vorgehend
Landgericht Koblenz, 1 HKO 155/12, 09.07.2013
Oberlandesgericht Koblenz, 2 U 901/13, 21.07.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR84/14 Verkündet am:
14. Oktober 2015
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 536 b, 536 c
Die vorbehaltlose Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter führt
nicht gemäß oder entsprechend § 536 b BGB dazu, dass der Mieter für die Zukunft
mit seinen Rechten aus §§ 536, 536 a BGB ausgeschlossen ist (im Anschluss
an Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402).
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2015 - XII ZR 84/14 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dose unddie Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Botur und Guhling

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21. Juli 2014 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Miete, die diese wegen behaupteter Mietmängel einbehalten hat.
2
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete der Beklagten mit Vertrag vom 30. April 2001 eine Gewerbeimmobilie, in der die Beklagte vereinbarungsgemäß eine Fachklinik für Suchttherapie betreibt. Mietbeginn war der 1. Juni 2001, die Mietdauer betrug zehn Jahre. Zur Vertragslaufzeit regelt § 2 Ziffer 2 das Recht der Mieterin, "die Mietzeit … 2x um je 5 Jahre zu verlängern (Option ). Diese Optionen treten jeweils stillschweigend in Kraft, wenn die Mieterin spätestens 12 Monate vor Ablauf der Mietzeit keine gegenteilige schriftliche Erklärung abgibt." Eine solche die Vertragsverlängerung verhindernde Erklärung gab die Beklagte nicht ab.
3
Weiter ist in dem Vertrag unter § 13 geregelt, dass die Mieterin aus Mängeln der Beschaffenheit der vermieteten Räume oder an den Inventargegenständen keine Rechte herleiten kann, "es sei denn, der Vermieter hätte die Beseitigung dieser Mängel nicht innerhalb angemessener Frist vorgenommen, nachdem die Mieterin ihn unter Setzung einer angemessenen Frist mit Einschreiben -Rückschein abgemahnt hat."
4
Erstmals im Juli 2007 rügte die Beklagte verschiedene Mängel. Mit Schreiben vom 25. August 2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Beseitigung zahlreicher Mängel auf und wiederholte diese Aufforderung mit Schreiben vom 27. Mai 2011 unter Fristsetzung. Nachdem sich ab Februar 2012 die Miete aufgrund einer vertraglichen Wertsicherungsklausel erhöht hatte, zahlte die Beklagte die Miete nur noch zur Hälfte und behielt 5.524,48 € pro Monat mit der Begründung ein, die Miete sei wegen Mängeln der Mietsache um 50 % gemindert. Die Klägerin macht mit der Klage Mietrückstände von insgesamt 27.622,40 € für die Monate Mai bis September 2012 geltend.
5
Das Landgericht hat der Klage in voller Höhe stattgegeben und die Auffassung vertreten, wegen vorbehaltloser Ausübung der Option könne sich die Beklagte auf vor der Optionsausübung aufgetretene Mängel nicht mehr berufen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlusswege zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine mit Hinweis- und Zurückweisungsbeschluss bei juris und auszugsweise auch in ZMR 2014, 883 ff. veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
8
Auf die Frage, ob die von der Beklagten gerügten Mängel vorlägen, komme es nicht an. Die Beklagte habe nämlich von der Möglichkeit, das Vertragsverhältnis durch Nichtausübung der Verlängerungsoption zu beenden, in Kenntnis der Mängel keinen Gebrauch gemacht. Nach der zu § 539 BGB a.F. ergangenen und auf die aktuelle Gesetzeslage übertragbaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe die Beklagte daher entsprechend § 536 b BGB das Recht verloren, sich auf die Mängel zu berufen. Die Klägerin habe auch vor der Vertragsverlängerung keine Zusage abgegeben, die Mängel zu beseitigen. Die nach dem für die Optionsausübung maßgeblichen Stichtag, dem 31. Mai 2010, erfolgten Mängelrügen mit Fristsetzungen seien als Mängelvorbehalt nicht geeignet, weil der Ausschluss der Mängelansprüche zu diesem Zeitpunkt bereits eingetreten gewesen sei.
9
Die Mängelrechte der Beklagten seien auch nicht durch die Mieterhöhung im Februar 2012 wieder aufgelebt. Dies würde voraussetzen, dass durch die Erhöhung das Äquivalenzverhältnis in relevanter Weise verschoben werde, woran es vorliegend fehle. Selbst wenn man dies anders beurteilen wolle, ergebe sich kein anderes Ergebnis. Denn ein solches Wiederaufleben könne nicht zu einer Erweiterung der Mängelrechte führen. Wiederaufleben könnten - ohnehin nur bezogen auf den Erhöhungsanteil - die Rechte allein in dem Umfang, in dem sie der Beklagten nach der vertraglichen Regelung bis zu ihrem Verlust zugestanden hätten. Das bedeute konkret, dass die Klägerin sich ihre Rechte erneut in der nach § 13 des Mietvertrags vorgesehenen Form hätte sichern müssen. Die Regelung in § 13 sei auch nicht unwirksam, selbst wenn es sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln sollte. Bei gewerblichen Mietverhältnissen bestünden keine Bedenken, die Minderung von zusätzlichen Bedingungen wie der Ankündigung des Minderungsrechts einen Monat vor Fälligkeit der Miete abhängig zu machen. Dies entspreche letztlich auch dem gesetzlichen Leitbild des § 536 c Abs. 2 BGB. Auf die Frage der Verwirkung komme es nach alledem nicht mehr an.

