...     

        

7.    

Auf die Abfindungszahlung besteht kein Anspruch, wenn dem Arbeitnehmer durch Urteil oder Vergleich eine Abfindung wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugesprochen worden ist.

        

…“    

        
5

           

§ 2 TV Soziale Sicherung bestimmt ua.:

        

„§ 2   

        
        

Anspruchsvoraussetzungen

        
        

Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag haben Arbeitnehmer, die

        
        

1.    

wegen Personaleinschränkung

        
                 

a)    

infolge einer Verringerung der Truppenstärke

        
                 

b)    

infolge einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung von Dienststellen oder Einheiten oder deren Verlegung außerhalb des Einzugsbereichs des bisherigen ständigen Beschäftigungsortes

        
                 

entlassen werden, wenn sie

        
        

…“    

                 
6

Der Kläger erhob keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28. März 2007 nicht aufgelöst ist. Er erhielt mit der Vergütung für Oktober 2007 eine Abfindung iHv. 44.445,35 Euro brutto. Dieser Abfindungsbetrag entspricht dem im Kündigungsschreiben genannten zuzüglich einer 1,7%igen Tariferhöhung. Mit einem Schreiben vom 31. Januar 2008 verlangte der Kläger ohne Erfolg die Zahlung einer weiteren Abfindung iHv. zwei Bruttomonatsgehältern gemäß § 7 Ziff. 2 SchutzTV.

7

Der Kläger hat gemeint, die Abgeltungsklausel im Kündigungsschreiben stehe seinem Anspruch auf die tariflich vorgesehene Abfindung nicht entgegen. Es handele sich nicht um eine vertragliche, sondern eine unverbindliche einseitige Erklärung des Departments of the Army. Im Übrigen wäre ein Verzicht auf seinen tariflichen Abfindungsanspruch gemäß § 4 Abs. 4 TVG nicht wirksam. Da die Abfindungsangebote in den Kündigungsschreiben letztlich aufgrund von Verhandlungen mit den jeweiligen Betriebsvertretungen zustande gekommen seien, sozusagen als Ersatz für den nach dem Gesetz nicht durchsetzbaren Sozialplan, die ihm gezahlte Abfindung somit eine Sozialplanabfindung ersetzt habe, sei der Ausschlusstatbestand des § 7 Ziff. 7 SchutzTV nicht erfüllt. Diese Vorschrift erfasse keine Sozialplanabfindungen. Aus der Regelung in § 7 Ziff. 7 SchutzTV werde deutlich, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht jede anderweitige Abfindungsregelung den Verlust des tariflichen Abfindungsanspruchs bewirken solle. § 7 Ziff. 7 SchutzTV sei eng am Wortlaut auszulegen. Abfindungen aus einem gerichtlichen Urteil oder aus einem von den Parteien geschlossenen Vergleich hätten gemeinsam, dass sie nach gerichtlichen oder außergerichtlichen Verhandlungen festgelegt würden. Eine Abfindung nach § 1a KSchG lege der Arbeitgeber einseitig fest. Die Höhe der Abfindung müsse zwar den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, nicht jedoch den Umständen des Einzelfalls.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm eine weitere Abfindung gemäß § 7 SchutzTV iHv. von 5.228,84 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Oktober 2007 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, § 7 Ziff. 7 SchutzTV schlösse den Anspruch des Klägers auf eine weitere Abfindung aus. Ein Verständnis, Abfindungen nach § 1a KSchG würden im Gegensatz zu Abfindungen aus einem Urteil oder einem Vergleich von § 7 Ziff. 7 SchutzTV nicht erfasst, würde die Intention des Gesetzgebers, Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden, konterkarieren, weil dann erst ein Kündigungsschutzprozess geführt werden müsse, bevor § 7 Ziff. 7 SchutzTV zur Anwendung kommen könnte. Maßgebend sei, dass der in § 1a KSchG vorgesehene Abfindungsanspruch die wirtschaftlichen Nachteile des Arbeitsplatzverlustes ausgleichen solle und die in dieser Vorschrift geregelte Abfindung ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung entspreche.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen tariflichen Abfindungsanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht über die ihm gezahlte Abfindung iHv. 44.445,35 Euro brutto hinaus keine weitere Abfindung zu.

12

I. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 5.228,84 Euro brutto als weitere Abfindung folgt nicht aus § 2 Ziff. 1, § 7 Ziff. 2 SchutzTV iVm. § 2 Ziff. 1 TV Soziale Sicherung. Zwar besteht kein Streit darüber, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Departments of the Army vom 28. März 2007 aus den in § 2 Ziff. 1 TV Soziale Sicherung genannten Gründen zum 31. Oktober 2007 beendet worden ist. Unstreitig ist auch, dass die anderen in § 7 Ziff. 2 SchutzTV genannten Voraussetzungen für den Anspruch auf eine einmalige Abfindung iHv. zwei Monatsbeträgen des letzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes erfüllt sind. Die Parteien streiten nur darüber, ob der Ausschlusstatbestand in § 7 Ziff. 7 SchutzTV den Anspruch des Klägers auf die in § 7 Ziff. 2 SchutzTV vorgesehene Abfindung hindert. Dies ist entgegen der Ansicht des Klägers der Fall.

13

II. § 7 Ziff. 7 SchutzTV regelt, dass auf die Abfindungszahlung kein Anspruch besteht, wenn dem Arbeitnehmer durch Urteil oder Vergleich eine Abfindung wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugesprochen worden ist.

