Bundessozialgericht Beschluss, 10. Juli 2016 - B 11 AL 30/16 B

bei uns veröffentlicht am10.07.2016

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, die Entscheidung über die Auferlegung von Mutwillenskosten in dem bezeichneten Urteil aufzuheben, wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beklagte wandte sich im Ausgangsverfahren mit zwei getrennten Klagen einerseits gegen den Bewilligungsbescheid vom 22.7.2013 sowie andererseits gegen den gesondert erlassenen Sperrzeitbescheid vom 22.7.2013. SG und LSG sahen die zweite (wegen Sperrzeit) erhobene Klage als unzulässig an (zuletzt Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 9.3.2016). Bewilligungsbescheid und Sperrzeitbescheid bildeten eine rechtliche Einheit, sodass mit der zuerst erhobenen Klage die Sache insgesamt rechtshängig geworden sei. Die zeitlich später erhobene Klage sei wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.

2

Die Klägerin hat gegen das Urteil des LSG Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend und wirft die Fragen auf,

"ob zwischen zwei unterschiedlichen Bescheiden einer Behörde Bescheideinheit bestehen kann und ob deshalb Rechtsmittel gegen einen dieser Bescheide unzulässig sind"

        

"und es ist zu klären, aufgrund welcher Kriterien gegen einen dieser Bescheide Rechtsmittel zulässig sein sollen und woran der Adressat dieser Bescheide den jeweils rechtsmittelfähigen Bescheid erkennen könnte".

3

Die Klägerin rügt zudem das Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könne. Das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es eine Prozessentscheidung getroffen und sich nicht materiell mit ihrer Klage auseinandergesetzt habe. Schließlich habe das LSG ihr in dem Urteil Missbrauchskosten auferlegt. Sie beantragt, die Entscheidung des LSG insoweit aufzuheben.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre konkrete Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

6

Die Klägerin hat nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt, dass die von ihr aufgeworfenen Fragen klärungsbedürftig sind. Sie hatte zwar höchstrichterliche Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen dargestellt (BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R) und behauptet, diese beantworteten ihre Fragen nicht. Die Klägerin hat sich aber nicht in der gebotenen Weise mit dieser Rechtsprechung auseinandergesetzt. Dazu hätte sie sich mit den dortigen Ausführungen (BSG aaO Juris RdNr 14) beschäftigen müssen, wonach Bewilligungs- und Sperrzeitbescheid sowie die Entscheidung über die Minderung der Anspruchsdauer einheitliche Regelungen darstellten, die ggf insgesamt Gegenstand eines Rechtsstreits würden. Auch hat das BSG diese Auffassung in weiteren Entscheidungen vertieft (BSG vom 9.2.2006 - B 7a/7 AL 48/04 R - juris RdNr 12; BSG vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21; BSG vom 2.5.2012 - B 11 AL 6/11 R - BSGE 111, 1 ff), mit denen sich die Klägerin nicht befasst hat. Nachdem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist, dass Bewilligungsbescheid (mit der Ablehnung der Bewilligung für den Sperrzeitzeitraum), der Sperrzeitbescheid und ggf der Bescheid über die Minderung der Anspruchsdauer eine Einheit bilden, hätte sie darlegen müssen, weshalb die aufgeworfenen Fragen nicht beantwortet sind bzw sich neu stellen. Hieran fehlt es.

7

Auch der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler ist nicht formgerecht gerügt worden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36).

8

Dass eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegen könnte, wird schon nicht hinreichend deutlich. Das LSG hat sich ausdrücklich mit der Problematik auseinandergesetzt, ob, nachdem die Klage wegen des Bewilligungsbescheids anhängig geworden ist, diese auch den Bescheid über den Eintritt einer Sperrzeit als einheitliche Regelung erfasse, oder ob eine weitere Klage wegen des Sperrzeitbescheids erhoben werden kann. Das LSG ist dann aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - zu dem Ergebnis gelangt, die zeitlich später erhobene Klage sei unzulässig. Das Vorbringen der Klägerin ist vom LSG gehört und gewürdigt worden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet demgegenüber nicht, dass das Gericht der von ihm wahrgenommenen Rechtsauffassung der Klägerin folgen müsste.

9

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

10

Der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über Mutwillenskosten ist unzulässig. Er ist entsprechend § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG ebenfalls zu verwerfen, weil die Kostenentscheidung eines Urteils im Falle der Verhängung von sog Mutwillenskosten kein selbständiger Teil des Streitstoffs und daher nicht abtrennbar ist (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 1; BSG vom 26.10.2010 - B 5 R 303/10 B - Juris). Da die Beschwerde zu verwerfen war, kann der Kostenausspruch des LSG nicht (isoliert) geändert werden.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 ge
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bei uns veröffentlicht am 19.10.2017

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 29. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 geändert hat. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch), ob in der Zeit vom 31.1.2006 bis 20.2.2006 eine Sperrzeit eingetreten ist und ob der Kläger für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit 1968 bei der A GmbH & Co KG (Arbeitgeberin) beschäftigt. Mit Schreiben vom 28.6.2005 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31.1.2006. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage nahm der Kläger im Februar 2006 zurück, nachdem er sich mit der Arbeitgeberin über die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 5500 Euro sowie die Zahlung einer Treueprämie geeinigt hatte.

