Bundessozialgericht Beschluss, 08. Sept. 2015 - B 1 KR 19/15 B

bei uns veröffentlicht am08.09.2015

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin nahm an der zwischen der Beklagten und dem Bayerischen Hausärzteverband (BHÄV) vereinbarten hausarztzentrierten Versorgung (HzV) teil (HzV-Vertrag vom 3.9.2009). Die Beklagte sah als Leistungen für an der HzV teilnehmende Versicherte ua diverse Vorsorgeuntersuchungen und die Beschränkung der Praxisgebühr auf 10 Euro im Jahr vor. Die Beklagte kündigte den HzV-Vertrag außerordentlich zum 31.12.2010. Der BHÄV ist im einstweiligen Rechtsschutz erfolglos geblieben (Bayerisches LSG vom 22.2.2011 - L 12 KA 2/11 B ER - Breith 2011, 401). Die Beklagte stellte gegenüber der Klägerin fest, dass ihre Teilnahme an der HzV ab 2011 beendet und sie nicht länger von der Praxisgebühr befreit sei (Bescheid vom 21.1.2011; Widerspruchsbescheid vom 19.5.2011). Die Klägerin ist mit ihrem Begehren, weiterhin die von der Beklagten für die Teilnahme an der HzV vorgesehenen Leistungen und Zuzahlungsermäßigungen zu erhalten, beim SG erfolglos geblieben. Im Hinblick auf einen mit Wirkung vom 1.7.2012 neu abgeschlossenen HzV-Vertrag, an dem die Klägerin teilnimmt, hat sie im Berufungsverfahren nur noch beantragt, die Rechtswidrigkeit der erledigten Feststellung der Beklagten festzustellen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig, weil es am besonderen Interesse, die Rechtswidrigkeit festzustellen, fehle. Insbesondere liege keine Wiederholungsgefahr vor. Die Beklage habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie in vergleichbaren Fällen zukünftig keine Aufhebungsbescheide mehr erlassen werde. Auch die abstrakte Möglichkeit der Kündigung eines HzV-Vertrags genüge nicht. Zudem hätten sich die Rahmenbedingungen geändert, weil eine Praxisgebühr nicht mehr zu entrichten sei, und die Beklagte könne auch mit anderen als dem BHÄV einen HzV-Vertrag schließen (Urteil vom 13.1.2015).

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Soweit die Beschwerde zulässig einen Revisionszulassungsgrund geltend macht, ist sie nicht begründet. Zwar liegt der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) vor (dazu 1.). Nach dem Rechtsgedanken des § 170 Abs 1 S 2 SGG kann aber eine Revision keinen Erfolg haben. In einem solchen Falle ist für die Zulassung der Revision oder eine Zurückverweisung nach § 160a Abs 5 SGG kein Raum(dazu 2.). Im Übrigen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht die für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgeblichen Darlegungsvoraussetzungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Soweit die Klägerin die Beschwerde auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) stützt, legt sie die hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar (dazu 3.).

4

1. Das LSG-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), den die Klägerin entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG bezeichnet. Zu Recht rügt die Klägerin, das LSG hätte in der Sache entscheiden müssen und ihre Berufung nicht wegen Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage zurückweisen dürfen.

5

Indem das LSG die Fortsetzungsfeststellungsklage als unzulässig angesehen hat, hat es der Klägerin insoweit rechtsfehlerhaft eine Sachentscheidung verwehrt. Darin liegt ein Verfahrensmangel, der im Rahmen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zu berücksichtigen ist(vgl zum Verfahrensfehler infolge einer zu Unrecht erfolgten oder unterlassenen Sachentscheidung BSGE 3, 293, 297 f; BSGE 4, 200, 201; BSGE 39, 200, 201 = SozR 1500 § 144 Nr 3; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 16; BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris RdNr 20; BSG Beschluss vom 18.9.2003 - B 9 V 82/02 B - Juris RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 19 RdNr 6; BSG Beschluss vom 24.2.2011 - B 14 AS 143/10 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 13.6.2013 - B 13 R 437/12 B - Juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 4.3.2014 - B 1 KR 43/13 B - Juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 23.6.2015 - B 1 KR 18/15 B - Juris RdNr 6).

6

Das LSG hat zu Unrecht die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage wegen fehlenden Feststellungsinteresses verneint, indem es auf die Behauptung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgestellt hat, dass sie zukünftig in vergleichbaren Fällen keinen Aufhebungsbescheid mehr erlassen werde. Bei Prozesserklärungen hat das Revisionsgericht - anders als bei materiell-rechtlichen Erklärungen (vgl zu Letzteren zB BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 mwN) - die Auslegung der Erklärung in vollem Umfang zu überprüfen, also das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, zu ermitteln (BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2; BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris RdNr 21; BSG Urteil vom 29.5.1980 - 9 RV 8/80 - Juris; BSGE 21, 13, 14 = SozR Nr 5 zu § 156 SGG; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 488 f mwN). Dabei ist nach dem in § 133 BGB zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch im öffentlichen Recht und im Prozessrecht gilt, bei der Auslegung von Erklärungen nicht am Wortlaut zu haften, sondern der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen(BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2; BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris RdNr 21). Bei der Auslegung sind zudem das Willkürverbot gemäß Art 3 Abs 1 GG, das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 GG und das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. Das Rechtsstaatsprinzip verbietet es dem Richter, das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, dass den Beteiligten der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelinstanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl BVerfGE 77, 275, 284 mwN). Eine angemessene Auslegung dient zugleich der Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl dazu BVerfGE 107, 395, 401 ff = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 5 ff; BVerfGE 110, 77, 85; zur Auswirkung des verfassungsrechtlichen Auftrags der Gerichte zur Gewährung effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt auf die Auslegung von Prozesserklärungen vgl auch BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 9; zur Auslegung vgl auch Senat SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 14 mwN).

7

Danach hätte das LSG den Fortsetzungsfeststellungsantrag nur dahin verstehen können, dass die Klägerin umfassend die Feststellung begehrte, aus dem bisher geltenden HzV-Vertrag und den sich hierauf beziehenden satzungsrechtlichen Regelungen der Beklagten auch zukünftig Leistungsansprüche bzw Zuzahlungsermäßigungen für sich ableiten zu können. Dies geht schon aus der in der Sitzungsniederschrift festgehaltenen Erklärung der Klägerin hervor, dass Klarheit bestehen müsse, wie vorzugehen sein werde, wenn künftig eine KK eine HzV, an der sie teilnehme, beende und welche Möglichkeiten der Klägerin dann zu Gebote stünden.

8

Soweit das LSG ergänzend darauf abgestellt hat, dass eine abstrakte Gefahr der Kündigung des HzV-Vertrags kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne der Vorbeugung einer Wiederholungsgefahr zu begründen vermöge, hat es sich nicht damit auseinandergesetzt, dass zwischen der Beklagten und dem BHÄV erhebliche Konflikte (fort-)bestehen, die einen vertragslosen Zustand keineswegs als eine bloß abstrakte Frage erscheinen lassen. Diese Problematik ist gerichtsbekannt. Das LSG verweist insoweit selbst darauf, dass der ab 1.7.2012 geltende HzV-Vertrag aufgrund eines nicht abgeschlossenen Schiedsverfahrens weiter Anwendung finde (vgl dazu den Sachverhalt im Urteil des SG München vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris; s ferner SG München Urteil vom 24.6.2015 - S 21 KA 620/15 ER - www.sozialgerichtsbarkeit.de; vgl hierzu ergänzend auch http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54983/AOK-Bayern-kuendigt-Hausarztvertrag; http://www.bhaev.de/index.php/berufspolitik/berufspolitische-informationen/rundschreiben/2208-auseinandersetzung-mit-aok-bayern-politik-steht-hinter-hausaerzten.html; s ferner http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/62965/Hausarztvertrag-Huml-zwingt-AOK-zur-Umsetzung; alle abgerufen am 2.9.2015). Im Ergebnis nichts anderes gilt für das Argument des LSG, dass eine Wiederholungsgefahr auch deswegen entfalle, weil die Beklagte auch mit anderen Vertragspartnern als dem BHÄV einen HzV-Vertrag abschließen könne. Unter Berücksichtigung des hohen Organisationsgrades der Hausärzte im BHÄV (nach dessen Angaben 75 %, vgl http://www.bhaev.de/index.php/57-service.html; abgerufen am 2.9.2015) ist gerade dies vor dem Hintergrund der Vertragsabschlusspflicht nach § 73b Abs 4 S 1 SGB V nur eine theoretische Möglichkeit. Auf die Frage, ob das Feststellungsinteresse entfallen sein könnte, weil die Praxisgebühr durch Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Wirkung vom 1.1.2013 (durch Art 1 Nr 2 Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) nicht mehr zu entrichten ist, kommt es schon deswegen nicht an, weil nach § 53 Abs 3 S 2 SGB V neben Prämienzahlungen auch andere Formen der Zuzahlungsermäßigungen in Betracht kommen und der Klägerin es auch um die Weitergewährung sonstiger im HzV-Vertrag vereinbarter erweiterter Leistungen geht.

9

2. Für die Zulassung der Revision oder eine Zurückverweisung nach § 160a Abs 5 SGG ist indes kein Raum, wenn feststeht, dass das angefochtene LSG-Urteil unabhängig vom Vorliegen der geltend gemachten Zulassungsgründe aus anderen als den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen Bestand haben wird(Rechtsgedanke des § 170 Abs 1 S 2 SGG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde; vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 23 RdNr 8 f mwN). Eine sich formgerecht auf einen Verfahrensfehler stützende Nichtzulassungsbeschwerde ist in solchen Fällen unbegründet. So verhält es sich hier.

10

Nach Wortlaut (dazu a) und Regelungszweck (dazu b) des § 73b SGB V - jeweils in Einklang mit dessen Entstehungsgeschichte - sowie nach dem Regelungssystem der Anspruchsberechtigung der Versicherten(dazu c) können einem an der HzV teilnehmenden Versicherten keine Ansprüche auf Leistungen aus einem HzV-Vertrag für Zeiträume nach Beendigung des HzV-Vertrages zustehen. Nichts anderes ergibt sich für Prämienzahlungen und Zuzahlungsermäßigungen nach § 53 Abs 3 S 2 SGB V(dazu d).

11

a) § 73b Abs 5 SGB V(idF durch Art 1 Nr 45 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) bestimmt: "In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Gegenstand der hausarztzentrierten Versorgung dürfen nur solche Leistungen sein, über deren Eignung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106a Abs. 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend." Hiernach eröffnete der Gesetzgeber des GKV-WSG den KKn und den anderen sich aus § 73b Abs 4 SGB V ergebenden möglichen Vertragspartnern einen erheblichen Spielraum zur Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten, die freiwillig an der HzV teilnehmen. Insbesondere können danach HzV-Verträge Leistungen für die teilnehmenden Versicherten vorsehen, die unter Beachtung der sich aus § 73b Abs 5 S 3 SGB V ergebenden Grenzen über den GKV-Leistungskatalog hinausgehen. Dies steht in Einklang mit der Begründung zu Art 1 Nr 45 des GKV-WSG-Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD. Dort heißt es (BT-Drucks 16/3100 S 112): "Absatz 5 regelt, dass die Ausgestaltung der hausarztzentrierten Versorgung im Einzelnen den Vertragspartnern obliegt, d.h. insbesondere die Mindestanforderungen nach Absatz 2 zu operationalisieren und eine angemessene Vergütung zu vereinbaren. Hinsichtlich des Gestaltungsermessens der Vertragspartner bezüglich Inhalt und Organisation der hausärztlichen Versorgung lehnt sich die Regelung in Absatz 5 an die entsprechende Vorschrift in § 140b Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 Satz 1 an. (…)".

12

b) Dies entspricht auch dem Regelungszweck des durch Art 1 Nr 49 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vom 14.11.2003 (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG, BGBl I 2190) in das SGB V eingefügten § 73b SGB V. Er verpflichtet die KKn, ihren Versicherten eine qualitativ besonders hoch stehende hausärztliche Versorgung bereitzustellen und den KKn zur Erfüllung dieser Verpflichtung über das geltende Recht hinaus Gestaltungsspielraum zur einzelvertraglichen Ausgestaltung des Versorgungsgeschehens zu geben. Die KKn bekommen die Chance, im Rahmen der gesamtvertraglichen Vorgaben die hausarztzentrierte Versorgung in dem Vertrag mit dem Hausarzt auszugestalten (vgl Begründung des GMG-Gesetzentwurfs der Fraktionen der SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1525 S 97).