14

1. Die Vorschrift enthält damit ihrem Wortlaut nach keine Auffangregel, nach der alle Abfindungen, die dem Arbeitnehmer aus einem anderen Rechtsgrund zustehen, den Anspruch auf die tarifliche Abfindung ausschließen. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien des SchutzTV durch die Nennung konkreter Rechtsgrundlagen für die Abfindung die Ausschließungsgründe bestimmt und abschließend festgelegt, dass die tarifliche Abfindungszahlung nicht zusteht, wenn dem Arbeitnehmer durch Urteil oder Vergleich eine Abfindung wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugesprochen worden ist.

15

2. Der Wortlaut des § 7 Ziff. 7 SchutzTV würde aber nur dann zu der Annahme zwingen, dass die in § 7 Ziff. 2 SchutzTV vorgesehene Abfindung zusätzlich zu der nach § 1a KSchG zustehenden Abfindung zu zahlen ist, wenn die Tarifvertragsparteien des SchutzTV die Ausschließungsgründe für den Abfindungsanspruch in Kenntnis der in § 1a KSchG getroffenen Regelung festgelegt und bewusst von einer Aufnahme der in § 1a KSchG vorgesehenen Abfindung in den Katalog der Ausschließungsgründe abgesehen hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall. § 1a KSchG ist erst am 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung war für die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des SchutzTV am 2. Juli 1997 auch nicht absehbar.

16

3. Allerdings rechtfertigt die fehlende Kenntnis bzw. Absehbarkeit der in § 1a KSchG getroffenen Regelung bei Abschluss des SchutzTV allein noch nicht den Schluss, dass die Tarifvertragsparteien des SchutzTV vereinbart hätten, dass eine Abfindung nach § 1a KSchG den Anspruch auf die tarifliche Abfindung ausschließt, wenn diese Bestimmung bereits bei Abschluss des SchutzTV gegolten hätte. Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags hat daher außer Betracht zu bleiben, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt (Senat 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 - BAGE 91, 358) oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist (BAG 3. November 1998 - 3 AZR 432/97 - AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 41 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 31). In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben (BAG 27. April 2004 - 9 AZR 18/03 - BAGE 110, 208, 216). Auch haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren (vgl. Senat 23. November 2006 - 6 AZR 365/06 - Rn. 20, ZTR 2007, 365; 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 284; BAG 21. Juni 2000 - 4 AZR 931/98 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 276 = EzBAT BAT §§ 22, 23 A. Allgemein-Lückenausfüllung Nr. 1; 21. März 1991 - 2 AZR 323/84 (A) - BAGE 67, 342). Diese Möglichkeit scheidet erst aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. Senat 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - aaO; 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 - BAGE 91, 358, 367). Als Mittel der Lückenschließung kommen - wie bei Gesetzen - Analogie, Umkehrschluss und teleologische Reduktion in Betracht (Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 1040 mwN).

17

4. Daran gemessen gibt es hinreichend klare Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien des SchutzTV bei einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung nach § 1a KSchG den tariflichen Abfindungsanspruch ausgeschlossen hätten, wenn die in dieser Vorschrift getroffene Abfindungsregelung bereits bei Abschluss des SchutzTV gegolten hätte oder absehbar gewesen wäre. Für diesen mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien spricht, dass sich der Zweck und die Ausgestaltung der Abfindung, die einem Arbeitnehmer nach § 1a KSchG zusteht, in aller Regel nicht wesentlich von dem Zweck und der Ausgestaltung einer von den Arbeitsvertragsparteien in einem Vergleich vereinbarten Abfindung unterscheidet.

18

a) Nach der Legaldefinition in § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Kündigt ein Arbeitgeber im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ein Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen, ist der Arbeitnehmer, wenn er die Kündigung für unwirksam hält oder an deren Wirksamkeit jedenfalls zweifelt, in der Praxis regelmäßig nur dann bereit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung anzuerkennen, wenn ihm der Arbeitgeber im Wege eines Vergleichs für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung zusagt. Die Höhe der in einem Abfindungsvergleich zugesagten Abfindung wird häufig nach einer sog. „Faustformel“ unter Zugrundelegung des Monatsverdienstes des Arbeitnehmers und der Anzahl der Beschäftigungsjahre, gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer Umstände, wie zB Prozessrisiken, ermittelt (vgl. MüArbR/Berkowsky 3. Aufl. § 129 Rn. 17). Eine von den Arbeitsvertragsparteien in einem Abfindungsvergleich vereinbarte Abfindung bezweckt damit einerseits die Vermeidung des Risikos für den Arbeitgeber, dass sich die Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess als unwirksam erweisen könnte. Andererseits soll die Abfindung die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen oder jedenfalls abmildern (vgl. zu diesen Funktionen einer individualrechtlichen Abfindung BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - BAGE 115, 68, 74). Nach Erklärung einer Kündigung durch den Arbeitgeber sind Abfindungsvergleiche zur Vermeidung oder Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits zulässig. Dem Arbeitnehmer bleibt die freie Entscheidung, ob er sein Klagerecht (weiter)verfolgt oder für die Nichtwahrnehmung dieser Möglichkeit als Gegenleistung des Arbeitgebers eine Abfindung erhält (BAG 6. Dezember 2006 - 4 AZR 798/05 - Rn. 33, BAGE 120, 281).

19

b) Die in § 1a KSchG geregelte Abfindung entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung(BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - BAGE 115, 68, 74).

