Bundessozialgericht Beschluss, 23. Okt. 2018 - B 11 AL 43/18 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:231018BB11AL4318B0
23.10.2018

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 11. Juni 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.12.2017). Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos, die Revision wurde nicht zugelassen (Beschluss des LSG vom 11.6.2018). An dem Beschluss hat die an das LSG abgeordnete Richterin am SG D mitgewirkt.

2

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG durch die Mitwirkung der Richterin am SG D Die Abordnung dieser Richterin sei weder zur Erprobung noch wegen einer nicht vorhersehbaren Überlastung des LSG erfolgt.

3

Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 19.9.2018 zu den Gründen der Abordnung der Richterin am SG D eingeholt. Eine Abordnung der Richterin an das LSG sei vom 1.1.2017 bis 30.9.2017 zur "Rechtserprobung" und vom 1.10.2017 bis 31.12.2019 zur "Verwaltungserprobung" erfolgt. Für die Stelle eines "Ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts" und die eines "Weiteren aufsichtsführenden Richters bei einem Amtsgericht" könne die Verwaltungserprobung nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes bei einem Obergericht erfolgen. Die Richterin sei mit 40 % ihrer Arbeitskraft für Aufgaben der Verwaltung freigestellt.

4

II. Die zulässige Beschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG. Der Entscheidung liegt ein formgerecht gerügter (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) zugrunde, denn sie ist unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Beschäftigung persönlich nicht unabhängiger "Hilfsrichter", worunter auch an das LSG abgeordnete Richterinnen und Richter des SG zu fassen sind, setzt zwingende Gründe voraus und ihre Anzahl ist so klein wie möglich zu halten. Solche zwingenden Gründe liegen vor, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist (vgl zum Ganzen BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60, 2 BvR 22 BvR 247/61 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; ausführlich zur richterlichen Unabhängigkeit zuletzt BVerfG vom 22.3.2018 - 2 BvR 780/16 - RdNr 53 ff mwN; zur Senatsbesetzung am LSG Mecklenburg-Vorpommern mit abgeordneten Richtern am SG bereits BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 157/17 B - RdNr 6; BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 255/17 B - RdNr 6; BSG vom 25.5.2018 - B 13 R 107/17 B - RdNr 8 ff, mwN; BSG vom 25.5.2018 - B 13 R 217/17 B - RdNr 8 ff, mwN).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war der Senat des LSG bei seiner Entscheidung vom 11.6.2018 wegen der Mitwirkung der Richterin am SG D nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund, der den verfassungsrechtlichen Anforderungen für das Tätigwerden dieser Richterin statt eines planmäßigen Richters am LSG genügen würde, lag nach der eingeholten Auskunft der Präsidentin des LSG nicht vor. Die Abordnung der Richterin zur sog "Rechtserprobung" (vom 1.1. bis zum 30.9.2017), also die Erprobung in Aufgaben der Rechtsprechung, um die Eignung für eine Tätigkeit in der Berufungsinstanz festzustellen, war bereits abgeschlossen. Zu den Voraussetzungen für eine der beiden weiteren vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - ist der Auskunft der Präsidentin des LSG nichts zu entnehmen. Solche Umstände liegen nach den Feststellungen des BSG in Parallelverfahren zur Personalsituation beim LSG Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2017 auch nicht nahe (vgl BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 157/17 B - RdNr 7 ff; BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 255/17 B - RdNr 7 ff; BSG vom 25.5.2018 - B 13 R 107/17 B - RdNr 12 ff, mwN; BSG vom 25.5.2018 - B 13 R 217/17 B - RdNr 12 ff).

8

Ob eine sog "Verwaltungserprobung", in der sich die Richterin am SG D zum Zeitpunkt der Entscheidung noch befunden hat, als weitere Ausnahme von der gebotenen Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG verfassungsrechtlich überhaupt zu rechtfertigen ist, lässt der Senat offen. Die hier erfolgende, mit der Wahrnehmung von Rechtsprechungsaufgaben verbundene Verwaltungserprobung über einen Zeitraum von 27 Monaten ist es jedenfalls nicht (zweifelnd bereits - obwohl nicht entscheidungserheblich - BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 157/17 B - RdNr 12; BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 255/17 B - RdNr 12).

9

Die Tätigkeit in der Verwaltung in Verbindung mit der richterlichen Tätigkeit in einem Senat des LSG mag zwar in kleineren Gerichtsbezirken zur Erprobung von Richterinnen und Richtern am SG zu Ausbildungszwecken mit dem Ziel der Vorbereitung auf bestimmte Tätigkeiten in Führungspositionen mit Verwaltungsaufgaben und einer planmäßig endgültigen Anstellung in einem Beförderungsamt mangels anderer Alternativen (etwa einer reinen Verwaltungserprobung in der Gerichtsverwaltung oder in einem Ministerium) ausnahmsweise erforderlich sein. Dies rechtfertigt es indes nicht, wie hier, Rechtsprechungsaufgaben in einem Umfang von 60 % der Arbeitskraft und über einen Zeitraum von 27 Monaten, der den für eine "Rechtserprobung" erforderlich gehaltenen Zeitraum von neun Monaten weit übersteigt, zu übertragen. Ob anderes gelten kann, wenn eine "Verwaltungserprobung" von Richterinnen und Richtern mit gleichem Statusamt im Wege der Abordnung erfolgt (dafür mit beachtlichen Argumenten Aubel in Zeihe, SGG, § 30 RdNr 4, Stand April 2018), war nicht zu entscheiden.

10

Gemäß § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG - wie hier - vorliegen. Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen macht der Senat von dieser Möglichkeit Gebrauch.