13

c) Damit ergänzt § 73b SGB V das Regelungssystem der GKV zur Begründung von Leistungsansprüchen Versicherter, indem er mit dem HzV-Vertrag eine zusätzliche Rechtsgrundlage für mehr oder weniger vom GKV-Leistungskatalog abweichende Ansprüche der Versicherten schafft. Danach kann der HzV-Vertrag die Leistungsansprüche der teilnehmenden Versicherten sowohl umfassend und abschließend als auch nur ergänzend regeln. § 73b SGB V regelt hingegen nicht selbst die Leistungsansprüche der Versicherten. Fällt der Vertrag weg, fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für vom GKV-Leistungskatalog abweichende Ansprüche der bislang an der HzV teilnehmenden Versicherten. Die Ansprüche der Versicherten bestimmen sich dann wieder allein nach dem GKV-Leistungskatalog.

14

d) Ergänzend sieht § 53 Abs 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 33 GKV-WSG) vor, dass die KK in ihrer Satzung für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife anzubieten hat. Für diese Versicherten kann die KK eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Auch diese Regelung knüpft an das Vorliegen eines geltenden HzV-Vertrages an.

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3. Die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen legt die Klägerin nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f mwN).

16

Die Klägerin formuliert folgende zwei Fragen:

        

"Hat der Versicherte einer gesetzlichen Krankenversicherung, hier die Klägerin, einen selbstständig einklagbaren Anspruch gegenüber ihrer Krankenversicherung, hier der Beklagten, dass ihr eine hausarztzentrierte Versorgung im Sinne des § 73b SGB V angeboten wird?"

        

und     

        

"Wenn eine hausarztzentrierte Versorgung seitens einer gesetzlichen Krankenversicherung, hier der Beklagten, gegenüber der Klägerin angeboten wird, diese zudem eine bestimmte Laufzeit hat, hat die Klägerin gegenüber der Beklagten einen selbstständig einklagbaren Anspruch bei Kündigung der hausarztzentrierten Versorgung gegenüber den Leistungserbringern (Hausärzten) durch die Klägerin bzw. Scheitern des zwischen der Klägerin und den Hausärzten bestehenden Vertrages auf eine Weitergewährung der in der hausarztzentrierten Versorgung angebotenen Leistungen bis zum Ende der Geltung des derzeitigen hausarztzentrierten Vertrages bzw. auch darüber hinaus bis zum Abschluss eines neuen Vertrages."

17

Die Klägerin zeigt bereits die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) der ersten Rechtsfrage nicht auf. Das Fortsetzungsfeststellungsbegehren der Klägerin ist nach ihrem eigenen Vorbringen weder darauf gerichtet zu klären, ob die Beklagte ihr überhaupt eine HzV aufgrund eines bestehenden HzV-Vertrages anzubieten hat, noch darauf, ob sie einen Anspruch darauf hat, die Beklagte zum Abschluss eines (neuen) HzV-Vertrages mit dem BHÄV oder einem anderen Vertragspartner iS des § 73b Abs 4 SGB V zu verpflichten. Das Fortsetzungsfeststellungsbegehren erschöpft sich nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin darin, welche Rechtsfolgen sich aus dem Umstand ergeben, dass die Beklagte ihr die Teilnahme an einer HzV aufgrund des HzV-Vertrages vom 3.9.2009 zwar ermöglichte, aber diesen Vertrag mit Ablauf des 31.12.2010 außerordentlich kündigte.

18

Soweit die Klägerin hierzu die zweite Frage formuliert, lässt der Senat offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Die Beschwerdebegründung zeigt aber den Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, obwohl das BSG sie noch nicht ausdrücklich behandelt hat, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sodass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 17; BSG Beschluss vom 16.4.2012 - B 1 KR 25/11 B - Juris RdNr 7 = NZS 2012, 557; BSG Beschluss vom 31.1.2013 - B 1 KR 106/12 B - RdNr 6; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 313). So verhält es sich hier wie zuvor unter 2. dargelegt. Die Klägerin setzt sich weder mit Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck des § 73b SGB V noch mit seiner Einordnung in die Regelungssystematik des übrigen Leistungs- und Leistungserbringungsrechts auseinander. Sie verweist lediglich darauf, dass bei den in Rede stehenden Leistungen und Zuzahlungsermäßigungen das Zustandekommen bzw der Wegfall des HzV-Vertrages insofern keine Relevanz ihr gegenüber habe, weil sie unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen eines solchen Vertrages Anspruch auf die ihr von der Beklagten mit Informationsschreiben mitgeteilten Leistungen habe. KKn hätten ihren Versicherten eine Versorgung nach § 73b SGB V mit den entsprechenden Leistungserbringern zur Verfügung zu stellen, wie sie sich aus dem Informationsschreiben der Beklagten ergebe. Anderenfalls würden Leistungsansprüche Versicherter zum Spielball der Vertragsparteien.

19

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
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3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 17. August 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die beklagte Arbeitsgemeinschaft bewilligte den eine Bedarfsgemeinschaft bildenden Klägern für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 29.2.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 555,73 Euro monatlich (Bescheid vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2008). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der die Bewilligung höherer Leistungen begehrt wurde, abgewiesen (Urteil vom 10.8.2009). Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) haben die Kläger ebenfalls - ohne weitere Konkretisierung - "höhere Grundsicherungsleistungen" beantragt. In der Berufungsbegründung haben sie ausgeführt, die Beklagte habe ihrer Berechnung der Leistungen fälschlicherweise ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers zu 2 von 1091,59 Euro zugrunde gelegt, nach dem zwischenzeitlich vorliegenden Steuerbescheid sei nur ein Einkommen in Höhe von 216,58 Euro pro Monat zu berücksichtigen. Im Weiteren werden für die einzelnen Monate die den Klägern zustehenden Leistungen unter Einbeziehung von Einkünften der Klägerin zu 1 in folgender Höhe berechnet: September: 645,60 Euro, Oktober: 987,30 Euro, November: 183,40 Euro, Dezember: 183,40 Euro, Januar: 398,20 Euro, Februar: 535,12 Euro. Außerdem seien der Beitrag des Klägers zu 2 zur Künstlersozialversicherung (KSV) in Höhe von 100 Euro pro Monat und Beiträge zur privaten Riester- und Lebensversicherung nicht einkommensmindernd sowie - leistungserhöhend - die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach § 26 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) berücksichtigt worden. Auf die Anfrage des LSG, worin die Beschwer der Kläger liege, da ihnen für den streitigen Zeitraum (6 x 555,73 =) 3334,38 Euro bewilligt worden seien, ihnen aber nach der Berufungsbegründung nur insgesamt 2933,02 Euro zugestanden hätten, haben die Kläger mitgeteilt, nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem SG sei Streitgegenstand lediglich die Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2, das in Höhe von 789,27 Euro monatlich angerechnet worden sei, so dass sich eine Beschwer in Höhe von 4735,63 Euro ergebe. Zudem sei der Zuschuss nach § 26 SGB II für die Pflichtversicherung des Klägers zu 2 in der KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat nicht berücksichtigt worden.

2

Mit Beschluss vom 17.8.2010 hat das LSG die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil keine Leistungen für mehr als ein Jahr umstritten seien und der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteige (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz). Denn den Klägern seien für den streitigen Zeitraum 3334,38 Euro bewilligt worden und mit ihrer Berufung machten sie nur insgesamt 2933,02 Euro für diesen Zeitraum geltend. Soweit die Kläger sich gegen einzelne Berechnungselemente wenden würden, führe dies nicht zu einem höheren Beschwerdewert, weil diese nicht Gegenstand des Verfahrens seien, sondern nur der Leistungsanspruch als solcher.

3

In ihrer am 8.10.2010 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde gegen diesen ihnen am 14.9.2010 nach ihren Angaben zugegangenen Beschluss rügen die Kläger ua als Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG die Verwerfung ihrer Berufung als unzulässig. Der Beschwerdewert habe über 750 Euro gelegen, weil die Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2 umstritten gewesen sei. Es hätten nicht 789,29 Euro, sondern nur 216,58 Euro angerechnet werden dürfen, so dass sich ein Beschwerdewert von (789,29 - 216,58 = 572,69 pro Monat x 6 =) 3436,14 Euro ergebe. Auch sei der Zuschuss nach § 26 SGB II für die Pflichtversicherung des Klägers zu 2 in der KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat nicht berücksichtigt worden. Außerdem wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gerügt hinsichtlich der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers zu 2.

4

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss des Thüringer LSG vom 17.8.2010 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

5

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung des § 158 SGG ergangen ist und das Ergehen eines Prozessurteils, wie die vorliegend erfolgte Verwerfung der Berufung der Kläger als unzulässig, statt des eigentlich angezeigten Sachurteils ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist(vgl nur BSG vom 8.11.2005 - B 1 KR 76/05 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 2; P. Becker, SGb 2007, 328, 329 mwN).

6

Nach § 158 Satz 1 Alt 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft ist. Eine Berufung ist nicht zulässig, sondern bedarf der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

7

Diese zum Ausschluss der Statthaftigkeit der Berufung führenden Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des LSG nicht erfüllt, wie die Kläger in der Beschwerdebegründung zu Recht gerügt haben.

8

Denn der Antrag der Kläger in ihrer Berufungsschrift vom 1.12.2009 lautete in der Sache ohne Einschränkung, "den Klägern höhere Grundsicherungsleistungen zu bewilligen". Auch der Berufungsbegründung kann keine Einschränkung des Berufungsgegenstandes auf 750 Euro oder weniger entnommen werden. Zwar war in der Berufungsbegründung eine Neuberechnung der Leistungen der Kläger mit bestimmten Monatsbeträgen insbesondere aufgrund der Einkommen der Klägerin zu 1 enthalten, auf die sich auch das LSG in seiner Anfrage bezog, dies war aber nur ein Teil der Berufungsbegründung. Denn außerdem wurden einkommensmindernd und damit mittelbar leistungserhöhend Beiträge zur KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat und Beiträge zur privaten Riester- und Lebensversicherung, die der Altersvorsorge dienten, sowie Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach § 26 SGB II geltend gemacht.

9

Auf die Anfrage des LSG, worin die Beschwer der Kläger liege, haben die Kläger nichts von ihrem Vorbringen zurückgenommen, sondern auf die umstrittene Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2, die zu einer Beschwer von über 4000 Euro führe, und die Beiträge nach § 26 SGB II nochmals ausdrücklich hingewiesen. Diese Punkte hat das LSG in seinem Beschluss nicht beachtet, sondern nur die den Klägern bewilligten Leistungen von insgesamt 3334,38 Euro den sich aus der Berechnung der Kläger für die einzelnen Monate unter Berücksichtigung nur des Einkommens der Klägerin zu 1 ergebenden Beträgen von insgesamt 2933,02 Euro gegenübergestellt.

10

Da jedoch, wie das LSG zu Recht ausführt, nicht einzelne Berechnungselemente des Anspruchs der Kläger auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II Gegenstand des Berufungsverfahrens sein können, sondern der Anspruch insgesamt bzw mehrere Ansprüche, ist der Beschwerdewert von 750 Euro deutlich überschritten, wie den von den Klägern in ihrer Berufungsbegründung vorgetragenen Punkten entnommen werden kann (Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2, Beiträge zur KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat, Beiträge zur privaten Riester- und Lebensversicherung, die der Altersvorsorge dienten, Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach § 26 SGB II in der damals geltenden Fassung).

11

Angesichts dessen kann eine Entscheidung über die von den Klägern außerdem erhobene Grundsatzrüge dahingestellt bleiben.

12

Der Senat macht von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, den angefochtenen Beschluss des LSG wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, weil für eine abschließende Entscheidung in der Sache weitere Tatsachenfeststellungen notwendig sind.

13

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Oktober 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Höhe von Übergangsgeld im Zeitraum vom 17.9.2007 bis zum 14.3.2008.

2

Die im Jahre 1961 geborene Klägerin absolvierte eine Maßnahme zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierfür wurde ihr Übergangsgeld ab dem 17.9.2007 von kalendertäglich 30,97 Euro bewilligt (Bescheid vom 26.9.2007). Der mit einem höheren Stundenlohn begründete Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008).