20

aa) Dafür ist zunächst der Normzweck maßgebend. Mit der Regelung in § 1a KSchG wollte der Gesetzgeber eine „einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess“ schaffen(vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Die formalisierten Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch und die gesetzlich festgelegte Höhe der Abfindung sollen es den Arbeitsvertragsparteien erleichtern, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach arbeitgeberseitiger betriebsbedingter Kündigung außergerichtlich kostengünstig zu klären. Mit der Einfügung des am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen § 1a in das Kündigungsschutzgesetz durch Art. 1 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) war die Erwartung verbunden, dass Arbeitgeber bereit sein würden, die gesetzlich vorgegebene Abfindungssumme zu zahlen, wenn sie Risiken und Kosten eines Kündigungsschutzprozesses in Betracht zögen, und Arbeitnehmer, die an ihrem Arbeitsverhältnis nicht zwingend festhalten wollen, die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses akzeptieren würden, wenn sie den im Gesetz vorgesehenen Abfindungsbetrag erhielten (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Damit verfolgen die in § 1a KSchG geregelte und die in einem Vergleich der Arbeitsvertragsparteien vereinbarte Abfindung denselben Zweck. Beide Abfindungen dienen der Vermeidung der für den Arbeitgeber mit einem Kündigungsrechtsstreit verbundenen Risiken und dem Ausgleich oder der Abmilderung der für den Arbeitnehmer mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen wirtschaftlichen Nachteile.

21

bb) Auch bezüglich der Ausgestaltung der in § 1a KSchG geregelten und der in einem Vergleich der Arbeitsvertragsparteien vereinbarten Abfindung bestehen keine Unterschiede solcher Art und von solchem Gewicht, dass sie der Annahme entgegenstehen, die Tarifvertragsparteien des SchutzTV hätten bei einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung nach § 1a KSchG den tariflichen Abfindungsanspruch ausgeschlossen, wenn die in dieser Vorschrift getroffene Abfindungsregelung bereits bei Abschluss des SchutzTV gegolten hätte oder absehbar gewesen wäre. Allerdings muss eine in einem Abfindungsvergleich vereinbarte Abfindung anders als die nach § 1a KSchG zustehende Abfindung nicht mindestens 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses betragen. Den Arbeitsvertragsparteien steht es frei, in einem Vergleich auch einen höheren oder niedrigeren Abfindungsbetrag zu vereinbaren. Dieser Unterschied hindert eine Gleichstellung beider Abfindungen in Bezug auf den Ausschluss des tariflichen Abfindungsanspruchs jedoch nicht. Denn § 7 Ziff. 7 SchutzTV knüpft den Ausschluss des tariflichen Abfindungsanspruchs nicht an eine bestimmte Mindesthöhe der in einem Vergleich vereinbarten Abfindung. § 1a KSchG schließt von dieser Vorschrift abweichende Abfindungsvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien im Zusammenhang mit einer betriebsbedingten Kündigung auch nicht aus. Der Arbeitgeber kann einen Hinweis nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG unterlassen und dem Arbeitnehmer stattdessen einen beliebigen, auch niedrigeren Betrag als Abfindung für den Fall anbieten, dass er keine Kündigungsschutzklage erhebt(BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 340/06 - Rn. 18 mwN, BAGE 123, 121). Wenn aber auch ein Abfindungsvergleich, der zB eine Abfindung iHv. 0,25 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vorsieht, nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des SchutzTV den tariflichen Abfindungsanspruch ausschließt, ist anzunehmen, dass dies erst recht bei einer höheren Abfindung wie der in § 1a KSchG geregelten Abfindung der Fall sein soll.

22

c) Für das Verständnis, dass die in § 1a KSchG geregelte Abfindung ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung entspricht, ist der Streit im Schrifttum über die Rechtsnatur des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG ohne Bedeutung (vgl. dazu die Nachweise im Urteil des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 340/06 - Rn. 24, BAGE 123, 121 und in KR/Spilger 9. Aufl. § 1a KSchG Rn. 34 ff.). Ob der Anspruch auf Abfindung nach § 1a KSchG durch zweiseitiges Rechtsgeschäft aufgrund eines vom Arbeitnehmer durch Verstreichenlassen der Klagefrist konkludent angenommenen Angebots des Arbeitgebers zustande kommt(vgl. v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1a Rn. 8) oder durch einseitiges Rechtsgeschäft aufgrund einer entsprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers, zu der das Verstreichenlassen der Klagefrist als rein tatsächlicher Umstand hinzutritt (vgl. ErfK/Oetker 10. Aufl. § 1a KSchG Rn. 8 und 13), begründet wird oder ob es sich um einen gesetzlichen Abfindungsanspruch handelt (vgl. KR/Spilger aaO; HWK/Quecke 4. Aufl. § 1a KSchG Rn. 5), wovon die Gesetzesbegründung ausgeht (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12), kann deshalb unentschieden bleiben. Maßgebend sind vielmehr die gemeinsame Befriedungsfunktion der in § 1a KSchG geregelten und der in einem Vergleich der Arbeitsvertragsparteien vereinbarten Abfindung sowie der Umstand, dass es den Arbeitsvertragsparteien nicht nur frei steht, einen Abfindungsvergleich zu schließen, sondern auch, ob sie sich auf die Abfindungsregelung in § 1a KSchG einlassen. Auch dann, wenn keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers angenommen werden, sondern der in § 1a KSchG geregelte Abfindungsanspruch als gesetzlicher Abfindungsanspruch verstanden wird, steht es doch im Belieben des Arbeitgebers, ob er den in § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG vorgesehenen Hinweis erteilt. Ebenso ist der Arbeitnehmer bei einem solchen Hinweis des Arbeitgebers nicht gehindert, innerhalb der dreiwöchigen Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage zu erheben. Weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemäß § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG darauf hin, dass er bei Verstreichen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann, und hält der Arbeitnehmer die ihm bei Hinnahme der Kündigung zustehende Abfindung für angemessen, besteht keine Notwendigkeit für Verhandlungen. Deshalb trägt das Argument des Klägers nicht, Abfindungszahlungen gemäß einem Vergleich oder Urteil gingen im Gegensatz zu einer Abfindungszahlung nach § 1a KSchG Verhandlungen der Arbeitsvertragsparteien voraus.