3

Zuvor hatte er mit Schreiben vom 27.1.2006 sein Arbeitsverhältnis zum 30.1.2006 gekündigt, um der Verkürzung seines Alg-Anspruchs von 26 auf 12 Monate auf Grund einer am 1.2.2006 wirksam werdenden Änderung des § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zu entgehen. Die Beklagte, bei der sich der Kläger am 3.11.2005 arbeitslos gemeldet hatte, stellte den Eintritt einer - wegen der ohnedies innerhalb von sechs Wochen endenden Beschäftigung - auf drei Wochen verkürzten Sperrzeit vom 31.1. bis 20.2.2006 fest, weil der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst habe; außerdem lehnte sie die Gewährung von Alg für die Dauer der Sperrzeit ab und bewilligte dem Kläger erst ab 21.2.2006 Alg für (eine Dauer von) 780 Kalendertagen, die sich allerdings um die 21 Tage der Sperrzeit mindere (Bescheide vom 7. und 8.2.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2006). Seit 1.4.2006 ist der Kläger wieder versicherungspflichtig beschäftigt.

4

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die auf Aufhebung der Sperrzeit und Zahlung von Alg für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2008). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat dieses Urteil auf die Berufung des Klägers geändert; die Verfügung über die Sperrzeit hat es aufgehoben, die Beklagte zur "Gewährung" von Alg aber nur für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt und im Übrigen - hinsichtlich der Zahlung von Alg für den 31.1.2006 - die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger habe für die Vorverlagerung des Beschäftigungsendes ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, weil er sich so auf Grund der Übergangsregelung des § 434l Abs 1 SGB III iVm § 127 Abs 1 und 2 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung einen längeren Alg-Anspruch habe erhalten können. Am 31.1.2006 habe sein Anspruch wegen der gezahlten Abfindung geruht.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 144 SGB III. Zur Begründung führt sie aus, der Kläger könne sich auf einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht berufen. Denn bei Abwägung seiner Individualinteressen mit dem Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe, sei ihm die Hinnahme der Kündigung seiner Arbeitgeberin zum 31.1.2006 zumutbar gewesen. Ein wichtiger Grund für die Kündigung ergebe sich weder aus persönlichen noch aus beruflichen Gründen. Wolle der Kläger durch die vom ihm gewählte arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeit in den Genuss des Vorteils der längeren Alg-Anspruchsdauer kommen, müsse er auch die andere - negative - Seite dieser Gestaltungsmöglichkeit, nämlich den Eintritt einer Sperrzeit, akzeptieren. Der geringfügige Nachteil (drei Wochen Sperrzeit) sei im Verhältnis zu dem hieraus folgenden Vorteil (Verlängerung der Anspruchsdauer um 14 Monate) nicht unverhältnismäßig.

6

Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des LSG aufzuheben, soweit dieses das Urteil des SG geändert hat.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten über den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG)sind die Verfügungen der Beklagten vom 7.2.2006 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit sowie über die Ablehnung der Zahlung von Alg für den bezeichneten Zeitraum. Insoweit bilden der Sperrzeitbescheid vom 7.2.2006 und der Bewilligungsbescheid vom 8.2.2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2006, eine Einheit (stRspr; vgl nur BSGE 84, 225 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 17). Ob in dem Sperrzeitbescheid als eigenständige Verfügung (Verwaltungsakt) iS des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zudem die Minderung der Anspruchsdauer angeordnet und auch diese Gegenstand des Verfahrens ist, bedarf wegen der Klageabweisung insgesamt gegen den Bescheid vom 7.2.2006 keiner Entscheidung. Versteht man die bezeichnete Minderung als eigenständigen Verwaltungsakt innerhalb des Bescheids, wäre dieser ebenso rechtmäßig wie die Feststellung der Sperrzeit; denn die Sperrzeit mindert die Anspruchsdauer - wie von der Beklagten im Bescheid angenommen - gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III(in der Normfassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.12.2005 - BGBl I 3676) um 21 Tage.

11

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III(ebenfalls in der Fassung, die die Norm durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze erhalten hat) ist vorliegend eine Sperrzeit von (nur) drei Wochen eingetreten; dies entspricht gemäß § 339 SGB III 21 Tagen(Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 339 RdNr 37, Stand Januar 2005). Der Anspruch des Klägers ruht für die Dauer der Sperrzeit, weil der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) durch seine Kündigung vom 27.1.2006 zum 30.1.2006 das (noch bestehende) Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Allerdings ist - wie von der Beklagten angenommen - nur eine Sperrzeit von drei statt einer Regelsperrzeit von zwölf Wochen eingetreten. Nach § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III verkürzt sich nämlich die Sperrzeit, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, wie dies auf Grund der betriebsbedingten Kündigung durch die Arbeitgeberin zum 31.1.2006 (einen Tag später) der Fall gewesen wäre. Dass in dieser Regelung eigentlich das Beschäftigungs-, nicht das Arbeitsverhältnis gemeint ist (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 491, Stand September 2006), ist vorliegend ohne Bedeutung, weil das Ende des Arbeitsverhältnisses auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses dargestellt hätte. Die zentrale Frage für alle eingetretenen Rechtsfolgen ist die nach dem Vorliegen eines wichtigen Grunds; diesen hat die Beklagte zu Recht verneint.

12

Der wichtige Grund ist nach der stRspr des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder deren Behebung er unbegründet unterlässt, zu bestimmen (vgl nur BSGE 84, 225, 230 mwN = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15 S 64 mwN); die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 58 f). Ein wichtiger Grund liegt nach der stRspr des BSG - vereinfacht formuliert - vor, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 mwN; Coseriu in Eicher/Schlegel, aaO, § 144 RdNr 167 ff, Stand Juni 2010). Allerdings ist diese allgemeine Umschreibung dahin zu konkretisieren, dass es sich um Umstände handeln muss, die sich auf die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses beziehen (BSGE 21, 205, 207 = SozR Nr 3 zu § 80 AVAVG Bl Ba3 Rücks; BSGE 43, 269, 271 = SozR 4100 § 119 Nr 2 S 4; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr 17 S 80 f; Marx, Absprachen der Arbeitsvertragsparteien zur Vermeidung einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III, 2008, S 55 f), die nach der historischen Entwicklung der Sperrzeitregelungen grundsätzlich entweder der beruflichen oder der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers entspringen müssen.