3

Das Klageverfahren war teilweise erfolgreich. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.7.2011 verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld iHv 31,57 Euro kalendertäglich im Zeitraum vom 19.9.2007 bis zum 14.3.2008 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das SG hat in den Entscheidungsgründen dazu Folgendes ausgeführt:

        

"Die Berufung war für die Beklagte zuzulassen, da die zugrunde liegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. … Für die Klägerin ist die Berufung bei Erreichen des Werts des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 € (nämlich 817,42 € bei 4,59 € Differenzbetrag/Tag der Maßnahme) von Gesetzes wegen statthaft."

4

Mit Schriftsatz vom 29.9.2011 hat die Klägerin zunächst fristwahrend Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 hat sie den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,67 Euro kalendertäglich zu zahlen. Wie mit Schriftsatz vom 2.10.2012 angekündigt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,95 Euro kalendertäglich zu zahlen.

5

Mit Urteil vom 10.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei mit Schriftsatz vom 15.11.2011 auf die Summe von 729,80 Euro begrenzt worden. Dies entspreche einem Übergangsgeld iHv 35,67 Euro kalendertäglich. Die spätere Erhöhung des Berufungsantrags auf 35,95 Euro kalendertäglich, mithin einer Berufungssumme von mehr als 750 Euro, sei unbeachtlich. Maßgeblich sei hingegen die Beschwer bei Einlegung der Berufung gewesen. Daher komme es auch nicht auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag an.

6

Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Verfahrensmängel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Sie rügt, dass das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen, sondern anstelle des Prozessurteils ein Sachurteil hätte erlassen müssen. Die Berufung sei nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert über 750 Euro liege.

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

8

Die Klägerin hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) gerügt.

9

Der Verfahrensmangel liegt auch vor. Die auf eine Geldleistung gerichtete Klage hat den Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro überstiegen (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG), sodass das LSG die Berufung mangels Erreichens der Berufungssumme nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen.

10

Der Senat kann offenlassen, ob das SG die Berufung für die Klägerin wirksam zugelassen hat. Selbst wenn es eine solche Entscheidung nicht getroffen hätte, ist die Berufung bereits von Gesetzes wegen für die Klägerin statthaft.

11

Der Wert des Beschwerdegegenstandes iS von § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 2 RdNr 5). Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist auf die Einlegung der Berufung abzustellen (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 14; BSGE 58, 291, 294 = SozR 1500 § 144 Nr 30).

12

Die Klägerin hat ihre Berufung am 29.9.2011 unbeschränkt eingelegt und zu diesem Zeitpunkt noch keinen Berufungsantrag beziffert. Verstöße gegen die Soll-Vorschrift des § 151 Abs 3 SGG, wonach die Berufungsschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll, sind unschädlich(BSG SozR Nr 2 zu § 151 SGG). Daher hätte das LSG die Beschwer bezogen auf den Zeitpunkt der unbeschränkten Berufungseinlegung ermitteln müssen. Hierfür wäre eine überschlägige Berechnung ausreichend gewesen (vgl BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 11 mwN).

13

Die Beschwer ist an dem vollen Umfang des Unterliegens vor dem SG zu messen. Wenn die Berufungssumme in diesem Zeitpunkt - wie hier - den Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG überschritten hat, so wird das Rechtsmittel aber nicht dadurch unzulässig, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung einen eingeschränkten Berufungsantrag angekündigt hat(vgl BGH vom 8.10.1982 - V ZB 9/82 - Juris RdNr 7). Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG, nach der eine Beschränkung des Berufungsantrags, durch die die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird, die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig macht (vgl BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 13). Anhaltspunkte für ein willkürliches Handeln (vgl BSG SozR 1500 § 144 Nr 24 S 40 f) der Klägerin sind nicht zu erkennen.

14

Im Zeitpunkt der fristwahrend eingelegten Berufung war die Klägerin aber nach der zutreffenden Berechnung des SG mit einem Differenzbetrag von 4,59 Euro kalendertäglich unterlegen (vgl S 7 Entscheidungsgründe des SG-Urteils). Multipliziert mit 178 streitigen Tagen ergibt dies einen Betrag, der deutlich über dem Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro liegt (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG).

15

Entgegen der Ansicht des LSG kommt es daher nicht auf den in der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 reduzierten Berufungsantrag an. Der Senat kann auch offenlassen, ob der mit Schriftsatz vom 2.10.2012 korrigierte Berufungsantrag, der schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt worden ist, eine unzulässige Erweiterung der Berufung gewesen ist.

16

Auf der Grundlage von § 160a Abs 5 SGG macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

17

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Februar 2013 aufgehoben, soweit es die Klage als unzulässig erachtet hat. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, ihm wegen eines MCS-Syndroms die Kosten für durchgeführte umweltmedizinische und homöopathische privatärztliche Behandlungen bei dem Nichtvertragsarzt Dr. K. und der Vertragsärztin Dr. B. in Höhe von 2420,03 Euro zu erstatten, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Selbstbeschaffung wegen einer unaufschiebbaren Leistung oder einer ungerechtfertigten Leistungsablehnung lägen nicht vor. Die Klage auf Zahlung eines Teils des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von 691,88 Euro (Rechnungen von Dr. K. vom 31.5., 2.7. und 4.9.2007 sowie von Dr. B. vom 20.2., 19.4., 31.7. und 17.10.2007) sei unzulässig. Die Beklagte habe vor Klageerhebung hierüber nicht entschieden (Urteil vom 13.2.2013).

2

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG, soweit es die Klage für unzulässig erachtet hat.

3

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung (§ 160a Abs 5 SGG) begründet.

4

1. Das Urteil des LSG beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160a Abs 2 Nr 3 SGG), den der Kläger entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG bezeichnet.

5

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist eine Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. So verhält es sich hier, soweit das LSG die Klage als unzulässig erachtet hat. Es hat hinsichtlich der erstmals im Termin vor dem SG am 29.6.2010 vorgelegten Rechnungen verfahrensfehlerhaft das Fehlen einer Verwaltungsentscheidung beanstandet, obwohl diese als negative Kostenübernahmeentscheidung bei gebotener weiter Auslegung des Widerspruchs (vgl BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 11 ff mwN) im Widerspruchsbescheid bereits vorlag. Der Kläger hatte mit seinem Widerspruch gegen die Ablehnung einer Kostenerstattung nämlich ausdrücklich erläutert, sein Antrag ziele "auf eine Erstattung von Behandlungskosten auf der Grundlage einer individuell durch Sie abzugebenden Kostenübernahmeerklärung, die sich auf alle die Behandlung des MCS-Syndroms betreffenden ärztlichen Leistungen erstreckt". Er hatte vor Erlass des Widerspruchsbescheids auch ausdrücklich "die Übernahme dieser zukünftig entstehenden Kosten" beantragt. Die Beklagte wies diesen Widerspruch insgesamt zurück.

6

Hiervon ausgehend hat das LSG dem Kläger nicht die Möglichkeit gegeben, durch Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens (§ 114 Abs 2 SGG analog) ein aus seiner Sicht gebotenes Vorverfahren (§ 78 SGG) nachzuholen (vgl BSG SozR 1500 § 78 Nr 8 mwN; BSG SozR 3-5540 Anl 1 § 10 Nr 1; BSG SozR 3-5868 § 85 Nr 8 S 41; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3a mwN und Keller, aaO, § 114 RdNr 5 ). Insoweit hat das LSG durch Prozessurteil entschieden, obwohl eine Sachentscheidung im Anschluss an ein nachzuholendes Widerspruchsverfahren hätte ergehen müssen (vgl BSGE 25, 66, 68 = SozR Nr 4 zu § 1538 RVO; BSGE 20, 199, 201 = SozR Nr 11 zu § 79 SGG; BSG SozR 1500 § 160a Nr 55). Es ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass nach Abschluss des Vorverfahrens unter Berücksichtigung weiterer Beweiserhebungen hinsichtlich der Behandlungen durch Dr. K. und Dr. B. ein Anspruch auf Erstattung oder ggf Übernahme der Kosten nach Maßgabe des § 13 Abs 3 SGB V in Betracht kommen kann.

7

2. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

8

3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 22. Januar 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger ist Alleinerbe der am 2.11.2013 verstorbenen, bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesenen J. (Versicherte). Die Versicherte blieb mit ihrem Begehren auf eine Haushaltshilfe im Zeitraum vom 1.11.2009 bis 30.10.2010 bei der Beklagten ohne Erfolg. Hiergegen hat sie "Klage mit Einleitung des Mediatorenverfahren hilfsweise eAO (aufschiebend bedingt, wenn die Beklagte das Mediatorenverf. ablehnt)" erhoben. Die Klage ist unter dem Az - S 8 KR 114/10 -, das Eilverfahren unter dem Az - S 8 KR 139/10 ER - geführt worden. Die Versicherte hat unter dem Az - S 8 KR 139/10 ER - mitgeteilt: "Hiermit ziehe ich die Klage-eAO zurück" (5.5.2010). Nachdem der Schwiegersohn der Versicherten erklärt hatte, dass sich die Rücknahme nur auf das Eilverfahren bezogen habe, hat das SG festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt sei (Gerichtsbescheid vom 6.3.2013). Das LSG hat die nach dem Ableben der Versicherten vom Kläger als deren Alleinerbe fortgeführte Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die Formulierung "Hiermit ziehe ich die Klage-eAO zurück" könne nach den Umständen nur bedeuten, dass sie beide Verfahren beenden wolle (Urteil vom 22.1.2015).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil. Er macht sinngemäß geltend, das SG und das ihm folgende LSG hätten im Fortsetzungsverfahren eine Sachentscheidung treffen müssen.

3

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.

4

1. Das LSG-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), den der Kläger entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG bezeichnet. Zu Recht rügt der Kläger, das SG hätte in der Sache entscheiden müssen. Die Versicherte hat mit dem Schreiben vom 5.5.2010 ihre Klage nicht zurückgenommen. Bei Prozesserklärungen hat das Revisionsgericht - anders als bei materiell-rechtlichen Erklärungen (vgl zu Letzteren zB BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 mwN)- die Auslegung der Erklärung in vollem Umfang zu überprüfen, also das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, zu ermitteln (BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2; BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R; BSG Urteil vom 29.5.1980 - 9 RV 8/80 - Juris; BSGE 21, 13, 14 = SozR Nr 5 zu § 156 SGG; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 488 f mwN). Dabei ist nach dem in § 133 BGB zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch im öffentlichen Recht und im Prozessrecht gilt, bei der Auslegung von Erklärungen nicht am Wortlaut zu haften, sondern der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen(BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2; BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris). Bei der Auslegung sind zudem das Willkürverbot gemäß Art 3 Abs 1 GG, das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 GG und das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. Das Rechtsstaatsprinzip verbietet es dem Richter, das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, dass den Beteiligten der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelinstanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl BVerfGE 77, 275, 284 mwN). Objektiv willkürlich ist es daher zB, im Widerspruch zu diesen verfassungsrechtlichen Grundgedanken dem Sachvortrag eines Beteiligten in einem Rechtsbehelfsverfahren entgegen Wortlaut und erkennbarem Sinn eine Bedeutung beizulegen, die zur Feststellung führt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt ist, während bei sachdienlicher Auslegung ohne Weiteres eine Sachentscheidung möglich wäre (vgl BVerfG Beschluss vom 6.8.1992 - 2 BvR 89/92 - NJW 1993, 1380, 1381). Eine angemessene Auslegung dient zugleich der Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl dazu BVerfGE 107, 395, 401 ff = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 5 ff; BVerfGE 110, 77, 85; zur Auswirkung des verfassungsrechtlichen Auftrags der Gerichte zur Gewährung effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt auf die Auslegung von Prozesserklärungen vgl auch BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 16; zur Auslegung vgl auch Senat SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 14 mwN).