23

5. Auch der Hinweis des Klägers, der tarifliche Abfindungsanspruch würde nach § 7 Ziff. 7 SchutzTV nicht durch in einem Sozialplan oder in einer vergleichbaren Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeber und einer Betriebsvertretung geregelte Abfindungen ausgeschlossen, hilft ihm nicht weiter. Anders als bei einer in einem Abfindungsvergleich vereinbarten oder der in § 1a KSchG vorgesehenen Abfindung steht es zwar bei einer Sozialplanabfindung nicht im Belieben des Arbeitgebers, ob er sich auf diese einlässt. Vielmehr begründet die Betriebsänderung einen - erforderlichenfalls über die Einigungsstelle erzwingbaren - Anspruch des Betriebsrats auf einen Sozialplan. Auch geht ein Sozialplan, der für den Verlust der Arbeitsplätze Abfindungen vorsieht, anders als die Abfindungsregelung in § 1a KSchG von der Wirksamkeit der Kündigungen aus(BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - BAGE 115, 68, 74). Jedoch handelte es sich bei der dem Kläger im Kündigungsschreiben in Aussicht gestellten und ihm unter Berücksichtigung einer Tariflohnerhöhung gezahlten Abfindung iHv. 44.445,35 Euro brutto auch dann nicht um eine Sozialplanabfindung oder eine einer solchen gleichstehende Abfindung, wenn die Hinweise gemäß § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG in den Kündigungsschreiben „auf Druck“ der Betriebsvertretung erteilt worden sein sollten, wie dies der Kläger behauptet hat. Maßgebend ist, dass der Hinweis des Departments of the Army im Kündigungsschreiben, der Kläger erhalte bei Verstreichenlassen der Kündigungsfrist die in § 1a KSchG vorgesehene Abfindung, für den Kläger ein Anreiz sein sollte, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Im Gegensatz zu einer Sozialplanabfindung bezweckte die vom Departement of the Army in Aussicht gestellte Abfindung damit nicht nur den Ausgleich bzw. die Abmilderung der für den Kläger mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen wirtschaftlichen Nachteile, sondern vor allem auch die Vermeidung der für das Department of the Army mit einem Kündigungsrechtsstreit verbundenen Risiken.

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6. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, bei der Regelung in § 7 Ziff. 7 SchutzTV handle es sich um eine eng auszulegende Ausnahmebestimmung.

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a) § 7 Ziff. 7 SchutzTV bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die tarifliche Abfindung nicht zustehen soll. Liegt eine der genannten Voraussetzungen vor, ist ein Ausschlusstatbestand für den Anspruch auf die tarifliche Abfindung erfüllt. Die Tarifvorschrift legt damit negative Anspruchsvoraussetzungen fest. Für die Frage einer ergänzenden Tarifauslegung ist unerheblich, ob eine Regelung mit positiven oder negativen Anspruchsvoraussetzungen nachträglich lückenhaft geworden ist. Das in der Regelung Angelegte kann in beiden Fällen zur Lückenschließung weitergedacht werden, wenn die Voraussetzungen einer ergänzenden Tarifauslegung erfüllt sind und das Auslegungsergebnis dem mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien entspricht.

26

b) Aber auch dann, wenn die Regelung in § 7 Ziff. 7 SchutzTV gemäß der Rechtsauffassung des Klägers als Ausnahmeregelung verstanden würde, wären die aufgrund der nachträglich entstandenen Tariflücke gebotene ergänzende Tarifauslegung und die Gleichstellung der in § 1a KSchG vorgesehenen Abfindung mit einer in einem Abfindungsvergleich vereinbarten Abfindung nicht ausgeschlossen. Wie bei Gesetzen kommt bei Tarifverträgen als Mittel der Schließung einer Regelungslücke neben dem Umkehrschluss und der teleologischen Reduktion auch die Analogie in Betracht (Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 1040). Gegen eine Lückenschließung im Wege einer Analogie kann nicht von vornherein eingewandt werden, es handele sich bei der tariflichen Regelung um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die einer Analogie nicht zugänglich sei. In der juristischen Methodenlehre ist heute anerkannt, dass der Satz, Ausnahmevorschriften seien eng auszulegen und nicht analogiefähig, so nicht zutreffend ist (BAG 22. Juli 2008 - 3 AZB 26/08 - Rn. 8 mwN, BAGE 127, 173). Auch Ausnahmevorschriften sind vielmehr in den Grenzen ihres Sinnes und Zweckes der Analogie fähig (Senat 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - BAGE 112, 351, 358).

27

7. Schließlich überzeugt auch das Argument des Klägers nicht, die Höhe der tariflichen Abfindung, die nur zwei Monatsbeträge des letzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes ausmache, stehe der Annahme eines Abfindungsausschlusses in entsprechender Anwendung von § 7 Ziff. 7 SchutzTV entgegen. Gegen diese Erwägung spricht bereits der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien den Ausschluss des Anspruchs auf die tarifliche Abfindung nicht daran gebunden haben, dass die im Vergleich vereinbarte oder durch Urteil zugesprochene Abfindung eine bestimmte Mindesthöhe erreicht. Bei wortlautgetreuem Verständnis stünde die tarifliche Abfindung nach § 7 Ziff. 7 SchutzTV selbst dann nicht zu, wenn die im Vergleich vereinbarte oder durch Urteil zugesprochene Abfindung niedriger ist als die tariflich vorgesehene. Hinzu kommt, dass Arbeitnehmer, denen eine Abfindungszahlung nach § 7 Ziff. 2 SchutzTV zusteht, regelmäßig auch Anspruch auf Leistungen nach dem TV Soziale Sicherung, insbesondere auf Überbrückungsgeld, haben.