13

Die heutige Sperrzeitregelung geht auf die Regelungen der §§ 78, 80 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) zurück. Insoweit enthielt § 78 Abs 2 AVAVG eine ausdrückliche Auflistung berechtigter Gründe für die Aufgabe der Arbeitsstelle, die allesamt der beruflichen Sphäre entsprangen; daneben waren (nur) wichtige Gründe nach § 80 Abs 1 Satz 1 AVAVG in Anlehnung an die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften zu prüfen(vgl im Einzelnen: Kühl, Die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, 2007, S 124 ff; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 ff). Mit Inkrafttreten des Arbeitsförderungsrechts (AFG) wurde die Unterscheidung zwischen berechtigtem und wichtigem Grund zwar aufgegeben und durch eine verallgemeinernde Generalklausel ersetzt (vgl Kühl, aaO, S 126 mwN), und das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) hat mit § 144 SGB III inhaltlich ohne wesentliche Änderung die Regelung des § 119 AFG übernommen(Kühl, aaO); trotz der mit der gegenüber dem AVAVG für weitere Fallgestaltungen offenen Neuregelung durch das AFG bzw das SGB III bleibt jedoch weiterhin Bezugspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit das Beschäftigungsverhältnis selbst.

14

Vorliegend war die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger einzig und allein dadurch motiviert, dass er durch eine Vorverlagerung des Beschäftigungsendes günstigere Rechtsfolgen für seinen entstehenden Alg-Anspruch herbeiführen wollte. Gemäß § 434l Abs 1 SGB III konnte sich der Kläger nämlich auf diese Weise wegen des Anspruchserwerbs auf Alg vor dem 1.2.2006 einen (längeren) Alg-Anspruch von 26 Monaten nach dem bis 31.1.2006 geltenden § 127 SGB III gegenüber der ab 1.2.2007 geltenden Neuregelung (12 Monate) durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) erhalten.

15

Ob diese Verkürzung der Anspruchsdauer - auch unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 434r SGB III - verfassungswidrig ist, kann offen bleiben(vgl dazu auch das Senatsurteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 23/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); nicht beantwortet werden muss auch die Frage, ob Gesichtspunkte, die außerhalb der beruflichen wie auch der persönlichen Sphäre liegen und wirtschaftlicher Natur sind, zumindest dann beim wichtigen Grund Berücksichtigung finden müssen, wenn die Anwendung des § 144 SGB III ansonsten zu einer unverhältnismäßigen Rechtsbeeinträchtigung führen würde. Jedenfalls gilt dies dann nicht, wenn - wie hier - zu rein wirtschaftlichen Aspekten keine mit der Berufssphäre verbundenen oder sonstigen persönlichen Gründe hinzutreten, die die Fortsetzung der Beschäftigung unzumutbar machen, und die Rechtsfolgen, die sich aus der Eigenkündigung des Klägers ergeben, diesen jedenfalls nicht unverhältnismäßig treffen.

16

Mit § 144 SGB III hat der Gesetzgeber eine typisierende und pauschalierende Regelung getroffen, mit der er ua deutlich macht, dass sich ein Arbeitnehmer prinzipiell nicht an der Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses beteiligen soll. Zumindest dies belegt die nicht ganz gelungene Formulierung (vgl Eicher, SGb 2005, 553), dass die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses (bereits) ein versicherungswidriges Verhalten sei; nur ausnahmsweise soll keine Sperrzeit eintreten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann aber jedenfalls nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis nur löst, um sich für ihn günstigere arbeitsförderungsrechtliche Rechtsfolgen zu erhalten, die sich aus der Lösung, also dem (normativ) versicherungswidrigen Verhalten, ergebenden Rechtsfolgen jedoch nicht so gravierend sind, dass sie ihn unverhältnismäßig treffen. Dabei spielt bei der von § 144 SGB III gewählten Typisierung und Pauschalierung keine Rolle, ob bzw wann das Beschäftigungsverhältnis ohnedies geendet hätte; denn nach der stRspr des BSG hat die Sperrzeitregelung weder Strafcharakter noch ist sie ein pauschalierter Schadensausgleich (BSGE 84, 225, 230 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12). Diesem Gesichtspunkt wird vielmehr hinreichend durch die Härteregelungen des § 144 Abs 3 SGB III mit der Verkürzung der Sperrzeit Rechnung getragen. Hierzu hat das BSG bereits entschieden, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 144 SGB III nicht erforderlich ist, die Dreiwochenfrist weiter zu verkürzen, wenn das Ende des Beschäftigungsverhältnisses um weniger als drei Monate - wie vorliegend - vorverlagert wurde(BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 13; vgl im Einzelnen Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 497, Stand September 2006).