II.

10
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, die von der Beklagten gemäß § 536 Abs. 1 BGB geltend gemachte Minderung sei entsprechend § 536 b BGB ausgeschlossen, weil die Beklagte trotz Mangelkenntnis die Verlängerungsoption ausgeübt habe, ohne sich Rechte wegen der Mängel vorzubehalten.
12
a) Auf rechtliche Bedenken trifft bereits die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte habe eine Verlängerungsoption ausgeübt.
13
Bei einer Verlängerungsoption handelt es sich um das der begünstigten Partei eingeräumte Recht, ein befristetes Mietverhältnis vor Ablauf der Mietzeit durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung um einen bestimmten Zeitraum zu verlängern (vgl. etwa Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 21; BGH Urteil vom 14. Juli 1982 - VIII ZR 196/81 - NJW 1982, 2770; Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer/Leonhard Gewerberaummiete Vor § 535 BGB Rn. 542; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 12. Aufl. § 542 Rn. 184 f.). Demgegenüber führt eine Verlängerungsklausel die Vertragsverlängerung allein durch Schweigen herbei (vgl. etwa BGHZ 150, 373 = NJW 2002, 2170, 2171; OLG Düsseldorf ZMR 2002, 910; Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer/ Leonhard Gewerberaummiete Vor § 535 BGB Rn. 542).
14
Vorliegend haben die Mietvertragsparteien eine Kombination dieser Regelungsmöglichkeiten vorgenommen, indem sie allein der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt haben, eine Vertragsverlängerung (um fünf Jahre) nach Ablauf der zehnjährigen Vertragslaufzeit durch schriftliche Erklärung zu verhindern. Dies ändert aber - ebenso wenig wie der Umstand, dass in der Vertragsklausel von einer "Option" die Rede ist - nichts daran, dass die Verlängerung nicht an eine empfangsbedürftige Willenserklärung, sondern allein an die Nichtabgabe einer "gegenteiligen schriftlichen Erklärung" und damit das Schweigen der Beklagten gebunden ist. Das Unterbleiben der Beendigungserklärung führte mithin zur Fortsetzung des Mietverhältnisses mit demselben Inhalt bei Wahrung des in die Zukunft verlängerten Vertrags (vgl. BGHZ 150, 373 = NJW 2002, 2170, 2171).
15
Ob die vorliegend erfolgte Vertragsverlängerung derjenigen durch Ausübung einer Verlängerungsoption entspricht, die der vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 539 BGB a.F. zugrunde lag (BGH Urteil vom 13. Juli 1970 - VIII ZR 230/68 - NJW 1970, 1740, 1742), kann jedoch dahinstehen.
16
b) Denn wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, führt auch die vorbehaltlose Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter nicht gemäß oder entsprechend § 536 b BGB zum Verlust der ihm nach §§ 536 und 536 a BGB zustehenden Rechte (Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 16 ff. mwN; dazu Bińkowski ZfIR 2015, 105 ff.).
17
aa) Bei der Ausübung einer Verlängerungsoption handelt es sich nicht um einen Vertragsschluss im Sinne des § 536 b BGB. Die Option ist ein schon im Ausgangsvertrag eingeräumtes Gestaltungsrecht. Durch ihre Ausübung kommt kein neuer Vertrag zustande. Vielmehr wirkt sie unmittelbar auf das bestehende Mietverhältnis ein, indem sie mit ihrer Gestaltungswirkung lediglich die ursprünglich vereinbarte Vertragslaufzeit ändert und ihr einen neuen Zeitabschnitt hinzufügt. Im Übrigen wird der Mietvertrag aber - ebenso wie bei der Fortsetzung eines Mietverhältnisses aufgrund eines Verlängerungsmechanismus - mit demselben Vertragsinhalt fortgesetzt und die Identität des Vertrags bleibt erhalten. Demnach bewirkt die Ausübung einer Verlängerungsoption keine Änderung der vertraglichen Beziehungen, die einen Neuabschluss des Mietvertrags darstellt (Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 20 f. mwN).
18
bb) Auch die entsprechende Anwendung des § 536 b BGB kommt bei vorbehaltloser Ausübung einer Verlängerungsoption nicht in Betracht (Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 22 ff. mwN).
19
(1) Zwar entsprach es zur früheren Rechtslage höchstrichterlicher Rechtsprechung , dass die Ausübung einer Verlängerungsoption die entsprechende Anwendung von § 539 BGB a.F. rechtfertigte. Nachdem diese Norm entsprechend auch in den Fällen angewendet wurde, in denen der Mieter erst während des Mietverhältnisses Mängel entdeckte, den Vertrag aber gleichwohl, ohne Beanstandungen zu erheben, fortsetzte und erfüllte, musste das erst recht für die vorbehaltlose Ausübung einer Verlängerungsoption gelten (BGH Urteil vom 13. Juli 1970 - VIII ZR 230/68 - NJW 1970, 1740, 1742).
20
(2) Aufgrund der seit dem Inkrafttreten der §§ 536 b, 536 c BGB bestehenden neuen Rechtslage ist diesem Erst-Recht-Schluss aber die Grundlage entzogen. Es fehlt nämlich seit der Neuregelung durch das am 1. September 2001 in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Im Zuge der Einführung des Mietrechtsreformgesetzes hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass der Mieter den Mangel erst nach Vertragsschluss erkennt und trotz Kenntnis des Mangels die Miete über einen längeren Zeitraum hinweg vorbehaltlos in voller Höhe weiterzahlt, sondern mit § 536 c BGB eine abschließende Regelung für nachträglich sich zeigende Mängel getroffen (Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 24 ff. mwN).