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III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Jerchel    

                 

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 16. Januar 2008 - 5 Sa 604/07 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten, außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist.

2

Die 1951 geborene Klägerin war seit dem 1969 bei der S AG beschäftigt. In dem damaligen Arbeitsvertrag waren die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie in Bezug genommen. Im Jahr 1998 gliederte die S AG ihren Logistikbereich aus und übertrug ihn auf die neu gegründete Beklagte. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging mit Wirkung vom 1. September 1998 auf die Beklagte über.

3

Im Rahmen der Ausgliederung hatten die S AG und ihr Gesamtbetriebsrat am 16. Juni 1998 „sozial- und personalpolitische Grundsätze“ als „Überleitungsregeln“ vereinbart. Nach deren Nr. 15 sollten Mitarbeiter, die aufgrund der Dauer ihrer Firmenzugehörigkeit einen besonderen Kündigungsschutz nach den „S-Richtlinien“ besaßen, diesen weiterhin behalten. Diese mit dem Gesamtbetriebsrat „abgesprochenen“ Richtlinien vom 23. Juli 1993 sahen einen „Kündigungsschutz für Jubilare“ vor, demzufolge „Mitarbeitern mit mindestens 25-jähriger Dienstzeit … grundsätzlich aus betriebsbedingten Gründen nicht ordentlich gekündigt werden“ durfte.

4

Am 30. Juni 1998 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag. Darin wurde als Eintrittsdatum der Klägerin der 1. September 1998 festgelegt. Ferner wurde geregelt, dass die S-Dienstzeiten angerechnet werden und die Tarifverträge für das Speditions- und Transportgewerbe in Bayern in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.

5

Die Beklagte ist als Logistikdienstleister fast ausschließlich für die S AG tätig (sog. Inhouse-Logistik). Die Klägerin arbeitete zuletzt in der Warenannahme. Sie besitzt keine Fahrerlaubnis.

6

Mit Schreiben vom 11. August 2006 teilte die S AG der Beklagten mit, dass es aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Konzern zu einem deutlichen Rückgang der Mitarbeiterzahlen an den Standorten in M kommen werde. Der von der Beklagten zu erbringende Leistungsumfang und die monatliche Pauschale für die von ihr geleisteten Verkehrsdienste würden sich dadurch ab dem 1. Dezember 2006 ebenfalls reduzieren.

7

Die Beklagte beschloss daraufhin, ihren Geschäftsbetrieb künftig mit weniger Personal fortzuführen und 17 der insgesamt 40 gewerblichen Mitarbeiter zu entlassen. Zudem entschied sie, dass in Zukunft alle gewerblichen Mitarbeiter in der Lage sein müssten, Waren selbständig mit einem Kraftfahrzeug abzuholen und auszuliefern. Gegenüber zehn Arbeitnehmern, die über keine gültige Fahrerlaubnis verfügten, und weiteren sieben Beschäftigten sprach sie Kündigungen aus. Schwerbehinderte Mitarbeiter ohne Fahrerlaubnis nahm sie von einer Kündigung aus. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 30. August 2006 außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. August 2007.

8

Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Ordentlich sei sie unkündbar. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist seien nicht gegeben. Ihr Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Mitteilung der S AG, zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt werde sich die Zahl ihrer Mitarbeiter reduzieren, rechtfertige nicht die Annahme, das Auftrags- und Arbeitsvolumen bei der Beklagten werde sich deshalb in einem der Anzahl der tatsächlich ausgesprochenen Kündigungen entsprechenden Umfang reduzieren. Die Organisation und der Ablauf ihrer - der Klägerin - eigenen Arbeit hätten sich nicht geändert, ihre bisherige Tätigkeit führten jüngere Mitarbeiter und Leiharbeitnehmer aus. In der Warenannahme sei auch kein Führerschein erforderlich, im Übrigen könne sie in der Lagerverwaltung und in der Transportstelle ebenfalls ohne Führerschein eingesetzt werden.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. August 2006 nicht aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt. Aufgrund des angekündigten drastischen Auftragsrückgangs seitens der S AG als ihrer Hauptkundin und der Reduzierung der Auftragsvergütung um 42,6 % habe für 17 ihrer insgesamt 40 gewerblichen Mitarbeiter kein Beschäftigungsbedarf mehr bestanden. Wegen des insgesamt geringeren Personalbestands sei es künftig notwendig, dass bei der Warenannahme alle Tätigkeiten in einer Hand lägen. Jeder Mitarbeiter müsse in der Lage sein, Waren mit dem Kraftfahrzeug auszuliefern. Für eine Weiterbeschäftigung sei deshalb der Besitz einer Fahrerlaubnis zwingend erforderlich. Die von der S AG gewährte Bestandsschutzgarantie finde keine Anwendung. Nr. 15 der in Form einer Gesamtbetriebsvereinbarung getroffenen „Übergangsregelungen“ vom 16. Juni 1998 sei unwirksam.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Dieses hat zwar zu Recht festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung vom 30. August 2006 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wirksam beenden konnte. Zu Unrecht hat es aber schon auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen angenommen, dass auch die Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist. Ob das Arbeitsverhältnis in diesem Fall durch eine ordentliche Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG beendet worden ist, kann der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wirksam beendet hat. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.

14

I. Die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung vom 30. August 2006 richtet sich zunächst nach § 626 BGB. Die Beklagte hat eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist erklärt. An der von ihr selbst gewählten Erklärung muss sie sich messen lassen.