11

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 547 Absolute Revisionsgründe


Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges

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(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend. (2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsve

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Tenor Auf die Beschwerden der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Januar 2017 aufgehoben.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Landessozialgericht besteht aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern.

(2) Die für die allgemeine Dienstaufsicht und die sonstigen Geschäfte der Gerichtsverwaltung zuständige Stelle wird durch Landesrecht bestimmt.

(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.

(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Gründe

1

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 RVG i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG).

Tenor

Auf die Beschwerden der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Januar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten ist die Übernahme einer Heizkostennachzahlung, die das beklagte Jobcenter ablehnte und zu deren Übernahme in Höhe von 690,35 Euro es vom SG unter Zulassung der Berufung verurteilt wurde (Urteil vom 22.10.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.1.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Klägerinnen insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür eingeholt. Die Klägerinnen haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 25.1.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 25.1.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

8

Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägerinnen außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerden der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. März 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten sind Leistungen nach dem SGB II für die Kläger, die das beklagte Jobcenter ablehnte. Das SG hat die auf Zahlung von Leistungen für verschiedene Zeiträume gerichteten Klagen abgewiesen (Urteile vom 19.11.2013), das LSG hat die Verfahren verbunden und die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 28.3.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Kläger insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür in dem parallel gelagerten Verfahren mit dem Aktenzeichen - B 14 AS 157/17 B -, das sich gegen denselben Beklagten richtet und in dem die dortigen Klägerinnen von derselben Prozessbevollmächtigten vertreten werden, eingeholt und den Beteiligten des hiesigen Verfahrens zur Kenntnis übersandt. Die Kläger haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 28.3.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 28.3.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

8

Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägern außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 24. Februar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um eine Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat mit Urteil vom 1.4.2016 die Klage unter Auferlegung von Verschuldenskosten iHv 150 Euro abgewiesen. Das LSG (7. Senat) hat nach Anhörung der Beteiligten die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 24.2.2017 zurückgewiesen. An diesem Beschluss haben der Vorsitzende Richter am LSG A., der Richter am LSG M. und der Richter am SG G. mitgewirkt.

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG. Sie rügt die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO). Die Mitwirkung des Richters am SG G. bei der Beschlussfassung des 7. Senats des LSG führe zu dessen ordnungswidrigen Besetzung, weil die seit Januar 2015 bereits andauernde Abordnung des Richters am SG G. an das LSG nicht den in der Rechtsprechung des BVerfG vorgegebenen Grenzen gerecht werde. Die Abordnung möge ursprünglich zur Erprobung erfolgt sein. Dieser Rechtfertigungsgrund sei mittlerweile aber weggefallen. Jedenfalls legitimiere er keine Abordnung über mehrere Jahre. Die Dauer der Abordnung des Richters am SG G. rechtfertige sich auch nicht mit einer nicht vorhersehbaren Überlastung des LSG.

3

Der Senat hat Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 6.7.2017 und 17.10.2017 über die Gründe und die (Fort-)Dauer der Abordnung des Richters am SG G. an das LSG eingeholt.

4

II. Auf die Beschwerde der Klägerin war der angefochtene Beschluss des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

5

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Die Klägerin hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG)und auch in der Sache zutreffend die Verletzung ihres Rechts aus Art 101 Abs 1 S 2 GG auf den gesetzlichen Richter gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

6

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor. Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde zu Recht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG Mecklenburg-Vorpommern bei der am 24.2.2017 erfolgten Beschlussfassung in der hier streitbefangenen Sache.

7

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 S 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

8

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (zB BVerfG Beschluss vom 23.1.1996 - 1 BvR 1551/95 - Juris RdNr 3; ebenso auch BGH Urteil vom 16.3.2005 - RiZ 2/04 - BGHZ 162, 333, 340 f; BVerwG Urteil vom 23.8.1996 - 8 C 19/95 - BVerwGE 102, 7, 8; BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 5) sieht das GG im Interesse der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass deren Amt grundsätzlich von bei dem betreffenden Gericht planmäßig und auf Lebenszeit ernannten Richtern ausgeübt wird. Richter sind nach Art 97 Abs 1 GG weisungsunabhängig; ihre sachliche Unabhängigkeit wird durch die Garantie der persönlichen Unabhängigkeit in Art 97 Abs 2 GG institutionell gesichert. Auch Art 92 GG setzt als Normalfall Richter voraus, die unversetzbar und unabsetzbar sind.

9

Der Einsatz von nicht planmäßigen Richtern bei einem Gericht ist deshalb auf das zwingend gebotene Maß zu beschränken (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 162). Die Notwendigkeiten, die eine solche Verwendung rechtfertigen, können in den einzelnen Gerichtszweigen, bei den einzelnen Gerichten und bei ihren Kammern oder Senaten örtlich und zeitlich verschieden sein; daher hängt es von den jeweiligen besonderen Umständen ab, ob und in welchem Maß im Einzelfall die Besetzung der erkennenden Gerichte mit nicht planmäßigen Richtern zulässig ist. In jedem Fall muss es sich um unumgängliche Bedürfnisse der Rechtspflege handeln.

10

Ein zwingender Grund für den Einsatz planmäßiger Richter unterer Gerichte in Abordnung an obere Gerichte ist die Eignungserprobung (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164). Die Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden oder Beurteilungsgrundlagen für ein richterliches Beförderungsamt zu schaffen, erlaubt die Heranziehung auch solcher Richter an ein Gericht, die nicht planmäßige Richter dieses Gerichts sind (BVerfG Beschluss vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - Juris RdNr 7 mwN).

11

Zudem liegen zwingende Gründe für einen Einsatz nicht planmäßiger Richter an oberen Gerichten vor, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen (typischerweise bei Mutterschutz oder Dienstunfähigkeit) oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Auch in solchen Fällen ist die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern aber nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164 f; ebenso BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 8).