17

Dem Anliegen des Klägers (Erhaltung eines längeren Alg-Anspruchs) wird hinreichend durch diese Regelung Rechnung getragen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger das Beschäftigungsverhältnis auf die reine Möglichkeit hin gelöst hat, dass er gegenüber der Neuregelung einen längeren Alg-Anspruch auch benötigte. Dass bzw ob dies der Fall sein würde, also der Kläger individuell durch die Neuregelung überhaupt persönlich betroffen würde bzw noch werden kann, war zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht absehbar; immerhin ist der Kläger bereits seit 1.4.2006 wiederum in einem Beschäftigungsverhältnis. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger, wenn er sich die Möglichkeit erhalten will, nach dem älteren Recht für längere Zeit Alg zu beziehen (26 statt 12 Monate), auch die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen muss, die darin bestehen, dass sein Alg-Anspruch für die ersten 21 Tage ruht und sich um die entsprechende Anzahl von Tagen mindert.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags.

2

Die am 26.4.1947 geborene schwerbehinderte Klägerin war von 1966 bis Ende November 2005 bei der I. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Sachbearbeiterin/ Sekretärin versicherungspflichtig beschäftigt. Am 10.5.2004 schloss sie mit ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag, der das bestehende Arbeitsverhältnis "auf Veranlassung des Unternehmens zur Vermeidung einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung unter Einhaltung der tariflichen bzw einzelvertraglichen Kündigungsfristen zum 30.11.2005" beendete. Als Grund wurde der ersatzlose Wegfall des Arbeitsplatzes infolge von Umstrukturierungsmaßnahmen angegeben; ein anderer Arbeitsplatz stehe nicht zur Verfügung, weil die Einsatzmöglichkeiten der Klägerin aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen begrenzt seien. Sie erhielt eine Abfindung in Höhe von 47 000 Euro.

3

Nach einer Arbeitsuchendmeldung am 17.5.2005 meldete sich die Klägerin am 5.10.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Laut der Arbeitsbescheinigung galt für die Klägerin eine Kündigungsfrist von 18 Monaten. In einer weiteren Bescheinigung der Arbeitgeberin vom 16.11.2004 bestätigte diese, dass der Klägerin entsprechend der Sozialauswahl gekündigt worden wäre, wenn sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben hätte. Eine Sozialauswahl sei entsprechend § 1 Abs 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) durchgeführt worden.

4

Die Beklagte stellte den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen sowie das Ruhen des Alg-Anspruchs vom 1.12.2005 bis 22.2.2006 fest und verminderte die Dauer des Leistungsanspruchs um 240 Tage (Bescheid vom 11.11.2005; Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005). Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne wichtigen Grund selbst gelöst.

5

Ab 23.2.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg für 714 Tage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 50,90 Euro (Bescheid vom 4.1.2006 und Änderungsbescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2006). Ab 1.5.2007 bezog die Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

6

Das Sozialgericht hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2005 verurteilt, der Klägerin bereits ab 1.12.2005 Alg in gesetzlicher Höhe zu bewilligen (Urteil vom 18.12.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der Änderungsbescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2006 abgeändert wird (Urteil vom 16.2.2011; Berichtigungsbeschluss vom 23.2.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Sperrzeit nach § 144 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei nicht eingetreten. Denn die Klägerin habe für den Abschluss des Aufhebungsvertrags einen wichtigen Grund gehabt, weil ihr zum gleichen Beendigungszeitpunkt eine nicht verhaltensbedingte arbeitgeberseitige Kündigung gedroht habe. Dies gelte trotz der vereinbarten Abfindung. Die zum 1.1.2004 eingeführte Regelung des § 1a KSchG, wonach ein Arbeitnehmer nach den dort genannten Voraussetzungen bei Verstreichenlassen einer Klagefrist für einen Kündigungsschutzprozess eine Abfindung beanspruchen könne, habe nicht nur Auswirkungen auf das Arbeitsrecht, sondern auch auf das Arbeitsförderungsrecht. Entsprechend habe der 11a. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seiner Entscheidung vom 12.7.2006 (B 11a AL 47/05 R - BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13) erwogen, unter Heranziehung der Grundsätze des § 1a KSchG für Streitfälle ab 1.1.2004 auf eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung zu verzichten, wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene nicht überschreite. Das Modell des § 1a KSchG sei auch auf Fallgestaltungen zu übertragen, in denen sich die Arbeitsvertragsparteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hätten und in denen die gewährte Abfindung die finanziellen Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG nicht überschreite; dann sei die Rechtmäßigkeit der drohenden Kündigung nicht zu überprüfen. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn Anhaltspunkte für eine Manipulation zu Lasten der Versichertengemeinschaft vorlägen (Hinweis auf Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17). In Anlegung dieser Maßstäbe könne sich die Klägerin auf einen wichtigen Grund berufen. Die Höhe der erhaltenen Abfindung von 47 000 Euro übersteige den nach § 1a Abs 2 KSchG zu gewährenden Betrag nicht; ebenso wenig bestünden Anhaltspunkte für Manipulationen zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Zwar hätte die Klägerin aufgrund ihres Lebensalters, der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und ihrer Schwerbehinderung nicht ohne Weiteres betriebsbedingt entlassen werden können. Ausnahmsweise sei aber eine außerordentliche Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zulässig, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen sei und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel, ggf durch Umorganisation seines Betriebs, nicht weiter beschäftigen könne (Hinweis auf Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 = AP Nr 143 zu § 626 Bürgerliches Gesetzbuch). Auf dieser Grundlage sei der Klägerin jedenfalls nicht mit einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung gedroht worden. Dies gelte auch angesichts ihrer Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch. Denn die - hypothetische - Kündigung der Klägerin hätte nicht im Zusammenhang mit ihrer Schwerbehinderung gestanden, sodass eine - gleichfalls hypothetische - Zustimmung des Integrationsamts nicht ausgeschlossen gewesen wäre. Auch ein Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Alg wegen der erhaltenen Abfindung (§ 143a SGB III) komme nicht in Betracht, weil die Arbeitsvertragsparteien die bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber vorgesehene gesetzliche Frist von 18 Monaten gewahrt hätten.