15

II. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

16

1. Eine außerordentliche und zugleich fristlose Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist selbst gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer regelmäßig unzulässig. Zu prüfen ist, ob dem Arbeitgeber im Fall ordentlicher Kündbarkeit eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist, wenn aus betrieblichen Gründen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer entfällt, selbst im Insolvenzfall zumutbar, die Kündigungsfrist einzuhalten(Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 b aa der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2).

17

2. Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung mit einer - notwendig einzuhaltenden - Auslauffrist kommt in Betracht, wenn andernfalls der Ausschluss der ordentlichen Kündigung dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit ggf. noch über Jahre weiterbeschäftigen müsste und ihm dies unzumutbar ist(vgl. Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2; 10. Mai 2007 - 2 AZR 626/05 - Rn. 25 mwN, BAGE 122, 264). Das kann ausnahmsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber gezwungen wäre, ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über Jahre hinweg allein durch Gehaltszahlungen, denen keine entsprechende Arbeitsleistung gegenübersteht, aufrechtzuerhalten. Allerdings ist der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündbarkeit in einem besonderen Maß verpflichtet, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden (Senat 10. Mai 2007 - 2 AZR 626/05 - aaO). Besteht noch irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird es ihm regelmäßig zumutbar sein, den Arbeitnehmer entsprechend einzusetzen. Erst wenn alle denkbaren Lösungsversuche ausscheiden, kann - ausnahmsweise - ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vorliegen (vgl. Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - aaO).

18

III. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt im Streitfall nicht vor. Dies gilt auch angesichts der von der Beklagten eingehaltenen einjährigen Auslauffrist. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass für die Klägerin dauerhaft überhaupt keine andere Einsatzmöglichkeit mehr bestanden hat. Ihr Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Klägerin bei gesunkenem Arbeitsvolumen - selbst nach zumutbaren Organisationsänderungen - ohne Führerschein nicht mehr sinnvoll beschäftigt werden kann.

19

1. Allerdings unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils für den jeweiligen Arbeitsplatz der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten von Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist von den Beschäftigten grundsätzlich hinzunehmen. Die fragliche Entscheidung kann nur auf Willkür und offenbare Unrichtigkeit hin gerichtlich überprüft werden. Dafür bedarf es besonderer Anhaltspunkte(Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

20

Sind aber die betreffende Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, weil der Arbeitnehmer dem neuen Anforderungsprofil nicht genügt, kann die generelle Vermutung, dass eine unternehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht, nicht unbesehen greifen. Der Arbeitgeber kann sich nicht lediglich auf seine Entscheidungsfreiheit berufen. Er muss vielmehr konkret darlegen, wie seine Entscheidung sich auf die tatsächlichen Möglichkeiten, die Arbeitnehmer einzusetzen, auswirkt und in welchem Umfang durch sie ein konkreter Änderungsbedarf entstanden ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze geändert wird, auf denen die Arbeitnehmer bereits langjährig beschäftigt sind(Senat 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138). Beruft sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung auf die Umgestaltung des Arbeitsplatzes und eine Neubestimmung des Anforderungsprofils, muss er den zugrunde liegenden betrieblichen Anlass im Einzelnen darlegen. Die Entscheidung zur (neuen) Stellenprofilierung muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme stehen, nach deren Durchführung sich die bisherigen Anforderungen an den Stelleninhaber ändern (Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).

21

Dies gilt schon für eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist iSv. § 626 BGB geht die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers noch darüber hinaus. Dieser hat nicht nur dazutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers infolge einer Änderung des Anforderungsprofils am bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr möglich ist. Er hat zudem von sich aus darzulegen, dass und weshalb es an jeglicher Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung fehlt(Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 d der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2).

22

2. Das Vorbringen der Beklagten genügt diesen Anforderungen nicht. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, aus dem Vortrag der Beklagten werde nicht ersichtlich, warum ihr die Weiterbeschäftigung der Klägerin unzumutbar sei. Ihr Vortrag lässt nicht zu erkennen, warum eine sinnvolle Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat weder ausgeführt, ob und in welchem Umfang die bisherigen Arbeiten weggefallen sind, noch hat sie dargelegt, inwieweit die verbliebenen Tätigkeiten die Nutzung eines Kraftfahrzeugs und damit den Besitz eines Führerscheins zwingend erfordern. Ebenso wenig lässt sich beurteilen, ob nicht durch zumutbare Änderungen in den organisatorischen Abläufen zumindest ein weiterer Arbeitsplatz so zugeschnitten werden kann, dass auf ihm eine Beschäftigung auch ohne den Besitz einer Fahrerlaubnis sinnvoll möglich ist, und ob nicht in einem anderen Betrieb ein für die Klägerin geeigneter Arbeitsplatz besteht. Die Beklagte hat sich allein auf ihre unternehmerische Organisationsfreiheit berufen und geltend gemacht, jeder Mitarbeiter müsse zukünftig in der Lage sein, Waren selbständig mit einem Kraftfahrzeug auszuliefern. Den Anforderungen an die Darlegung eines wichtigen Grundes wird sie damit nicht gerecht. Dies gilt umso mehr, als sie die Arbeitsverhältnisse mit den schwerbehinderten Mitarbeitern, die keine Fahrerlaubnis besitzen, fortgesetzt und damit zu erkennen gegeben hat, dass eine Weiterbeschäftigung im Betrieb auch ohne Fahrerlaubnis möglich ist.

23

B. Zu Unrecht ist das Landesarbeitsgericht schon nach seinen bisher getroffenen Feststellungen davon ausgegangen, die unwirksame außerordentliche Kündigung vom 30. August 2006 könne nicht gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Eine Umdeutung scheitert auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht daran, dass die ordentliche Kündigung durch die „Überleitungsregeln“ und die „S-Richtlinien“ ausgeschlossen wäre.