12

b) Ausgehend von diesen Maßstäben war, wie sich aus den vom Senat eingeholten dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 6.7.2017 und 17.10.2017 ergibt, der 7. Senat des LSG bei der Beschlussfassung am 24.2.2017 nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des Richters am SG G. statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor.

13

Aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern geht hervor, dass Richter am SG G. zunächst für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 zur "Rechtserprobung" an das LSG abgeordnet war. Sodann wurde seine Abordnung bis zum 31.12.2016 und anschließend erneut bis zum 31.12.2018 verlängert. Die Fortdauer der Abordnung des Richters am SG G."über den Zeitraum der Rechtserprobung hinaus" sei - so die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern - "mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere auf die erheblichen Bestände" des LSG erfolgt. Ende 2015 entfielen auf jeden Richter am LSG Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 208 Verfahren, während der Bundesdurchschnitt bei 114 lag. 2016 betrug in Mecklenburg-Vorpommern die Durchschnittsbelastung 135 Verfahrenszugänge pro Richter, während es im Bund 110 waren. Weiter heißt es in ihrem Schreiben vom 6.7.2017 wie folgt: "Da alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt sind, war mir in der Vergangenheit eine Verstärkung nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich. Meinen wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs ist erstmals im Herbst 2016 dadurch Rechnung getragen worden, dass eine kapitelübergreifend genutzte Stelle ausgeschrieben werden konnte." Nach ihrer Auskunft vom 17.10.2017 ist ein weiterer Richter zum 26.1.2017 am LSG alsdann im Vorgriff auf den Doppel-Haushalt 2017/2018 - kapitelübergreifend - ernannt worden. Das LSG sei trotz gestiegener Eingangszahlen seit 1993 bis heute (Anm Oktober 2017) mit zwölf Planstellen ausgestattet. Die weitere Abordnung des Richters am SG G. sei den im Einzelnen aufgefächerten Zahlen geschuldet, da die alleinige Besetzung einer weiteren Stelle den Bedarf des Gerichts nicht habe decken können.

14

Zwingende Gründe im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG für die auch noch im Februar 2017 fortbestehende Abordnung des Richters am SG G. an das LSG ergeben sich aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern nicht.

15

aa) Die eine Abordnung an das LSG rechtfertigende Eignungserprobung des Richters am SG G. war bereits zum 30.9.2015 beendet.

16

bb) Zwar weist die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern auf eine erhebliche Belastungssituation Ende 2015 und 2016 beim Berufungsgericht hin, deren Bewältigung durch Verstärkung richterlichen Personals "nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich" war, weil "alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt" waren und ihren "wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs" vom zuständigen Ministerium offenbar nur sehr zögerlich Rechnung ("erstmals im Januar 2017") getragen wurde. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerfG ist allerdings in Fällen eines "außergewöhnlichen Arbeitsanfalls" die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern bei dem betreffenden Gericht nur "zeitweilig" gerechtfertigt, jedoch dann nicht, wenn dessen Arbeitslast deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist. Letzteres kommt in den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern aber mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, die laut Auskunft selbst für die Abordnung zuständig und verantwortlich zeichnet. Denn sie begründet die Abordnung mit einer dauerhaften erheblichen Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die nahezu zwangsläufig zu einer erhöhten Bestandsbelastung führen, sowie mit einer nicht ausreichenden Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit. Unabhängig davon, ob und seit wann eine Ausstattung mit weiteren Planstellen objektiv erforderlich gewesen wäre, kann von einem "zeitweilig außergewöhnlichen Arbeitsanfall", der eine weitere Abordnung rechtfertigen könnte, jedenfalls zum Zeitpunkt der hier fraglichen Beschlussfassung am 24.2.2017 nicht mehr die Rede sein.

17

Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

18

c) Bei dem hiernach vorliegenden absoluten Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)wird das Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler vermutet (vgl BSG Beschluss vom 31.3.2017 - B 12 KR 28/16 B - Juris RdNr 9).

19

Unerheblich ist, dass die Klägerin die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG nicht bereits während des berufungsgerichtlichen Verfahrens gerügt hat. Die Besetzungsrüge ist nicht gemäß § 202 S 1 SGG iVm § 295 Abs 1 ZPO ausgeschlossen, weil auf die Befolgung der für eine vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen nicht wirksam iS von § 295 Abs 2 ZPO verzichtet werden kann(BSG Urteil vom 12.5.1993 - 6 RKa 25/92 - Juris RdNr 16).

20

d) Der Senat macht aus prozessökonomischen Gründen von der in § 160a Abs 5 SGG vorgesehenen Möglichkeit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des LSG wegen des benannten Verfahrensmangels und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz Gebrauch.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Juni 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig. Das SG Neubrandenburg hat die Klage mit Urteil vom 12.5.2016 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das LSG nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss des 7. Senats vom 19.6.2017, an dem der an das LSG abgeordnete Richter am SG G. mitgewirkt hat, zurückgewiesen.

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG. Sie rügt die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO). Richter am SG G. habe bei der Beschlussfassung des 7. Senats des LSG nicht mitwirken dürfen. Dieser sei mindestens seit dem 1.1.2015 an das LSG abgeordnet, was sich aus den Geschäftsverteilungsplänen dieses Gerichts ergäbe. Die Länge der Abordnung überschreite die nach der Rechtsprechung des BVerfG hierfür geltenden Grenzen erheblich. Die Abordnung möge ursprünglich zur Erprobung erfolgt sein. Dieser Rechtfertigungsgrund sei mittlerweile aber weggefallen. Jedenfalls legitimiere er keine Abordnung über mehrere Jahre. Angesichts ihrer Länge sei die Abordnung auch nicht durch eine unvorhergesehene Überlastung des LSG zu rechtfertigen.