7

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 128 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz; sinngemäß auch § 103 S 1 SGG) sowie von materiellem Recht (§ 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III aF). Das LSG habe die Rechtmäßigkeit einer drohenden ordentlichen betriebsbedingten Kündigung im Ergebnis zu Unrecht offengelassen. Das BSG habe zwar in dem genannten Urteil vom 12.7.2006 und ebenso in seinem Urteil vom 8.7.2009 (B 11 AL 17/08 R - BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19) erwogen, künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen, wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene Grenze nicht überschreite. Diese Rechtsprechung (Rspr) des BSG könne sich aber jedenfalls nicht auf schwerbehinderte Leistungsempfänger wie die Klägerin beziehen. Dies ergebe sich auch aus § 1 Abs 3 KSchG, der zeitgleich mit der Schaffung des § 1a KSchG die Grunddaten bei der Sozialauswahl ausdrücklich um den Schwerbehindertenschutz erweitert habe. Schließlich bedeute die Sperrzeit von zwölf Wochen für die Klägerin auch keine besondere Härte iS des § 144 Abs 3 S 2 Nr 2 Buchst b SGB III.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.2.2011 sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.12.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zur Seite gestanden hat und deshalb keine Sperrzeit eingetreten ist.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht nur der Sperrzeitbescheid vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2005, sondern auch der Bewilligungsbescheid vom 4.1.2006 (insoweit ist der Maßgabetenor des Urteils des LSG vom 16.2.2011 zu ergänzen) und der Änderungsbescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2006 (vgl BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 10 RdNr 12 mwN). Dass die Nichtberücksichtigung des ursprünglichen Bewilligungsbescheids vom 4.1.2006 durch das LSG im Revisionsverfahren nicht als Verfahrensfehler gerügt worden ist, ist deshalb ohne Bedeutung, weil durch die Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 16.3.2006 (nach § 86 SGG) auch der Ausgangsbescheid Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

13

2. Nach den unangegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG lagen bei der Klägerin im streitigen Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 22.2.2006 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg vor, weil sie in dieser Zeit arbeitslos war, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaft erfüllt hat (vgl § 118 Abs 1 SGB III).

14

3. Rechtsgrundlage einer - allein in Betracht kommenden - Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ist § 144 SGB III(in der hier maßgeblichen, bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung, jetzt: § 159 SGB III). Nach § 144 Abs 1 S 1 SGB III aF ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III aF ua vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

15

a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis dadurch gelöst hat, dass sie mit ihrer Arbeitgeberin am 10.5.2004 mit Wirkung zum 30.11.2005 einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat (vgl ua BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 31; BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24, mwN). Damit hat sie ihre Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis, führt er nach der Rspr des BSG seine Arbeitslosigkeit jedenfalls grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (vgl BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 10 RdNr 14 mwN). Eine solche Aussicht hatte die Klägerin, wie vom LSG festgestellt, nicht.

16

b) Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG hatte die Klägerin für ihr Verhalten einen wichtigen Grund. Unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung (hierzu im Folgenden unter aa) steht der Abschluss eines Aufhebungsvertrags bei drohender betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers (hierzu unter bb) auch bei Vereinbarung einer Abfindung der Annahme eines wichtigen Grunds nicht entgegen. Dabei ist in entsprechender Anwendung des § 1a KSchG nicht zu prüfen, ob die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig ist(hierzu unter cc). Insoweit entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung weiter (hierzu unter dd). Allerdings bleibt bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit Abfindung (hierzu unter ee) zu prüfen, ob Anhaltspunkte für eine Gesetzesumgehung zum Nachteil der Versichertengemeinschaft vorliegen (hierzu unter ff).

17

aa) Nach der stRspr des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grunds unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese soll die Versichertengemeinschaft vor Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (vgl zuletzt BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 12; BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 35).

18

bb) Einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags hat der Arbeitnehmer nach der bisherigen Rspr dann, wenn der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen ordentlichen Kündigung gedroht hat und dem Arbeitnehmer die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten war (vgl ua BSGE 97, 1, 3 f = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 13 ff; BSGE 89, 243, 248 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24).

19

cc) Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG hat der Klägerin eine betriebsbedingte Kündigung zum gleichen Beendigungszeitpunkt gedroht. Die Rechtmäßigkeit der drohenden betriebsbedingten Kündigung, wie sie in der bisherigen Rspr des BSG stets als Voraussetzung für einen wichtigen Grund gefordert worden ist (vgl ua BSGE 89, 243, 246 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24; zuletzt BSGE 104, 57 = BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 20), brauchte das LSG hingegen nicht zu prüfen.

20

Nach § 1a Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 KSchG hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs 2 S 1 KSchG kündigt, der Arbeitgeber in der schriftlichen Kündigungserklärung darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer beim Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann, und der Arbeitnehmer die Klagefrist des § 4 S 1 KSchG tatsächlich hat verstreichen lassen. Dies führt - arbeitsrechtlich - dazu, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Kündigung seinen Arbeitsplatz nach festen Sätzen "abkaufen" kann und die Kündigung des Arbeitgebers nicht auf ihre materielle Rechtmäßigkeit hin (insbesondere in Bezug auf das Merkmal "wegen dringender betrieblicher Erfordernisse" iS des § 1 Abs 3 KSchG) zu überprüfen ist(vgl Eisemann in Küttner, Personalbuch 2011, 18. Aufl 2011, 1 Abfindung, RdNr 3).