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Danach hätte das SG das Schreiben der Versicherten vom 5.5.2010 nur so verstehen können, dass diese damit allein den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurücknehmen wollte. Die Erklärung vom 5.5.2010 wurde direkt auf der Eingangsbestätigung des SG im Eilverfahren (S 8 KR 139/10 ER) vom 4.5.2010 vermerkt und per Fax an das SG gesandt. Das SG durfte schon angesichts der Rechtsfolgen einer Prozesserklärung die Erklärung ohne den Willen des Erklärenden nicht (gleichzeitig) einem anderen als dem bezeichneten Verfahren zuordnen. Rein formal hat die Versicherte im Verfahren - S 8 KR 114/10 - keine Prozesserklärung abgegeben. Hieran ändert auch der Wortlaut der Erklärung nichts. Er bezieht nicht eindeutig zusätzlich zum Eilverfahren auch noch das Klageverfahren ein. Grammatikalisch ist die Rücknahme auf ein Verfahren gerichtet, "die Klage-eAO". Die Klägerin benennt im Kontext auch nicht das Az des Klageverfahrens - S 8 KR 114/10 -. Sie verbindet die Worte Klage und eAO durch einen Bindestrich, weil sie - wie sie später selbst angibt ("Klage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren") - auch das Eilverfahren als Klage verstanden hat.

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Der in der Entscheidung des SG liegende Verfahrensfehler hat sich in der angefochtenen Entscheidung des LSG fortgesetzt, da auch das LSG nicht zur Sache entschieden, sondern lediglich das Prozessurteil des SG bestätigt hat (vgl insoweit BSG SozR 3-1500 § 73 Nr 10; BSGE 4, 200, 201; vgl auch BVerwG Beschluss vom 16.11.1982 - 9 B 3232.82 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr 216).

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Die Entscheidung des LSG beruht auch auf diesem Verfahrensfehler. Wäre das LSG nämlich nicht von einer wirksamen Klagerücknahme ausgegangen, so hätte es den Rechtsstreit zurückverweisen oder aber in der Sache selbst entscheiden müssen (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 102 RdNr 12).

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2. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

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3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

(1) Die Berufung kann bis zur Rechtskraft des Urteils oder des nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Zurücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Berufungsbeklagten voraus.

(2) Die Berufung gilt als zurückgenommen, wenn der Berufungskläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Der Berufungskläger ist in der Aufforderung auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergeben. Das Gericht stellt durch Beschluss fest, dass die Berufung als zurückgenommen gilt.

(3) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels. Über die Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluß.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tatbestand

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Schiedsspruch vom 13.02.2012 zur Festlegung des Vertragsinhaltes eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V. Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Schiedsspruches bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Unbilligkeit.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Der Beklagte ist ein Zusammenschluss von hausärztlich tätigen Ärzten in Bayern und vertrat zum Zeitpunkt des Schiedsverfahrens mehr als 74% aller in Bayern tätigen Allgemeinärzte (Stand 03.01.2012).

Die Beteiligten schlossen am 12.02.2009 einen Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b SGB V, geändert durch Änderungsvereinbarung vom 03.09.2009, der zum 01.04.2009 zu laufen begann (im Folgenden: „HzV-Altvertrag“).

Am 26.09.2009 schloss die Klägerin mit der BVKJ-Service GmbH, einer Gesellschaft des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), einen „Vertrag zur Durchführung einer pädiatriezentrierten Versorgung“ gem. § 73b SGB V ab (im Folgenden: „PzV-Vertrag“), der am 06.12.2011 mit Wirkung zum 01.01.2012 geändert wurde.

Nachdem der frühere Vorstand des Beklagten Ende 2010 alle Hausärzte Bayerns zum Systemausstieg aufrief, kündigte die Klägerin den HzV-Altvertrag mit Wirkung zum 31.12.2010. Einstweilige Rechtsschutzanträge des Beklagten zur Fortführung des HzV-Altvertrages blieben erfolglos.

Anschließende Gespräche in Form von mindestens 15 „Verhandlungs-“ bzw. „Gesprächsrunden“ der Beteiligten zwischen Januar und Juli 2011 zur Fortsetzung bzw. zum Neuabschluss eines Vertrages zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung brachten keine Ergebnisse. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 05.08.2011 die Verhandlungen für gescheitert und beantragte die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach § 73b Abs. 4a Satz 1 SGB V. Die Beteiligten konnten eine Einigung über eine Schiedsperson nicht erreichen. Das BayStMUG bestimmte daraufhin mit Bescheid vom 22.09.2011 Herrn Dr. D. als Schiedsperson in den Vertragsverhandlungen zwischen den Beteiligten.

Im Rahmen des Schiedsverfahrens nahmen die Beteiligten ausführlich Stellung.

Mit Schiedsspruch vom 13.02.2012 setzte die Schiedsperson aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 11.01.2012, 24.01.2012 und 31.01.2012 den Vertragsinhalt des Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V fest (im Folgenden: „HzV-Vertrag“). Der HzV-Vertrag trat am 15.02.2012 in Kraft und wurde zum 01.07.2012 finanzwirksam (§ 17 Abs. 1 HzV- Vertrag).

Zur Begründung führte die Schiedsperson u. a. an, dass der Inhalt eines Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen gewesen sei. Der HzV-Vertrag sei in Anwendung des § 73b SGB V in der bis zum 21.09.2010 geltenden Fassung festzusetzen gewesen, da es sich um einen Anschlussvertrag, mithin nicht um einen „Neuvertrag“ handele. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund des HzV-Altvertrages durch die Klägerin zum 31.12.2010 stehe der Wertung als Anschlussvertrag nicht entgegen. Der Begriff der Anschlussvereinbarung in § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V sei nicht in dem Sinne zu verstehen, dass ein neuer HzV-Vertrag an den früheren HzV-Vertrag in zeitlicher Hinsicht anknüpfen müsse. Der Begriff der Anschlussvereinbarung sei im Sinne einer Folgevereinbarung zu verstehen. Dies entspreche auch der gesetzlichen Intention, den vor dem 21.09.2010 geschlossenen Verträgen und den Verträgen, die nach einer Kündigung des Vertrages diesen folgten, einen Bestandsschutz bis zum 30.06.2014 einzuräumen, um danach die Wirksamkeit dieser Verträge evaluieren zu lassen. Eine berechtige außerordentliche Kündigung eines HzV-Vertrages laufe aufgrund dieser Auslegung des Begriffs der Anschlussvereinbarung nicht ins Leere. Die Schiedsperson habe den HzV-Vertrag gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V, § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 317 Abs. 1 Satz 1 BGB in Wahrnehmung des ihr zustehenden „billigen Ermessens“ festgesetzt. Sie habe den HzV-Vertrag in Ausübung ihres billigen Ermessens als sog. Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog. Addon-Vertrag festgelegt. Der Vollversorgungsvertrag eröffne den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen. Die Addon-Verträge böten demgegenüber regelmäßig nur punktuelle Ansätze bei Leistungsverbesserungen, könnten damit solche strukturellen Verbesserungen nicht gewährleisten. Die Schiedsperson habe auch berücksichtigt, dass auch für andere KÄV-Bezirke zuständige Schiedspersonen den Vertragsinhalt von HzV-Verträgen als Vollversorgungsverträge festgelegt hätten und dass im KÄV-Bezirk Bayern sowohl eine große Ersatzkasse als auch zahlreiche Betriebskrankenkassen auf freiwilliger Basis im Wege von Anschlussvereinbarungen Vollversorgungsverträge mit dem Beklagten abgeschlossen hätten und nicht zuletzt der HzV-Altvertrag zwischen den Beteiligten als Vollversorgungsvertrag ausgestaltet gewesen sei. Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung der Versicherten im Verhältnis zur hausärztlichen Regelversorgung. Das von der Klägerin an die HzV-Hausärzte zu leistende Honorar werde auf ein Höchstvolumen von 70 Millionen EUR pro Jahr begrenzt. Mit dieser Honorarbegrenzung sei einem zentralen Anliegen der Klägerin Rechnung getragen worden. Der Schiedsspruch könne von den Beteiligten vor dem zuständigen Sozialgericht mit der Leistungsklage in der Form der Ersetzungsklage angefochten werden.

Die Klägerin hat den HzV-Vertrag mit Schreiben vom 24.06.2013 zum 30.06.2014 ordentlich wirksam - gekündigt. Für die Festlegung des Vertragsinhaltes eines neuen HzV-Vertrages zwischen den Beteiligten, der an die Stelle des HzV-Vertrages, der mit Schiedsspruch vom 13.02.2012 festgesetzt wurde, treten soll, wurde die Schiedsperson Dr. E. bestimmt. Dieser erließ am 05.05.2014 einen Schiedsspruch, in dem u. a. festgesetzt wurde, dass bis zu dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens eines neuen HzV-Vertrages die Regelungen des zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten geltenden HzV-Vertrages und seiner Anlagen ihrem Inhalt nach unbeschadet des Wirksamwerdens der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung - weiterhin Anwendung finden.

Die Klägerin hat am 04.07.2012 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Sie ist der Auffassung, dass der Schiedsspruch vom 13.02.2012 in zentralen Festsetzungen gegen materiellrechtliche Vorgaben des SGB V und die gesetzgeberische Grundkonzeption einer hausarztzentrierten Versorgung verstoße. Nach dem Willen des Gesetzgebers stelle der Schiedsspruch einer Schiedsperson nach § 73b Abs. 4a SGB V keinen Verwaltungsakt (mehr) dar. Der Gestaltungsspielraum der Schiedsperson bei gesetzlich normierten Verfahren wie dem vorliegenden sei enger als bei vertraglich vereinbarten Schiedsverfahren. Entsprechend sei auch der gerichtliche Prüfungsmaßstab weiter. Der gerichtliche Prüfungsmaßstab sei nicht auf grobe oder offenbare Unbilligkeit eingegrenzt und umfasse die Prüfung, ob erstens der Vertrag gegen zwingende materiellrechtliche Vorgaben des SGB V verstoße und zweitens Festsetzungen enthalte, die der gesetzgeberischen Konzeption einer hausarztzentrierten Versorgung zuwider liefen und die auch in Anbetracht der Erfahrungen der Parteien mit dem alten Hausarztvertrag unbillig seien. Der Schiedsspruch ordne den festgesetzten Vertrag zu Unrecht als „Anschlussvereinbarung“ i. S. d. § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V ein. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass bestandsgeschützte „Anschlussvereinbarungen“ auch solche Verträge sein könnten, die nach einer rechtmäßigen, außerordentlichen Kündigung eines vor dem 22.09.2010 abgeschlossenen Vertrages als neue Verträge abgeschlossen oder durch Schiedsspruch festgesetzt würden. Der durch Schiedsspruch festgesetzte Vertrag verstoße gegen die Vorgaben des § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V, die für Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung, die nach dem 22.09.2010 zustande kämen, gälten. Auch aus § 53 Abs. 9 SGB V ergebe sich, dass die Aufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen für die hausarztzentrierte Versorgung grundsätzlich über Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden müssten. Auch verstoße der festgesetzte Vertrag gegen zwingende Vorgaben des Sozialdatenschutzes. Bei der Einbeziehung der HÄVG Rechenzentrum AG in die Abrechnung der vertraglichen Leistungen würden die Vorgaben des § 295a SGB V missachtet. Der Einsatz des sog. „HÄVG-Prüfmoduls“/HPM im Rahmen der in Anlage 1 vorgesehenen Vertragssoftware sei datenschutzrechtlich unzulässig. Auch bestünden Zweifel an der Vertragsabschlusskompetenz des Beklagten, wofür dieser die Beweislast trage. Zudem sei die Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages durch die Schiedsperson unbillig. Der festgesetzte Vertrag sei darüber hinaus in weiteren zentralen Festsetzungen unbillig. So sei es u. a. unzulässig, dass der Vertrag ein unmittelbares Abrechnungsverhältnis zwischen der Klägerin und den einzelnen teilnehmenden Hausärzten begründe, Teilnahmemöglichkeiten für alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Hausärzte eröffne und der vertragliche Geltungsbereich auf alle Versicherten der Klägerin, mithin auch auf die Kinder und Jugendlichen, erstreckt werde.