3

Der Senat hat Stellungnahmen der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 zu den Gründen und die (Fort-)Dauer der Abordnung des Richters am SG G. an das LSG aus dem Parallelverfahren B 13 R 107/17 B beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.

4

II. Auf die Beschwerde der Klägerin war der angefochtene Beschluss des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

5

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Die Klägerin hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG)und auch in der Sache zutreffend die Verletzung ihres Rechts aus Art 101 Abs 1 S 2 GG auf den gesetzlichen Richter gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

6

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor. Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde zu Recht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG Mecklenburg-Vorpommern bei der am 19.6.2017 erfolgten Beschlussfassung in der hier streitbefangenen Sache.

7

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 S 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

8

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (zB BVerfG Beschluss vom 23.1.1996 - 1 BvR 1551/95 - Juris RdNr 3; ebenso auch BGH Urteil vom 16.3.2005 - RiZ 2/04 - BGHZ 162, 333, 340 f; BVerwG Urteil vom 23.8.1996 - 8 C 19/95 - BVerwGE 102, 7, 8; BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 5) sieht das GG im Interesse der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass deren Amt grundsätzlich von bei dem betreffenden Gericht planmäßig und auf Lebenszeit ernannten Richtern ausgeübt wird. Richter sind nach Art 97 Abs 1 GG weisungsunabhängig; ihre sachliche Unabhängigkeit wird durch die Garantie der persönlichen Unabhängigkeit in Art 97 Abs 2 GG institutionell gesichert. Auch Art 92 GG setzt als Normalfall Richter voraus, die unversetzbar und unabsetzbar sind (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 162).

9

Der Einsatz von nicht planmäßigen Richtern bei einem Gericht ist deshalb auf das zwingend gebotene Maß zu beschränken (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 162). Die Notwendigkeiten, die eine solche Verwendung rechtfertigen, können in den einzelnen Gerichtszweigen, bei den einzelnen Gerichten und bei ihren Kammern oder Senaten örtlich und zeitlich verschieden sein; daher hängt es von den jeweiligen besonderen Umständen ab, ob und in welchem Maß im Einzelfall die Besetzung der erkennenden Gerichte mit nicht planmäßigen Richtern zulässig ist. In jedem Fall muss es sich um unumgängliche Bedürfnisse der Rechtspflege handeln.

10

Ein zwingender Grund für den Einsatz planmäßiger Richter unterer Gerichte in Abordnung an obere Gerichte ist die Eignungserprobung (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164). Die Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden oder Beurteilungsgrundlagen für ein richterliches Beförderungsamt zu schaffen, erlaubt die Heranziehung auch solcher Richter an ein Gericht, die nicht planmäßige Richter dieses Gerichts sind (BVerfG Beschluss vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - Juris RdNr 7 mwN).

11

Zudem liegen zwingende Gründe für einen Einsatz nicht planmäßiger Richter an oberen Gerichten vor, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen (typischweise bei Mutterschutz oder Dienstunfähigkeit) oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Auch in solchen Fällen ist die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern aber nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164 f; ebenso BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 8).

12

b) Ausgehend von diesen Maßstäben war, wie sich aus den vom Senat eingeholten dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 6.7.2017 und 17.10.2017 ergibt, der 7. Senat des LSG bei der Beschlussfassung am 19.6.2017 nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des Richters am SG G. statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor.

13

Aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern geht hervor, dass Richter am SG G. zunächst für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 zur "Rechtserprobung" an das LSG abgeordnet war. Sodann wurde seine Abordnung bis zum 31.12.2016 und anschließend erneut bis zum 31.12.2018 verlängert. Die Fortdauer der Abordnung des Richters am SG G."über den Zeitraum der Rechtserprobung hinaus" sei - so die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern - "mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere auf die erheblichen Bestände" des LSG erfolgt. Ende 2015 entfielen auf jeden Richter am LSG Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 208 Verfahren, während der Bundesdurchschnitt bei 114 lag. 2016 betrug in Mecklenburg-Vorpommern die Durchschnittsbelastung 135 Verfahrenszugänge pro Richter, während es im Bund 110 waren. Weiter heißt es in ihrem Schreiben vom 6.7.2017 wie folgt: "Da alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt sind, war mir in der Vergangenheit eine Verstärkung nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich. Meinen wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs ist erstmals im Herbst 2016 dadurch Rechnung getragen worden, dass eine kapitelübergreifend genutzte Stelle ausgeschrieben werden konnte." Nach ihrer Auskunft vom 17.10.2017 ist ein weiterer Richter zum 26.1.2017 am LSG alsdann im Vorgriff auf den Doppel-Haushalt 2017/2018 - kapitelübergreifend - ernannt worden. Das LSG sei trotz gestiegener Eingangszahlen seit 1993 bis heute (Anm Oktober 2017) mit zwölf Planstellen ausgestattet. Die weitere Abordnung des Richters am SG G. sei den im Einzelnen aufgefächerten Zahlen geschuldet, da die alleinige Besetzung einer weiteren Stelle den Bedarf des Gerichts nicht habe decken können.

14

Zwingende Gründe im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG für die auch noch im Juni 2017 fortbestehende Abordnung des Richters am SG G. an das LSG ergeben sich aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern nicht.

15

aa) Die eine Abordnung an das LSG rechtfertigende Eignungserprobung des Richters am SG G. war bereits zum 30.9.2015 beendet.