21

Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1204 S 9; vgl auch BT-Drucks 15/1587 S 27) wollte der Gesetzgeber mit dieser neuartigen kündigungsschutzrechtlichen Regelung den Arbeitsvertragsparteien im Fall einer betriebsbedingten Kündigung eine einfache, effiziente und kostengünstige vorgerichtliche Klärung der Voraussetzungen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses anbieten. Zu § 1a Abs 1 KSchG heißt es weiter: "Der gesetzliche Abfindungsanspruch kommt nur bei betriebsbedingten Kündigungen in Betracht, weil hier der Kündigungsgrund der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Der Abfindungsanspruch ist auf ordentliche Kündigungen beschränkt". Zwar hat der Gesetzgeber mit § 1a KSchG unmittelbar nur das Kündigungsrecht geändert; diese Änderung hat jedoch Auswirkungen auch auf das Arbeitsförderungsrecht. Dass der Gesetzgeber dieses während des Gesetzgebungsverfahrens erkannt hat, wird - wie bereits das LSG zutreffend herausgearbeitet hat - daran deutlich, dass im Blick auf das Sperrzeitrecht von einer ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung deshalb abgesehen worden ist, weil nach der Rspr des BSG die bloße Hinnahme einer Arbeitgeberkündigung keine Sperrzeit auslöse (vgl BT-Drucks 15/1587 S 27). Demgemäß hat der erkennende Senat in seiner bereits erwähnten Entscheidung vom 12.7.2006 (BSGE 97, 1, 5 f = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 19 bis 20), die eine Fallgestaltung vor Inkrafttreten des § 1a KSchG am 1.1.2004 zum Gegenstand hatte, ausdrücklich erwogen, dass die unmittelbar nur auf das Arbeitsrecht bezogene "Öffnung" für eine Beendigung von Arbeitsverhältnissen "Veranlassung dafür geben (könnte), künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen". Diese Aussage hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8.7.2009 (B 11 AL 17/08 R - BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19) - ebenso wenig entscheidungstragend - wiederholt.

22

dd) Diese Ankündigungs-Rechtsprechung, die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat (vgl ua Winkler in Gagel, SGB III, § 144 RdNr 56, Stand Juli 2009; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 141, Stand Juni 2010) und der auch die Beklagte ansatzweise Rechnung getragen hat (vgl Durchführungsanweisungen der BA, Stand 11/2011 zu § 144 SGB III, Ziff 9.1.2, RdNr 144.103), wird - unter gleichzeitiger Berücksichtigung der in der Senatsentscheidung vom 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154, 161 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 42 und 43) genannten Maßstäbe - dahingehend vom Senat weiterentwickelt, dass bei einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung in den Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG die Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung entfällt und sich der Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn keine Anhaltspunkte (zB offenkundig rechtswidrige Kündigung) für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft vorliegen.

23

Gegen die entsprechende Anwendung des § 1a KSchG kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, der Gesetzgeber habe mit diesem Modell nur den sich bei einer Kündigung passiv verhaltenden Arbeitnehmer privilegieren wollen und auf eine Regelung im Arbeitsförderungsrecht - wie sich aus den Gesetzesmaterialien(BT-Drucks 15/1587 S 27) entnehmen lasse - auch nur deshalb verzichtet, weil nach der neueren Rechtsprechung des BSG nur die aktive Verursachung der Arbeitslosigkeit eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe auslösen könne; eine aktive Beteiligung des Arbeitnehmers sei jedoch jedenfalls bei einer nicht dem gesetzlichen Abfindungsanspruch entsprechenden Abfindungsangebot erforderlich. Denn dieser Einwand trägt dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ) und einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft einerseits und der Interessen des Versicherten andererseits nicht hinreichend Rechnung.

24

So hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 36 f) entschieden, dass es einem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zum Nachteil gereichen kann, wenn er nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage im arbeitsgerichtlichen Verfahren einen gerichtlichen Vergleich schließt (ebenso DA der BA, Stand 11/2011 zu § 144 SGB III, Ziff 1.2.1, RdNr 144.19). In diesem Fall ist der Frage nach der objektiven Rechtmäßigkeit der Kündigung nicht weiter nachzugehen, vorausgesetzt, es liegen keine Anhaltspunkte für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft vor. Ebenso wie dort die aktive Beteiligung des Arbeitnehmers an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein der Annahme eines wichtigen Grunds entgegensteht, kann es einem Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber bereits vor der Kündigung ein Verfahren nach § 1a KSchG und die Zahlung einer Abfindung in den Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG vereinbart, nicht zum Nachteil gegenüber demjenigen gereichen, bei dem § 1a KSchG unmittelbar zur Anwendung kommt. Auch einem solchen Arbeitnehmer muss deshalb ein wichtiger Grund für die aus einer solchen Vereinbarung resultierenden Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zugestanden werden (vgl Eicher, SGb 2005, 553, 558; Gagel, NZA 2005, 1328, 1329 f; ders ZIP 2005, 332, 334; Voelzke NZS 2005, 281, 287; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 141, Stand Juni 2010). Offenbleiben kann hier, ob dies auch dann gelten soll, wenn der Aufhebungsvertrag nicht anstelle einer bereits ausgesprochenen oder drohenden Kündigung des Arbeitgebers geschlossen wird, sondern schon im Vorfeld eine Vereinbarung über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung getroffen wird (vgl dazu Peters-Lange/Gagel, NZA 2005, 740, 741, 744; Voelzke, NZS 2005, 281, 287; kritisch Coseriu, aaO, RdNr 141; Eicher, SGb 2005, 553, 558 - unter Hinweis auf das Modell "§ 1a KSchG" und dessen Grenzen).