Der Beklagte vertritt ebenso die Auffassung, dass die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson kein Verwaltungsakt ist. Daraus folge, dass die gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs einem eingeschränkten Kontrollmaßstab entsprechend § 319 Abs. 1 BGB unterliege. Im Zuge der Rechts- und Inhaltskontrolle dürfe ausschließlich geprüft werden, ob die Ermittlung des Sachverhaltes in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei, ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden sei. Hilfsweise sei von einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab analog § 89 SGB V auszugehen, der gerade keine Billigkeitsüberprüfung umfasse. Eine Anschlussvereinbarung setze weder einen unmittelbaren zeitlichen Anschluss voraus noch sehe diese einen subjektiven Vertrauensschutz vor, der bei außerordentlichen Kündigungen ggf. ausgeschlossen wäre. Der von der Klägerin mit einem Verstoß gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V begründete vermeintliche Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und den Grundsatz der Beitragssatzstabilität liege schon deshalb nicht vor. Da es keine Aufwendungen gebe, die durch die Ausgestaltung des Wahltarifs verursacht würden, könne auch nicht gegen § 53 Abs. 9 SGB V verstoßen werden. Der HzV-Vertrag sei, was sich auch aus Stellungnahmen des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht ergebe, in jeder Hinsicht datenschutzrechtskonform. Weder die Benennung der HÄVG AG noch die Benennung der HÄVG Rechenzentrum AG im HzV-Vertrag stellten rechtswidrige oder offenbar unbillige Regelungen dar. Die Schiedsperson habe auch in Ausübung ihres billigen Ermessens mit guter und nachvollziehbarer Begründung einen Vollversorgungsvertrag festgesetzt. Es sei auch nicht ersichtlich, woraus sich ergeben solle, dass der vertraglich vorgesehene direkte Vergütungsanspruch der teilnehmenden Hausärzte gegen die Klägerin unzulässig sei. Ebenso wenig sei dem Gesetzeswortlaut oder dem Sinn und Zweck der Regelung zu entnehmen, dass an einem HzV-Vertrag nur Fachärzte für Allgemeinmedizin teilnehmen dürften. Schließlich sehe § 73b SGB V, wie die Schiedsperson zutreffend ausgeführt habe, den Ausschluss bestimmter Versichertengruppen nicht vor.

Die Klägerin, die die Zulassung der Sprungrevision nach § 161 SGG anregt, beantragt zuletzt,

1. den Schiedsspruch vom 13.02.2012 zur Festsetzung eines Vertrages zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V aufzuheben;

hilfsweise

2. festzustellen, dass der Schiedsspruch vom 13.02.2012 zur Festsetzung eines Vertrages zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V rechtswidrig und unbillig ist, insbesondere insoweit als a) der festgesetzte HzV-Vertrag gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V in der Fassung des GKV-FinG i. V. m. dem Grundsatz der Beitragsstabilität nach § 71 SGB V verstößt; b) systemfremde Dritte, insbesondere die HÄVG und die HÄVG Rechenzentrum AG, als faktische Vertragspartner am festgesetzten HzV-Vertrag gegen den Willen der Klägerin beteiligt werden; c) der festgesetzte HzV-Vertrag unmittelbare Vergütungsansprüche der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte gegenüber der Klägerin begründet; d) die Teilnahmeberechtigung an dem festgesetzten HzV-Vertrag sich auf sämtliche Hausärzte im Bereich der KV Bayerns i. S. d. § 73 Abs. 1a SGB V erstreckt; e) in den Geltungsbereich des festgesetzten HzV-Vertrag auch die Versicherten der Klägerin unter 18 Jahren mit einbezogen wurden, obwohl die Klägerin diesen Versicherten eine hausarztzentrierte Versorgung durch einen Vertrag mit den Kindern- und Jugendärzten anbietet.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die auf die Aufhebung des Schiedsspruchs vom 13.02.2012 gerichtete Klage ist unzulässig. Hingegen ist die hilfsweise erhobene Feststellungsklage zulässig, jedoch unbegründet.

1. Der im Rahmen des § 99 Abs. 3 Nr. 2, 3 SGG umgestellte Hauptantrag der Klägerin, mit dem die Aufhebung des Schiedsspruchs vom 13.02.2012 zur Festsetzung eines Vertrages zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V begehrt wird, ist unzulässig.

Die Klägerin hat nach Umstellung ihrer Klage offen gelassen, mit Hilfe welcher Klageart sie die Aufhebung des Schiedsspruchs verfolgt. Sollte der Hauptantrag als Anfechtungsklage erhoben worden sein, wäre diese nicht statthaft. Nach der Auffassung der Kammer stellt der streitgegenständliche Schiedsspruch keinen Verwaltungsakt i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X dar (so im Ergebnis auch Adolf in: jurispk, Stand 4/2012, § 73b SGB V, Rn. 116; Klückmann in: Hauck/Noftz, Stand 2/2013, § 73b Rn. 15b ff; D. in: Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Auflage, 2014, § 73b SGB V, Rn. 49 ff.; a. A. LSG Baden Württemberg, Urteil vom 18.12.2013, Az. L 5 KA 3838/12, Rn. 60; Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 2ff.). Gegen die Annahme eines Verwaltungsaktes spricht vor allem der gesetzgeberische Wille. In der Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-VStG (BT-Drs. 17/6906, S. 56) heißt es: „Durch die Formulierung in Satz 4, nach der die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung hat, könnte der Eindruck entstehen, dass es sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt handeln würde. Mit der Streichung wird klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird.“ Gegen den Verwaltungsaktcharakter spricht zudem die vom BSG ergangene Rechtsprechung zu Schiedssprüchen von Schiedspersonen gem. § 132a Abs. 2 SGB V. Zwar wird in dem Urteil vom 25.11.2010 (Az. B 3 KR 1/10 R, Rn. 26) ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei Schiedssprüchen von Schiedspersonen nach § 73b Abs. 4a SGB V (Anmerkung: in der Fassung vor dem GKV-VStG) um Verwaltungsakte handelt und darauf hingewiesen, dass die dort vorgesehene Schiedsperson im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht, wie bei § 132a SGB V, lediglich vertraglich vereinbarten Schiedsverfahren tätig werde. Mit der Ausnahme, dass im Rahmen des § 73b Abs. 4a SGB V bei fehlender Einigung der Parteien die Schiedsperson von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt wird, können jedoch die wesentlichen Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 SGB V auf die Schiedsperson gem. § 73b Abs. 4a SGB V übertragen werden. Hierzu zählt insbesondere, dass es keine Rechtsaufsicht für die Schiedsperson gibt (wenngleich gem. § 73b Abs. 9 Satz 5 SGB V Verträge, die in einem Schiedsverfahren festgelegt werden, der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen sind), das Gesetz selbst keine Leitlinien für das Schiedsverfahren vorgibt und die Funktion als Schiedsperson an die Person des (anlassbezogenen) Berufenen gebunden ist (vgl. BSG, ebenda, Rn. 23; zum VA-Charakter der Festsetzung der Gesamtvergütungen durch ein Schiedsamt gem. § 89 SGB V vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003, Az. B 6 KA 29/02 R, Rn. 20). Mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes kommt somit eine Anfechtungsklage nicht in Betracht.

Der auf die Aufhebung des Schiedsspruchs gerichtete Hauptantrag könnte zwar möglicherweise auch als Leistungsklage sui generis erhoben worden sein. Für diese Klageart besteht jedoch vorliegend, unabhängig von der Frage ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit, kein Raum, da nach der Rechtsauffassung der Kammer bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Schiedssprüchen gem. § 73b Abs. 4a SGB V grundsätzlich die Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. §§ 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 Satz 2 BGB einschlägig ist. Ist jedoch - wie hier - zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der durch Schiedsspruch festgesetzte Vertrag nicht mehr in Kraft, hat sich das klägerische Begehren auf Aufhebung (und Ersetzung) erledigt. Daran ändert auch der Schiedsspruch vom 05.05.2014 nichts, mit dem festgesetzt wurde, dass bis zu dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens eines neuen HzV-Vertrages die Regelungen des streitgegenständlichen HzV-Vertrages und seiner Anlagen ihrem Inhalt nach unbeschadet des Wirksamwerdens der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung - weiterhin Anwendung finden. Die Wirkungen dieses Schiedsspruchs müssten ggf. in einem eigenständigen (vorläufigen) Rechtsschutzverfahren geklärt werden.

Aus alledem folgt, dass der Hauptantrag, unabhängig davon, mit welcher Klageart er geltend gemacht wird, unzulässig ist.

2. Die im Rahmen des § 99 Abs. 3 Nr. 2, 3 SGG hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

a. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Feststellungsklage sind gegeben. Vergangene Rechtsverhältnisse können im Fall der Erledigung einer Leistungsklage - grundsätzlich Gegenstand der Feststellungsklage gem. § 55 SGG sein (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 55 Rn. 8, § 131 Rn. 7c). Das hierzu erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Dies zum einen, weil im Hinblick auf neue Vertragsverhandlungen der Beteiligten nach § 73b Abs. 4 SGB V bzw. hinsichtlich neuer Schiedsverfahren ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Klärung aufgeworfener rechtlicher Fragestellungen besteht („Wiederholungsgefahr“). Diese sind auch infolge der neuerlichen Änderung des § 73b SGB V zum 01.04.2014 nicht (gänzlich) überholt. Auch aufgrund der durch Schiedsspruch vom 05.05.2014 festgesetzten, vorläufigen weiteren Anwendung der Regelungen des streitgegenständlichen Schiedsspruchs ist ein Feststellungsinteresse der Klägerin anzuerkennen. Schließlich könnte auch wegen einer (theoretisch möglichen) Rückabwicklung des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses ein Feststellungsinteresse der Klägerin bestehen.

b. Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 ist nicht unbillig, insbesondere nicht rechtswidrig.

aa. Hinsichtlich der Frage des gerichtlichen Prüfmaßstabes wendet die Kammer vorliegend die vom BSG zur gerichtlichen Überprüfung von Schiedssprüchen gem. § 132a Abs. 2 SGB V aufgestellten Grundsätze entsprechend an (BSG, Urteil vom 25.11.2010, Az. B 3 KR 1/10 R, Rn. 33 ff.).

Das BSG hat entschieden, dass die bei Schiedssprüchen nach § 132a Abs. 2 SGB V maßgebliche „Unbilligkeit“ sowohl darin bestehen könne, dass der Schiedsspruch auf schwerwiegenden verfahrensrechtlichen Mängeln (z. B. Begründungsmängel, Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) beruhe, als auch darin, dass das gefundene Ergebnis materiell unrichtig sei oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße (z. B. durch einseitige Berücksichtigung der Interessen einer Partei oder wenn sich die Leistungsbestimmung völlig über die Entwicklung am betreffenden Markt hinwegsetzt). Die Prüfung der Frage der Billigkeit oder Unbilligkeit eines Schiedsspruchs gliedere sich in eine Rechtskontrolle und eine Inhaltskontrolle. Die bei zivilrechtlichen Leistungsbestimmungen nach § 317 BGB zusätzlich erforderliche Evidenzkontrolle entfalle jedoch, weil es hier nur auf die „Unbilligkeit“ des Schiedsspruchs ankomme, nicht aber darauf, ob die Unbilligkeit „offenbar“ sei (BSG, ebenda, Rn. 36). Zur Begründung verwies das BSG auf die den Erfordernissen des öffentlichen Rechts entsprechende Anwendung des § 319 Abs. 1 BGB (BSG, ebenda, Rn. 33). Der Schiedsspruch einer Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 SGB V stelle seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch eine sachnahe, von den Vertragsparteien unabhängige Person dar. Durch die Unabhängigkeit und die fachliche Weisungsfreiheit wollten der Gesetzgeber und die Vertragsparteien die Fähigkeit der Schiedsperson zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzige sachlich vertretbare sei und häufig Kompromisscharakter aufweise. Bei der Inhaltskontrolle komme es demgemäß nur darauf an, ob ein vertretbarer, nachvollziehbarer Beurteilungsmaßstab angewandt worden sei und das Ergebnis „billigem Ermessen“ entspreche, also mit den gesetzlichen Vorgaben sowie mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vereinbar sei. Ob das Gericht einen anderen Beurteilungsmaßstab bevorzugt hätte, sei unerheblich, weil es auf Zweckmäßigkeitserwägungen nicht ankomme. Maßstab zur Beurteilung der „Unbilligkeit“ könne auch nur das wirtschaftliche Gesamtergebnis des Schiedsspruchs sein (BSG, ebenda, Rn. 37). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und des Beurteilungsspielraums der Schiedsperson, der durch das „billige Ermessen“ geprägt sei (§ 317 Abs. 1 BGB), dürfe im Zuge der Rechts- und Inhaltskontrolle ausschließlich geprüft werden, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei, ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden sei. Dies setzte voraus, dass der Beurteilungsmaßstab und die gefundene Abwägung durch die Schiedsperson Eingang in die Begründung des Schiedsspruches gefunden hätten. Die Anforderungen hieran dürften im Hinblick auf Stellung und Funktion der Schiedsperson jedoch nicht überspannt werden. Die Schiedsperson unterhalte in aller Regel keinen eigenen Verwaltungsapparat und sei in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Es sei deshalb in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Begründung des Schiedsspruchs auf die im Verfahren vorgebrachten Angaben der Beteiligten und die wesentlichen Erwägungen der Schiedsperson beschränke (BSG, ebenda, Rn. 38).