16

bb) Zwar weist die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern auf eine erhebliche Belastungssituation Ende 2015 und 2016 beim Berufungsgericht hin, deren Bewältigung durch Verstärkung richterlichen Personals "nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich" war, weil "alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt" waren und ihren "wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs" vom zuständigen Ministerium offenbar nur sehr zögerlich Rechnung ("erstmals im Januar 2017") getragen wurde. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerfG ist allerdings in Fällen eines "außergewöhnlichen Arbeitsanfalls" die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern bei dem betreffenden Gericht nur "zeitweilig" gerechtfertigt, jedoch dann nicht, wenn dessen Arbeitslast deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es strukturell unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist. Letzteres kommt in den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern aber mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, die - laut Auskunft - selbst für die Abordnung zuständig und verantwortlich zeichnet. Denn sie begründet die Abordnung mit einer dauerhaften erheblichen Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die nahezu zwangsläufig zu einer erhöhten Bestandsbelastung führen, sowie mit einer nicht ausreichenden Ausstattung des LSG mit Planstellen. Unabhängig davon, ob und seit wann eine Ausstattung mit weiteren Planstellen objektiv erforderlich gewesen wäre, kann von einem "zeitweilig außergewöhnlichen Arbeitsanfall", der eine weitere Abordnung rechtfertigen könnte, damit jedenfalls zum Zeitpunkt der hier fraglichen Beschlussfassung am 19.6.2017 nicht mehr die Rede sein.

17

Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

18

c) Bei dem hiernach vorliegenden absoluten Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)wird das Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler vermutet (vgl BSG Beschluss vom 31.3.2017 - B 12 KR 28/16 B - Juris RdNr 9).

19

Unerheblich ist, dass die Klägerin die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG nicht bereits während des berufungsgerichtlichen Verfahrens gerügt hat. Die Besetzungsrüge ist nicht gemäß § 202 S 1 SGG iVm § 295 Abs 1 ZPO ausgeschlossen, weil auf die Befolgung der für eine vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen nicht wirksam iS von § 295 Abs 2 ZPO verzichtet werden kann(BSG Urteil vom 12.5.1993 - 6 RKa 25/92 - Juris RdNr 16).

20

d) Der Senat macht aus prozessökonomischen Gründen von der in § 160a Abs 5 SGG vorgesehenen Möglichkeit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des LSG wegen des benannten Verfahrensmangels und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz Gebrauch.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerden der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Januar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten ist die Übernahme einer Heizkostennachzahlung, die das beklagte Jobcenter ablehnte und zu deren Übernahme in Höhe von 690,35 Euro es vom SG unter Zulassung der Berufung verurteilt wurde (Urteil vom 22.10.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.1.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Klägerinnen insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür eingeholt. Die Klägerinnen haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 25.1.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 25.1.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

8

Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägerinnen außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerden der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. März 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten sind Leistungen nach dem SGB II für die Kläger, die das beklagte Jobcenter ablehnte. Das SG hat die auf Zahlung von Leistungen für verschiedene Zeiträume gerichteten Klagen abgewiesen (Urteile vom 19.11.2013), das LSG hat die Verfahren verbunden und die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 28.3.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Kläger insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür in dem parallel gelagerten Verfahren mit dem Aktenzeichen - B 14 AS 157/17 B -, das sich gegen denselben Beklagten richtet und in dem die dortigen Klägerinnen von derselben Prozessbevollmächtigten vertreten werden, eingeholt und den Beteiligten des hiesigen Verfahrens zur Kenntnis übersandt. Die Kläger haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 28.3.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 28.3.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

8

Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägern außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 24. Februar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um eine Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat mit Urteil vom 1.4.2016 die Klage unter Auferlegung von Verschuldenskosten iHv 150 Euro abgewiesen. Das LSG (7. Senat) hat nach Anhörung der Beteiligten die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 24.2.2017 zurückgewiesen. An diesem Beschluss haben der Vorsitzende Richter am LSG A., der Richter am LSG M. und der Richter am SG G. mitgewirkt.

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG. Sie rügt die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO). Die Mitwirkung des Richters am SG G. bei der Beschlussfassung des 7. Senats des LSG führe zu dessen ordnungswidrigen Besetzung, weil die seit Januar 2015 bereits andauernde Abordnung des Richters am SG G. an das LSG nicht den in der Rechtsprechung des BVerfG vorgegebenen Grenzen gerecht werde. Die Abordnung möge ursprünglich zur Erprobung erfolgt sein. Dieser Rechtfertigungsgrund sei mittlerweile aber weggefallen. Jedenfalls legitimiere er keine Abordnung über mehrere Jahre. Die Dauer der Abordnung des Richters am SG G. rechtfertige sich auch nicht mit einer nicht vorhersehbaren Überlastung des LSG.

3

Der Senat hat Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 6.7.2017 und 17.10.2017 über die Gründe und die (Fort-)Dauer der Abordnung des Richters am SG G. an das LSG eingeholt.

4

II. Auf die Beschwerde der Klägerin war der angefochtene Beschluss des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

5

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Die Klägerin hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG)und auch in der Sache zutreffend die Verletzung ihres Rechts aus Art 101 Abs 1 S 2 GG auf den gesetzlichen Richter gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

6

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor. Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde zu Recht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG Mecklenburg-Vorpommern bei der am 24.2.2017 erfolgten Beschlussfassung in der hier streitbefangenen Sache.