21
(3) Eine entsprechende Anwendung des § 536 b BGB auf die vorbehaltlose Ausübung der Verlängerungsoption durch den Mieter ist auch nicht in Ansehung des Gesetzeszwecks geboten. Tragender Grund für die in dieser Vorschrift getroffene Regelung ist der Gedanke, dass derjenige, der trotz Kenntnis eines Mangels vorbehaltlos mietet, zu erkennen gibt, der durch den Mangel beeinträchtigte Gebrauch der vermieteten Sache solle der vertragsgemäße Gebrauch sein, für den er die vom Vermieter geforderte und schließlich auch vereinbarte Miete zu entrichten gewillt ist. Darüber hinaus soll die Vorschrift der Rechtssicherheit dienen, indem bei Beginn des Mietverhältnisses feststeht, ob der vorhandene Zustand Rechte nach §§ 536, 536 a BGB begründen kann.
22
Die vorbehaltlose Optionsausübung durch den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses ist von der Situation des Vertragsschlusses bzw. Vertragsbeginns jedoch verschieden. Die Grundentscheidung für das Mietverhältnis und den konkreten Zustand der Mietsache als vertragsgemäß ist gefallen, die mietvertraglichen Rechte und Pflichten sind festgelegt und das Dauer- schuldverhältnis von Mieter und Vermieter besteht (oft seit längerer Zeit). Der Mieter setzt sich daher nicht dem Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens aus, indem er eine mangelhafte Sache von vorneherein als vertragsgerecht akzeptiert , hiervon abweichend aber zu einem späteren Zeitpunkt die Rechte aus §§ 536 und 536 a BGB geltend macht (Senatsurteil BGHZ 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 28 ff. mwN).
23
2. Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis zutreffend.
24
a) Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, es fehle an der nach § 13 des Mietvertrags erforderlichen Aufforderung zur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung.
25
aa) Dabei kann dahinstehen, ob die entsprechende Vertragsklausel wirksam ist. Deshalb bedarf auch keiner Prüfung, ob es sich bei ihr - was das Berufungsgericht offen gelassen hat - um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und ob es einer Kontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB standhält, dass durch die Klausel im Ergebnis entgegen § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB eine Minderung jedenfalls für den Zeitraum einer angemessenen Frist zur Beseitigung endgültig ausgeschlossen wird (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 12. März 2008 - XII ZR 147/05 - NJW 2008, 2254 Rn. 14 ff.).
26
bb) Denn die Beklagte hat nach den tatrichterlichen Feststellungen deutlich vor dem Zeitraum, für den hier die Minderung im Streit steht, schriftlich Mängel der Mietsache gerügt und - nach ihrem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag erfolglos - eine Frist zur Beseitigung gesetzt, so dass den Anforderungen der mietvertraglichen Bestimmung genügt ist.
27
cc) Dem steht auch nicht entgegen, dass es an tatrichterlichen Feststellungen dazu fehlt, ob die entsprechenden Schreiben klauselgemäß per Einschreiben -Rückschein oder auf andere Weise versandt wurden.
28
Zu Vertragsklauseln in Mietverträgen über Gewerberaum, die eine schriftliche Kündigung durch Einschreiben vorsehen, hat der Senat bereits entschieden , dass die Schriftform konstitutive Bedeutung im Sinne von § 125 Satz 2 BGB hat, während die Versendung als Einschreibebrief nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern soll. Deswegen ist bei einer solchen Klausel regelmäßig nur die Schriftform als Wirksamkeitserfordernis für die Kündigungserklärung vereinbart, wohingegen ihr Zugang auch in anderer Weise als durch einen Einschreibebrief wirksam erfolgen kann (Senatsurteile vom 23. Januar 2013 - XII ZR 35/11 - NJW 2013, 1082 Rn. 8 und vom 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - NJW 2004, 1320 mwN).
29
Für eine Klausel, die eine schriftliche Mängelrüge mit Fristsetzung per Einschreiben-Rückschein als vertragliche Voraussetzung der Minderung bestimmt , gilt insoweit nichts anderes. Durch eine solche wird der Versendungsart regelmäßig keine konstitutive Bedeutung beigegeben. Dafür, dass abweichend hiervon auch die Versendungsart Wirksamkeitsvoraussetzung für die Mängelrüge mit Fristsetzung sein sollte, ist - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten - nichts ersichtlich.
30
b) Die Revisionserwiderung dringt auch nicht mit dem Einwand durch, die Beklagte habe das Recht verwirkt, aus den (behaupteten) Mängeln der Mietsache für sie günstige Rechtsfolgen wie die Minderung herzuleiten. Die Vorinstanzen , die den Rechtsverlust bereits der Anwendung von § 536 b BGB entnommen haben, haben folgerichtig keine Feststellungen insbesondere zu dem für eine Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment getroffen.