Für die Übertragung dieser Grundsätze auf Schiedssprüche gem. § 73b Abs. 4a SGB V spricht in erster Linie, dass auch die Schiedsperson nach § 73b Abs. 4a SGB V die Vertragsinhalte nach billigem Ermessen festzulegen hat (vgl. BT-Drs. 16/10609, S. 54). Indem der vom BSG näher definierte gerichtliche Prüfmaßstab auch eine Inhaltskontrolle umfasst, korrespondiert er mit dem Entscheidungsmaßstab der Schiedsperson. Diese aus Sicht der Kammer notwendige Einbeziehung einer Inhaltskontrolle unterscheidet den vorliegend angewandten Prüfmaßstab von dem gerichtlichen Prüfmaßstab, den das BSG im Zusammenhang mit der Überprüfung von Schiedssprüchen, die von Schiedsämtern gem. § 89 SGB V festgesetzt wurden, postuliert hat (BSG, Urteil vom 16.07.2003, Az. B 6 KA 29/02 R, Rn. 21). Weil die Festsetzung von Vertragsinhalten durch eine Schiedsperson von Gesetzes wegen (§ 73b Abs. 4a SGB V) und nicht wie im Rahmen von § 317 BGB aufgrund übereinstimmenden Parteiwillens erfolgt, liegen auch die „Erfordernisse des öffentlichen Rechts“ vor, um im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 319 Abs. 1 BGB die Prüfung nicht nur auf „offenbare Unbilligkeit“ zu beschränken, sondern auch die schlichte Unbilligkeit mit zu umfassen. Die Bedenken des LSG Baden Württemberg (ebenda, Rn. 65), das den Maßstab des „billigen Ermessens“ als wenig geeignet ansieht, um die Rechtmäßigkeit der im Rahmen eines Schiedsspruchs getroffenen Regelungen zur hausarztzentrierten Versorgung nachzuprüfen, teilt die Kammer nicht. Dem steht nicht entgegen, dass die Festsetzungen eines Schiedsspruchs vermutlich nur in außergewöhnlichen Fallkonstellationen wegen eines Verstoßes gegen die Billigkeit und damit gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu beanstanden sein werden. Dass die Schiedsperson gem. § 73b Abs. 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht (wie bei § 132a SGB V) im Rahmen eines, vom Gesetzgeber zwingend geforderten, vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010, Az. B 3 KR 1/10 R, Rn. 26, das diesen Unterschied im Zusammenhang mit der Frage der Behördeneigenschaft der Schiedsperson gem. § 73b SGB V erwähnt), hat für die Frage des Gestaltungsspielraums der Schiedsperson keine Bedeutung. In beiden Konstellationen übt die Schiedsperson ihr billiges Ermessen aus. Aus diesem Grund wirkt sich diese Unterscheidung auch nicht bei der Frage des gerichtlichen Prüfmaßstabes aus.

Die Beweislast für die Unbilligkeit oder Unrichtigkeit liegt bei dem Beteiligten, der sie behauptet (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 73. Auflage, § 319 Rn. 7; D., ebenda, § 73b SGB V, Rn. 67).

bb. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 ist nicht wegen Verstoßes gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V (in der Fassung vom 22.12.2011; im Folgenden „a. F.“) unbillig. § 1 Abs. 2 HzV-Vertrag, wonach es sich bei dem vorliegenden, durch Schiedsspruch festgesetzten HzV-Vertrag um eine Anschlussvereinbarung im Sinne des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. handelt, auf die § 73b SGB V in der bis zum 21. September 2010 geltenden Fassung anzuwenden ist, ist nicht zu beanstanden.

§ 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. lautet: „Bei Verträgen, die vor dem 22. September 2010 zustande gekommen sind, ist auch bei Anschlussvereinbarungen mit Geltungsdauer bis einschließlich 30. Juni 2014 § 73b in der bis zum 21. September 2010 geltenden Fassung anzuwenden.“

Der Vorschrift des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. kann nicht entnommen werden, dass der streitgegenständliche HzV-Vertrag nicht als Anschlussvereinbarung im Sinne dieser Vorschrift qualifiziert werden könnte.

Die Kammer folgt der von der Schiedsperson vertretenen Auffassung (Begründung des Schiedsspruchs, S. 15), wonach der Begriff der Anschlussvereinbarung nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass ein neuer HzV-Vertrag an den früheren HzV-Vertrag in zeitlicher Hinsicht anknüpfen muss. Denn andernfalls könnten die Vertragspartner durch ein Hinauszögern der neuen Vertragsverhandlungen das Zustandekommen einer Anschlussvereinbarung verhindern. Der Begriff der Anschlussvereinbarung ist somit im Sinne einer Folgevereinbarung zu verstehen.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht kommt eine den Wortlaut einschränkende Auslegung des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F., wonach für vor dem 22. September 2010 zustande gekommene Verträge, die wirksam außerordentlich gekündigt wurden, keine Anschlussvereinbarungen getroffen werden können, nicht in Betracht. Der Normzweck rechtfertigt eine solche Einschränkung nicht.

In der Begründung zum Entwurf des GKV-FinG heißt es: „Verträge, die vor der Beschlussfassung des Gesetzentwurfs durch das Kabinett bereits geschlossen wurden oder deren Inhalt in einem Schiedsverfahren nach § 73b Absatz 4a bis zu diesem Zeitpunkt von einer Schiedsperson festgelegt worden sind, bleiben unberührt. Durch die Bestandsschutzregelung in Satz 4 (Anmerkung: Bei dem in der Begründung genannten Satz 4 handelt es sich um den späteren § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F.) wird ein Sonderkündigungsrecht für diese Verträge ausgeschlossen. Darüber hinaus wird vorgegeben, dass auch bei Anschlussverhandlungen über den Vertragsinhalt (insbesondere in Folge von Kündigungen) mit Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2012 § 73b in der bisherigen Fassung anzuwenden ist. Die in diesem Gesetz enthaltene Begrenzung der HzV-Vergütung ist daher bei erneuten Vereinbarungen für diesen Zeitraum nicht anwendbar. Vielmehr bleibt es bei der im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe. Hierdurch wird der gesetzgeberisch gewollte Bestandschutz in seinem Kern bis zum 31. Dezember 2012 gesichert und dadurch gewährleistet, dass nach diesem Zeitpunkt die im Koalitionsvertrag vorgesehene Bewertung der Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung möglich ist, ohne dass das Ergebnis dieser Bewertung durch zwischenzeitliche Änderungen der für die hausarztzentrierte Versorgung maßgeblichen Regelungen erschwert wird“ (BT-Drs. 17/3040, S. 23).

Der Begründung ist zu entnehmen, dass nicht nur ein Sonderkündigungsrecht ausgeschlossen, sondern dass § 73b SGB V in seiner bisherigen Fassung bei - grundsätzlich allen - Anschlussverhandlungen über den Vertragsinhalt angewendet werden sollte. Hierfür sprechen die hinsichtlich der „Anschlussverhandlungen über den Vertragsinhalt“ verwendeten Worte „darüber hinaus“ und „auch“ sowie der Umstand, dass die Gesetzesbegründung bei der Formulierung „insbesondere in Folge von Kündigungen“ nicht bezüglich der Art der Kündigung differenziert. Vor allem aber verweist die Gesetzesbegründung (so auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 17/3696, S. 46) darauf, dass durch den „gesetzgeberisch gewollten Bestandsschutz“ die im Koalitionsvertrag vorgesehene Evaluation der HzV-Verträge gewährleistet werde, „ohne dass das Ergebnis dieser Bewertung durch zwischenzeitliche Änderungen der für die hausarztzentrierte Versorgung maßgeblichen Regelungen erschwert“ werde. Gerade im Hinblick auf dieses wesentliche gesetzgeberische Ziel kann es nicht darauf ankommen, bei der Frage der „Statthaftigkeit“ einer Anschlussvereinbarung zwischen ordentlich und außerordentlich gekündigten Altverträgen zu differenzieren. Die Kammer verkennt nicht, dass durch die Regelung des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. Krankenkassen - wie die Klägerin -, die rechtzeitig bis zum 30.06.2009 einen HzV-Vertrag abgeschlossen hatten, ggf. gegenüber anderen Krankenkassen, die ihrer Verpflichtung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 15.12.2008) nicht nachgekommen waren und von der Vergütungsbegrenzung für ab dem 22.09.2010 geschlossene HzV-Verträge sofort profitieren konnten, finanziell benachteiligt wurden. Dieses Ergebnis entspricht jedoch offensichtlich der Wertung des Gesetzgebers, dessen primäres Ziel die Gewährleistung der bereits im Koalitionsvertrag geregelten Evaluation war. Die vom Gesetzgeber in § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. vorgenommene Differenzierung bezüglich (Alt-)Verträgen, die vor bzw. nach dem 22. September 2010 zustande gekommen sind, ist daneben auch sachlich nachvollziehbar, da es am 21. September 2010 in vielen Ländern noch keine flächendeckenden HzV-Verträge für alle Versicherten gab. Im Übrigen kann auch nicht dem in der Gesetzesbegründung verwendeten Begriff „Bestandsschutz“ entnommen werden, dass Anschlussvereinbarungen dann nicht möglich sein sollten, wenn aufgrund außerordentlicher Kündigung kein schützenswerter Bestand (mehr) existiere. Bestandsschutz ist in diesem Zusammenhang als objektiver Systemschutz zugunsten der vom Gesetzgeber gewünschten Evaluation zu verstehen.

Weil es sich vorliegend um eine Anschlussvereinbarung i. S. d. § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. handelt, liegt ein Verstoß gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V a. F. nicht vor.

cc. Der Schiedsspruch verstößt auch weder gegen das Gebot der Selbsttragung eines Wahltarifs, § 53 Abs. 9 SGB V (in der Fassung vom 22.12.2010; im Folgenden a. F.) noch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, §§ 12 Abs. 1, 70 SGB V.

Gem. § 53 Abs. 9 Satz 1 SGB V a. F. müssen die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b stellt einen Wahltarif dar, vgl. § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB V a. F.

Unstreitig hat die Klägerin vorliegend nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gem. § 53 Abs. 3 Satz 2 SGB V a. F. im Rahmen des streitgegenständlichen HzV-Vertrages für die Versicherten eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen. Aus diesem Grund existieren für den Wahltarif „hausarztzentrierte Versorgung“ auch keine Aufwendungen i. S. d. § 53 Abs. 9 Satz 1 SGB V a. F. Denn bei diesen handelt es sich typischerweise um zu erwartende Verwaltungskosten und zu erwartende Einnahmeausfälle (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, Az. B 1 A 1/11 R, Rn. 21).

Die aus dem streitgegenständlichen HzV-Vertrag resultierenden Honorarleistungen der Klägerin stellen keine Aufwendungen für den Wahltarif i. S. d. § 53 Abs. 9 SGB V a. F. dar. Dies ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 73b Abs. 8 SGB V. In dieser Vorschrift und nicht in § 53 Abs. 9 SGB V a. F. war eine Art Selbsttragungsgebot für diese Leistungen geregelt. § 73b Abs. 8 SGB V (in der Fassung vom 22.12.2010) sah vor, dass vertraglich sicherzustellen ist, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden; gem. § 73b Abs. 8 SGB V (in der Fassung vom 15.12.2008) war die Vereinbarung der Refinanzierung der Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen, sogar fakultativ.