7

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 S 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

8

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (zB BVerfG Beschluss vom 23.1.1996 - 1 BvR 1551/95 - Juris RdNr 3; ebenso auch BGH Urteil vom 16.3.2005 - RiZ 2/04 - BGHZ 162, 333, 340 f; BVerwG Urteil vom 23.8.1996 - 8 C 19/95 - BVerwGE 102, 7, 8; BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 5) sieht das GG im Interesse der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass deren Amt grundsätzlich von bei dem betreffenden Gericht planmäßig und auf Lebenszeit ernannten Richtern ausgeübt wird. Richter sind nach Art 97 Abs 1 GG weisungsunabhängig; ihre sachliche Unabhängigkeit wird durch die Garantie der persönlichen Unabhängigkeit in Art 97 Abs 2 GG institutionell gesichert. Auch Art 92 GG setzt als Normalfall Richter voraus, die unversetzbar und unabsetzbar sind.

9

Der Einsatz von nicht planmäßigen Richtern bei einem Gericht ist deshalb auf das zwingend gebotene Maß zu beschränken (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 162). Die Notwendigkeiten, die eine solche Verwendung rechtfertigen, können in den einzelnen Gerichtszweigen, bei den einzelnen Gerichten und bei ihren Kammern oder Senaten örtlich und zeitlich verschieden sein; daher hängt es von den jeweiligen besonderen Umständen ab, ob und in welchem Maß im Einzelfall die Besetzung der erkennenden Gerichte mit nicht planmäßigen Richtern zulässig ist. In jedem Fall muss es sich um unumgängliche Bedürfnisse der Rechtspflege handeln.

10

Ein zwingender Grund für den Einsatz planmäßiger Richter unterer Gerichte in Abordnung an obere Gerichte ist die Eignungserprobung (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164). Die Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden oder Beurteilungsgrundlagen für ein richterliches Beförderungsamt zu schaffen, erlaubt die Heranziehung auch solcher Richter an ein Gericht, die nicht planmäßige Richter dieses Gerichts sind (BVerfG Beschluss vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - Juris RdNr 7 mwN).

11

Zudem liegen zwingende Gründe für einen Einsatz nicht planmäßiger Richter an oberen Gerichten vor, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen (typischerweise bei Mutterschutz oder Dienstunfähigkeit) oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Auch in solchen Fällen ist die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern aber nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164 f; ebenso BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 8).

12

b) Ausgehend von diesen Maßstäben war, wie sich aus den vom Senat eingeholten dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 6.7.2017 und 17.10.2017 ergibt, der 7. Senat des LSG bei der Beschlussfassung am 24.2.2017 nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des Richters am SG G. statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor.

13

Aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern geht hervor, dass Richter am SG G. zunächst für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 zur "Rechtserprobung" an das LSG abgeordnet war. Sodann wurde seine Abordnung bis zum 31.12.2016 und anschließend erneut bis zum 31.12.2018 verlängert. Die Fortdauer der Abordnung des Richters am SG G."über den Zeitraum der Rechtserprobung hinaus" sei - so die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern - "mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere auf die erheblichen Bestände" des LSG erfolgt. Ende 2015 entfielen auf jeden Richter am LSG Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 208 Verfahren, während der Bundesdurchschnitt bei 114 lag. 2016 betrug in Mecklenburg-Vorpommern die Durchschnittsbelastung 135 Verfahrenszugänge pro Richter, während es im Bund 110 waren. Weiter heißt es in ihrem Schreiben vom 6.7.2017 wie folgt: "Da alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt sind, war mir in der Vergangenheit eine Verstärkung nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich. Meinen wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs ist erstmals im Herbst 2016 dadurch Rechnung getragen worden, dass eine kapitelübergreifend genutzte Stelle ausgeschrieben werden konnte." Nach ihrer Auskunft vom 17.10.2017 ist ein weiterer Richter zum 26.1.2017 am LSG alsdann im Vorgriff auf den Doppel-Haushalt 2017/2018 - kapitelübergreifend - ernannt worden. Das LSG sei trotz gestiegener Eingangszahlen seit 1993 bis heute (Anm Oktober 2017) mit zwölf Planstellen ausgestattet. Die weitere Abordnung des Richters am SG G. sei den im Einzelnen aufgefächerten Zahlen geschuldet, da die alleinige Besetzung einer weiteren Stelle den Bedarf des Gerichts nicht habe decken können.

14

Zwingende Gründe im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG für die auch noch im Februar 2017 fortbestehende Abordnung des Richters am SG G. an das LSG ergeben sich aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern nicht.

15

aa) Die eine Abordnung an das LSG rechtfertigende Eignungserprobung des Richters am SG G. war bereits zum 30.9.2015 beendet.

16

bb) Zwar weist die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern auf eine erhebliche Belastungssituation Ende 2015 und 2016 beim Berufungsgericht hin, deren Bewältigung durch Verstärkung richterlichen Personals "nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich" war, weil "alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt" waren und ihren "wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs" vom zuständigen Ministerium offenbar nur sehr zögerlich Rechnung ("erstmals im Januar 2017") getragen wurde. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerfG ist allerdings in Fällen eines "außergewöhnlichen Arbeitsanfalls" die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern bei dem betreffenden Gericht nur "zeitweilig" gerechtfertigt, jedoch dann nicht, wenn dessen Arbeitslast deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist. Letzteres kommt in den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern aber mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, die laut Auskunft selbst für die Abordnung zuständig und verantwortlich zeichnet. Denn sie begründet die Abordnung mit einer dauerhaften erheblichen Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die nahezu zwangsläufig zu einer erhöhten Bestandsbelastung führen, sowie mit einer nicht ausreichenden Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit. Unabhängig davon, ob und seit wann eine Ausstattung mit weiteren Planstellen objektiv erforderlich gewesen wäre, kann von einem "zeitweilig außergewöhnlichen Arbeitsanfall", der eine weitere Abordnung rechtfertigen könnte, jedenfalls zum Zeitpunkt der hier fraglichen Beschlussfassung am 24.2.2017 nicht mehr die Rede sein.