25

Anders als die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung geltend macht, kann die entsprechende Anwendung des § 1a KSchG bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags nicht auf bestimmte Fallgruppen beschränkt werden und erfordert dies auch nicht der Schutz des schwerbehinderten Leistungsempfängers. Denn dessen Schutz wird - siehe im Folgenden unter ff) Ziff (3) - durch die Prüfung gewährleistet, wie im Fall einer - hypothetischen - Kündigung des Arbeitgebers das Integrationsamt zu entscheiden hätte. Ebenso kann im Anwendungsbereich des § 1a KSchG nicht auf das Alter des Leistungsempfängers und dessen berufliches Fortkommen abgestellt werden. Insofern bedarf es auch keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob und inwieweit bei Aufhebungsverträgen eine Differenzierung bei dem Personenkreis der 58jährigen im Hinblick auf die Regelung des § 428 SGB III aF angezeigt sein könnte(vgl zuletzt BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19 mwN zu Streitfällen vor dem 1.1.2004).

26

ee) Wie bereits durch die - zur Rechtsfrage vor Inkrafttreten der Regelung des § 1a KSchG ab 1.1.2004 ergangene - Rspr des Senats geklärt ist (vgl ua Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154, 160 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 38; Urteil vom 12.7.2006 - B 11a AL 47/05 R - BSGE 97, 1, 3 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 15 mwN), steht der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungsregelung verknüpft worden ist, grundsätzlich der Annahme eines wichtigen Grunds nicht entgegen. Zwar kann das Interesse am Erhalt der Abfindung für sich allein einen wichtigen Grund nicht rechtfertigen, jedoch schließt umgekehrt eine Abfindung diesen nicht aus. Vielmehr kann auch das Interesse schützenswert sein, sich bei einer ohnehin nicht zu vermeidenden Beschäftigungslosigkeit wenigstens eine Abfindung zu sichern (vgl BSGE 97, 1, 4 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 15).

27

Die vorliegende Fallgestaltung erfordert insoweit keine andere rechtliche Bewertung. Zutreffend ist das LSG von der Anwendung des KSchG ausgegangen, weil mehr als zehn Arbeitnehmer im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin arbeiteten (vgl § 23 Abs 1 S 3 KSchG). Zwar unterschreitet die der Klägerin gezahlte Abfindung in Höhe von 47 000 Euro deutlich den sich nach den Feststellungen des LSG ergebenden Abfindungsanspruch nach § 1a Abs 2 KSchG in Höhe von rund 74 000 Euro. Die gesetzliche Regelung der Abfindung in § 1a KSchG schließt indes die Vereinbarung von höheren oder niedrigeren Abfindungen nicht aus(vgl BAG Urteil vom 10.7.2008 - 2 AZR 209/07 - AP Nr 8 zu § 1a KSchG 1969; Eisemann in Küttner, Personalbuch 2011, 18. Aufl 2011, 1 Abfindung, RdNr 5; auch nach den DA der BA, Stand 11/2011, zu § 144 SGB III, Ziff 9.1.2, RdNr 144.103 steht eine Abfindung von 0,25 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses der entsprechenden Anwendung des § 1a KSchG nicht entgegen). Anders als bei Vereinbarung der gesetzlich vorgesehenen Abfindungshöhe kann allerdings bei frei vereinbarter Abfindungssumme, namentlich dann, wenn die Abfindungssumme die Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG deutlich überschreitet, ein Anhaltspunkt für einen "Freikauf" gegeben sein(vgl BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19; BSGE 99, 154, 161 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 42; BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 19). Das LSG hat jedoch insoweit zu Recht auf den niedrigeren Abfindungsanspruch der Klägerin hingewiesen.

28

ff) Ebenso wenig liegt eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft deswegen vor, weil die für den Fall des Nichtabschlusses des Aufhebungsvertrags drohende Kündigung der Klägerin offenkundig rechtswidrig gewesen wäre.

29

Bereits in seiner Entscheidung vom 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154, 160 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 39) hat der Senat seine bisherige Rechtsprechung dahingehend weiterentwickelt, dass der Frage nach der objektiven Rechtmäßigkeit der Kündigung (dort: arbeitgeberseitige außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist) dann nicht weiter nachzugehen ist, ein wichtiger Grund also auch dann vorliegen kann, wenn die Beteiligten im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens die Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Beschäftigungsverhältnisses einvernehmlich außer Streit stellen und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit dem abgeschlossenen Vergleich zu Lasten der Versichertengemeinschaft manipuliert werden soll. Ein Anhaltspunkt für eine Gesetzesumgehung kann danach beispielsweise eine offenkundig rechtswidrige Kündigung sein. Diesen Prüfungsmaßstab hat das LSG zu Recht auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Es ist von einer - bereits im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29.11.2005 angesprochenen - tariflichen Unkündbarkeit der Klägerin, jedoch im Hinblick auf die einschlägige Rspr des BAG von der Berechtigung der Arbeitgeberin zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgegangen. Durch die Rspr des BAG ist diese Kündigung weitgehend der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung angenähert worden, sodass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen, aber auch im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der betroffenen Arbeitnehmer, § 1a KSchG entsprechend anzuwenden ist(vgl Wennmacher, Das reformierte Arbeitsrecht, 2005, zu D II 2, S 13 mwN). Dabei ist das LSG im Wege einer Plausibilitätskontrolle rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die der Klägerin in Aussicht gestellte Kündigung auch in Ansehung ihrer Schwerbehinderung nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre und demzufolge insoweit kein Anhaltspunkt für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft gegeben ist.