Auch ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 SGB V) ist nicht gegeben. Vorab weist die Kammer darauf hin, dass gem. § 73b Abs. 5 Satz 4 SGB V a. F. die Einzelverträge Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, d. h. u. a. §§ 70, 71 SGB V, regeln können (Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts äußert F. in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Stand Januar 2014, § 73b Rn. 55). Unabhängig davon kann nach der Rechtsprechung des BSG Maßstab zur Beurteilung der „Unbilligkeit“ nur das wirtschaftliche Gesamtergebnis des Schiedsspruchs sein. Daher müsse regelmäßig nicht jede einzelne Bestimmung zur Vergütung der diversen Leistungen ( ) isoliert betrachtet werden, sondern es bedürfe der Gesamtschau aller Leistungsbestimmungen unter Einschluss des festgelegten Beginns der Vergütungsanhebung sowie der festgelegten Laufzeit (BSG, Urteil vom 25.11.2010, Az. B 3 KR 1/10 R, Rn. 37). Unter Zugrundelegung dieses Prüfmaßstabs sind keine Anhaltspunkte erkennbar und auch von Klägerseite nicht substantiiert vorgetragen worden -, dass die Schiedsperson die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums bezüglich der Wirtschaftlichkeit des HzV-Vertrages überschritten hätte.

In der Begründung des Schiedsspruchs (S. 32) sind die prognostizierten finanziellen Auswirkungen des HzV-Vertrages näher dargestellt. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass das von der Klägerin an die HzV-Hausärzte zu leistende Honorar auf ein Höchstvolumen von 70 Mio EUR pro Jahr begrenzt werde (vgl. auch § 10 Abs. 1 und Anhang 6 zu Anlage 3 HzV-Vertrag) und damit einem zentralen Anliegen der Klägerin Rechnung getragen worden sei. Durch diese Honorarbegrenzung wurden die finanziellen Belastungen der Klägerin im Vergleich zum HzV-Altvertrag erheblich reduziert. Unter Berücksichtigung auch der in § 3 HzV-Vertrag geregelten, umfänglichen Teilnahmevoraussetzungen und besonderen Qualifikations- und Qualitätsanforderungen der teilnehmenden Hausärzte sind Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass die Schiedsperson zugunsten der Klägerin davon abgesehen hat, in der Vergütungsanlage des HzV-Vertrages erneut kontaktunabhängige Pauschalen zu regeln (Begründung Schiedsspruch, S. 28) und sie sich für eine Neueinschreibung der Versicherten in den HzV-Vertrag statt einer Übernahme der bisher in den HzV-Altvertrag eingeschriebenen Versicherten entschieden hat (vgl. § 6 HzV-Vertrag).

Die von Klägerseite beanstandete Vergütung für Leistungen im Bereich der Arzneimitteltherapieoptimierung („AMTHO“) (Anlage 3 des HzV-Vertrages, S. 12/25) kann nach der Rechtsprechung des BSG als Einzelvergütungsregelung grundsätzlich keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot begründen. Im Übrigen bestehen aber auch keine grundlegenden Bedenken, den diesbezüglich anfallenden gesteigerten Beratungs- und Dokumentationsaufwand zusätzlich zu vergüten.

Die Frage der Kosten, die der Klägerin durch die nichtvertragskonforme Inanspruchnahme mehrerer Hausärzte durch Versicherte (NVI) zusätzlich entstehen, ist unabhängig davon, dass die Klägerin keine konkreten, auf den streitgegenständlichen HzV-Vertrag bezogenen Zahlen genannt hat nicht im Rahmen der Frage der Vereinbarkeit des Schiedsspruches mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne zu klären. Denn bei diesen Kosten handelt es sich um solche, die durch Fehlverhalten der Versicherten entstehen. Indem in § 9a Abs. 3 bis 5 HzV-Vertrag die Vertragspartner verpflichtet werden, geeignete Maßnahmen zur Reduzierung dieser Mehrfachinanspruchnahmen zu ergreifen bzw. zu unterstützen, und § 12 Abs. 1 HzV-Vertrag für den Hausarzt ein Verbot der „Doppelabrechnung“ statuiert, hat die Schiedsperson im Rahmen des ihr eingeräumten billigen Ermessens vom Gericht nicht zu beanstandende, sachgemäße Regelungen getroffen (vgl. im Übrigen auch Begründung des Schiedsspruchs, S. 34).

Der Schiedsspruch ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) unbillig. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass der streitgegenständliche HzV-Vertrag zu Beitragserhöhungen geführt oder die Gefahr von Beitragserhöhungen hervorgerufen habe (vgl. BSG, ebenda, Rn. 43).

dd. Der Schiedsspruch ist auch nicht wegen Verstößen gegen das Datenschutzrecht unbillig.

Der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren ausführliche Stellungnahmen des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vorgelegt. In seiner Stellungnahme vom 30.11.2012 kommt das Landesamt zu dem Ergebnis, dass die Erhebung der Einschreibedaten durch den Hausarzt und die Übermittlung dieser Daten an das Rechenzentrum des Beklagten sowie die dortige Verarbeitung auf der Grundlage des § 295a Abs. 1 SGB V in Verbindung mit der Einwilligung des Versicherten zulässig ist. Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Insbesondere durch den Einschreibebeleg, auf dem die HÄVG Rechenzentrum AG als Adressatin genannt wird, wird der Versicherte über die Identität des Rechenzentrums informiert. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 295a SGB V liegt somit nicht vor.

Aufgrund der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.08.2012 bestehen auch keine Bedenken gegen den Einsatz des sog. „HÄVG-Prüfmoduls“ (HPM).

Die Stellungnahmen des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.08.2012 und 30.11.2012 sind von Klägerseite unwidersprochen geblieben.

ee. Die Klägerin beanstandet darüber hinaus die gegen ihren Willen erfolgte Einbeziehung „systemfremder Dritter“ in den von der Schiedsperson festgesetzten Vertrag. Auch insoweit kann die Kammer keine Unbilligkeit feststellen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die gegen ihren Willen erfolgte Einbeziehung der HÄVG und HÄVG Rechenzentrum AG als „faktische Vertragspartner“ rechtswidrig sei. Sie sei nach § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. nur zum Vertragsschluss mit Gemeinschaften verpflichtet, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Nur insoweit bestünde ein Abschlusszwang.

Hiergegen ist einzuwenden, dass gem. § 1 Abs. 3 HzV-Vertrag Vertragspartner des HzV-Vertrages lediglich die Krankenkasse und der Hausärzteverband sind. Die HÄVG Rechenzentrum AG ist hingegen nach dem Vertragswerk das vom Beklagten nach § 295a Abs. 2 SGB V als andere Stelle zu Abrechnungszwecken beauftragte und in Anlage 3 unter § 5 Abs. 1 benannte Rechenzentrum (§ 1 Abs. 11 HzV-Vertrag). Die HÄVG ist gem. § 1 Abs. 12 HzV-Vertrag der Erfüllungsgehilfe des Beklagten zur Erfüllung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen aus dem HzV-Vertrag mit Ausnahme der Abrechnung. In § 2 Abs. 3 Satz 2 HzV-Vertrag ist geregelt, dass der Beklagte zur Gewährleistung einer vertragsgemäßen Abrechnung der hausärztlichen Leistungen gem. § 295a Abs. 2 SGB V i. V. m. § 80 SGB X berechtigt ist, eine andere Stelle zu beauftragen. Als andere Stelle i. S.v. § 295a Abs. 2 SGB V i. V. m. § 80 SGB X beauftragt der Beklagte das in Anlage 3 benannte Rechenzentrum (§ 2 Abs. 3 Satz 3 HzV-Vertrag). Gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 HzV-Vertrag ist der Beklagte ferner berechtigt, sich, soweit gesetzlich zulässig, bei der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen Dritter als Erfüllungsgehilfen zu bedienen (§ 278 BGB). Soweit die HÄVG im Rahmen des HzV-Vertrages erwähnt wird, erfolgt dies ausschließlich in Wahrnehmung ihrer Funktion als Erfüllungsgehilfe des Beklagten (§ 2 Abs. 4 Satz 2 HzV-Vertrag). Gem. § 2 Abs. 5 Satz 2 HzV-Vertrag sind der Beklagte und die HÄVG zur Durchführung des HzV-Vertrages von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Der vorliegende Sachverhalt ist, was die Einbindung der HÄVG betrifft, nicht mit dem Sachverhalt, der dem Beschluss des BayLSG vom 27.06.2009 (Az. L 12 KA 33/09 B ER) zugrunde lag, zu vergleichen. Anders als in dem damaligen Fall (vgl. BayLSG, ebenda, Rn. 57ff.) ist die HÄVG lediglich Erfüllungsgehilfin. Vertragspartner, also auch derjenige, der die Erfüllungs- und Haftungsrisiken trägt, ist der Beklagte. Das BayLSG hat die Einbeziehung der HÄVG als Erfüllungsgehilfin des Beklagten in einem den HzV-Altvertrag betreffenden Verfahren ausdrücklich nicht beanstandet (BayLSG, Beschluss vom 22.02.2011, Az. L 12 KA 2/11 B ER, Rn. 70). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beklagte ohne Einbeziehung der HÄVG faktisch nicht in der Lage wäre, seine vertraglichen Pflichten vollständig zu erfüllen; entscheidend ist lediglich, dass der Beklagte rechtlich hinsichtlich der ihm obliegenden Pflichten einsteht (vgl. auch BGH, Urteil vom 21.09.2000, Az. I ZR 135/98, Rn. 30 m. w. N., wonach es unerheblich ist, dass der mit Willen des Schuldners in dessen Geschäftskreis eintretende Erfüllungsgehilfe hinsichtlich der von ihm erbrachten Leistung eine Monopolstellung innehat). Aus diesem Grund kommt es ebenso wenig darauf an, ob bei der Abrechnung zwingend das „HÄVG-Prüfmodell“ verwendet werden muss. Eine, wie von der Klägerin behauptet, Substitution durch die HÄVG i. S. d. § 664 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ausweislich der Regelungen der §§ 1 Abs. 12, 2 Abs. 4 HzV-Vertrag eindeutig nicht vor und wäre auf Grundlage des HzV-Vertrages auch nicht gestattet.

Es bestehen auch keine Zweifel, dass die HÄVG Rechenzentrum AG in den streitgegenständlichen HzV-Vertrag mit einbezogen werden konnte. Gem. § 295a Abs. 2 Satz 1 1. HS SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b erbrachten Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragen.

Die HÄVG und die HÄVG Rechenzentrum AG sind somit nicht (faktische) Vertragspartner der Klägerin geworden. Bedenken gegen ihre gegen den Willen der Klägerin erfolgte Einbindung in den HzV-Vertrag bestehen nicht.

Vollständigkeitshalber weist die Kammer darauf hin, dass keine Zweifel an der Vertragsabschlusskompetenz des Beklagten bestehen. Ob die einzelnen Mitglieder des Beklagten etwa die Einbeziehung der HÄVG gutheißen oder ablehnen, hat für die Frage der Vertragsabschlusskompetenz keine rechtliche Relevanz (vgl. D., ebenda, Rn. 31 ff.).

ff. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 ist auch nicht wegen der Festsetzung eines sog. Vollversorgungsvertrages unbillig. Gem. § 2 Abs. 1 Satz 4 HzV-Vertrag umfasst der Versorgungsauftrag nach dem HzV-Vertrag die regelhafte hausärztliche Versorgung nach § 73 Abs. 1 SGB V und die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V, hausärztliche Leistungen zur Prävention und Krankheitsfrüherkennung sowie allgemeine ärztliche Leistungen, die von Hausärzten zur Diagnostik und Therapie angewandt werden. Wie in der Begründung zum Schiedsspruch (S. 18f.) näher ausgeführt ist, hat sich die Schiedsperson in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag anstatt eines ebenfalls rechtlich zulässigen - Addon-Vertrags entschieden. Unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Schiedsperson, die sich mit den Gründen für und gegen eine Vollversorgung bzw. einen Addon-Vertrag auseinandergesetzt hat, ist die Entscheidung für einen Vertrag mit Vollversorgung nicht zu beanstanden (vgl. auch LSG Baden Württemberg, ebenda, Rn. 85).

gg. Auch im Übrigen liegt keine Unbilligkeit des festgesetzten Vertrages vor.