17

Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

18

c) Bei dem hiernach vorliegenden absoluten Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)wird das Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler vermutet (vgl BSG Beschluss vom 31.3.2017 - B 12 KR 28/16 B - Juris RdNr 9).

19

Unerheblich ist, dass die Klägerin die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG nicht bereits während des berufungsgerichtlichen Verfahrens gerügt hat. Die Besetzungsrüge ist nicht gemäß § 202 S 1 SGG iVm § 295 Abs 1 ZPO ausgeschlossen, weil auf die Befolgung der für eine vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen nicht wirksam iS von § 295 Abs 2 ZPO verzichtet werden kann(BSG Urteil vom 12.5.1993 - 6 RKa 25/92 - Juris RdNr 16).

20

d) Der Senat macht aus prozessökonomischen Gründen von der in § 160a Abs 5 SGG vorgesehenen Möglichkeit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des LSG wegen des benannten Verfahrensmangels und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz Gebrauch.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Juni 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig. Das SG Neubrandenburg hat die Klage mit Urteil vom 12.5.2016 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das LSG nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss des 7. Senats vom 19.6.2017, an dem der an das LSG abgeordnete Richter am SG G. mitgewirkt hat, zurückgewiesen.

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG. Sie rügt die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO). Richter am SG G. habe bei der Beschlussfassung des 7. Senats des LSG nicht mitwirken dürfen. Dieser sei mindestens seit dem 1.1.2015 an das LSG abgeordnet, was sich aus den Geschäftsverteilungsplänen dieses Gerichts ergäbe. Die Länge der Abordnung überschreite die nach der Rechtsprechung des BVerfG hierfür geltenden Grenzen erheblich. Die Abordnung möge ursprünglich zur Erprobung erfolgt sein. Dieser Rechtfertigungsgrund sei mittlerweile aber weggefallen. Jedenfalls legitimiere er keine Abordnung über mehrere Jahre. Angesichts ihrer Länge sei die Abordnung auch nicht durch eine unvorhergesehene Überlastung des LSG zu rechtfertigen.

3

Der Senat hat Stellungnahmen der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 zu den Gründen und die (Fort-)Dauer der Abordnung des Richters am SG G. an das LSG aus dem Parallelverfahren B 13 R 107/17 B beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.

4

II. Auf die Beschwerde der Klägerin war der angefochtene Beschluss des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

5

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Die Klägerin hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG)und auch in der Sache zutreffend die Verletzung ihres Rechts aus Art 101 Abs 1 S 2 GG auf den gesetzlichen Richter gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

6

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor. Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde zu Recht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG Mecklenburg-Vorpommern bei der am 19.6.2017 erfolgten Beschlussfassung in der hier streitbefangenen Sache.

7

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 S 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

8

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (zB BVerfG Beschluss vom 23.1.1996 - 1 BvR 1551/95 - Juris RdNr 3; ebenso auch BGH Urteil vom 16.3.2005 - RiZ 2/04 - BGHZ 162, 333, 340 f; BVerwG Urteil vom 23.8.1996 - 8 C 19/95 - BVerwGE 102, 7, 8; BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 5) sieht das GG im Interesse der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass deren Amt grundsätzlich von bei dem betreffenden Gericht planmäßig und auf Lebenszeit ernannten Richtern ausgeübt wird. Richter sind nach Art 97 Abs 1 GG weisungsunabhängig; ihre sachliche Unabhängigkeit wird durch die Garantie der persönlichen Unabhängigkeit in Art 97 Abs 2 GG institutionell gesichert. Auch Art 92 GG setzt als Normalfall Richter voraus, die unversetzbar und unabsetzbar sind (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 162).

9

Der Einsatz von nicht planmäßigen Richtern bei einem Gericht ist deshalb auf das zwingend gebotene Maß zu beschränken (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 162). Die Notwendigkeiten, die eine solche Verwendung rechtfertigen, können in den einzelnen Gerichtszweigen, bei den einzelnen Gerichten und bei ihren Kammern oder Senaten örtlich und zeitlich verschieden sein; daher hängt es von den jeweiligen besonderen Umständen ab, ob und in welchem Maß im Einzelfall die Besetzung der erkennenden Gerichte mit nicht planmäßigen Richtern zulässig ist. In jedem Fall muss es sich um unumgängliche Bedürfnisse der Rechtspflege handeln.

10

Ein zwingender Grund für den Einsatz planmäßiger Richter unterer Gerichte in Abordnung an obere Gerichte ist die Eignungserprobung (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164). Die Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden oder Beurteilungsgrundlagen für ein richterliches Beförderungsamt zu schaffen, erlaubt die Heranziehung auch solcher Richter an ein Gericht, die nicht planmäßige Richter dieses Gerichts sind (BVerfG Beschluss vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - Juris RdNr 7 mwN).

11

Zudem liegen zwingende Gründe für einen Einsatz nicht planmäßiger Richter an oberen Gerichten vor, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen (typischweise bei Mutterschutz oder Dienstunfähigkeit) oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Auch in solchen Fällen ist die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern aber nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG Urteil vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 ua - BVerfGE 14, 156, 164 f; ebenso BAG Beschluss vom 18.6.2015 - 8 AZN 881/14 - Juris RdNr 8).

12

b) Ausgehend von diesen Maßstäben war, wie sich aus den vom Senat eingeholten dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 6.7.2017 und 17.10.2017 ergibt, der 7. Senat des LSG bei der Beschlussfassung am 19.6.2017 nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des Richters am SG G. statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor.