24

I. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung zwar die Annahme zugrunde gelegt, „dass das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nur außerordentlich gekündigt werden kann - was zwischen den Parteien unstreitig ist“. Auf diese Weise hat es aber keine Tatsachen festgestellt, an die der Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden wäre. Seine Aussage, es fehle an der rechtlichen Befugnis zur ordentlichen Kündigung, ist keine Feststellung der Wahrheit einer tatsächlichen Behauptung, sondern die Beschreibung eines rechtlichen Zustands. Tatsachen, die eine entsprechende rechtliche Schlussfolgerung zuließen, hat es nicht festgestellt. An bloße Rechtsansichten, auch wenn sie zwischen den Parteien nicht „im Streit“ stehen und vom Berufungsgericht übernommen worden sind, ist das Revisionsgericht nicht gebunden. Ebenso wenig ist eine Partei gehindert, ihre bisherige, mit der Gegenseite geteilte Rechtsansicht noch in der Revisionsinstanz aufzugeben, wie die Beklagte dies getan hat.

25

II. Der besondere Kündigungsschutz der Klägerin als langjährig beschäftigte Mitarbeiterin konnte nicht durch eine (Gesamt-)Betriebsvereinbarung begründet werden. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung verstößt gegen § 77 Abs. 3 BetrVG.

26

1. Nach den zwischen der S AG und ihrem Gesamtbetriebsrat im Rahmen der Ausgliederung vereinbarten „Überleitungsregeln“ vom 16. Juni 1998 besitzt die Klägerin einen besonderen Kündigungsschutz. Nach Nr. 15 des Regelungswerks „(behalten) Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Firmenzugehörigkeit (25 Jahre und länger) einen besonderen Kündigungsschutz nach den S-Richtlinien genießen, … diesen weiterhin“. Nach Nr. 1 der „S-Richtlinien“ wiederum „(darf) Mitarbeitern mit mindestens 25-jähriger Dienstzeit … grundsätzlich aus betriebsbedingten Gründen nicht ordentlich gekündigt werden (Bestandsschutzgarantie)“. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzung. Sie war bei Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nahezu 29 Jahre bei der S AG beschäftigt.

27

2. Nach dem bisherigen Parteivorbringen und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der in den „S-Richtlinien“ vorgesehene besondere Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis der Parteien Rechtswirkungen entfaltet.

28

a) Als normativ wirkende Rechtsquelle für das Arbeitsverhältnis der Parteien scheidet Nr. 15 der „Überleitungsregeln“ vom 16. Juni 1998 aus. Die Bestimmung ist zwar Teil einer (Gesamt-)Betriebsvereinbarung iSd. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG. Diese wurde jedoch zwischen der S AG und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat getroffen. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien kann sie deshalb normative Ansprüche nur begründen, wenn sie auch im Betrieb der Beklagten - normativ - gilt. Das ist nicht der Fall.

29

aa) Eine Geltung als unmittelbar für den Betrieb der Beklagten getroffene Betriebsvereinbarung scheidet aus. Weder hat die Beklagte die Vereinbarung unterzeichnet, noch ist der bei der S AG gebildete Gesamtbetriebsrat für einen von der Beklagten geführten Betrieb zuständig.

30

bb) Wurden die „Überleitungsregeln“ von der S AG und dem Gesamtbetriebsrat mit Geltung allein für den (späteren) Betrieb der Beklagten vereinbart, konnten sie ebenfalls keine Wirkung entfalten. Für eine solche Vereinbarung fehlte es beiden handelnden Parteien an der nötigen betriebsverfassungsrechtlichen Kompetenz. Regelungen für die Zeit nach einem Betriebs(teil)übergang vermögen der bisherige Arbeitgeber und spätere Veräußerer und der bei ihm gebildete Gesamtbetriebsrat nicht unmittelbar zu treffen(BAG 18. September 2002 - 1 ABR 54/01 - zu B II 2 b ee der Gründe, BAGE 102, 356; 1. April 1987 - 4 AZR 77/86 - BAGE 55, 154, 168).

31

cc) Wurden die „Überleitungsregeln“ stattdessen zwar durch die beabsichtigte Ausgliederung der „Logistikdienste“ veranlasst, sind sie aber gleichwohl als für alle Betriebe der S AG - zumindest am Standort M - geltende Bestimmungen zu verstehen, könnten sie nur im Fall eines Betriebs(teil)übergangs auf die Beklagte in deren Betrieb normativ iSd. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG weitergelten. Voraussetzung ist, dass sie im Zeitpunkt des Übergangs als wirksame Gesamtbetriebsvereinbarung anzusehen waren. Daran fehlt es. Zumindest Nr. 15 der „Überleitungsregeln“ ist rechtsunwirksam.

32

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten beruht dies nicht darauf, dass Betriebsparteien außerhalb ihrer gesetzlichen Kompetenzen handeln, wenn sie in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Fragen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Kündigungserschwernisse für den Arbeitgeber regeln. Freiwillige Betriebsvereinbarungen sind nicht auf die in § 88 BetrVG genannten Gegenstände beschränkt, wie schon der Wortlaut der Bestimmung („insbesondere“) verdeutlicht (BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BAGE 63, 211; BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 13, BAGE 120, 308; 18. Juli 2006 - 1 AZR 578/05 - BAGE 119, 122). Neben betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen können in einer Betriebsvereinbarung auch Fragen des Inhalts, des Abschlusses und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen geregelt werden (BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 b der Gründe, aaO; aA Rieble NZA 2003, 1243, 1245).

33

(2) Nr. 15 der „Überleitungsregeln“ verstößt jedoch gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist aus diesem Grund als normative Bestimmung unwirksam.