(1) Der Vertrag ist nicht wegen der Begründung eines unmittelbaren Abrechnungsverhältnisses zwischen der Klägerin und den einzelnen teilnehmenden Hausärzten, wie dies die §§ 10, 13 HzV-Vertrag vorsehen, unbillig. Der Vorschrift des § 73b SGB V a. F. kann nicht entnommen werden, dass die Vergütungsbeziehungen wie im Kollektivvertragssystem erfolgen müssen. Im Übrigen erfolgt die Abrechnung in der Regel über den Beklagten bzw. das von ihm beauftragte Rechenzentrum, vgl. § 7 Abs. 1 g), § 11 HzV-Vertrag und § 6 Abs. 3 Anlage 3. Auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist insoweit weder erkennbar noch substantiiert von der Klägerin dargelegt worden.

(2) Auch der Umstand, dass alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Hausärzte an dem festgesetzten HzV-Vertrag teilnehmen können (vgl. § 1 Abs. 5 HzV-Vertrag), begründet keine Unbilligkeit. Aus der Vorschrift des § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. kann nicht geschlossen werden, dass hierzu nur Allgemeinärzte berechtigt sein sollen.

§ 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. regelt, dass zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen haben, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Nur hinsichtlich der Eignung einer Gemeinschaft als Vertragspartner i. S. d. § 73b Abs. 4 SGB V wird auf das Quorum der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte abgestellt. Die Vertragsabschlüsse gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. dienen der flächendeckenden Sicherstellung des Angebots „nach Absatz 1“, wonach die Krankenkassen ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten haben. Diese Vorschrift ist wiederum in Verbindung mit § 73 Abs. 1a Satz 1 SGB V zu sehen, der regelt, dass an der hausärztlichen Versorgung Allgemeinärzte, Kinderärzte, Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben, teilnehmen.

(3) Der streitgegenständliche HzV-Vertrag erstreckt den vertraglichen Geltungsbereich auch in zulässigerweise Weise auf alle Versicherten der Klägerin (§ 1 Abs. 9, § 2 Abs. 1 Satz 1 HzV-Vertrag). Die von der Klägerin beanstandete Pflicht zum „doppelten Vertragsangebot“ für Versicherte unter 18 Jahren, die sowohl an dem streitgegenständlichen HzV-Vertrag wie auch an dem von der Klägerin mit der BVKJ-Service GmbH abgeschlossenen PzV-Vertrag teilnehmen können, begegnet keinen Bedenken.

Die Kammer kann die Frage offen lassen, ob in dem klägerischen Einwand nicht bereits eine unzulässige Rechtsausübung zu sehen ist. Hierfür könnte sprechen, dass die Klägerin bei Abschluss des PzV-Vertrages wie auch bei Abschluss der 1. Änderungsvereinbarung am 06.12.2011 offensichtlich selbst davon ausgegangen ist, dass es für die Versicherten unter 18 Jahren alternative Vertragsangebote nach § 73b SGB V gibt. § 4 Abs. 5 Satz 3 PzV-Vertrag regelt, dass eine Teilnahme am PzV-Vertrag nicht möglich ist, wenn der Versicherte bereits an einem anderen Vertragsangebot der AOK nach § 73b SGB V oder an einem hausarztbasierten Integrationsversorgungsvertrag (§ 140a SGB V) mit Teilnahmemöglichkeit für Kinder und Jugendliche teilnimmt. Gem. § 6 Abs. 6 PzV-Vertrag ist die Mehrfachteilnahme an mehreren Verträgen der AOK (nach den §§ 73b, 73c und/oder 140a SGB V), die vom Leistungsinhalt weitgehend identisch sind, ausgeschlossen.

Die Kammer muss vorliegend auch nicht näher der Frage nachgehen, ob die BVKJ-Service GmbH überhaupt der richtige Vertragspartner zum Abschluss eines PzV-Vertrages gem. § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. ist (vgl. zur ähnlichen Problematik BayLSG, Beschluss vom 27.06.2009, Az. L 12 KA 33/09 B ER, Rn. 60ff.).

Die Schiedsperson hat zur Begründung der Einschreibung von Versicherten unter 18 Jahren angeführt, dass die gesetzliche Regelung in § 73b den Ausschluss bestimmter Versichertengruppen nicht vorsehe. Ungeachtet dessen könne auch die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in den HzV-Vertrag sinnvoll sein, wenn eine spezialärztliche Betreuung durch Kinderärzte nicht geboten sei. Gerade in einem Flächenstaat wie Bayern mit ländlich strukturierten Gebieten werde die allgemeine ärztliche Betreuung von Kindern regelhaft auch von Hausärzten mit übernommen. Anreize, Kinder und Jugendliche vermehrt in den HzV-Vertrag einschreiben zu lassen, bestünden nach dem Wegfall der kontaktunabhängigen Pauschale ohnehin nicht mehr (Begründung des Schiedsspruchs, S. 29f.).

§ 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. lautet: „Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen (Nr. 1), Gemeinschaften dieser Leistungserbringer (Nr. 2) ( )“. Der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-OrgWG ist zu entnehmen, dass Krankenkassen, die mit Gemeinschaften bereits HzV-Verträge abgeschlossen haben, aufgrund dieser Vorschrift weitere Verträge mit den bisherigen Vertragspartnern schließen und damit ihr Angebot für die Versicherten erweitern können. Eine Bereichsausnahme sei für Verträge geregelt, die die Versorgung von Kindern und Jugendlichen zum Gegenstand hätten. Dies sei geboten, weil es den Krankenkassen sonst verwehrt wäre, mit für die Versorgung dieses Personenkreises besonders qualifizierten Leistungserbringern oder ihren Gemeinschaften vor Abschluss von HzV-Verträgen mit den in Satz 1 genannten Gemeinschaften spezielle Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung zu schließen (BT-Drs. 16/10609, S. 54).

Weder der Wortlaut des § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. noch die zitierte Begründung zum Entwurf des GKV-OrgWG schließen es grundsätzlich aus, zugunsten der Versorgung von Kindern und Jugendlichen eine hausarztzentrierte Versorgung mittels eines speziellen Vertrages mit Kinder- und Jugendärzten (bzw. deren Gemeinschaften) und zusätzlich mittels HzV-Vertrages mit einer Gemeinschaft wie dem Beklagten anzubieten. Hiervon scheint auch die Klägerin auszugehen, vgl. §§ 4 Abs. 5 Satz 3, 6 Abs. 6 PzV-Vertrag. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. nicht entnommen werden, dass bei Vorliegen eines speziellen Vertrages mit Kinder- und Jugendärzten (bzw. deren Gemeinschaften) den Krankenkassen einseitig im Sinne eines Wahlrechts die Möglichkeit eröffnet wird, im Rahmen von Vertragsverhandlungen wegen Abschluss eines HzV-Vertrages mit einer Gemeinschaft gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. zu bestimmen, ob die Versichertengruppe der Kinder und Jugendlichen auch von diesem HzV-Vertrag umfasst werden soll oder nicht. Insofern geht der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe unbefugt in ihr zustehendes Wahlrecht eingegriffen, ins Leere. Die Frage der Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen betrifft nicht Satzungsrecht der Klägerin (vgl. § 73b Abs. 3 Sätze 7, 8 SGB V a. F.), sondern vielmehr den Vertragsinhalt (vgl. auch BayLSG, Beschluss vom 01.12.2010, Az. L 5 KR 261/10 KL ER, Rn. 17), auf den sich die Beteiligten zu einigen haben bzw. der durch die Schiedsperson nach billigem Ermessen festgesetzt wird. Unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren Begründung der Schiedsperson ist auch insoweit eine Unbilligkeit nicht zu erkennen.

(4) Eine Unbilligkeit aufgrund der Festsetzung der Schiedsklausel in § 19 HzV-Vertrag, wonach die Vertragspartner verpflichtet sind, bei allen Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit dem HzV-Vertrag oder über seine Gültigkeit zwischen ihnen ergeben, vor Klageerhebung das in der Anlage 7 näher geregelte Schiedsverfahren durchzuführen, ist auch unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG - nicht zu erkennen.

(5) Auch in dem Verzicht auf Aufnahme einer sog. Loyalitätsklausel in den HzV-Vertrag liegt keine Unbilligkeit. Dass die Schiedsperson keine Klausel zur Verpflichtung des Beklagten und der teilnehmenden Hausärzte zur Loyalität gegenüber der Klägerin formuliert hat, ist unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Schiedsperson nicht zu beanstanden.

(6) Auch der Umstand, dass der streitgegenständliche HzV-Vertrag der Klägerin kein eigenes Recht einräumt, „Hausärzte, die sich gegenüber der Klägerin illoyal verhalten und die Klägerin sogar öffentlich diffamieren“, von der Teilnahme am Vertrag auszuschließen, verstößt nicht gegen die Billigkeit. Im Rahmen ihres weiten Ermessens hat die Schiedsperson in § 5 Abs. 3 HzV-Vertrag geregelt, dass der Beklagte berechtigt und gegenüber der Klägerin verpflichtet ist, den HzV-Vertrag gegenüber dem Hausarzt mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Damit ist auch für die Fälle etwaigen illoyalen Verhaltens eine sachgerechte Lösung gefunden worden.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Weil sich der Beklagte mit einer Sprungrevision nicht einverstanden erklärt hat, war diese schon aus diesem Grund nicht zuzulassen, § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2011 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten der durch Dr. U. ausgeführten Implantatversorgung (1056,74 Euro), die Kosten einer Fahrt zu ihm und die Kosten zweier Fahrten zur Universitätsklinik Tübingen zu erstatten sowie vollständig die Kosten einer noch nicht durchgeführten umfassenden prothetischen Versorgung und Kosten der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen Dr. A. zu übernehmen. Das LSG hat die Berufung hinsichtlich der sich auf die Implantatversorgung durch Dr. U. beziehenden Kostenerstattung mangels eines vorausgegangenen Verwaltungs- und Klageverfahrens als unzulässig verworfen und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte wolle ersichtlich dem Kläger die ihm nach den §§ 55 f SGB V zustehenden Leistungen gewähren, was aber an der fehlenden Kooperation des Klägers scheitere. Soweit der Kläger zahnprothetische Leistungen über die §§ 55 f SGB V hinaus begehre, müsse er selbst die Kosten tragen. Die Fahrkostenansprüche des Klägers scheiterten daran, dass er die Voraussetzungen des § 60 SGB V iVm den Krankentransport-Richtlinien nicht erfülle. Gutachterkosten seien von der Beklagten nicht nach § 66 SGB V zu übernehmen(Urteil vom 26.1.2011).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde und beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.

3

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist abzulehnen, die Beschwerde des Klägers ist zu verwerfen.

4

1. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 und § 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

5

Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen. Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers - Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.

6

a) Die Sache bietet weder Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch ist ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 SGG).

7

Eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch nicht hinsichtlich der Auslegung des Anspruchs Versicherter auf Unterstützung durch die KK bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 SGB X auf die KK übergehen. Die für die Annahme der grundsätzlichen Bedeutung neben anderen Voraussetzungen erforderliche Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage liegt auch dann nicht vor, wenn das BSG zwar die Rechtsfrage noch nicht ausdrücklich behandelt hat, aber die Antwort praktisch außer Zweifel steht, so dass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (vgl nur Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 313). So verhält es sich hier. In der Begründung zu § 74 des Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, der im Gesetzgebungsverfahren inhaltlich nicht mehr geändert wurde und als § 66 SGB V in Kraft trat, wurde ausgeführt, dass Unterstützungsleistungen der KK nicht die Übernahme von Kosten der Rechtsverfolgung umfassten(BT-Drucks 11/2237 S 189). Dies ist in der Kommentarliteratur bislang auch nicht in Zweifel gezogen worden (vgl nur Roters in KassKomm, Stand Dezember 2011, § 66 SGB V RdNr 8; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2012, § 66 RdNr 15; Peters in ders, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, Stand September 2011, § 66 RdNr 14; Kruse in ders/Hänlein, SGB V, 3. Aufl 2009, § 66 RdNr 5; Lang in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 66 RdNr 4).

8

b) Auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG oder des SG, der im Berufungsverfahren fortwirkt, bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

9

c) Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

d) Da PKH nicht bewilligt werden kann, entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO.

11

2. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil die Beschwerde nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Die Verwerfung des Rechtsmittels erfolgt entsprechend § 169 S 3 SGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter(§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG).

12

3. Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.