31
Es ist auch nicht erkennbar, inwiefern sich bei der Klägerin als Vermieterin ein schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden durfte, dass die Beklagte für die Zukunft auf eine Mietminderung wegen schon gerügter Mängel verzichten werde. Solches ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Beklagte der Verlängerung des Mietvertrags nicht widersprochen hat (vgl. Senatsurteil BGH 203, 148 = NJW 2015, 402 Rn. 34). Im Übrigen macht selbst die Revisionserwiderung nicht geltend, die Klägerin habe sich auch tatsächlich auf einen solchen Rechtsverzicht eingerichtet, noch dazu in einem Maße, dass ihr durch die Geltendmachung der Minderung ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., vgl. nur BGH Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13 - NJW 2014, 1230 Rn. 13 mwN).
32
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, so dass sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Dose Schilling Günter Botur Guhling
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 09.07.2013 - 1 HKO 155/12 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 21.07.2014 - 2 U 901/13 -

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(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Mieter kann vom Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen.

(2) Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Der Mieter kann vom Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen.

(2) Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

14
2. Unwirksam ist jedoch, wie die Revision zu Recht geltend macht, die Klausel in § 7 Abs. 3 des Mietvertrages, wonach der Mieter kein Mietminderungsrecht wegen Mängeln der Mietsache geltend machen kann, es sei denn, die Vermieterin habe die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

8
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts , dass die im Mietvertrag enthaltene Klausel, wonach die Kündigung "schriftlich - per Einschreiben - erfolgen" muss, kein Wirksamkeitserfordernis für eine Kündigung darstellt. Die Klausel beinhaltet die Abrede der Schriftform für die Kündigungserklärung und zusätzlich die Vereinbarung der besonderen Übersendungsart durch einen eingeschriebenen Brief. Bei einer solchen Klausel hat die Schriftform konstitutive Bedeutung im Sinne von § 125 Satz 2 BGB, während die Versendung als Einschreibebrief nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern soll. Deswegen ist bei einer solchen Klausel regelmäßig nur die Schriftform als Wirksamkeitserfordernis für die Kündigungserklärung vereinbart , dagegen kann ihr Zugang auch in anderer Weise als durch einen Einschreibebrief wirksam erfolgen (Senatsurteil vom 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - NJW 2004, 1320 mwN).