13

Aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern geht hervor, dass Richter am SG G. zunächst für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 zur "Rechtserprobung" an das LSG abgeordnet war. Sodann wurde seine Abordnung bis zum 31.12.2016 und anschließend erneut bis zum 31.12.2018 verlängert. Die Fortdauer der Abordnung des Richters am SG G."über den Zeitraum der Rechtserprobung hinaus" sei - so die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern - "mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere auf die erheblichen Bestände" des LSG erfolgt. Ende 2015 entfielen auf jeden Richter am LSG Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 208 Verfahren, während der Bundesdurchschnitt bei 114 lag. 2016 betrug in Mecklenburg-Vorpommern die Durchschnittsbelastung 135 Verfahrenszugänge pro Richter, während es im Bund 110 waren. Weiter heißt es in ihrem Schreiben vom 6.7.2017 wie folgt: "Da alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt sind, war mir in der Vergangenheit eine Verstärkung nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich. Meinen wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs ist erstmals im Herbst 2016 dadurch Rechnung getragen worden, dass eine kapitelübergreifend genutzte Stelle ausgeschrieben werden konnte." Nach ihrer Auskunft vom 17.10.2017 ist ein weiterer Richter zum 26.1.2017 am LSG alsdann im Vorgriff auf den Doppel-Haushalt 2017/2018 - kapitelübergreifend - ernannt worden. Das LSG sei trotz gestiegener Eingangszahlen seit 1993 bis heute (Anm Oktober 2017) mit zwölf Planstellen ausgestattet. Die weitere Abordnung des Richters am SG G. sei den im Einzelnen aufgefächerten Zahlen geschuldet, da die alleinige Besetzung einer weiteren Stelle den Bedarf des Gerichts nicht habe decken können.

14

Zwingende Gründe im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG für die auch noch im Juni 2017 fortbestehende Abordnung des Richters am SG G. an das LSG ergeben sich aus den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern nicht.

15

aa) Die eine Abordnung an das LSG rechtfertigende Eignungserprobung des Richters am SG G. war bereits zum 30.9.2015 beendet.

16

bb) Zwar weist die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern auf eine erhebliche Belastungssituation Ende 2015 und 2016 beim Berufungsgericht hin, deren Bewältigung durch Verstärkung richterlichen Personals "nur durch die Abordnung von Richterinnen und Richtern der ersten Instanz möglich" war, weil "alle 12 dem LSG zugewiesenen Planstellen besetzt" waren und ihren "wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs" vom zuständigen Ministerium offenbar nur sehr zögerlich Rechnung ("erstmals im Januar 2017") getragen wurde. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerfG ist allerdings in Fällen eines "außergewöhnlichen Arbeitsanfalls" die Verwendung von nicht planmäßigen Richtern bei dem betreffenden Gericht nur "zeitweilig" gerechtfertigt, jedoch dann nicht, wenn dessen Arbeitslast deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es strukturell unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist. Letzteres kommt in den dienstlichen Stellungnahmen der Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern aber mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, die - laut Auskunft - selbst für die Abordnung zuständig und verantwortlich zeichnet. Denn sie begründet die Abordnung mit einer dauerhaften erheblichen Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die nahezu zwangsläufig zu einer erhöhten Bestandsbelastung führen, sowie mit einer nicht ausreichenden Ausstattung des LSG mit Planstellen. Unabhängig davon, ob und seit wann eine Ausstattung mit weiteren Planstellen objektiv erforderlich gewesen wäre, kann von einem "zeitweilig außergewöhnlichen Arbeitsanfall", der eine weitere Abordnung rechtfertigen könnte, damit jedenfalls zum Zeitpunkt der hier fraglichen Beschlussfassung am 19.6.2017 nicht mehr die Rede sein.

17

Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

18

c) Bei dem hiernach vorliegenden absoluten Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)wird das Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler vermutet (vgl BSG Beschluss vom 31.3.2017 - B 12 KR 28/16 B - Juris RdNr 9).

19

Unerheblich ist, dass die Klägerin die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 7. Senats des LSG nicht bereits während des berufungsgerichtlichen Verfahrens gerügt hat. Die Besetzungsrüge ist nicht gemäß § 202 S 1 SGG iVm § 295 Abs 1 ZPO ausgeschlossen, weil auf die Befolgung der für eine vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen nicht wirksam iS von § 295 Abs 2 ZPO verzichtet werden kann(BSG Urteil vom 12.5.1993 - 6 RKa 25/92 - Juris RdNr 16).

20

d) Der Senat macht aus prozessökonomischen Gründen von der in § 160a Abs 5 SGG vorgesehenen Möglichkeit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des LSG wegen des benannten Verfahrensmangels und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz Gebrauch.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerden der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Januar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten ist die Übernahme einer Heizkostennachzahlung, die das beklagte Jobcenter ablehnte und zu deren Übernahme in Höhe von 690,35 Euro es vom SG unter Zulassung der Berufung verurteilt wurde (Urteil vom 22.10.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.1.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Klägerinnen insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür eingeholt. Die Klägerinnen haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 25.1.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 25.1.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

8

Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägerinnen außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerden der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. März 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten sind Leistungen nach dem SGB II für die Kläger, die das beklagte Jobcenter ablehnte. Das SG hat die auf Zahlung von Leistungen für verschiedene Zeiträume gerichteten Klagen abgewiesen (Urteile vom 19.11.2013), das LSG hat die Verfahren verbunden und die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 28.3.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Kläger insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür in dem parallel gelagerten Verfahren mit dem Aktenzeichen - B 14 AS 157/17 B -, das sich gegen denselben Beklagten richtet und in dem die dortigen Klägerinnen von derselben Prozessbevollmächtigten vertreten werden, eingeholt und den Beteiligten des hiesigen Verfahrens zur Kenntnis übersandt. Die Kläger haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 28.3.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 28.3.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

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Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägern außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.