34

(a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist von Anfang an unwirksam(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 59/05 - Rn. 21 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 24 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 18; Fitting 25. Aufl. § 77 Rn. 99; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 123). Sonstige Arbeitsbedingungen iSd. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind nicht nur materielle Arbeitsbedingungen, die den Umfang der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers betreffen, sondern alle Regelungen, die als Gegenstand tarifvertraglicher Inhaltsnormen nach § 1 TVG den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen(BAG 9. April 1991 - 1 AZR 406/90 - zu II 3 der Gründe, BAGE 67, 377; WPK/Preis 4. Aufl. § 77 Rn. 60; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 83 u. 85).

35

(b) Die gesetzliche Bestimmung dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalitionen. Sie will verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend - und sei es inhaltsgleich - in Betriebsvereinbarungen geregelt werden (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 26, BAGE 118, 211). Eine Betriebsvereinbarung soll weder als normative Ersatzregelung für nicht organisierte Arbeitnehmer noch als Grundlage für übertarifliche Leistungen dienen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; Fitting 25. Aufl. § 77 Rn. 67). Auch günstigere Betriebsvereinbarungen sind unwirksam (GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 128; Richardi in Richardi 12. Aufl. § 77 Rn. 278; Fitting 25. Auf. § 77 Rn. 67 u. 97). Fällt ein Betrieb in den räumlichen, fachlichen und personellen Geltungsbereich eines Tarifvertrags, sind die Betriebsparteien deshalb gehindert, tariflich geregelte Gegenstände in einer Betriebsvereinbarung selbst zu regeln. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist, und tritt auch dann ein, wenn ein den gleichen Gegenstand regelnder Tarifvertrag zwar bei Abschluss der Betriebsvereinbarung nicht (mehr) besteht, die betreffende Angelegenheit aber „üblicherweise“ tariflich geregelt wird(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162).

36

(c) Die S AG und ihre Betriebe fallen in den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 1. Dezember 1973 in der Fassung vom 1. November 1997 (MTV). Dessen § 8 Abs. 3 enthielt im maßgeblichen Zeitraum eine Regelung über den Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit. Danach konnte das Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens 10 Jahre angehört haben oder das 50. Lebensjahr vollendet und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens 15 Jahre angehört haben, nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Bei der Vereinbarung der „Übergangsregeln“ im Juni 1998 bestand demnach eine tarifliche Regelung zur Unkündbarkeit der Arbeitnehmer. § 8 Abs. 3 MTV und Nr. 15 der „Übergangsregeln“ haben den gleichen Gegenstand. Dagegen kann nicht eingewandt werden, diese sehe lediglich eine „Sonderregelung für Jubilare“ vor, die der Tarifvertrag nicht im Blick gehabt habe. Auch die betriebliche Regelung will nicht ein Dienstjubiläum honorieren, sondern gewährt - wie § 8 Abs. 3 MTV - einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Dazu knüpft sie wie die tarifliche Regelung an die Beschäftigungsdauer an. Sie gewährt den Sonderkündigungsschutz zwar unabhängig vom Lebensalter der Betroffenen und führt so zu einer Verbesserung der kündigungsrechtlichen Situation der Beschäftigten, sie tritt aber auch auf diese Weise in Konkurrenz zur tariflichen Bestimmung.

37

b) Die „S-Richtlinien“ gewähren der Klägerin auch unabhängig von Nr. 15 der „Übergangsregeln“ keinen normativen Schutz vor einer ordentlichen Kündigung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie - was das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt hat - überhaupt als Betriebsvereinbarung zwischen der S AG und deren Gesamtbetriebsrat zustande gekommen sind. Sollte das der Fall sein, wäre die betreffende Regelung wegen § 77 Abs. 3 BetrVG aus den dargelegten Gründen ebenfalls unwirksam.

38

C. Scheitert damit eine Umdeutung der ausgesprochenen außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung nicht daran, dass dies gegen Nr. 15 der „Übergangsregeln“ und/oder die „S-Richtlinien“ als kollektive, normativ wirkende Bestimmungen verstieße, so ist es nicht ausgeschlossen, dass die genannten Bestimmungen auf einzelvertraglicher Grundlage im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten und aus diesem Grund einer Kündigung entgegenstehen. In Betracht kommt etwa eine Geltung qua Umdeutung der als normativ unwirksamen Regelungen in eine Gesamtzusage durch die S AG(vgl. dazu BAG 24. Januar 1996 - 1 AZR 597/95 - zu II der Gründe, BAGE 82, 89), qua gesonderter (konkludenter) Zusage an die zur Beklagten wechselnden Arbeitnehmer durch die S AG und/oder die Beklagte selbst oder qua Bestehen einer bei der S AG und/oder der Beklagten begründeten betrieblichen Übung; eine in der Zeit des Arbeitsverhältnisses mit der S AG entstandene Rechtsposition der Klägerin kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 BGB auch im Arbeitsverhältnis der Parteien fortwirken - eine mögliche Verweisung auf § 8 MTV im Arbeitsvertrag mit der S AG wird allerdings schon wegen des selbständigen Vertragsschlusses der Parteien aus dem Juni 1998 schwerlich von Bedeutung sein können.

39

Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang keine Feststellung getroffen. Das wird es, nachdem es den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag gegeben hat, nachzuholen haben. Von seinen Feststellungen hängt es ab, ob im Streitfall eine Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung überhaupt möglich ist. Sollte dies mangels einzelvertraglich begründeten Sonderkündigungsschutzes zu bejahen sein und sollten die sonstigen Voraussetzungen des § 140 BGB vorliegen, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die - ordentliche - Kündigung iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt ist.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Eylert    

        

        

        

    Sieg    

        

    Baerbaum    

                 

(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.