30

Dies ergibt sich aus seinen Erwägungen hinsichtlich der geltenden Kündigungsfrist (1), zur Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (2) sowie zur Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin (3).

31

(1) Wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist nach der Rechtsprechung des BAG entsprechend § 626 BGB die außerordentliche Kündigung eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers aus betriebsbedingten Gründen ausnahmsweise unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zulässig, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel nicht weiter beschäftigen kann(BAG Urteil vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 - Juris RdNr 21 ff). Der Arbeitgeber hat auch bei einer danach zulässigen außerordentlichen Kündigung die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist einzuhalten, die gelten würde, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wäre (BAG, aaO, Juris RdNr 22). Nach den Feststellungen des LSG ist demgemäß der Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der für die Klägerin geltenden ordentlichen Kündigungsfrist von 18 Monaten am 10.5.2004 mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2005 geschlossen worden. Dass der Aufhebungsvertrag seinem Wortlaut nach zur Vermeidung "einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung" geschlossen worden ist, obwohl nur eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist möglich gewesen wäre, steht seiner Wirksamkeit nicht entgegen (vgl Müller-Glöge in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, 230 § 626 BGB RdNr 237 mwN).

32

(2) Die Weiterbeschäftigung der Klägerin war der Arbeitgeberin entsprechend § 626 Abs 1 BGB unzumutbar(vgl zuletzt BAG Urteil vom 18.3.2010 - 2 AZR 337/08 - AP Nr 228 zu § 626 BGB). Denn nach den Feststellungen des LSG ist der damalige Bereich Vertriebstechnik, in dem die Klägerin als Sachbearbeiterin/Sekretärin beschäftigt war, im Zuge von weitreichenden Umstrukturierungsmaßnahmen weggefallen und war keine anderweitige Beschäftigung der Klägerin im Unternehmen möglich.

33

(3) Zwar ist auch bei der nur ausnahmsweise zulässigen außerordentlichen Kündigung tariflich unkündbarer Arbeitnehmer der Arbeitgeber zu einer sozialen Auswahl entsprechend § 1 Abs 3 KSchG verpflichtet(BAG Urteil vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 - Juris RdNr 24; Mauer/Schüßler, BB 2001, 466, 468). Das LSG hat jedoch zu Recht Anhaltspunkte für eine offensichtlich unzutreffende Sozialauswahl der Arbeitgeberin, insbesondere im Hinblick auf die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin, verneint. Allerdings weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass durch das Gesetz vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) nicht nur § 1a KSchG eingeführt ist, sondern gleichzeitig in § 1 Abs 3 S 1 KSchG die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers ausdrücklich bei den Basisdaten für die Sozialauswahl aufgeführt worden ist. Daraus folgt aber kein absolutes Kündigungsverbot. Vielmehr ist - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - zu prüfen, ob im Falle einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts für die ordentliche bzw hier die außerordentliche Beendigungskündigung erteilt worden wäre. Nach der einschlägigen Vorschrift des § 91 Abs 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Einen solchen Zusammenhang zwischen der - hypothetischen - Kündigung und der Schwerbehinderung der Klägerin hat das LSG verneint. Diese Feststellung ist von der Beklagten nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen worden und demzufolge für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Gemessen an den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist ist demzufolge das Ergebnis des LSG nicht zu beanstanden, der Klägerin habe ein wichtiger Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrags zur Seite gestanden.

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4. Schließlich ruht der Anspruch der Klägerin auf Alg in der Zeit vom 1.12.2005 bis 22.2.2006 nicht wegen der erhaltenen Abfindung (§ 143a Abs 1 S 1 SGB III aF).

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Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist das Ruhen eines Anspruchs auf Alg nicht nur im Hinblick auf die Sperrzeitregelung in § 144 SGB III aF zu überprüfen, sondern auch anhand der Ruhensvorschrift nach § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF. Danach ruht der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet wurde. Gemäß § 143 Abs 1 S 3 Nr 2 Alternative 2 SGB III aF gilt die ordentliche Kündigungsfrist - als fiktive Kündigungsfrist - auch dann, wenn die ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist, jedoch die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund vorliegen(vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 143a RdNr 124, Stand Juni 2006; Düe in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 143a RdNr 19 und 21). Diese Frist ist aber, wie oben dargestellt, im Fall der Klägerin eingehalten worden.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Entscheidung über die Auferlegung von Mutwillenskosten im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Juli 2010 aufzuheben, wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 21.7.2010 hat das Bayerische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint und ihr gleichzeitig Mutwillenskosten in Höhe von 500 Euro auferlegt.

2

Mit Schriftsatz vom 3.9.2010 - beim BSG eingegangen am 7.9.2010 - hat die Klägerin beantragt, die Entscheidung über die Auferlegung von Mutwillenskosten iS von § 192 Abs 1 SGG aufzuheben.

3

Der Antrag ist unzulässig, sodass er entsprechend § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen ist.

4

§ 192 Abs 3 Satz 2 SGG, auf den die Klägerin ihren Antrag offensichtlich stützen will, ist ausweislich Satz 1 dieses Absatzes nur anwendbar, wenn die Klage zurückgenommen worden ist. Eine im Urteil getroffene Kostenentscheidung ist nicht gesondert anfechtbar (BSG SozR Nr 2 zu § 192), so dass auch eine Umdeutung des Antrags in einen zulässigen Rechtsbehelf ausscheidet.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.